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Gericht: Landesarbeitsgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 02.12.1999
Aktenzeichen: 5 Sa 992/99
Rechtsgebiete: BetrVG
Vorschriften:
BetrVG § 77 |
2) Die Betriebsvereinbarung verstößt gegen § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG und ist deshalb rechtsunwirksam.
3) Die Beteiligung der Gewerkschaft ist nicht als Zulassung einer solchen Betriebsvereinbarung im Sinne des § 77 Abs. 3 Satz 2 BetrVG zu werten.
LANDESARBEITSGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
Geschäftsnummer: 5 Sa 992/99
Verkündet am: 02.12.1999
In dem Rechtsstreit
hat die 5. Kammer des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 07.10.1999 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Göttling als Vorsitzenden sowie den ehrenamtlichen Richter Nelius und den ehrenamtlichen Richter Janssen für Recht erkannt:
Tenor:
1) Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Solingen vom 21.04.1999 - 3 Ca 158/99 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2) Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Parteien streiten über die Frage, ob der Kläger von der Beklagten eine tarifliche Sonderzahlung beanspruchen kann.
Der Kläger ist seit nahezu 30 Jahren bei der Beklagten als Arbeitnehmer beschäftigt. Sein Bruttostundenlohn betrug zuletzt DM 25,50 bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 35 Stunden.
Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden nach Darstellung der Beklagten die Tarifverträge für die Eisen-, Metall- und Elektroindustrie Nordrhein-Westfalen kraft einzelvertraglicher Bezugnahme Anwendung. Hiernach gelten unter anderem der Tarifvertrag zur Beschäftigungssicherung 1999 vom 02.11.1998" und der Tarifvertrag über die tarifliche Absicherung eines Teiles eines 13. Monatseinkommens vom 11.12.1996" für das Arbeitsverhältnis der Parteien.
Die Beklagte trat mit Wirkung vom 31.12.1996 aus dem Arbeitgeberverband der Metallund Elektroindustrie Nordrhein-Westfalen aus. Angesichts erheblicher wirtschaftlicher Schwierigkeiten führte sie im Oktober 1998 eine Betriebsänderung durch, in deren Rahmen insgesamt 74 Arbeitsplätze abgebaut wurden. Hierzu vereinbarte die Beklagte unter dem 30.10.1998 mit dem bei ihr bestehenden Betriebsrat einen Interessenausgleich und Sozialplan, der die entstandenen wirtschaftlichen Nachteile der betroffenen Arbeitnehmer unter anderem durch die Regelung von Abfindungszahlungen abfedern sollte.
Am 07.12.1998 schlossen der Betriebsrat und die Beklagte sowie die IG Metall Bezirksleitung Nordrhein-Westfalen" eine Betriebsvereinbarung über einen Konsolidierungsvertrag", mit der die Sanierungsbemühungen der Beklagten und die Sicherung der verbliebenen Arbeitsplätze unterstützt werden sollte. In Ziffer 3 der Vereinbarung heißt es:
3. Gewerbliche Arbeitnehmer und Angestellte ohne" Leitungsfunktion: Variabilisierung der 13. Tariflichen Sonderzahlung (Weih nachts- und Urlaubsgeld) Die 13. tarifliche Sonderzahlung (nach Tarif) für die Geschäftsjahre 98/99, 99/00 und 00/01 (MTV-NRW 01.01.1997) für die gewerblichen Arbeitnehmer(innen) wird variabilisiert. In diesen Geschäftsjahren erfolgt für den Fall, dass mindestens 3 % + x Unternehmensrendite erwirtschaftet werden, die 13. tarifliche Sonderzahlung nach der tariflichen Norm. Basis ist die steuerliche Bilanz sowie das Berechnungsschema nach Punkt 6. Ab dem 01.01.2002 tritt die bis dahin ausgesetzte gültige tarifliche Regelung laut Anerkennungstarifvertrag wieder in Kraft. Die Sonderzahlungen für die Geschäftsjahre 98/99, 99/00, 00/01 sollen zukünftig variabel, d. h. gewinnabhängig, vergütet werden. Daher wird für das Geschäftsjahr 98/99 zunächst auf die Auszahlung der 13. tariflichen Sonderzahlung verzichtet. Erst nach Feststellung der Rendite für 98/99 (steuerliche Bilanz) wird die 13. tarifliche Sonderzahlung bei Erfüllung der Mindestvoraussetzungen (3 %) nachgezahlt, maximal in der tariflich vereinbarten Höhe. Sofern der steuerliche Gewinn für die Auszahlung der vollständigen 13. tariflichen Sonderzahlung nicht ausreicht, wird diese anteilig ausgezahlt.
Ziffer 6.1 der Vereinbarung hat folgenden Wortlaut:
6.1 Einmalig Zahlung in 1999 Alle Mitarbeiter, die an der Verzichtsregelung und der Flexibilisierung teilnehmen", erhalten einmalig 500,00 DM (spätestens zum 01.07.99, ggf. früher in Abstimmung mit der Geschäftsleitung). Bei dieser Zahlung handelt es sich um eine einmalige Zuwendung, d. h., hieraus kann kein Anspruch auf Regelmäßigkeit abgeleitet werden. Bei dieser Zahlung handelt es sich um eine Netto-Zahlung. Mögliche Steuern und Sozialabgaben hierauf trägt der Arbeitgeber. Die effektive Zuwendung dieser einmaligen Zahlung ist abhängig davon, dass der betreffende Mitarbeiter zum Stichtag 01.07.99 in einem noch ungekündigten Arbeitsverhältnis mit der B.ürg Gesenkschmiede GmbH & Co. KG steht. Sollte dies nicht der Fall sein (z. B. bei Austritt aus dem Unternehmen vor dem 01.07.99), wird dieser Betrag von dem ihm zustehenden Monatsentgelt einbehalten. Hierüber wird mit jedem Mitarbeiter eine einzelvertragliche Regelung getroffen. Die Gesamtsumme wird durch die Teilverzichte auf das Gehalt des Herrn G.iese aufgebracht und mindert somit nicht das Betriebsergebnis.
In einer Schlussbemerkung zur Betriebsvereinbarung wird schließlich klargestellt, dass Wirksamkeitsvoraussetzung der Abschluss eines gültigen Anerkennungstarifvertrages für die Metallindustrie NRW sein solle. Dieser Anerkennungstarifvertrag wurde am 01.01.1999 zwischen der IG Metall, Bezirksleitung Nordrhein-Westfalen, und dem Arbeitgeber geschlossen und enthielt eine ab dem 01.01.1999 geltende Anerkennung der in der Anlage genannten Tarifverträge. Wegen des weiteren Inhalts des Konsolidierungsvertrages und des Anerkennungstarifvertrages wird im Übrigen auf Blatt 21 bis 35 der Akten verwiesen.
Die Beklagte zahlte dem Kläger für das Jahr 1998 unter Berufung auf die Konsolidierungsvereinbarung vom 07.12.1998 und den Anerkennungstarifvertrag kein anteiliges 13. Monatseinkommen.
Nachdem eine entsprechende Zahlungsaufforderung vom 18.12.1998 erfolglos geblieben war, hat der Kläger mit seiner am 18.01.1999 beim Arbeitsgericht Solingen anhängig gemachten Klage sein Begehren weiterverfolgt.
Er hat die Auffassung vertreten, dass ihm aufgrund betrieblicher Übung auch im Jahre 1998 das begehrte Weihnachtsgeld in Höhe von DM 2.000,-- zustehen würde. Daran könnten auch der Anerkennungstarifvertrag und die Betriebsvereinbarung vom 07.12.1998 nichts ändern, die insoweit keine Rückwirkung entfalteten. Die Weihnachtsgeldzahlung sei nämlich bereits im November 1998 fällig gewesen.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn DM 2.000,-- brutto nebst 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat in erster Linie die Rechtsauffassung vertreten, dass die Weihnachtsgeldzahlung für 1998 durch die Konsolidierungsvereinbarung ausgeschlossen wäre. Hierbei handele es sich um einen Haustarifvertrag, der als Sonderfallregelung im Sinne des § 6 des Tarifvertrags zur Beschäftigungssicherung 1999 anzusehen wäre. Aufgrund des Konsolidierungsvertrages und dessen Ziffer 3 habe der erst am 10.12.1998 fällige Anspruch des Klägers rechtswirksam modifiziert werden dürfen.
Mit Urteil vom 21.04.1999 hat die 3. Kammer des Arbeitsgerichts Solingen - 3 Ca 158/99 - dem Klagebegehren in voller Höhe entsprochen. In den Entscheidungsgründen, auf die im Übrigen Bezug genommen wird, hat das Arbeitsgericht einen grundsätzlichen einzelvertraglichen Anspruch des Klägers auf Zahlung eines Teils des tariflich abgesicherten 13. Monatseinkommens bejaht und ausgeführt, dass der danach bestehende Anspruch wegen der Sperrwirkung des § 77 Abs. 3 BetrVG durch eine Betriebsvereinbarung nicht habe geändert werden können.
Selbst wenn man die Konsolidierungsvereinbarung als Haustarifvertrag charakterisieren wollte, ändere sich hieran nichts, weil auch der Tarifvertrag nicht rückwirkend das Arbeitsverhältnis der Parteien habe beeinflussen können.
Die Beklagte hat gegen das ihr am 11.06.1999 zugestellte Urteil mit einem am 12.07.1999 beim Landesarbeitsgericht eingegangen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit einem am 12.08.1999 eingegangenen Schriftsatz begründet.
Sie wiederholt im Wesentlichen und ausführlich ihren Sachvortrag aus dem ersten Rechtszug und betont erneut ihre Rechtsauffassung, dass der Konsolidierungsvertrag vom 07.12.1998 angesichts der Beteiligung der Gewerkschaft als Haustarifvertrag zu werten sei. Dieser habe die bis dahin kraft Nachwirkung geltenden, bisherigen tarifvertraglichen Regelungen ersetzt. Demgemäß sei auch der Kläger an die vereinbarten Konsolidierungsregelungen gebunden.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Solingen - 3 Ca 158/99 - vom 21.04.1999 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das arbeitsgerichtliche Urteil und wiederholt ebenfalls seinen Sachvortrag aus dem ersten Rechtszug. Er meint, dass die Beklagte bereits kraft betrieblicher Übung zur Weihnachtsgeldzahlung verpflichtet wäre, weil er nahezu 30 Jahre vorbehaltlos die Sonderzahlung erhalten hätte.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der zu den Akten gereichten Urkunden und der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze verwiesen.
Entscheidungsgründe:
I.
Die Berufung ist zulässig.
Sie ist nämlich an sich statthaft (§ 64 Abs. 1 ArbGG), nach dem Wert des Beschwerdegegenstandes zulässig (§ 64 Abs. 2 ArbGG) sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 66 Abs. 1 ArbGG, 518, 519 ZPO).
II.
In der Sache selbst hatte das Rechtsmittel indessen keinen Erfolg.
Der Kläger hat gemäß § 611 BGB in Verbindung mit dem zwischen den Parteien geschlossenen Arbeitsvertrag, in Verbindung mit dem Tarifvertrag über die tarifliche Absicherung eines 13. Monatseinkommens vom 11.12.1996 sowie aufgrund des Anerkennungstarifvertrages vom 01.01.1999 einen Anspruch auf Zahlung von Weihnachtsgeld" in Höhe von DM 2.000,-- brutto gegen die Beklagte.
1. Die oben genannten Tarifverträge der Eisen-, Metall-, Elektro- und Zentralheizungsindustrie Nordrhein-Westfalen finden auf das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung, obwohl jedenfalls der Kläger selbst nicht kraft Verbandszugehörigkeit tarifgebunden ist.
1.1 Die ausdrückliche Vereinbarung, für das Arbeitsverhältnis solle ein bestimmter Tarifvertrag oder ein bezeichnetes Tarifvertragswerk gelten, ist auch in dem Fall anzuwenden, da der Tarifvertrag oder die Tarifverträge nur nachwirken. Mit der Bezugnahmeklausel wollen die Parteien eines Arbeitsverhältnisses regelmäßig nur widerspiegeln, was ansonsten tarifrechtlich gilt oder nach Ablauf des Tarifvertrages gemäß § 4 Abs. 5 TVG weitergilt (BAG, Beschluss vom 27.01.1987 - 1 ABR 66/85 - EzA § 99 BetrVG 1972 Nr. 55; LAG Düsseldorf, Urteil vom 06.11.1997 - 2 (14) Sa 997/97 - n. v.).
Diese Rechtsgrundsätze gelten auch dann, wenn eine tarifliche Regelung aufgrund betrieblicher Übung Eingang in ein Arbeitsverhältnis gefunden hat. In beiden Fällen wird nämlich durch den Arbeitgeber letztlich zum Ausdruck gebracht, dass der in Bezug genommene oder angewendete Tarifvertrag auch nach seiner Beendigung nachwirkend für das Arbeitsverhältnis fortgelten soll. Insgesamt ist deshalb eine vertragliche Bezugnahme, selbst wenn sie aufgrund einer betrieblichen Übung Eingang in das Arbeitsverhältnis gefunden hat, als Gleichstellungsabrede anzusehen. Sie bewirkt, dass die nicht tarifgebundenen Arbeitnehmer, deren Arbeitsvertrag aufgrund einer tariflichen Übung auf ein Tarifwerk Bezug nimmt, auch im Fall der Nachwirkung des Tarifvertrages mit den tarifgebundenen Arbeitnehmern gleichzustellen ist (LAG Düsseldorf, Urteil vom 18.05.1998 - 10 Sa 392/98 - LAGE § 4 TVG Nachwirkung Nr. 9).
1.2 Hinzu kommt für die hier zu beurteilende Fallkonstellation, dass nach Darstellung der Beklagten in beiden Rechtszügen zum einen eine ausdrückliche arbeitsvertragliche Bezugnahme auf die jeweils geltenden Tarifverträge der Metallindustrie vorliegt. Diese Bezugnahme erstreckt sich dann aber über den Anerkennungstarifvertrag vom 01.01.1999 mindestens ab diesem Zeitpunkt auf den in der Anlage erwähnten Tarifvertrag über die tarifliche Absicherung eines Teiles eines 13. Monatseinkommens". Für die Zeit bis zum 31.12.1998 ergibt sich die Anwendung des zuletzt genannten Tarifvertrages entweder aus der vom Kläger behaupteten betrieblichen Übung oder aber aus der von der Beklagten wiederholt angesprochenen Bezugnahme im Rahmen des bestehendeen Arbeitsverhältnisses.
2. Der danach bestehende, tariflich abgesicherte Anspruch auf Zahlung eines Teils eines 13. Monatseinkommens ist durch den Konsolidierungsvertrag für das Jahr 1998 nicht beseitig worden. Entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten handelt es sich bei diesem Vertrag um eine Betriebsvereinbarung, die gegen die Tarifsperre des § 77 Abs. 3 BetrVG verstößt.
Nach § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG können Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein. Genau dies trifft aber auf den Konsolidierungsvertrag vom 07.12.1998 zu, was sich letztlich aus einer umfassenden Auslegung des Vertragswerks ergibt.
2.1 Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sind Betriebsvereinbarungen wie Tarifverträge auszulegen. Entsprechend den Grundsätzen der Gesetzesauslegung ist dabei zunächst der Wortlaut maßgebend. Über den reinen Wortlaut hinaus ist sodann der wirkliche Wille der Betriebspartner und der damit von ihnen beabsichtigte Zweck der Regelung mitzuberücksichtigen, sofern sie in der Betriebsvereinbarung erkennbar zum Ausdruck gekommen sind. Zu beachten ist ferner der Gesamtzusammenhang der Regelung, weil daraus auf den wirklichen Willen der Betriebspartner geschlossen werden und so der Zweck der Regelung zutreffend ermittelt werden kann (BAG, Urteil vom 15.12.1998 - 1 AZR 332/98 - NZA 1999, 667; BAG, Urteil vom 05.02.1997 - 10 AZR 553/96 - AP Nr. 112 zu § 112 BetrVG 1972).
2.1.1 Bereits der Wortlaut des Konsolidierungsvertrages vom 07.12.1998 weist eindeutig darauf hin, dass die vertragsschließenden Parteien eine Betriebsvereinbarung gewollt haben. Nicht nur die Überschrift und das dort benutzte Wort Betriebsvereinbarung" belegen die hier vertretene Rechtsauffassung. Hinzu kommt, dass auch im nachfolgenden Anerkennungstarifvertrag der Konsolidierungsvertrag als Betriebsvereinbarung" angesprochen wird. Als Vertragspartner fungieren darüber hinaus ersichtlich der Betriebsrat der Beklagten einerseits und die Beklagte selbst andererseits, während die IG Metall Bezirksleitung Nordrhein-Westfalen" eher als weitere Beteiligte" charakterisiert werden muss. Dies kommt nicht nur durch ihre Platzierung an der Unterseite des Deckblatts des Konsolidierungsvertrags zum Ausdruck, sondern auch durch das verknüpfende Wort sowie", das jedenfalls eine Beteiligung als vollwertigen Vertragspartner nicht erkennen lässt.
Hinzu kommt schon in diesem Zusammenhang schließlich, dass Tarifverträge nur zwischen Tarifvertragsparteien gemäß § 2 Abs.1 TVG geschlossen werden können, nicht aber durch Betriebsräte (so ausdrücklich: BAG, Urteil vom 20.04.1999 - 1 AZR 631/98 - DB 1999, 1660).
2.1.2 Auch der Zusammenhang, in dem der Konsolidierungsvertrag zeitlich und sachlich zu sehen ist, spricht dafür, ihn als Betriebsvereinbarung zu klassifizieren. Er wird auch nach dem Willen der Beklagten und der beteiligten" Gewerkschaft in einem Paket mit dem vorher geschlossenen Sozialplan und dem Interessenausgleich betrachtet und nach dem Anerkennungstarifvertrag erneut systematisch als Betriebsvereinbarung eingeordnet.
2.1.3 Hinzu kommt schließlich, dass der Anerkennungstarifvertrag vom 01.01.1999 in seiner Anlage zwar insgesamt 15 Tarifverträge der Metallindustrie für anwendbar erklärt, aber darüber hinaus gerade nicht auf den von der Beklagten angesprochenen Haustarifvertrag" vom 07.12.1998 Bezug nimmt.
In dem Konsolidierungsvertrag selbst werden demgemäß als Vertragspartner mehrfach der Arbeitgeber und der Betriebsrat genannt, nicht aber die beteiligte Gewerkschaft IG Metall.
Der Konsolidierungsvertrag behandelt im Übrigen in vielen seiner Passagen Ansprüche von so genannten AT-Angestellten, die naturgemäß nicht der Regelungskompetenz von Tarifvertragsparteien unterworfen sind. Sie fallen allerdings in den persönlichen Geltungsbereich des Betriebsverfassungsgesetzes und damit auch in den persönlichen Geltungsbereich einer Betriebsvereinbarung nach § 77 Abs. 4 BetrVG. Gerade dies belegt klar und deutlich, dass es sich beim Konsolidierungsvertrag vom 07.12.1998 auf keinen Fall um einen Haustarifvertrag, wohl aber um eine zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber geschlossene Betriebsvereinbarung handeln muss.
2.2 Diese Betriebsvereinbarung verstößt erkennbar gegen die Tarifsperre des § 77 Abs. 3 BetrVG.
Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass im Tarifvertrag über die tarifliche Absicherung eines Teiles eines 13. Monatseinkommens eine abschließende Regelung über die Voraussetzungen und die Höhe der tariflichen Sonderzahlung getroffen worden ist. Dann aber ist es den Betriebspartnern verwehrt, durch Betriebsvereinbarung in den tariflich geregelten Vergütungsbereich hineinzuwirken.
§ 77 Abs. 3 BetrVG wird auch nicht durch § 87 Abs. 1 BetrVG verdrängt. Vorliegend geht es nicht um eine mitbestimmungspflichtige Regelung der betrieblichen Lohngestaltung im Sinne des § 87 Abs. 1 Ziffer 10 BetrVG. Regelungsgegenstand von Ziffer 3 des Konsolidierungsvertrags ist vielmehr die mitbestimmungsfreie Absenkung von Vergütungsbestandteilen, die tariflich geregelt sind (vgl. hierzu: BAG, Urteil vom 24.01.1996 - 1 AZR 597/95 - AP Nr. 8 zu § 77 BetrVG 1972 Tarifvorbehalt). Folglich muss es dabei bleiben, dass vorliegend die Sperrwirkung des § 77 Abs. 3 BetrVG greift und die Betriebsvereinbarung vom 07.12.1998 rechtsunwirksam macht.
2.3 Die erkennende Berufungskammer hat im Übrigen in Erwägung gezogen, dem Konsolidierungsvertrag vom 07.12.1998 den Charakter einer Regelungsabrede beizumessen. Auch dies würde allerdings an dem bisher gefundenen Ergebnis nichts ändern.
2.3.1 Ziffer 6.1 des Vertrags vom 07.12.1998 bietet Hinweise darauf, dass Arbeitgeber und Betriebsrat bei Abschluss der Vereinbarung möglicherweise keine unmittelbar wirkenden Rechte und Pflichten im Sinne des § 77 Abs. 4 BetrVG schaffen wollten. Die Formulierung in Ziffer 6.1, wonach Mitarbeiter, die ....... teilnehmen, eine einmalige Zahlung von DM 500,-- erhalten sollen, deutet darauf hin, dass auch nach dem Willen der Betriebspartner eine Umsetzung der Verzichts- und Flexibilisierungsregelungen auf die einzelnen Arbeitsverhältnisse notwendig erschien.
2.3.2 Selbst in diesem Falle wäre die Beklagte allerdings zur Zahlung eines Teils des 13. Monatseinkommens an den Kläger verpflichtet, weil er - unstreitig - eine Teilnahme" im Sinne der Ziffer 6.1 abgelehnt hat.
2.4 Die Betriebsvereinbarung vom 07.12.1998 kann auch nicht aufgrund einer sogenannten Öffnungsklausel Bestand haben. § 77 Abs. 3 Satz 2 BetrVG bestimmt zwar, dass die Tarifsperre nicht gilt, wenn ein Tarifvertrag den Abschluss ergänzender Betriebsvereinbarungen ausdrücklich zulässt. Hiernach entfällt die Sperrwirkung des Absatz 3 Satz 1 nur dann, wenn eine ausdrückliche Zulassung vorliegt. Hierfür ist nötig, dass der entsprechende Tarifvertrag klar und eindeutig ergänzende Betriebsvereinbarungen gestattet. Hierfür braucht nicht unbedingt das Wort Betriebsvereinbarung" benutzt werden; jedoch muss sich aus dem Tarifvertrag eine entsprechende Zulassung eindeutig ergeben (Fitting/Kaiser/Heither/Engels, Betriebsverfassungsgesetz, 19. Aufl., § 77, Rz. 104; Richardi, Betriebsverfassungsgesetz, 7. Aufl., Rnr. 295; ähnlich auch: BAG, Urteil vom 20.04.1999 - 1 AZR 631/98 - a. a. O.). Eine derartig eindeutige Öffnungsklausel hat die Berufungskammer in einem Tarifvertrag nicht feststellen können.
2.4.1 So weit die Beklagte auf § 6 des Beschäftigungssicherungstarifvertrages vom 02.11.1998 verweist, ist dort eine tarifliche Öffnungsklausel zum Abschluss von Betriebsvereinbarungen nicht zu sehen. Die genannte Tarifnorm enthält allenfalls eine Absichtserklärung, sich zukünftig darum zu bemühen, für einzelne Unternehmen Sonderregelungen zu finden. Aus dieser, eher programmatischen Erklärung ist nicht ablesbar, dass hiermit die Möglichkeit zur Schaffung von Betriebsvereinbarungen eröffnet werden sollte. Es fehlt insoweit vor allem an einer klaren und eindeutigen Konkretisierung der betrieblichen Regelungen, die entgegen § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG zukünftig durch den Abschluss von Betriebsvereinbarungen möglich sein sollten.
2.4.2 Auch der Konsolidierungsvertrag selbst enthält keine Öffnungsklausel, die den Vorgaben des § 77 Abs. 3 Satz 2 BetrVG entspricht. Zwar hat sich, wie bereits erwähnt, die IG Metall Bezirksleitung Nordrhein-Westfalen in bestimmter Art und Weise an der Betriebsvereinbarung beteiligt. Indessen stellt dies keine in einem Tarifvertrag zum Ausdruck kommende Öffnung dar. Dies scheitert bereits an dem Umstand, dass der Konsolidierungsvertrag selbst als Betriebsvereinbarung zu charakterisieren ist und sich demgemäß nicht selbst legitimieren kann.
2.4.3 Schließlich ist auch der Anerkennungstarifvertrag vom 01.01.1999 nicht geeignet, den Abschluss der Betriebsvereinbarung vom 07.12.1998 rückwirkend zu rechtfertigen.
In Übereinstimmung mit der neueren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG, Urteil vom 20.04.1999 - 1 AZR 631/98 - a. a. O.) geht auch die Berufungskammer davon aus, dass die Tarifvertragsparteien grundsätzlich die Freiheit besitzen, gegen § 77 Abs. 3 BetrVG verstoßende Betriebsvereinbarungen nachträglich durch entsprechende Öffnungsklauseln zu legalisieren. Der Anerkennungstarifvertrag vom 01.01.1999 enthält eine derartige Öffnungsklausel - entgegen der Auffassung der Beklagten - aber gerade nicht.
Zum einen fehlt es zunächst an einem ausdrücklichen Hinweis darauf, dass die Betriebsvereinbarung vom 07.12.1998 und die darin enthaltenen Regelungen zugelassen" werden.
Darüber hinaus lassen aber auch die weiteren, der Kammer bekannten Umstände, keinen eindeutigen Rückschluss darauf zu, dass mit dem Anerkennungstarifvertrag eine Öffnung und damit eine Legitimierung der Betriebsvereinbarung gewollt war. Der Tarifvertrag belässt es insoweit bei der nichtssagenden und vagen Wendung, dass er im Zusammenhang" mit den vorher genannten Betriebsvereinbarungen (Konsolidierungsvertrag, Sozialplan, Interessenausgleich) abgeschlossen wird. Der Tarifvertrag führt, wie bereits erwähnt, auch in der Anlage die Konsolidierungsvereinbarung vom 07.12.1998 nicht auf. Dies ist vor allem deshalb von Bedeutung, weil die tarifvertragsschließenden Parteien die ansonsten geltenden Tarifregelungen und Abkommen präzise benennen und ihnen dadurch ausdrücklich Geltung verschaffen. Wenn den tarifvertragsschließenden Partnern am 01.01.1999 aber ersichtlich bekannt war, dass die Konsolidierungsvereinbarung - die die Beklagte im Übrigen ja selbst als Haustarifvertrag bezeichnet hat - geschlossen war, so hätte nichts näher gelegen, als sie zum einen konkret zu bezeichnen und zum anderen festzulegen, dass die Verzichts- und Flexibilisierungsregelungen tariflich abgesegnet würden. Statt dessen hat sich die zuständige Gewerkschaft damit begnügt, ihren Namen auf dem Deckblatt des Konsolidierungsvertrags zu etablieren, ohne klar zu machen, welche Rechtswirkungen diese Beteiligung" haben sollte.
Aus allem folgt, dass eine Genehmigung in Form einer auch nachträglichen Öffnungsklausel durch die Tarifvertragsparteien nicht festzustellen ist.
2.5 Dem Kläger steht, wie das Arbeitsgericht zu Recht festgestellt hat, nach dem Tarifvertrag über die tarifliche Absicherung eines Teiles eines 13. Monatseinkommens 55 % eines Monatsentgelts als Sonderzahlung zu. Sein Klageantrag bleibt ersichtlich unter diesem Wert und war deshalb in vollem Umfang erfolgreich.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Ende der Entscheidung
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