Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 01.04.2008
Aktenzeichen: 3 Sa 80/08
Rechtsgebiete: ArbGG, ZPO, KSchG


Vorschriften:

ArbGG § 64 Abs. 2 lit. c
ArbGG § 64 Abs. 6
ZPO § 138 Abs. 1
ZPO § 540 Abs. 1
KSchG § 1 Abs. 2 S. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 05.12.2007 - 4 Ca 5734/07 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

3. Streitwert: 15.206,-- €.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um den Bestand des Arbeitsverhältnisses.

Der am 01.04.1964 geborene Kläger ist bei der Beklagten seit dem 23.09.1991 als Helfer im Versand zu einer monatlichen Vergütung von zuletzt 3.520,-- € brutto beschäftigt.

Unter dem 16.03.2006 sowie 31.03.2006 mahnte die Beklagte den Kläger wegen unentschuldigten Fehlens, Schlechtleistung sowie der Beleidigung und Bedrohung eines Vorgesetzten ab. Wegen wiederholter Verletzung der Meldepflicht im Krankheitsfalle wurde der Kläger u.a. mit Schreiben der Beklagten vom 18.09.2006 sowie 13.03.2007 abgemahnt. Auf den Inhalt der erteilten Abmahnungen wird ergänzend Bezug genommen (Bl. 30-39, Bl. 42-44 d.A.). Nachdem es wegen krankheitsbedingter Fehlzeiten des Klägers im Juni und Juli 2007 erneut zu Differenzen zwischen den Parteien über die Frage einer rechtzeitigen Krankmeldung gekommen war, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 13.08.2007 zum 29.02.2008. Der am 31.07.2007 angehörte Betriebsrat widersprach der Kündigung nicht, bat hingegen um deren Rücknahme aus sozialen Gründen (Bl. 48, 49 d.A.).

Hiergegen hat sich der Kläger mit der am 31.08.2007 bei dem Arbeitsgericht eingegangenen Klage gewandt und im Einzelnen geltend gemacht, die Kündigung sei sozial nicht gerechtfertigt. Er habe jeweils rechtzeitig die Beklagte - entweder selbst oder durch seine Lebensgefährtin - telefonisch über die Erkrankungen bzw. deren Fortdauer unterrichtet. Die diesbezüglichen Abmahnungen seien sämtlich zu Unrecht erfolgt, ein Fehlverhalten sei ihm auch hinsichtlich der Vorfälle vom 28.06. sowie 24. bzw. 25.07.2007 nicht vorzuwerfen.

Der Kläger hat beantragt,

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 13.08.2007, zugegangen am 14.08.2007, nicht aufgelöst ist;

2. die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger ein qualifiziertes und wohlwollendes Zwischenzeugnis zu erteilen, das sich auf Führung und Leistung erstreckt;

3. die Beklagte zu verurteilen, den Kläger für den Fall des Obsiegens mit dem Feststellungsantrag zu 1. zu unveränderten Arbeitsbedingungen bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über den Feststellungsantrag weiter zu beschäftigen.

hilfsweise für den Fall des Unterliegens mit dem Antragzu 1.:

4. die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger ein endgültiges wohlwollendes und qualifiziertes Zeugnis zu erteilen, das sich auf Führung und Leistung erstreckt.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat im Einzelnen dargelegt, der Kläger habe trotz erteilter Abmahnungen nachhaltig seine vertraglichen Pflichten insbesondere zu rechtzeitiger Benachrichtigung im Krankheitsfall verletzt. Eine weitere Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses sei ihr nicht mehr zuzumuten, nachdem die Abmahnungen sich als erfolglos erwiesen hätten, wie das Verhalten des Klägers anlässlich der Erkrankungen im Juni und Juli 2007 erweise.

Durch Urteil vom 05.12.2007, auf dessen Tatbestand und Entscheidungsgründe ergänzend Bezug genommen wird, hat das Arbeitsgericht Düsseldorf unter Klageabweisung im Übrigen die Beklagte verurteilt, dem Kläger ein qualifiziertes und wohlwollendes Zwischenzeugnis zu erteilen, das sich auf Führung und Leistung erstreckt. Die Kosten des Rechtsstreits hat das Gericht dem Kläger zu 81 %, der Beklagten zu 19 % auferlegt und den Streitwert auf 18.773,33 € festgesetzt.

Zur Begründung hat das Arbeitsgericht im Wesentlichen ausgeführt, die Beklagte sei zum Ausspruch der Kündigung aus verhaltensbedingten Gründen berechtigt gewesen. Der Kläger habe am 28.06.2007 sowie 24. bzw. 25.07.2007 gegen die Meldepflicht bzw. die Pflicht zur unverzüglichen Anzeige der Fortdauer der Erkrankung verstoßen. Nachdem die vorherigen Abmahnungen vom 18.09.2006 sowie 13.06.2007 zu Recht erteilt worden seien, sei der Beklagten eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr zuzumuten gewesen.

Gegen das ihm am 10.12.2007 zugestellte Urteil hat der Kläger mit einem am 03.01.2008 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese, nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 25.02.2007, mit einem an diesem Tage dem Gericht vorliegenden Schriftsatz begründet.

Mit der Berufung greift der Kläger das Urteil in tatsächlicher wie rechtlicher Hinsicht an und hält unter teilweiser Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens an der Auffassung fest, die Kündigung erweise sich als sozial nicht gerechtfertigt, die Abmahnungen seien zu Unrecht erteilt worden. Eine kündigungsrelevante Verletzung seiner Anzeigepflicht sei nicht gegeben.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 05.12.2007 - 4 Ca 5734/07 - festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht durch die Kündigung der Beklagten vom 13.08.2007 aufgelöst worden ist.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt die angefochtene Entscheidung.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien in beiden Rechtszügen wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze verwiesen (§§ 525, 313 Abs. 2 ZPO, 64 Abs. 6 ArbGG).

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 05.12.2007 ist zulässig, hingegen unbegründet.

I. Die Berufung ist an sich statthaft (§ 64 Abs. 1 ArbGG), gem. § 64 Abs. 2 lit. c ArbGG zulässig sowie in gesetzlicher Form und Frist eingelegt und innerhalb der nachgelassenen Fristverlängerung begründet worden (§§ 519 Abs. 1 u. 2, 520 Abs. 2 ZPO, 66 Abs. 1 S. 5 ArbGG).

II. Die Berufung hatte hingegen in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht und mit zutreffender Begründung ist das Arbeitsgericht zur Abweisung des Kündigungsschutzantrages gelangt. Mit den Angriffen der Berufung vermochte der Kläger nicht zu einer Abänderung der angefochtenen Entscheidung zu gelangen. Unter vollinhaltlicher Bezugnahme auf die erstinstanzlichen Entscheidungsgründe gem. §§ 540 Abs. 1 ZPO, 64 Abs. 6 ArbGG ist in Auseinandersetzung mit dem Berufungsvortrag des Klägers lediglich Folgendes festzustellen.

Rechtsfehlerfrei und mit in jeder Weise zutreffender Begründung ist das Arbeitsgericht innerhalb der im Rahmen des § 1 Abs. 2 S. 1 KSchG vorzunehmenden mehrstufigen Prüfung (vgl. insoweit: BAG v. 12.01.2006 - 2 AZR 21/05 - EzA § 1 KSchG Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 67; BAG v. 02.02.2006 - 2 AZR 222/05 - AP Nr. 52 zu § 1 KSchG Verhaltensbedingte Kündigung; BAG v. 31.05.2007 - 2 AZR 200/06) zu dem Ergebnis gelangt, dass die Beklagte nach Erteilung zumindest der beiden einschlägigen Abmahnungen vom 18.09.2006 sowie 13.03.2007 (vgl. zur Gleichartigkeit der Pflichtverletzung: BAG v. 16.09.2004 - 2 AZR 406/93, AP Nr. 50 zu § 1 KSchG Verhaltensbedingte Kündigung) aufgrund des vom Kläger am 28.06. sowie 24. bzw. 25.07.2007 an den Tag gelegten Verhaltens zur fristgerechten Kündigung berechtigt war. Auf die diesbezüglichen erstinstanzlichen Feststellungen ist vollinhaltlich zur Vermeidung von Wiederholungen zu verweisen.

1. Soweit der Kläger mit der Berufung angeführt hat, das Arbeitsgericht sei bezüglich des 28.06.2007 Widersprüchen im Vortrag der Beklagten nicht nachgegangen, war dem nicht zu folgen. Zu Recht ist das Arbeitsgericht zu der Feststellung gelangt, dass der Kläger am 28.06.2007 nicht unverzüglich nach Aufsuchen des Arztes, sondern erst am Abend vor Schichtbeginn die Beklagte von der Arbeitsunfähigkeit informiert hat. Aus welchem Grunde die Benachrichtigung nicht zu einem früheren Zeitpunkt möglich war, ist von dem insoweit im Rahmen abgestufter Darlegungslast darlegungsverpflichteten Kläger nicht vorgetragen, sein entgegenstehender Hinweis in der Berufung, es sei Sache der Beklagten gewesen, auch für ein Verschulden vorzutragen, geht fehl.

Gleiches gilt für die erneut vorgetragene Auffassung, das Arbeitsgericht hätte über die Behauptung des Klägers Beweis erheben müssen, er habe am Vormittag des 28.06.2007 bereits die Beklagte telefonisch informiert. Zu Recht hat die Vorinstanz das diesbezügliche durchgehende Vorbringen des Klägers, er bzw. seine Lebensgefährtin habe jeweils die Telefonnummer der Schichtleitung gewählt und dort entsprechende Nachricht von der Erkrankung gegeben, als nicht einlassungsfähig i.S. des § 138 Abs. 1 ZPO und damit einer Beweisaufnahme nicht zugänglich bewertet. Dem seit über 15 Jahren bei der Beklagten beschäftigten Kläger war es ohne Weiteres möglich, den Gesprächsteilnehmer zu identifizieren, gegebenenfalls dessen Namen sicherheitshalber nochmals zu erfragen und ihn sodann im Rahmen des vorliegenden Rechtsstreits zu benennen, um auf diese Weise der Beklagten eine etwaige Erwiderung unter Angabe von Gegentatsachen zu ermöglichen. Entsprechendes gilt - zumal im Hinblick auf die Häufigkeit dieser Telefonate - für die Lebensgefährtin des Klägers. Ausweislich Seite 2 der Gegendarstellung des Klägers vom 25.09.2006 zur Abmahnung vom 18.09.2006 (Bl. 87 d.A.) konnte die Lebensgefährtin den Teilnehmerkreis entsprechend auch auf die beiden Schichtführer S. und L. eingrenzen. An der Vernehmung der Zeugin H. sah sich von daher das Arbeitsgericht aufgrund unsubstantiierten Sachvortrages zu Recht im Hinblick auf die Unzulässigkeit des Ausforschungsbeweises gehindert. Dennoch hat es der Kläger auch im Berufungsverfahren bei dieser pauschalen Darstellung belassen, so dass dem erneuten Beweiserbieten auf der Grundlage seines unverändert gebliebenen Vortrages nicht nachgegangen werden konnte.

Gleiches gilt für den zweitinstanzlichen Vortrag des Klägers, er habe bereits am Vormittag des 24.07.2007 der Beklagten telefonisch über die Rufnummer der Schichtleitung Nachricht von weiterer Arbeitsunfähigkeit gegeben. Zu Recht hat das Arbeitsgericht in diesem Zusammenhang im Übrigen darauf hingewiesen dass die in erster Instanz dezidiert aufgestellte Behauptung des Klägers, am 25.07.2007 den Arzt aufgesucht und sodann am selben Tage noch die Beklagte angerufen zu haben, in Widerspruch zu der Tatsache steht, dass die vom Kläger vorgelegte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bereits am 24.07.2007 erstellt worden ist, mithin der Arztbesuch bereits an diesem Tage stattgefunden hat.

2. Zu Recht ist die Vorinstanz auch von der Begründetheit der Abmahnungen vom 18.09.2006 sowie 13.03.2007 ausgegangen.

Soweit der Kläger mit der Berufung erneut ohne Namensangabe des Gesprächsteilnehmers bezüglich der Abmahnung vom 18.09.2006 angeführt hat, es sei unverzüglich eine telefonische Benachrichtigung erfolgt, konnte dem entsprechenden Beweiserbieten aus den vorstehend erörterten Gründen nicht nachgegangen werden. Es kam nicht entscheidungserheblich darauf an, dass - worauf das Arbeitsgericht zu Recht hingewiesen hat - der Prozessvortrag des Klägers bezüglich der Erkrankung in der Zeit vom 05. bis 12.09.2006 in diametralem Widerspruch zu der Gegendarstellung des Klägers vom 25.09.2006 steht, wonach er während eines Bandscheibenvorfalls nicht - wie mit der Berufung erneut behauptet - morgens gegen 9:00 Uhr, sondern am späten Nachmittag des 05.09.2006 zum Arzt gegangen ist und seine Lebensgefährtin nicht - wie behauptet - um ca. 9:30 Uhr, sondern erst am Abend bei der Beklagten angerufen habe (Bl. 86, 87 d.A.).

Auch wenn der Kläger entgegen den Feststellungen des Arbeitsgerichts am 01.02.2007 zur Schicht erschienen ist und sich in deren Verlauf gegen 23:30 Uhr krankgemeldet hat - was auch nicht Gegenstand der Abmahnung vom 13.03.2007 war -, enthob ihn dieses in keiner Weise der Verpflichtung, am Folgetag sowie für die Zeit ab dem 05.02.2007 die Beklagte rechtzeitig von einer weiteren Erkrankung zu unterrichten. Dem entgegenstehenden Beweiserbieten des Klägers vermochte aus den erörterten Gründen nicht nachgegangen zu werden. Auch waren dem Berufungsvortrag keinerlei Anhaltspunkte zu entnehmen, wonach die Beklagte aufgrund der Abmeldung des Klägers wegen Übelkeit am 01.02.2007 hätte davon ausgehen müssen, er werde auch am Folgetage nicht mehr erscheinen. Dass sich der Kläger etwa bereits bis auf Weiteres und nicht nur für die Schicht am 01.02.2007 krankgemeldet hätte, ist von diesem auch mit der Berufung nicht vorgetragen worden. Von daher vermochte auch der Auffassung der Berufung nicht beigetreten zu werden, eine Krankmeldung sei ab dem 05.02.2007 nicht mehr erforderlich gewesen.

3. Zu Recht ist das Arbeitsgericht auch unter Berücksichtigung der über 15-jährigen Betriebszugehörigkeit und eines entsprechend hohen Bestandsinteresses des für drei Kinder unterhaltsverpflichteten Klägers zu dem Ergebnis gelangt, dass die Beklagte nach erfolglosem Ausspruch einschlägiger Abmahnungen, nach verschiedenen Gesprächen mit dem Kläger und nachhaltigem Bemühen, diesen zu vertragsgemäßem Verhalten zurückzuführen, nunmehr zur fristgerechten Vertragsbeendigung am 13.08.2007 berechtigt war, § 1 Abs. 2 S. 1 KSchG (vgl. zur Kündigung wegen Verletzung der Anzeigepflicht auch: BAG v. 16.08.1991, EzA Nr. 41 zu § 1 KSchG - Verhaltensbedingte Kündigung; BAG v. 31.08.1989, EzA Nr. 27 zu § 1 KSchG - Verhaltensbedingte Kündigung; BAG v. 07.12.1988 RzK I 5 e Nr. 44).

III. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 05.12.2007 war nach alledem als unbegründet zurückzuweisen.

Die Kosten des erfolglos gebliebenen Rechtsmittels waren gem. §§ 64 Abs. 6 ArbGG, 97 Abs. 1 ZPO dem Kläger aufzuerlegen.

Für die Zulassung der Revision an das Bundesarbeitsgericht bestand besteht keine Veranlassung, da dem vorliegenden Rechtsstreit weder eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung zugrunde liegt, § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG, noch die Voraussetzungen für eine Divergenzrevision ersichtlich sind, § 72 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG.

Ende der Entscheidung

Zurück