Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 11.11.1999
Aktenzeichen: 5 TaBV 55/99
Rechtsgebiete: BetrVG, BGB


Vorschriften:

BetrVG § 3
BetrVG § 21
BGB § 613 a
1) Geht ein Betrieb nach § 613 a BGB über, so wirkt ein für den Betrieb abgeschlossener Firmentarifvertrag beim Erwerber kollektiv weiter.

2) Werden anlässlich einer Umstrukturierung, die auf einen Tarifvertrag nach § 3 Abs. 1 Ziffer 3 BetrVG zurückgeht, bisher selbstständige Betriebe zusammengefasst und entsteht hierdurch ein neuer selbstständiger Betrieb, so endet die Amtszeit der Betriebsräte der zusammengefassten Betriebe.


LANDESARBEITSGERICHT DÜSSELDORF BESCHLUSS

Geschäftsnummer: 5 TaBV 55/99

Verkündet am: 11.11.1999

In der Beschlusssache

hat die 5. Kammer des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 11.11.1999 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Göttling als Vorsitzenden sowie den ehrenamtlichen Richter Howahrde und den ehrenamtlichen Richter Goetzenich

beschlossen:

Tenor:

1) Die Beschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 05.05.1999 ­ 4 BV 37/99 ­ wird zurückgewiesen.

2) Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten über die Frage, ob der antragstellende Betriebsrat anlässlich einer Neuorganisation der Arbeitgeberin (Antragsgegnerin) am 31.03.1999 erloschen ist.

Der 5-köpfige Betriebsrat wurde ursprünglich bei einem D.üsseldorfeWarenhaus der Arbeitgeberin, die damals unter dem Namen I.NTERSP Warenhandelsgesellschaft mbH & Co. OHG firmierte, gebildet. Die Arbeitgeberin, die selbst erst 1998 gegründet worden war, ist eine Tochtergesellschaft der S.P Handels AG.

Die S.P Handels AG verfolgte ihre unternehmerischen Ziele bis Mitte des Jahres 1998 im Wesentlichen im Rahmen von drei Vertriebsschienen. Die sogenannte E.UROSP Schiene befasste sich dabei mit dem Betrieb von Einzelhandelsgeschäften und wurde von der S.PAHandels AG bzw. deren 100 %igen Töchtern f.amkGmbH und E.OSP ­ S.übetrieben.

Bereits am 17.11.1997 hatte die S.P Handels AG, gleichzeitig handelnd für die E.OSP Verbrauchermärkte S. und die f.am Verbrauchermärkte GmbH, mit der Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen (HBV) sowie der Deutschen Angestellten Gewerkschaft (DAG) einen Tarifvertrag (TV) geschlossen, der auszugsweise wie folgt lautet:

§ 1 ­ Geltungsbereich

Dieser Tarifvertrag gilt: 1. Räumlich: Für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland 2. Sachlich: Für alle Betriebsteile der Vertriebsschiene Verbrauchermärkte E.UROSP" der S.P Handels-Aktiengesellschaft und der oben aufgeführten Tochtergesellschaften. 3. Persönlich: Für alle Arbeitnehmer im Sinne des § 5 (1) BetrVG

§ 2 ­ Zweck

Um ein erfolgreiches Zusammenwirken zwischen den Arbeitnehmern, dem Arbeitgeber und dem Betriebsrat zu gewährleisten und der besonderen Struktur ­ insbesondere des weitverzweigten Verkaufsstellennetzes des Vertriebsbereichs E.UROSP (i.S.d. § 1 Ziff. 2) ­ Rechnung zu tragen, sind sich die Vertragspartner einig, nach § 3 (1) Ziffer 3 BetrVG eine von § 4 BetrVG abweichende Regelung über die Zuordnung von Betriebsteilen vorzunehmen. Die Errichtung von Betriebsräten und deren Arbeitsfähigkeit wird dadurch erleichtert.

§ 3 ­ Bildung von regionalen Betriebsräten

Um die Bildung von Betriebsräten zu erleichtern und die Arbeitsfähigkeit zu sichern, werden die Betriebsteile abweichend von § 4 Abs. 1 BetrVG zusammengefasst, mit der Folge, dass die zu diesen Betriebsteilen gehörenden den Betriebsrat wählen, dessen Zuständigkeit sich auf die zusammengefassten Betriebsteile erstreckt. Es werden folgende Betriebsräte gebildet: 1. Betriebsrat - für das Gebiet der Bundesländer Mecklenburg-Vorpommern, Berlin und Brandenburg.

2. Betriebsrat - für das Gebiet der Bundesländer Sachsen, Sachsen-Anhalt und

Thüringen

3. Betriebsrat - für das Gebiet der Bundesländer Schleswig-Holstein, Hamburg, Bremen und Niedersachsen und den E.UROSP Markt in L.engeri/Nordrhein-Westfalen 4. Betriebsrat - für das Gebiet der Bundesländer Baden-Württemberg,

Rheinland-Pfalz und Saarland. 5. Betriebsrat - für das Gebiet der Bundesländer Bayern und Hessen 6. Betriebsrat - für das Gebiet des Bundeslandes Nordrhein-Westfalen

§ 4 ­ Neue Betriebsteile

Die Regelungen des § 3 gilt auch für neue Betriebsteile, die während der Geltungsdauer dieses Tarifvertrages vom Vertriebsbereich E.UROSP (i.S.d. §1 Ziff. 2) errichtet oder übernommen werden. Die Zuordnung dieser Betriebsteile zu den Betriebsräten erfolgt entsprechend der gebildeten Regionen gemäß § 3 dieses Tarifvertrages."

Der TV wurde am 24.03.1998 durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales genehmigt.

Auf der Basis des genannten Tarifvertrags wurden im April 1998 innerhalb des Vertriebsbereich E.UROSP" Regionalbetriebsräte gewählt. Mit Wirkung zum 01.05.1998 überführten die S.P Handels AG, die f.am GmbH und die E.UROSP Süd GmbH die Märkte der E.UROSP Schiene in die Arbeitgeberin, die im Wege der Betriebsnachfolge in die bestehenden Arbeitsverhältnisse eintrat.

Zum selben Zeitpunkt wurde die Arbeitgeberin Inhaberin von insgesamt 116 I.NTPASB-Warenhäusern, die sie von der I.NTERSP GmbH, einer weiteren Tochter der S.P Handels AG, übernommen hatte. 74 der übernommenen Warenhäuser veräußerte die Arbeitgeberin per 15.12.1998 an die Firma W.-M.a Deutschland GmbH & Co KG. Die verbleibenden 42 Märkte, zu denen auch das Warenhaus in D.üsseldorgehört und bei dem der Betriebsrat gebildet ist, sollten bis zum 31.03.1999 in die Vertriebsschiene E.UROSP eingegliedert werden.

Am 16.12.1998 trafen die S.P Handels AG und die den Tarifvertrag vom 17.11.1997 schließenden Gewerkschaften eine Regelungsabsprache über die geplante Einführung der I.NTERSP SB-Warenhäuser in die Vertriebsschiene E.UROSP, die per 01.01.1999 dann auch vollzogen wurde (vgl. hierzu Blatt 12 und 13 der Akten).

Die bei den I.NTERSP SB-Warenhäusern gebildeten Betriebsräte wurden am 16.12.1998 (Blatt 10 und 11 der Akten) entsprechend von der Arbeitgeberin informiert, wobei diese die Auffassung vertrat, dass durch die Zusammenlegung das Mandat auch des antragstellenden Betriebsrates erlöschen würde.

Mit seinem am 10.03.1999 beim Arbeitsgericht Düsseldorf anhängig gemachten Antrag hat der Betriebsrat die Feststellung begehrt, dass seine Amtszeit nicht zum 31.03.1999 enden werde.

Er hat im Wesentlichen die Auffassung vertreten, dass der Tarifvertrag vom 17.11.1997 auf das Unternehmen der Arbeitgeberin nicht anwendbar sei, weil ein irgendwie gearteter Übergang dieses Haustarifvertrages auf die Arbeitgeberin nicht festgestellt werden könnte.

Der Betriebsrat hat beantragt, festzustellen, dass die Amtszeit des Beteiligten zu 1. nicht am 31.03.1999 geendet hat.

Die Arbeitgeberin hat beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Die Arbeitgeberin hat die Auffassung vertreten, dass der Tarifvertrag vom 17.11.1997 sehr wohl auf das Unternehmen der Arbeitgeberin anwendbar sei. Er habe nämlich bei seinem Abschluss den damals bereits durch die drei vertragsschließenden Unternehmen geführten Betrieb der E.UROSP Märkte umfasst, die dann später mit der I.NT Warenhaus GmbH die jetzige Arbeitgeberin gegründet hätten. Folglich seien die E.OSP Märkte im Wege eines Betriebsübergangs auf die Arbeitgeberin übergegangen und mit ihm der Haustarifvertrag vom 17.11.1997, der dann als kollektivrechtliche Norm weitergelte.

Schließlich, so hat die Arbeitgeberin gemeint, hätte die Eingliederung der I.NTERSPASB-Warenhäuser in die E.UROSPASchiene genau die Fallkonstellation dargestellt, die in § 4 TV geregelt werde. Hieraus wiederum folge, dass die Einzelbetriebsräte untergegangen seien und die Belegschaft nunmehr durch die Regionalbetriebsräte repräsentiert würde.

Mit Beschluss vom 05.05.1999 hat die 4. Kammer des Arbeitsgerichts Düsseldorf ­ 4 BV 37/99 ­ den Antrag des Betriebsrates zurückgewiesen. In den Gründen, auf die Bezug genommen wird, hat das Arbeitsgericht ausgeführt, dass der Tarifvertrag vom 17.11.1997 auf das Unternehmen der Arbeitgeberin Anwendung finde, weil er ­ unabhängig von der Bezeichnung ­ den jeweiligen Rechtsträger der Vertriebsschiene E.OSP" betreffen sollte. Demzufolge unterfalle auch das I.NTERSP SB-Warenhaus in D.üsseldo dem Tarifvertrag, weil es spätestens zum 31.03.1999 im Sinne von § 4 TV übernommen worden sei. Unbeachtlich wäre dabei, dass die ehemalige Niederlassung in D.üsseldorimmerhin 70 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hätte und demgemäß selbst einen funktionsfähigen Betriebsrat bilden könnte. Nach dem Willen der Tarifvertragsparteien und aus dem Grundsatz der Rechtssicherheit könne es nicht darauf ankommen, ob im Einzelfall durch die Eingliederung in einen Regionalbetrieb tatsächlich eine Erleichterung der Bildung von Arbeitnehmervertretungen entstehe.

Der Betriebsrat hat gegen den ihm am 10.06.1999 zugestellten Beschluss mit einem am 12.07.1999 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Beschwerde eingelegt und diese ­ nach Verlängerung der Beschwerdebegründungsfrist bis zum 12.09.1999 ­ mit einem am 13.09.1999 eingegangenen Schriftsatz begründet.

Er wiederholt im Wesentlichen seinen Sachvortrag aus dem ersten Rechtszug und meint, dass durch die Aufnahme der I.NTERSP SB-Warenhäuser in die E.UROSPAVertriebslinie praktisch keine Änderung eingetreten sei und die Warenhäuser ihre Selbständigkeit nicht verloren hätten. Insoweit finde § 4 TV schon keine Anwendung, weil die Warenhäuser keine Betriebsteile im dortigen Sinne wären. Weiterhin werde der Tarifvertrag vom 17.11.1997 auch dem Sinn und Zweck des § 3 BetrVG nicht gerecht, weil eben keine Erleichterung der Bildung von Arbeitnehmervertretungen stattfände.

Schließlich falle das Unternehmen der Arbeitgeberin aber auch nicht in den Geltungsbereich des Tarifvertrages, weil dieser nicht ­ auch nicht nach § 613 a Abs. 1 BGB ­ übergegangen sei.

Der Betriebsrat stellt den Antrag,

den Beschluss des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 05.05.1999 - 4 BV 37/99 ­ abzuändern und nach dem zuletzt in erster Instanz gestellten Antrag zu entscheiden.

Die Arbeitgeberin stellt den Antrag,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie verteidigt den arbeitsgerichtlichen Beschluss und wiederholt im Wesentlichen ihren Sachvortrag aus dem ersten Rechtszug.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der zu den Akten gereichten Urkunden und der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze verwiesen.

II.

1. Die Beschwerde ist zulässig.

Sie ist nämlich an sich statthaft (§ 87 Abs. 1 ArbGG), sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 89, 87 Abs. 2, 66 Abs. 1 ArbGG, 518, 519 ZPO).

2. In der Sache selbst hatte das Rechtsmittel keinen Erfolg.

Die Amtszeit des antragstellenden Betriebsrats ist in Folge der Eingliederung in die E.UROSP Schiene" mit Wirkung zum 31.03.1999 beendet worden. Dies ergibt sich letztlich aus § 4 des Tarifvertrages vom 17.11.1997 i. V. m. § 21 BetrVG.

2.1 Entgegen der Auffassung des Betriebsrats findet der Tarifvertrag vom 17.11.1997, mit dem die Zuordnung von Betriebsteilen für das Unternehmen der Arbeitgeberin neu geregelt wurde, Anwendung.

Die erkennende Kammer folgt insoweit zunächst den Überlegungen des Arbeitsgerichts im Beschluss vom 05.05.1999, wonach der streitbefangene Tarifvertrag angesichts seiner umfassenden Formulierung bereits zum damaligen Zeitpunkt auf die noch zu gründende Arbeitgeberin erstreckt wurde und erstreckt werden sollte. Auf die überzeugenden Ausführungen im arbeitsgerichtlichen Beschluss wird insoweit verwiesen.

Darüber hinaus ergibt sich die vom Arbeitsgericht angenommene Rechtsfolge aber auch aus einer Anwendung des § 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB, weil der als Haustarifvertrag zu qualifizierende Tarifvertrag vom 17.11.1997 anlässlich der Überführung der Märkte der E.UROSP Schiene auf die Arbeitgeberin übergegangen ist.

2.1.1 Dabei vermochte die erkennende Kammer zunächst den Überlegungen des Betriebsrats nicht zu folgen, dass ein Firmentarifvertrag den Betriebserwerber nur durch die Übernahme oder einen Neuabschluss binden kann. Einer derartigen Willensbildung bedurfte es nach Einschätzung der Beschwerdekammer nur dann, wenn ein Firmentarifvertrag bzw. die in ihm enthaltenen Regelungen nach § 613 a Abs. 1 Satz 2 BGB zu beurteilen wären. Nach dieser Norm wirken die den Inhalt des Arbeitsverhältnisses bestimmenden Rechtsnormen eines Tarifvertrages beim Betriebserwerber (nur) als Inhaltsnormen des Arbeitsvertrages weiter. Ein Flächentarifvertrag gilt demnach auf Grund der gesetzlichen Regelung nicht kollektivrechtlich für den übernehmenden Arbeitgeber, weil mangels Übergangs der Verbandsmitgliedschaft der rechtsgeschäftliche Betriebsübernehmer an einen Flächentarifvertrag nicht unmittelbar gebunden sein kann.

Anders liegt es dagegen bei einem Firmentarifvertrag. Er gilt kollektivrechtlich weiter, wenn und weil er von Gesetzeswegen auf den neuen Unternehmensträger übergeht, der neue Unternehmensträger mithin im Wege der Rechtsnachfolge Partei des Firmentarifvertrages wird (so für den Fall einer Verschmelzung gemäß § 20 Abs. 1 Satz 1 UmwG: BAG, Urteil vom 24.06.1998 ­ 4 AZR 208/97 ­ AP Nr. 1 zu § 20 UmwG; ähnlich wohl auch: Hagemann/Kempen/Zacher/Zilius, Tarifvertragsgesetz, 2. Aufl., § 3 Rdnr. 43).

2.1.2 Im vorliegenden Fall war der Tarifvertrag vom 17.11.1997 auf Arbeitgeberseite von der S.P Handels AG abgeschlossen worden, die dabei gleichzeitig als Vertreterin und in Vollmacht der f.amkGmbH und der E.UROSP S. handelte. Hiernach galten die Normen des TVs für die Märkte der E.UROSP Schiene, die per 01.05.1998 durch Rechtsgeschäft in die Arbeitgeberin eingebracht wurden. Konsequenz dieser Maßgabe war aber dann zwangsläufig, dass auch der gerade auf diesen Fall abstellende Haustarifvertrag vom 17.11.1997 auf die Arbeitgeberin überging.

2.2 § 4 des TVs vom 17.11.1997 ist rechtswirksam und begegnet auch in Ansehung des gesetzgeberischen Zweckes des § 3 BetrVG keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken.

2.2.1 Nach § 3 Abs. 1 Ziffer 3 BetrVG können von § 4 BetrVG abweichende Regelungen über die Zuordnung von Betriebsteilen und Nebenbetrieben getroffen werden, soweit dadurch die Bildung von Vertretungen der Arbeitnehmer erleichtert wird. Dem Betriebsrat ist zuzugeben, dass hiernach zuvorderst an Fallkonstellationen gedacht war, in denen Unternehmen über mehrere kleine Betriebsteile verfügen, die als selbständige Betriebe gelten, und dass dort erfahrungsgemäß die Bildung von Betriebsräten erschwert oder wegen zu geringer Beschäftigtenzahlen gar unmöglich ist.

Andererseits verlangt § 3 Abs. 1 Ziffer 3 BetrVG nur eine Erleichterung" der Bildung von Vertretungen der Arbeitnehmer, was bedeutet, dass auch eine Verbesserung der Möglichkeiten ausreicht, die das Betriebsverfassungsgesetz selbst zur Verfügung stellt. Danach haben die Tarifvertragsparteien das Recht, betriebsverfassungsrechtliche Organisationseinheiten zu schaffen, die aus ihrer Sicht eine optimale Wahrnehmung der Beteiligungsrechte des Betriebsrats und eine größtmögliche Betreuung der Arbeitnehmer ermöglichen, wobei den Tarifvertragsparteien auf Grund ihrer Sachnähe und der grundsätzlich garantierten Tarifautonomie ein gewisser Beurteilungsspielraum zukommt (Fitting/Heither/Kaiser/Engels, BetrVG, 19. Aufl., § 3, Rdz. 49).

2.2.2 In diesem Rahmen haben sich die Parteien bei Abschluss des Tarifvertrages vom 17.11.1997 gehalten.

Dem steht zunächst nicht entgegen, dass das vom antragstellenden Betriebsrat repräsentierte Warenhaus über insgesamt 70 Mitarbeiter verfügt, die durch den 5-köpfigen Betriebsrat durchaus angemessen vertreten werden können. Wie vom Arbeitsgericht auch hierzu zutreffend ausgeführt, kann dem Tarifvertrag nicht entnommen werden, dass der dortige § 4 nur auf solche Betriebe Anwendung finden soll, die unterhalb einer bestimmten Größe oder Mitarbeiterzahl liegt. Dies wäre in der Tat mit dem Gebot der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit nicht in Einklang zu bringen. Bedenkt man weiter, dass die Tarifvertragsparteien noch in der Folgezeit durch die Benennung der betroffenen Warenhäuser klar zum Ausdruck gebracht haben, dass alle Niederlassungen von der Neustrukturierung betroffen sein sollten, so belegt dies deutlich, dass die vom Betriebsrat gewünschte Differenzierung gerade nicht den Absichten der Tarifvertragsparteien entsprach. Vielmehr wird aus dem dargestellten Verhalten ersichtlich, dass die Tarifvertragsparteien insgesamt eine Erleichterung der Bildung von Arbeitnehmervertretungen im Sinne hatten, ohne hierbei auf die Eigenarten der ursprünglichen Betriebe oder Betriebsteile einzugehen.

Dies erscheint nicht nur sinnvoll und praktikabel, sondern entspricht auch noch dem Rechtsgedanken des § 3 BetrVG. Die Konzentration der Wahrnehmung von Betriebsverfassungsrechten auf regional zuständige Betriebsräte mag zwar im Einzelfall dazu führen, dass in den einzelnen Warenhäusern kein Betriebsrat mehr als unmittelbarer Ansprechpartner vorhanden ist. Diese geringere Ortsnähe wird aber auf der anderen Seite dadurch kompensiert, dass Freistellungen nach § 38 BetrVG möglich werden oder die Zahl freigestellter Betriebsratsmitglieder zunimmt. Hinzukommt, dass ein größerer Betriebsrat regelmäßig größere Kompetenzen als Verhandlungspartner aufweist und damit die Durchsetzung von Arbeitnehmerrechten und ­ansprüchen verbessert wird. Insgesamt ist jedenfalls nicht erkennbar, dass im Unternehmen der Arbeitgeberin durch die Neuorganisation der Betriebsteile und deren Zuordnung die Rechte der Arbeitnehmervertretungen nicht ausreichend beachtet worden sind. Im Gegenteil: Die Bildung von Regionalbetriebsräten dort, wo auch die betriebsverfassungsrechtlich relevanten Entscheidungen getroffen werden, führt dazu, dass die Stellung der Arbeitnehmer insgesamt verbessert wird und die Möglichkeit besteht, eine effektive Interessenvertretung zu gewährleisten.

2.3 Schließlich sind auch die Voraussetzungen des § 4 TV als erfüllt anzusehen.

Nach dem substantiierten Sachvortrag der Arbeitgeberin in beiden Instanzen, der vom Betriebsrat nur pauschal und damit unbeachtlich bestritten worden ist, werden in Folge der Umstrukturierung aus dem bisher eigenverantwortlich arbeitenden Warenhausleitern weisungsgebundene Marktleiter. Die Personalverantwortlichkeit geht demgemäß vollständig auf die Verkaufs- und Bezirksleiter über, wobei die Personalarbeit selbst den Personalreferenten in den Regionalbüros obliegt. Hierzu gehört die Zuständigkeit für Einstellungen, Entlassungen, Kündigungen oder Versetzungen. Das Gleiche gilt für sämtliche Angelegenheiten nach § 87 BetrVG, in denen die Bezirks- und Verkaufsleiter die Befugnis haben, mitbestimmungspflichtige Angelegenheiten zu regeln.

Diese Neuorganisation der innerbetrieblichen Strukturen ist ausweislich des zu den Akten gereichten Schreibens vom 29.03.1999 auch tatsächlich umgesetzt und den Mitarbeitern durch ein Mitarbeiterinfo" bekannt gegeben worden.

Aus allem folgt, dass die in die Regionalbetriebe eingegliederten Warenhäuser ­ und somit auch das des antragstellenden Betriebsrates ­ ihre Selbständigkeit verloren haben und nicht mehr als eigenständige Betriebe oder Betriebsteile angesehen werden können.

Werden mehrere Betriebe in der Weise zusammengelegt, dass der eine Betrieb in den anderen Betrieb eingegliedert wird, so verliert der eingegliederte Betrieb seine Selbständigkeit und kann deshalb keine Basis mehr für einen Betriebsrat bilden. In diesem Falle behält der untergehende Betriebsrat auch kein Übergangsmandat (Fitting/Kaiser/Heither/Engels, a. a. 0., § 21, Rdz. 39 und § 3, Rdz. 53; LAG Frankfurt, Beschluss vom 01.09.1989 ­ 12 TaBVGa 155/88 ­ DB 1989, 184). Hieraus folgt, dass das Mandat des antragstellenden Betriebsrats zum 31.03.1999 erloschen, seine Amtszeit beendet worden ist.

III.

Die Kammer hat eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache bejaht und die Rechtsbeschwerde zugelassen.

Ende der Entscheidung

Zurück