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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 19.11.2004
Aktenzeichen: 7 (11) Sa 1292/04
Rechtsgebiete: BetrVG, ArbGG, ZPO, KSchG


Vorschriften:

BetrVG § 102
BetrVG § 102 Abs. 1 Satz 3
ArbGG § 66 Abs. 1
ArbGG § 64 Abs. 2
ArbGG § 64 Abs. 6
ZPO § 138 Abs. 2
ZPO § 520
KSchG § 1 Abs. 1
KSchG § 1 Abs. 2
KSchG § 4 Satz 1
KSchG § 23 Abs. 1 Satz 2
1. Es steht der negativen Indizwirkung krankheitsbedingter Fehlzeiten in der Vergangenheit nicht entgegen, wenn der gekuendigte Arbeitnehmer im vorletzten Jahr vor Ausspruch der Kuendigung ausnahmsweise keine erheblichen Fehlzeiten aufzuweisen hatte, er in diesem Jahr wegen eines vorhergehenden Kuendigungsschutzprozesses jedoch auch nur einer erheblich verringerten Arbeitsbelastung (hier: dreimonatiger, von Urlauben unterbrochener Arbeitseinsatz) ausgesetzt war.

2. Ist eine negative Indizwirkung aufgrund von Fehlzeiten in der Vergangenheit anzunehmen, vermag der Arbeitnehmer diese nicht durch die Behauptung zu erschuettern, die die Fehlzeiten verursachenden Entzuendungskrankheiten seien nach Aussage des behandelnden Arztes nicht chronischer Art. Nicht chronische Erkrankungen stehen insoweit ausgeheilten Leiden nicht gleich.


LANDESARBEITSGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

7 (11) Sa 1292/04

Verkündet am 19. November 2004

In dem Rechtsstreit

hat die 7. Kammer des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 19.11.2004 durch den Richter am Arbeitsgericht Schneider als Vorsitzenden sowie den ehrenamtlichen Richter Meißner und den ehrenamtlichen Richter Panter

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Wuppertal vom 28.04.2004 - Az.: 6 Ca 872/04-3 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision zum Bundesarbeitsgericht wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer krankheitsbedingten Kündigung der Beklagten.

Der 42 Jahre alte Kläger (verheiratet, 2 Kinder) ist bei der Beklagten seit dem 20.02.1980 tätig; er wurde zuletzt gegen Zahlung eines Monatsbruttolohns von durchschnittlich 2.267,00 € als Maschinenarbeiter an einem Akkordarbeitsplatz in der Presserei eingesetzt. Der Kläger ist behindert mit einem GdB von 30; er ist einem schwerbehinderten Menschen nicht gleichgestellt. Die Beklagte, die sich mit der Herstellung und dem Vertrieb von Baubeschlägen befasst, beschäftigt regelmäßig mehr als 10 Arbeitnehmer ausschließlich Auszubildender.

Mit Ausnahme der Jahre 1982 und 2002 wies der Kläger in jedem Jahr seiner Beschäftigung krankheitsbedingte Fehlzeiten auf. Der Kläger war

1999 an 66 Arbeitstagen (in fünf Perioden),

2000 an 112 Arbeitsagen (in drei Perioden),

2001 an 227 Arbeitstagen (in zwei Perioden),

2003 an 61,5 Arbeitstagen (in vier Perioden) und

2004 (bis zum 20.02.) an 14 Arbeitstagen in einer Periode

arbeitsunfähig erkrankt. Wegen der Fehlzeitdaten in einzelnen - auch hinsichtlich der Fehlzeiten bis 1998 - wird auf die Aufstellung auf Blatt 5 ff. des Beklagtenschriftsatzes vom 02.04.2004 Bezug genommen. Wegen der von den behandelnden Ärzten mitgeteilten Ursachen der Erkrankungen wird auf die Krankheitsbescheinigung der AOK Rheinland vom 19.03.2004 (Blatt 49 ff. d.A.) verwiesen. Die Beklagte leistete in folgendem Umfang Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall (ohne Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung): in 1999 für 66 Arbeitstage 6.314,95 €, im Jahre 2000 für 66 Arbeitstage 6.330,70 €, in 2001 für 30 Arbeitstage 2.930,93 €, im Jahre 2003 für 61,5 Arbeitstage 5.924,10 € und in 2004 für 14 Arbeitstage 1.460,61 €. Wegen des Umfangs der Entgeltfortzahlung bis zum Jahre 1998 wird auf die Aufstellung auf Blatt 4 des Beklagtenschriftsatzes vom 02.04.2004 Bezug genommen.

Unter dem 15.03.2001 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Parteien wegen der krankheitsbedingten Ausfallzeiten des Klägers zum 31.08.2001. Der hiergegen gerichteten Kündigungsschutzklage gab das Arbeitsgericht Wuppertal mit Urteil vom 17.05.2001 (Az. 6 Ca 1310/01) statt. Auf die Berufung der Beklagten erhob das Landesarbeitsgericht Düsseldorf Beweis durch Einholung eines arbeitsmedizinischen Sachverständigengutachtens. In seinem Gutachten vom 25.06.2002 führte der Gutachter Dr. X. aus L. unter anderem aus, die zum Zeitpunkt der Kündigung bevorstehende Heilmaßnahme - der Kläger hielt sich zwischen dem 26.04.2001 und dem 17.05.2001 in der Rheumaklinik Aachen auf und wurde dort arbeitsfähig entlassen - habe zu einer wesentlichen Verbesserung des Gesundheitszustandes des Klägers führen können. Nach den vorliegenden Befunden, so der Gutachter, könne mit Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass sich zukünftig die Fehlzeitenhäufigkeiten des Klägers in einer altersgemäßen Häufigkeit bewegen würden. Auf Basis dieses Gutachtens wies das Landesarbeitsgericht Düsseldorf die Berufung der Beklagten mit Urteil vom 19.07.2002 (Az. 18 Sa 1429/01) zurück. Am 26.07.2002 nahm der Kläger seine Arbeitstätigkeit bei der Beklagten wieder auf. Vom 22.08.2002 bis zum 25.09.2002 sowie zwischen dem 25.11.2002 und dem 20.12.2002 gewährte die Beklagte dem Kläger Erholungsurlaub; an den letzten Urlaub schlossen sich die Betriebsferien der Beklagten bis zum 03.01.2003 an. Zwischen dem 16.06.2003 und dem 18.07.2003 und vom 23.10.2003 bis zum 21.11.2003 war der Kläger wegen Rückenbeschwerden arbeitsunfähig krank, vom 29.08.2003 bis zum 12.09.2003 und zwischen dem 03.02.2004 und dem 27.02.2004 fiel er wegen Bronchitis/Gastritis/Sinusitis aus. Hinzu kamen noch vier Fehltage wegen eines entzündlichen Fingerabszesses vom 09.12.2003 bis zum 12.12.2003.

Mit Schreiben vom 11.02.2004 hörte die Beklagte den bei ihr gebildeten Betriebsrat zur beabsichtigten erneuten krankheitsbedingten Kündigung des Klägers an. Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt des Schreibens (Anlage B2 zum Beklagtenschriftsatz vom 02.04.2004, Bl. 33, 35 ff. d.A.) Bezug genommen. Mit Antwortschreiben vom 17.02.2004 teilte der Betriebsrat mit, er mache von seinem Einspruchsrecht zur Kündigung keinen Gebrauch. Anschließend kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Parteien mit Schreiben vom 18.02.2004, welches dem Kläger am selben Tage zuging, ordentlich und fristgerecht zum 31.08.2004.

Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner am 25.02.2004 beim Arbeitsgericht Wuppertal eingegangenen Klage.

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, die streitgegenständliche Kündigung sei mangels Vorliegens eines Kündigungsgrundes unwirksam. Es fehle an der für eine krankheitsbedingte Kündigung erforderlichen Negativprognose. Die vor Ausspruch der ersten Kündigung im Jahre 2001 liegenden Fehlzeiten könnten für den vorliegenden Rechtsstreit nicht nochmals erheblich sein. Das seinerzeitige Sachverständigengutachten dürfe nicht relativiert werden. Darüber hinaus haben die Erkrankungen des Klägers nicht zu unzumutbaren betrieblichen Schwierigkeiten seitens der Beklagten geführt. Der Kläger sei mit einfachen Arbeiten beschäftigt gewesen, die von Ersatzkräften ohne Einarbeitung hätten verrichtet werden können. Erhebliche wirtschaftliche Belastungen lägen ebenfalls nicht vor, betrachte man die durchschnittlichen Entgeltfortzahlungskosten der letzten drei Jahre. Weiterhin habe die Beklagte den Betriebsrat vor Ausspruch der Kündigung nicht ordnungsgemäß angehört, da die im Anhörungsschreiben enthaltenen vielfältigen Zitaten nicht durch Beifügung der entsprechenden Unterlagen transparent gemacht worden sei. Die Kündigung sei schließlich wegen fehlender Zustimmung des Integrationsamts unwirksam.

Der Kläger hat beantragt,

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung der Beklagten vom 18.02.2004 nicht aufgelöst worden sei, sondern weiterhin fortbesteht.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die streitgegenständliche Kündigung für sozial gerechtfertigt gehalten. In Anbetracht einer krankheitsbedingten Ausfallquote des Klägers von nahezu 20% sei ihr das Festhalten am Arbeitsverhältnis nicht mehr zuzumuten. Wie die nach Abschluss des ersten Kündigungsschutzverfahrens aufgetretenen Fehlzeiten zeigten, sei die seinerzeitige Prognose des Sachverständigen Dr. X. falsch gewesen. Der Kläger habe 2003 und 2004 wegen im wesentlichen gleicher Ursachen wie bis zum Jahre 2001 monatelang gefehlt. Hierzu passe, dass der von der Fürsorgestelle vorsorglich eingeschaltete Arbeitsmediziner Dr. C. in seiner Stellungnahme vom 06.04.2004 ausgeführt habe, die von der AOK ab 2001 mitgeteilten Diagnosen seien als schicksalhafte Krankheitsanfälligkeit des Klägers aufzufassen, es sei zu befürchten, dass auch zukünftig gehäuft Arbeitsausfallzeiten anfielen. Die von der Beklagten billigerweise nicht mehr hinzunehmenden betrieblichen Beeinträchtigungen lägen nicht nur in der hohen wirtschaftlichen Belastungen durch die Entgeltfortzahlungskosten, sondern auch in Störungen des Betriebsablaufs. Der häufige Ausfall des Klägers führe zum einen zu einer hohen Fluktuationsrate, da die Ersatzkräfte nicht dauerhaft von ihrem Stammarbeitsplatz abgezogen werden könnten; zum zweiten müssten diese auf dem Arbeitsplatz des Klägers erst eingearbeitet werden und erreichten wegen der Kürze des Einsatzes nicht einmal einen durchschnittlichen Produktivitätsgrad. Die Fehlzeiten des Klägers beruhten nicht auf betrieblichen Ursachen. Die streitgegenständliche Kündigung sei auch nicht gemäß § 102 BetrVG unwirksam. Die Angaben im Anhörungsschreiben vom 11.02.2004 reichten völlig aus, um dem von der Rechtsprechung hinsichtlich der Mitteilung der Kündigungsgründe entwickelten Grundsatz der "subjektiven Determination" Rechnung zu tragen.

Mit Urteil vom 28.04.2004 hat das Arbeitsgericht Wuppertal die Kündigungsschutzklage abgewiesen und seine Entscheidung im wesentlichen wie folgt begründet: Die Kündigung sei aus Gründen in der Person des Klägers sozial gerechtfertigt. Im Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung sei die Zukunftsprognose für den Kläger ausgesprochen ungünstig gewesen. Wie ein Vergleich der bis 2001 und der ab 2003 aufgetretenen Krankheitsursachen des Klägers zeige, fehle der Kläger überwiegend wegen immer gleicher Befunde, nämlich Rückenbeschwerden sowie Bronchitis, Sinusitis und Erkrankung der Luftwege. Die vom Gutachter Dr. X. im ersten Kündigungsschutzprozess angestellte Prognose möge zwar aus damaliger Sicht richtig gewesen sein, werde aber durch den Krankheitsverlauf nach Wiederaufnahme der Arbeitstätigkeit widerlegt. Die bis 2001 angefallenen Fehlzeiten müssten berücksichtigt werden. Im Ergebnis sei der Kläger offensichtlich nur dann für einen längeren Zeitraum arbeitsfähig, wenn dem eine längere Pause vorangehe, wie sie durch den ersten Kündigungsschutzprozess verursacht worden sei; das aber sei im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses nicht möglich. Erhebliche betriebliche Beeinträchtigungen ergäben sich aus den von der Beklagten aufgewendeten Entgeltfortzahlungskosten. Zudem könne es in Anbetracht der Häufigkeit des Ausfalls des Klägers nicht sein, dass es keine Störungen im betrieblichen Ablauf gegeben habe. Formell sei die Kündigung, insbesondere hinsichtlich der Durchführung der Betriebsratsanhörung, nicht zu beanstanden. Das Integrationsamt habe vor Ausspruch der Kündigung nicht beteiligt werden müssen.

Gegen das ihm am 23.07.2004 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts Wuppertal hat der Kläger mit Schriftsatz vom 27.07.2004, der am 29.07.2004 beim Landesarbeitsgericht eingegangen ist, Berufung eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 17.09.2004, am 20.09.2004 beim Landesarbeitsgericht eingegangen, auch begründet.

Der Kläger hält die Ausführungen des Arbeitsgerichts zur negativen Zukunftsprognose für rechtsfehlerhaft. Der Kläger sei zwischen März 2001 und Juni 2003 nicht arbeitsunfähig erkrankt gewesen. Diese Pause stelle, insbesondere unter Berücksichtigung des Sachverständigengutachtens von Juni 2002, eine Zäsur dar. Allein die 2003 und 2004 aufgetretenen Fehlzeiten reichten nicht, nunmehr eine Negativprognose anzunehmen. Zumindest habe das Arbeitsgericht nicht ohne Einschaltung eines Sachverständigen die Schlussfolgerung ziehen dürfen, es handele sich um im Großen und Ganzen gleichbleibende Krankheitsursachen, mit denen auch in Zukunft zu rechnen sei. Das müsse erst Recht in Anbetracht der Tatsache gelten, dass die von der AOK mitgeteilten Diagnosen ausschließlich die Funktion hätten, Gebührenansprüche der Ärzte zu realisieren und festzustellen, ob eine Fortsetzungserkrankung gegeben sei oder nicht. Für die weitergehende Ursache einer Erkrankung habe die Diagnose keine Bedeutung, zumal hinsichtlich etwa der Bronchitiserkrankungen ausdrücklich festgestellt worden sei, dass diese nicht chronischer Natur seien. Zu Unrecht habe das Arbeitsgericht eine erhebliche Beeinträchtigung betrieblicher Interessen der Beklagten angenommen. Die Entgeltfortzahlungskosten hielten sich mit 2.950,00 € im Schnitt der letzten drei Jahre unterhalb derjenigen Kosten, die für eine sechswöchige Entgeltfortzahlung pro Kalenderjahr anfielen (3.091,00 €). Ansonsten habe die Beklagte das hin und wieder auftretende Fehlen des Klägers bei der betrieblichen Planung berücksichtigen müssen und dies auch getan, ohne dass besondere Belastungen wie Überstunden etc. angefallen seien. Das Arbeitsgericht habe keinerlei Interessenabwägung durchgeführt. Die Betriebsratsanhörung sei aus den schon erstinstanzlich gerügten Gründen fehlerhaft gewesen.

Der Kläger beantragt,

unter Aufhebung des Urteils des Arbeitsgerichts Wuppertal vom 28.04.2004 festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung der Beklagten vom 18.02.2004 nicht aufgelöst worden ist, sondern weiterhin fortbesteht.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags. Häufigkeit, Dauer und Ursachen der Fehlzeiten des Klägers sprächen für sich. Natürlich machten die von der AOK mitgeteilten Diagnosen auch einem Laien erkennbar, an welchen gesundheitlichen Problemen der Kläger grundsätzlich leide und dass sich hieran auch zukünftig nichts ändern werde. Die angefallenen Entgeltfortzahlungskosten habe der Kläger schöngerechnet, was wegen der atypischen Situation im Jahre 2002 unzulässig sei. Eine 20%ige Ausfallzeit sei nicht planbar, zumal die Beklagte wegen eines hohen Kostendrucks keine Personalreserve vorhalte.

Wegen der weiteren Einzelheiten des zugrundeliegenden Sachverhalts sowie des widerstreitenden Sachvortrags und der unterschiedlichen Rechtsauffassungen der Parteien wird ergänzend Bezug genommen auf den Akteninhalt, insbesondere die wechselseitigen Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen, die Protokolle der mündlichen Verhandlungen aus beiden Rechtszügen sowie den Inhalt der vom Gericht zu Informationszwecken beigezogenen Prozessakte des ersten Kündigungsrechtsstreits der Parteien aus den Jahren 2001/2002.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung ist zulässig. Sie ist nach Maßgabe der §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. § 520 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und auch begründet worden. Die Berufung ist auch statthaft im Sinne des § 64 Abs. 1, 2 ArbGG.

II.

In der Sache hat die Berufung keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat die Klage mit zutreffender Begründung abgewiesen.

1.

Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist durch die streitgegenständliche Kündigung der Beklagten vom 18.02.2004 mit Wirkung zum 31.08.2004 aufgelöst worden. Die Kündigung ist durch in der Person des Klägers liegende Gründe sozial gerechtfertigt im Sinne des § 1 Abs. 2 KSchG.

a.

Die Kündigung vom 18.02.2004 bedarf der sozialen Rechtfertigung. Das Kündigungsschutzgesetz findet in Anbetracht der langjährigen Unternehmenszugehörigkeit des Klägers sowie der Größe des W. Betriebs der Beklagten auf das Arbeitsverhältnis der Parteien gemäß §§ 1 Abs. 1, 23 Abs. 1 Satz 2 KSchG unzweifelhaft Anwendung. Der Kläger hat auch die gemäß § 4 Satz 1 KSchG zu beachtende dreiwöchige Klagefrist durch Erhebung der vorliegenden Klage am 7. Tage nach Zugang der Kündigung gewahrt.

b.

Die Kündigung vom 18.02.2004 ist als krankheitsbedingte Kündigung sozial gerechtfertigt.

aa.

Nach den von der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (etwa Urteil vom 21.05.1992, RzK I 5 g Nr. 47, Urteil vom 29.04.1999, NZA 1999, S. 978) entwickelten Kriterien ist die Rechtmäßigkeit einer krankheitsbedingten Kündigung in drei Schritten zu prüfen. Danach ist zunächst eine negative Gesundheitsprognose erforderlich; es müssen abgestellt auf den Zeitpunkt der Kündigung objektive Tatsachen vorliegen, die die Besorgnis weiterer Erkrankungen in bisherigem Umfang rechtfertigen. Häufige Kurzerkrankungen in der Vergangenheit können für eine entsprechende künftige Entwicklung des Krankheitsbildes sprechen. Erheblich sind Fehlzeitquoten von sechs oder mehr Wochen im Schnitt der letzten drei Jahre (BAG, Urteil vom 06.09.1989, DB 1990, S. 429). Ausgeheilte Erkrankungen oder offenkundig einmalige Gesundheitsschäden (etwa nach einem Unfall) entfalten keine Indizwirkung für zukünftige Fehlzeiten und sind herauszurechnen. Bei einer negativen Indizwirkung hat der Arbeitnehmer gemäß § 138 Abs. 2 ZPO darzutun, weshalb mit einer baldigen Genesung zu rechnen ist, wobei er dieser prozessualen Mitwirkungspflicht schon dann genügt, wenn er die Behauptungen des Arbeitgebers nicht nur bestreitet, sondern seinerseits vorträgt, die ihn behandelnden Ärzte hätten die gesundheitliche Entwicklung positiv beurteilt, und wenn er die ihn behandelnden Ärzte von der Schweigepflicht entbindet. Alsdann ist es Sache des Arbeitgebers, den Beweis für das Vorliegen einer negativen Gesundheitsprognose zu führen (BAG, Urteil vom 12.12.1996, RzK I 5 g Nr. 66). Auf der zweiten Stufe ist zu prüfen, ob die nach der Prognose zu erwartenden Auswirkungen des Gesundheitszustandes des Arbeitnehmers zu einer erheblichen Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen des Arbeitgebers führen. Insoweit kommen neben sog. Betriebsablaufstörungen (Maschinenstillstand, Produktionsrückgang) insbesondere auch erhebliche wirtschaftliche Belastungen durch außergewöhnlich hohe Entgeltfortzahlungskosten in Betracht (BAG, Urteil vom 29.07.1993, DB 1993, S. 2439). Sie müssen über das dem Arbeitgeber zumutbare Maß von sechs Wochen im Jahr hinausgehen (BAG, Urteil vom 25.11.1982, DB 1983, S. 1047, vom 20.01.2000, EzA § 1 KSchG Krankheit Nr. 47). Liegt danach eine erhebliche Beeinträchtigung betrieblicher Interessen des Arbeitgebers vor, so ist in einem dritten Prüfungsschritt im Rahmen der nach § 1 Abs. 2 KSchG gebotenen Interessenabwägung zu prüfen, ob diese Beeinträchtigungen vom Arbeitgeber billigerweise nicht mehr hingenommen werden müssen, wobei u.a. zu berücksichtigen ist, ob die Erkrankungen auf betriebliche Ursachen zurückzuführen sind, ob und wie lange das Arbeitsverhältnis zunächst ungestört verlaufen ist, ob der Arbeitgeber eine Personalreserve vorhält und etwa neben Betriebsablaufstörungen auch noch hohe Entgeltfortzahlungskosten aufzuwenden hatte, ferner sind das Alter, der Familienstand und die Unterhaltspflichten des Arbeitnehmers zu berücksichtigen (BAG, Urteil vom 12.12.1996, RzK I 5 g Nr. 66).

bb.

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze, denen sich die Kammer anschließt, ergibt sich für den vorliegenden Rechtsstreit:

Vergangenheit angefallenen

(1) Nach den in der jüngeren krankheitsbedingten Fehlzeiten und den ihnen zugrunde liegenden Ursachen ist eine negative Gesundheitsprognose indiziert, der Kläger werde auch zukünftig für mehr als sechs Wochen jährlich wegen entgeltfortzahlungspflichtiger Kurzerkrankungen ausfallen. Betrachtet man den Zeitraum ab 1999, so ist der Kläger in jedem Jahr außer 2002 für mindestens 12 Wochen pro vollem Kalenderjahr arbeitsunfähig erkrankt gewesen. Abgesehen vom Jahr 2001, in dem lediglich für sechs Wochen Entgeltfortzahlung zu leisten war, waren alle Krankheitszeiträume von der Beklagten zu vergüten. Nach den mitgeteilten Diagnosen beruhen die Fehlzeiten jedenfalls in einem Umfang von weit mehr als sechs Wochen im Jahr auf (a) Rücken-, Wirbelsäulen- und Bandscheibenbeschwerden (Lumbago, Lumboischalgie, HWS-Syndrom, Zervikobrachialgie, zervikale Bandscheibenschäden etc.) und (b) Entzündungskrankheiten der Nebenhöhlen und Schleimhäute (Gastroentritis, Bronchitis, Sinusitis). Der Einwand des Klägers, das Arbeitsgerichts habe diesen Umstand ohne Einholung eines medizinischen Gutachtens nicht zur Stützung der Negativprognose verwenden dürfen, weil die Ursachen für die ab dem Jahre 2003 eingetretenen Erkrankungen andere als die früherer Erkrankungen gewesen sein könnten, geht fehl.

Die Indizwirkung, auf die sich die Beklagte stützt, knüpft nicht an den Ursachen einzelner Erkrankungen an, sondern daran, dass Umfang, Häufigkeit und Stetigkeit bisheriger Krankheiten den Schluss zulassen, der Kläger werde an diesen Leiden auch zukünftig laborieren. Die Mitteilung von Diagnosen seitens der Krankenkasse stünde einer indiziell anzunehmenden Negativprognose mithin nur dann entgegen, wenn sie ohne weiteres erkennen ließe, dass in der Vergangenheit offensichtlich ausgeheilte oder traumatische Erkrankungen in einem Maße aufgetreten sind, dass ohne sie keine durchschnittlich sechswöchige Fehlzeit im Jahr mehr verbleibe. Das ist vorliegend nicht der Fall. Andernfalls würde die sachgerechte Verteilung der Darlegungslast, nach der es Sache des Arbeitnehmers ist, ein Ausheilen bestimmter Erkrankungen zu behaupten, um dadurch die negative Indizwirkung der Fehlzeiten zu erschüttern (so BAG, Urteil vom 12.12.1996, RzK I 5 g Nr. 66, unter II.1. und 2.a) der Entscheidungsgründe), unterlaufen werden.

(2) Auf die Fehlzeiten des Klägers, die vor Ausspruch der ersten Kündigung im Jahre 2001 lagen, kann die Beklagte ihre Negativprognose stützen. Das Urteil des LAG Düsseldorf vom 19.07.2002 entfaltet keine Präklusionswirkung dahin gehend, dass die Beklagte zunächst nochmals einen neuen Referenzzeitraum von mindestens zwei Jahren verstreichen lassen musste, um wegen erneuter Fehlzeiten eine Negativprognose stellen zu können. In der Vergangenheit liegende Fehlzeiten sind nicht der - durch eine Kündigung gegebenenfalls zu verbrauchende - Grund für eine krankheitsbedingte Kündigung, sondern lediglich vom Arbeitgeber vorzutragende Indiztatsachen für das Vorliegen einer Negativprognose im Zeitpunkt der jeweiligen Kündigung. Dass diese im Mai 2001 nicht festzustellen war, lag nach den Ausführungen des LAG Düsseldorf zur fehlenden Rechtfertigung der ersten Kündigung nicht an den auch damals schon erheblichen Fehlzeiten, sondern an dem Umstand, dass insbesondere wegen der vom Kläger zu absolvierenden Kur eine Verkürzung der an sich unzumutbar langen Ausfallphasen des Klägers nicht ausgeschlossen werden konnte. Der seinerzeit zu beurteilende Kündigungssachverhalt ist durch die Entwicklungen bis Februar 2004 (weitere erhebliche Fehlzeiten, keine dauerhafte Besserung infolge der Kurmaßnahme) derart verändert bzw. ergänzt worden, dass von einer unzulässigen Wiederholungskündigung keine Rede sein kann (vgl. hierzu BAG, Urteil vom 26.08.1993, EzA § 322 ZPO Nr. 9, KR-Fischermeier, 7. Aufl., § 626 BGB Rdz. 403).

(3) Die Indizwirkung der Fehlzeiten in der Vergangenheit wird nicht dadurch zerstört, dass der Kläger im Jahre 2002 keine Arbeitsunfähigkeitszeiten zu verzeichnen hatte. Dabei bedarf keiner Erörterung, ob dem Umstand, dass der Kläger sich bis zur Wiederaufnahme der Tätigkeit bei der Beklagten am 26.07.2002 nicht hatte krankschreiben lassen, entnommen werden kann, dass er tatsächlich arbeitsfähig war. So oder so nämlich lagen im Jahre 2002 atypische Verhältnisse vor, die keine Rückschlüsse auf die Entwicklung des Gesundheitszustandes des Klägers bei Fortsetzung seiner Arbeitstätigkeit zulassen. Zum einen hatte der Kläger im Frühjahr 2001 eine rund einmonatige Kurmaßnahme absolviert, die auf die Behebung der Rücken-, insbesondere Bandscheibenbeschwerden des Klägers gerichtet war, und die eine vorübergehende Stabilisierung des Gesundheitszustandes des Klägers bewirkt haben mag. Zum zweiten und vor allem ist zu berücksichtigen, dass der Kläger zwischen dem 06.06.2001 und dem 26.07.2002 wegen Erkrankung bzw. infolge der zum 31.08.2001 ausgesprochenen Kündigung der Beklagten keinerlei Arbeitsleistung erbringen musste und die sich anschließende Arbeitstätigkeit durch zwei mehr als einmonatige urlaubsbedingte Pausen (22.08. bis 25.09.2002, 25.11.2002 bis 03.01.2003) unterbrochen wurde. Demnach kann von einer arbeitsmäßigen Gesundheitsbelastung, wie sie mit der üblichen kontinuierlichen Akkordtätigkeit des Klägers während des Normalverlaufs der Arbeitsverhältnisses der Parteien verbunden ist, keine Rede sein. Nachdem indes diese Belastung wieder eingesetzt hatte, nämlich im Jahre 2003, stellten sich alsbald die Fehlzeiten des Klägers im bis zum Jahre 2001 gewohnten Rahmen wieder ein.

(4) Die negative Indizwirkung ist durch den Vortrag des Klägers nicht erschüttert worden, so dass es der Durchführung einer Beweisaufnahme durch Einholung eines Sachverständigengutachtens nicht bedurfte. Soweit der Kläger auf ausdrückliche Nachfrage des Gerichts in der mündlichen Verhandlung sich darauf berufen hat, dass es sich bei den Entzündungskrankheiten nicht um chronische Leiden handele (was im übrigen für die Sinusitis, an der der Kläger laboriert, nicht einmal zutrifft), reicht dies nicht aus. Nicht chronische Leiden stehen ausgeheilten Leiden nicht gleich. Die der Kündigung zugrunde liegende Negativprognose fußt nicht auf einer dauerhaften Erkrankung des Klägers, sondern darauf, dass dieser offensichtlich in erhöhtem Maße für immer wieder aufs Neue auftretende Entzündungskrankheiten wie Bronchitis, Sinusitis und Gastroentritis anfällig ist. Warum das in der Zukunft anders sein sollte als in den vergangenen Jahren, ist nicht erkennbar. Anderweitige Gründe für eine zu erwartende Reduzierung seiner Fehlzeiten hat der Kläger ebenfalls nicht vorgetragen. Im Gegensatz zum Vorprozess stand im Jahre 2004 keine Kurmaßnahme an, die zu einer Besserung des Gesundheitszustandes des Klägers führen konnte. Zeitnahe positive Beurteilungen des Gesundheitszustandes durch die behandelnden Ärzte hat der Kläger - anders als vor drei Jahren - nicht in den Rechtsstreit eingeführt (vgl. insoweit BAG, Urteil vom 07.11.2002, EzA § 1 KSchG Krankheit Nr. 50). Ob der Kläger zuletzt gesund war, spielt ebenfalls keine Rolle, da hieraus keine Rückschlüsse zur künftigen Entwicklung des Gesundheitszustandes gezogen werden können (vgl. BAG, Urteil vom 02.11.1989, RzK I 5 g Nr. 31).

(5) Die auf der zweiten Stufe zu prüfende erhebliche Beeinträchtigung betrieblicher Interessen ist schon wegen der für die Zukunft zu erwartenden wirtschaftlichen Belastungen der Beklagten gegeben. Wie bereits das Arbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat, ist nach dem bisherigen Verlauf des Arbeitsverhältnisses damit zu rechnen, dass die Beklagte auch zukünftig Entgeltfortzahlung für Zeiträume wird leisten müssen, die sechs Wochen im Jahr (deutlich) übersteigen. Der Einwand des Klägers, dies könne mit Blick gerade auf die letzten drei Jahre des Arbeitsverhältnisses nicht gesagt werden, verfängt nicht, da insoweit aus den schon im Zusammenhang mit der Negativprognose getroffenen Erwägungen das Jahr 2002 unbeachtet bleiben muss. Von 1999 bis 2001 sowie 2003 und 2004 (verhältnismäßig bis zum Kündigungszeitpunkt gesehen) hat die Beklagte allemal für durchschnittlich weit mehr sechs Wochen pro Jahr Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall für den Kläger geleistet.

(6) Die schließlich vorzunehmende Interessenabwägung fällt ebenfalls zu Lasten des Klägers aus. Die zukünftig zu erwartenden Lohnfortzahlungskosten braucht die Beklagte selbst bei Berücksichtigung der Unterhaltspflichten, der Behinderung und der Dauer der Betriebszugehörigkeit des Klägers billigerweise nicht hinzunehmen. Geht alles so weiter wie in den letzten fünf Jahren, ist das Leistungsaustauschverhältnis zwischen den Parteien erheblich gestört, weil die Beklagte in Anbetracht der krankheitsbedingten Fehlzeiten für fünf bezahlte Arbeitsstunden im Schnitt nur knapp vier Stunden Leistung erhält; und das, obwohl der Kläger mit seinen 42 Lebensjahren nicht einmal in einem Alter ist, in dem regelmäßig bereits Ausfallzeiten wie die hier in Rede stehenden üblich sind. Von "unbelasteter Betriebszugehörigkeit" kann angesichts der Fehlzeiten des Klägers auch vor 1999 und den daraus resultierenden Entgeltfortzahlungskosten allenfalls für die Anfangsjahre des Arbeitsverhältnisses bis 1985 gesprochen werden. Dass die Beklagte das Arbeitsverhältnis nicht etwa schon 1997 gekündigt hat, kann ihr nicht zum Nachteil gereichen. Die Erkrankungen des Klägers lassen sich auch nicht auf betriebliche Ursachen zurückführen. Davon musste das Gericht ausgehen, weil der Kläger auf das zulässige pauschale Bestreiten der Beklagten keinen ursächlichen Zusammenhang zwischen seiner Tätigkeit und den Fehlzeiten dargetan hat (vgl. hierzu BAG, Urteil vom 06.09.1989, EzA § 1 KSchG Krankheit Nr. 27).

2.

Die streitgegenständliche Kündigung ist nicht gemäß § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG unwirksam. Der bei der Beklagten gebildete Betriebsrat ist vor Ausspruch der Kündigung ordnungsgemäß angehört worden.

a.

Was die Mitteilung der Kündigungsgründe anbetrifft, so ist der Betriebsrat mit Schreiben vom 11.02.2004 so detailliert informiert worden, dass er sich ohne zusätzliche eigene Nachforschungen ein Bild über die Stichhaltigkeit der Gründe machen und beurteilen konnte, ob Bedenken gegen die Kündigung bestanden oder gar Widerspruch eingelegt werden sollte (vgl. zum Prüfungsmaßstab BAG, Urteil vom 21.06.2001, EzA § 626 BGB Unkündbarkeit Nr. 7). Dazu reicht es bei einer krankheitsbedingten Kündigung wegen häufiger Kurzerkrankungen regelmäßig aus, wenn der Arbeitgeber dem Betriebsrat neben den einzelnen Ausfallzeiten in der Vergangenheit, auf die die Negativprognose gestützt werden soll, die angefallenen Entgeltfortzahlungskosten mitteilt, soweit er hieraus die Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen ableitet (vgl. BAG, Urteil vom 07.11.2002, EzA § 174 BGB 2002 Nr. 1). Dies hat die Beklagte vorliegend in umfassender Weise getan und auch nicht versäumt, gegebenenfalls zugunsten des Klägers sprechende Momente zu erwähnen, in dem etwa Ausfallzeiten wegen Arbeitsunfälle ausdrücklich als solche gekennzeichnet wurden, dem Kläger günstige Atteste aus dem Jahre 2000 Erwähnung fanden und erläutert wurde, weshalb der Kläger im Jahre 2002 den ersten Kündigungsschutzprozess gewonnen hat. Da dem Betriebsrat die Sozialdaten bekannt gegeben wurden, vermochte dieser auch die von der Beklagten getroffene Interessenabwägung nachzuvollziehen. Dass für den Zeitraum bis 2001 der Beklagten geläufige Krankheitsursachen nicht angegeben wurden, schadet schon grundsätzlich nicht (vgl. BAG, Urteil vom 12.04.1984 - 2 AZR 76/83, n.v.); das muss hier erst Recht gelten, weil die Beklagte keine Kenntnis von den Ursachen der Erkrankungen in den Jahren 2003 und 2004 hatte und sich deshalb zulässigerweise auf die negative Indizwirkung sämtlicher Fehlzeiten bis zum Ausspruch der beabsichtigten Kündigung zurückziehen durfte. Soweit der Kläger rügt, im Anhörungsschreiben seien vielfältige Stellungnahmen dritter Personen zitiert, die die Beklagte durch Beifügung der entsprechenden Unterlagen habe transparent machen müssen, greift dieser Einwand nicht durch. Offensichtlich meint der Kläger hiermit die Einschätzungen des Hausarztes Dr. L. sowie des im ersten Kündigungsschutzrechtsstreit tätigen Gutachters Dr. X.. Die Kammer vermochte nicht nachzuvollziehen, welchen - notwendigen - Informationsgewinn der Betriebsrat aus diesen die Kündigung von 2001 betreffenden Unterlagen für die Beurteilung der streitgegenständlichen Kündigung hätte ziehen sollen. Abgesehen davon hat die Beklagte aus den Attesten und Gutachten zutreffend zitiert, ohne dass sich insgesamt eine irreführende oder unvollständige Darstellung ergäbe (vgl. hierzu BAG, Urteil vom 31.01.1996, RzK III 1 a Nr. 77).

b.

Nicht zu beanstanden ist die Anhörung des Betriebsrats im Hinblick auf ihren zeitlichen Ablauf. Nach unbestrittener Darstellung der Beklagte hat sich diese der streitgegenständlichen Kündigung erst entäußert, nachdem am 18.02.2004 die abschließende Stellungnahme des Betriebsrats eingetroffen war.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 64 Abs. 6 ArbGG, 97 Abs. 1 ZPO.

IV.

Die Zulassung der Revision beruht auf § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG. Die Kammer hat der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung beigemessen, was die Auswirkung des im Jahre 2002 abgeschlossenen ersten Kündigungsschutzrechtsstreits auf den vorliegenden Rechtsstreit, die Beurteilung der negativen Indizwirkung im Zusammenhang mit Nullfehlzeiten in einem Kalenderjahr nahe vor Ausspruch einer krankheitsbedingten Kündigung und den Einwand des Klägers anbetrifft, bereits der Umstand, dass eine Erkrankung nicht chronisch sei, könne die negative Indizwirkung für künftige Ausfallzeiten erschüttern. Hierbei handelte es sich um entscheidungserhebliche Rechtsfragen, die auch klärungsbedürftig sind, da sie - jedenfalls soweit dem Gericht ersichtlich - höchstrichterlich noch nicht entschieden sind. Überdies erscheint die Klärung der Rechtsfragen auch von allgemeiner Bedeutung für die Einheitlichkeit der Rechtsordnung (vgl. allgemein zur Definition der "grundsätzlichen Bedeutung" im Sinne des § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG BAG, Beschluss vom 05.12.1979, AP Nr. 1 zu § 72a ArbGG 1972 Grundsatz).

Ende der Entscheidung

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