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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 31.10.2002
Aktenzeichen: 5 TaBV 42/02
Rechtsgebiete: BetrVG, ATZG


Vorschriften:

BetrVG § 5
BetrVG § 7
BetrVG § 9
BetrVG § 18
BetrVG § 19
ATZG § 2
ATZG § 3
1. Bei der Ermittlung der Beschäftigtenzahl i. S. d. § 9 BetrVG zählen Leiharbeitnehmer im Entleiherbetrieb jedenfalls dann nicht mit, wenn der Betrieb mehr als 100 Arbeitnehmer aufweist.

2. Arbeitnehmer, die sich in der abschließenden Freistellungsphase ihres Altersteilzeitverhältnisses befinden, sind nicht wahlberechtigte Arbeitnehmer i. S. d. § 7 Satz 1 BetrVG. Sie finden im Rahmen des § 9 BetrVG ebenfalls keine Berücksichtigung.


LANDESARBEITSGERICHT DÜSSELDORF BESCHLUSS

Geschäftsnummer: 5 TaBV 42/02 4 BV 37/02 ArbG Düsseldorf

Verkündet am: 31.10.2002

In dem Beschlussverfahren

hat die 5. Kammer des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf auf die mündliche Anhörung vom 31.10.2002 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Göttling als Vorsitzenden sowie den ehrenamtlichen Richter Martin und den ehrenamtlichen Richter Wiertz beschlossen:

Tenor:

1) Die Beschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 10.07.2002 - 4 BV 37/02 - wird zurückgewiesen.

2) Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten im Rahmen eines Wahlanfechtungsverfahrens über die Frage, ob die am 11.03.2002 im Betrieb der Antragstellerin (Arbeitgeberin) durchgeführte Betriebsratswahl unwirksam ist. Antragsgegner ist der bei der Arbeitgeberin bestehende Betriebsrat.

Anlässlich der im Frühjahr 2002 durchzuführenden Betriebsratswahl erließ der eingesetzte Wahlvorstand am 14.01.2002 ein Wahlausschreiben, das unter Ziffer 2 wie folgt lautet:

Nach den Feststellungen des Wahlvorstands sind zurzeit (Stichtag: Erlass des Wahlausschreibens) mit allen zum Betrieb gehörenden unselbstständigen Nebenbetrieben und Betriebsteilen 193 Arbeitnehmer/innen beschäftigt. Davon sind 22 Frauen und 171 Männer wahlberechtigt. Unter Berücksichtigung der geleisteten Überstunden aus dem Jahr 2001 + der Leiharbeitnehmer aus dem Jahr 2001 + der neuen Auszubildenden im Jahr 2002 ergibt sich eine Belegschaftszahl über 201 Personen.

Die Arbeitgeberin hatte dem Wahlvorstand vorab mit Schreiben vom 07.01.2002 eine Aufstellung über die bei ihr tätigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zukommen lassen (Bl. 16 bis 20 d. A.) und mit Schreiben vom 11.01.2002 (Bl. 21 d. A.) erläutert.

Ausweislich der Bekanntmachung vom 12.03.2002 wurden bei der Betriebsratswahl neun Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Betriebsrat gewählt (Bl. 9 d. A.), der sich am 14.03.2002 entsprechend konstituierte (Bl. 10 d. A.).

Mit ihrem am 22.03.2002 beim Arbeitsgericht Düsseldorf anhängig gemachten Antrag hat die Arbeitgeberin die Rechtsunwirksamkeit der Betriebsratswahl geltend gemacht und die Auffassung vertreten, dass der Wahlvorstand bei der Berechnung der Anzahl der Betriebsratsmitglieder fehlerhaft mehr als 200 wahlberechtigte Arbeitnehmer zugrunde gelegt hätte, so dass ein Verstoß gegen § 9 BetrVG vorläge.

Unter Bezugnahme auf die dem Wahlvorstand überreichten Unterlagen hat die Arbeitgeberin vorgetragen, bei ihr seien regelmäßig 95 Angestellte und 88 gewerbliche Mitarbeiter, also insgesamt 183 Arbeitnehmer beschäftigt. Hinzu kämen 7 Auszubildende, so dass insgesamt 190 wahlberechtigte Arbeitnehmer im Sinne des § 9 Abs. 1 BetrVG in Ansatz zu bringen wären.

Die Arbeitgeberin hat beantragt,

die Betriebsratswahl vom 11.03.2002 für unwirksam zu erklären. Der Betriebsrat hat beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Er hat die von der Arbeitgeberin genannte Zahl von 190 wahlberechtigten Arbeitnehmern unstreitig gestellt, darüber hinaus aber die Auffassung vertreten, dass auch drei in der Freistellungsphase der Altersteilzeit befindliche Arbeitnehmer mitzuzählen wären. Auch sie seien noch als wahlberechtigte Arbeitnehmer des Betriebs anzusehen und deshalb bei der Feststellung der Betriebsratsgröße gemäß § 9 Abs. 1 BetrVG zu berücksichtigen.

Des Weiteren, so der Betriebsrat weiter, habe die Arbeitgeberin die Absicht gehabt, vier Auszubildende neu einzustellen, die ebenfalls im Rahmen des § 9 BetrVG in Ansatz zu bringen seien.

Dasselbe gelte für bei der Arbeitgeberin eingesetzte Leiharbeitnehmer. Insoweit müsse nämlich beachtet werden, dass die Arbeitgeberin regelmäßig fünf bis sechs Leiharbeitnehmer "beschäftige", die ausweislich der gesetzlichen Neuregelung in §§ 5, 7 und 9 BetrVG bei der Berechnung der Schwellenwerte mitzählten.

Der Betriebsrat hat weiter behauptet, die Arbeitgeberin beschäftige insgesamt sechs Arbeitnehmer im Rahmen von so genannten 325,- Euro-Verträgen, die ebenfalls als wahlberechtigte Arbeitnehmer anzusehen wären. Dasselbe gelte für zwei Mitarbeiter des Subunternehmers K., die in Wahrheit in den Betrieb der Beklagten eingegliedert und deren Weisungen unterworfen wären. Ähnliches gelte für einen Blechschlosser der Firma M.. Schließlich seien vom 01.01. bis 31.12.2001 Mitarbeiter der Firma C. im Umfang von 174 Mann-Tagen eingesetzt worden.

Die Arbeitgeberin hat die Auffassung vertreten, dass die sich in Altersteilzeit befindlichen Mitarbeiter, sofern es die Freistellungsphase betrifft, nicht mitzuzählen wären. Darüber hinaus sei inzwischen der Mitarbeiter G. ebenfalls in die Freistellungsphase seiner Altersteilzeit gewechselt und dürfe entsprechend nicht mitgezählt werden.

Die Arbeitgeberin hat eingeräumt, ursprünglich die Absicht verfolgt zu haben, vier Auszubildende einzustellen. Mangels qualitativer Resonanz auf das Ausschreibungsverfahren habe sie hiervon aber endgültig Abstand genommen und dies dem Wahlvorstand auch am 11.01.2002 mitgeteilt.

Leiharbeitnehmer seien, so die Arbeitgeberin, nicht zu berücksichtigen. § 9 BetrVG knüpfe erkennbar an die Arbeitnehmerdefinition in § 5 BetrVG an, wo die Leiharbeitnehmer aber gerade nicht erwähnt würden. Darüber hinaus sei zu berücksichtigen, dass die eingesetzten Leiharbeitnehmer überwiegend auf vorübergehend nicht besetzten Arbeitsplätzen von langzeiterkrankten Arbeitnehmern eingesetzt würden. Ihre Berücksichtigung führte deshalb dazu, dass der entsprechende Arbeitsplatz doppelt gezählt würde.

Die Arbeitgeberin hat bestritten, insgesamt sechs Teilzeitkräfte als weisungsgebundene Arbeitnehmer zu beschäftigen. Sie hat weiter bestritten, dass die Arbeitnehmer der Firmen K. und M. weisungsgebundene Tätigkeiten innerhalb der Organisation ihres Betriebes erbrächten und hierzu auf den Rahmenwerkvertrag und ausgewählte Abrufaufträge verwiesen (Bl. 71 ff. d. A.). Auch mit der Firma C. gebe nur eine geschäftliche Verbindung im Rahmen von Werkverträgen; dagegen sei die Firma keine Arbeitnehmerüberlassungsfirma.

Mit Beschluss vom 10.07.2002 hat die 4. Kammer des Arbeitsgerichts Düsseldorf - 4 BV 37/02 - die Betriebsratswahl vom 11.03.2002 für unwirksam erklärt. In den Gründen, auf die im Übrigen Bezug genommen wird, hat das Arbeitsgericht ausgeführt, bei der Betriebsratswahl sei gegen wesentliche Wahlvorschriften im Sinne des § 19 Abs. 1 BetrVG verstoßen worden, weil der Wahlvorstand bei dem Erlass des Wahlausschreibens nicht von mehr als 200 Arbeitnehmern hätte ausgehen dürfen.

Zum einen seien nämlich die sich in der Freistellungsphase ihrer Altersteilzeitverhältnisse befindlichen drei Arbeitnehmer nicht mitzuzählen. Bei ihnen mangele es an einer tatsächlichen Bindung zum Betrieb und zu den betrieblichen Abläufen, weil eine Rückkehr in den Betrieb und eine tatsächliche Wiedereingliederung nicht mehr vorgesehen wäre.

Entgegen der Auffassung des Betriebsrats seien auch nicht vier weitere Auszubildende bei der Berechnung der Schwellenwerte in Ansatz zu bringen. In der Entscheidung der Arbeitgeberin, keine Neueinstellungen vorzunehmen, könne keine willkürliche Maßnahme gesehen werden, die eine fiktive Berücksichtigung erlaube.

Schließlich seien auch Leiharbeitnehmer bei der Berechnung der Schwellenwerte des § 9 Abs. 1 BetrVG nicht mitzuzählen. Diese Norm orientierte sich - jedenfalls ab einer Betriebsgröße von mehr als 100 Arbeitnehmern - an der Definition des Arbeitnehmers im Sinne von § 5 Abs. 1 BetrVG und setze demnach voraus, dass ein Arbeitsverhältnis zum Betriebsinhaber bestehe. Dies aber treffe auf Leiharbeitnehmer gerade nicht zu.

Das Arbeitsgericht hat schließlich dahingestellt sein lassen, ob die weiteren vom Betriebsrat genannten Mitarbeiter Arbeitnehmer im Sinne des § 9 Abs. 1 BetrVG wären, da auch bei deren Berücksichtigung nur eine Mitarbeiterzahl von 200 erreicht würde.

Der Betriebsrat hat gegen den ihm am 18.07.2002 zugestellten Beschluss mit einem am 29.07.2002 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Beschwerde eingelegt und diese mit einem am 16.09.2002 eingegangenen Schriftsatz begründet.

Er wiederholt zunächst seinen Sachvortrag aus dem ersten Rechtszug und meint, dass die Mitarbeiter in der Freistellungsphase der Altersteilzeit sehr wohl zu berücksichtigen wären. Dies müsse insbesondere dann gelten, wenn auch sie noch, wie konkret geschehen, die Betreuung und die Vertretung ihrer kollektiven Interessen durch den Betriebsrat in Anspruch nähmen.

Der Betriebsrat bestreitet, dass sich keine geeigneten Bewerber gefunden hätten, die als Auszubildende hätten eingestellt werden können. Er hält deshalb das Absehen der Arbeitgeberin von zunächst beabsichtigten Neueinstellungen für willkürlich und meint, dass durch dieses Verhalten die Arbeitnehmerzahl im Betrieb gedrückt werden sollte.

Er vertritt weiter die Auffassung, dass auch die eingesetzten Leiharbeitnehmer zu berücksichtigen wären. Dies ergebe sich vor allem aus der gesetzlichen Neuregelung in § 7 BetrVG und der damit verbundenen Intention des Gesetzgebers, zu vermeiden, dass Betriebsräte kleiner und die Schwellenwerte der § 9, 38, 99 und 111 BetrVG durch den Einsatz von Leiharbeitnehmern unterschritten würden.

Der Betriebsrat wiederholt darüber hinaus sein Vorbringen zu weiteren Teilzeitkräften und Beschäftigten von Subunternehmern und hält an seiner Rechtsauffassung fest, dass diese als Arbeitnehmer der Arbeitgeberin anzusehen und im Rahmen des § 9 Abs. 1 BetrVG mitzuzählen wären.

Er beantragt,

1. den Beschluss des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 10.07.2002 aufzuheben,

2. die Anträge der Antragstellerin abzuweisen.

Die Arbeitgeberin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie verteidigt den arbeitsgerichtlichen Beschluss und wiederholt ebenfalls ihren Sachvortrag aus der ersten Instanz.

Zur Berücksichtigung der sich in Altersteilzeit befindlichen Arbeitnehmer verweist sie zudem auf die Regelung in § 21 Abs. 7 BErzGG und meint, dass der darin enthaltene Grundsatz gerade dort herangezogen werden müsse, wo sogar sicher sei, dass die Arbeitsverhältnisse von sich in Altersteilzeit befindlichen Arbeitnehmern mit Ablauf der Freistellungsphase enden werde. Dies umso mehr, als für die Arbeitsplätze der drei in Streit stehenden Altersteilzeitarbeitnehmer über das Arbeitsamt so genannte Wiederbesetzer eingestellt worden seien.

Hinsichtlich der Leiharbeitnehmer vertritt die Arbeitgeberin auch weiterhin die Auffassung, dass diese nicht mitzuzählen wären. Sie verweist hierzu im Einzelnen auf die Neugestaltung der §§ 5 bis 9 BetrVG und meint, aus ihnen ergäbe sich jedenfalls kein gesetzgeberischer Wille, der es zulassen würde, Leiharbeitnehmer bei der Berechnung der Schwellenwerte nach §§ 9 und 38 BetrVG zu berücksichtigen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der zu den Akten gereichten Urkunden und der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze verwiesen.

II.

1. Die Beschwerde ist zulässig.

Sie sind an sich statthaft (§ 87 Abs. 1 ArbGG), sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 87 Abs. 2 Satz 1, 89 Abs. 2, 66 Abs. 1 Satz 1 ArbGG, 519, 520 ZPO).

2. In der Sache selbst hatte das Rechtsmittel indessen keinen Erfolg.

Die Betriebsratswahl vom 11.03.2002 war gemäß § 19 Abs. 1 BetrVG für unwirksam zu erklären, weil bei der Wahl gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht, insbesondere gegen § 9 Abs. 1 Satz 1 BetrVG verstoßen worden ist. Entgegen dieser Vorschrift hat der bei der Arbeitgeberin gebildete Wahlvorstand eine Mitarbeiterzahl von mehr als 200 angenommen und damit eine Betriebsratswahl initiiert, die zur Wahl von 9 statt nur 7 Mitgliedern geführt hat.

2.1 Das Arbeitsgericht hat in seinem erstinstanzlichen Beschluss vom 10.07.2002 die Zulässigkeit des Antrags der Arbeitgeberin, die Beachtung formaler Voraussetzungen für die Wahlanfechtung im Sinne von § 19 Abs. 2 Satz 2 BetrVG und die hieraus resultierenden Rechtsfolgen mit überzeugenden Argumenten bejaht. Dem schließt sich die erkennende Kammer vorbehaltlos an und verzichtet zur Vermeidung von Wiederholungen insoweit auf eine erneute Darstellung der Gründe, §§ 87 Abs. 2, 69 Abs. 2 ArbGG.

2.2 Die bei der Arbeitgeberin durchgeführte Betriebsratswahl vom 11.03.2002 ist gemäß § 19 Abs. 1 BetrVG für unwirksam zu erklären, weil der Wahlvorstand gegen § 9 Satz 1 BetrVG verstoßen hat. Bei der Arbeitgeberin hätte nur ein siebenköpfiger Betriebsrat gewählt werden dürfen, da zum maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Wahlausschreibens nicht mehr als 200 wahlberechtigte Arbeitnehmer im Betrieb der Antragsgegnerin beschäftigt gewesen sind.

"In der Regel" beschäftigt sind Personen, die während des größten Teiles eines Jahres in einem Betrieb normalerweise beschäftigt werden. Insoweit bedarf es einer Feststellung der Regelzahl der Beschäftigten im Rückblick auf die bisherige personelle Stärke des Betriebes, aber auch einer Einschätzung der künftigen personellen Entwicklung. Hierzu steht den Wahlvorständen in Grenzfällen auch ein gewisser Beurteilungsspielraum zu, wobei bis zum Wahltag eintretende, aufgrund konkreter Entscheidungen des Arbeitgebers vorhersehbare Veränderungen zu berücksichtigen sind (BAG, Beschluss vom 25.11.1992 - 7 ABR 7/92 - EzA § 9 BetrVG 1972 Nr. 5). Geht der Wahlvorstand von einer zu großen Zahl zu wählender Betriebsratsmitglieder aus, so kann die aufgrund dieser Annahme durchgeführte Betriebsratswahl vom Arbeitsgericht nicht dahin berichtigt werden, dass die auf den letzten Plätzen noch zum Zuge gekommenen Wahlbewerber gestrichen werden. Das Wahlverfahren beruht vielmehr auf einem wesentlichen Mangel im Sinne des § 19 Abs. 1 BetrVG, so dass die Betriebsratswahl wiederholt werden muss (BAG, Beschluss vom 29.05.1991 - 7 ABR 67/90 - EzA § 19 BetrVG 1972 Nr. 31). Hiernach durfte der Wahlvorstand - auch unter Berücksichtigung seines Beurteilungsspielraums - nicht von mehr als 200 Arbeitnehmern im Betrieb der Arbeitgeberin ausgehen; die gleichwohl durchgeführte Betriebsratswahl ist anfechtbar.

2.2.1 Die erkennende Kammer hat bereits Zweifel, ob zum Zeitpunkt der Durchführung der Wahl (vgl. BAG, Beschluss vom 25.11.1992, a. a. O.) tatsächlich von 190 regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmern ausgegangen werden kann, wie es von den Beteiligten im Verlaufe des Verfahrens vorgetragen wurde. Diese Annahme beruht vor allen Dingen auf den von der Arbeitgeberin dem Wahlvorstand zur Verfügung gestellten Personallisten, die die Arbeitgeberin mit zwei Schreiben vom 11. und 15.01.2002 allerdings erläutert und korrigiert hat. Insbesondere aus dem Schreiben vom 15.01.2002 wird ersichtlich, dass zwei Arbeitnehmer in der ersten Jahreshälfte des Jahres 2002 aus dem Betrieb der Arbeitgeberin ausscheiden würden, weil entsprechende Kündigungen ausgesprochen worden waren. Demgegenüber bestand offensichtlich keine Planung der Arbeitgeberin, die freigewordenen Arbeitsplätze wieder zu besetzen, so dass unter Berücksichtigung der durchzuführenden Personalentwicklungsprognose von einer in Ansatz zu bringenden Beschäftigtenzahl von 188 auszugehen sein dürfte.

2.2.2 Selbst wenn man dem nicht folgen wollte und von einem "Grundstock" der zu berücksichtigenden Arbeitnehmer von 190 ausginge, so führt dies im Ergebnis nicht zu der vom Betriebsrat gewünschten Rechtsfolge. Er kann sich zunächst nicht darauf berufen, dass bei der Berechnung der Mitarbeiterzahl gemäß § 9 Abs. 1 BetrVG vier weitere Auszubildende in Ansatz zu bringen wären.

Nach der Darstellung der Arbeitgeberin schon im Schreiben vom 11.01.2001 war für sie zu diesem Zeitpunkt klar, dass es Neueinstellungen von Auszubildenden im Jahre 2002 nicht geben würde. Die Arbeitgeberin hat hierzu substantiiert und nachvollziehbar dargestellt, dass sie trotz Schaltens entsprechender Inserate und Durchführung von Bewerbungsverfahren keinen geeigneten Auszubildenden gefunden und deshalb von einer Einstellung abgesehen hätte.

Wie bereits das Arbeitsgericht in seinem erstinstanzlichen Beschluss hierzu angemerkt hat, kann allein aus diesem Verhalten nicht auf eine gezielte und willkürliche Senkung der Arbeitnehmerzahl aus Anlass der Betriebsratswahlen geschlossen werden. Zum einen bestand aus Sicht der Arbeitgeberin hierzu schon deshalb keine Veranlassung, weil auch bei Berücksichtigung weiterer Auszubildender der Schwellenwert von mehr als 200 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern gar nicht erreicht worden wäre. Zum anderen ist ihr nicht zu widerlegen, dass sie allein aus Eignungsgründen von einer Einstellung von Auszubildenden im Jahre 2002 abgesehen hat. Insoweit kann sie sich darüber hinaus auf einen Beurteilungs- und Bewertungsspielraum hinsichtlich der Qualität der von ihr geprüften Bewerber berufen, ohne dass dies von den Arbeitsgerichten revidiert werden könnte. Der Hinweis des Betriebsrats, dass über das Arbeitsamt weitere Auszubildende hätten rekrutiert werden können, ist deshalb nach Meinung der erkennenden Kammer nicht geeignet, die Entscheidung der Arbeitgeberin in Zweifel zu ziehen.

2.2.3 Die Mitarbeiter Sch., H. und E. der Arbeitgeberin, die sich zum Zeitpunkt der hier streitigen Betriebsratswahl in der Freistellungsphase ihrer Altersteilzeit befanden, durften ebenfalls im Rahmen des § 9 Abs. 1 BetrVG nicht berücksichtigt werden.

2.2.3.1 Ausgehend von der vom Wahlvorstand anzustellenden Prognose der Entwicklung der Arbeitnehmerzahlen im Betrieb erweisen sich die Arbeitnehmer, die sich im Rahmen eines so genannten Blockmodells in der (abschließenden) Freistellungsphase befinden, als nicht berücksichtigungsfähig, weil sie als letztlich nicht mehr als zum Betrieb gehörend betrachtet werden müssen. Sie haben nach Durchlaufen der aktiven Phase der Altersteilzeit ihr bei der Arbeitgeberin angesiedeltes Berufsleben praktisch beendet, sind zu keiner Arbeitsleistung mehr verpflichtet und vor allen Dingen nicht mehr in die betriebliche Organisation eingegliedert. Im Unterschied zu den Tatbeständen, in denen Arbeitnehmer für eine bestimmte Zeit keine Arbeitsleistung erbringen, handelt es sich bei der Freistellungsphase im Altersteilzeitarbeitsverhältnis nach dem Willen der Vertragsparteien demgemäß nicht mehr um eine nur vorübergehende Unterbrechung der Tätigkeit. Nach dem Eintritt in die Freistellungsphase ist damit der unmittelbare Bezug zu den betrieblichen Abläufen auf Dauer verloren gegangen (so zum vergleichbaren Fall eines Arbeitnehmervertreters im Aufsichtsrat: BAG, Beschluss vom 25.10.2000 - 7 ABR 18/00 - AP Nr. 32 zu § 76 BetrVG (1992); vgl. auch zur ähnlichen Problematik im Personalvertretungsrecht: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 15.05.2002 - 6 P 8/01 - noch nicht veröffentlicht; Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 14.11.2001 -17 P 01.638 - DVBl 2002, 787; Fitting/Kaiser/Heither/Engels/Schmidt, Betriebsverfassungsgesetz, § 9, Rnr. 19, Schiefer/Körte, NZA 2002, 57).

2.2.3.2 Dem kann der Betriebsrat nicht mit dem Argument entgegentreten, die sich in Altersteilzeit befindlichen Arbeitnehmer hätten sich in der Vergangenheit sporadisch an den Betriebsrat gewandt, um seine Hilfe in Anspruch zu nehmen. Dies mag in Einzelfällen - schon mit Blick auf die gemeinsame Verbundenheit in der Vergangenheit - durchaus der Fall gewesen sein. Dieses tatsächliche Verhalten ändert aber nichts daran, dass die Einbindung in die betriebliche Organisation nicht mehr vorhanden ist und vor allem feststeht, dass die betroffenen Arbeitnehmer in Altersteilzeit bereits im Jahre 2002 aus dem Unternehmen vollständig ausscheiden werden. Dann aber wird umso mehr die Prognose bestätigt, dass die zukünftige Beschäftigtenzahl, auf die im Rahmen des § 9, wie oben gezeigt, auch abzustellen ist, entsprechend zurückgehen wird.

2.2.4 Die vom Wahlvorstand berücksichtigten fünf bis sechs Leiharbeitnehmer durften schließlich auch nicht mitgezählt werden, weil auch sie nicht als regelmäßig beschäftigte Arbeitnehmer im Sinne des § 9 Abs. 1 BetrVG angesehen werden können.

Bei der Bemessung der Zahl der zu wählenden Betriebsratsmitglieder gemäß § 9 BetrVG sind nur betriebsangehörige Arbeitnehmer zu berücksichtigen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sind Betriebszugehörige im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, die in einem Arbeitsverhältnis zum Inhaber des Betriebes stehen und innerhalb der Betriebsorganisation des Arbeitgebers abhängige Leistungen erbringen. Zu den konstitutiven Merkmalen der Betriebszugehörigkeit gehören somit grundsätzlich einerseits ein Arbeitsverhältnis zu dem Betriebsinhaber, dass in der Regel durch einen Arbeitsvertrag, ausnahmsweise aber auch durch Gesetz wie z. B. nach § 10 Abs. 1 AÜG zustande kommen kann, andererseits eine tatsächliche Eingliederung des Arbeitnehmers in die Betriebsorganisation. Wird ein Arbeitnehmer von seinem Vertragsarbeitgeber einem anderen Betriebsinhaber zur Arbeitsleistung überlassen und von diesem in dessen Betriebsorganisation tatsächlich eingegliedert, so begründet dies grundsätzlich keine betriebsverfassungsrechtliche Zugehörigkeit zum Betrieb des fremden Betriebsinhabers. Danach bleiben Leiharbeitnehmer auch während der Zeit ihrer Arbeitsleistung bei einem Entleiher Angehörige des entsendenden Betriebs des Verleihers. Der tatsächlichen Eingliederung trägt der Gesetzgeber insofern Rechnung, als durch § 14 Abs. 2 Satz 2 und 3 AÜG dem Leiharbeitnehmer einzelne betriebsverfassungsrechtliche Rechte im Entleiherbetrieb zugebilligt werden. Eine vollständige Betriebszugehörigkeit des Leiharbeitnehmers zum Entleiherbetrieb wird dadurch jedoch nicht begründet (BAG, Beschluss vom 22.03.2000 - 7 ABR 34/98 - AP Nr. 18 zu § 14 AÜG; vgl. auch: BAG, Beschluss vom 19.06.2001 - 1 ABR 43/00 - AP Nr. 1 zu § 87 BetrVG 1972; BAG, Beschluss vom 25.11.1992, a. a. O.). Hieraus folgt nach Auffassung der erkennenden Kammer, dass zur Arbeitsleistung überlassene Arbeitnehmer - auch unter Berücksichtigung des mit dem Betriebsverfassungsreformgesetz neu eingefügten § 7 Satz 2 BetrVG - jedenfalls dann im Rahmen des § 9 Abs. 1 BetrVG keine Berücksichtigung finden, wenn es sich um einen Betrieb mit mehr als 100 Arbeitnehmern handelt.

2.2.4.1 Allerdings ist in Literatur und Rechtsprechung streitig, wie sich die Regelung in § 7 Satz 2 BetrVG auf die Ermittlung der Beschäftigtenzahl in § 9 BetrVG auswirkt oder auswirken kann (vgl. hierzu die Übersicht bei Schiefer, DB 2002, 1774). Nach Meinung der Kammer kann die in § 7 Satz 2 BetrVG neuerdings vorgesehene Berücksichtigung von Leiharbeitnehmern bei der Betriebsratswahl im Entleiherbetrieb, bei der sie unter bestimmten Voraussetzungen (länger als dreimonatiger Einsatz) ein aktives Wahlrecht erwerben, nicht dazu führen, sie auch bei der Ermittlung der Beschäftigtenzahl in § 9 BetrVG mitzuzählen.

2.2.4.2 Dies folgt aus einer Auslegung vor allem der §§ 5, 7 und 9 BetrVG in der seit dem 28.07.2001 geltenden Fassung.

2.2.4.2.1 Geht man zunächst vom Wortlaut des § 9 Abs. 1 aus, so wird deutlich, dass ab einer Beschäftigtenzahl von mehr als 100 Arbeitnehmern eine Berücksichtigung von "Arbeitnehmern" vorgesehen ist, nicht aber von "wahlberechtigten Arbeitnehmern". Aus dieser Differenzierung, die unten näher konkretisiert wird, ergibt sich der Wille des Gesetzgebers, ab der genannten Beschäftigtenzahl nur die Mitarbeiter eines Betriebs in Ansatz zu bringen, die "richtige" betriebszugehörige Mitarbeiter sind. Von der Wortwahl her besteht insoweit eine klare Übereinstimmung zwischen den §§ 5 Abs. 1 Satz 1 und 9 Abs. 1 BetrVG.

2.2.4.2.2 Der bereits aus dem Wortlaut deutlich gewordene Wille des Gesetzgebers findet eine entsprechende Resonanz in dem Sachzusammenhang und der Systematik, in denen sich § 9 BetrVG wiederfindet. § 9 Abs. 1 Satz 1 BetrVG knüpft ab einer Beschäftigtenzahl von 101 Arbeitnehmern offensichtlich an dem in Teilbereichen erweiterten Arbeitnehmerbegriff in § 5 Abs. 1 BetrVG an und stellt demgegenüber keine Verbindung zu § 7 Satz 2 BetrVG her. Hätte der Gesetzgeber beabsichtigt, die zur Arbeitsleistung überlassenen Mitarbeiter betriebsverfassungsrechtlich als Arbeitnehmer im engeren Sinne zu charakterisieren, hätte es nicht nur nahegelegen, sondern wäre erforderlich gewesen, eine entsprechende Festschreibung in § 5 Abs. 1 BetrVG vorzunehmen. Wenn er sich stattdessen dafür entschied, zur Arbeitsleistung überlassene Mitarbeiter (nur) als "wahlberechtigt" im Sinne des § 7 BetrVG zu bezeichnen, so kann dies nur dahingehend verstanden werden, dass eine "volle" Arbeitnehmereigenschaft gerade nicht begründet werden sollte. Dies umso mehr, als dem Gesetzgeber die oben dargestellte ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu den Leiharbeitnehmern und ihrer betriebsverfassungsrechtlichen Stellung bekannt war. Wenn er die Leiharbeitnehmer gleichwohl nur in § 7 Satz 2 BetrVG erwähnte, belegt dies, dass eine vollständige Gleichstellung und eine Berücksichtigung im Rahmen des § 9 Abs. 1 BetrVG nicht beabsichtigt gewesen ist.

Darüber hinaus wäre es auch kaum verständlich, die Leiharbeitnehmer in § 7 Satz 2 BetrVG zu erwähnen, wenn sie gleichzeitig die Arbeitnehmereigenschaft gemäß § 5 Abs. 1 BetrVG erwerben sollten. Die Spezialregelung in § 7 Satz 2 BetrVG macht vielmehr deutlich, dass die Rechte der zur Arbeitsleistung überlassenen Mitarbeiter auf das aktive Wahlrecht bei den Betriebsratswahlen im Entleiherbetrieb beschränkt werden sollte.

2.2.4.2.3 Dem steht die historische Entwicklung und das Zustandekommen des Betriebsverfassungsreformgesetzes nicht entgegen. Der Betriebsrat weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass ausweislich der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung (Bundestagsdrucksache 14/6352) ein Vertreter der Bundesregierung ausgeführt hätte, dass länger als drei Monate im Entleiherbetrieb eingesetzte Leiharbeitnehmer auch im Rahmen der §§ 9 und 38 BetrVG zu berücksichtigen seien. Hieraus allein kann aber gerade nicht auf den Willen des Bundesgesetzgebers geschlossen werden. Im Gegenteil spricht mehr dafür, dass dann eine konkrete Berücksichtigung und Benennung bei der Neugestaltung der §§ 5, 9 und 38 BetrVG erfolgt wäre, die aber ersichtlich unterblieben ist. In diesem Zusammenhang ist außerdem und erneut darauf zu verweisen, dass dem Bundesgesetzgeber die Rechtsprechung der Arbeitsgerichte zur Berücksichtigung der Leiharbeitnehmer bekannt war und er es gleichwohl unterließ, eine davon abweichende Neuregelung deutlich festzuschreiben.

2.2.4.3 Schließlich vermögen auch Sinn und Zweck der Änderungen in §§ 5, 7 und 9 BetrVG keine gesicherten Anhaltspunkte dafür aufzuzeigen, dass Leiharbeitnehmer im Rahmen des § 9 Abs. 1 BetrVG mitzuzählen sind.

Richtig ist, dass der Gesetzgeber mit der Einführung des § 7 Satz 2 BetrVG die Absicht verfolgte, aktuelle Erscheinungen des Arbeitslebens gesetzgeberisch so zu begleiten, dass sie nicht zu einer Erosion der Betriebsratsarbeit führen. Dem entspricht es sicherlich, wenn Leiharbeitnehmer im Entleiherbetrieb eine stärkere betriebliche Anbindung erfahren und z. B. das Recht erhalten, den Betriebsrat mitzuwählen, der jedenfalls zeitweise und in Teilbereichen für sie zuständig ist und ihre Rechte vertritt. Keinesfalls kann hieraus aber der zwingende weitere Schluss gezogen werden, dass sie dann auch bei der Ermittlung der Beschäftigtenzahl im Sinne des § 9 Abs. 1 BetrVG mitzuzählen wären. Der Hinweis des Betriebsrats, dass es durch den verstärkten Einsatz von Leiharbeitnehmern zu einer Verkleinerung von Betriebsräten kommt oder kommen kann und es deshalb erforderlich ist, die beschäftigten Leiharbeitnehmer mitzuzählen, überzeugt nicht. Das Argument wäre nur dann richtig, wenn Leiharbeitnehmer überwiegend anstelle von Arbeitnehmern beschäftigt würden, die ansonsten im Entleiherbetrieb als Arbeitnehmer eingestellt würden. Dies ist indessen, worauf die Arbeitgeberin zu Recht verweist, nicht Realität. Arbeitgeber, die sich der Hilfe von Arbeitnehmerüberlassungsfirmen bedienen, tun dies regelmäßig aus vielfältigen Gründen. So werden beispielsweise plötzlich auftretende Arbeitsspitzen durch den Einsatz von Leiharbeitnehmern bewältigt, es werden Ausfälle durch Arbeitsunfähigkeitszeiten fest angestellter Mitarbeiter überbrückt wie auch sonstige zeitweilige Ausfälle der Stammbelegschaft, die durch die Einstellung befristet beschäftigter Arbeitnehmer nicht kompensiert werden können. Hinzu kommen mag in dem einen oder anderen Fall, dass durch den Einsatz von Leiharbeitnehmern auch Festanstellungen auf durchgehend zu besetzenden Arbeitsplätzen vermieden werden. Insgesamt lässt sich aus dem Sachvortrag des Betriebsrats aber nicht ablesen, dass und in welchem Umfang zur Arbeitsleistung überlassene Mitarbeiter "richtige" Arbeitnehmer des Entleiherbetriebs bzw. hier der Arbeitgeberin verdrängen und damit zu einer Verkleinerung bestehender Betriebsräte beitragen.

Es kommt ein weiterer Aspekt hinzu: Nach ständiger Rechtsprechung der Arbeitsgerichte bleibt es der Arbeitgeberin grundsätzlich überlassen, frei darüber zu entscheiden, in welcher Art und Weise sie die bei ihr anfallenden Arbeitsaufgaben bewältigt und welcher arbeitsvertraglich möglicher Formen sie sich dabei bedient. So ist es regelmäßig ihrer unternehmerischen Entscheidungsfreiheit vorbehalten zu bestimmen, ob sie ihre unternehmerischen Ziele durch den Einsatz eigener Mitarbeiter, die Beauftragung von Subunternehmen oder durch Leiharbeitnehmer erfüllt. Aus dem Betriebsverfassungsreformgesetz insgesamt ist zwar abzuleiten, dass der Betriebsrat zukünftig das Recht besitzt, umfänglich zu prüfen, ob die von der Arbeitgeberin abgeschlossenen Verträge mit außerhalb des Unternehmens angesiedelten Personen mitbestimmungsrechtlich relevant sind. Beispielhaft hierzu wird auf § 80 Abs. 2 Satz 1 BetrVG verwiesen. Der Gesetzgeber hat aber ebenso deutlich gemacht, dass sich das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats auf den Einsatz von Personen, die nicht Arbeitnehmer der Arbeitgeberin sind, nicht erstrecken soll. Er hat damit gleichzeitig zum Ausdruck gebracht, dass es insoweit bei der unternehmerischen Entscheidungsfreiheit, wie sie oben skizziert worden ist, verbleiben soll. Hieraus folgt dann nach Meinung der erkennenden Kammer mindestens auch Indizien, dass es dann eine Berücksichtigung der Leiharbeitnehmer im Rahmen des § 9 Abs. 1 Satz 1 BetrVG wegen der damit verbundenen Beschneidung der unternehmerischen Entscheidungsfreiheit nicht geben kann.

2.2.5 Bei der Feststellung der Arbeitnehmerzahl im Sinne des § 9 Abs. 1 Satz 1 BetrVG waren die Arbeitnehmer der Firma M. und C. nicht zu berücksichtigen. Sie können ebenfalls nicht als Arbeitnehmer im Sinne der §§ 5, 9 BetrVG angesehen werden.

Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zum Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 99 Abs. 1 BetrVG kommt es dort nicht auf das Rechtsverhältnis an, in dem die im Betrieb tätigen Personen zum Arbeitgeber als Betriebsinhaber stehen, um eine Einstellung im Sinne des § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG annehmen zu dürfen. Selbst wenn man diese Rechtsprechung auf die hier streitige Frage der Arbeitnehmereigenschaft im Sinne des § 9 BetrVG überträgt, kann dies indessen das Begehren des Betriebsrats und das Handeln des Wahlvorstands nicht rechtfertigen. Erforderlich für eine Berücksichtigung der Mitarbeiter von Fremdfirmen ist, dass diese Personen in den Betrieb eingegliedert werden. Eine Eingliederung setzt voraus, dass die Mitarbeiter gemeinsam mit den im Betrieb schon beschäftigten Arbeitnehmern eine Tätigkeit zu verrichten haben, die ihrer Art nach weisungsgebunden ist, der Verwirklichung des arbeitstechnischen Zwecks des Betriebes dient und daher vom Arbeitgeber organisiert werden muss. Die Personen müssen so in die betriebliche Arbeitsorganisation integriert werden, dass der Arbeitgeber das für ein Arbeitsverhältnis typische Weisungsrecht innehat und die Entscheidung über den Einsatz auch nach Zeit und Ort trifft. Er muss diese Arbeitgeberfunktion wenigstens im Sinne einer aufgespaltenen Arbeitgeberstellung teilweise ausüben. Nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts genügt dazu die detaillierte Beschreibung der dem Arbeitnehmer übertragenen Tätigkeiten in dem zugrunde liegenden Vertrag ebenso wenig wie die enge räumliche Zusammenarbeit im Betrieb, die Unentbehrlichkeit einer von der Fremdfirma erbrachten Hilfsfunktion für den Betriebsablauf oder die Einweisung und Koordination des Fremdfirmeneinsatzes durch Mitarbeiter des Betriebsinhabers (vgl. zuletzt: BAG, Beschluss vom 11.09.2001 -1 ABR 14/01 - EzA § 99 BetrVG 1972 Einstellung Nr. 10, m. w. N.).

2.2.5.1 Hiernach können die Arbeitnehmer der Firma M. nicht als betriebsangehörige Mitarbeiter der Arbeitgeberin angesehen werden. Der Betriebsrat hat in beiden Rechtszügen zur Tätigkeit der Firma M. und deren Arbeitnehmer nur ausgeführt, dass die Mitarbeiter der Firma hauptsächlich Schutzhauben für Maschinen der Arbeitgeberin fertigten und dass sie hierbei ausschließlich den Anweisungen der Mitarbeiter der Arbeitgeberin unterlägen. Dieser Sachvortrag ist erkennbar pauschal und unsubstantiiert geblieben und vermag in keiner Weise konkret aufzuzeigen, dass und in welcher Weise eine Integration in die Arbeitsorganisation der Arbeitgeberin stattgefunden hat, die betriebsverfassungsrelevant sein könnte.

2.2.5.2 Gleiches gilt, soweit sich der Betriebsrat auf Arbeitnehmer der Firma C. bezieht. Auch hier belässt es der Betriebsrat bei der Behauptung, dass diese in die Betriebsabläufe der Antragstellerin integriert würden, dass vor Ort kleine Teams mit Mitarbeitern der Arbeitgeberin gebildet würden und dass Arbeitsmittel verwendet würden, die die Arbeitgeberin zur Verfügung stellte. Aus diesem Sachvortrag wird in keiner Weise ersichtlich, welche Mitarbeiter der Firma C. gemeint sind, um wie viele Mitarbeiter es sich handelt, welche konkrete Tätigkeiten ausgeführt werden und wer die für ein Arbeitsverhältnis typischen Weisungen erteilt.

2.2.6 Verbleibt es nach dem oben Gesagten dabei, dass bei der Berechnung der Arbeitnehmer im Sinne des § 9 Abs. 1 BetrVG allenfalls 190 Arbeitnehmer der Arbeitgeberin in Ansatz zu bringen sind, so konnte abschließend dahingestellt bleiben, ob weitere sechs geringfügig beschäftigte Mitarbeiter mitzuzählen sind, die nach Darstellung der Arbeitgeberin freiberuflich tätig sein sollen. Es konnte auch dahingestellt bleiben, ob zwei oder drei Mitarbeiter der Firma K. in Ansatz zu bringen waren, weil selbst bei Berücksichtigung der zuletzt genannten Personen nur eine Arbeitnehmerzahl von 199 erreicht worden wäre. Damit bleibt der Schwellenwert von mehr als 200 Arbeitnehmern auch weiterhin unterschritten.

Die Kammer hat eine grundsätzlich Bedeutung der Rechtssache bejaht und die Rechtsbeschwerde zugelassen.

Ende der Entscheidung

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