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Gericht: Landesarbeitsgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 22.04.2009
Aktenzeichen: 7 Sa 1628/08
Rechtsgebiete: BGB
Vorschriften:
BGB § 305 c Abs. 2 |
Tenor:
I. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 05.11.2008 - 4 Ca 4171/08 - wird zurückgewiesen.
II. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Beklagte zu tragen.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Parteien streiten über einen Anspruch auf Zahlung eines 13. Monatsgehalts.
Die Klägerin war aufgrund eines Arbeitsvertrages vom 22.04.2003 mit Wirkung ab dem 01.05.2003 als Steuerfachangestellte bei dem Beklagten zu einem monatlichen Bruttogehalt von zuletzt 2.400,00 € beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis wurde aufgrund einer Eigenkündigung der Klägerin vom 09.11.2007 unter Einhaltung der Kündigungsfrist zum 31.12.2007 gekündigt.
Unter Ziffer 5. des schriftlichen Arbeitsvertrages ist Folgendes geregelt:
"..... Zum Gehalt wird zusätzlich die Zahlung eines 13. Monatsgehalts vereinbart, welches je zur Hälfte zum 1.6. und 1.12. ausgezahlt wird. Die Vergütung ist zurückzuzahlen, wenn das Arbeitsverhältnis aus vom Arbeitnehmer zu vertretenen Gründen innerhalb von 3 Monaten nach diesen Zeitpunkten aufgelöst wird. Zum 1.6.2003 beträgt die zusätzliche Vergütung zeitanteilig vom Beginn der Beschäftigung 2/12 des Monatsgehalts."
Nach den eigenen Angaben des Beklagten handelt es sich bei dem Arbeitsvertrag um ein vorformuliertes Regelwerk, das in einer Vielzahl von Fällen angewandt wird.
Zum 01.06.2007 erhielt die Klägerin vom Beklagten eine erste Auszahlung des 13. Monatsgehalts in Höhe von 1.200,00 € brutto. Zum 01.12.2007 verweigerte der Beklagte die Auszahlung des zweiten Betrages in Höhe von weiteren 1.200,00 € brutto.
Mit anwaltlichem Schreiben vom 31.03.2008 forderte die Klägerin den Beklagten unter Fristsetzung bis zum 15.04.2008 auf, den Betrag in Höhe von 1.200,00 € brutto auszuzahlen. Der Beklagte leistete keine Zahlung.
Die Klägerin hat ein ärztliches Attest einer Gemeinschaftspraxis für Psychiatrie und Psychotherapie zur Akte gereicht (Bl. 51 der Akte), demzufolge ihre Eigenkündigung erfolgt sei, weil die Behandlung durch die Ehefrau des Beklagten ihr den Verbleib in der Firma aufgrund der schweren psychischen Belastung unmöglich gemacht habe. Ein Verbleib in der Firma sei aus gesundheitlichen Gründen nicht möglich. Deshalb sei aus ärztlicher Sicht eine Kündigung empfohlen worden.
Ausweislich des Attestes befand die Klägerin sich seit dem 21.06.2007 in fachärztlicher Behandlung.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor der erkennenden Berufungskammer am 22.04.2009 hat der Beklagte auf Befragen erklärt, er könne sich nicht daran erinnern, ob und wann einer seiner Mitarbeiter mit einer Eigenkündigung ausgeschieden sei und ob er in einem derartigen Fall die Gratifikation nicht ausgezahlt habe.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, bei der unter Ziffer 5 des Arbeitsvertrages ausgewiesenen Sondervergütung handele es sich um eine Gratifikation mit reinem Entgeltcharakter. Die Vergütung sei mithin anteilig für die Dauer des Arbeitsverhältnisses zu gewähren. Die Inhaltskontorolle gemäß § 310 Abs. 4 i.V.m. § 307 BGB ergebe, dass eine Rückzahlungsklausel bei Vergütungen mit reinem Entgeltcharakter den Arbeitnehmer unangemessen benachteilige und mithin unwirksam sei. Die Klägerin hat behauptet, die Eigenkündigung sei erfolgt, weil sie - die Klägerin - durch die Ehefrau des Beklagten massiv gemobbt worden sei, was zu einer schweren psychischen Belastung geführt und einen Verbleib in der Firma des Beklagen unmöglich gemacht habe.
Die Klägerin hat beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an sie 1.200,00 € brutto zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt,
1. die Klage abzuweisen.
2. widerklagend, die Klägerin zu verurteilen, an ihn 1.200,00 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 04.08.2008 zu zahlen.
Der Beklagte hat die Auffassung vertreten, Ziffer 5 des Arbeitsvertrages sehe für den Fall einer Eigenkündigung durch die Klägerin die Rückzahlung des kompletten 13. Monatsgehalts vor. Das Arbeitsverhältnis sei von der Klägerin durch von ihr zu vertretenen Gründen aufgelöst worden. Die vertragliche Einigung sei eindeutig. Abgesehen davon sei die Stichtagsklausel im Betrieb in Kenntnis der Klägerin auch stets so gehandhabt worden, dass ausscheidende Arbeitnehmer jährlich fehlende Betriebszugehörigkeitszeiten nicht mit der entsprechenden Gratifikation belohnt bekamen bzw. zu viel erhaltene Gratifikation zurückbezahlen mussten. Die Behauptungen der Klägerin, wonach die Ehefrau des Beklagten die Klägerin gemobbt haben solle, seien unsubstantiiert und unrichtig.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, eine Auslegung der streitgegenständlichen Vertragsklausel ergebe, dass der Beklagte nicht berechtigt gewesen sei, die Zahlung des 13. Monatsgehalts mit einer Rückzahlungsklausel zu versehen, da es sich bei dieser Zahlung nicht um eine Sondervergütung, sondern um einen reinen Entgeltbestandteil gehandelt habe. Die Widerklage sei unabhängig davon auch deshalb unbegründet, weil die Vergütung nach dem Wortlaut der Vertragsklausel zurückzuzahlen sei, wenn das Arbeitsverhältnis innerhalb von drei Monaten "nach diesen Zeitpunkten" aufgelöst wird. Damit werde auf die jeweils zuvor genannten Fälligkeitszeitpunkte abgestellt.
Gegen das ihm am 11.11.2008 zugestellte Urteil hat der Beklagte mit einem am 25.11.2008 per Fax und am 27.11.2008 im Original bei dem Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 14.07.2008 mit einem am 12.12.2008 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet.
Der Beklagte rügt mit seiner Berufung, das Arbeitsgericht habe die streitgegenständliche Klausel rechtsfehlerhaft ausgelegt. Unter Wiederholung seines erstinstanzlichen Vorbringens ist er weiterhin der Auffassung, dass Ziffer 5 des Arbeitsvertrages eine Sondervergütung beinhalte, die mit einer Rückzahlungsklausel versehen werden könne. Die gewählte Rückzahlungsklausel entspreche auch den Anforderungen der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts. Der Klägerin stehe daher aufgrund ihrer Eigenkündigung vor Ablauf der Bindungsfrist kein Anspruch auf die begehrte restliche Sondervergütung zu. Der Widerklage sei hingegen stattzugeben, da die Vertragsklausel eine Vergütungsrückzahlungsverpflichtung hinsichtlich des gesamten 13. Monatsgehalts enthalte. Ein Verstoß gegen das Transparenzgebot liege nicht vor. Der Verwender einer Klausel dürfe aus der Gesetzessprache entlehnte unbestimmte Rechtsbegriffe übernehmen. Der unbestimmte Rechtsbegriff des "Vertretenmüssens" finde sich in einer Vielzahl gesetzlicher Vorschriften. So verweise § 619 a BGB genauso wie § 628 S. 3 BGB auf diesen unbestimmten Rechtsbegriff.
Der Beklagte beantragt,
1. das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 05.11.2008, 4 Ca 4171/08, abzuändern und die Klage abzuweisen.
2. auf die Widerklage die Klägerin zu verurteilen, an ihn 1.200,00 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 04.08.2008 zu zahlen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung - auch im Hinblick auf die aufrechterhaltene Widerklage - zurückzuweisen.
Die Klägerin verteidigt das Urteil des Arbeitsgerichts unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vortrags. Da kein einziger Anhaltspunkt dafür vorliege, dass das "13. Monatsgehalt" die Betriebstreue belohnen solle und der Beklagte hierfür auch keinen weiteren Beweis vorgebracht habe, sei die Vertragsklausel hinsichtlich der Sonderzahlung als reines Entgelt einzuordnen. Der Beklagte könne keinesfalls das volle 13. Monatsgehalt zurück verlangen, da aus der Vertragsklausel eindeutig hervorgehe, dass hinsichtlich des Zeitpunkts, ab dem die 3-Monatsfrist zu laufen beginne, jeweils auf den Zeitpunkt der anteiligen Auszahlung abgestellt werden solle. Ziffer 5 des Arbeitsvertrages verstoße zudem gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 S. 2 BGB. Die Formulierung "aus vom Arbeitnehmer zu vertretenen Gründen" sei in höchstem Maße auslegungsbedürftig und unklar. Die Klausel benachteilige sie - die Klägerin - unangemessen, weil sie aufgrund der Formulierung nicht habe abschätzen können, ob ihr Handeln die Konsequenz haben würde, dass sie ihre Ansprüche auf Sonderzahlung verlöre. Der Beklagte hätte konkret formulieren müssen, welches arbeitnehmerseitige Verhalten zu einer Rückzahlung des Vergütungsbestandteils führe. Vorsorglich weist die Klägerin erneut darauf hin, dass sie wegen des Mobbing-Sachverhalts auf dringendes Anraten ihrer Ärzte das Arbeitsverhältnis gelöst habe. Sie habe daher die Beendigung des Arbeitsverhältnisses in keinem Fall "zu vertreten".
Wegen des weiteren Berufungsvorbringens der Parteien wird auf ihre in zweiter Instanz gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsprotokolle Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I.
Die statthafte (§ 64 Abs. 1 ArbGG), nach dem Wert des Beschwerdegegenstandes zulässige (§ 64 Abs. 2 ArbGG), form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung (§§ 66 Abs. 1 Satz 1, 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. §§ 519, 520 Abs. 3 ZPO) ist zulässig.
II.
Die Berufung des Beklagten ist jedoch unbegründet und war daher zurückzuweisen. Das Arbeitsgericht hat zu Recht der Klage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Der Klägerin steht auch die zweite Hälfte des 13. Monatsgehalts zu. Ein Rückforderungsanspruch des Beklagten ist hingegen nicht gegeben.
1.
Der mit der Klage geltend gemachte Zahlungsanspruch ist begründet.
Dabei kann dahinstehen, ob die streitgegenständliche Vertragsklausel einen reinen Entgeltbestandteil beinhaltet oder ob es sich um eine Sondervergütung handelt, die mit einer Rückzahlungsklausel versehen werden darf, denn die Vertragsklausel ist bereits deshalb unwirksam, weil sie gegen die Unklarheitenregel des § 305 c Abs. 2 BGB verstößt.
Bei dem zwischen den Parteien geschlossenen Arbeitsvertrag handelt es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne der §§ 305 ff. BGB. Zwischen den Parteien steht außer Streit, dass der Arbeitsvertrag im Betrieb des Beklagten standardmäßig Verwendung findet. Er besteht aus Vertragsbestimmungen, die der Beklagte der Klägerin bei Abschluss des Vertrags stellte und die für eine Mehrzahl von Verträgen vorformuliert wurden (§ 305 Abs. 1 Satz 1 BGB), so dass diese Regelungen der Kontrolle der §§ 305 ff BGB unterliegen.
Allgemeine Geschäftsbedingungen sind trotz ihres abstrakt generellen Charakters keine Rechtsnormen, sondern Vertragsbedingungen, für deren Auslegung grundsätzlich die allgemeinen Regeln der §§ 133, 157 BGB gelten.
Bei der nach den §§ 133, 157 BGB vorzunehmenden Auslegung einer Willenserklärung bzw. eines Vertrages ist maßgebend, wie die Erklärung nach Treu und Glauben und unter Berücksichtigung der Verkehrssitte aufzufassen ist. Zunächst ist vom Wortlaut der Erklärung nach dem allgemeinen Sprachgebrauch und dem darin objektiv zum Ausdruck kommenden Parteiwillen auszugehen. Allgemeine Geschäftsbedingungen sind dabei nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Auch für die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist Ansatzpunkt für die nicht am Willen der konkreten Vertragspartner zu orientierende Auslegung in erster Linie der Vertragswortlaut. Ist der Wortlaut eines Formularvertrags nicht eindeutig, kommt es für die Auslegung entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus der Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist, wobei der Vertragswille verständiger und redlicher Vertragspartner beachtet werden muss (vgl. BAG, Urteil vom 24.10.2007, 10 AZR 825/06, zitiert nach juris).
In einem zweiten Schritt sind dann die bei Abgabe der Erklärung bestehenden äußeren Umstände hinzuzuziehen, soweit sie einen Schluss auf den Sinngehalt zulassen. Auch zeitlich nach Abgabe der Erklärung liegende Umstände, Äußerungen und Verhaltensweisen der Parteien können zumindest als Indizien für die Auslegung von Bedeutung sein.
Führt die objektive Auslegung zu keinem eindeutigen, sondern zu einem mehrdeutigen Ergebnis, greift die Unklarheitenregelung ein. § 305 c Abs. 2 BGB enthält eine die §§ 133, 157 BGB ergänzende Auslegungsregel für Allgemeine Geschäftsbedingungen. Die Unklarheitenregelung hat die Funktion, bei objektiv mehrdeutigen Klauseln eine Auslegungshilfe zu geben und in diesem Fall die Interessen des Verwenders hinter denjenigen der anderen Partei zurücktreten zu lassen. Die Norm beruht auf dem Gedanken, dass es Sache derjenige Partei ist, welche die Vertragsgestaltungsfreiheit für sich in Anspruch nimmt, sich klar und unmissverständlich auszudrücken. Unklarheiten gehen zu ihren Lasten (vgl. ErfK, 8. Aufl., §§ 305 - 310 BGB, Rdnr. 32).
Bleibt nach Ausschöpfung der Auslegungsmethoden mithin ein nicht behebbarer Zweifel, geht dies gemäß § 305 c Abs. 2 BGB zu Lasten des Verwenders. Die Anwendung der Unklarheitenregel setzt allerdings voraus, dass die Auslegung einer einzelnen AGB-Bestimmung mindestens zwei Ergebnisse als vertretbar erscheinen lässt und von diesen keine den klaren Vorzug verdient. Es müssen "erhebliche Zweifel" an der richtigen Auslegung bestehen. Die entfernte Möglichkeit, zu einem anderen Ergebnis zu kommen, genügt für die Anwendung der Bestimmung nicht (vgl. BAG, Urteil vom 24.10.2007, 10 AZR 825/06, zitiert nach juris).
Nach Auffassung der Berufungskammer bestehen hinsichtlich der streitgegenständlichen Klausel erhebliche Auslegungszweifel in vorstehendem Sinn.
Eine als Weihnachtsgeld, Gratifikation oder 13. Monatsgehalt gezahlte Sondervergütung steht nicht ohne weiteres unter dem Vorbehalt einer Rückzahlungspflicht. Soll eine solche begründet werden, muss eine Rückzahlungsklausel ausdrücklich vereinbart werden. Dabei muss nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts die Rückzahlungspflicht ausdrücklich und eindeutig sowie für den Arbeitnehmer überschaubar und klar geregelt werden (vgl. dazu schon BAG, Urteil vom 14.06.1995, 10 AZR 25/94, zitiert nach juris).
Diesen Anforderungen genügt die Regelung in Ziffer 5 des Arbeitsvertrages hinsichtlich der Formulierung "aus vom Arbeitnehmer zu vertretenen Gründen" nicht.
Ausgehend vom Wortlaut ist ein Synonym für "zu vertreten haben" die Formulierung "zu verantworten haben". Etwas "zu verantworten" beinhaltet umgangssprachlich eine subjektive Vorwerfbarkeit im Sinne eines schuldhaften Handelns. Dieses Verständnis wird durchaus auch von der Gesetzessprache gestützt, denn nach § 276 BGB hat der Schuldner "Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten".
Nach dieser Auslegung könnte die streitgegenständliche Klausel dahingehend verstanden werden, dass der Arbeitnehmer seinen Anspruch auf die Zahlung des 13. Monatsgehalts nur dann verliert, wenn er schuldhaft die Ursache für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses vor Ablauf der Bindungsfrist setzt, zum Beispiel durch Ausspruch einer unberechtigten fristlosen Eigenkündigung oder dadurch, dass er Anlass zum Ausspruch einer verhaltensbedingten Kündigung durch den Arbeitgeber gibt.
Demgegenüber kann die Formulierung "aus vom Arbeitnehmer zu vertretenen Gründen" auch die Bedeutung haben, dass ein Zahlungsanspruch auch dann entfallen soll, wenn das Arbeitsverhältnis - verschuldensunabhängig - aus einem lediglich in der Sphäre des Arbeitnehmers liegendem Grund sein Ende findet, so zum Beispiel, wenn der Arbeitnehmer von seinem ihm jederzeit unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist zustehendem Kündigungsrecht Gebrauch macht.
Beide Auslegungen sind möglich und im Ergebnis vertretbar, so dass die für die Anwendung der Unklarheitenregelung erheblichen Auslegungszweifel zu bejahen sind.
Die streitgegenständliche Vereinbarung ist für die Klägerin mithin nicht überschaubar, da sie die Voraussetzungen für die Rückzahlungspflicht nicht eindeutig festlegt. Aufgrund dieser Vereinbarung konnte die Klägerin nicht erkennen, unter welchen Voraussetzungen sie ihren Zahlungsanspruch verliert und der Beklagte zudem von der Rückforderungsmöglichkeit Gebrauch machen wird, insbesondere konnte sie nicht erkennen, dass auch die Wahrnehmung des ihr gesetzlich zustehenden Kündigungsrechts zum Anspruchsverlust führen sollte. Eine derartige Rückzahlungsklausel ist für den Arbeitnehmer unklar, so dass die Auslegung zu Lasten des Beklagten als Verwender der Regelung gehen muss.
Anhaltspunkte dafür, dass beide Parteien die Vertragsklausel übereinstimmend im Sinne des Beklagten verstanden haben, sind nicht gegeben. Die zunächst vorgetragene Behauptung, der Klägerin sei aufgrund der betrieblichen Handhabung bekannt gewesen, wie die Klausel zu verstehen sei, hat der Beklagte im Kammertermin vor der erkennenden Berufungskammer nicht bestätigt. Vielmehr konnte er sich selbst nicht daran erinnern, ob und wann einer seiner Mitarbeiter mit einer Eigenkündigung ausgeschieden ist und ob er in einem derartigen Fall die Gratifikation nicht ausgezahlt hat.
Zugunsten der Klägerin als Verwendungsgegnerin ist daher von der ihr günstigen Auslegung auszugehen mit der Folge, dass ihre Eigenkündigung unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist nicht zum Anspruchsverlust geführt hat.
2.
Vorstehende Ausführungen gelten gleichermaßen für die Widerklage, die darüber hinaus aber auch deshalb unbegründet ist, weil nach dem - insoweit klaren - Wortlaut der Vertragsklausel die Vergütung zurückzuzahlen ist, wenn das Arbeitsverhältnis aus vom Arbeitnehmer zu vertretenen Gründen innerhalb von 3 Monaten "nach diesen Zeitpunkten" aufgelöst wird. Zu Recht hat bereits das Arbeitsgericht darauf hingewiesen, dass damit auf die jeweils zuvor genannten Fälligkeitszeitpunkte für die jeweilige Auszahlung abgestellt wird. Da das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nach dem ersten Auszahlungstermin länger als drei Monate weiter bestanden hat, steht dem Beklagten schon aus diesem Grund kein Rückzahlungsanspruch zu.
III.
Die Berufung des Beklagten war mithin zurückzuweisen
Die Kosten des erfolglos gebliebenen Rechtsmittels waren gemäß §§ 64 Abs. 6 ArbGG, 97 Abs. 1 ZPO dem Beklagten aufzugeben.
IV.
Die Zulassung der Revision beruht auf § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG.
Ende der Entscheidung
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