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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 09.08.2005
Aktenzeichen: 3 Sa 430/05
Rechtsgebiete: TVG, BGB, Tarifvereinbarung für die Ziegelindustrie in NRW und im südlichen Teil Niedersachsens v. 03.06.2004


Vorschriften:

TVG § 4
BGB § 611
Tarifvereinbarung für die Ziegelindustrie in NRW und im südlichen Teil Niedersachsens v. 03.06.2004 § 3
1. Eine anrechnungsfähige Tariferhöhung kann auch vorliegen, wenn die Arbeitnehmer für einen bestimmten Zeitraum keine prozentuale Erhöhung ihres Entgelts, sondern eine Pauschalzahlung erhalten (im Anschluss an BAG v. 21.01.2003, AP Nr. 118 zu § 67 BetrVG 1972 Lohngestaltung; BAG v. 14.08.2001, AP Nr. 4 zu § 77 BetrVG 1972).

2. Bei der Einmalzahlung in § 3 der Tarifvereinbarung für die Ziegelindustrie in NRW und im südlichen Teil Niedersachsens vom 03.06.2004 handelt es sich um eine solche anrechnungsfähige Tariflohnerhöhung. Ihre zeitliche Zuordnung und ihr Kompensationscharakter ergibt sich aus der 7-monatigen Verlängerung der Laufzeit des gekündigten Tarifvertrages und damit der unterbliebenen Anhebung der Tariflöhne für diesen Zeitraum.


LANDESARBEITSGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

3 Sa 430/05

In Sachen

hat die 3. Kammer des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 09.08.2005 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Westhoff als Vorsitzenden sowie den ehrenamtlichen Richter Steingass und den ehrenamtlichen Richter Karmaat

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Wesel vom 09.02.2005 - 2 Ca 4127/04 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

Streitwert: 294,-- €.

Tatbestand: Die Parteien streiten darum, ob der Kläger von der Beklagten eine tarifvertraglich vorgesehene Einmalzahlung in Höhe von 294,-- € brutto verlangen kann. Der Kläger ist bei der Beklagten, welche ein Dachziegelwerk betreibt, seit dem 03.02.1982 als Betriebsschlosser beschäftigt. Beide Parteien sind kraft Verbandszugehörigkeit tarifgebunden. Auf das Arbeitsverhältnis finden die Tarifverträge für die Ziegelindustrie im Lande Nordrhein-Westfalen und im südlichen Niedersachsen Anwendung. Der Kläger erhält einen Bruttostundenlohn von 13,33 €, während der Tarifvertrag einen Stundenlohn von 12,92 € brutto vorsieht. In den monatlichen Lohnbescheinigungen wird von der Beklagten seit 1999 ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es sich bei dem den Tariflohn übersteigenden Betrag um eine freiwillige übertarifliche Zulage handelt. Nachdem der Lohntarifvertrag vom 27.06.2003 Lohnerhöhungen vorgesehen hatte und gem. § 4 erstmals zum 28.02.2004 gekündigt werden konnte, lautet es in der Tarifvereinbarung vom 03.06.2004 (im Folgenden: TV) wie folgt: Lohn- und Gehaltstarifvertrag vom 27.06.2003 § 2 Die Laufzeit der Tarifverträge verlängert sich bis zum 30.09.2004. Löhne, Gehälter und Ausbildungsvergütungen bleiben unverändert. § 3 Einmalzahlung Alle gewerblichen Arbeitnehmer und Angestellten erhalten eine Einmalzahlung in Höhe von 294,-- € brutto. Diese wird in 2 Raten zu jeweils 147,-- € mit der Juli- und der Augustabrechnung ausgezahlt. Teilzeitbeschäftigte erhalten die Einmalzahlung in der Höhe, die dem Verhältnis ihrer Arbeitszeit zur tariflich vereinbarten wöchentlichen Arbeitszeit entspricht. § 4 Laufzeit und Kündigung Die Vereinbarung tritt am 1. März 2004 in Kraft. Sie kann mit einer Frist von 1 Monat zum Monatsende, erstmals zum 30.09.2004, gekündigt werden." Die Beklagte lehnt eine Weitergabe der Einmalzahlung von 294,-- € brutto an den Kläger ab und macht eine Anrechnung der übertariflichen Zulage geltend. Sie hat für den Zeitraum vom 01.03. bis 30.09.2004 die Einmalzahlung von 294,-- € auf eine durchschnittliche Arbeitszeit von 164,66 Stunden umgerechnet und bei ermittelten 1.152,67 Stunden eine Tariflohnerhöhung von 0,25 € brutto pro Stunde ermittelt, welcher sie die übertarifliche Zulage von 0,41 € brutto pro Stunde gegenübergestellt und auf diese angerechnet hat. Eine Anhörung des bei der Beklagten bestehenden Betriebsrats ist nicht erfolgt, da nach Auffassung der Beklagten ein Mitbestimmungsrecht nicht besteht. Unter dem 07.09.2004 erfolgte eine schriftliche Geltendmachung der Einmalzahlung durch den Kläger. Mit der am 27.10.2004 bei dem Arbeitsgericht Wesel eingegangenen Zahlungsklage hat der Kläger die Auffassung vertreten, ein Recht zur Anrechnung stehe der Beklagten nicht zu, insbesondere stelle sich die Einmalzahlung nicht als pauschale Tariflohnerhöhung dar. Überdies ermangele es an der wirksamen Vereinbarung eines Anrechnungsrechtes der Beklagten. Der Kläger hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, 294,-- € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 31.08.2004 an den Kläger zu zahlen. Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, bei dem Betrag von 294,-- € handele es sich um eine Tariflohnerhöhung nicht durch prozentuale Entgelterhöhung, sondern durch Einmalzahlung, was ihr ein Anrechnungsrecht auf die übertarifliche Zulage eröffne. Ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bestehe im Hinblick auf die Vollständigkeit der Verrechnung nicht. Durch Urteil vom 09.02.2005, auf dessen Tatbestand und Entscheidungsgründe ergänzend Bezug genommen wird, hat das Arbeitsgericht die Klage kostenpflichtig abgewiesen, den Streitwert auf 294,-- € festgesetzt und die Berufung für den Kläger zugelassen. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht im Wesentlichen ausgeführt, die Beklagte habe die Einmalzahlung zu Recht auf die übertariflichen Lohnbestandteile angerechnet. Dass es sich hierbei nicht um eine prozentuale Entgelterhöhung, sondern eine Pauschale handele, stehe dem nicht entgegen. Eine Vereinbarung, wonach die übertarifliche Zulage "anrechnungsfest" erfolgt sei, sei nicht gegeben. Ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats habe nicht bestanden. Gegen das ihm am 03.03.2005 zugestellte Urteil hat der Kläger mit einem am 29.03.2005 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit einem weiteren, dem Gericht am 03.05.2005 vorliegenden Schriftsatz begründet. Mit der Berufung wendet sich der Kläger gegen die angefochtene Entscheidung insoweit, als diese die Pauschalzahlung als Tariflohnerhöhung durch Einmalzahlung gewertet hat. Im Streitfall ermangele es bereits an der erforderlichen zeitlichen Zuweisung des Pauschalbetrages. Entsprechend könne dieser rechnerisch nicht auf die Monate März bis September 2004 verteilt werden. Der Kläger beantragt, unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Wesel vom 09.02.2005 - 2 Ca 4127/04 - die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 294,-- € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank ab dem 31.08.2004 zu zahlen. Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Die Beklagte verteidigt die angefochtene Entscheidung unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens und hält an der Auffassung fest, die Tarifvereinbarung in ihrer Gesamtheit enthalte eine konkrete Zurechnung für einen bestimmten Lohnzeitraum. Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien in beiden Rechtszügen wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze und Unterlagen verwiesen (§§ 525, 313 Abs. 2 ZPO, 64 Abs. 6 ArbGG). Entscheidungsgründe: Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Wesel vom 09.02.2005 ist zulässig, hingegen unbegründet. I. Die Berufung ist an sich statthaft, § 64 Abs. 1 ArbGG, gem. § 64 Abs. 2 lit. a) ArbGG zulässig sowie in gesetzlicher Form und Frist eingelegt und begründet worden (§§ 519 Abs. 1 u. 2, 520 Abs. 2 u. 3 ZPO, 66 Abs. 1 S. 1 ArbGG). II. Die Berufung hatte hingegen in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht und mit zutreffender Begründung ist das Arbeitsgericht zur Klageabweisung gelangt. Dem Kläger steht der geltend gemachte Klagebetrag nicht zu, nachdem dieser Betrag wirksam auf die für diesen Zeitraum gezahlte freiwillige übertarifliche Zulage angerechnet worden ist. Unter Bezugnahme auf die erstinstanzlichen Entscheidungsgründe gem. §§ 540 Abs. 1 ZPO, 64 Abs. 6 ArbGG ist in Auseinandersetzung mit dem Berufungsvortrag sowie zugleich ergänzend Folgendes festzustellen: 1. Der Beklagten war die Anrechnung auf die übertarifliche Zulage individualrechtlich möglich. a) Grundsätzlich kann der Arbeitgeber eine Tariferhöhung auf übertarifliche Zulagen anrechnen, sofern dem Arbeitnehmer die Zulage nicht vertraglich als selbständiger Entgeltbestandteil neben dem jeweiligen Tarifentgelt zugesagt war. Allgemeine Zulagen werden regelmäßig deshalb gewährt, weil der Tariflohn den Vertragsparteien als nicht ausreichend erscheint. Steigen anschließend die Tariflöhne, so ist mangels anderer Anhaltspunkte davon auszugehen, dass eine entsprechende Anrechnung der bisher übertariflichen Lohnanteile dem Willen der Parteien entspricht (stRspr. vgl. BAG v. 21.01.2003, AP Nr. 118 zu § 67 BetrVG 1972 Lohngestaltung; BAG v. 25.06.2002, AP Nr. 36 zu § 4 TVG Übertariflicher Lohn und Tariflohnerhöhung; BAG v. 15.03.2000, AP Nr. 35 zu § 4 TVG Übertariflicher Lohn und Tariflohnerhöhung; BAG v. 22.09.1992, AP Nr. 55 zu § 87 BetrVG 1972). Eine Vereinbarung darüber, dass die Zulage auch nach einer Tariferhöhung als selbständiger Lohnbestandteil weitergezahlt werden soll, kann demgegenüber nicht nur ausdrücklich geschlossen werden, sondern sich auch aus den besonderen Umständen bei den Vertragsverhandlungen, aus dem Zweck der Zulage oder aus einer betrieblichen Übung ergeben. Allein in der tatsächlichen Zahlung liegt noch keine vertragliche Abrede, die Zulage solle auch nach einer Tariflohnerhöhung als selbständiger Lohnbestandteil neben dem jeweiligen Tariflohn gezahlt werden, was auch dann gilt, wenn die Zulage über einen längeren Zeitraum vorbehaltlos gezahlt und nicht mit Tariflohnerhöhungen verrechnet worden ist (vgl. BAG v. 22.09.1992, AP Nr. 55 zu § 87 BetrVG 1972). b) Die Einmalzahlung von 294,-- € brutto war auf die übertarifliche Zulage von - rechnerisch unstreitig - 0,41 € brutto/Stunde für den Zeitraum März bis September 2004 anrechenbar. aa) Unstreitig erhält der Kläger im Klagezeitraum eine Gesamtvergütung von 13,33 € brutto pro Stunde. Der den zu diesem Zeitraum einschlägigen Tariflohn übersteigende Betrag von 0,41 € brutto pro Stunde stellt sich mithin als übertariflicher Lohnanteil dar. Auch sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, wonach diese Zulage etwa für besondere Zwecke gezahlt werden sollte. Dass sie "anrechnungsfest" sei, nämlich dauerhaft neben dem jeweiligen Tariflohn gezahlt werden sollte, hat der insoweit darlegungs- und beweispflichtige Kläger nicht vorgetragen (vgl. BAG v. 31.10.1995, AP Nr. 80 zu § 87 BetrVG 1972 Lohngestaltung; BAG v. 03.06.1998, AP Nr. 34 zu § 4 TVG Übertariflicher Lohn und Tariflohnerhöhung) und ist auch ansonsten nicht ersichtlich. Von daher erwies sich die übertarifliche Zulage unabhängig davon als anrechenbar, ob sie in den Lohnmitteilungen der Beklagten ausdrücklich als freiwillig und übertariflich ausgewiesen worden war. In Ermangelung einer die Anrechenbarkeit erst begründenden Parteivereinbarung war auch für eine Inhaltskontrolle nach Maßgabe der §§ 305 ff. BGB n.F. kein Raum (vgl. insoweit auch LAG München v. 23.06.2004 - 5 Sa 1178/03). bb) Die Beklagte war auch zur - teilweise nachträglichen - Anrechnung der Einmalzahlung auf die übertarifliche Zulage berechtigt. Bei diesem Betrag handelte es sich um eine Leistung, die anstelle einer prozentualen Lohnerhöhung erfolgt ist und deren rechtlichen Charakter teilt. Eine anrechnungsfähige Tariferhöhung kann auch vorliegen, wenn die Arbeitnehmer für einen bestimmten Zeitraum keine prozentuale Erhöhung ihres Entgelts, sondern eine Pauschalzahlung erhalten (vgl. BAG v. 14.08.2001, AP Nr. 4 zu § 77 BetrVG 1972 Regelungsabrede; BAG v. 21.09.1999, NZA 2000, 898, zu D II 2 b der Gründe; BAG v. 21.01.2003, AP Nr. 118 zu § 67 BetrVG 1972 Lohngestaltung). Wird in einem Tarifvertrag neben einer prozentualen Lohnerhöhung die Zahlung eines Pauschalbetrags für einen bestimmten vor Abschluss des Tarifvertrages liegenden Zeitraum vereinbart, steht dies der Annahme einer einheitlichen Tariflohnerhöhung nicht entgegen (BAG v. 21.09.1999, NZA 2000, 898). Soweit der Kläger mit der Berufung an der Auffassung festgehalten hat, der Einmalbetrag stelle sich nicht als pauschale Entgelterhöhung für den Zeitraum März bis September 2004 dar, da keine zeitliche Zuordnung erfolgt, sondern nur zwei Fälligkeitszeitpunkte festgelegt worden seien, ist dem nicht beizutreten. Zwar weist der Kläger zu Recht darauf hin, dass es in § 3 TV an einer ausdrücklichen zeitlichen Zuordnung der Einmalzahlung ermangelt, wohingegen den bisherigen Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts diesbezüglich jeweils konkrete Zeitangaben zugrunde gelegen haben (vgl. zuletzt: BAG v. 21.01.2003, AP Nr. 118 zu § 67 BetrVG 1972 Lohngestaltung). Dennoch handelt es sich zur Überzeugung der Berufungskammer in § 3 des TV um eine Tariflohnerhöhung in Gestalt einer Pauschalzahlung. Dies ergibt die Auslegung der Tarifbestimmung. Die Auslegung des normativen Teils von Tarifverträgen folgt den Grundsätzen der Gesetzesauslegung. Danach ist vom Wortlaut auszugehen. Darüber hinaus ist der wirkliche Wille der Tarifparteien zu berücksichtigen, soweit er in den getroffenen Regelungen seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist dabei auch auf den Gesamtzusammenhang der Regelungen, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Norm setzenden Parteien liefern und so der Sinn und Zweck der Regelung zutreffend ermittelt werden kann (vgl. BAG v. 23.01.2001 - 1 AZR 278/00; BAG v. 16.04.2002, AP Nr. 38 zu § 4 TVG Übertariflicher Lohn und Lohnerhöhung m.w.N.). In Anwendung dieser Grundsätze war über den Wortlaut hinaus Stellung und Kontext der streitgegenständlichen Tarifbestimmung zu berücksichtigen. In § 2 TV wird die Laufzeit des bisherigen Tarifvertrages vom 27.06.2003 bis zum 30.09.2004 verlängert und ausdrücklich festgestellt, dass die tarifliche Vergütung bis dahin unverändert bleibt. Gem. § 4 TV ist dieser erstmals zum 30.09.2004 kündbar. Der Tariflohn sollte nach dem Willen der Tarifpartner daher für weitere sieben Monate nicht erhöht werden und sodann den Tarifverhandlungen für den Nachfolgezeitraum eine weitere Erhöhung vorbehalten bleiben. Die Vereinbarung des Einmalbetrages erfolgte damit vor dem Hintergrund einer siebenmonatigen Verlängerung der Laufzeit des zum 28.02.2004 gekündigten Tarifvertrages unter Beibehaltung der bisherigen Tariflöhne. Mit der Einmalzahlung von 294,-- € brutto sollte die unterbliebene Anhebung der Tariflöhne für diesen Zeitraum kompensiert werden, die pauschalierte Lohnerhöhung sollte gleichermaßen "allen gewerblichen Arbeitnehmern und Angestellten" zugute kommen. Dass es sich hierbei um eine pauschale Tarifentgelterhöhung handelte, nämlich um regelmäßiges tarifliches Entgelt für erbrachte Arbeitsleistung und nicht etwa um sonstige geldwerte Vorteile des Tarifabschlusses, wird zusätzlich dadurch verdeutlicht, dass diese gem. § 3 S. 3 TV den Teilzeitbeschäftigten nur zeitanteilig zugute kommen sollte (vgl. insoweit auch: BAG v. 25.06.2002, AP Nr. 36 zu § 4 TVG Übertariflicher Lohn und Tariflohnerhöhung). cc) Der individualrechtlichen Zulässigkeit der Anrechnung der Pauschalzahlung stand auch nicht entgegen, dass bei deren Fälligkeit jeweils mit der Juli- und Augustabrechnung die übertariflichen Zulagen für die Monate März bis Juni 2004 bereits gezahlt waren. Der Arbeitgeber kann, sofern arbeitsvertraglich nichts Abweichendes vereinbart ist, regelmäßig eine nachträglich für bestimmte Monate vereinbarte Tariferhöhung auf die in diesen Monaten bereits geleisteten übertariflichen Zulagen durch eine ausdrückliche oder auch konkludente Erklärung anrechnen und so die Erfüllung des noch offenen Anspruchs aus der Tariferhöhung durch die bereits geleisteten Zahlungen der Zulage bewirken. Die gem. § 366 Abs. 1 BGB grundsätzlich bei der Leistung vorzunehmende Tilgungsbestimmung kann durch eine - auch stillschweigend mögliche - Vereinbarung der Parteien offengehalten werden und dem Schuldner vorbehalten bleiben (vgl. BGH v. 23.01.1991, BGHZ 113, 251, zu B I 1 b der Gründe; BAG v. 21.01.2003, AP Nr. 118 zu § 67 BetrVG 1972 Lohngestaltung). Hiervon ist bei dem mit einer freiwilligen übertariflichen Zulage verbundenen Anrechnungsvorbehalt jedenfalls insoweit auszugehen, als eine Tariferhöhung sich auf einen bestimmten in der Vergangenheit liegenden Zeitraum bezieht. Insoweit liegt regelmäßig auch die für eine Anrechnung erforderliche Zweckübereinstimmung von Tariferhöhung und freiwilliger Zulage vor (vgl. hierzu: BAG v. 14.08.2001, AP Nr. 4 zu § 77 BetrVG 1972 Regelungsabrede). 2. Der Anrechnung stehen im Streitfall auch kollektivrechtliche Gesichtspunkte nicht entgegen. Nach ständiger Rechtsprechung kommt ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG bei der Anrechnung von Tariflohnerhöhungen auf übertarifliche Maßnahmen dann nicht in Betracht, wenn die Tariferhöhung im Rahmen des rechtlich und tatsächlich möglichen vollständig und gleichmäßig auf die übertarifliche Zulage angerechnet wird (BAG v. 21.09.1999, NZA 2000, 898, zu B II 1 m.w.N.; BAG v. 19.09.1995, AP Nr. 61 zu § 77 BetrVG 1972; grundlegend: BAG GS v. 03.12.1991, AP Nr. 51 zu § 87 BetrVG 1972 Lohngestaltung). Dies muss auch für den Fall einer pauschalierten Tariflohnerhöhung durch Einmalzahlung für einen bestimmten Zeitraum gelten (vgl. hierzu auch: BAG v. 21.09.1999, NZA 2000, 898; BAG v. 21.01.2003, AP Nr. 118 zu § 67 BetrVG 1972 Lohngestaltung). Im Streitfall ist das Erhöhungsvolumen vollständig in Folge der Anrechnung auf die übertarifliche Zulage aufgezehrt worden. Der Kläger hat auch mit der Berufung nicht dargetan, dass die Beklagte entgegen ihrem Sachvortrag bei den übrigen Mitarbeitern mit übertariflicher Vergütung etwa von einer vollständigen Anrechnung des Einmalbetrages abgesehen hätte. Konkrete Anhaltspunkte, wonach die Anrechnung gegen sonstige allgemeine Rechtsgrundsätze verstieße, waren nicht ersichtlich und auch dem zweitinstanzlichen Parteivortrag nicht zu entnehmen. III. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Wesel vom 09.02.2005 war nach alledem als unbegründet zurückzuweisen. Die Kosten des erfolglos gebliebenen Rechtsmittels waren gem. §§ 64 Abs. 6 ArbGG, 97 Abs. 1 ZPO dem Kläger aufzuerlegen. Gem. § 72 Abs. 2 Ziff. 1 ArbGG war für den Kläger die Revision an das Bundesarbeitsgericht zuzulassen.

Ende der Entscheidung

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