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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 10.08.2000
Aktenzeichen: 5 Sa 916/00
Rechtsgebiete: BGB, BetrVG


Vorschriften:

BGB § 613 a Abs. 1 Satz 3
BetrVG § 87 Abs. 1 Ziff. 10
BetrVG § 77 Abs. 3
1) § 77 Abs. 3 BetrVG findet keine Anwendung, wenn durch den Spruch einer Einigungsstelle eine betriebliche Jahressonderzahlung im Rahmen des § 87 Abs. 1 Ziff. 10 BetrVG neu geregelt wird.

2) Eine derartige Regelung ist nach einem erfolgten Betriebsübergang auch dann noch zulässig und kann zur Kürzung der Jahressonderzahlung führen, wenn sie längere Zeit (hier: mehr als drei Jahre) nach dem Betriebsübergang durch den Spruch einer Einigungsstelle zustande kommt, § 613 a Abs. 1 Satz 3 BGB.


LANDESARBEITSGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Geschäftsnummer: 5 Sa 916/00

Verkündet am: 10.08.2000

In dem Rechtsstreit

hat die 5. Kammer des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 10.08.2000 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Göttling als Vorsitzenden sowie den ehrenamtlichen Richter Westedt und den ehrenamtlichen Richter Felix für Recht erkannt:

Tenor:

1) Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 12.05.2000 - 1 Ca 1799/00 - abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen. 2) Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger. 3) Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Frage, ob dem Kläger für das Jahr 1999 eine Jahressonderzahlung in Höhe von 100 % seines maßgeblichen Bruttogehaltes zusteht.

Der am 13.03.1964 geborene Kläger ist seit dem 01.03.1985 bei der Beklagten bzw. ihrem Rechtsvorgänger als anerkannter Prüfer beschäftigt. Im zuletzt gültigen Anstellungsvertrag vom 01./15.07.1986 heißt es in Ziffer 4) unter anderem:

Weiterhin erhalten Sie ein Weihnachts- und Urlaubsgeld sowie vermögenswirksame Leistungen nach den Bestimmungen der Betriebsvereinbarung des T. Rheinland.

Das Bruttomonatseinkommen des Klägers betrug im Jahre 1999 zuletzt DM 6.490,44.

Bei dem Rechtsvorgänger der Beklagten, dem T. Rheinland e. V. in K.ö, existierten seit dem 01.01.1967 Betriebsvereinbarungen, in denen Jahressonderzahlungen für die Beschäftigten geregelt wurden. In der einschlägigen Vereinbarung vom 06.01.1981 findet sich hierzu folgende Regelung:

8.1 Weihnachtsgeld

Die Mitarbeiter erhalten, sofern sie ein volles Kalenderjahr im T. Rheinland beschäftigt sind, ein Weihnachtsgeld in Höhe eines 1,25-fachen Monatsgehaltes ...

In der Folgezeit kamen dem T. Rheinland e. V. Zweifel an der Rechtswirksamkeit dieser Betriebsvereinbarung. Mit zwei Rundschreiben vom 15.09. und 24.10.1986 (Blatt 141 bis 145 der Akten) informierte der damalige Arbeitgeber seine Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen über die rechtliche Situation und führte im Schreiben vom 24.06.1986 wörtlich aus:

Die Geschäftsführung muss sich jedoch vorbehalten, Kürzungen bei den Regelungen der vermögenswirksamen Leistungen, Urlaubs- und Weihnachtsgeld, soweit diese über denen des öffentlichen Dienstes liegen, vorzunehmen.

Ich hoffe jedoch und ich bin zuversichtlich, dass wir auch in Zukunft von diesen Vorbehalten keinen Gebrauch machen müssen. Keinerlei Vorbehalte sind gegeben bei den Regelungen über Lohnfortzahlung, Sterbegeld und Geburts- und Jubiläumszuwendungen.

Wir werden in absehbarer Zeit einen Weg finden und dabei den Rat des Betriebsrats in Anspruch nehmen, um neue rechtswirksame Vereinbarungen für unsere Organisation zu erreichen.

Mit weiterem Rundschreiben vom 10.07.1987 teilte der T. Rheinland e. V. dann schließlich mit, dass auf den bis dahin praktizierten Freiwilligkeitsvorbehalt zukünftig verzichtet würde und verwies hierzu auf die inzwischen geänderte Rechtsprechung des Arbeitsgerichte (Bl. 157 d. A.).

Am 13.12.1995 schloss der T.ÜRheinland e. V. mit dem zuständigen Betriebsrat eine neue Betriebsvereinbarung über eine Jahressonderzahlung", in der die Höhe der Jahressonderzahlung für jeden Arbeitnehmer auf einen Bruttomonatsverdienst festgelegt wurde. Diese Betriebsvereinbarung ist zwischenzeitlich gekündigt worden.

Nachdem die Beklagte durch Gesellschaftsvertrag vom 21.11.1995 gegründet worden war, lagerte der T. Rheinland e. V. mit Wirkung zum 01.01.1996 verschiedene Tätigkeitsfelder aus dem Unternehmen aus. Unter anderem wurde das Gebiet Kraftfahrt" auf die Beklagte übertragen, die gemäß § 613 a BGB in die Arbeitsverhältnisse der in diesem Bereich beschäftigten Arbeitnehmer eintrat.

In der Folgezeit konstituierte sich dann die T.arifgemeinscha d.eT.echnisch Ü.berhungsverei", der mehrere auch der ausgegliederten Gesellschaften des T. Rheinland e. V. beitraten und die dann vor allem mit der ÖTV verschiedene Tarifverträge abschloss. Die Beklagte trat der Tarifgemeinschaft nicht bei.

In der Folgezeit versuchte die ÖTV wiederholt, auch mit der Beklagten tarifliche Regelungen zu treffen. Dies lehnte diese indessen ab.

Sie forderte vielmehr den bei ihr bestehenden Gesamtbetriebsrat mit Schreiben vom 30.03.1999 auf, in Verhandlungen unter anderem über eine Regelung der Jahressonderzahlungen einzutreten. Der Gesamtbetriebsrat wiedersetzte sich dem, so dass sich die Beklagte veranlasst sah, die Einigungsstelle anzurufen und das Bestellungsverfahren nach § 98 ArbGG zu betreiben.

Nach rechtskräftiger Einsetzung der Einigungsstelle mit Beschluss des Landesarbeitsgerichts Köln vom 07.10.1999 - 5 (4) TaBV 50/99 - (vgl. hierzu Bl. 64 ff. d. A.), verkündete diese am 16.11.1999 unter anderem einen Spruch zur Neuregelung der Jahressonderzahlungen. In dieser Betriebsvereinbarung heißt es, soweit für den vorliegenden Rechtsstreit von Bedeutung, wie folgt:

2. Jahressonderzahlung

Die Beschäftigten erhalten ab dem Jahr 1999 eine Jahressonderzahlung. die Jahressonderzahlung beträgt DM 2.000,-- brutto für jeden Vollzeitbeschäftigten. Sie wird für Teilzeitbeschäftigte anteilig gezahlt.

Wegen der Einzelheiten des Spruchs und seiner Begründung wird im Übrigen auf Blatt 37 bis 38 und Blatt 69 bis 72 der Akten verwiesen.

Der Kläger erhielt demgemäß - wie auch alle anderen Beschäftigten der Beklagten - im November 1999 eine Jahressonderzahlung nur in Höhe von DM 2.000,--.

Nachdem er erfolglos die Auszahlung der höheren Jahressonderzuwendung auf der Grundlage der Betriebsvereinbarung vom 13.12.1995 geltend gemacht und die tatsächliche Zahlung weiterer DM 4.490,44 gefordert hatte, hat er mit seiner am 13.03.2000 beim Arbeitsgericht Düsseldorf anhängig gemachten Klage sein Begehren weiterverfolgt.

Er hat den Einigungsstellenspruch vom 16.11.1999 für unwirksam erachtet und dies im Wesentlichen wie folgt begründet:

Zwingende Mitbestimmungsrechte nach § 87 Abs. 1 BetrVG bestünden schon deshalb nicht, weil bereits der Gesetzesvorbehalt im Eingangssatz des § 87 Abs. 1 BetrVG eingreife. Die Arbeitsverträge des Klägers und der weiteren Beschäftigten der Beklagten verwiesen nämlich umfänglich auf die Regelungen des Landesbesoldungsordnung NRW und damit zugleich auf das Landesbesoldungsgesetz NRW, in dem sich letztlich eine abschließende Regelung auch der Jahressondervergütung für alle Bediensteten befinde. Bei den Kraftfahrsachverständigen käme hinzu, dass diese über § 6 des Kraftfahrzeugsachverständigengesetzes ein vom Umfang ihrer Tätigkeit unabhängiges Einkommen garantiert bekämen. Hieraus wiederum folge der gesetzliche Anspruch auf übliche Vergütung, die sich an den Besoldungsgesetzen zu orientieren hätte.

Der Einigungsstellenspruch vom 16.11.1999 verstoße weiter gegen die Sperre des § 77 Abs. 3 BetrVG, weil die Jahressonderzahlung üblicherweise durch Tarifvertrag geregelt werde. Dies zeige sich vor allem an der Tatsache, dass bei anderen technischen Überwachungsvereinen mit der ÖTV entsprechende Manteltarifverträge vereinbart worden wären und darüber hinaus ganz allgemein die Praxis vorherrsche, derartige Regelungen in Tarifverträgen festzuschreiben.

Der Kläger hat weiter die Auffassung vertreten, dass im Einigungsstellenspruch vom 16.11.1999 unzulässigerweise die Vergütungshöhe geregelt worden sei, was im Rahmen des § 87 Abs. 1 Ziffer 10 BetrVG - jedenfalls erzwingbar - nicht möglich wäre.

Er hat weiter auf die Schreiben des Rechtsvorgängers der Beklagten vom 15.09. und 24.10.1986 verwiesen und gemeint, dass sich hieraus ein einzelvertraglicher Anspruch ableiten ließe, der durch eine nachfolgende kollektive Regelung nicht zu Ungunsten der Arbeitnehmer verändert werden könnte. Jedenfalls aber hätten sich die ehemals kollektiven Ansprüche anlässlich des Betriebsübergangs zum 01.01.1996 in individualrechtliche Ansprüche umgewandelt. Diese wiederum hätten durch eine nachfolgende Betriebsvereinbarung zu Lasten der Arbeitnehmer nicht geändert werden dürfen.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 4.490,44 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 01.12.1999 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie ist der Rechtsauffassung des Klägers entgegengetreten und hat zunächst darauf verwiesen, dass die vom Kläger genannten Gesetze keine unmittelbare Wirkung auf die Arbeitsvertragsparteien hätten und deshalb Mitbestimmungsrechte des § 87 Abs. 1 BetrVG nicht ausgeschlossen würden.

Die Regelungssperre des § 77 Abs. 3 BetrVG greife schon deshalb nicht ein, weil es an einer Tarifüblichkeit fehle; allein der Regelungswunsch einer Gewerkschaft reiche zur Annahme der Voraussetzungen des § 77 Abs. 3 BetrVG ersichtlich nicht aus.

Schließlich enthalte der Einigungsstellenspruch auch keine Entscheidung über die Höhe der Jahressonderzahlung. Vielmehr sei der Dotierungsrahmen von der Beklagten bestimmt worden; der Spruch selbst regele nur die neue Verteilung der vorgegebenen Verteilungsmasse.

Die Beklagte hat im Übrigen gemeint, dass die Schreiben vom 15.09. und 24.10.1986 keine individualrechtlichen Ansprüche begründeten. Die Regelung der Jahressonderzahlung sei seit 1967 ausschließlich im Rahmen von Betriebsvereinbarungen erfolgt. In Anwendung des § 613 a Abs. 1 BGB gelte schließlich nichts anderes: Die in Individualansprüche transformierten ehemaligen Kollektivansprüche hätten auch durch eine nachfolgende Betriebsvereinbarung noch wieder verändert bzw. verschlechtert werden können.

Mit Urteil vom 12.05.2000 hat die 1. Kammer des Arbeitsgerichts Düsseldorf - 1 Ca 1799/00 - der Klage entsprochen. In den Entscheidungsgründen, auf die im Übrigen Bezug genommen wird, hat das Arbeitsgericht ausgeführt, der Rechtsvorgänger der Beklagten hätte sich durch die Schreiben vom 15.09. und 24.10.1986 im Wege einer sogenannten Gesamtzusage verpflichtet, eine Jahressonderzahlung von mindestens 100 % der Bruttomonatsvergütung zu zahlen. Dieser individualrechtliche Anspruch habe durch eine nachfolgende verschlechternde Betriebsvereinbarung, die der Spruch vom 16.11.1999 darstelle, nicht beseitigt werden können.

Die Beklagte hat gegen das ihr am 25.05.2000 zugestellte Urteil mit einem am 23.06.2000 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese zugleich begründet.

Sie wiederholt zunächst ihren Sachvortrag aus dem ersten Rechtszug und bekräftigt ihre Auffassung, dass die Schreiben des Rechtsvorgängers der Beklagten aus dem Jahre 1986 keine individualrechtlichen Ansprüche hätten begründen sollen. Dies zeige sich vor allem an den bis Ende 1987 mitgeteilten Freiwilligkeitsvorbehalten und an der Tatsache, dass immer wieder auf die Grundlage, nämlich die möglicherweise rechtlich zweifelhafte Betriebsvereinbarung aus dem Jahre 1981, verwiesen worden sei.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 12.05.2000 - 1 Ca 1799/00 - die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das arbeitsgerichtliche Urteil und wiederholt ebenfalls seinen Sachvortrag aus der ersten Instanz.

Er verweist erneut auf diverse Unterlagen aus den Jahren 1972 bis 1994 (Bl. 247 bis 254 d. A.), aus denen er den Willen des Rechtsvorgängers der Beklagten ableitet, individualrechtliche Zusagen auf eine Jahressonderzahlung geben zu wollen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der zu den Akten gereichten Urkunden und der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung ist zulässig.

Sie ist nämlich an sich statthaft (§ 64 Abs. 1 ArbGG), nach dem Wert des Beschwerdegegenstandes zulässig (§ 64 Abs. 2 ArbGG) sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 66 Abs. 1 ArbGG, 518, 519 ZPO).

II.

Auch in der Sache selbst hatte das Rechtsmittel Erfolg.

Der Kläger hat weder aus § 611 BGB in Verbindung mit dem Anstellungsvertrag vom 01.07./15.07.1986 noch aus anderen Rechtsgrundsätzen einen Anspruch auf Zahlung einer Jahressondervergütung in Höhe eines Bruttomonatsgehalts. Dementsprechend war die auf die Differenz gerichtete Leistungsklage nach Abänderung des erstinstanzlichen Urteils in vollem Umfang abzuweisen.

Der Kläger kann sich zur Begründung seiner die Klage stützende Rechtsauffassung vor allem nicht auf eine Unzuständigkeit der Einigungsstelle und eine Unwirksamkeit des Spruchs vom 16.11.1999 berufen.

1. Der genannte Einigungsstellenspruch verstößt zunächst nicht gegen den Eingangssatz des § 87 Abs. 1 BetrVG.

1.1 Nach § 87 Abs. 1 Satz 1 BetrVG bestehen die dort aufgeführten - zwingenden - Mitbestimmungsrechte nur, soweit eine gesetzliche Regelung nicht besteht. Es entspricht der herrschenden Meinung in Literatur und Rechtsprechung, dass zu den vorrangigen gesetzlichen Regelungen nur solche Rechtsnormen gehören, die zwingenden Charakter haben (vgl. statt aller: Fitting/Kaiser/Heither/Engels, Betriebsverfassungsgesetz, 19. Aufl., § 87, Rz. 28, m. w. N.).

1.2 Hiervon kann für die vorliegende Fallkonstellation gerade nicht ausgegangen werden. Weder das vom Kläger genannte Landesbesoldungsgesetz NRW noch das Kraftfahrzeugsachverständigengesetz enthalten abschließende Regelungen, die die Beklagte verpflichten könnten, Sonderzahlungen in Höhe einer Bruttomonatsvergütung an den Kläger auszukehren.

1.2.1 Das Landesbeamtengesetz NRW richtet sich erkennbar nur an den dort genannten Personenkreis und findet deshalb originär nur Anwendung auf Beamtenverhältnisse. Damit scheidet eine Bindung der Beklagten von vornherein aus.

1.2.2 Soweit sich der Kläger darauf beruft, dass in den Arbeitsverträgen der Beschäftigten der Beklagten die Landesbesoldungsordnung NRW in Bezug genommen wird, kann zunächst dahinstehen, ob dies für eine Anwendung des Eingangssatzes des § 87 Abs. 1 BetrVG überhaupt ausreichend ist. Entscheidend ist vielmehr darauf abzustellen, dass eine umfassende Verweisung auf Regelungen der Landesbesoldungsordnung NRW im Arbeitsvertrag vom 01./15.07.1986 gerade nicht erfolgt ist. In Ziffer 4 des Anstellungsvertrags wird ausschließlich zur Ermittlung der monatlichen Bruttovergütung des Klägers auf die Gehaltsgruppe LBO A 4/1" verwiesen, nicht aber auf andere Vergütungsregelungen der Landesbeamtenordnung. Dann aber kann auch insoweit von einer entgegenstehenden, zwingenden gesetzlichen Regelung gerade nicht ausgegangen werden.

1.2.3 Auch das Kraftfahrzeugsachverständigengesetz findet nach dem eigenen Vortrag des Klägers keine Anwendung und kann die Mitbestimmungsrechte des § 87 Abs. 1 BetrVG nicht verdrängen. Der Kläger selbst weist in diesem Zusammenhang zutreffend darauf hin, dass nach § 6 des genannten Gesetzes die Verpflichtung besteht, den Kraftfahrzeugsachverständigen unabhängig vom Umfang seiner jeweiligen Leistungen zu vergüten. Hieraus einen gesetzlichen Anspruch auf die übliche Vergütung zu konstruieren, die sich dann erneut am Landesbesoldungsgesetz zu orientieren hat, erscheint der erkennenden Kammer verfehlt und letztlich nicht begründbar.

2. Die Zuständigkeit der Einigungsstelle zur Regelung der Jahressondervergütung für das Jahr 1999 war nicht deshalb zu verneinen, weil sie eine nicht mitbestimmungspflichtige Entscheidung über die Höhe der Sonderzahlung getroffen hat. Vielmehr hält sich der Spruch vom 16.11.1999 in den Grenzen, in denen § 87 Abs. 1 Ziffer 10 BetrVG eine Mitbestimmung des Betriebsrats für gegeben erachtet.

Nach der vorbezeichneten Norm hat der Betriebsrat mitzubestimmen bei Fragen der betrieblichen Lohngestaltung, insbesondere der Aufstellung von Entlohnungsgrundsätzen und der Einführung und Anwendung von neuen Entlohnungsmethoden sowie deren Änderung. Zweck des Mitbestimmungsrechts ist es, eine transparente Lohnordnung für den Betrieb aufzustellen und zur innerbetrieblichen Lohngerechtigkeit beizutragen. Zur Ausgestaltung von Entlohnungsgrundsätzen gehört nach ständiger Rechtsprechung der Arbeitsgerichte die Aufstellung des Entgeltsystems mit all seinen Einzelheiten sowie die Bildung von Gehaltsgruppen nach abstrakten Kriterien einschließlich der isolierten Festsetzung der Wertunterschiede nach Prozentsätzen oder sonstigen Bezugsgrößen. Das Mitbestimmungsrecht erfasst hingegen nach gleichfalls ständiger Rechtsprechung der Arbeitsgerichte nicht die Vergütungshöhe (BAG, Beschluss vom 20.07.1999 - 1 ABR 66/98 - AP Nr. 8 zu § 76 BetrVG 1972; BAG GS, Beschluss vom 03.12.1991 - GS 2/90 - AP Nr. 51 zu § 87 BetrVG 1972 Lohngestaltung).

Hiernach kann in der Regelung in Ziffer 2 des Spruchs der Einigungsstelle vom 16.11.1999 keine - mitbestimmungsfreie - Entscheidung über die Höhe der Jahressonderzahlung gesehen werden.

2.1 Dem Kläger ist allerdings insoweit beizutreten, als die Formulierung der Regelung durchaus Anlass zu der Überlegung bietet, ob die Einigungsstelle nicht tatsächlich eine sogenannte Höheentscheidung" getroffen haben könnte. In Ziffer 2 des Spruchs wird nämlich ohne nähere Begründung die Jahressonderzahlung für jeden Vollzeitbeschäftigten konkret auf einen Betrag von DM 2.000,-- brutto festgelegt und damit auf den ersten Blick die Höhe der Gesamtzahlung festgelegt.

2.2 Dem steht indessen entscheidend entgegen, dass nach der zu den Akten gereichten Begründung des Spruchs der Einigungsstelle eine Entscheidung über die Höhe weder getroffen werden sollte noch getroffen worden ist.

Aus der Begründung ergibt sich nämlich, dass die Beklagte das finanzielle Volumen der sozialen Nebenleistungen - mitbestimmungsfrei - festgelegt hatte und nicht bereit war, über eine Erhöhung zu verhandeln. Setzt dann der Spruch der Einigungsstelle eine Betriebsvereinbarung in Kraft, die auch Festlegungen über die Höhe bestimmter Leistungen enthält, so spricht der Umstand, dass er auf Anträgen der Arbeitgeberseite beruht und in finanzieller Hinsicht dem letzten Verhandlungsangebot des Arbeitgebers entspricht, dafür, dass er innerhalb eines vom Arbeitgeber vorgegebenen Dotierungsrahmens liegt (LAG Köln, Beschluss vom 16.03.1999 - 13 TaBV 27/98 - NZA-RR 1999, 481). Ähnlich stellt sich die rechtliche Situation im vorliegenden Fall dar. Ausweislich des bereits zitierten Einigungsstellenspruchs hatte die Arbeitgeberseite den finanziellen Rahmen auch für die 1999 zu zahlende Jahressondervergütung vorgegeben. In Abänderung der Verteilungsgrundsätze, die noch in der vorhergehenden Betriebsvereinbarung vom 13.12.1995 galten, hatte sich die Einigungsstelle mehrheitlich auf Pauschalbeträge für alle Beschäftigten geeinigt und damit neue Verteilungsgrundsätze aufgestellt, die sich an dem Dotierungsrahmen orientierten und orientieren mussten. Dann aber kann nicht davon gesprochen werden, dass der Spruch der Einigungsstelle eine verbindliche Entscheidung über die mitbestimmungsfreie Festlegung des Gesamtvolumens enthält.

2.3 Diese rechtliche Einschätzung wird auch durch weitere Umstände untermauert, die im Rahmen des Einigungsstellenverfahrens von Bedeutung sein dürften.

Die Betriebsvereinbarung vom 13.12.1995 war nach dem insoweit unstreitigen Vorbringen beider Parteien bereits im Jahre 1996 gekündigt worden und galt seither kraft Nachwirkung gemäß § 77 Abs. 6 BetrVG. Diese Nachwirkung konnte aber nur dann eintreten, wenn sich der Beklagte dazu entschlossen hatte, dass zur Verfügung gestellte Gesamtvolumen zu reduzieren und den Verteilungsschlüssel zu ändern (BAG, Urteil vom 26.10.1993 - 1 AZR 46/93 - AP Nr. 6 zu § 77 BetrVG 1972 Nachwirkung). Genau dies entspricht der Situation im Unternehmen der Beklagten nach Kündigung der Betriebsvereinbarung vom 13.12.1995. Sie wurde von der Beklagten als nachwirkend behandelt, da sie die dort festgelegten Jahressonderzahlungen bis zum Jahre 1998 auch tatsächlich zur Auszahlung brachte. Eine der Mitbestimmung unterliegende Neuverteilung setzte demgemäß voraus, dass die Beklagte eine Reduzierung des Gesamtvolumens vornahm, um im Rahmen des § 87 Abs. 1 Ziffer 10 BetrVG neue Verteilungsgrundsätze - mitbestimmungspflichtig - festzuschreiben. Dann aber liegt in dem Verlangen, eine Betriebsvereinbarung über die Jahressonderzahlung für das Jahr 1999 zu treffen und in der entsprechenden Anrufung der Einigungsstelle gleichzeitig die vorhergehende Festlegung eines neuen, geänderten Dotierungsrahmens.

3. Entgegen der Auffassung des Klägers verstößt der Spruch der Einigungsstelle vom 16.11.1999 auch nicht gegen § 77 Abs. 3 BetrVG.

Nach dieser Norm können Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein. Hiervon ist vorliegend aus folgenden Gründen gerade nicht auszugehen:

3.1 Es erscheint der erkennenden Berufungskammer bereits zweifelhaft, ob angesichts der vom Kläger geschilderten tatsächlichen Umstände überhaupt von einer Tarifüblichkeit auszugehen ist, soweit die Regelung von Jahressonderzahlungen im Unternehmen der Beklagten ansteht. Allein die Tatsache, dass es im Bereich der Tarifgemeinschaft der technischen Überwachungsvereine Tarifverträge gibt, die diese Materie für die Mitglieder der Tarifgemeinschaft und deren Beschäftigten regeln, dürfte hierfür kaum ausreichend sein. Auch die Tatsache, dass die Gewerkschaft ÖTV wiederholt versucht hatte, zu entsprechenden Tarifabschlüssen mit der Beklagten zu gelangen, ist regelmäßig nicht geeignet, den Begriff der Tarifüblichkeit" auszufüllen (vgl. hierzu: Fitting/Kaiser/Heither/Engels, a. a. O., § 77, Rz. 81 m. w. N.).

3.2 Die Anwendung des § 77 Abs. 3 BetrVG scheitert aber auf jeden Fall daran, dass vorstehend Mitbestimmungsrechte zu diskutieren sind, die der Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Ziffer 10 BetrVG unterliegen. In einem solchen Fall, da es um die Festlegung von Verteilungskriterien geht, findet der Tarifvorbehalt des § 77 Abs. 3 BetrVG keine Anwendung (ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, vgl. grundlegend: BAG GS, Beschluss vom 03.12.1991 - GS 2/90 - a. a. O.). Dem schließt sich die erkennende Kammer unter Hinweis auf die zutreffenden Erwägungen des Großen Senats vorbehaltlos an.

4. Durch den Spruch der Einigungsstelle vom 16.11.1999 wird auch nicht in unzulässiger Weise in individualrechtliche Ansprüche des Klägers eingegriffen.

Sowohl der Kläger wie auch das Arbeitsgericht in seiner erstinstanzlichen Entscheidung vom 12.05.2000 weisen zunächst zutreffend darauf hin, dass für die Ablösung von durch betriebliche Einheitsregelung oder Gesamtzusage vertraglich begründeten Ansprüchen auf Sozialleistung durch eine Betriebsvereinbarung strenge Anforderungen zu stellen sind und im Rahmen eines sogenannten kollektiven Günstigkeitsvergleichs zu prüfen ist, ob die nachfolgende Kollektivvereinbarung die vertraglich begründeten Ansprüche der Arbeitnehmer verändern konnte (vgl. hierzu BAG GS, Beschluss vom 16.09.1986 - GS 1/82 - AP Nr. 17 zu § 77 BetrVG).

Die Berufungskammer ist indessen der Auffassung, dass sich der Kläger gerade nicht auf einen individualrechtlichen Anspruch auf Sonderzahlung berufen kann; seine Rechte ergeben sich einzig und allein aus entsprechenden, bei dem Rechtsvorgänger und der Beklagten abgeschlossenen Betriebsvereinbarungen.

4.1 Der mehrfach genannte Anstellungsvertrag des Klägers vom 01./15.07.1986 enthält keine eigenständige und ausdrückliche Vereinbarung über die Zahlung einer Jahressondervergütung.

4.1.1 In Ziffer 4 des Anstellungsvertrages findet sich am Ende allein der Hinweis darauf, dass der Kläger ein Weihnachts- und Urlaubsgeld .... nach den Bestimmungen der Betriebsvereinbarungen des T. Rheinland" erhält. Hierbei handelt es sich schon nach dem Wortlaut um eine sogenannte betriebsvereinbarungsoffene Regelung, mit der bestehende und spätere Betriebsvereinbarungen zur Basis der entsprechenden Arbeitsvertragsbedingungen gemacht werden (zur Auslegung und Zulässigkeit derartiger Vereinbarungen vgl. vor allem: BAG, Urteil vom 20.11.1987 - 2 AZR 284/86 - AP Nr. 2 zu § 620 BGB Altersgrenze). Bei Abschluss des Anstellungsvertrages im Jahre 1986 konnte der Kläger deshalb nur davon ausgehen, dass er ein Weihnachtsgeld bzw. eine Jahressonderzahlung in dem Umfang und unter den Voraussetzungen erhalten würde, die die damals geltende Betriebsvereinbarung aus dem Jahre 1981 und nachfolgende Betriebsvereinbarungen aufstellten.

4.1.2 Auch andere, den Arbeitsvertragsparteien bei Abschluss des Anstellungsvertrages bekannte Umstände sprechen gegen den individualrechtlichen Charakter der Vereinbarung über den Bezug einer Jahressonderzahlung. Im Unternehmen der Beklagten bzw. ihres Rechtsvorgängers gab es unstreitig bereits seit dem Jahr 1967 Betriebsvereinbarungen, die zuletzt im Jahre 1995 den Bezug und die Voraussetzungen der Jahressonderzahlungen regelten. Den dortigen Vorgaben entsprach auch jeweils die tatsächliche Handhabung durch den Rechtsvorgänger der Beklagten. Anhaltspunkte dafür, dass von den Betriebsvereinbarungen abgewichen wurde und nebenher eigenständige Rechte begründet worden sein könnten, lassen sich aus den der Kammer bekannten Gesamtumständen gerade nicht ableiten.

4.1.3 Dies gilt auch, soweit der Kläger im Berufungsrechtszug auf Dokumente aus den Jahren 1972 bis 1994 verwiesen hat, die entgegen der Auffassung des Klägers den vermeintlichen individualrechtlichen Charakter gerade nicht stützen können.

Die zu den Akten gereichte Betriebsvereinbarung über die Gehaltsregelung aus dem Jahre 1972 belegt zunächst, dass auch zu diesem Zeitpunkt Sonderzuwendungen kollektiv geregelt wurden. Ähnliches gilt für die Betriebsvereinbarung vom 10.03.1975, mit der die Sonderzuwendungen auf das 1,25-fache Monatsgehalt angehoben wurden. Wenn der Kläger in diesem Zusammenhang auf das Rundschreiben des Rechtsvorgängers der Beklagten vom Oktober 1974 verweist, so ändert dies nichts an der Charakterisierung als Kollektivanspruch. In dem Schreiben findet sich nur der Hinweis darauf, dass das bisherige 13. Monatsgehalt erhöht werden wird, was in engem zeitlichen Zusammenhang dann in der Betriebsvereinbarung vom 10.03.1975 auch kollektivrechtlich abgesichert wurde. Demgegenüber kann aus dem Rundschreiben von Oktober 1974 ohne Hinzutreten weiterer Umstände keinesfalls abgeleitet werden, dass sich der Rechtsvorgänger der Beklagten einzelvertraglich verpflichten wollte, eine Jahressonderzahlung in der von ihm genannten Höhe zur Ausschüttung zu bringen. Schließlich ist auch das Rundschreiben des Rechtsvorgängers der Beklagten aus dem Jahre 1994 nicht geeignet, die Rechtsauffassung des Klägers zum individualrechtlichen Charakter seines Anspruchs zu belegen. In dem Rundschreiben wird im Zusammenhang mit einer anstehenden Gehaltserhöhung ausgeführt, dass versucht worden war, mit dem Betriebsrat über ein Einfrieren" der Weihnachtsgeldzahlung zu verhandeln und dieses durchzusetzen. Der Rechtsvorgänger der Beklagten führt dann weiter aus, dass dieser Versuch auf der kollektiven Ebene nicht geglückt war, weil sich die Betriebsräte einer notwendigen Vereinbarung über die Thematik verschlossen hätten. Aus diesem Verhalten wird erneut sichtbar, dass sowohl Betriebsrat wie auch der damalige Arbeitgeber übereinstimmend der Auffassung waren, dass Vereinbarungen über die Zahlung einer Jahressondervergütung kollektiver Natur waren und auch nur auf dieser Ebene geregelt werden konnten.

4.2 Die Rundschreiben des Rechtsvorgängers der Beklagten vom 15.09. und 24.10.1996 begründen schließlich auch keinen eigenständigen individualrechtlichen Anspruch des Klägers auf eine Jahressonderzahlung in Höhe von 100 % seines maßgeblichen Bruttomonatsgehalts. Die vom Arbeitsgericht hierzu dargestellten Argumente, die vor allem auf eine Umdeutung der möglicherweise nichtigen Betriebsvereinbarung aus dem Jahre 1981 abstellen, vermögen im Ergebnis nicht vollständig zu überzeugen.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist es zwar grundsätzlich möglich, eine nach § 77 Abs. 3 BetrVG unwirksame Betriebsvereinbarung entsprechend § 140 BGB in eine vertragliche Einheitsregelung (Gesamtzusage oder gebündelte Vertragsangebote) umzudeuten. An eine solche Umdeutung sind nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts jedoch strenge Anforderungen zu stellen. Sie kommt von vornherein nur in Betracht, wenn und soweit besondere Umstände die Annahme rechtfertigen, der Arbeitgeber habe sich unabhängig von den Regelungen der Betriebsvereinbarung auf jeden Fall verpflichten wollen, seinen Arbeitnehmern die in der unwirksamen Betriebsvereinbarung vorgesehenen Leistungen zu gewähren (BAG, Urteil vom 05.03.1997 - 4 AZR 532/95 - AP Nr. 10 zu § 77 BetrVG 1972 Tarifvorbehalt; BAG, Urteil vom 24.01.1996 - 1 AZR 597/95 - AP Nr. 8 zu § 77 BetrVG 1972 Tarifvorbehalt). Diese Voraussetzungen sind - bezogen auf die Rundschreiben vom 15.09. und 24.10.1986 - nicht gegeben.

4.2.1 Beide Schreiben des Rechtsvorgängers der Beklagten enthalten zunächst keine ausdrücklichen Versprechen oder Zusagen, die bisher auf der Grundlage der Betriebsvereinbarung aus dem Jahre 1981 gezahlten Jahressondervergütungen nunmehr einzelvertraglich festzuschreiben. In beiden Rundschreiben wird vielmehr die möglicherweise festzustellende Rechtsunwirksamkeit der entsprechenden Betriebsvereinbarungen beschrieben, ohne dass hieran verbindliche individualrechtliche Zusagen über eine eventuelle Fortzahlung der Sondervergütung geknüpft werden.

4.2.2 Darüber hinaus weist der vormalige Arbeitgeber des Klägers in den hier zu beurteilenden Schreiben wiederholt darauf hin, dass eine Neuregelung im Zusammenwirken mit den Betriebsräten zu erfolgen hat. Schon im Schreiben vom 15.09.1986 findet sich auf der dortigen Seite 3 der Hinweis darauf, dass der Gesamtbetriebsrat gebeten worden sei, in Verhandlungen mit der Geschäftsführung einzutreten, damit eine klare rechtsverbindliche Situation für das Haus hergestellt werde. Im Rundschreiben vom 24.10.1986 weist der Rechtsvorgänger der Beklagten am Ende darauf hin, dass er in absehbarer Zeit einen Weg finden wolle, um mit dem Rat des Betriebsrates neue rechtswirksame Vereinbarungen zu erreichen. Dies betont erneut, dass der Rechtsvorgänger der Beklagten auch weiterhin von einem kollektiven Charakter der Regelungen über die Sonderzahlung ausging und jedenfalls keine individualrechtliche Bindung zugunsten der Beschäftigten eingehen wollte.

4.2.3 Dies wird letztlich noch dadurch unterstrichen, dass im Schreiben vom 24.10.1986 der Hinweis erfolgt, künftige Zahlungen mit einem Freiwilligkeitsvorbehalt zu versehen.

Der Rechtsvorgänger der Beklagten hatte bis zum Jahre 1986 die Sicherheit", durch den jederzeit zulässigen Abschluss neuer Betriebsvereinbarungen und durch eine Änderung des Dotierungsrahmens zu bestimmen, ob und in welcher Höhe auch zukünftig diese Sonderzuwendungen zur Auszahlung kommen sollten. Als er erkannte, dass die bisher verabschiedeten Kollektivverträge rechtsunwirksam sein könnten, war er schon aus Vorsichtsgründen gehalten, den Freiwilligkeitsvorbehalt zu erklären, um auch zukünftig einigermaßen flexibel reagieren zu können. Der Rechtsvorgänger der Beklagten handelte dann auch konsequent und folgerichtig, als er angesichts der geänderten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts im Jahre 1987 wieder Rechtsklarheit hatte und von einer wirksamen Betriebsvereinbarung ausgehen durfte; zu diesem Zeitpunkt wurde der bisher praktizierte Freiwilligkeitsvorbehalt wieder obsolet.

Insgesamt zeigt das dargestellte Verhalten, dass nach dem Willen des Rechtsvorgängers der Beklagten die ursprünglichen, seit 1967 fortgeschriebenen Betriebsvereinbarungen die Basis für die Zahlung der Sonderzuwendung sein sollten. Demgegenüber stellt sich der Hinweis auf den Freiwilligkeitsvorbehalt als reine Vorsichtsmaßnahme dar, der ohne Hinzutreten weiterer Umstände nicht geeignet ist, einen individualrechtlichen Bindungswillen des Rechtsvorgängers der Beklagten erkennen zu lassen.

5. Die Ansprüche des Klägers auf Zahlung einer Sonderzuwendung in Höhe von 100 % seines Bruttomonatsgehalts konnten auch nach dem per 01.01.1996 vollzogenen Betriebsübergang durch eine nachfolgende Betriebsvereinbarung und damit auch durch den Spruch der Einigungsstelle vom 16.11.1999 zu seinen Ungunsten verändert werden. Dies ergibt sich letztlich aus § 613 a Abs. 1 Satz 3 BGB.

§ 613 a Abs. 1 Satz 2 BGB bestimmt zunächst, dass Rechte und Pflichten, die durch Rechtsnormen eines Tarifvertrags oder durch eine Betriebsvereinbarung geregelt werden, im Falle eines Betriebsübergangs auf den Erwerber übergehen und zum Inhalt des Arbeitsverhältnisses zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer werden. Nach § 613 a Abs. 1 Satz 3 BGB gilt dies nicht, wenn die Rechte und Pflichten bei dem neuen Inhaber durch Rechtsnormen eines anderen Tarifvertrags oder durch eine andere Betriebsvereinbarung geregelt werden. Diese Rechtsfolge tritt nach Meinung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. Urteil vom 19.03.1986 - 4 AZR 640/84 - AP Nr. 49 zu § 613 a BGB) auch dann ein, wenn die Bindung an einen neuen Tarifvertrag erst Monate nach dem Betriebsübergang entsteht. Dies folgt nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts aus dem Sinn und Zweck des § 613 a Abs. 1 Satz 2 bis 4 BGB. Aus den vorgenannten Normen sei ablesbar, dass der Gesetzgeber die Weitergeltung bisheriger tariflicher Vorschriften für das Arbeitsverhältnis in dem Fall ausdrücklich ausschließen wollte, in dem die Arbeitsverhältnisse bei dem neuen Inhaber durch Rechtsnormen eines anderen Tarifvertrags geregelt werden. Damit, so das Bundesarbeitsgericht, räume der Gesetzgeber dem sogenannten Prinzip der Tarifeinheit Vorrang ein. Ferner komme in den genannten Normen die Wertung des Gesetzgebers zum Ausdruck, dass ein Arbeitnehmer des Schutzes der bisher für ihn geltenden tariflichen Vorschriften nicht mehr bedürfe, wenn er durch neue, für den Betriebserwerber geltende Tarifvorschriften geschützt werde. Nach diesem Schutzzweck sei es dann aber auch unerheblich, ob die neuen tariflichen Vorschriften, die für den Betriebserwerber gelten, bereits beim Betriebsübergang vorlägen oder erst einige Zeit nach dem Betriebsübergang Anwendung fänden. Auch im letzteren Fall sei es nach dem Prinzip der Tarifeinheit geboten, die bisherigen tariflichen Vorschriften nicht mehr anzuwenden, sondern nur noch nach den neuen, für den Betriebserwerber geltenden tariflichen Vorschriften zu verfahren. Für diese Auslegung spreche letztlich, dass die Geltung der bisher für den Arbeitnehmer gültigen tariflichen Bestimmungen bei fehlender Tarifgebundenheit des Betriebserwerbers des Arbeitnehmers nach dem Betriebsübergang sogar durch nachträgliche einzelvertragliche Vereinbarungen der für den Betriebserwerber einschlägigen tariflichen Regelungen beseitigt werden könnten.

Den vorstehenden Erwägungen schließt sich die erkennende Kammer vor allem mit dem Hinweis darauf an, dass der Gesetzgeber in § 613 Abs. 1 Satz 3 BetrVG die Wörter geregelt werden" und nicht die Wörter geregelt sind" verwendet hat. Hieraus ist zwingend abzuleiten, dass nachfolgende tarifliche Regelungen, aber auch Betriebsvereinbarungen die bisherigen, beim Betriebsveräußerer geltenden Normen verdrängen können.

5.1 Die oben dargelegten Erwägungen des Bundesarbeitsgerichts zur Verdrängung" tariflicher Normen durch einen neuen Tarifvertrag beim Betriebserwerber gelten im Übrigen auch dann, wenn es sich um Regelungen einer Betriebsvereinbarung handelt.

Zum einen macht der Gesetzgeber gerade keine Unterschiede, ob ein Tarifvertrag oder eine Betriebsvereinbarung betroffen ist. § 613 Abs. 1 Satz 3 BGB spricht ohne Einschränkung von beiden Kollektivverträgen und nimmt für beide Fallkonstellationen die gleiche rechtliche Wertung vor.

In diesem Zusammenhang überzeugt auch das Argument des Klägers, dass die Tarifvertragsparteien größere Kompetenzen und gerade die Gewerkschaften eine gesteigerte Machtposition einnähmen, um die Rechte der Arbeitnehmer zu wahren, letztlich nicht. Nach der Grundkonzeption des Gesetzgebers in § 613 a Abs. 1 BGB sollen selbst die Arbeitsvertragsparteien - im Falle des § 613 a Abs. 1 Satz 2 BGB nach Ablauf eines Jahres - die Möglichkeit haben, einzelvertraglich Veränderungen vorzunehmen, die auch zu einer Verschlechterung der bisherigen Arbeitsbedingungen führen können. Dann aber muss dies erst recht gelten, wenn sich Arbeitgeber und Betriebsrat bei der Regelung mitbestimmungspflichtiger Angelegenheiten der Arbeitsvertragsbedingungen annehmen, die mit dem Betriebsveräußerer kollektiv vereinbart worden waren. Hier gilt erneut der Grundsatz, dass durch den Betriebsübergang keine Verschlechterung im Status der betroffenen Arbeitnehmer eintreten soll, dass sie aber andererseits auch nicht stärker geschützt werden, als es ohne Betriebsübergang der Fall gewesen wäre. Dies wird gerade in der vorliegenden Konstellation deutlich: Ohne den Betriebsübergang auf die Beklagte wären der Rechtsvorgänger der Beklagten und der bei ihm bestehende Betriebsrat jederzeit in der Lage gewesen, durch den Abschluss einer neuen Betriebsvereinbarung auch eine Verschlechterung der Ansprüche der Beschäftigten herbeizuführen, die sich aus den kollektiven Verträgen (Betriebsvereinbarungen) bis zum Jahre 1995 ergeben hatten.

5.2 Die danach grundsätzlich bestehende Möglichkeit der Einigungsstelle, die bisherige Betriebsvereinbarung vom 13.12.1995 auch zum Nachteil der Beschäftigten zu verändern, ist durch Zeitablauf nicht erloschen. Die Einigungsstelle war vielmehr auch mehr als drei Jahre nach Vollzug des Betriebsübergangs nicht gehindert, die in individualrechtliche Ansprüche transformierten Regelungen der Betriebsvereinbarung vom 13.12.1995 erneut kollektiv durch eine neue Betriebsvereinbarung zu ersetzen.

5.2.1 In der Literatur wird, soweit ersichtlich, teilweise die Auffassung vertreten, dass die neue Kollektivregelung im Sinne des § 613 a Abs. 1 Satz 3 BGB in einem zeitlichen Zusammenhang zum Betriebsübergang stehen müsse (vgl. hierzu: Henssler, in NZA 1994, Seite 913 ff.; nicht eindeutig: Schaub in Münchner Kommentar/BGB, § 613 a, Rz. 181).

5.2.2 Demgegenüber vertreten andere Autoren die Auffassung, dass ein derartiger zeitlicher Zusammenhang von § 613 a Abs. 1 BGB gerade nicht gefordert wird (Fuchs, Betriebliche Sozialleistungen beim Betriebsübergang, Seite 180; Moll in RDA 1996, 275 ff.).

5.2.3 Die erkennende Kammer schließt sich der zuletzt genannten Auffassung an, wonach eine nach § 613 a Abs. 1 Satz 3 BGB nachfolgende, ablösende Betriebsvereinbarung zeitlich nicht im Zusammenhang mit dem Betriebsübergang stehen muss.

Gegen den teilweise geforderten engen zeitlichen Zusammenhang spricht zunächst die Fassung des § 613 a Abs. 1 BGB, in der sich keinerlei Hinweise auf einzuhaltende Fristen oder Zeiträume findet.

Andererseits hat der Gesetzgeber gerade bei der Formulierung des § 613 a Abs. 1 BGB gesehen, dass transformierte Kollektivansprüche unter Umständen mit einer zeitlich befristeten Bestandskraft versehen werden müssen, um einen entsprechenden Schutz der betroffenen Arbeitnehmer zu garantieren. Dem folgend hat er in § 613 Abs. 1 Satz 2 BGB die bereits angesprochene Jahresfrist festgeschrieben und damit gezeigt, dass in diesem Fall Neuregelungen beim Betriebserwerber unter Beachtung zeitlicher Vorgaben möglich sein sollen. Wenn er dann demgegenüber eine derartige Einschränkung oder Begrenzung im Rahmen des § 613 a Abs. 1 Satz 3 BGB nicht eingeführt hat, so belegt dies die hier vertretene Rechtsauffassung, dass dann auch eine zeitlich unbeschränkte Neuregelung durch eine nachfolgende Betriebsvereinbarung möglich sein muss.

Darüber hinaus sprechen auch Gründe der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit gegen eine zeitliche Begrenzung für beim Betriebserwerber abzuschließende Betriebsvereinbarung. Weder aus § 613 a BGB noch aus anderen Rechtsvorschriften lässt sich ableiten oder bestimmen, welche Neuregelungsfrist gelten sollte. Die erkennende Kammer sah sich jedenfalls nicht in der Lage, ohne entsprechende gesetzliche Vorgaben einen bestimmten Zeitraum als rechtsverbindlich festzulegen.

5.2.4 Indessen muss bei der hier zu diskutierenden Neuregelung, die letztlich mit dem Spruch der Einigungsstelle vom 16.11.1999 wirken sollte, der Vertrauensschutz der betroffenen Arbeitnehmer beachtet werden. Die erkennende Kammer hat deshalb in Erwägung gezogen, die von der Rechtsprechung erarbeiteten Grundsätze der Verwirkung anzuwenden. Auch dies führt indessen nicht zu einer anderen als der bisher gefundenen rechtlichen Wertung.

Von Verwirkung kann dann gesprochen werden, wenn der Rechtsträger das Recht längere Zeit nicht ausgeübt hat, der Gegner nach dem früheren Verhalten des Rechtsträgers damit rechnen durfte, dass das Recht nicht mehr geltend gemacht werde und er sich hierauf eingerichtet hat, so dass ihm die Erfüllung des Rechts nicht mehr zugemutet werden kann (Schaub, Arbeitsrechtshandbuch, 8. Aufl., Seite 534, m. w. N.). Diese Voraussetzungen können zugunsten des Klägers vorliegend (noch) nicht angenommen werden.

Die nach dem Verwirkungsbegriff festzustellende zeitliche Komponente dürfte angesichts eines Zeitraums von knapp vier Jahren bis zum Spruch der Einigungsstelle am 16.11.1999 durchaus erfüllt sein.

Der Verwirkungstatbestand greift hier aber schon deshalb nicht, weil der Kläger aufgrund der Gesamtumstände nicht damit rechnen durfte, dass es auch zukünftig bei einer Jahressonderzuwendung in Höhe von 100 % seines Bruttomonatsgehalts bleiben würde.

Dabei spielt zunächst eine Rolle, dass die Höhe der Jahressonderzuwendung seit dem Jahre 1967 durchaus variabel gestaltet worden war. Während die Jahressondervergütung in den ersten Jahren bis zur Höhe einer Monatsvergütung vereinbart wurde, steigerte sie sich bis zum Jahre 1995 auf das anderthalbfache einer Monatsvergütung. Im Jahre 1995 erfolgte alsdann durch die Betriebsvereinbarung vom 13.12.1995 eine Absenkung auf 100 % eines Bruttomonatsverdienstes. Bereits diese Entwicklung zeigt, dass die Arbeitnehmer der Beklagten bzw. ihres Rechtsvorgängers auch in der Vergangenheit damit rechnen mussten, dass nach mehrjähriger Zahlung der Jahressonderzuwendung eine Verschlechterung durch spätere Betriebsvereinbarungen eintreten konnte.

Dies stellt sich nach dem Betriebsübergang vom 01.01.1996 nicht anders dar.

Zwischen den Parteien ist zunächst unstreitig, dass die Betriebsvereinbarung vom 13.12.1995 bereits im Jahre 1996 gekündigt worden war und seitdem nur noch kraft Nachwirkung galt. Zwischen den Parteien ist weiter unstreitig, dass es in der Folgezeit auf Tarifvertragsebene Bemühungen der Gewerkschaft gab, entsprechende tarifvertragliche Regelungen zu schaffen, die auch die zukünftige Zahlung einer Sonderzuwendung zum Inhalt haben sollten. Dem Kläger wie auch allen anderen Mitarbeitern der Beklagten musste deshalb bewusst sein, dass es zu einer Änderung der Regelungen über die Sonderzuwendung kommen konnte, zumal die Beklagte durch ihr Verhalten seit 1996 deutlich gemacht hatte, dass sie eine Senkung der Personalkosten - in großem Umfang - anstrebte. Nimmt man weiter hinzu, dass entsprechende Versuche bei den Schwestergesellschaften der Beklagten spätestens ab dem Jahre 1998 unternommen worden waren und dass es in einigen Gesellschaften auch zum Abschluss entsprechender Betriebsvereinbarungen gekommen war, so belegt dies, dass der Kläger sehr wohl auch mit einer späteren Änderung und Verschlechterung der Ansprüche rechnen musste, die Inhalt der Betriebsvereinbarung vom 13.12.1995 gewesen waren.

6. Soweit sich der Kläger vor allem im ersten Rechtszug auf eine Verletzung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes berufen hat, ist sein Sachvortrag unsubstantiiert und damit unschlüssig geblieben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Kammer hat eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache bejaht und die Revision zugelassen.

Ende der Entscheidung

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