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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 17.08.2005
Aktenzeichen: 4 Sa 406/05
Rechtsgebiete: HRG


Vorschriften:

HRG §§ 57 a ff. i. V. m. HdaVÄndG vom 27.12.2004
Der Gesetzgeber hat durch das Gesetz zur Änderung dienst- und arbeitsrechtlicher Vorschriften im Hochschulbereich (HdaVÄndG) vom 27.12.2004 die vom Bundesverfassungsgericht für unwirksam erklärten Vorschriften des HRG 2002 in zulässiger Weise rückwirkend für alle seit dem 23.02.2002 abgeschlossenen befristeten Arbeitsverträge in Kraft gesetzt.
LANDESARBEITSGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

4 Sa 406/05

In Sachen

hat die 4. Kammer des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 17.08.2005 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Peter als Vorsitzenden sowie den ehrenamtlichen Richter Ristau und den ehrenamtlichen Richter Lepges

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 17.02.2005 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses aufgrund der mit Arbeitsvertrag vom 09.09.2002 vereinbarten Befristung zum 31.10.2004. Der am 15.02.1959 geborene Kläger ist promovierter Biologe und aufgrund einer sprachkoordinatorischen Störung zu 50 % schwerbehindert. Er ist in die Vergütungsgruppe I a BAT eingruppiert. Am 01.02.1989 erwarb er den akademischen Grad des Doktors. Der Kläger wurde auf der Grundlage unterschiedlicher Arbeitsverträge in verschiedenen Zeiträumen von dem beklagten Land an der I.-I.-Universität E. beschäftigt. Im Einzelnen wurden Arbeitsverträge für folgende Beschäftigungszeiträume abgeschlossenen: - mit Vertrag vom 13.11.1992 für die Zeit vom 15.10.1992 bis 14.10.1997 über eine Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Uniklinik F., Virologie der Universität-GHS-F.,

- mit Vertrag vom 10.11.1997 für die Zeit vom 03.11.1997 bis 31.10.2000 als Zeitangestellter für ein befristetes Forschungsvorhaben an der Uniklinik E., Kinderklinik der I.-I.-Universität, - mit Ergänzungsvertrag vom 18.10.2000 für die Zeit vom 01.11.2000 bis zum 31.12.2000 über eine Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter für die Forschungsstudie Modellregion Rheinland-Verfahren für die somatische Gentherapie , - für die Zeit vom 01.01.2001 bis 31.10.2002 über eine Tätigkeit an der Uniklinik E., Kinderklinik der I.-I.-Universität, - mit Vertrag vom 09.09.2002 für die Zeit vom 01.11.2002 bis 31.10.2004 über eine Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter gem. § 57 a Abs. 1 i.V.m. § 57 b Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 57 f Hochschulrahmengesetz (Bl. 21 d.A.).

Der Kläger war vor seinen Tätigkeiten in Nordrhein-Westfalen auch als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität I. beschäftigt (Bl. 66 d.A.). Mit Urteil vom 27.07.2004 hat das Bundesverfassungsgericht das Gesetz zur Änderung des Hochschulrahmengesetzes vom 16.02.2002 für unvereinbar mit Art. 70, 75 i.V.m. Art. 72 GG und daher für nichtig erklärt und in dem Urteil insbesondere ausgeführt, dass die Nichtigkeit das Gesetz als Ganzes und mithin auch die Neuordnung befristeter Beschäftigungsverhältnisse in den §§ 57 a ff. HRG erfasse (Bundesverfassungsgericht vom 27.07.2004 2 BvF 2/02, NJW 2004, 2803, 2811). Zum 31.12.2004 ist das Gesetz zur Änderung dienst- und arbeitsrechtlicher Vorschriften im Hochschulbereich (HdaVÄndG) vom 27.12.2004 (BGBl. 2004, I, 3835) in Kraft getreten. Nach dessen Art. 1 Ziff. 14 wurden die §§ 57 a bis 57 f neu gefasst. Gemäß § 57 b Abs. 1 Satz 1 HRG i.d.F. des HdaVÄndG ist nach abgeschlossener Promotion eine Befristung bis zu einer Dauer von sechs Jahren, im Bereich der Medizin bis zu einer Dauer von neun Jahren zulässig. Gemäß § 57 f Abs. 1 Satz 1 HRG i.d.F. des HdaVÄndG sind die §§ 57 a bis 57 e in der ab 31.12.2004 geltenden Fassung auf Arbeitsverträge anzuwenden, die seit dem 23. Februar 2002 abgeschlossen wurden. § 57 f Abs. 2 HRG i.d.F. des HdaVÄndG bestimmt, dass der Abschluss befristeter Arbeitsverträge nach § 57 b Abs. 1 Satz 1 und 2 mit Personen, die bereits vor dem 23. Februar 2002 in einem befristeten Arbeitsverhältnis zu einer Hochschule, einem Hochschulmitglied im Sinne von § 57 c oder einer Forschungseinrichtung im Sinne von § 57 d standen, auch nach Ablauf der in § 57 b Abs. 1 Satz 1 und 2 geregelten jeweils zulässigen Befristungsdauer mit einer Laufzeit bis zum 29.Februar 2008 zulässig ist. Der Kläger hat mit seiner am 19.11.2004 beim Arbeitsgericht Düsseldorf eingegangenen Klage geltend gemacht, dass die Höchstbefristungsdauer in seinem Fall überschritten sei und insbesondere geltend gemacht, infolge der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes liege keine gesetzliche Grundlage für die in dem letzten befristeten Arbeitsvertrag vorgenommene Befristung vor; im Übrigen sei auch kein sachlicher Befristungsgrund gegeben, weil sich das beklagte Land allein ausdrücklich auf die Befristung nach dem HRG gestützt habe. Er hat beantragt, festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht aufgrund der Befristung zum 31.10.2004 beendet worden ist. Das beklagte Land hat beantragt, die Klage abzuweisen, es hat insbesondere darauf hingewiesen, dass die Befristung rechtens sei, zumindest nach § 14 Abs. 2 TzBfG gerechtfertigt. Das Arbeitsgericht Düsseldorf hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, die Befristung sei durch das Vorliegen eines sachlichen Grundes nach § 14 Abs. 1 TzBfG begründet. Da die Befristung zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses auf einer damals geltenden gesetzlichen Regelung beruht habe, deren Voraussetzungen gegeben sei, liege insofern ein ungeschriebener Rechtsgrund im Sinne des § 14 Abs. 1 TzBfG vor. Dies werde zugleich durch einen Vergleich mit den Fällen des § 14 Abs. 1 Satz 2 Ziffer 8 TzBfG gestützt. Mit der zulässigen Berufung wendet sich der Kläger unter Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens gegen diese Entscheidung. Er weist insbesondere darauf hin, dass die Auffassung des Arbeitsgerichtes zu einer Umgehung des Urteils des Bundesverfassungsgerichtes führe. Auch könne sich das beklagte Land nicht auf einen Vertrauensschutz berufen. Unabhängig hiervon sei nach Sinn und Zweck der Regelung des § 57 f HRG, wonach wissenschaftlichen Mitarbeitern die Beendigung ihrer bereits begonnen akademischen Qualifikation ermöglicht werden solle, die vorliegende Befristung nicht gerechtfertigt, weil dieser Sinngehalt der Regelung auf die Situation des Klägers gerade nicht zutreffe. Hierbei sei insbesondere die Schwerbehinderung des Klägers und damit der Umstand zu berücksichtigen, dass er aufgrund seiner sprachkoordinatorischen Störung für ewig dazu verdammt sei im Zwischenstatus des wissenschaftlichen Mitarbeiters zu verbleiben. Daher sei das beklagte Land zugleich verpflichtet, dem Kläger eine wissenschaftliche Alternativkarriere anzubieten, das beklagte Land habe dieser Pflicht nur Genüge tun können, wenn der Kläger dauerhaft als wissenschaftlicher Mitarbeiter beschäftigt werde, weil nur auf dieser Weise das schwerbehinderungsbedingte Manko des Klägers ausgeglichen werden könne. Er beantragt, unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 17.02.2005 9 Ca 8714/95 festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht aufgrund der Befristung zum 31.10.2004 beendet worden ist.

Das beklagte Land beantragt, die Klage abzuweisen, Es tritt dem Vorbringen des Klägers entgegen und verteidigt das angefochtene Urteil erster Instanz. Schließlich weist es auf das HdaVändG vom 27.12.2004 hin, wonach rückwirkend die vom Bundesverfassungsgericht für nichtig erklärten Bestimmungen des HRG 2002 wieder in Kraft gesetzt worden seien. Damit sei aber die Klage nicht gerechtfertigt, insbesondere könne der vom Kläger geltend gemachte Schutz eines Schwerbehinderten nicht die begehrte unbefristete Weiterbeschäftigung rechtfertigen. In der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht Düsseldorf vom 17.08.2005 wurde die Frage der Auswirkungen der Geltung des HdaVÄndG insbesondere im Hinblick auf die den Parteien bekannte Entscheidungen der 10. Kammer des LAG Düsseldorf vom 06.06.2005 10 Sa 152/05 und 100/05 diskutiert. Wegen der weiteren Darstellung des Sach- und Streitstandes wird auf den übrigen Inhalt der Akte ergänzend Bezug genommen. Entscheidungsgründe: Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Dabei lässt die Kammer dahin stehen, ob die seitens des Arbeitsgerichts vorgenommene Begründung der Abweisung der Klage zutreffend ist oder nicht. Allein entscheidender Gesichtspunkt für die Kammer ist, dass durch das Gesetz zur Änderung dienst- und arbeitsrechtlicher Vorschriften im Hochschulbereich (HdaVändG) vom 27.12.2004 (BGBl. I 38, 35) die vom Bundesverfassungsgericht für unwirksam erklärten §§ 53, 57 a bis 57 b HRG 2002 wieder in zulässiger Weise rückwirkend für alle seit dem 23.02.2002 abgeschlossenen befristeten Verträge und damit auch für den streitigen zuletzt abgeschlossenen Arbeitsvertrag wieder in Kraft gesetzt worden sind. Die Befristung des streitigen Vertrages zwischen den Parteien ist damit rückwirkend wieder wirksam geworden, Gründe der Schwerbehinderung des Klägers stehen diesem Ergebnis nicht entgegen, vermögen insbesondere nicht einen Anspruch des Klägers auf unbefristete Weiterbeschäftigung zu begründen. Dies ergibt sich im Einzelnen aufgrund folgender Erwägungen: I. Die Kammer verweist zur Begründung ihrer Rechtsauffassung zunächst auf die den Parteien bekannten Entscheidungen der 10. Kammer des LAG Düsseldorf. II. Ergänzend hierzu sei im Hinblick auf die seitens des Klägers vertretene Rechtsauffassung noch einmal herausgestellt: Soweit der Kläger die Ansicht vertritt, nach dem Sinn und Zweck der Regelung in § 57 f HRG sei im Hinblick auf die besondere Situation des Klägers eine einschränkende Auslegung entgegen dem Wortlaut dieser Vorschrift vorzunehmen (S. 20 zu Ziffer 5 der Berufungsbegründung Bl. 168 d.A.), kann dem nicht gefolgt werden: Der Kläger verkennt insoweit, dass der Gesetzgeber im Hinblick auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes (vgl. BVerfG 94, 268), wonach zur sachgerechten Förderung des akademischen Nachwuchses die generelle Befristung der Beschäftigungsverhältnisse von wissenschaftlichen Mitarbeitern geeignet und auch erforderlich ist, mit der hier in Frage stehenden Regelung des HRG eine insoweit eindeutige Befristungsmöglichkeit statuiert hat, die im Interesse der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit für alle betroffenen Hochschulen eine feste zeitliche Begrenzung der in Frage stehenden Befristung vorgesehen hat. Sollte es danach gerade nicht auf die besondere einzelne Situation des betroffenen wissenschaftlichen Mitarbeiters ankommen, kann aus diesem Grunde auch der Hinweis des Klägers auf seine besondere Situation als Schwerbehinderter, wonach er aufgrund seiner sprachkoordinatorischen Störung gerade dazu verdammt sei, im Zwischenstatus des wissenschaftlichen Mitarbeiters zu verharren, eine einschränkende Auslegung dieser Vorschrift nicht rechtfertigen. Entgegen der weiterhin seitens des Klägers vertretenen Auffassung ist auch die in § 57 f Abs. 1 HdaVÄndG erklärte Rückwirkung zulässig, weil - hierauf weist die 10. Kammer des LAG Düsseldorf zutreffend hin vorliegend sich gerade kein Vertrauen des Klägers darauf bilden konnte, dass er aufgrund der Verfassungswidrigkeit der alten Regelungen des HRG in einem unbefristeten Anstellungsverhältnis stehen konnte. Zum Zeitpunkt des Abschlusses des Arbeitsvertrages war seitens der Parteien die vom Bundesarbeitsgericht festgestellte Nichtigkeit des HRG nicht voraussehbar, sodass der Kläger weder auf eine mögliche Nichtigkeit des Gesetzes vertrauen konnte noch erst recht darauf, dass eine solche zu diesem Zeitpunkt hypothetische Nichtigkeit die Folge haben werde, dass er nunmehr in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis stehen werde. Für die Zeit nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes ist aber nicht erkennbar, dass der Kläger Verfügungen im Vertrauen auf die Nichtigkeit des HRG 2002 getroffen hat, die eine andere Entscheidung rechtfertigen könnten.

Die Regelungen im HdaVÄndG verstoßen schließlich auch nicht gegen das Grundgesetz, deshalb hat die erkennende Kammer keine Veranlassung gesehen, den Rechtsstreit nach Art. 100 auszusetzen und eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts herbeizuführen. Insoweit ist für die Kammer entscheidend der von der 10. Kammer zutreffend herausgestellte Gesichtspunkt, dass das HdaVÄndG gerade nicht mehr die Neuordnung der Personalstruktur an den Hochschulen durch die Einführung der Junior-Professur sondern im Wesentlichen die Zulässigkeit der Befristung von Arbeitsverträgen im Hochschulbereich regelt, hierzu aber der Bundesgesetzgeber gerade befugt ist, wie das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 24.04.1996 1 BVR 712/86 NZA 96, 1157 erkannt hat. Die vom Kläger angeführten Gründe der Schwerbehinderung des Klägers vermögen schließlich keinen Einstellungsanspruch gegen das beklagte Land auf unbefristete Weiterbeschäftigung zu begründen. Die Fürsorgepflicht des beklagten Landes geht nach Auffassung der Kammer nicht soweit, dass allein aus den vom Kläger aufgeführten Gründen ein Anspruch auf Abschluss eines unbefristeten Anstellungsvertrages besteht. Auch nicht schwerbehinderte wissenschaftliche Mitarbeiter, mit denen die hier in Frage stehenden befristeten Anstellungsverträge geschlossen werden, haben keinen Anspruch darauf, in den Hochschuleinrichtungen unbefristet, in welcher Position auch immer, tätig zu sein. Unabhängig hiervon eröffnen sich für den Kläger auch Beschäftigungsmöglichkeiten auf dem freien, nicht staatlichen Arbeitsmarkt, wie er sie unstreitig selbst, wenn auch befristet, wahrgenommen hat. III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Revision an das Bundesarbeitsgericht war wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zuzulassen.

Ende der Entscheidung

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