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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 19.03.2008
Aktenzeichen: 2 Sa 56/08
Rechtsgebiete: MTV NRW, MTV Bund


Vorschriften:

MTV NRW § 2 Ziff. 2
MTV Bund § 6
1. § 2 Ziff. 2 MTV NRW ist im Lichte des § 6 MTV Bund auszulegen und gilt deshalb nur dann, wenn in die Arbeitszeit regelmäßig und in erheblichem Umfang Arbeitsbereitschaft fällt.

2. Unentscheiden bleibt, ob es sich bei der in § 2 Ziff. 2 MTV NRW geregelten Durchschnittsarbeitszeit um eine Höchstarbeitszeit oder um ein festes, und damit für beide Arbeitsvertragsparteien verbindliches Stundenkontingent handelt.


LANDESARBEITSGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

2 Sa 56/08

Verkündet am 19. März 2008

In dem Rechtsstreit

hat die 2. Kammer des Landesarbeitsgerichts E. auf die mündliche Verhandlung vom 19.03.2008 durch die Vizepräsidentin des Landesarbeitsgerichts Göttling als Vorsitzende sowie den ehrenamtlichen Richter Behrend und den ehrenamtlichen Richter Thielen

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Essen vom 28.6.2007 - 3 Ca 1427/07 - abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte nur die tatsächlich geleisteten oder eine Mindestzahl von Arbeitsstunden monatlich zu vergüten hat.

Der Kläger war vom 16.07.1990 bis zum 31.01.2007 als Sicherheitsmitarbeiter zu einem Stundenlohn von zuletzt 8,46 € brutto bei der Beklagten beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis fanden die allgemein verbindlichen Tarifverträge für das Wach- und Sicherheitsgewerbe in Nordrhein-Westfalen sowie für die Bundesrepublik Deutschland Anwendung.

Im Mantelrahmentarifvertrag für das Wach- und Sicherheitsgewerbe für die Bundesrepublik Deutschland vom 30.08.2005 (MTV Bund) heißt es unter § 6 "Arbeitszeit" auszugsweise wie folgt:

1.1. Die regelmäßige tägliche Arbeitszeit soll 8 Stunden nicht überschreiten. Sie kann ohne Vorliegen von Arbeitsbereitschaft auf bis zu 10 Stunden verlängert werden, wenn innerhalb von 12 Kalendermonaten im Durchschnitt 8 Stunden werktäglich nicht überschritten werden. Darüber hinaus kann die Arbeitszeit auch ohne Ausgleich über 10 Stunden täglich verlängert werden, wenn in die Arbeitszeit regelmäßig und in erheblichem Umfang Arbeitsbereitschaft fällt...

1.4. Die monatliche Regelarbeitszeit kann auf bis zu 264 Stunden ausgedehnt werden, ab dem 01. Oktober 2010 jedoch nur auf 248 Stunden...

3. Länderspezifisch können jedoch zu den Ziffern 1 und 2 abweichende monatliche Arbeitszeiten vereinbart werden. Die in Ziffern 1.4. und 1.5. sowie Ziffer 2 festgelegten monatlichen Regelarbeitszeiten sollen dabei nicht überschritten werden...

4. Zum Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer, die Arbeitszeiten über 8 Stunden täglich ohne Ausgleich leisten, gewährleistet der Arbeitgeber eine entsprechende arbeitsmedizinische Betreuung nach den Vorschriften des Arbeitssicherheitsgesetzes (ASiG)...

Der Manteltarifvertrag für das Wach- und Sicherheitsgewerbe in NordrheinWestfalen vom 08.12.2005 (MTV NRW) hat unter § 2 "Arbeitszeit" folgenden Wortlaut:

1. Die tarifliche Mindestarbeitszeit eines vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers beträgt monatlich 160 Stunden.

2. Die monatliche Regelarbeitszeit eines vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers beträgt im Durchschnitt eines Kalenderjahres 260 Stunden.

3. Abweichend von Ziffer 2. beträgt die monatliche Regelarbeitszeit im Durchschnitt eines Kalenderjahres für vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer in kerntechnischen Anlagen, im Geld- und Werttransportdienst und für Angestellte 173 Stunden.

Im Jahre 2006 arbeitete der Kläger im Durchschnitt weniger als 260 Stunden pro Monat. Um den Durchschnitt zu erreichen, hätte er zu weiteren 374,16 Stunden eingeteilt werden müssen. Im Januar 2007 war der Kläger von der Arbeitsleistung unter Fortzahlung der Vergütung freigestellt. Für diesen Monat zahlte die Beklagte ein durchschnittliches Urlaubsentgelt auf der Basis des in den letzten drei Monaten erreichten Verdienstes.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 28.02.2007 forderte der Kläger die Beklagte -im Ergebnis ohne Erfolg - unter Fristsetzung bis zum 15.03.2007 auf, die Differenz zwischen den geleisteten Arbeitsstunden und einer durchschnittlichen monatlichen Arbeitszeit von 260 Stunden für das Jahr 2006 sowie für den Monat Januar 2007 abzurechnen und auszuzahlen. Mit seiner am 16.04.2007 beim Arbeitsgericht Essen eingereichten und der Beklagten am 23.04.2007 zugestellten Klage verfolgt er sein Zahlungsbegehren weiter.

Der Kläger hat im Wesentlichen geltend gemacht:

Nach § 2 Ziff. 2 MTV NRW habe er eine monatliche Regelarbeitszeit von durchschnittlich 260 Stunden. Da die Beklagte ihn im Jahre 2006 zu weitaus weniger Arbeitsstunden eingeteilt habe, schulde sie für insgesamt 374,16 Unterstunden Vergütung in Höhe von 3.165,39 € brutto. Für den Monat Januar 2007 ergebe sich entsprechend ein Fehlbetrag in Höhe von 198,51 € brutto. Hilfsweise müsse die Beklagte die Differenz zu dem im Jahr 2005 erzielten Einkommen zahlen. In dem Jahr habe er durchschnittlich 248,91 Stunden monatlich gearbeitet. Die Ansprüche seien auch noch nicht verfallen. Die tarifvertraglich geregelte dreimonatige Ausschlussfrist habe er gewahrt.

Der Kläger hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn einen Betrag in Höhe von 3.165,39 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 16.03.2007 zu zahlen,

2. die Beklagte zu verurteilen, an ihn einen Betrag in Höhe von 198,51 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 16.03.2007 zu zahlen.

hilfweise

die Beklagte zu verurteilen, an ihn einen Betrag in Höhe von 2.096,00 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 16.03.2007 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat insbesondere ausgeführt:

Der Kläger habe lediglich einen Anspruch auf Vergütung der tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden. Aus § 2 Ziff. 2 MTV NRW lasse sich keine Stundengarantie ableiten. Die Regelung sei im Sinne einer Höchstgrenze oder eines Richtwertes zu verstehen. Der MTV NRW müsse im Lichte des MTV Bund ausgelegt werden.

Mit seinem am 28.06.2007 verkündeten Urteil hat das Arbeitsgericht der Klage stattgegeben und dies vor allem wie folgt begründet:

§ 2 Ziff. 2 MTV NRW lege einen Durchschnittswert für die monatliche Arbeitszeit fest, der bei einem vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmer innerhalb eines Kalenderjahres erreicht werden müsse. Die Vereinbarung einer Arbeitszeithöchstgrenze - wie sie die Beklagte annehme - lasse sich dem Wortlaut des Tarifvertrages nicht entnehmen. Die Festlegung auf ungewöhnlich hohe 260 Stunden monatlich sei dadurch zu erklären, dass in der Arbeitszeit der Sicherheitsmitarbeiter regelmäßig und in erheblichem Umfang Arbeitsbereitschaft anfalle. Insoweit verstoße die tarifvertragliche Regelung nicht gegen die Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes. Etwas Anderes ergebe sich auch nicht aus dem MTV Bund. Der Anspruch sei nicht verfallen. Der Kläger habe ihn rechtzeitig geltend gemacht.

Gegen das ihr am 09.10.2007 zugestellte Urteil hat die Beklagte mit einem am 26.10.2007 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit einem hier am 07.12.2007 eingereichten Schriftsatz begründet.

Die Beklagte trägt unter teilweiser Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens vor allem vor:

Das Arbeitsgericht habe die Tarifnorm fehlerhaft ausgelegt. Zu Unrecht habe es im Wesentlichen auf den Wortlaut des § 2 MTV NRW abgestellt. Der systematische Zusammenhang der streitgegenständlichen Norm insbesondere mit § 6 Ziffer 1.1. MTV Bund zeige, dass in § 2 Ziff. 2 MTV NRW keine Garantie von 260 Arbeitsstunden geregelt sein könne. Auch müsse aufgrund des Grundsatzes der Einheit der Rechtsordnung davon ausgegangen werden, dass § 2 Ziff. 2 MTV NRW dem Arbeitszeitgesetz entspreche. Auch dies sei bei Annahme einer Stundengarantie nicht der Fall. Eine Erhöhung der im MTV Bund geregelten Regelarbeitszeit von 173 Stunden auf 260 Stunden sei im Übrigen zu keinem Zeitpunkt von den Tarifvertragsparteien beabsichtigt gewesen. Zu Unrecht gehe das Arbeitsgericht davon aus, dass beim Kläger regelmäßig und in erheblichem Umfang Arbeitsbereitschaft angefallen sei. Der Kläger sei zu festen Diensten eingeteilt gewesen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Essen vom 28.06.2007 - 3 Ca 1427/07 - abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt in der Berufungserwiderung in erster Linie das angefochtene Urteil und macht im Weiteren geltend:

Der Hinweis der Beklagten auf § 6 Ziff. 1 MTV Bund gehe fehl. § 2 Ziff. 2 MTV NRW setze § 6 Ziff. 1.4, 3 MTV Bund um. Danach könne die monatliche Regelarbeitszeit im Durchschnitt eines Kalenderjahres auf bis zu 264 Stunden ausgeweitet werden. Schon der Begriff der Regelarbeitszeit stehe der Annahme, mit 260 Stunden sei eine Höchstgrenze festgelegt worden, entgegen. Da die Tarifvertragsparteien außerdem in § 2 Ziff. 1 MTV NRW ausdrücklich eine tarifliche Mindestarbeitszeit festgelegt hätten, hätten sie, wenn das ihre Absicht gewesen wäre, auch eine Höchstarbeitszeit ausdrücklich aufnehmen müssen. Da eine Regelarbeitszeit vereinbart worden sei, könne dies nur die allgemein übliche monatliche Arbeitszeit sein.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien im Einzelnen wird auf den mündlich vorgetragenen Inhalt der Akte ausdrücklich Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

A.

Die Berufung der Beklagten, gegen deren Zulässigkeit keinerlei Bedenken bestehen, ist begründet. Denn die Klage ist entgegen der Auffassung der Vorinstanz unbegründet.

I.

Über die von der Beklagten auf der Basis des zwischen den Parteien vereinbarten Stundenlohns von 8,46 € brutto gezahlten Beträge für die tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden kann der Kläger keine Vergütung für weitere 374,16 Stunden in Höhe von 3.165,39 € brutto gemäß § 611 Abs. 1 BGB i.V.m. § 615 Satz 1 BGB verlangen. Die Beklagte war durch den allgemein verbindlichen MTV NRW nicht verpflichtet, den Kläger im Jahre 2006 durchschnittlich 260 Stunden im Monat zu beschäftigen. Sie brauchte dem Kläger deshalb keine entsprechende Arbeit anzubieten mit der Folge, dass sie nicht in Annahmeverzug geraten ist (vgl. § 296 Satz 1 BGB).

1. § 2 Ziff. 2 MTV NRW begründet keine Beschäftigungspflicht der Beklagten gemäß §§ 611 Abs. 1, 613 Satz 1 BGB i.V.m. § 242 BGB im Umfang von monatlich 260 Stunden im Durchschnitt eines Kalenderjahres. Das ergibt die Auslegung des Tarifvertrages.

a) Tarifverträge sind grundsätzlich wie Gesetze auszulegen. Auszugehen ist zunächst vom Tarifwortlaut. Es ist jedoch über den reinen Wortlaut hinaus der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien und der damit von ihnen beabsichtigte Sinn und Zweck der Tarifnormen zu berücksichtigen, sofern und soweit dies in den Tarifnormen seinen Niederschlag gefunden hat. Hierzu ist auch auf den tariflichen Gesamtzusammenhang abzustellen, weil häufig nur aus ihm und nicht aus der einzelnen Tarifnorm auf den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien geschlossen und nur bei Berücksichtigung des Gesamtzusammenhangs der Sinn und Zweck zutreffend ermittelt werden kann (vgl. BAG vom 22.10.2002 - 3 AZR 664/01 - AP TVG § 1 Auslegung Nr. 185; BAG vom 12.09.1984 - 4 AZR 336/82 - BAGE 46, 308). Noch verbleibende Zweifel können ohne Bindung an eine Reihenfolge mittels weiterer Kriterien wie der Entstehungsgeschichte des Tarifvertrages, gegebenenfalls auch der praktischen Tarifübung geklärt werden. Im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt (vgl. BAG vom 22.10.2002 - 3 AZR 664/01 - a.a.O.; BAG vom 05.10.1999 - 4 AZR 578/98 - AP TVG § 4 Verdienstsicherung Nr. 15).

b) Der Tarifwortlaut spricht allerdings für eine Beschäftigungspflicht. § 2 Ziff. 2 MTV NRW legt die monatliche Regelarbeitszeit im Durchschnitt eines Kalenderjahres auf 260 Stunden fest. Da mit dem Begriff der "Regelarbeitszeit" die allgemein übliche, nach bisheriger Erkenntnis zu erwartende Arbeitszeit zu verstehen ist (vgl. BAG vom 22.10.2002 - 3 AZR 664/01 - a.a.O.), wäre danach von einer üblichen im Durchschnitt eines Jahres zu erreichenden monatlichen Arbeitszeit von 260 Stunden und mithin von einer entsprechenden Beschäftigungspflicht auszugehen.

c) Diesem Verständnis steht nicht schon § 2 Ziff. 1 MTV NRW entgegen. Die Regelung zur monatlichen Mindestarbeitszeit wäre auch bei dieser Auslegung nicht überflüssig oder unverständlich, da diese anders als § 2 Ziff. 2 MTV NRW nicht die durchschnittliche, sondern die in jedem Monat fest zu leistende Arbeitszeit betrifft und damit die nach § 2 Ziff. 2 MTV NRW mögliche Flexibilisierung im Sinne einer monatlich nicht zu unterschreitenden Arbeitszeit begrenzen könnte.

d) Trotz des auf den ersten Blick eindeutigen Wortlauts zeigt der tarifliche Zusammenhang mit dem MTV Bund aber, dass die Tarifvertragsparteien in Nordrhein-Westfalen keine Beschäftigungspflicht im Umfang von durchschnittlich 260 Stunden monatlich begründen, sondern die Arbeitszeit nur bei Vorliegen von Arbeitsbereitschaft auf diesen Umfang festlegen oder möglicherweise lediglich begrenzen wollten.

aa) Der MTV Bund regelt die Rahmenbedingungen für das Wach- und Sicherheitsgewerbe für die Bundesrepublik Deutschland. In diesem Rahmen enthält der MTV NRW spezielle Regelungen für die Wach- und Sicherheitsunternehmen in Nordrhein-Westfalen. Die Arbeitsbedingungen in NRW werden deshalb durch beide Tarifverträge bestimmt. Soweit der MTV NRW keine speziellen Regelungen enthält, sind die Bestimmungen des MTV Bund maßgebend. Dieser tarifliche Zusammenhang bedingt die Auslegung der Regelungen im MTV NRW im Lichte der im MTV Bund getroffenen Vereinbarungen. Dies gilt umso mehr, als die streitgegenständliche Tarifnorm (§ 2 Ziff. 2 MTV NRW) gerade der Umsetzung der in § 6 Ziff. 3 MTV Bund eingeräumten Möglichkeit, länderspezifisch abweichende monatliche Regelarbeitszeiten zu vereinbaren, dient.

bb) Im MTV Bund ist unter § 6 Ziff. 1.1. geregelt, dass die regelmäßige tägliche Arbeitszeit 8 Stunden nicht überschreiten soll. Ohne Vorliegen von Arbeitsbereitschaft kann sie auf bis zu 10 Stunden verlängert werden, wenn innerhalb von 12 Kalendermonaten im Durchschnitt 8 Stunden werktäglich nicht überschritten werden. Der MTV Bund geht damit bei einer 5-Tage-Woche von einer monatlichen Arbeitszeit von 173 Stunden (5 x 8 x 4,33) aus. Dabei wird die Möglichkeit eingeräumt, die tägliche Arbeitszeit auf 10 Stunden zu verlängern, wenn ein entsprechender Ausgleich stattfindet und es jedenfalls im Durchschnitt bei monatlich 208 Stunden (6 Werktage x 8 x 4,33) bleibt. Nur für den Fall, dass in die Arbeitszeit regelmäßig und in erheblichem Umfang Arbeitsbereitschaft fällt, ist nach § 6 Ziffer 1.1. Satz 3 MTV Bund die Verlängerung der Arbeitszeit ohne Ausgleich über 10 Stunden täglich möglich. Ohne Arbeitsbereitschaft ist danach die monatliche Arbeitszeit auf durchschnittlich höchstens 208 Stunden begrenzt.

cc) Soweit es unter § 6 Ziff. 1.4. MTV Bund weiter heißt, die monatliche Regelarbeitszeit könne auf bis zu 264 Stunden ausgedehnt werden, kann diese Regelung folgerichtig nur für den Fall gelten, dass in die Arbeitszeit regelmäßig und in erheblichem Umfang Arbeitsbereitschaft fällt. Das bedeutet aber nichts anderes, als dass der MTV Bund unter den Begriff der monatlichen Regelarbeitszeit auch Zeiten der Arbeitsbereitschaft fasst (so schon zum Vorgängertarifvertrag BAG vom 22.10.2002 - 3 AZR 664/01 - a.a.O.), und dass danach eine durchschnittliche monatliche Regelarbeitszeit von über 208 Stunden nur bei Vorliegen von Arbeitsbereitschaft zulässig ist und in diesem Fall eine monatliche Höchstgrenze von 264 Stunden gilt.

dd) Soweit § 6 Ziff. 3. MTV Bund eine Öffnungsklausel für länderspezifische Regelungen enthält und abweichende Vereinbarungen zur monatlichen Regelarbeitszeit zu Ziffern 1 und 2 zulässt, bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass der MTV NRW an den aufgezeigten Grundsätzen grundlegend etwas hat ändern wollen. Vielmehr spricht alles dafür, dass mit § 2 Ziff. 2. nur an die in § 6 Ziff. 1.4. MTV Bund geregelte monatliche Höchstgrenze bei Vorliegen von Arbeitsbereitschaft angeknüpft und nur insoweit mit der Festlegung auf durchschnittlich monatlich 260 Stunden eine andere Regelung getroffen wurde.

(1.) Es kann zunächst kaum davon ausgegangen werden, dass die Tarifvertragsparteien die regelmäßige monatliche Arbeitszeit von 173 Stunden - wie sie der Vorgängertarifvertrag noch vorgesehen hat (Ziff. 2.1 des zum 1.03.2000 in Kraft getretenen MTV NRW) - auf 260 Stunden haben erhöhen wollen.

(2.) Entscheidend kommt aber hinzu, dass eine solche Regelung wegen Verstoßes gegen das Arbeitszeitgesetz (ArbZG) rechtsunwirksam wäre.

Nach § 3 Satz 1 ArbZG darf die werktägliche Arbeitszeit acht Stunden nicht überschreiten. Sie kann gemäß § 3 Satz 2 ArbZG i.V.m. § 7 Abs. 1 Ziffer 1b ArbZG auf bis zu 10 Stunden verlängert werden, wenn innerhalb von sechs Kalendermonaten oder innerhalb von 24 Wochen im Durchschnitt 8 Stunden werktäglich nicht überschritten werden, wobei in einem Tarifvertrag abweichend hiervon ein anderer Ausgleichszeitraum festgelegt werden kann. Nur wenn in die Arbeitszeit regelmäßig und in erheblichem Umfang Arbeitsbereitschaft oder Bereitschaftsdienst fällt und durch besondere Regelungen sichergestellt wird, dass die Gesundheit der Arbeitnehmer nicht gefährdet wird, kann gemäß § 7 Abs. 2a ArbZG in einem Tarifvertrag abweichend von § 3 ArbZG zugelassen werden, die werktägliche Arbeitszeit auch ohne Ausgleich über 8 Stunden zu verlängern. Genau diesen Vorgaben entsprechen die Regelungen im MTV Bund unter Ziffer 1.1. (vgl. zum Gesundheitsschutz § 6 Ziff. 4 MTV Bund). Eine durchschnittliche monatliche Arbeitszeit von 260 Stunden ohne Arbeitsbereitschaft ist danach unzulässig. Eine solche kann nur erreicht werden, indem entweder werktäglich 10 Stunden oder zum Teil noch länger mit entsprechendem Ausgleich gearbeitet wird.

(3.) Da davon ausgegangen werden kann, dass die Tarifvertragsparteien sich an das ArbZG halten wollten, und der MTV Bund dessen Vorgaben in § 6 Ziff. 1.1. umsetzt, ist anzunehmen, dass diese Regelungen auch in NordrheinWestfalen gelten sollten und § 2 Ziff. 2 MTV NRW nur den Regelungsgehalt des § 6 Ziff. 1.4. MTV Bund betrifft. Bestätigt wird dieses Verständnis zudem durch die Verwendung des Begriffs der "monatlichen Regelarbeitszeit" in beiden Normen. § 6 Ziff. 1.4. MTV Bund bestimmt aber nur die höchst zulässige monatliche Regelarbeitszeit bei Vorliegen von Arbeitsbereitschaft. Entsprechend gilt auch § 2 Ziff. 2 MTV NRW nur in diesem Fall. Damit entfällt eine Beschäftigungspflicht in dem normierten Umfang.

2. Die Beklagte war auch nicht etwa verpflichtet, dem Kläger Arbeitsbereitschaft zuzuteilen. Der Kläger hatte nach deren unwidersprochen gebliebenen Vortrag feste Arbeitszeiten ohne Arbeitsbereitschaft. Schon deshalb kann er keine Rechte aus § 2 Ziff. 2 MTV NRW herleiten, da die Tarifnorm nur bei Vorliegen von Arbeitsbereitschaft Anwendung findet. Für den Kläger gelten die Regelungen unter § 6 Ziff. 1.1. Satz 1 und 2 MTV Bund. Ob § 2 Ziff. 2 MTV NRW im Anwendungsfall nur eine Höchstgrenze normiert, konnte nach alledem dahingestellt bleiben.

II.

Entsprechend den obigen Erwägungen entfällt ein Anspruch auf restliche Vergütung in der mit dem Klageantrag zu 2 geltend gemachten Höhe von 198,51 € brutto für den Monat Januar 2007 aus § 611 Abs. 1 BGB i.V.m. § 615 Satz 1 BGB bzw. aus § 5 Nr. 3 MTV NRW im Falle der Urlaubsgewährung.

III.

Dem Kläger steht auch kein Anspruch gegen die Beklagte auf die mit dem Hilfsantrag geltend gemachte Zahlung in Höhe von 2.096,00 € brutto zu. Als Rechtsgrundlage für den erhobenen Anspruch kommt auch insoweit nur § 611 Abs. 1 BGB i.V.m. § 615 Satz 1 BGB in Betracht. Auch wenn der Kläger im Jahre 2005 mehr Arbeitsstunden geleistet hat als im Jahre 2006, war die Beklagte dennoch nicht verpflichtet, ihn auch in 2006 in dem gleichen Umfang zu beschäftigen. Eine entsprechende Beschäftigungspflicht folgt weder aus dem Arbeitsvertrag der Parteien noch aus den tariflichen Vorgaben.

B.

Die Kosten des Rechtsstreits hat gemäß § 91 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 525 Satz 1 ZPO, § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG der Kläger als unterlegende Partei zu tragen.

Für die Zulassung der Revision an das Bundesarbeitsgericht bestand ein gesetzlicher Grund (vgl. § 72 Abs. 2 Nr. 1): Die Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung.

Ende der Entscheidung

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