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Gericht: Landesarbeitsgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 05.11.2001
Aktenzeichen: 5 TaBV 43/01
Rechtsgebiete: BetrVG
Vorschriften:
BetrVG § 87 Abs. 1 Ziffer 3 |
LANDESARBEITSGERICHT DUSSELDORF BESCHLUSS
Geschäftsnummer: 5 TaBV 43/01
In dem Beschlussverfahren
hat die 5. Kammer des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf auf die mündliche Anhörung vom 05.11.2001 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Göttling als Vorsitzenden sowie den ehrenamtlichen Richter Tödt und den ehrenamtlichen Richter Voßen
beschlossen:
Tenor:
1) Die Beschwerde der Arbeitgeberin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Wuppertal vom 29.03.2001 - 6 BV 17/01 v - wird zurückgewiesen.
2) Die Rechtsbeschwerde wird für die Arbeitgeberin zugelassen.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten über die Frage, ob der Betriebsrat (Antragsteller) mitzubestimmen hat bei der Vergabe von Aufträgen durch die Arbeitgeberin (Antragsgegnerin) an Mitarbeiter des Betriebs.
Die Arbeitgeberin befasst sich mit der Herstellung und dem Vertrieb elektronischer Geräte und Zubehör für den Bergbau und für Industrieanlagen. Sie beschäftigt circa 180 Mitarbeiter.
In der Vergangenheit schloss die Arbeitgeberin mit interessierten Mitarbeitern sogenannte Festpreisvereinbarungen, wonach die Arbeitnehmer sich bereit erklärten, außerhalb der Arbeitszeit Auftragsarbeiten durchzuführen. Hierbei handelte es sich um leichte Arbeiten, die grundsätzlich auch während der normalen Arbeitszeit durchgeführt wurden oder durchgeführt werden konnten. Die Auftragsarbeiten wurden wahlweise innerhalb oder außerhalb des Betriebes durchgeführt. Wegen der Einzelheiten einer Festpreisvereinbarung wird auf Blatt 5 bzw. 22 der Akten verwiesen.
Der Betriebsrat, der die dargestellte Praxis seit mehreren Jahren geduldet hatte, unterrichtete die Arbeitgeberin mit Schreiben vom 06.02.2001, dass er den Festpreisen ab sofort nicht mehr zustimmen werde und verwies darauf, dass es sich letztlich um verdeckte Überstunden handele. Die Arbeitgeberin antwortete mit Schreiben vom 12.02.2001 und vertrat dabei die Auffassung, dass es sich bei den Auftragsarbeiten nicht um einen Tatbestand handele, der als mitbestimmungspflichtige Überstunden anzusehen sei. Am 13.02.2001 verfügte sie überdies, dass ab sofort keine Festpreisvereinbarungen mehr getroffen werden dürften, die in der Firma abzuarbeiten wären.
Mit seinem am 21.02.2001 beim Arbeitsgericht Wuppertal anhängig gemachten Antrag hat der Betriebsrat von der Arbeitgeberin die Unterlassung der Vergabe von Auftragsarbeiten zu Festpreisen begehrt.
Er hat auch weiterhin die Auffassung vertreten, dass es sich hierbei um nach § 87 Abs. 1 Ziff. 3 BetrVG mitbestimmungspflichtige Überstunden handele, zumal die Vergütung im Rahmen der normalen monatlichen Lohnabrechnung der betroffenen Mitarbeiter abgerechnet werde.
Hinzu käme, dass die Arbeitnehmer die übernommenen Arbeiten mit Material und Werkzeugen der Arbeitgeberin ausführten und dass die Auftragsarbeiten auch nur an sie und nicht an Personen außerhalb des Betriebs vergeben würden.
Der Betriebsrat hat sich hilfsweise auf § 99 BetrVG berufen und hierzu die Auffassung vertreten, dass die Beauftragung der Arbeitnehmer mit Festpreisvereinbarungen eine Einstellung im Sinne des § 99 Abs. 1 Ziff. 1 BetrVG darstelle.
Der Betriebsrat hat beantragt,
der Antragsgegnerin aufzugeben, die Vergabe von Arbeiten zu Festpreisen an Mitarbeiterinnen/Mitarbeiter des Betriebes insoweit, als diese außerhalb des Betriebes und außerhalb der individuellen Arbeitszeit zu erbringen sind, zu unterlassen, sofern der Betriebsrat nicht zugestimmt hat oder einer Zustimmung durch die Einigungsstelle ersetzt wurde.
Die Arbeitgeberin hat beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Sie hat die Auffassung vertreten, bei den Festpreisvereinbarungen handele es sich um Werkverträge im Sinne des § 631 BGB, die sie auch an andere Unternehmer außerhalb des Betriebes vergeben könnte. Hinzu käme, dass die Leistungen von den Arbeitnehmern in ihrer Freizeit erbracht würden und auch nicht persönlich erfolgen müssten. Demgemäß käme ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 BetrVG nicht in Betracht.
Die Beklagte hat überdies den Einwand der unzulässigen Rechtsausübung erhoben und gemeint, dass der Betriebsrat seine Mitbestimmung nicht reklamieren könne, nachdem er zwölf Jahre die gängige und auch ihm bekannte Praxis akzeptiert hätte. Im Übrigen könne sie als Unternehmerin frei darüber entscheiden, wie und von wem sie die Auftragsarbeiten ausführen lasse.
Mit Beschluss vom 29.03.2001 hat die 6. Kammer des Arbeitsgerichts Wuppertal - 6 BV 17/01 v - dem Antrag des Betriebsrats entsprochen. In den Gründen, auf die im Übrigen Bezug genommen wird, hat das Arbeitsgericht ausgeführt, dem Betriebsrat stehe ein Mitbestimmungsrecht gemäß § 87 Abs. 1 Ziffer 3 BetrVG zu, so dass seinem Unterlassungsantrag zu entsprechen gewesen wäre. Bei den Auftragsarbeiten handele es sich um Tätigkeiten, die außerhalb der betriebsüblichen Arbeitszeit von den Arbeitnehmern des Betriebs erbracht würden; demgemäß handele es sich um - kollektive - Überstunden im Sinne des § 87 BetrVG. Dem stehe weder entgegen, dass die Arbeiten im häuslichen Bereich der Arbeitnehmer ausgeführt und dass sie von der Beklagten im Rahmen von "Werkverträgen" vergeben würden. Entscheidend sei, dass es sich um Arbeiten handele, die die betreffenden Mitarbeiter auch innerhalb der betriebsüblichen Arbeitszeit durchführten und sie dabei letztlich auf Weisung der Arbeitgeberin tätig seien.
Die Arbeitgeberin hat gegen den ihr am 24.07.2001 zugestellten Beschluss mit einem am 22.08.2001 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Beschwerde eingelegt und diese mit einem am 21.09.2001 eingegangenen Schriftsatz begründet.
Sie wiederholt ihren Sachvortrag aus dem ersten Rechtszug und meint erneut, dass anlässlich der Vergabe und Ausführung von Arbeiten zu Festpreisen keine Verlängerung der betriebsüblichen Arbeitszeit vorläge. Die betroffenen Arbeitnehmer würden vielmehr im Rahmen eines Werkvertrages tätig, wobei in Einzelfällen Familienmitglieder zur Erledigung der Arbeiten mit herangezogen würden. Es handele sich überdies um einfache Tätigkeiten, die aus dem normalen betrieblichen Ablauf herausgezogen werden könnten, wobei die Arbeitnehmer nicht immer mit Werkzeugen der Arbeitgeberin arbeiteten. Insgesamt würden sie - weisungsfrei - als freie Werkunternehmer tätig, so dass ihre Arbeiten außerhalb der Arbeitszeit nicht als Überstunden zu qualifizieren wären.
Die Arbeitgeberin beantragt,
den Beschluss des Arbeitsgerichts Wuppertal vom 29.03.2001 - 6 BV 17/01 v - abzuändern und den Antrag abzuweisen.
Der Betriebsrat beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Er verteidigt den arbeitsgerichtlichen Beschluss und wiederholt ebenfalls seinen Sachvortrag aus der ersten Instanz. Er verbleibt bei seiner Rechtsauffassung, dass es sich um weisungsgebundene Tätigkeiten im Rahmen der Arbeitsverträge der Mitarbeiter handele und demgemäß die Vergabe und Ausführung dieser Arbeiten zu mitbestimmungspflichtigen Überstunden führten.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der zu den Akten gereichten Urkunden und der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze verwiesen.
II.
1. Die Beschwerde ist zulässig.
Sie ist nämlich an sich statthaft (§ 87 Abs. 1 ArbGG), sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 98, 97 Abs. 2, 66 Abs. 1 ArbGG).
2. In der Sache selbst hatte das Rechtsmittel keinen Erfolg.
Die Arbeitgeberin war, wie bereits vom Arbeitsgericht zutreffend erkannt, zu verpflichten, die Vergabe von Arbeiten zu Festpreisen ohne Beteiligung des Betriebsrats zu unterlassen, weil sie hierdurch seine Mitbestimmungsrechte aus § 87 Abs. 1 Ziff. 3 BetrVG verletzt.
2.1 Der Antrag des Betriebsrats ist zulässig. Es handelt sich hierbei um den so genannten allgemeinen Unterlassungsanspruch, der vom Bundesarbeitsgericht in ständiger Rechtsprechung für zulässig erachtet wird (vgl. hierzu: BAG, Beschluss vom 25.01.2000 - 1 ABR 3/99 - AP Nr. 34 zu § 87 BetrVG 1972 Ordnung des Betriebes; BAG, Beschluss vom 03.05.1994 - 1 ABR 24/93 - EzA § 23 BetrVG 1972 Nr. 36). Er ist im Übrigen bestimmt genug und umfasst zulässigerweise alle Fälle der Vergabe von Arbeiten zu Festpreisen, für die der Betriebsrat seine Mitbestimmung reklamiert.
2.2 Der Antrag ist auch in vollem Umfang begründet.
Die Vergabe von Arbeiten zu Festpreisen an Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Arbeitgeberin unterliegt nämlich der Mitbestimmung des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Ziff. 3 BetrVG, weil es sich hierbei letztlich um die Anordnung von Überstunden handelt, für die die Arbeitgeberin die Zustimmung des Betriebsrats bzw. eine entsprechende Entscheidung der Einigungsstelle benötigt.
Unter Verlängerung der betriebsüblichen Arbeitszeit im Sinne des § 87 Abs. 1 Ziff. 3 fällt die Anordnung von Überstunden, wobei man unter Überstunden die Überschreitung der für den Arbeitnehmer maßgeblichen regelmäßigen Arbeitszeit versteht. Der Mitbestimmung unterliegt demnach, ob und wie die betriebsübliche Arbeitszeit vorübergehend verlängert werden soll. Das Mitbestimmungsrecht besteht allerdings nur dann, wenn ein kollektiver Tatbestand vorliegt. Dieser ist zu bejahen, wenn sich eine Regelungsfrage stellt, die kollektive Interessen der Arbeitnehmer des Betriebs berührt. So ist bei einem zusätzlichen Arbeitsbedarf immer die Frage zu regeln, ob und in welchem Umfang zur Abdeckung dieses Arbeitskräftebedarfs Überstunden geleistet werden sollen oder ob die Neueinstellung eines Arbeitnehmers zweckmäßiger wäre. Weiter ist zu entscheiden, wann und von wem die Überstunden geleistet werden sollen. Diese Regelungsprobleme bestehen unabhängig von der Person und den individuellen Wünschen des einzelnen Arbeitnehmers (BAG, Beschluss vom 22.10.1991 - 1 ABR 28/91 - AP Nr. 48 zu § 87 BetrVG 1972 Arbeitszeit). Hiernach handelt es sich bei der wiederholten Vergabe von Arbeiten zu Festpreisen an Mitarbeiter des Betriebs ersichtlich um einen kollektiven Tatbestand. Dies ist zwischen den Beteiligten letztlich auch nicht streitig.
2.2.1 Entgegen der Rechtsauffassung der Arbeitgeberin entfällt das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nicht deshalb, weil sie die Festpreisarbeiten in Form von Werkverträgen an die Arbeitnehmer vergibt.
In der Rechtsprechung der Arbeitsgerichte ist anerkannt, dass sich die Mitbestimmung des Betriebsrats - etwa im Rahmen einer Einstellung nach § 99 BetrVG oder aber auch im Rahmen der Mitbestimmung nach § 87 BetrVG - nur auf Personen erstrecken kann, die in den Betrieb eingegliedert sind, um zusammen mit den im Betrieb schon beschäftigten Arbeitnehmern den arbeitstechnischen Zweck des Betriebes durch weisungsgebundene Tätigkeiten zu verwirklichen. Auf das Rechtsverhältnis, in dem diese Personen zum Arbeitgeber als Betriebsinhaber stehen, kommt es danach nicht an. Maßgebend ist vielmehr, ob die von diesen Personen zu verrichtende Tätigkeit ihrer Art nach eine weisungsgebundene Tätigkeit ist, die der Verwirklichung des arbeitstechnischen Zwecks des Betriebs zu dienen bestimmt ist und daher vom Arbeitgeber organisiert werden muss. Ob und gegebenenfalls von wem diesen Personen tatsächlich Weisungen hinsichtlich dieser Tätigkeit gegeben werden, ist rechtlich unerheblich. Die Annahme einer Arbeitnehmereigenschaft im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes erfordert also, dass die im Betrieb tätigen Personen so in die Arbeitsorganisation des Arbeitgebers eingegliedert werden, dass dieser die für ein Arbeitsverhältnis typischen Entscheidungen über deren Einsatz nach Zeit und Ort zu treffen hat (ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, vgl. etwa: BAG, Beschluss vom 01.12.1992 - 1 ABR 30/92 - EzA § 99 BetrVG 1972 Nr. 110). Hiernach kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Mitarbeiter der Arbeitgeberin die Tätigkeiten im Rahmen der Festpreisvereinbarungen als freie Werkunternehmer durchführen.
2.2.1 Für die Annahme eines Werkvertrags spricht sicherlich zunächst, dass es der Arbeitgeberin grundsätzlich freisteht, darüber zu entscheiden, wie und von wem sie die betrieblich anfallenden Tätigkeiten verrichten lässt. In diesem Sinne war und ist sie demgemäß in der Lage, Arbeiten nach außerhalb zu vergeben und etwa in Form von Werkverträgen erfüllen zu lassen.
Für die Annahme eines derartigen Werkvertrages spricht weiter, dass die Arbeiten außerhalb der betriebsüblichen Arbeitszeit verrichtet werden und die betroffenen Arbeitnehmer dabei im Wesentlichen frei bestimmen können, wann und wo sie die Tätigkeiten in ihrer Freizeit verrichten.
Gegen ihre Arbeitnehmereigenschaft spricht weiter, dass sie grundsätzlich auch in der Lage sein mögen, die einfach gelagerten Vergabearbeiten durch Familienangehörige mit erledigen zu lassen und damit auch keinen direkten personenbezogenen Weisungen der Arbeitgeberin unterliegen.
2.2.1.2 Gleichwohl ist die erkennende Kammer der Auffassung, dass vorliegend nicht von Tätigkeiten gesprochen werden kann, die im Rahmen eines Werkvertrages zu erbringen sind; vielmehr handelt es sich auch bei diesen Arbeiten um solche, die die Mitarbeiter im Rahmen der Arbeitsorganisation der Arbeitgeberin erbringen.
Hierfür ist zunächst maßgebend, dass es sich - unstreitig - um betriebliche Tätigkeiten handelt, die in der Regel im Betrieb selbst erbracht werden. Sie lassen sich zwanglos in den normalen betrieblichen Arbeitsablauf eingliedern und können nur deshalb auch außerhalb der betriebsüblichen Arbeitszeit erbracht werden, weil es sich insoweit um abgrenzbare Teilaufgaben handelt. An ihrem Charakter als betriebsübliche Tätigkeit ändert sich dadurch nichts.
Die Entscheidung, wer welche Tätigkeiten im Rahmen von Festpreisvereinbarungen übernimmt, obliegt letztlich der Arbeitgeberin als weisungsberechtigte Unternehmerin. Dabei wird sie regelmäßig ihre Weisungen nur pauschal ausüben und ausüben können; dies liegt indessen daran, dass es sich um einfache Tätigkeiten handelt, die von den betroffenen Arbeitnehmern routinemäßig erledigt werden können. Festzuhalten bleibt indessen, dass die personenbezogene "Weisung", nämlich die Einteilung der zu vergebenden Festpreisaufträge, der Arbeitgeberin obliegt.
Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erbringen ihre Leistungen im Rahmen der Festpreisvereinbarungen regelmäßig mit von der Arbeitgeberin gestellten Werkzeugen und vor allen Dingen auch mit deren Materialien.
Hinzu kommt schließlich, dass die fest vereinbarte Vergütung, wie der normale Arbeitslohn auch, monatlich abgerechnet und ausgezahlt wird, wobei die Festpreisvergütung Eingang in die monatlichen Lohnabrechnungen der Mitarbeiter findet.
Dass die Tätigkeiten letztlich außerhalb der Arbeitszeit und außerhalb des Betriebs der Arbeitgeberin erfolgen, führt nicht zu einer anderen rechtlichen Wertung. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die zum Beispiel als so genannte Telearbeitnehmer oder aber als Heimarbeiter tätig werden, gehören gleichwohl zu den Arbeitnehmern im Sinne von § 5 Abs. 1 BetrVG, obwohl sie ihre Leistungen üblicherweise außerhalb des Betriebs erbringen (vgl. zur Heimarbeit: § 6 Abs. 1 Satz 2 BetrVG a. F.). Dies zeigt, dass es auf die Frage, wo die weisungsgebundene Tätigkeit erbracht wird, letztlich nicht ankommen kann.
2.2.2.1.3 Im Ergebnis ist deshalb davon auszugehen, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Arbeitgeberin, die Tätigkeiten im Rahmen von Festpreisvereinbarungen erbringen, gleichwohl als Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer tätig werden. Dann aber stellen sich ihre Arbeiten als solche dar, die außerhalb der betriebsüblichen Arbeitszeit erbracht werden und mithin dem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats gemäß § 87 Abs. 1 Ziffer 3 BetrVG unterfallen.
2.2.2 Selbst wenn man dem nicht folgen wollte, würde dies zu keinem anderen rechtlichen Ergebnis führen. Die Arbeitgeberin müsste sich dann jedenfalls entgegenhalten lassen, dass ihre Praxis, betriebsübliche Tätigkeiten im Rahmen von Festpreisvereinbarungen an Werkunternehmer zu vergeben, eine Umgehung des § 87 BetrVG darstellt und das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nicht zu Fall bringen kann.
Nach Auffassung der erkennenden Beschwerdekammer besteht nämlich das Mitbestimmungsrecht bei der Anordnung von Überstunden selbst dann, wenn ein Arbeitgeber betriebsübliche Arbeiten im Rahmen von Werkverträgen an Arbeitnehmer des eigenen Betriebs überträgt, um diese Tätigkeiten außerhalb der betriebsüblichen Arbeitszeit ausführen zu lassen (vgl. zu ähnlichen Fallkonstellationen: BAG, Beschluss vom 22.10.1991 - 1 ABR 28/91 - a. a. O.; Arbeitsgericht Wiesbaden, Beschluss vom 23.07.1997 - 7 BV 3/97 - NZA-RR 1998, 165). In diesen Fällen entzieht sich nämlich der Arbeitgeber den Mitbestimmungsrechten des Betriebsrats nach § 87 BetrVG durch die Wahl einer vermeintlich nicht mitbestimmungspflichtigen Rechtsform und unterläuft damit den Grundgedanken, der gerade dem Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Ziff. 3 BetrVG beiwohnt. Dies gilt jedenfalls dann, wenn es sich - wie vorliegend - um betriebsübliche Arbeiten handelt, die von den betroffenen Arbeitnehmern auch während ihrer Arbeitszeit im Betrieb ausgeübt werden. Hinzu kommen muss, dass die Arbeitgeberin für den Fall, dass sie ihre eigenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht über Festpreisvereinbarungen zur Erbringung der Tätigkeiten veranlassen könnte, gehalten wäre, mitbestimmungspflichtige Überstunden anzuordnen. Gerade dies aber ist von dem Vertreter der Arbeitgeberin im Termin zur Anhörung der Beteiligten am 05.11.2001 eingeräumt worden.
2.2.3 Der Arbeitgeberin ist es schließlich verwehrt, sich gegenüber dem Mitbestimmungsbegehren des Betriebsrats auf den Einwand der unzulässigen Rechtsausübung zu berufen.
Es ist zwar richtig, dass der Betriebsrat die Praxis, Arbeiten im Rahmen von Festpreisvereinbarungen nach außen zu vergeben, seit Ende der 80er Jahre geduldet hat. Indessen kann allein in diesem Verhalten kein Verzicht auf seine betriebsverfassungsrechtlichen Mitbestimmungsrechte gesehen werden. Hierzu hätte es der Darlegung weiterer Umstände bedurft, aus denen sich ein derartiger Rechtswille des Betriebsrats ableiten ließe. Hinzu kommt, dass der Betriebsrat unter Hinweis auf betriebsbedingte Kündigungen der Arbeitgeberin bereits mit Schreiben vom 06.02.2001 darauf hingewiesen hatte, dass er nunmehr die Festpreisvereinbarungen nicht mehr akzeptieren würde. Der Arbeitgeberin war damit bekannt, dass der Betriebsrat sein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Ziff. 3 BetrVG zukünftig ausüben wollte. Demgemäß war sie auch in der Lage, bei ihrer weiteren Vergabepraxis auf die Mitbestimmungsrechte Rücksicht zu nehmen.
Die Kammer hat eine grundsätzlich Bedeutung der Rechtssache bejaht und die Rechtsbeschwerde für die Arbeitgeberin zugelassen.
Ende der Entscheidung
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