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Gericht: Landesarbeitsgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 28.12.2006
Aktenzeichen: 6 Ta 622/06
Rechtsgebiete: ArbGG, ZPO
Vorschriften:
ArbGG § 51 Abs. 1 | |
ZPO § 141 Abs. 3 |
LANDESARBEITSGERICHT DÜSSELDORF BESCHLUSS
In dem Rechtsstreit
hat die 6. Kammer des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf am 28.12.2006 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Goeke
beschlossen:
Tenor:
Auf die sofortige Beschwerde des Geschäftsführers der Beklagten wird der Ordnungsgeldbeschluss des Arbeitsgerichts Wesel vom 27.11.2006 aufgehoben.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei.
Streitwert: 400,00 €.
Gründe:
I.
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer fristlosen Kündigung vom 25.09.2006. Zum Gütetermin hat das Arbeitsgericht das persönliche Erscheinen des Klägers und des Geschäftsführers der Beklagten "gemäß § 141 ZPO" angeordnet.
Nachdem nur der Rechtsanwalt der Beklagten im Gütetermin erschienen war, der mit der Festsetzung eines Kammertermins zur mündlichen Verhandlung endete, hat der Vorsitzende durch Beschluss
"den zu heute nicht erschienen Geschäftsführer der Beklagten in ein Ordnungsgeld von 400,00 € genommen".
Gegen den am 14.11.2006 dem Geschäftsführer persönlich zugestellten Beschluss hat der Prozessbevollmächtigte der Beklagten unter dem 22.11.2006 - klargestellt durch Schriftsatz vom 19.12.2006 - namens des Geschäftsführers der Beklagten sofortige Beschwerde eingelegt und geltend gemacht, dass der Geschäftsführer nicht ordnungsgemäß unter Hinweis auf die Folgen des Ausbleibens geladen worden sei und eine vergleichsweise Regelung wegen verschiedener Parallelverfahren nicht in Frage gekommen sei. Zu einer sachgerechten Aufklärung sei es gekommen. Das Arbeitsgericht hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen.
II.
Die sofortige Beschwerde des Geschäftsführers der Beklagten ist zulässig, sie ist auch begründet.
1. Die Beschwerde ist form- und fristgerecht im Sinne des § 51 Abs. 1 Satz 2 ArbGG, §§ 141 Abs. 3, 380 Abs. 3 ZPO, §§ 68, 78 Abs. 1 ArbGG i. V. m. §§ 567, 569 ZPO.
Zwar hat der Prozessbevollmächtigte der Beklagten unter dem 23.11.2006 sofortige Beschwerde gegen den Ordnungsgeldbeschluss des Arbeitsgerichts vom 07.11.2006 eingelegt, ohne dass erkennbar geworden ist, in wessen Namen er diese sofortige Beschwerde eingelegt hat. Durch Schriftsatz vom 19.11.2006 hat er nach Hinweis des Gerichts klargestellt, dass die sofortige Beschwerde im Namen des Geschäftsführers der Beklagten eingelegt werden sollte. Erst damit ist klargestellt worden, für wen das Beschwerdebegehren verfolgt werden sollte. Die Nichteinhaltung der Zweiwochenfrist gemäß § 569 Abs. 1 ZPO ist insoweit unschädlich, weil das Arbeitsgericht dem Ordnungsgeldbeschluss vom 07.11.2006 keine Rechtsmittelbelehrung im Sinne von § 9 Abs. 5 ArbGG beigefügt hat und deshalb die Rechtsmittelfrist nicht zu laufen begonnen hatte.
2. Die Beschwerde des Geschäftsführers musste auch Erfolg haben, da das Arbeitsgericht zu Unrecht das Ordnungsgeld gegen den gesetzlichen Vertreter der Beklagten verhängt hat. Ein Ordnungsgeld kann nur gegen die Partei des Rechtsstreites und damit im Streitfall gegen die GmbH als juristische Person verhängt werden.
a) Nach § 51 ArbGG kann der Vorsitzende in jeder Lage des Rechtsstreits das persönliche Erscheinen der Parteien anordnen. Erscheint eine Partei unentschuldigt nicht, kann gegen sie wie gegen einen unentschuldigt nicht erschienenen Zeugen ein Ordnungsgeld verhängt werden (§§ 51 Abs. 1 ArbGG, 141 Abs. 3, 380 ZPO). Bei genügender Entschuldigung der Parteien nach Erlass des Ordnungsgeld-Beschlusses ist dieser wieder aufzuheben (§ 381 ZPO).
Ist eine juristische Person Partei, ist bei einer Anordnung des persönlichen Erscheinens der Partei deren gesetzlicher Vertreter zu laden. Im Falle einer GmbH als Partei ist dies nach § 35 Abs. 1 GmbH-Gesetz ihr Geschäftsführer.
Durch die Ladung wird der gesetzliche Vertreter jedoch nicht Partei. Das ist und bleibt die GmbH (vgl. Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-Glöge, ArbGG, 5. Aufl., § 51, Rdn. 13; Vonderau NZA 1991, 337 ff.; GK-ArbGG/Schütz Stand: Sept. 2004, § 51, Rdn. 19; LAG Hamm vom 25.01.1999 - 1 Ta 727/98 - LAGE § 51 ArbGG 1979 Nr. 6). Bei mehreren Geschäftsführern ist der Geschäftsführer namentlich zu bezeichnen (Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-Glöge a. a. O., § 51, Rdn. 13; GK-ArbGG/Schütz a.a.O. § 51, Rdn. 19 m. w. N.). Eine namentliche Bezeichnung ist dann entbehrlich, wenn - wie im Streitfall - die Beklagte nur einen Geschäftsführer als gesetzlichen Vertreter hat.
b) Bleibt der gesetzliche Vertreter einer juristischen Person, die Partei ist, dem Termin fern, dann kann nach § 141 Abs. 3 ZPO gegen die Partei ein Ordnungsgeld verhängt werden. Die Möglichkeit einer Übertragung dieser gegen die Partei gerichteten Sanktionsbefugnis auf deren gesetzlichen Vertreter gibt das Gesetz nicht her.
Die Beschwerdekammer folgt insoweit der überzeugenden Argumentation des LAG Hamm in der oben zitierten Entscheidung vom 25.01.1999 - 1 Ta 727/98 -. Nach dem Wortlaut des § 141 Abs. 3 ZPO kann bei Ausbleiben einer Partei gegen diese ein Ordnungsgeld verhängt werden. Darüber hinaus folgt aus dem allgemeinen Gedanken, dass die prozessualen Folgen von Prozessführungsfehlern die Partei selbst treffen, dass diese Sanktionen nicht deren gesetzlichen Vertreter berühren können. Nach § 51 Abs. 2 ZPO steht das Verschulden eines gesetzlichen Vertreters einer Partei dem Verschulden der Partei gleich. Die Partei hat sich das Verschulden ihres gesetzlichen Vertreters zurechnen zu lassen.
Durch seine Funktion tritt der gesetzliche Vertreter nicht etwa an die Stelle der Partei, so dass ein Ordnungsgeld auch nur gegen die Partei verhängt werden kann (vgl. insoweit LAG Hamm a.a.O.; LAG Niedersachsen vom 07.08.2002 - 10 Ta 306/02 - MDR 2002, 1333-; OLG Frankfurt vom 08.04.2006 MDR 2006, 170; Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-Glöge, § 51, Rdn. 22; GK-ArbGG Schütz a. a. O., § 51 ArbGG, Rdn. 33; Vonderau, NZA 1991, 337/338; ErftK-Koch, 6. Aufl., § 51, Rdn. 12; HWK/Ziemann, 2. Aufl., § 51, Rdn. 20).
Soweit in der zivilprozessualen Literatur vereinzelt eine andere Auffassung vertreten wird (Zöller/Greger ZPO, 26. Aufl., § 141, Rdn. 14; Stein/Jonas/Leipold, 22.Aufl. § 141 ZPO, Rdn. 50), vermag die Beschwerdekammer ebenso wie das LAG Hamm in der zitierten Entscheidung dem nicht zu folgen.
Soweit Zöller darauf hinweist, dass sich aus § 141 Abs. 2 Satz 1 ZPO ergebe, dass das Ordnungsgeld gegen den Informationsträger und nicht gegen das Prozesssubjekt verhängt werden könne, so vermag diese Argumentation nicht zu überzeugen, weil sich in gleicher Weise aus § 140 Abs. 3 Satz 2 ZPO ergibt, dass eine Partei und auch ein "Informationsträger" einen Vertreter entsenden kann, der zur Aufklärung des Tatbestandes in der Lage und zur Abgabe der gebotenen Erklärungen, insbesondere zu einem Vergleichsabschluss ermächtigt ist. Auch die Ermächtigung erfolgte durch die Partei bzw. deren gesetzlichen Vertreter.
Auch die von Zöller zitierte Entscheidung des OLG Nürnberg vom 28.03.2001 - 1 W 887/01 - MDR 2001, 954 - begründet nicht, warum "der Zweck dieser Sanktion" nur durch die Verhängung des Ordnungsgeldes gegen den Geschäftsführer einer juristischen Person erreicht werden kann. Auch der bei der Fundstelle bei Stein/Jonas/Leipold im Vordergrund stehende Sanktionsgedanke ist nach der heute einhelligen Meinung nicht mehr haltbar. Der Sinn des Ordnungsgeldes liegt nach heute herrschender Auffassung nicht in einer Bestrafung für eine bewusste Missachtung des Gerichts, sondern darin, dass die Partei, die die entsprechende Anordnung nicht befolgt hat, die notwendige Förderung des Verfahrens durch ihr Ausbleiben verhindert hat und damit nicht zur Förderung , Beschleunigung und gegebenenfalls Erledigung des Verfahrens beigetragen hat. Der Umstand, dass diese Mitwirkung bei einer juristischen Person durch ihren gesetzlichen Vertreter erfolgen muss, ändert nichts daran, dass die Prozessförderungspflicht die juristische Person als Partei trifft, die auch die prozessualen Folgen einer nicht sorgfältigen Prozessführung ihres gesetzlichen Vertreters zu tragen hat (LAG Hamm vom 25.01.1999 a. a. O.; LAG Niedersachsen vom 07.08.2002 - 10 Ta 306/02 - MDR 2002, 1333).
3. War der Ordnungsgeldbeschluss gegen den Geschäftsführer der Beklagten bereits aus den obigen Gründen aufzuheben, so konnte dahingestellt bleiben, ob der Beschluss im Übrigen zu Recht ergangen ist. Es sei lediglich darauf hingewiesen, dass vor Verhängung eines Ordnungsgeldes die ordnungsgemäße Ladung des Geschäftsführers der Beklagten gemäß § 141 Abs. 2 ZPO und der Hinweis auf Folgen des Ausbleibens gemäß § 141 Abs. 3 Satz 3 ZPO dokumentiert sein müssen (vgl. LAG Niedersachsen vom 07.08.2002 - 10 Ta 306/02 - a. a. O.).
Allein die Entsendung des Vertreters mit der Maßgabe, dass der Vertreter keinen Vergleich abschließen soll, dürfte grundsätzlich nicht geeignet sein, die Verhängung eines Ordnungsgeldes im Hinblick auf § 51 Abs. 1 Satz 2 ArbGG i. V. m. § 141 Abs. 3 Satz 2 ZPO als ermessensfehlerhaft zu erachten.
III.
Eine Kostenentscheidung war nicht zu treffen. Die außergerichtlichen Auslagen werden von der Kostenentscheidung der Hauptsache umfasst (Zöller/Greger a. a. O., § 141, Rdn. 15).
Ende der Entscheidung
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