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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 13.12.2006
Aktenzeichen: 7 (4) Sa 501/06
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 613 a Abs. 5
BGB § 613 a Abs. 6
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
LANDESARBEITSGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

7 (4) Sa 501/06

Verkündet am 13. Dezember 2006

In dem Rechtsstreit

hat die 7. Kammer des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 13.12.2006 durch die Richterin am Arbeitsgericht Paßlick als Vorsitzende sowie den ehrenamtlichen Richter Behrend und den ehrenamtlichen Richter Vogtländer

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Solingen vom 17.03.2006 - 5 Ca 1834/05 lev - wird zurückgewiesen.

II. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte zu tragen.

III. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Mit seiner am 09.09.2005 beim Arbeitsgericht Solingen eingegangenen Klage begehrt der Kläger gegenüber der Beklagten als Betriebsveräußerin die Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet ist, eine zwischen den Parteien geschlossene Frühruhestandsvereinbarung zu erfüllen und macht sich daraus ergebende Zahlungsansprüche geltend. Die Parteien streiten darüber, ob der Kläger dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf den Erwerber eines Betriebsteils der Beklagten wirksam widersprochen hat.

Der am 03.08.1946 geborene, verheiratete Kläger war seit dem 01.10.1972 bei der Beklagten im Geschäftsbereich Consumer Imaging (CI) tätig, der insbesondere die Geschäftsfelder Film, Finishing und Laborgeräte umfasste. Da dieser Geschäftsbereich seit mehreren Jahren einen massiven Umsatzrückgang zu verzeichnen hatte, hat die Beklagte zur Kostenreduzierung Personalabbaumaßnahmen durchgeführt. Dazu gehörte unter anderem auch der Abschluss von Vorruhestandsverträgen oder Altersteilzeitvereinbarungen, in denen den jeweiligen Arbeitnehmern von der Beklagten zum Teil erhebliche finanzielle Leistungen zugesagt wurden. Der Kläger ist mit einem Grad von 50 % schwerbehindert. Er erzielte ausweislich einer Mitteilung der Beklagten vom 26.07.2004 ein Jahresgehalt von 69.020,00 € brutto. Mit gleichem Schreiben wurde ihm ein Zielbonus für das Jahr 2004 zugesagt, der bei 100 % Zielerfüllung auf 9 % des individuellen Funktionseinkommens festgelegt wurde.

Mit Schreiben vom 30.04.2003 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass sein Arbeitsplatz aufgrund einer umfassenden Restrukturierung entfalle und kündigte das Arbeitsverhältnis zum 31.12.2004 (Bl. 15 der Akte).

Ebenfalls mit Schreiben vom 30.04.2003 wies die Beklagte den Kläger nochmals darauf hin, dass sein Arbeitsverhältnis aufgrund der Kündigung aus dringenden betrieblichen Gründen am 31.12.2004 enden wird. Nach dem Hinweis "In diesem Zusammenhang halten wir folgendes fest:" folgte die Zusage einer Abfindung in Höhe von 60.792,60 € brutto, die sich für die Zeit vom 01.01.2005 bis zum 31.08.2006 aus einer monatlichen Leistung in Höhe von 3.039,63 € brutto und einer Einmalzahlung in Höhe von 27.475,21 brutto zusammensetzte. Es folgten sodann weitere Zahlungszusagen, wegen deren Inhalt im Einzelnen auf Bl. 16-17 der Akte Bezug genommen wird. Das Schreiben endete mit der Bitte, auf der beigefügten Zweitschrift zu bestätigen, dass er - der Kläger - den Inhalt des Schreibens zur Kenntnis genommen habe. Die aktualisierten Aufstockungsbeiträge betragen unstreitig 3.506,38 € brutto monatlich.

Unter dem Datum vom 14.10.2004 schloss die Beklagte mit dem bei ihr bestehenden Betriebsrat einen Interessenausgleich mit Namensliste ab.

Ende des Jahres 2004 wurde der Geschäftsbereich CI im Wege eines Betriebsübergangs ausgegliedert und mit Wirkung zum 01.11.2004 auf die neu gegründete B. Photo GmbH übertragen.

Für die von dem Teilbetriebsübergang betroffenen Belegschaftsmitglieder fanden Informationsveranstaltungen statt. Unter anderem hat die Beklagte eine solche Informationsveranstaltung am 19.08.2004 abgehalten, bei der der spätere Geschäftsführer der B. Photo GmbH F. S., zum damaligen Zeitpunkt Mitglied des Vorstandes der Beklagten, Informationen zur wirtschaftlichen Situation der B. Photo GmbH erteilte. Außerdem wurden die Arbeitnehmer in Mitarbeiterzeitschriften über den bevorstehenden Teilbetriebsübergang unterrichtet. Im Monat September 2004 befanden sich in den betriebsinternen Magazinen die Zahlenangaben für die Erwerberin B. Photo GmbH von 300 Millionen Eigenkapitalsumme sowie 70 bzw. 72 Millionen Euro Barmittel.

Sämtliche dem Geschäftsbereich CI zugeordneten Arbeitnehmer der Beklagten haben im Oktober 2004 im Zusammenhang mit der Übertragung des Geschäftsbereichs CI eine im wesentlichen gleich lautende schriftliche Information erhalten. Die Informationsschreiben unterscheiden sich allerdings abhängig von der jeweiligen arbeitsvertraglichen Situation der betroffenen Mitarbeiter in Einzelfragen voneinander.

Mit Schreiben vom 22.10.2004 wurde auch der Kläger über die geplante Übertragung des Geschäftsbereichs CI informiert. Nach Hinweis auf die Informationspflicht gemäß § 613 a BGB und Wiedergabe des Textes von § 613 a Abs.5 und 6 BGB teilt die Beklagte mit, es werde hiermit "noch einmal" schriftlich die vorgesehene und mit dem Verhandlungsgremium des Gesamtbetriebsrates und der örtlichen Betriebsräte abgestimmte Information gegeben, auch wenn er - der Kläger - "aus der bisherigen Kommunikation bereits über die Einzelheiten informiert" sei. Unter Ziffer 2. wird ausgeführt, die B. Photo GmbH übernehme das Vermögen von CI. Hierzu gehörten insbesondere Produktionsanlagen, Markenzeichen, Patente und technologisches Know-how, Vorräte und Forderungen. Das Unternehmen werde mit einem guten Eigenkapital ausgestattet und verfüge über hohe Liquidität, um unerwartet auftretende Risiken bewältigen, in neue Geschäfte investieren und Marktchancen besser nutzen zu können. Unter Ziffer 4. dieses Schreibens hat die Beklagte den geplanten Personalabbau dargelegt. Unter Ziffer 5. hat sie den Kläger darauf hingewiesen, dass sein Arbeitsverhältnis durch Kündigung beendet wurde. Sein Arbeitsverhältnis gehe in gekündigtem Zustand auf die B. Photo GmbH über. Er sei verpflichtet, bis zum Ablauf der Kündigungsfrist bei der B. Photo GmbH weiter zu arbeiten. Nach weiteren Darlegungen zum Widerspruchsrecht wurde der Kläger darauf hingewiesen, dass sein Arbeitsverhältnis im Falle eines fristgerechten Widerspruchs bei der Beklagten bleibe und nicht auf die B. Photo GmbH übergehe. Da nach dem Übergang des Geschäftsbereichs CI sein bisheriger Arbeitsplatz bei der Beklagten nicht mehr vorhanden sein werde und eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit nicht bestehe, müsse er daher im Falle der Ausübung seines Widerspruchsrechts mit einer Freistellung von der Arbeit durch die Beklagte rechnen. Nach weiterem Hinweis darauf, dass im Falle des Widerspruchs der Anspruch auf Arbeitsentgelt um die Einkünfte gekürzt werden könne, die bei der Erwerberin erzielt werden könnten und im Falle einer eventuellen Arbeitslosigkeit die Höhe der Ansprüche auf Leistungen gegenüber der Agentur für Arbeit in Frage gestellt sein könnte, wurde ihm sodann dringend empfohlen, von einem Widerspruch abzusehen. Wegen des Inhalts des Informationsschreibens und dessen Formulierung im Einzelnen wird auf Bl.21-24 der Akte Bezug genommen.

Ab dem 01.01.2005 meldete der Kläger sich vereinbarungsgemäß arbeitslos und bezieht seitdem ein Arbeitslosengeld in Höhe von 1.862,70 € monatlich.

Zunächst sind die vertraglichen Verpflichtungen aus der Vereinbarung vom 30.04.2003 nach Übergang des Betriebsteils von der Erwerberin erfüllt worden.

Am 20.05.2005 stellte die B. Photo GmbH einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahren, wovon der Kläger am 27.05.2005 Kenntnis erlangte.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 08.07.2005 widersprach der Kläger wegen unvollständiger bzw. fehlerhafter Informationen im Zusammenhang mit dem Betriebsübergang dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf die B. Photo GmbH. Das Widerspruchsschreiben richtete er an die Beklagte, die B. Photo GmbH und den Insolvenzverwalter. Wegen des Inhaltes des Schreibens im Einzelnen wird auf Bl. 34-37 der Akte Bezug genommen.

Am 01.08.2005 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der B.Photo GmbH eröffnet.

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, er habe im Juli 2005 dem Betriebsübergang noch widersprechen können, da er bis dahin nicht ausreichend und korrekt über den Betriebsübergang informiert worden sei. Er hat unter Bezugnahme auf die auf der Betriebsversammlung und in den betriebsinternen Magazinen dargelegten Informationen behauptet, über die wirtschaftliche Situation der Erwerberin sei bewusst falsch informiert worden. Durch den Verweis im Schreiben vom 22.10.2004 auf die bereits erteilten Informationen seien nicht nur die im Schreiben selbst enthaltenen Informationen, sondern auch die außerhalb dieses Schreibens erteilten Angaben zu berücksichtigen. Entgegen diesen Informationen sei die B. Photo GmbH wirtschaftlich so schlecht ausgestattet gewesen, dass ein Überleben am Markt tatsächlich nicht möglich gewesen sei. Es sei vor allem über die finanzielle Ausstattung und die Übertragung der Markenrechte bewusst falsch informiert worden. Die B. Photo GmbH habe zu keiner Zeit über Barmittel in Höhe von rund 70 Millionen Euro verfügt und auch keine Kreditlinie in Höhe von 50 Millionen Euro gehabt. Über die Markenrechte könne sie nicht verfügen, sondern habe diesbezüglich nur ein Nutzungsrecht. Außerdem habe die Beklagte in dem Informationsschreiben entgegen ihrer Pflicht nicht auf die Verteilung von Schuld und Haftung zwischen dem bisherigen und dem neuen Arbeitgeber hingewiesen. Da es für die Ausübung des Widerspruchsrechtes keine zeitliche Höchstgrenze gebe und dieses Recht auch nicht verwirkt sei, sei sein Arbeitsverhältnis nicht auf die B. Photo GmbH übergegangen, sondern bestehe zur Beklagten fort. Diese schulde die ordnungsgemäße Abwicklung des mit ihm geschlossenen Vertrages. Ihm stünden daher die gemäß Ziffer 2. der Zusage vom 30.04.2003 ausgewiesenen monatlichen Zahlungen in der aktuellen Höhe von 3.506,38 € brutto für die Monate Juni 2005 bis einschließlich März 2006 abzüglich des an den Kläger gezahlten Arbeitslosengeldes sowie der Zielbonus für das Jahr 2004 in Höhe von 834,58 € brutto zu.

Für die Feststellungsanträge bestehe ein Rechtsschutzbedürfnis, da die Beklagte dem Kläger Zahlungen bis zum Jahre 2006 zugesagt habe, deren Bestand sie nunmehr bestreite.

Vorsorglich hat der Kläger seine Zahlungsansprüche auch auf §§ 280 ff BGB und § 613 a Abs. 2 BGB gestützt.

Der Kläger hat beantragt,

1. festzustellen, dass zwischen den Parteien über den 01.11.2004 hinaus bis zum 31.12.2004 ein Arbeitsverhältnis bestanden hat.

2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Verpflichtungen aus der Frühruhestandsvereinbarung vom 30.04.2003 vollumfänglich zu erfüllen, insbesondere die jährlichen Pensionsbezüge zu zahlen, abzüglich eventueller Leistungen des Arbeitsamtes, inklusive Sozialversicherungsbeiträge sowie Leistungen der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte, sofern sie vor dem 63. Lebensjahr gezahlt werden, sowie etwaiger ausländischer Pensionsbezüge und Sozialversicherungsleistungen sowie etwaiger Einkünfte aus anderweitiger Tätigkeit und insbesondere die Verpflichtungen zur Aufstockung der Versorgungszusage im Hinblick auf die Weiterentwicklung der Rente zu erfüllen.

3. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger entsprechend der Frühruhestandsvereinbarung die Aufstockungsbeträge

a) von Juni 2005 bis einschließlich März 2006 in Höhe von monatlich 3.506,38 EUR (i.W. dreitausendfünfhundertsechs 38/100 Euro) brutto abzüglich monatlich gezahlten Arbeitslosengeldes von 1.862,70 EUR ( i.W. eintausendachthundertzweiundsechzig 70/100 Euro) netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 01.07., 01.08., 01.09., 01.10., 01.11., 01.12.2005, 01.01., 01.02. und 01.03.2006 zu zahlen.

b) monatlich € 3.506.38 EUR (i.W. dreitausendfünfhundertsechs 38/100 Euro) brutto abzüglich monatlich zu zahlendem Arbeitslosengeldes in Höhe von 1.862,70 EUR ( i.W. eintausendachthundertzweiundsechzig 70/100 Euro ) netto jeweils monatlich ab dem 01.04.2006 bis zum 31.08.2006 zu zahlen.

4. die Beklage zu verurteilen, den Zielbonus 2004 in Höhe von 834,58 EUR (i.W. achthundertvierunddreißig 58/100 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem 01.05.2005 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, ein Arbeitsverhältnis zum Kläger bestehe nicht mehr, da mangels eines wirksamen Widerspruchs des Klägers die B. Photo GmbH Arbeitgeberin des Klägers geworden sei. Da die mit Schreiben vom 22.10.2004 erteilten Informationen ausreichend und korrekt gewesen seien, sei die gesetzliche einmonatige Widerspruchsfrist bei Einlegen des Widerspruchs durch den Kläger bereits lange verstrichen gewesen. Für die Frage einer richtigen und ausreichenden Information bezüglich des Betriebsübergangs sei allein der Inhalt des Schreibens vom 22.10.2004 maßgeblich gewesen. Dies ergebe sich schon aus dem Textformerfordernis in § 613 a Abs.5 BGB. Mitteilungen auf Betriebsversammlungen oder in betriebsinternen Magazinen genügten nicht der Formvorschrift des § 126 b BGB. Außerdem gehe aus dem Schreiben eindeutig hervor, dass allein dieses Schreiben der Erfüllung der Informationspflicht diene. Eine Pflicht zur Information über die wirtschaftliche Lage eines Erwerbers gebe es zudem nicht. Abgesehen davon, dass auch die im Zusammenhang mit dem Betriebsübergang erteilten Informationen korrekt gewesen seien, enthalte das Schreiben vom 22.10.2004 keine konkrete Information über die wirtschaftliche Solvenz der B. Photo GmbH, sondern beschränke sich auf eine Bewertung. Hinsichtlich der behaupteten Falschinformation bezüglich der Markenrechte sei festzustellen, dass in dem Unterrichtsschreiben mit keinem Wort behauptet worden sei, dass die B. Photo GmbH Inhaberin von immateriellen Schutzrechten werde. Der diesbezügliche Vortrag des Klägers sei unschlüssig. Tatsächlich habe die B. Photo GmbH das volle Nutzungsrecht an den Markenrechten gehabt. Zudem sei ein Widerspruch im Juli 2005 auch deshalb nicht mehr möglich gewesen, weil entsprechend § 5 Abs.3 S.2 KSchG von einer Höchstfrist von sechs Monaten auszugehen sei. Zumindest habe der Kläger sein Widerspruchsrecht selbst bei unterstellter Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der Information durch ihre Weiterarbeit bei der Erwerberin verwirkt. Im Hinblick auf die lange Zeit zwischen Betriebsübergang und Widerspruch in Verbindung mit der Weiterarbeit des Klägers bei der Erwerberin habe sie - die Beklagte - darauf vertrauen dürfen, dass der Kläger bei der Erwerberin bleiben werde. Zahlungsansprüche stünden dem Kläger mithin schon mangels einer Rechtsgrundlage gegen die Beklagte nicht zu. Eine Haftung gemäß § 613 a Abs. 2 BGB scheide aus, da die geltend gemachten Ansprüche nicht vor dem Betriebsübergang entstanden seien. Ein Anspruch auf Bonusleistungen für das Jahr 2004 scheide bereits deshalb aus, weil diese Leistung unter einem Freiwilligkeitsvorbehalt stehe. Dies hat die Beklagte im Einzelnen auf S. 26 ff ihres Schriftsatzes vom 14.12.2005 (Bl. 103 ff der Akte) ausgeführt.

Das Arbeitsgericht hat der Klage - bis auf den Klageantrag zu 1) - stattgegeben und dazu ausgeführt, der Kläger habe dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses form- und fristgerecht widersprochen. Die Monatsfrist des § 613 a Abs.6 BGB, die mit Zugang der Unterrichtung beginne, sei noch nicht in Gang gesetzt worden, da das Schreiben der Beklagten vom 22.10.2004 den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Unterrichtung im Sinne des § 613 a BGB nicht genüge. So enthalte das Schreiben keinerlei Hinweise auf die in § 613 a Abs.2 BGB geregelte Haftungsverteilung zwischen dem alten und dem neuen Betriebsinhaber. Dass auch über die Haftungsfragen unterrichtet werden müsse, ergebe sich zwingend aus dem Zweck der Unterrichtung. Ob die Information über die Haftungsfragen im Einzelfall für die Entscheidung über die Ausübung des Widerspruchsrechtes eine Rolle spiele, sei ohne Bedeutung. Der Widerspruch sei nicht verfristet. Eine absolute Zeitgrenze für den Widerspruch entsprechend § 5 Abs.3 KSchG gebe es nicht. Das Gesetz stelle keine zeitliche Höchstgrenze auf. Eine planwidrige Gesetzeslücke liege nicht vor. Der Kläger habe sein Widerspruchsrecht auch nicht verwirkt. Dabei könne dahinstehen, ob das Zeitmoment der Verwirkung erfüllt sei. Jedenfalls fehle das Umstandsmoment. Die Beklagte habe sich treuwidrig verhalten, weil ihr Unterrichtungsschreiben keine wertungsfreie Information des Klägers über die Folgen des Betriebsübergangs darstelle. Bei der Beurteilung dürfe nicht außer acht gelassen werden, dass der Kläger für den Fall des Widerspruchs auf Nachteile hingewiesen worden sei. Für die Beklagte habe daher keinerlei Anlass bestanden, darauf zu vertrauen, der Kläger werde auf Dauer bei der Erwerberin bleiben. Der Beurteilung stehe nicht entgegen, dass der Kläger zum Zeitpunkt des Widerspruchs bei der Beklagten schon ausgeschieden gewesen sei. Insoweit sei auf die Arbeitnehmereigenschaft im Zeitpunkt des Betriebsübergangs abzustellen. Da zwischen den Parteien bis zum 31.12.2004 ein Arbeitsverhältnis bestanden habe, sei die Beklagte dazu verpflichtet, die Aufstockungsbeiträge und den Zielbonus für das Jahr 2004 zu zahlen.

Gegen das der Beklagten am 21.04.2006 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts Solingen hat die Beklagte mit einem am 02.05.2006 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 21.07.2006 mit einem am 21.07.2006 per Fax und am 24.07.2006 im Original bei dem Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet.

Mit der Berufung macht die Beklagte geltend, dass ein Widerspruch des Klägers nach dem Ende seines Arbeitsverhältnisses rechtlich nicht mehr möglich, das Informationsschreiben über den Betriebsübergang vom 22.10.2004 nicht unvollständig und nicht fehlerhaft gewesen und der Widerspruch des Klägers vom 08.07.2005 ungeachtet dessen verspätet, jedenfalls jedoch verfristet sei. Ein Widerspruchsrecht scheide bereits deshalb aus, weil das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses Voraussetzung für die Ausübung des Widerspruchsrechts gemäß § 613 a Abs. 6 BGB sei. Dies führt die Beklagte im Einzelnen in ihrem Schriftsatz vom 21.07.2006 auf S. 6-10 sowie in ihrem Schriftsatz vom 11.11.2006 aus. Insoweit wird auf Bl. 311-315 und Bl. 430-432 der Akte Bezug genommen. Die Beklagte rügt, die Rechtsauffassung des Arbeitsgerichts, eine Information über die Haftungsverteilung gemäß § 613 a Abs.2 BGB sei ein unabdingbarer Mindestbestandteil eines Informationsschreibens gemäß § 613 a BGB, sei rechtlich unzutreffend. Die in dem Informationsschreiben enthaltene Aussage zur Haftungsverteilung zwischen Veräußerer und Erwerber sei überdies ausreichend, um den Mindestanforderungen gerecht zu werden. Für die Information über Haftungsfragen sei einerseits zwischen der Information über den Austausch des Vertragspartners sowie andererseits über die befristete gesamtschuldnerische Haftung zu differenzieren. Über den Austausch des Vertragspartners und das damit einhergehende Ende der Haftung der Beklagten sei der Kläger in dem Informationsschreiben deutlich durch den Hinweis informiert worden, dass sein Arbeitsverhältnis auf die B. Photo GmbH übergehen werde. Der Begriff "Übergang" könne bei verständiger Würdigung nur dahingehend verstanden werden, dass das Arbeitsverhältnis zur Beklagten beendet und mit der B. Photo GmbH fortgeführt werde. Dieses Verständnis werde auch in weiteren Formulierungen des Informationsschreibens verdeutlicht. So werde auf S.3 darauf hingewiesen, dass die in der Überleitungsvereinbarung getroffenen Regelungen davon geprägt seien "soweit wie möglich Kontinuität zu wahren". Daraus ergebe sich, dass eine völlig unveränderte Kontinuität unter Beibehaltung des bisherigen Vertragspartners gerade nicht eintrete.

Das Arbeitsgericht verkenne, dass ein zusätzlicher Hinweis auf die Haftungsregelung in § 613 a Abs.2 BGB nicht erforderlich gewesen sei. Die zusätzliche gesamtschuldnerische Haftung für die Dauer eines Jahres sei eine für den Arbeitnehmer gegenüber der "Normalsituation" günstigere gesetzliche Regelung. Für einen Arbeitnehmer, der sich bereits entschieden habe, dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses nicht zu widersprechen, könne ein fehlender Hinweis auf die gesamtschuldnerische Nachhaftung keine Bedeutung haben. Denn wenn ihm durch Hinweis auf die gesamtschuldnerische Nachhaftung die Situation noch günstiger hätte dargestellt werden können, hätte ihn dies sicherlich nicht dazu veranlasst, deshalb dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses zu widersprechen.

Das Arbeitsgericht habe auch unberücksichtigt gelassen, dass das Informationsschreiben in enger Absprache mit den Arbeitnehmervertretungen verfasst worden sei.

Die Beklagte hält ihre Auffassung aufrecht, dass keine Verpflichtung zur Information über Details der finanziellen Ausstattung der Erwerberin bestanden habe.

Der vom Kläger erhobene Widerspruch sei jedoch selbst dann verspätet erfolgt, wenn man fälschlicherweise annehmen wolle, die Information sei unzutreffend oder unvollständig gewesen. Ein grenzenloses Widerspruchsrecht widerspräche den Grundsätzen von Treu und Glauben und auch dem Regelungszweck des Gesetzes. Zudem könnten die beteiligten Unternehmen andernfalls auf Dauer keinerlei Rechtssicherheit erhalten, da ein Arbeitnehmer das Widerspruchsrecht noch nach Jahren mit der Begründung ausüben könnte, die Informationen über den Betriebsübergang seien unzulänglich gewesen. In der Literatur werde deshalb zutreffend vertreten, dass in analoger Anwendung von § 5 Abs.3 S.2 KSchG eine Höchstfrist von sechs Monaten ab Betriebsübergang für die Erklärung des Widerspruchs gelten müsse. Wie sich aus den Gesetzgebungsunterlagen ergebe, sei eine inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Änderungsvorschlag, in das Gesetz eine sechsmonatige Ausschlussfrist aufzunehmen, nicht erfolgt. Es dränge sich gerade zu der Eindruck auf, die Vorschläge der Opposition seien deshalb abgelehnt worden, weil sie von der Opposition stammten und nicht weil sie inhaltlich diskutiert worden wären.

Der Widerspruch des Klägers sei entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts jedenfalls verwirkt. Da gerade die Frage nach dem Bestand des Arbeitsverhältnisses besonders eilig klärungsbedürftig sei, seien an das Zeitmoment keine hohen Anforderungen zu stellen. Für das Zeitmoment sei an den Zugang des Schreibens vom 22.10.2004 beim Kläger anzuknüpfen. Zu diesem Zeitpunkt sei für ihn ersichtlich gewesen, dass eine dezidierte Aussage über die befristete gesamtschuldnerische Haftung in dem Informationsschreiben nicht enthalten gewesen sei. Danach sei von einem Zeitraum von neun Monaten auszugehen, der für die Erfüllung des Zeitmoments ausreiche. Für das Umstandsmoment sei es bei zutreffender Beurteilung ausreichend, dass der Kläger bis zum Ende seines Arbeitsverhältnisses seine Tätigkeit bei der B. Photo GmbH aufgenommen und fortgeführt habe. Darüber hinaus beziehe der Kläger zudem Leistungen bei der Agentur für Arbeit. Er habe in seinem entsprechenden Antrag die Betriebserwerberin als seine Arbeitgeberin angegeben. Damit habe er ausdrücklich bestätigt, dass sein Arbeitsverhältnis mit der B. Photo GmbH und nicht mit der Beklagten bestehe. Wenn der Kläger das Bestehen des Arbeitsverhältnisses mit der Erwerberin zur Erlangung von Leistungen verwende, müsse er sich dies im Rahmen des Umstandsmomentes für eine Verwirkung zurechnen lassen.

Zwischen den Parteien sei keine Frühruhestandsvereinbarung zustande gekommen, aus welcher die Beklagte nach einem wirksamen Widerspruch zur Gewährung von Leistungen verpflichtet sei. Es handele sich insoweit nicht um eine Vereinbarung, sondern um eine einseitige Leistungszusage, was sich bereits aus dem Text der Zusage vom 30.04.2003 ergebe. Die einseitige Leistungszusage sei an die Kündigung des Arbeitsverhältnisses geknüpft gewesen. Der Abschluss eines Frühruhestandsvertrages sei zwischen den Parteien zu keinem Zeitpunkt beabsichtigt gewesen. Die Erwerberin sei mit Betriebsübergang auch in die Schuldnerposition der einseitigen Leistungszusage eingetreten. Die Tenorierung hinsichtlich zukünftiger Leistungen sei unzulässig gewesen. Da der abzuziehende Betrag nicht bis zum Ende des austitulierten Zeitraums feststehe, sei die geltend gemachte Forderung nicht bestimmt genug.

Außerdem könnten sich die Steuermerkmale des Klägers ändern. Ferner stehe nicht fest, ob der Kläger noch eine anderweitige Tätigkeit aufnehmen werde. Hinsichtlich der Bonuszahlung für das Jahr 2004 hat die Beklagte keine weiteren Ausführungen gemacht und lediglich auf ihren erstinstanzlichen Vortrag Bezug genommen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Solingen vom 17.03.2006 - 5 Ca 1834/05 lev - abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt

die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger verteidigt das erstinstanzliche Urteil und vertritt im wesentlichen weiterhin den Standpunkt, dass das Informationsschreiben bereits deshalb fehlerhaft sei, weil ein Hinweis auf die Haftungsverteilung zwischen Veräußerer und Betriebserwerber fehle. Der bloße Hinweis auf den Austausch eines Vertragspartners reiche insoweit nicht aus. Gerade im Fall des Klägers hätte die Beklagte in unmissverständlicher Form mitteilen müssen, dass sie nach erfolgtem Betriebsübergang für die Zahlungsverpflichtungen aus der Frühruhestandsvereinbarung überhaupt nicht mehr einzustehen habe. Dies habe die Beklagte bewusst vermieden. Auch die Information, die B. Photo GmbH sei Inhaberin der Markenrechte, sei falsch. Diese gehörten vielmehr der B. Photo Holding GmbH, die von der Insolvenz nicht betroffen sei.

Das Widerspruchsrecht des Klägers sei weder verfristet noch verwirkt.

Entgegen der Auffassung der Beklagten gelte keine Höchstfrist für die Ausübung des Widerspruchsrechtes. Wie sich aus der Begründung des Gesetzesentwurfs ergebe, sei sich der Gesetzgeber seinerzeit der Fristenproblematik bewusst gewesen und habe eine Höchstfrist dennoch ausdrücklich abgelehnt und damit klargestellt, dass es die Unterrichtenden selbst in der Hand hätten, die Widerspruchsfrist in Gang zu setzen und für Klarheit bei allen Beteiligten zu sorgen.

Das Widerspruchsrecht unterliege nicht der Verwirkung. Jedenfalls seien vorliegend weder das Zeit- noch das Umstandsmoment erfüllt. Im Falle einer fehlerhaften Unterrichtung könne das Zeitmoment frühestens ab Kenntnis der Unrichtigkeit der erteilten Unterrichtung beginnen. Eine Kenntnis der maroden Finanzausstattung der Erwerberin und der Markenrechtsproblematik sei frühestens seit den Berichten der Rechtsanwälte K. und S. zur Gläubigerversammlung am 11.10.2005 gegeben gewesen. Aus den Angaben des Klägers gegenüber der Bundesagentur für Arbeit könne kein Verzicht des Klägers auf sein Widerspruchsrecht hergeleitet werden. Zum Zeitpunkt der Beantragung des Insolvenzgeldes und des Arbeitslosengeldes sei die B. Photo GmbH noch seine Arbeitgeberin gewesen. Zu diesem Zeitpunkt sei dem Kläger die Möglichkeit eines nachträglichen Widerspruchs noch nicht bekannt gewesen. Zudem habe die Beklagte erst im Laufe des erstinstanzlichen Verfahrens von diesem Umstand erfahren.

Der Kläger habe seinerzeit im Hinblick auf die Zusage der Beklagten bezüglich der Gewährung von Frühruhestandsleistungen die von der Beklagten ausgesprochene Kündigung nicht angegriffen.

Hinsichtlich der Arbeitnehmereigenschaft komme es allein auf den Zeitpunkt des Betriebsübergangs an. Dies führt der Kläger auf S. 16-18 seines Schriftsatzes vom 28.09.2006 im Einzelnen aus. Insoweit wird auf Bl. 392-394 der Akte Bezug genommen.

Wegen des weiteren Berufungsvorbringens der Parteien wird auf ihre in zweiter Instanz gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die statthafte (§64 Abs.1 ArbGG), nach dem Wert des Beschwerdegegenstandes zulässige (§64 Abs. 2 ArbGG), form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung (§§ 66 Abs. 1 Satz 1, 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. §§ 519, 520 Abs. 3 ZPO) ist zulässig.

II.

Die Berufung ist auch begründet. Zwar ist der Betriebsteil, in dem der Kläger beschäftigt war, gemäß § 613 a Abs.1 BGB auf die B. Photo GmbH übergegangen. Der Kläger hat dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses jedoch rechtzeitig und wirksam gemäß § 613 a Abs.6 BGB widersprochen, so dass aufgrund der Rückwirkung des Widerspruchs - nach rechtlicher Beendigung des Arbeitsverhältnis durch die Kündigung der Beklagten - zwischen den Parteien ein Frühruhestandsvertragsverhältnis besteht. Der Widerspruch des Klägers mit Schreiben vom 08.07.2005 war noch rechtzeitig, da die Beklagte den Kläger über den Betriebsteilübergang nicht ordnungsgemäß im Sinne des § 613 a Abs.5 BGB unterrichtet hat mit der Folge, dass die einmonatige Widerspruchsfrist gemäß § 613 a Abs.6 BGB nicht in Lauf gesetzt worden ist. Eine Verwirkung des Widerspruchsrechtes kann nicht festgestellt werden.

1.

Der Kläger hat dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses form- und fristgerecht widersprochen. Zu Recht hat das Arbeitsgericht festgestellt, dass die Monatsfrist des § 613 a Abs.6 BGB wegen fehlerhafter Unterrichtung der Beklagten über den Teilbetriebsübergang noch nicht verstrichen war.

Durch das Gesetz zur Änderung des Seemannsgesetzes und anderer Gesetze vom 23.März 2002 (BGBl. I S.1163) wurde § 613 a BGB mit Wirkung ab 1.April 2002 um die Absätze 5 und 6 ergänzt. § 613 a Abs.5 BGB bestimmt, dass der bisherige Arbeitgeber oder der neue Inhaber die von einem Betriebsübergang betroffenen Arbeitnehmer vor dem Übergang in Textform über den (geplanten) Zeitpunkt des Übergangs, den Grund für den Übergang, die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs für die Arbeitnehmer und die hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen zu unterrichten hat. Gemäß § 613 a Abs.6 BGB kann der Arbeitnehmer dem Übergang des Arbeitsverhältnisses innerhalb eines Monats nach Zugang der Unterrichtung nach Abs.5 schriftlich widersprechen. Der Widerspruch kann gegenüber dem bisherigen Arbeitgeber oder dem neuen Inhaber erklärt werden. Rechtsfolge der unterbliebenen Unterrichtung nach § 613 a Abs.5 BGB ist, dass die Widerspruchsfrist gemäß Abs.6 nicht zu laufen beginnt. Nach allgemeiner Ansicht, der sich die Berufungskammer anschließt, gilt das auch für die unvollständige Unterrichtung (vgl. BAG, Urteil vom 24.05.2005, 8 AZR 398/04 = NZA 2005, 1978 m.w.N; BAG, Urteil vom 13.07.2006, 8 AZR 305/05).

Die Unterrichtung soll dem Arbeitnehmer eine ausreichende Wissensgrundlage für die Ausübung oder Nichtausübung seines Widerspruchsrechtes geben (vgl. BT-Drucksache 14/7760 S.19). Auf der Grundlage der Information soll der Arbeitnehmer die Folgen des Betriebsübergangs für sich abschätzen können. Die erteilten Informationen müssen zutreffend sein. Ob die Unterrichtung ordnungsgemäß ist, kann vom Gericht überprüft werden (vgl. BAG, Urteil vom 13.07.2006, 8 AZR 305/05).

Vorstehenden Anforderungen genügt das Unterrichtungsschreiben der Beklagten vom 22.10.2004 nicht, denn die Beklagte hat den Kläger jedenfalls nicht hinreichend über die rechtlichen Folgen des Teilbetriebsübergangs unterrichtet.

Die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Betriebsübergangs ergeben sich nach der Gesetzesbegründung vor allem aus den Absätzen 1 bis 4 des § 613 a BGB. Der Gesetzgeber nennt insoweit - unter Bezugnahme auf § 613 a Abs.1 - 4 BGB - die Fragen der Weitergeltung oder Änderung der bisherigen Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis, der Haftung des bisherigen Arbeitgebers und des neuen Inhabers sowie des Kündigungsschutzes (BT-Drucksache 14/7760 S.19). Bereits aus der Gesetzesbegründung ist mithin zu entnehmen, dass auch über das Haftungssystem des 613 a Abs.2 BGB zu unterrichten ist. Dass die Unterrichtung über die rechtlichen Folgen auch Angaben zu der Haftung des bisherigen und des neuen Betriebsinhabers umfasst, wird auch in der Literatur überwiegend vertreten (vgl. ErfK/Preis, § 613 a BGB, Rdnr.85; Palandt, § 613 a BGB Rdnr.44; Willemsen/Müller-Bonanni in Arbeitrecht Kom., § 613 a BGB Rdnr. 328; Küttner, Personalhandbuch 2006, 123 Rdnr.32; Grau, Unterrichtungs- und Widerspruchsrecht der Arbeitnehmer bei Betriebsübergang, S.166). Nunmehr hat auch das Bundesarbeitsgericht mit Urteil vom 13.07.2006 (a.a.O.) entschieden, dass zur Unterrichtung über die rechtlichen Folgen u.a. sowohl der Hinweis auf den Eintritt des Übernehmers in die Rechte und Pflichten aus dem bestehenden Arbeitsverhältnis (§ 613 a Abs.1 S.1 BGB) als auch auf die gesamtschuldnerische Haftung des Übernehmers und des Veräußerers nach § 613 a Abs.2 BGB gehört (so auch BAG, Urteil vom 14.12.2006, 8 AZR 763/06).

Diese Informationen sind dem Schreiben vom 22.10.2004 entgegen der Auffassung der Beklagten nicht zu entnehmen.

Der Hinweis auf den "Übergang der Arbeitsverhältnisse" gibt lediglich die in § 613 a Abs.1 BGB getroffene Regelung wieder und erschöpft sich letztlich in der Wiederholung des gesetzlich vorgegebenen Begriffs "Übergang". Die reine Wiederholung des Gesetzeswortlauts genügt den Anforderungen des § 613 a BGB nicht. Erforderlich ist vielmehr eine konkrete betriebsbezogene Darstellung in einer auch für juristische Laien möglichst verständlichen Sprache (vgl. BAG a.a.O.) Selbst wenn der Auffassung der Beklagten gefolgt würde, dass sich aus dieser Formulierung ein Austausch der Vertragspartner entnehmen lässt, so wäre dadurch dennoch nichts über die Haftungsregelung des Abs.2 des § 613 a BGB gesagt. Dies räumt auch die Beklagte selbst ein. Sie kann sich indes nicht darauf berufen, der - auch nach ihrem eigenen Vorbringen - unterlassene Hinweis auf die gesamtschuldnerische Haftung gehöre nicht zu den zwingenden Informationen gemäß § 613 a Abs.5 BGB, weil es sich dabei um eine für den Arbeitnehmer günstige Regelung handele, die diesen - nach einem entsprechenden Hinweis - sicherlich nicht dazu veranlassen könnte, deshalb dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses zu widersprechen.

Dazu ist zunächst festzustellen, dass einer Begrenzung des Unterrichtungsinhaltes nach § 613 a Abs.5 Nr.3, 4 BGB auf lediglich objektiv nachteilige Auswirkungen - wovon die Beklagte offensichtlich ausgeht - der Wortlaut und Zweck der Norm entgegensteht. § 613 a Abs.5 Nr.3 BGB spricht von "Folgen" und nicht von "Nachteilen" des Übergangs für die Arbeitnehmer. Auch der Begriff der "Maßnahmen" im Sinne von § 613 a Abs.5 Nr.4 BGB ist insoweit neutral (vgl. dazu Grau, a.a.O. S.150). Danach hat der Arbeitgeber bereits nach dem Wortlaut der Norm über alle Folgen des Betriebsübergangs zu unterrichten, ohne dass ihm das Recht einer Bewertung der Folgen als günstig oder ungünstig zusteht. Diese Auffassung steht auch in Einklang mit der Gesetzesbegründung und der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, nach der - wie bereits ausgeführt - die Frage der Haftung des bisherigen Arbeitgebers und des neuen Inhabers zu den Folgen gehört, über die der Arbeitgeber zu unterrichten hat.

Zu Recht hat das Arbeitsgericht darüber hinaus darauf hingewiesen, dass es - entgegen der Auffassung der Beklagten - unerheblich ist, ob die Haftungsfrage bei der Entscheidung des Arbeitnehmers für oder gegen den Betriebsübergang im Einzelfall eine Rolle spielt. Es ist nicht erforderlich, dass eine Kausalität zwischen fehlerhafter Unterrichtung und Erklärung des Widerspruchs festgestellt werden kann, denn aus welchen Gründen der Arbeitnehmer sich weigert, das Arbeitsverhältnis mit dem neuen Arbeitgeber fortzusetzen, ist grundsätzlich unerheblich. Die Angabe eines Grundes ist für die Ausübung des Widerspruchsrechtes ebenso wenig von Belang wie das zugrunde liegende Motiv des Arbeitnehmers (BAG, Urteil vom 30.10.2003, 8 AZR 491/02 = NZA 2004, 481). Eine ordnungsgemäße Unterrichtung i.S.d. § 613 a Abs.5 BGB setzt nach dem Willen des Gesetzgebers und dem Wortlaut der Norm mithin immer eine Darstellung der haftungsrechtlichen Folgen eines Betriebsübergangs voraus.

Abgesehen davon wird dem betroffenen Arbeitnehmer erst durch die Darstellung der begrenzten Nachhaftung des bisherigen Arbeitgebers deutlich vor Augen geführt, dass ein endgültiger Schuldnerwechsel eintritt und der bisherige Arbeitgeber - wenn überhaupt - nur noch begrenzt haftet. Die Bedeutung einer derartigen Information wird insbesondere im Fall des Klägers deutlich. Die Beklagte hatte ihm erhebliche finanzielle Leistungen zugesagt. Wegen dieser Zusage hat er darauf verzichtet, gegen die ihm gegenüber ausgesprochene Kündigung gerichtlich vorzugehen. Da das Ende des Arbeitsverhältnisses zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs absehbar war, war für den Kläger selbstverständlich von Bedeutung, wer für die vertraglichen Verbindlichkeiten, die die Beklagte ihm gegenüber eingegangen ist, haftet. Diese Information ist dem Unterrichtungsschreiben der Beklagten nicht zu entnehmen. Die haftungsrechtlichen Folgen des Betriebsübergangs wären für einen Arbeitnehmer in der Situation des Klägers nur dann erkennbar geworden, wenn die Beklagte - ggf. in standarisierter Form für alle Mitarbeiter, mit denen sie selbst Altersteilzeit- oder Frühruhestandvereinbarungen mit zum Teil erheblichen finanziellen Leistungen abgeschlossen hat - darauf hingewiesen hätte, dass sie selbst nach erfolgtem Betriebsübergang für diese Forderungen nicht in Anspruch genommen werden kann. Zwar erfordert § 613 a Abs.5 BGB keine individuelle Unterrichtung der einzelnen Arbeitnehmer. Eine standarisierte Information muss jedoch etwaige Besonderheiten des Arbeitsverhältnisses erfassen (vgl. BAG, Urteil vom 13.07.2006, 8 AZR 305/05). Diese sind dem Unterrichtungsschreiben der Beklagten nicht zu entnehmen. Nur bei ordnungsgemäßer Unterrichtung über die haftungsrechtlichen Folgen hätte der Kläger erkennen können, dass ihm - entgegen dem Hinweis der Beklagten im Unterrichtungsschreiben - keine rechtlichen Nachteile drohen, da sein Arbeitsverhältnis ohnehin bereits gekündigt war.

Die Beklagte hat den Kläger danach über die rechtlichen Folgen des Betriebsübergangs unvollständig unterrichtet. Zwar hat das Bundesarbeitsgericht in einer weiteren Entscheidung vom 13.07.2006 (8 AZR 303/05) darauf hingewiesen, dass eine Unterrichtung über komplexe Rechtsfragen im Rahmen des § 613 a Abs.5 BGB dann nicht fehlerhaft ist, wenn der Arbeitgeber bei angemessener und gewissenhafter Prüfung der Rechtslage rechtlich vertretbare Informationen gegenüber dem Arbeitnehmer kundtut. Eine derartige Ausnahmesituation ist vorliegend bei der Frage über die Belehrung der gesamtschuldnerischen Haftung ersichtlich nicht gegeben. Hierbei handelt es sich schon nicht um eine komplexe Rechtsfrage. Abgesehen davon hat die Beklagte die Rechtslage offensichtlich nicht gewissenhaft geprüft. Z.B. in Anwaltsformularbüchern (so z.B. in Bauer, Lingemann, Haussmann, Anwaltsformularbuch 2004, Kap.56, MM 56.1) wird in einem Formulierungsvorschlag die Haftungsregelung dargestellt. Zudem hat auch vor der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 13.07.2006 - wie bereits ausgeführt - die ganz herrschende Meinung den Hinweis auf die Haftung für erforderlich gehalten. Hätte die Beklagte die Rechtslage geprüft, hätte sie zu dem Ergebnis kommen müssen, dass eine gesonderte Belehrung über die Haftung erforderlich ist. Der Rechtsstandpunkt der Beklagten ist auch nicht vertretbar.

Abgesehen davon fehlt in dem Unterrichtungsschreiben jegliche Information zu § 613 a Abs.4 BGB. Ausweislich des Inhalts des Unterrichtungsschreibens hat die Beklagte die Klägerin nicht darauf hingewiesen, dass die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den bisherigen Arbeitgeber oder durch den neuen Inhaber wegen des Übergangs eines Betriebes oder eines Betriebsteils unwirksam ist. Ausweislich der Begründung zum Regierungsentwurf (BT-Drucks. 14/7760, S.19) gehören zum Pflichtbestandteil der Unterrichtung gemäß § 613 a Abs.5 Nr.3 BGB auch die kündigungsrechtlichen Folgen des Betriebsübergangs. Dies entspricht auch der überwiegend in der Literatur geäußerten Ansicht ( vgl. Hauck, Der Widerspruch beim Betriebsübergang, NZA Sonderbeilage 1/2004, S.43 ff; Grau, a.a.O., m.w.N.). Auch das Bundesarbeitsgericht hat in seiner Entscheidung vom 13.07.2006 darauf hingewiesen, dass zur Unterrichtung über die rechtlichen Folgen des Betriebsübergangs grundsätzlich auch ein Hinweis auf die kündigungsrechtliche Information gehört, so denn Kündigungen im Raum stehen. Ob das Bundesarbeitsgericht insoweit eine Einschränkung der Hinweispflicht vornehmen will, kann vorliegend dahinstehen, denn die Unterrichtung ist bereits wegen der fehlenden Unterrichtung über die Haftung fehlerhaft.

Ob die Beklagte darüber hinaus dazu verpflichtet war, die Arbeitnehmer über die wirtschaftliche Situation der Erwerberin zu unterrichten oder die erfolgten Angaben dazu - mit oder ohne Berücksichtigung der außerhalb des Unterrichtungsschreibens erteilten Informationen - sogar falsch waren, kann vorliegend ebenfalls offen bleiben, da die Unterrichtung aus den bereits vorstehend dargelegten Gründen unvollständig und damit fehlerhaft war.

Der Einwand der Beklagten, das Arbeitsgericht habe unberücksichtigt gelassen, dass der Inhalt des Informationsschreibens in enger Abstimmung mit der Arbeitnehmervertretung verfasst worden sei, ist nicht nachvollziehbar, denn zum einen besteht der Unterrichtungsanspruch des einzelnen Arbeitnehmers als individueller Auskunftsanspruch unabhängig von Unterrichtungsrechten des Betriebsrates, zum anderen wird ein objektiv fehlerhaftes Unterrichtungsschreiben durch Abstimmung mit der Arbeitnehmervertretung nicht inhaltlich richtig.

2.

Der Widerspruch des Klägers ist nicht verfristet. Aufgrund der fehlerhaften Unterrichtung ist die einmonatige Frist für die Ausübung des Widerspruchsrechtes nicht in Lauf gesetzt worden.

Wie bereits dargelegt, ist Folge einer fehlerhaften Unterrichtung nach ganz herrschender Meinung in Literatur und Rechtsprechung, dass die Widerspruchsfrist des § 613 a Abs.6 BGB nicht läuft. Es macht insoweit keinen Unterschied, ob und aus welchen Gründen der Arbeitnehmer überhaupt nicht, nicht ausreichend bzw. ganz oder in Teilen fehlerhaft informiert worden ist. Eine einschränkende Auslegung der Anforderungen für ein Auslösen der Widerspruchsfrist wird weder der Entstehungsgeschichte noch Wortlaut und Systematik von § 613 a Abs.5, 6 BGB gerecht. In der Gesetzesbegründung wird ausdrücklich betont, dass die Erklärungsfrist für den Widerspruch erst nach vollständiger und ordnungsgemäßer Unterrichtung zu laufen beginnt. Wird - wie vorliegend - festgestellt, dass eine fehlerhafte Unterrichtung vorliegt, wird die Widerspruchsfrist somit nicht in Gang gesetzt.

Eine zeitliche Begrenzung des Widerspruchsrechts in Form einer absoluten Ausschlussfrist sieht das Gesetz nicht vor. Eine Analogie zu § 5 Abs.3 S.3 KSchG ist nach herrschender Meinung im Schrifttum unzulässig (vgl. ErfK./Preis, § 613 a BGB Rdnr.96; Staudinger/Annuß, § 613 a BGB, Rdnr.170; Franzen, RdA 2002, S.258; Grau RdA 2005, S.367; Rieble, NZA 2004, S.1).

Entgegen der Auffassung der Beklagten ist in den Fällen, in denen eine Unterrichtung nicht oder nicht hinreichend stattgefunden hat, § 5 Abs.3 S.2 KSchG nicht entsprechend anzuwenden. Die Berufungskammer folgt der in dieser Hinsicht in der Literatur geäußerten Mindermeinung nicht.

Eine Analogie in Form einer Gesetzes- oder Rechtsanalogie ist nur möglich, wenn eine planwidrige Regelungslücke und ein vergleichbarer Sachverhalt vorliegt (vgl. BAG, Urteil vom 02.03.2006, 8 AZR 124/05 = BB 2006, 1339). Vorliegend fehlt es in Anbetracht der Entstehungsgeschichte der Neuregelung des § 613 a BGB bereits an einer planwidrigen Regelungslücke. Wie das Arbeitsgericht bereits ausgeführt hat, sind die Änderungsanträge der Fraktionen von CDU/CSU und FDP zur Verankerung einer absoluten Höchstfrist diskutiert und schließlich von der Ausschussmehrheit verworfen worden (vgl. BT-Drucks, 14/8128 S.4). Daraus muss der Schluss gezogen werden, dass der Gesetzgeber bewusst davon abgesehen hat, in § 613 a Abs.6 BGB eine zeitliche Ausschlussregelung zu verankern (vgl. dazu BAG, Urteil vom 13.07.2006, 8 AZR 382/05, n.v.). Die Behauptung der Beklagten, der Antrag der Fraktionen sei gar nicht diskutiert, sondern lediglich deshalb verworfen worden, weil er eben von der Opposition vorgeschlagen worden sei, ist eine Vermutung, die durch keinerlei Tatsachen zu belegen ist. Die Kammer verkennt nicht, dass das Fehlen einer absoluten Höchstfrist insbesondere für die Parteien der Betriebsübertragung risikobehaftet und unter dem Gesichtspunkt von Rechtssicherheit und Rechtsklarheit problematisch ist. Die Rechtsprechung ist jedoch nicht dazu befugt, sich über die gesetzgeberische Entscheidung im Wege der Gesetzes- oder Rechtsanalogie hinwegzusetzen ( BAG, Urteil vom 02.03.2006, a.a.O.).

Schließlich ist zu berücksichtigen, dass der alte und der neue Betriebsinhaber einem derart unbeschränkten Widerspruchsrecht nicht "schutzlos" ausgeliefert sind. So können inhaltlich fehlerhafte oder unvollständige Angaben durch Ergänzung bzw. Ersetzung mit Wirkung für die Zukunft durch die Unterrichtungsschuldner ohne weiteres richtig gestellt werden mit der Folge, dass der Anspruch weiterer Arbeitnehmer aus § 613 a Abs.5 BGB erlischt, wenn die nach dem Gesetz notwendigen Angaben in der Zusammenschau zum ersten Mal vollständig vorliegen (vgl. Grau a.a.O., S. 221). Die Unterrichtungsschuldner haben es mithin in der Hand, die Folgen eines Unterrichtungsfehlers zeitlich zu begrenzen. Stellen sie sich - wie vorliegend die Beklagte - auf den Standpunkt, die Unterrichtung sei fehlerfrei erfolgt und holen auch nicht - zumindest vorsorglich - eine fehlerfreie Unterrichtung nach, so müssen sie unter Berücksichtigung des gesetzgeberischen Willens hinnehmen, dass weitere Arbeitnehmer zeitlich unbegrenzt dem Betriebsübergang widersprechen können.

Es ist mithin davon auszugehen, dass der Arbeitnehmer im Falle einer fehlerhaften Unterrichtung von seinem Widerspruchsrecht grundsätzlich unbefristet Gebrauch machen kann. Danach war der Kläger dazu berechtigt, noch mit Schreiben vom 08.07.2005 sein Widerspruchsrecht auszuüben.

3.

Das Widerspruchsrecht des Klägers ist auch nicht verwirkt.

Nach herrschender Meinung findet das Widerspruchsrecht seine Begrenzung in zeitlicher Hinsicht nur durch das allgemeine Rechtsinstitut der Verwirkung (vgl. Grau, a.a.O., S. 295 mit einer Vielzahl weiterer Hinweise). Auch das Bundesarbeitsgericht hält ausdrücklich auch nach der neuen Rechtslage daran fest, dass das Widerspruchsrecht wegen Verwirkung ausgeschlossen sein kann (vgl. BAG, Urteil vom 13.07.2006, 8 AZR 382/05, n.v.). Streitig ist dabei im Einzelnen, wie viel Zeit vergangen sein muss und welche Umstände gegeben sein müssen, damit von einer Verwirkung des Widerspruchsrechts ausgegangen werden kann.

Ein Anspruch verwirkt, wenn der Anspruchsberechtigte erst nach Ablauf eines längeren Zeitraums den Anspruch erhebt (Zeitmoment) und dadurch beim Verpflichteten einen Vertrauenstatbestand geschaffen hat, er werde nicht mehr in Anspruch genommen (Umstandsmoment). Hierbei muss das Erfordernis des Vertrauensschutzes auf Seiten des Verpflichteten das Interesse des Berechtigten derart überwiegen, dass ihm die Erfüllung des Anspruchs nicht mehr zuzumuten ist (BAG, Urteil vom 22.07.2004, 8 AZR 350/03). Die Verwirkung dient dem Vertrauensschutz und verfolgt nicht den Zweck, den Schuldner stets dann von seiner Verpflichtung zu befreien, wenn dessen Gläubiger längere Zeit seine Rechte nicht geltend gemacht hat. Der Berechtigte muss vielmehr unter Umständen untätig geblieben sein, die den Eindruck erweckten, dass er sein Recht nicht mehr geltend machen wolle, so dass der Verpflichtete sich darauf einstellen durfte, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden (vgl. BAG, Urteil vom 13.07.2006, 8 AZR 382/05, n.v., m.w.N.)

Für die Erfüllung des Zeitmoments sind im Schrifttum zu § 613 a Abs.5, 6 BGB verschiedentlich Mindest- bzw. Höchstfristen genannt worden. Die in Betracht gezogenen Fristen schwanken zwischen 1 Monat und 1 Jahr. Eine Festlegung auf abstrakte Fristen ist nach Auffassung der Berufungskammer jedoch ausgeschlossen, weil sich die Tatsache, ab wann ein Untätigsein als vertrauensbildend und damit als für eine Verwirkung relevant gewertet werden kann, letztlich nur bei einzelfallbezogener Abwägung der Umstände ermitteln lässt. Der Verwirkungstatbestand ist als außerordentlicher Rechtsbehelf ein Fall der unzulässigen Rechtsausübung. In der illoyal verspäteten Geltendmachung eines Rechts liegt ein Verstoß gegen Treu und Glauben (vgl. Palandt, § 242 BGB Anm. 87). Die Frage des Rechtsmissbrauchs lässt sich daher nur für den Einzelfall klären. Eine schematisierende Betrachtungsweise wird dem nicht gerecht (BAG, Urteil vom 20.05.1988, 2 AZR 711/87 = DB 1988, 2156). Zur Bestimmung der Dauer des Zeitmoments ist daher nicht auf eine starre Höchst- oder Regelfrist abzustellen, sondern auf die konkreten Umstände des Einzelfalls (BAG, Urteil vom 27.01.2000, 8 AZR 106/99, n.v.). Dabei ist die Länge des Zeitmoments in Wechselwirkung zu dem ebenfalls erforderlichen Umstandsmoment zu setzen. Je stärker das gesetzte Vertrauen oder die Umstände, die eine Geltendmachung für den Anspruchsgegner unzumutbar machen, ist, desto schneller kann ein Anspruch verwirken (so BAG, Urteil vom 13.07.2006, 8 AZR 382/05, n.v.).

Für die Beantwortung der Frage, ob das Zeitmoment erfüllt ist, ist zunächst zu klären, ab wann der Lauf des Zeitmoments überhaupt beginnt. Dabei ist als wesentliches Kriterium zu berücksichtigen, dass die Widerspruchsfrist nach § 613 a Abs.6 BGB nicht mehr - wie nach der früheren Rechtsprechung zu § 613 a BGB - an die Kenntnis des Arbeitnehmer vom Betriebsübergang anknüpft, sondern an die Unterrichtung nach Abs.5. Unter Berücksichtigung dieses sich daraus ergebenden Gesetzeszweckes, nämlich das Interesse des Arbeitnehmers an einer hinreichenden Informationsbasis für die Ausübung der Widerspruchsentscheidung und dem Ziel des Gesetzgebers, die ordnungsgemäße Unterrichtung des Arbeitnehmers durch ein ansonsten unbefristetes Widerspruchsrecht "abzusichern", kann nach Auffassung der Berufungskammer das Zeitmoment nicht - wie die Beklagte meint - ab dem Zeitpunkt des Betriebsübergangs, sondern frühestens ab dem Zeitpunkt beginnen, zu dem der Arbeitnehmer Kenntnis davon erlangt, dass die Unterrichtung fehlerhaft war. (so auch Willemsen/Müller-Bonnani in Arbeitsrecht Kom., § 613 a BGB Rdnr. 340)

Diese Auffassung wird durch die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 24.05.2005, 8 AZR 398/04 (= NZA 2005, 1302) gestützt. In dieser Entscheidung hat das Bundesarbeitsgericht ausgeführt, die unvollständige Unterrichtung nach § 613 a Abs.5 BGB hindere den Lauf der Widerspruchsfrist gemäß § 613 a Abs.6 S.1 BGB. Dadurch sei der Arbeitnehmer ausreichend geschützt, er sei nicht "im Zugzwang". Er könne abwarten und z.B. seinen Unterrichtungsanspruch nach § 613 a Abs.5 BGB verfolgen. Es bestehe kein Grund für ihn, das Widerspruchsrecht auf einer unzureichenden Tatsachenbasis auszuüben. Ist somit die Auffassung richtig, dass der Arbeitnehmer bei einer unvollständigen Unterrichtung - in Kenntnis des Betriebsübergangs - nicht "im Zugzwang" ist, sondern abwarten darf, kann der Lauf des Zeitmoments der Verwirkung - wenn überhaupt - frühestens ab Kenntnis des Arbeitnehmers von der Unvollständigkeit der Unterrichtung beginnen.

Der dieser Bewertung zugrunde liegende Rechtsgedanke ergibt sich auch aus § 124 BGB. Nach § 124 BGB beginnt die Jahresfrist für die Anfechtung im Falle der arglistigen Täuschung in dem Zeitpunkt, in welchem der Anfechtungsberechtigte die Täuschung entdeckt. Dieser Rechtsgedanke übertragen auf das Widerspruchsrecht bedeutet, dass das Zeitmoment für die Verwirkung in dem Zeitpunkt beginnt, in dem der Arbeitnehmer die Fehlerhaftigkeit der Unterrichtung entdeckt. Die Übertragung des Rechtsgedankens des § 124 BGB auf den Beginn des Zeitmoments für die Verwirkung des Widerspruchsrechts wird nach Auffassung der Kammer sowohl der gesetzgeberischen Intention, den Arbeitgeber zu einer vollständigen und richtigen Unterrichtung anzuhalten, gerecht, als auch dem Grundsatz, dass jedes Recht der Verwirkung unterliegt. Schließlich führt die Auffassung, das Zeitmoment bereits ab dem Betriebsübergang beginnen zu lassen, entgegen dem gesetzgeberischen Willen, dem Arbeitnehmer bei fehlerhafter Unterrichtung ein unbefristetes Widerspruchsrecht zu gewähren, im Endeffekt dazu, durch das Zeitmoment der Verwirkung doch eine Höchstfrist für den Widerspruch einzuführen. Ein illoyales und damit rechtsmissbräuchliches Verhalten kann dem Widerspruchsberechtigten erst dann vorgeworfen werden, wenn er Kenntnis von der Fehlerhaftigkeit der Unterrichtung hat und dennoch einen längeren Zeitraum zuwartet, bevor er sein Recht ausübt.

Welche Anforderungen an die Kenntnis des Arbeitnehmers zu stellen sind, d.h. ob die Kenntnis der Fehlerhaftigkeit an sich ausreicht oder ob positive Kenntnis darüber vorliegen muss, worin die Fehlerhaftigkeit besteht, kann vorliegend offen bleiben. Die Darlegungs- und Beweislast für das Eingreifen des Verwirkungstatbestandes, mithin auch für das Vorliegen des Zeitmoments, obliegt der Beklagten. Die Beklagte hat keine Umstände dafür vorgetragen, dass der Kläger vor seinem Widerspruch Kenntnis von der Fehlerhaftigkeit des Unterrichtungsschreibens hatte und dennoch einen längeren Zeitraum zugewartet hat, bevor er sein Widerspruchsrecht ausübte. Ihre Behauptung, der Kläger habe zu keiner Zeit vor seinem Widerspruch zu erkennen gegeben, dass er nicht auf die Erwerberin übergehen wolle, bestätigt allenfalls den von der Beklagten nicht bestrittenen Vortrag des Klägers, ihm sei sein nachträgliches Widerspruchsrecht nicht bekannt gewesen. Der Kläger hat seinen Widerspruch mit Schreiben vom 08.07.2005, mithin ca. sechs Wochen nach Stellung des Insolvenzantrages durch die B. Photo GmbH, erklärt. Erst zu diesem Zeitpunkt konnten bei den Arbeitnehmern Zweifel dahingehend aufkommen, dass die Unterrichtung möglicherweise fehlerhaft gewesen sein könnte. Entgegen der Auffassung der Beklagten besteht für einen Arbeitnehmer keine Pflicht, sich zeitnah nach Erhalt des Widerspruchschreibens durch Einholen von Rechtsrat darüber informieren zu lassen, ob das Informationsschreiben den rechtlichen Anforderungen genügt oder nicht. Er darf sich zunächst darauf verlassen, dass die ihm erteilten Auskünfte richtig und vollständig sind. Die Pflicht zur ordnungsgemäßen und fehlerfreien Unterrichtung liegt insofern in der Risikosphäre des Arbeitgebers. Dies ergibt sich - wie bereits ausgeführt - aus dem gesetzgeberischen Willen, die Widerspruchsfrist erst dann beginnen zu lassen, wenn die Unterrichtung fehlerfrei erfolgt ist und der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 13.07.06 (8 AZR 303/05), derzufolge dem Unterrichtungspflichtigen eine angemessene und gewissenhafte Prüfung der Rechtslage aufzuerlegen ist.

Danach fehlt es vorliegend für den Tatbestand der Verwirkung bereits an der Erfüllung des Zeitmoments.

Selbst wenn dieser vorliegend dargelegten Auffassung nicht zu folgen wäre, fehlt es jedenfalls - worauf bereits das Arbeitsgericht zu Recht hingewiesen hat - an dem Vorliegen des Umstandsmomentes.

Das Umstandsmoment muss so beschaffen sein, dass der bisherige und der neue Betriebsinhaber im Zusammenspiel mit dem Zeitmoment berechtigt darauf vertrauen dürfen, der Arbeitnehmer werde sich dem in § 613 a Abs. 1 S.1 BGB angeordneten Vertragspartnerwechsel nicht mehr durch einen Widerspruch widersetzen (vgl. Grau, a.a.O. S.302). Das Vorliegen des Zeitmomentes indiziert dabei nicht das sogenannte Umstandsmoment, sondern es bedarf darüber hinausgehender besonderer Umstände für die berechtigte Erwartung des Schuldners, dass er nicht mehr in Anspruch genommen wird. Dabei ist im Hinblick auf das Widerspruchsrecht ein besonders strenger Maßstab anzulegen, denn schließlich haben es der neue und der alte Arbeitgeber in der Hand, durch vollständige und ordnungsgemäße Unterrichtung die Widerspruchsfrist in Gang zu setzen. Informieren sie - ob bewusst oder unbewusst - fehlerhaft, müssen schon besondere Umstände vorliegen, damit ein Vertrauen dahingehend entstehen kann, der Arbeitnehmer werde trotz des Informationsdefizits dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses nicht widersprechen (so auch LAG München, Urteil vom 30.06.2005, 2 Sa 1169/04 = LAGE § 613 a BGB 2002 Nr.7).

Entgegen der Auffassung der Beklagten reicht die tatsächliche Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses mit dem neuen Arbeitgeber angesichts der im Falle der fehlerhaften Unterrichtung nicht laufenden Widerspruchsfrist nicht aus, um daraus auf eine Zustimmung des Arbeitnehmers zum Arbeitgeberwechsel zu schließen. Dies ergibt sich bereits als Konsequenz aus der gesetzlich zwingend vorgeschriebenen Überlegungsfrist, die in Fällen fehlerhafter Unterrichtung eben noch nicht läuft. Die Tatsache der Vertragsfortführung mit dem neuen Betriebsinhaber kann mithin grundsätzlich vor Ablauf der Widerspruchsfrist nicht als Zustimmung des Arbeitnehmers zum Arbeitgeberwechsel oder als stillschweigender Widerspruchsrechtsverzicht gewertet werden mit der Folge der Erfüllung des Umstandsmomentes der Verwirkung. In diesem Fall ist mit der Weiterarbeit kein irgendwie gearteter Erklärungsinhalt verbunden. Vielmehr stellt die Arbeit beim Erwerber eine geeignete Maßnahme dar, den Vorwurf des böswilligen Unterlassens anderweitigen Erwerbs gemäß § 615 S. 2 BGB zu vermeiden Zudem hat die Beklagte den Kläger selbst mit dem Unterrichtungsschreiben darauf hingewiesen, er sei verpflichtet, bis zum Ablauf der Kündigungsfrist bei der Erwerberin weiter zu arbeiten. Im Falle des Widerspruchs könne sein Anspruch auf Arbeitsentgelt entsprechend gekürzt werden. Angesichts dieses Hinweises verhält die Beklagte sich widersprüchlich, wenn sie sich nunmehr darauf beruft, der Kläger habe durch die Weiterarbeit bei der Erwerberin sein Widerspruchsrecht verwirkt. Die Beklagte kann sich auch aus diesem Grund nach dem Grundsatz von Treu und Glauben nicht auf eine Verwirkung berufen.

Ob es in Einzelfällen denkbar sein kann, dass ein Arbeitnehmer durch sein Verhalten in Bezug auf das Arbeitsverhältnis zum neuen Arbeitgeber trotz nicht laufender Widerspruchsfrist vertrauensbildende Umstände setzen kann, braucht vorliegend nicht entschieden werden, da für derartige Umstände im Falle des Klägers keine Anhaltspunkte vorliegen.

Ein vertrauensbildender Umstand ist nicht darin zu sehen, dass der Kläger in der Bescheinigung zur Vorlage beim Arbeitsamt die Erwerberin als Arbeitgeberin angegeben hat. Abgesehen davon, dass die schwierige rechtliche Bewertung, wer unter den gegebenen Umständen tatsächlich Arbeitgeber des Klägers ist, nicht auf diesen verlagert werden kann, ist für die Kammer nicht ersichtlich, wieso aus diesem Umstand ein schutzwürdiges Vertrauen auf Seiten der Beklagten entstehen konnte, denn der Beklagten war - wie sich aus ihrem schriftsätzlichen Vorbringen ergibt - vorprozessual gar nicht bekannt, wen der Kläger in der Bescheinigung als Arbeitgeber angegeben hatte.

Danach ist das Widerspruchsrecht des Klägers nicht verwirkt.

Im Ergebnis ist damit festzustellen, dass der Kläger dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf die Erwerberin rechtzeitig und ordnungsgemäß widersprochen hat mit der Folge, dass das Arbeitsverhältnis zur Beklagten bis zum 31.12.2004 fortbestanden hat.

4.

Der Kläger war auch nach rechtlicher Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31.12.2004 dazu berechtigt, sein Widerspruchsrecht auszuüben. Nach Auffassung der Berufungskammer ist ausschließlich entscheidend, dass der Kläger zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs Arbeitnehmer der Beklagten war und an dem Betriebsübergang zunächst teilgenommen hat. Unerheblich für die Ausübung des Widerspruchs ist, ob das Arbeitsverhältnis eines Arbeitnehmers in gekündigtem oder ungekündigtem Zustand übergegangen ist, ob es noch besteht oder bereits beendet ist, vorbehaltlich einer etwaigen Verwirkung, denn der Beginn der Widerspruchsfrist ist ausschließlich an die ordnungsgemäße Unterrichtung gebunden. Für die Berufungskammer sind keine Gründe ersichtlich, warum im Falle einer fehlerhaften Unterrichtung dem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis nach dem Betriebsübergang aufgrund einer vorhergehenden Kündigung des Betriebsveräußerers beendet worden ist, das Widerspruchsrecht trotz nicht laufender Widerspruchsfrist abgeschnitten sein soll, demjenigen, dessen Arbeitsverhältnis -ggf. noch - nicht beendet ist jedoch zusteht. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. zuletzt: BAG, Urteil vom 13.07.2006, 8 AZR 305/05 m.w.N.) handelt es sich bei dem Widerspruchsrecht des Arbeitnehmers um ein sogenanntes Rechtsfolgenverweigerungsrecht. Auch dem ausgeschiedenen Arbeitnehmer muss daher grundsätzlich das Recht zustehen, bei nicht laufender Widerspruchsfrist die Rechtsfolge des Übergangs seines Arbeitsverhältnisses zu verweigern.

Diesem Ergebnis steht der Gesetzeszweck des § 613 a BGB nicht entgegen. Das Bundesarbeitsgericht hat dazu ausgeführt, der Arbeitnehmer, der dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses widersprochen habe, verhindere die Rechtsfolge des § 613 a Abs.1 S.1 BGB, d.h. die Auswechslung des Arbeitgebers. Bei dem Widerspruch handele es sich um ein Gestaltungsrecht in der Form eines Rechtsfolgenverweigerungsrechts. Der Widerspruch sei nämlich darauf gerichtet, die gesetzlich vorgesehene Rechtsfolge, den Übergang des Arbeitsverhältnisses auf den Betriebsübernehmer, nicht eintreten, sondern stattdessen das Arbeitsverhältnis mit dem bisherigen Arbeitgeber fortbestehen zu lassen. Dies gelte auch dann, wenn der Widerspruch - aufgrund fehlerhafter Unterrichtung und nicht in Gang gesetzter Widerspruchsfrist - erst nach dem Betriebsübergang erklärt werde. Zwar wirke die Ausübung von Gestaltungsrechten regelmäßig nur für die Zukunft. Dies sei darin begründet, dass eine Rückwirkung den Grundsätzen rechtlicher Klarheit in dem zurückliegenden Zeitraum widersprechen und eine Rückabwicklung bereits lange vollzogener Rechtsverhältnisse zu Schwierigkeiten führen könne. Entscheidend sei jedoch, dass die Rückwirkung des Widerspruchs zum Schutz des Ausübungsbefugten geboten sei. Das Widerspruchsrecht solle verhindern, dass dem Arbeitnehmer ein anderer Arbeitgeber aufgezwungen werde, und zwar auch nicht vorübergehend durch eine verspätete Unterrichtung. Werde der Unterrichtungspflicht durch Veräußerer und Erwerber nicht ausreichend und ordnungsgemäß Genüge getan, sei der Arbeitnehmer schutzwürdig (vgl. BAG, Urteil vom 13.07.2006, 8 AZR 305/05). Dem Arbeitnehmer soll damit auch kein Schuldnerwechsel für die Vergangenheit aufgezwungen werden (vgl. so schon BAG, Urteil vom 22.04.1993, 2 AZR 50/92 = NZA 1994, 360).

Es führt auch nicht zu unbilligen Ergebnissen, dem ausgeschiedenen Arbeitnehmer ein Widerspruchsrecht zuzubilligen. Aus der ex tunc Wirkung des Widerspruchs folgt, dass das Arbeitsverhältnis des Arbeitnehmers, der zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs Arbeitnehmer des Betriebsveräußerers war, in dem "Zustand" auf den Betriebsveräußerer "zurückfällt", in dem es sich zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs befand. Dies bedeutet vorliegend, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers zur Beklagten in gekündigtem Zustand "zurückgefallen" ist, allerdings mit allen Verpflichtungen, die die Beklagte gegenüber dem Kläger vor dem Betriebsübergang für die Zeit nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses eingegangen ist. Dieses Ergebnis ist unter Berücksichtigung des Gesetzeszweckes, den Arbeitgeber zu einer ordnungsgemäßen Unterrichtung anzuhalten, gerechtfertigt. War das Arbeitsverhältnis bereits durch den Betriebsveräußerer gekündigt, wird der Arbeitnehmer aus dem Widerspruch in der Regel keine Rechte herleiten können. Für die Feststellung, dass in der Vergangenheit ein Rechtsverhältnis bestanden hat, fehlt es normalerweise bereits am Feststellungsinteresse. Eine Ausnahme besteht nur dann, wenn aus dem vergangenen Rechtsverhältnis noch Rechte hergeleitet werden können. Ist dies allerdings - wie vorliegend - der Fall, ist nicht ersichtlich, warum dem ausgeschiedenen Arbeitnehmer nicht das Recht zustehen soll, diese Rechte durch Ausübung seines Widerspruchrechts zu realisieren. Nach Auffassung der Berufungskammer wäre es zudem unbillig, einen Arbeitnehmer in einer derartigen Situation auf die Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs zu verweisen, denn im Rahmen des Schadensersatzanspruchs wäre der Arbeitnehmer dazu verpflichtet, den in der Regel schwierigen Nachweis zu führen, dass die fehlerhafte Unterrichtung ursächlich für die Nichtausübung des Widerspruchsrechts gewesen ist. Demgegenüber ist die Ausübung des Widerspruchsrechts bei nicht laufender Widerspruchsfrist ohne Grund möglich. Der Gesetzeszweck, den Betriebsveräußerer und den Betriebserwerber zu einer ordnungsgemäßen Information anzuhalten, kann mithin nur dann erfüllt werden, wenn auch dem ausgeschiedenen Arbeitnehmer bei nicht laufender Widerspruchsfrist noch die Ausübung des Widerspruchs möglich ist.

III.

Der streitgegenständliche Feststellungsantrag ist zulässig. Die geltend gemachten Zahlungsansprüche stehen dem Kläger aus der zwischen den Parteien getroffenen Frühruhestandsvereinbarung, die einen Vertrag sui generis darstellt, zu.

1.

Die Berufungskammer hat keine Zweifel daran, dass es sich bei den zwischen den Parteien getroffenen Abreden um eine vertragliche Vereinbarung und nicht - wie die Beklagte meint - um eine einseitige Leistungszusage handelt. Die Beklagte hat selbst darauf hingewiesen, dass die "Zusage" an die ausgesprochene Kündigung geknüpft war. Bei der sodann unter dem Datum vom 30.04.2003 fixierten Zusage dürfte es sich um eine Art "Abwicklungsvereinbarung" gehandelt haben, deren Wirksamkeit nicht entgegensteht, dass die Parteien die Vereinbarung nicht auf einer Urkunde unterzeichnet haben. Da in dieser Vereinbarung nicht die Beendigung des Arbeitsverhältnisses enthalten ist, sondern nur die Abwicklung des beendeten Arbeitsverhältnisses, bedurfte dieser Vertrag nicht der Schriftform. Der Kläger konnte - sofern die Annahme nicht schon zuvor durch Verhandlung der Konditionen für das Ausscheiden erfolgt ist - das Angebot der Beklagten formlos und konkludent annehmen.

Die gemäß Ziffer 1) des Klageantrags auf Feststellung gerichtete Klage ist gemäß §§ 46 Abs.2, 256 Abs. 1 ZPO zulässig. Nach § 256 Abs.1 ZPO kann auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass ein Rechtsverhältnis durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde. Das feststellbare Rechtsverhältnis im Sinne des § 256 Abs. 1 ZPO, aus dem die Beklagte verpflichtet ist, ist vorliegend das Bestehen der Frühruhestandsvereinbarung zwischen dem Kläger und der Beklagten. Zwar ist das Arbeitsverhältnis des Klägers bereits zum 31.12.2004 beendet. Die Frühruhestandsvereinbarung wirkt zwischen den Parteien jedoch mit sämtlichen Verpflichtungen fort. Insbesondere im Hinblick auf Ziffer 7. der Vereinbarung, wonach dem Kläger eine Firmenrente zugesagt wird, besteht für den Kläger das erforderliche Feststellungsinteresse, denn die Beklagte stellt ihre Verpflichtung aus der gesamten Vereinbarung in Abrede. Dass der Kläger einzelne Bestimmungen der Vereinbarung - gekennzeichnet durch den Zusatz "insbesondere" - in den Klageantrag aufgenommen hat, ist nach Auffassung der Berufungskammer unschädlich, denn das Hauptinteresse des Klägers ist ersichtlich darauf gerichtet, feststellen zu lassen, dass die Beklagte sämtliche sich aus der Vereinbarung ergebenden Pflichten zu erfüllen hat. Einwände hinsichtlich des Inhalts des Feststellungsantrages hat die Beklagte auch erstmalig in der Kammersitzung vom 13.12.2006 erhoben. Diesen Einwänden folgt die Berufungskammer insbesondere im Hinblick auf Ziffer 7. der Vereinbarung nicht. Die Erhebung einer Leistungsklage ist dem Kläger nicht hinsichtlich aller in der Vereinbarung getroffenen Regelungen möglich. Er hat daher ein rechtlich anzuerkennendes Interesse daran, dass festgestellt wird, dass die Beklagte verpflichtet ist, sämtliche Verpflichtungen aus der Frühruhestandsvereinbarung zu erfüllen.

2.

Die geltend gemachten Zahlungsansprüche sind sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach begründet. Der Antrag auf Verurteilung der Beklagten zur Erbringung zukünftiger Leistungen ist zulässig.

a)

Die geltend gemachten monatlich zu zahlenden Beträge sind der Höhe nach unstreitig. Dem Grunde nach ergibt sich die Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung der Aufstockungsbeiträge aus der Frühruhestandsvereinbarung.

b)

Der Antrag auf zukünftige Leistungen ist nach § 258 ZPO zulässig.

Die Verurteilung des Schuldners auf zukünftige Leistungen hat zur Voraussetzung, dass der Anspruch auf Leistung in seiner Gesamtheit bereits entstanden ist und die Fälligkeit der einzelnen Leistungen nur noch vom Zeitablauf abhängt. Dies ist vorliegend der Fall.

Die Beklagte hat dem Kläger unter Punkt 2. der Frühruhestandsvereinbarung die Zahlung der monatlichen Leistungen, die nicht mehr von einer Gegenleistung abhängig waren, zugesagt. Die Einwände der Beklagten, die geltend gemachte Forderung sei nicht bestimmt genug, weil der abzuziehende Betrag bis zum Ende des austitulierten Zeitraums nicht feststehe, die Steuermerkmale des Klägers sich ändern könnten und ferner nicht feststehe, ob der Kläger noch eine anderweitige Tätigkeit aufnehmen werde, greifen nicht durch. Zum einen haben die Parteien unter Punkt 2. der Vereinbarung ausdrücklich niedergelegt, dass sich Abweichungen von den monatlichen Beträgen während der Laufzeit aus den anzurechnenden Zahlungen gemäß Absatz 2 des Punkt 2. ergeben können und die genaue Abrechnung mit etwaiger Nachzahlung oder Rückforderung am Ende des Zahlungszeitraums erfolgen soll. Damit haben die Parteien eine monatliche Abschlagszahlung vereinbart, die erst am Ende der Laufzeit der Vereinbarung konkret abgerechnet werden sollte, so dass dem Kläger schon aus diesem Grund der geltend gemachte monatliche Betrag als zukünftige Leistung zusteht. Zum anderen ist der Kläger gemäß Ziffer 6. der Vereinbarung dazu verpflichtet, die der Berechnung zugrunde liegenden Steuermerkmale nicht zu ändern und die Bescheide des Arbeitsamtes regelmäßig vorzulegen. Sollten sich mithin Änderungen, die sich auf die Höhe der monatlichen Leistung auswirken, nach rechtskräftiger Entscheidung über den Anspruch des Klägers auf zukünftige Leistungen ergeben, könnte die Beklagte diese Änderungen entweder bei der Endabrechung berücksichtigen oder sie könnte nach § 323 ZPO oder § 767 ZPO vorgehen. Aufgrund der Zusage der Beklagten, monatlich Abschlagszahlungen zu leisten, kann der Kläger die ihm zugesagten Leistung so lange beanspruchen, bis die Beklagte von einem ihr etwaig vertraglich zustehenden Leistungsvorbehalt in geeigneter Weise Gebrauch macht. Diese nur mögliche - unter Umständen nur zeitweilige - Herbeiführung einer späteren Leistungsänderung macht die Verurteilung zu zukünftigen Leistungen - insbesondere unter Berücksichtigung der vertraglichen Vereinbarung hinsichtlich der Endabrechnung - nicht unzulässig (vgl. zur Zulässigkeit einer Verurteilung zu zukünftigen Leistungen BGH, Urteil vom 27.05.1987, IVa ZR 56/86 = NJW 1987, 2873).

c)

Dem Kläger steht auch ein Anspruch auf die geltend gemachte Bonuszahlung für das Jahr 2004, die der Höhe nach unstreitig ist, zu.

Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf hat u.a. mit Urteil vom 25.09.2006 (10 Sa 520/06) in einem Parallelverfahren entschieden, dass den Arbeitnehmern der Beklagten ein Anspruch auf die Bonuszahlung aus der Gesamtbetriebsvereinbarung vom 05.01.2004 i.V.m. § 77 Abs. 4 BetrVG zusteht. Nach dem unwidersprochenen Vortrag des Klägers fällt dieser unter den Geltungsbereich dieser Gesamtbetriebsvereinbarung. Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf hat in vorbezeichneter Entscheidung ausgeführt, mit dieser Gesamtbetriebsvereinbarung habe die Beklagte ihren Arbeitnehmern einen Bonus zugesagt. Das "Ob" der Bonuszahlung habe aufgrund der Gesamtbetriebsvereinbarung bereits zu Beginn des Geschäftsjahres und damit am 01.01.2004 festgestanden, so dass die Beklagte gemäß § 613 a Abs. 2 BGB den für die Zeit vom 01.01.2004 bis zum 31.10.2004 eingeklagten Betrag zahlen müsse. Der unter Ziffer 2.2 der Gesamtbetriebsvereinbarung enthaltene Freiwilligkeitsvorbehalt greife nicht ein, da es nicht um die Frage gehe, ob die Beklagte den Bonus auch in Zukunft hätte zahlen müssen, wenn der Mitarbeiter bei der Beklagten beschäftigt geblieben wäre. Nach dem Wortlaut, dem in der Gesamtbetriebsvereinbarung zum Ausdruck kommenden Willen der Beklagten sowie dem Sinn und Zweck der gesamtbetrieblichen Regelung könne die Vergütungsregelung nur dahingehend verstanden werden, dass die Mitarbeiter bereits zu Beginn des Geschäftsjahres eine Anwartschaft auf den Bonus erhalten sollten, der dann im darauf folgenden Jahr nur in seiner Höhe vom Vorstand festgesetzt werden sollte.

Diesen Ausführungen schließt die Berufungskammer sich an. Die Beklagte hat den Anspruch des Klägers auf Zahlung des Bonus für das Jahr 2004 mit der Berufung auch nicht gesondert angegriffen, sondern insoweit lediglich auf ihren erstinstanzlichen Vortrag Bezug genommen. Da der letzte Schriftsatz der Beklagten im vorliegenden Verfahren vom 11.11.2006 in Kenntnis des Urteils des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 25.09.2005 abgefasst wurde und dennoch keine weiteren Einwände hinsichtlich der Bonuszahlung erhoben wurden, geht die Berufungskammer davon aus, dass auch die Beklagte keine weiteren rechtlichen Einwände gegen diese Forderung erheben will.

Die Berufung der Beklagten war danach insgesamt zurückzuweisen.

IV.

Die Revision war gemäß § 72 Abs.2 Nr.1 ArbGG zuzulassen, da entscheidungserhebliche Rechtsfragen vorliegen, die grundsätzliche Bedeutung haben, für die Einheitlichkeit der Rechtsordnung von allgemeiner Bedeutung und höchstrichterlich noch nicht entschieden sind.

Ende der Entscheidung

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