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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 19.09.2007
Aktenzeichen: 7 Sa 552/07
Rechtsgebiete: BGB, KSchG, MTV, ZPO, ArbGG


Vorschriften:

BGB § 124
BGB § 126 b
BGB § 242
BGB § 296
BGB § 613 a
BGB § 613 a Abs. 1
BGB § 613 a Abs. 1 S. 1
BGB § 613 a Abs. 2
BGB § 613 a Abs. 5
BGB § 613 a Abs. 6
BGB § 613 a Abs. 6 S. 1
BGB § 615 S. 2
BGB § 626 Abs. 2
KSchG § 5 Abs. 3 S. 2
MTV § 17
ZPO § 256
ZPO § 256 Abs. 1
ZPO § 301
ArbGG § 46 Abs.2
1. Im Falle einer fehlerhaften Unterrichtung über einen Betriebsübergang kann der Arbeitnehmer - bis zur Grenze der Verwirkung - grundsätzlich unbefristet von seinem Widerspruchsrecht Gebrauch machen.

2. Die Weiterarbeit beim Erwerber kann unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls nicht als Zustimmung des Arbeitnehmers zum Arbeitgeberwechsel oder als stillschweigender Widerspruchsverzicht gewertet werden.

3. Läuft die Widerspruchsfrist wegen einer fehlerhaften Unterrichtung nicht, so kann in der Nichterhebung einer Kündigungsschutzklage gegen eine vom Betriebserwerber ausgesprochene Kündigung kein konkludenter Verzicht des Arbeitnehmers auf die Ausübung des Widerspruchsrechts gesehen werden.

4. Ob die Ausübung des Widerspruchsrechts rechtsmissbräuchlich ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab.


Tenor:

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Solingen vom 23.01.2007 - 5 Ca 918/06 lev - teilweise abgeändert:

Es wird festgestellt, dass zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis besteht.

2. Die Kostenentscheidung bleibt dem Schluss-Urteil vorbehalten.

3. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Mit ihrer am 09.05.2006 beim Arbeitsgericht Solingen eingegangenen Klage begehrt die Klägerin die Feststellung, dass zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis besteht. Außerdem macht sie Zahlungsansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, hilfsweise die Zahlung von Schadensersatz geltend. Die Parteien streiten darüber, ob die Klägerin dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf den Erwerber eines Betriebsteils der Beklagten wirksam widersprochen hat.

Die Klägerin war seit dem 01.08.1968 zu einem monatlichen Bruttolohn in Höhe von 3.603,36 € bei der Beklagten beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis finden die Tarifverträge der chemischen Industrie Anwendung.

Die Klägerin war dem Geschäftsbereich Consumer Imaging (CI) zugeordnet, der insbesondere die Geschäftsfelder Film, Finishing und Laborgeräte umfasste. Da dieser Geschäftsbereich seit mehreren Jahren einen massiven Umsatzrückgang zu verzeichnen hatte, hat die Beklagte zur Kostenreduzierung Personalabbaumaßnahmen durchgeführt. Dazu gehörte unter anderem auch der Abschluss von Vorruhestandsverträgen oder Altersteilzeitvereinbarungen, in denen den jeweiligen Arbeitnehmern zum Teil erhebliche finanzielle Leistungen zugesagt wurden.

Unter dem Datum vom 14.10.2004 schloss die Beklagte mit dem bei ihr bestehenden Betriebsrat einen Interessenausgleich mit Namensliste ab (Bl. 106 - 110 der Akte).

Ende des Jahres 2004 wurde der Geschäftsbereich CI im Wege eines Betriebsübergangs ausgegliedert und mit Wirkung zum 01.11.2004 auf die neu gegründete B. Photo GmbH übertragen.

Für die von dem Teilbetriebsübergang betroffenen Belegschaftsmitglieder fanden Informationsveranstaltungen statt. Unter anderem hat die Beklagte eine solche Informationsveranstaltung am 19.08.2004 abgehalten, bei der der spätere Geschäftsführer der B. Photo GmbH F. S., zum damaligen Zeitpunkt Mitglied des Vorstandes der Beklagten, Informationen zur wirtschaftlichen Situation der B. Photo GmbH erteilte. Außerdem wurden die Arbeitnehmer in Mitarbeiterzeitschriften über den bevorstehenden Teilbetriebsübergang unterrichtet. Im Monat September 2004 befanden sich in den betriebsinternen Magazinen die Zahlenangaben für die Erwerberin B. Photo GmbH von 300 Millionen Eigenkapitalsumme sowie 70 bzw. 72 Millionen Euro Barmittel.

Sämtliche dem Geschäftsbereich CI zugeordneten Arbeitnehmer der Beklagten haben im Oktober 2004 im Zusammenhang mit der Übertragung des Geschäftsbereichs CI eine im wesentlichen gleich lautende schriftliche Information erhalten. Die Informationsschreiben unterscheiden sich allerdings abhängig von der jeweiligen arbeitsvertraglichen Situation der betroffenen Mitarbeiter in Einzelfragen voneinander.

Mit Schreiben vom 22.10.2004 wurde auch die Klägerin über die geplante Übertragung des Geschäftsbereichs CI informiert. Nach Hinweis auf die Informationspflicht gemäß § 613 a BGB und Wiedergabe des Textes von § 613 a Abs.5 und 6 BGB teilte die Beklagte mit, es werde hiermit noch einmal schriftlich die vorgesehene und mit dem Verhandlungsgremium des Gesamtbetriebsrates und der örtlichen Betriebsräte abgestimmte Information gegeben, auch wenn sie - die Klägerin - aus der bisherigen Kommunikation bereits über die Einzelheiten informiert sei.

Unter Ziffer 2. wird ausgeführt, die B. Photo GmbH übernehme das Vermögen von CI. Hierzu gehörten insbesondere Produktionsanlagen, Markenzeichen, Patente und technologisches Know-how, Vorräte und Forderungen. Das Unternehmen werde mit einem guten Eigenkapital ausgestattet und verfüge über hohe Liquidität, um unerwartet auftretende Risiken bewältigen, in neue Geschäfte investieren und Marktchancen besser nutzen zu können.

Unter Ziffer 4. dieses Schreibens hat die Beklagte den geplanten Personalabbau dargelegt.

Unter Ziffer 5. hat sie der Klägerin mitgeteilt, dass ihr Arbeitsverhältnis von dem geplanten Personalabbau gemäß Ziffer 4. betroffen sei. Die Zustimmung des Betriebsrats zu ihrer Aufnahme in die Namensliste liege derzeit noch nicht vor. Sie müsse nach Abschluss der Verhandlungen mit dem Betriebsrat damit rechnen, mit oder ohne Aufnahme in die Namensliste der zur Kündigung vorgesehenen Mitarbeiter, eine Kündigung zu erhalten. Zur Milderung wirtschaftlicher Nachteile stünden ihr dann die in unserem Sozialplan vorgesehenen Leistungen zu.

Nach weiteren Darlegungen zum Widerspruchsrecht wurde die Klägerin unter Ziffer 7 darauf hingewiesen, dass sie im Falle eines Widerspruchs wegen einer nicht bestehenden Weiterbeschäftigungsmöglichkeit bei der Beklagten damit rechnen müsse, ihren Arbeitsplatz ohne jede finanzielle Leistung zu verlieren und für den Fall der Arbeitslosigkeit nach einem Widerspruch Ansprüche auf Leistungen der Agentur für Arbeit in Frage gestellt seien. Der Klägerin wurde sodann dringend empfohlen, von einem Widerspruch abzusehen.

Wegen des Inhalts des Informationsschreibens und dessen Formulierung im Einzelnen wird auf Bl. 9 -12 der Akte Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 01.12.2004 kündigte die B. Photo GmbH das Arbeitsverhältnis der Klägerin zum 30.07.2005.

Gegen diese Kündigung hat die Klägerin keine Kündigungsschutzklage erhoben.

Ebenfalls mit Schreiben vom 01.12.2004 teilte die B. Photo GmbH der Klägerin mit, sie erhalte im Zuge der Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Austrittsmonat eine Abfindung in Höhe von 62.971,00 €.

Am 20.05.2005 stellte die B. Photo GmbH einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahren.

Am 01.08.2005 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der B. Photo GmbH eröffnet.

Bereits nach der Stellung des Insolvenzantrages widersprachen zahlreiche Arbeitnehmer dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses von der Beklagten auf die B. Photo GmbH.

Am 11.10.2005 fand vor dem Amtsgericht Köln als Insolvenzgericht eine Gläubigerversammlung statt, nach der sowohl der Bericht des Insolvenzverwalters über das Vermögen der B. Photo GmbH Dr. S. als auch der Bericht des damaligen Interims-Geschäftsführers K. veröffentlicht wurden.

Hinsichtlich des Berichts des Herrn K. wird auf Bl. 15 -33 der Akte Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 06.02.2006 widersprach die Klägerin wegen nicht ordnungsgemäßer Unterrichtung über den Betriebsübergang dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf die Erwerberin und forderte die Beklagte auf, das Arbeitsverhältnis für die Zeit ab dem 01.11.2004 ordnungsgemäß abzurechnen (Bl. 13 der Akte).

Mit Schreiben vom 14.03.2006 forderte sie die Beklagte auf, rückständiges Gehalt in Höhe von 39.979,29 € abzüglich des gezahlten Insolvenzgeldes und Arbeitslosengeldes zu zahlen (Bl. 14 der Akte).

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, sie habe im Februar 2006 dem Betriebsübergang noch widersprechen können, da sie bis dahin nicht ausreichend und korrekt über den Betriebsübergang informiert worden sei. Die Beklagte habe über die für die Klägerin entscheidenden Haftungsfragen nichts gesagt. Außerdem seien die Ausführungen der Beklagten über die Folgen des Widerspruchs fehlerhaft. Im Informationsscheiben sei ihr mitgeteilt worden, dass ihr Arbeitsplatz wegfallen werde, und zwar sowohl bei der Beklagten als auch bei der B. Photo GmbH. Durch einen Widerspruch hätte sie daher ihren Anspruch auf eine Sozialplanabfindung nicht verloren. Die Information unter Ziffer 7 des Informationsschreibens sei somit fehlerhaft. Die Beklagte habe auch nicht ausreichend über den Betriebsübernehmer informiert, da weder der Firmensitz noch die Adresse des Erwerbers angegeben worden seien. Darüber hinaus habe die Beklagte über die finanzielle Ausstattung der Erwerberin falsch informiert. Dass die Informationen fehlerhaft gewesen seien, zeige der bereits nach sieben Monaten erfolgte Insolvenzantrag der Erwerberin. Ob über die wirtschaftliche Lage der Erwerberin informiert werden müsse, könne dabei dahinstehen, da entsprechende Äußerungen - wenn sie denn erfolgen - jedenfalls den Tatsachen entsprechen müssten. Außerdem habe die Beklagte die Klägerin in unzulässiger Weise unter Druck gesetzt, da sie ihr in Aussicht gestellt habe, bei Ausübung des Widerspruchs drohe der Verlust des Arbeitsplatzes ohne jede finanzielle Leistung und zusätzlich seien Einbußen beim Arbeitslosengeld zu erwarten. Die Kündigung der B. Photo GmbH sei aufgrund der Rückwirkung des Widerspruchs ins Leere gegangen und habe das Arbeitsverhältnis nicht beenden können. Das Widerspruchsrecht sei auch nicht verwirkt. Eine Höchstfrist zur Ausübung des Widerspruchsrechts gebe es nicht. Jedenfalls fehle eine Umstandsmoment. Sie - die Klägerin - sei seit Januar 2005 freigestellt gewesen und habe damit bei der Erwerberin nicht weitergearbeitet. Sie habe daher auch nicht an den zahlreichen Betriebsversammlungen teilgenommen, auf denen über den Sachstand informiert worden sei.

Sie habe gegen die Beklagte einen Anspruch auf Annahmeverzugslohn. Ein Angebot der Arbeitsleistung sei nach § 296 BGB entbehrlich gewesen. Zumindest stehe ihr ein Schadensersatzanspruch in Höhe der zugesagten Abfindung zu. Dazu hat die Klägerin ausgeführt, sie hätte dem Übergang des Arbeitsverhältnisses ehr widersprochen, wenn sie gewusst hätte, dass eine Haftung der Beklagten für die Abfindung ausgeschlossen sei.

Die Klägerin hat beantragt,

1. festzustellen, dass zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis besteht;

2. die Beklagte zu verurteilen, an sie 3.603,36 EUR brutto (Entgelt Mai 2005) abzüglich bezogenem Insolvenzgeld in Höhe von 2.466,25 EUR netto nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.06.2005 zu zahlen;

3. die Beklagte zu verurteilen, an sie 4.216,96 EUR brutto (Entgelt Juni 2005 und Urlaubsgeld 2005) abzüglich bezogenem Insolvenzgeld in Höhe von 2.956,41 EUR netto nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.07.2005 zu zahlen;

4. die Beklagte zu verurteilen, an sie 3.603,36 EUR brutto (Entgelt Juli 2005) abzüglich bezogenem Insolvenzgeld in Höhe von 2.988,67 EUR netto nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.08.2005 zu zahlen;

5. die Beklagte zu verurteilen, an sie 3.603,36 EUR brutto (Entgelt August 2005) abzüglich bezogenem Insolvenzgeld in Höhe von 1.277,70 EUR netto nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.09.2005 zu zahlen;

6. die Beklagte zu verurteilen, an sie 3.603,36 EUR brutto (Entgelt September 2005) abzüglich bezogenem Insolvenzgeld in Höhe von 1.277,70 EUR netto nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.10.2005 zu zahlen;

7. die Beklagte zu verurteilen, an sie 3.603,36 EUR brutto (Entgelt Oktober 2005) abzüglich bezogenem Insolvenzgeld in Höhe von 1.277,70 EUR netto nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.11.2005 zu zahlen;

8. die Beklagte zu verurteilen, an sie 6.835,54 EUR brutto (Entgelt November 2005 und Weihnachtsgeld 2005) abzüglich bezogenem Insolvenzgeld in Höhe von 1.277,70 EUR netto nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.12.2005 zu zahlen;

9. die Beklagte zu verurteilen, an sie 3.603,36 EUR brutto (Entgelt Dezember 2005) abzüglich bezogenem Arbeitslosengeld in Höhe von 1.277,70 EUR netto nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.01.2006 zu zahlen;

10. die Beklagte zu verurteilen, an sie 3.603,36 EUR brutto (Entgelt Januar 2006) abzüglich bezogenem Arbeitslosengeld in Höhe von 1.277,70 EUR netto nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.02.2006 zu zahlen;

11. die Beklagte zu verurteilen, an sie 3.603,36 EUR brutto (Entgelt Februar 2006) abzüglich bezogenem Arbeitslosengeld in Höhe von 1.277,70 EUR netto nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.03.2006 zu zahlen;

12. die Beklagte zu verurteilen, an sie 3.603,36 EUR brutto (Entgelt März 2006) abzüglich bezogenem Arbeitslosengeld in Höhe von 1.277,70 EUR netto nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.04.2006 zu zahlen;

13. die Beklagte zu verurteilen, an sie 3.603,36 EUR brutto (Entgelt April 2006) abzüglich bezogenem Arbeitslosengeld in Höhe von 1.277,70 EUR netto nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.05.2006 zu zahlen;

14. hilfsweise, die Beklagte zu verurteilen, an sie 62.971,00 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.07.2005 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, ein Arbeitsverhältnis zur Klägerin bestehe nicht mehr, da mangels eines wirksamen Widerspruchs die B. Photo GmbH Arbeitgeberin der Klägerin geworden sei. Da die mit Schreiben vom 22.10.2004 erteilten Informationen ausreichend und korrekt gewesen seien, sei die gesetzliche einmonatige Widerspruchsfrist bei Einlegen des Widerspruchs durch die Klägerin bereits lange verstrichen gewesen. Für die Frage einer richtigen und ausreichenden Information bezüglich des Betriebsübergangs sei allein der Inhalt des Schreibens vom 22.10.2004 maßgeblich gewesen. Dies ergebe sich schon aus dem Textformerfordernis in § 613 a Abs.5 BGB. Mitteilungen auf Betriebsversammlungen oder in betriebsinternen Magazinen genügten nicht der Formvorschrift des § 126 b BGB. Eine Pflicht zur Information über die wirtschaftliche Lage eines Erwerbers gebe es nicht. Abgesehen davon, dass die im Zusammenhang mit dem Betriebsübergang erteilten Informationen korrekt gewesen seien, enthalte das Schreiben vom 22.10.2004 keine konkrete Information über die wirtschaftliche Solvenz der B. Photo GmbH, sondern beschränke sich auf eine Bewertung. Ein Widerspruch im Februar 2006 sei auch deshalb nicht mehr möglich gewesen, weil entsprechend § 5 Abs. 3 S. 2 KSchG von einer Höchstfrist von sechs Monaten auszugehen sei. Zumindest habe die Klägerin ihr Widerspruchsrecht dadurch verwirkt, dass sie mehr als ein Jahr lang in der Abwicklung ihres Arbeitsverhältnisses die Erwerberin als ihre Arbeitgeberin akzeptiert habe. Des weiteren sei zu bedenken, dass die Klägerin eine Kündigung der Erwerberin gegen Zahlung einer Abfindung akzeptiert habe. Dies bedeute im Ergebnis nichts anderes als eine Verzichtserklärung über die Ausübung des Widerspruchsrechts. Zudem habe es zahlreiche Zeitpunkte und Entwicklungen im Rahmen der Insolvenz der B. Photo GmbH gegeben, welche eine Entscheidung der Klägerin für einen Widerspruch hätten hervorrufen können. Es lägen damit eine Vielzahl von Umstandsmomenten vor. Jedenfalls in der Summe der Umstandsmomente sei von einer Verwirkung auszugehen. Da die Klägerin gegen die Kündigung der Erwerberin keine Kündigungsschutzklage erhoben habe, sei das Arbeitsverhältnis ohnehin beendet. Nach dem rechtlichen Ende des Arbeitsverhältnisses komme ein Widerspruch nicht mehr in Betracht. Der Widerspruch der Klägerin sei daher bereits rechtstechnisch ins Leere gegangen. Dies ergebe sich sowohl aus dem Wortlaut des Gesetzes als auch aus dessen Sinn und Zweck und der Gesetzessystematik. Die geltend gemachten Zahlungsansprüche stünden der Klägerin schon deshalb nicht zu, weil zwischen den Parteien kein Vertragsverhältnis mehr bestehe. Im Übrigen sei der Vortrag der Klägerin unsubstantiiert. Keinesfalls könne ein Annahmeverzug der Beklagten vor Zugang des Widerspruchsschreibens in Betracht kommen. Schließlich hat die Beklagte sich auf einen Verfall der Forderungen gemäß § 17 MTV Chemie berufen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Klägerin habe dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses im Februar 2006 nicht mehr widersprechen können, weil ihr Widerspruch gemäß § 242 BGB verwirkt sei. Das Zeitmoment sei erfüllt, weil die Klägerin erst mehr als 15 Monate nach Betriebsübergang Widerspruch eingelegt habe. Das Umstandsmoment sei gegeben, weil neben der Weiterarbeit der Klägerin weitere Umstände gegeben seien, die das Vertrauen der Beklagten geweckt hätten, die Klägerin werde dem Betriebsübergang nicht mehr widersprechen. So habe weder die Insolvenzantragstellung noch die Insolvenzeröffnung die Klägerin veranlasst, von ihrem Widerspruchsrecht Gebrauch zu machen. Auch die Nichtauszahlung der Abfindung habe sie nicht zum Anlass genommen, dem Betriebsübergang zu widersprechen. Vielmehr habe sie nach Insolvenzeröffnung weitere 6 Monate abgewartet, bevor sie dem Betriebsübergang widersprochen habe. Der Erfüllung des Umstandmoments stehe nicht entgegen, dass die Beklagte sich möglicherweise selbst nicht rechtstreu verhalten habe, denn es gebe keinen Rechtsgrundsatz, der besage, dass derjenige, der sich nicht rechtstreu verhalte, dauerhaft eines möglichen Vertrauensschutzes verlustig gehe. Auch ein Schadensersatzanspruch der Klägerin scheide aus, da die Klägerin nach Verwirkung ihres Widerspruchsrechts mittels Schadensersatzanspruchs nicht mehr so gestellt werden könne, als habe sie rechtzeitig Widerspruch erhoben. Eine Zahlungsverpflichtung der Beklagten gemäß § 613 a Abs. 2 BGB hinsichtlich der hilfsweise geltend gemachten Abfindung scheide aus, weil der Abfindungsanspruch nicht vor dem Datum des Betriebsübergangs entstanden sei. Ein Schadensersatzanspruch hinsichtlich dieser Forderung scheide aus, weil nicht erkennbar sei, dass die Klägerin bei ordnungsgemäßer Unterrichtung rechtzeitig einen Widerspruch erklärt hätte.

Gegen das der Klägerin am 21.02.2007 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts Solingen hat die Klägerin mit einem am 21.03.2007 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit einem am 19.04.2007 per Fax und am 23.04.2007 im Original bei dem Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet.

Mit der Berufung macht die Klägerin geltend, hinsichtlich der Verwirkung gehe das Arbeitsgericht rechtsfehlerhaft davon aus, das Zeitmoment sei in der Regel dann erfüllt, wenn vom Zeitpunkt des Betriebsübergangs mehr als ein Jahr vergangen sei. Die rechtsunkundige Klägerin habe frühestens Ende August 2005 von der Fehlerhaftigkeit des Informationsschreibens Kenntnis erlangen können, als ihr nämlich die zugesicherte Abfindung nicht gezahlt wurde und sie die Forderung zur Insolvenztabelle anmelden musste. Lege man den Rechtsgedanken des § 124 BGB zu Grunde, sei bereits das Zeitmoment im Februar 2006 nicht erfüllt gewesen. Abgesehen davon sei auch kein Umstandsmoment gegeben. Angesichts der Hinweise im Unterrichtungsschreiben verhalte die Beklagte sich widersprüchlich, wenn sie sich im Rahmen der Verwirkung nunmehr auf die Weiterarbeit bei der Erwerberin berufe. Zudem habe sie nur zwei Monate bei der Erwerberin gearbeitet und sei sodann freigestellt worden.

Schließlich habe die Beklagte manipulativ auf die Arbeitnehmer eingewirkt, um diese davon abzuhalten, dem geplanten Betriebsübergang zu widersprechen. Das unredliche und pflichtwidrige Verhalten der Beklagten schließe aus, dass diese sich auf einen sie begünstigenden Vertrauenstatbestand berufen könne.

Die Klägerin vertritt weiterhin unter Bezugnahme auf ihren erstinstanzlichen Vortrag die Auffassung, dass das Unterrichtungsschreiben fehlerhaft war. Sie weist zusätzlich darauf hin, dass die Beklagte auch nicht über den Kündigungsschutz informiert habe.

Sie ist der Ansicht, ihr stehe zumindest der hilfsweise geltend gemachte Abfindungsanspruch zu. Dies führt sie im Einzelnen in ihrer Berufungsbegründung auf S. 12 - 15 aus. Insoweit wird auf Bl. 189 - 192 der Akte Bezug genommen.

Die Klägerin beantragt,

1. festzustellen, dass zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis besteht.

2. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 3.603,36 € brutto ( Entgelt Mai 2005) abzüglich bezogenem Insolvenzgeld in Höhe von 2.466,25 netto nebst Zinsen hieraus in Höhe von 2.466,25 € netto nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.06.2005 zu zahlen.

3. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 4.216,96 € brutto ( Entgelt Juni 2005 und Urlaubsgeld 2005) abzüglich bezogenem Insolvenzgeld in Höhe von 2.956,41 € netto nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.07.2005 zu zahlen.

4. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 3.603,36 € brutto ( Entgelt Juli 2005) abzüglich bezogenem Insolvenzgeld in Höhe von 2.988,67 € netto nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.08.2005 zu zahlen.

5. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 3.603,36 € brutto ( Entgelt August 2005) abzüglich bezogenem Arbeitslosengeld in Höhe von 1.277,70 € netto nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.09.2005 zu zahlen.

6. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 3.603,36 € brutto ( Entgelt September 2005) abzüglich bezogenem Arbeitslosengeld in Höhe von 1.277,70 € netto nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.10.2005 zu zahlen.

7. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 3.603,36 € brutto ( Entgelt Oktober 2005) abzüglich bezogenem Arbeitslosengeld in Höhe von 1.277,70 € netto nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.11.2005 zu zahlen.

8. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 6.835,54 € brutto ( Entgelt November und Weihnachtsgeld 2005) abzüglich bezogenem Insolvenzgeld in Höhe von 1.277,70 € netto nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.12.2005 zu zahlen.

9. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 3.603,36 € brutto ( Entgelt Dezember 2005) abzüglich bezogenem Arbeitslosengeld in Höhe von 1.277,70 € netto nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.01.2006 zu zahlen.

10. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 3.603,36 € brutto ( Entgelt Januar 2006) abzüglich bezogenem Arbeitslosengeld in Höhe von 1.277,70 € netto nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.02.2006 zu zahlen.

11. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 3.603,36 € brutto ( Entgelt Februar 2006) abzüglich bezogenem Arbeitslosengeld in Höhe von 1.277,70 € netto nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.03.2006 zu zahlen.

12. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 3.603,36 € brutto ( Entgelt März 2006) abzüglich bezogenem Arbeitslosengeld in Höhe von 1.277,70 € netto nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.04.2006 zu zahlen.

13. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 3.603,36 € brutto ( Entgelt April 2006) abzüglich bezogenem Arbeitslosengeld in Höhe von 1.277,70 € netto nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.05.2006 zu zahlen.

14. hilfsweise, die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 62.971,00 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.07.2006 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil und trägt dazu unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vortrags vor, dass das Informationsschreiben über den Betriebsübergang vom 22.10.2004 nicht unvollständig und nicht fehlerhaft gewesen und der Widerspruch der Klägerin ungeachtet dessen jedenfalls verwirkt sei. Auch unter Berücksichtigung der neueren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts seien die in dem Informationsschreiben enthaltenen Aussagen zur Haftungsverteilung zwischen Veräußerer und Erwerber ausreichend, um den Mindestanforderungen gerecht zu werden. Für die Information über Haftungsfragen sei einerseits zwischen der Information über den Austausch des Vertragspartners sowie andererseits über die befristete gesamtschuldnerische Haftung zu differenzieren. Über den Austausch des Vertragspartners und das damit einhergehende Ende der Haftung der Beklagten sei die Klägerin in dem Informationsschreiben deutlich durch den Hinweis informiert worden, dass ihr Arbeitsverhältnis auf die B. Photo GmbH übergehen werde. Der Begriff Übergang könne bei verständiger Würdigung nur dahingehend verstanden werden, dass das Arbeitsverhältnis zur Beklagten beendet und mit der B. Photo GmbH fortgeführt werde. Dieses Verständnis werde auch in weiteren Formulierungen des Informationsschreibens verdeutlicht. So werde auf S.3 darauf hingewiesen, dass die in der Überleitungsvereinbarung getroffenen Regelungen davon geprägt seien, soweit wie möglich Kontinuität zu wahren . Daraus ergebe sich, dass eine völlig unveränderte Kontinuität unter Beibehaltung des bisherigen Vertragspartners gerade nicht eintrete.

Ein zusätzlicher Hinweis auf die Haftungsregelung in § 613 a Abs.2 BGB sei nicht erforderlich gewesen. Die zusätzliche gesamtschuldnerische Haftung für die Dauer eines Jahres sei eine für den Arbeitnehmer gegenüber der Normalsituation günstigere gesetzliche Regelung. Für einen Arbeitnehmer, der sich bereits entschieden habe, dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses nicht zu widersprechen, könne ein fehlender Hinweis auf die gesamtschuldnerische Nachhaftung keine Bedeutung haben, denn wenn ihm durch Hinweis auf die gesamtschuldnerische Nachhaftung die Situation noch günstiger hätte dargestellt werden können, hätte ihn dies sicherlich nicht dazu veranlasst, deshalb dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses zu widersprechen.

Die kündigungsrechtliche Situation der Klägerin sei unter Ziffer 4. und 5. des Informationsschreibens ausführlich dargelegt. Damit sei entscheidend mehr gesagt als mit einer reinen Wiedergabe des Gesetzeswortlautes.

Im Rahmen des § 613 a Abs. 5 BGB sei sie - die Beklagte - auch dazu verpflichtet gewesen, auf mögliche Schwierigkeiten beim Bezug von Arbeitslosengeld hinzuweisen. Aus Parallelverfahren sei ihr bekannt, dass es tatsächlich zu einer Verhängung von Sperrzeiten beim Arbeitsamt gekommen sei.

Zudem sei das Informationsschreiben in enger Absprache mit den Arbeitnehmervertretungen verfasst worden. Spätestens zum 31.07.2005 sei jegliche Widerspruchsfrist für die Klägerin abgelaufen gewesen, weil zu diesem Zeitpunkt das Arbeitsverhältnis sein rechtliches Ende gefunden habe.

Die Beklagte hebt erneut vor, der Widerspruch sei bereits wegen der Kündigung der Erwerberin ins Leere gegangen.

Der Widerspruch der Klägerin sei jedenfalls verwirkt. Da gerade die Frage nach dem Bestand des Arbeitsverhältnisses besonders eilig klärungsbedürftig sei, seien an das Zeitmoment bei der Frage nach dem Fortbestand eines Arbeitsverhältnisses keine hohen Anforderungen zu stellen. Die behauptete Fehlerhaftigkeit des Unterrichtungsschreiben habe die Klägerin schon in dem Moment erkennen können, als ihr das Unterrichtungsschreiben zugegangen sei. Ab diesem Zeitpunkt beginne das Zeitmoment der Verwirkung zu laufen.

Als Umstandmoment komme neben der Weiterarbeit für die Erwerberin hinzu, dass die Klägerin es im Hinblick auf die von der B. Photo GmbH erteilte Abfindungszusage unterlassen habe, eine Kündigungsschutzklage zu erheben, Damit habe sie eine Entscheidung über die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses getroffen. Gleichzeitig habe sie damit zu erkennen gegeben, dass sie den Betriebsübergang als solchen akzeptiert habe und mit der Beendigung des übergegangenen Arbeitsverhältnisses einverstanden sei. Dies bedeute im Ergebnis nichts anderes als eine Verzichtserklärung über die Ausübung des Widerspruchsrechtes. Sollte die Klägerin tatsächlich freigestellt worden sein, so habe sie auch durch die Freistellungsvereinbarung mit der Erwerberin diese als Arbeitgeberin akzeptiert. Es lägen damit bei der klägerischen Partei eine Vielzahl von Umstandsmomenten vor. Eine Anknüpfung an ein jedes einzelne sei bereits ausreichend, um eine Verwirkung anzunehmen. Jedenfalls in der Summe der Umstandsmomente sei von einer Verwirkung des behaupteten Widerspruchsrechts auszugehen.

Es bestehe weder ein Anspruch der Klägerin auf Annahmeverzugslohn noch auf Schadensersatz. Dies führt die Beklagte auf S. 21 - 29 der Berufungserwiderung aus. Insoweit wird auf Bl. 245 - 253 der Akte Bezug genommen.

Wegen des weiteren Berufungsvorbringens der Parteien wird auf ihre in zweiter Instanz gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die statthafte (§ 64 Abs. 1 ArbGG), nach dem Wert des Beschwerdegegenstandes zulässige (§ 64 Abs. 2 ArbGG), form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung (§§ 66 Abs. 1 Satz 1, 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. §§ 519, 520 Abs. 3 ZPO) ist zulässig.

II.

Die Berufung der Klägerin ist auch in dem von diesem Teilurteil umfassten Umfang begründet. Da nur der Feststellungsantrag zur Endentscheidung reif war, war gemäß § 301 ZPO durch Teilurteil zu entscheiden. Nach Auffassung der Berufungskammer hat die Klägerin dem Betriebsübergang wirksam widersprochen. Das Urteil des Arbeitsgerichts war daher im tenorierten Umfang teilweise abzuändern.

1.

Die auf Feststellung des Bestehens eines Anstellungsverhältnisses gerichtete Klage ist gemäß §§ 46 Abs.2 ArbGG, 256 Abs.1 ZPO zulässig. Das Arbeitsgericht hat zu Recht das für eine Feststellungsklage gemäß § 256 ZPO erforderliche Rechtsschutzinteresse der Klägerin bejaht.

Nach § 256 Abs.1 ZPO kann auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde. Das Bundesarbeitsgericht hat Klagen von Beschäftigten auf Feststellung, dass zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis besteht, also gegenwartsbezogene Klagen, in ständiger Rechtsprechung für zulässig erklärt. Die Klägerin verfügt mithin über das zur Erhebung der Feststellungsklage notwendige Feststellungsinteresse, denn die Beklagte stellt den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses und die sich daraus ergebenden Verpflichtungen in Abrede.

2.

Die Feststellungsklage ist auch begründet. Nach Auffassung der Berufungskammer besteht das Arbeitsverhältnis der Klägerin zur Beklagten fort. Zwar ist der Betriebsteil, in dem die Klägerin beschäftigt war, gemäß § 613 a Abs.1 BGB auf die B. Photo GmbH übergegangen. Die Klägerin hat dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses jedoch rechtzeitig und wirksam gemäß § 613 a Abs.6 BGB widersprochen.

Der Widerspruch der Klägerin mit Schreiben vom 06.02.2006 war noch rechtzeitig, da die Beklagte die Klägerin über den Betriebsteilübergang nicht ordnungsgemäß im Sinne des § 613 a Abs.5 BGB unterrichtet hat mit der Folge, dass die einmonatige Widerspruchsfrist gemäß § 613 a Abs.6 BGB nicht in Lauf gesetzt worden ist. Eine Verwirkung des Widerspruchsrechtes kann nicht festgestellt werden.

a)

Die Klägerin hat dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses form- und fristgerecht widersprochen. Die Monatsfrist des § 613 a Abs. 6 BGB war wegen fehlerhafter Unterrichtung der Beklagten über den Teilbetriebsübergang noch nicht verstrichen.

Durch das Gesetz zur Änderung des Seemannsgesetzes und anderer Gesetze vom 23.März 2002 (BGBl. I S.1163) wurde § 613 a BGB mit Wirkung ab 1.April 2002 um die Absätze 5 und 6 ergänzt. § 613 a Abs.5 BGB bestimmt, dass der bisherige Arbeitgeber oder der neue Inhaber die von einem Betriebsübergang betroffenen Arbeitnehmer vor dem Übergang in Textform über den (geplanten) Zeitpunkt des Übergangs, den Grund für den Übergang, die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs für die Arbeitnehmer und die hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen zu unterrichten hat. Gemäß § 613 a Abs.6 BGB kann der Arbeitnehmer dem Übergang des Arbeitsverhältnisses innerhalb eines Monats nach Zugang der Unterrichtung nach Abs.5 schriftlich widersprechen. Der Widerspruch kann gegenüber dem bisherigen Arbeitgeber oder dem neuen Inhaber erklärt werden. Rechtsfolge der unterbliebenen Unterrichtung nach § 613 a Abs.5 BGB ist, dass die Widerspruchsfrist gemäß Abs.6 nicht zu laufen beginnt. Nach allgemeiner Ansicht, der sich die Berufungskammer anschließt, gilt das auch für die unvollständige Unterrichtung (vgl. BAG, Urteil vom 24.05.2005, 8 AZR 398/04 = NZA 2005, 1978 m.w.N.; BAG, Urteil vom 13.07.2006, 8 AZR 305/05).

Die Unterrichtung soll dem Arbeitnehmer eine ausreichende Wissensgrundlage für die Ausübung oder Nichtausübung seines Widerspruchsrechtes geben (vgl. BT-Drucksache 14/7760 S.19). Auf der Grundlage der Information soll der Arbeitnehmer die Folgen des Betriebsübergangs für sich abschätzen können. Die erteilten Informationen müssen zutreffend sein. Ob die Unterrichtung ordnungsgemäß ist, kann vom Gericht überprüft werden (vgl. BAG, Urteil vom 13.07.2006, 8 AZR 305/05).

Vorstehenden Anforderungen genügt das Unterrichtungsschreiben der Beklagten vom 22.10.2004 nicht, denn die Beklagte hat die Klägerin jedenfalls nicht hinreichend über die rechtlichen Folgen des Teilbetriebsübergangs unterrichtet.

Die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Betriebsübergangs ergeben sich nach der Gesetzesbegründung vor allem aus den Absätzen 1 bis 4 des § 613 a BGB. Der Gesetzgeber nennt insoweit - unter Bezugnahme auf § 613 a Abs.1 - 4 BGB - die Fragen der Weitergeltung oder Änderung der bisherigen Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis, der Haftung des bisherigen Arbeitgebers und des neuen Inhabers sowie des Kündigungsschutzes (BT-Drucksache 14/7760 S.19). Bereits aus der Gesetzesbegründung ist mithin zu entnehmen, dass auch über das Haftungssystem des 613 a Abs.2 BGB zu unterrichten ist. Dass die Unterrichtung über die rechtlichen Folgen auch Angaben zu der Haftung des bisherigen und des neuen Betriebsinhabers umfasst, wird auch in der Literatur überwiegend vertreten (vgl. ErfK., § 613 a BGB, Rdnr.85; Palandt, § 613 a BGB Rdnr.44; Willemsen/Müller Bonanni in Arbeitsrecht Kom., § 613 a BGB Rdnr.328; L., Personalhandbuch 2006,

123 Rdnr.32; Grau, Unterrichtungs- und Widerspruchsrecht der Arbeitnehmer bei Betriebsübergang, S.166). Nunmehr hat auch das Bundesarbeitsgericht mit Urteil vom 13.07.2006 (a.a.O.) entschieden, dass zur Unterrichtung über die rechtlichen Folgen u.a. sowohl der Hinweis auf den Eintritt des Übernehmers in die Rechte und Pflichten aus dem bestehenden Arbeitsverhältnis (§ 613 a Abs.1 S.1 BGB) als auch auf die gesamtschuldnerische Haftung des Übernehmers und des Veräußerers nach § 613 a Abs.2 BGB gehört.

Diese Informationen sind dem Schreiben vom 22.10.2004 entgegen der Auffassung der Beklagten nicht zu entnehmen.

Der Hinweis auf den Übergang der Arbeitsverhältnisse gibt lediglich die in § 613 a Abs.1 BGB getroffene Regelung wieder und erschöpft sich letztlich in der Wiederholung des gesetzlich vorgegebenen Begriffs Übergang . Die reine Wiederholung des Gesetzeswortlauts genügt den Anforderungen des § 613 a BGB nicht. Erforderlich ist vielmehr eine konkrete betriebsbezogene Darstellung in einer auch für juristische Laien möglichst verständlichen Sprache (vgl. BAG a.a.O.) Selbst wenn der Auffassung der Beklagten gefolgt würde, dass sich aus dieser Formulierung ein Austausch der Vertragspartner entnehmen lässt, so wäre dadurch dennoch nichts über die Haftungsregelung des Abs.2 des § 613 a BGB gesagt. Dies räumt auch die Beklagte selbst ein. Sie kann sich indes nicht darauf berufen, der - auch nach ihrem eigenen Vorbringen - unterlassene Hinweis auf die gesamtschuldnerische Haftung gehöre nicht zu den zwingenden Informationen gemäß § 613 a Abs.5 BGB, weil es sich dabei um eine für den Arbeitnehmer günstige Regelung handele, die diesen - nach einem entsprechenden Hinweis - sicherlich nicht dazu veranlassen könnte, deshalb dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses zu widersprechen.

Dazu ist zunächst festzustellen, dass einer Begrenzung des Unterrichtungsinhaltes nach § 613 a Abs.5 Nr.3, 4 BGB auf lediglich objektiv nachteilige Auswirkungen - wovon die Beklagte offensichtlich ausgeht - der Wortlaut und Zweck der Norm entgegensteht. § 613 a Abs.5 Nr.3 BGB spricht von Folgen und nicht von Nachteilen des Übergangs für die Arbeitnehmer. Auch der Begriff der Maßnahmen im Sinne von § 613 a Abs.5 Nr.4 BGB ist insoweit neutral (vgl. dazu Grau, a.a.O. S.150). Danach hat der Arbeitgeber bereits nach dem Wortlaut der Norm über alle Folgen des Betriebsübergangs zu unterrichten, ohne dass ihm das Recht einer Bewertung der Folgen als günstig oder ungünstig zusteht. Diese Auffassung steht auch in Einklang mit der Gesetzesbegründung und der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, nach der - wie bereits ausgeführt - die Frage der Haftung des bisherigen Arbeitgebers und des neuen Inhabers zu den Folgen gehört, über die der Arbeitgeber zu unterrichten hat.

Unerheblich ist, ob die Haftungsfrage bei der Entscheidung des Arbeitnehmers für oder gegen den Betriebsübergang im Einzelfall eine Rolle spielt. Es ist nicht erforderlich, dass eine Kausalität zwischen fehlerhafter Unterrichtung und Erklärung des Widerspruchs festgestellt werden kann, denn aus welchen Gründen der Arbeitnehmer sich weigert, das Arbeitsverhältnis mit dem neuen Arbeitgeber fortzusetzen, ist grundsätzlich unerheblich. Die Angabe eines Grundes ist für die Ausübung des Widerspruchsrechtes ebenso wenig von Belang wie das zugrunde liegende Motiv des Arbeitnehmers (BAG, Urteil vom 30.10.2003, 8 AZR 491/02 = NZA 2004, 481). Eine ordnungsgemäße Unterrichtung i.S.d. § 613 a Abs.5 BGB setzt nach dem Willen des Gesetzgebers und dem Wortlaut der Norm mithin immer eine Darstellung der haftungsrechtlichen Folgen eines Betriebsübergangs voraus.

Abgesehen davon wird dem betroffenen Arbeitnehmer erst durch die Darstellung der begrenzten Nachhaftung des bisherigen Arbeitgebers deutlich vor Augen geführt, dass ein endgültiger Schuldnerwechsel eintritt und der bisherige Arbeitgeber nur noch begrenzt haftet.

Die Beklagte hat die Klägerin danach über die rechtlichen Folgen des Betriebsübergangs unvollständig unterrichtet. Zwar hat das Bundesarbeitsgericht in einer weiteren Entscheidung vom 13.07.2006 (8 AZR 303/05) darauf hingewiesen, dass eine Unterrichtung über komplexe Rechtsfragen im Rahmen des § 613 a Abs.5 BGB dann nicht fehlerhaft ist, wenn der Arbeitgeber bei angemessener und gewissenhafter Prüfung der Rechtslage rechtlich vertretbare Informationen gegenüber dem Arbeitnehmer kundtut. Eine derartige Ausnahmesituation ist vorliegend bei der Frage über die Belehrung der gesamtschuldnerischen Haftung ersichtlich nicht gegeben. Hierbei handelt es sich schon nicht um eine komplexe Rechtsfrage. Abgesehen davon hat die Beklagte die Rechtslage offensichtlich nicht gewissenhaft geprüft, denn schon in Anwaltsformularbüchern (so z.B. in Bauer, Lingemann, Haussmann, Anwaltsformularbuch 2004, Kap.56, MM 56.1) wird in einem Formulierungsvorschlag die Haftungsregelung ebenfalls dargestellt. Zudem hat auch vor der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts - wie bereits ausgeführt - die ganz herrschende Meinung den Hinweis auf die Haftung für erforderlich gehalten. Hätte die Beklagte die Rechtslage geprüft, hätte sie zu dem Ergebnis kommen müssen, dass eine gesonderte Belehrung über die Haftung erforderlich ist. Der Rechtsstandpunkt der Beklagten ist auch nicht vertretbar.

Abgesehen davon fehlt in dem Unterrichtungsschreiben entgegen der Auffassung der Beklagten eine Information zu § 613 a Abs. 4 BGB. Ausweislich des Inhalts des Unterrichtungsschreibens hat die Beklagte die Klägerin nicht darauf hingewiesen, dass die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den bisherigen Arbeitgeber oder durch den neuen Inhaber wegen des Übergangs eines Betriebes oder eines Betriebsteils unwirksam ist. Ausweislich der Begründung zum Regierungsentwurf (BT-Drucks. 14/7760, S.19) gehören zum Pflichtbestandteil der Unterrichtung gemäß § 613 a Abs. 5 Nr. 3 BGB auch die kündigungsrechtlichen Folgen des Betriebsübergangs. Dies entspricht auch der überwiegend in der Literatur geäußerten Ansicht ( vgl. Hauck, Der Widerspruch beim Betriebsübergang, NZA Sonderbeilage 1/2004, S.43 ff; Grau, a.a.O., m.w.N.).

Der Hinweis auf die kündigungsrechtlichen Folgen wird nicht dadurch erfüllt, dass die Beklagte die Klägerin darauf hingewiesen hat, dass sie aus betriebsbedingten Gründen in jedem Fall zur Kündigung vorgesehen ist. Dieser Hinweis beinhaltet allenfalls die Darlegung der Kündigungsmöglichkeit nach § 613 a Abs.4 S.2 BGB, nicht jedoch Darlegungen zu S.1 dieser Vorschrift.

Der Hinweis ist auch nicht deshalb entbehrlich, weil die Klägerin - nach Vorstellung der Beklagten - auf jeden Fall aus betriebsbedingten Gründen eine Kündigung erhalten sollte, denn wenn sie selbst die Kündigung ausspricht, obliegt es der alleinigen Entscheidung des Erwerbers, ob überhaupt, wann und aus welchem Grund eine Kündigung ausgesprochen wird.

Das Bundesarbeitsgericht hat in seiner Entscheidung vom 13.07.2006 darauf hingewiesen, dass zur Unterrichtung über die rechtlichen Folgen des Betriebsübergangs grundsätzlich auch ein Hinweis auf die kündigungsrechtliche Information gehört, so denn Kündigungen im Raum stehen . Ob das Bundesarbeitsgericht insoweit eine Einschränkung der Hinweispflicht vornehmen will, kann letztlich dahinstehen, da zum einen tastsächlich Kündigungen vorgesehen waren und zum anderen die Unterrichtung bereits wegen der fehlenden Unterrichtung über die Haftung fehlerhaft ist.

Umstritten ist, ob zur Pflicht, über die wirtschaftlichen Folgen des Betriebsübergangs zu unterrichten, auch erforderlich ist, Angaben über die Solvenz des Betriebserwerbers zu machen. Das Bundesarbeitsgericht hat diese Frage bisher offengelassen. Nach Auffassung der Berufungskammer kann auch vorliegend offen bleiben, ob die Beklagte dazu verpflichtet war, die Arbeitnehmer über die wirtschaftliche Situation der Erwerberin zu unterrichten oder die erfolgten Angaben dazu - mit oder ohne Berücksichtigung der außerhalb des Unterrichtungsschreibens erteilten Informationen - sogar falsch waren, denn die Unterrichtung war aus den bereits vorstehend dargelegten Gründen unvollständig und damit fehlerhaft.

Der Hinweis der Beklagten, der Inhalt des Informationsschreibens sei in enger Abstimmung mit der Arbeitnehmervertretung verfasst worden, ist nicht nachvollziehbar, denn zum einen besteht der Unterrichtungsanspruch des einzelnen Arbeitnehmers als individueller Auskunftsanspruch unabhängig von Unterrichtungsrechten des Betriebsrates, zum anderen wird ein objektiv fehlerhaftes Unterrichtungsschreiben durch Abstimmung mit der Arbeitnehmervertretung nicht inhaltlich richtig.

b)

Der Widerspruch der Klägerin ist nicht verfristet. Aufgrund der fehlerhaften Unterrichtung ist die einmonatige Frist für die Ausübung des Widerspruchsrechtes nicht in Lauf gesetzt worden.

Wie bereits dargelegt, ist Folge einer fehlerhaften Unterrichtung nach ganz herrschender Meinung in Literatur und Rechtsprechung, dass die Widerspruchsfrist des § 613 a Abs.6 BGB nicht läuft. Es macht insoweit keinen Unterschied, ob und aus welchen Gründen der Arbeitnehmer überhaupt nicht, nicht ausreichend bzw. ganz oder in Teilen fehlerhaft informiert worden ist. Eine einschränkende Auslegung der Anforderungen für ein Auslösen der Widerspruchsfrist wird weder der Entstehungsgeschichte noch Wortlaut und Systematik von § 613 a Abs.5, 6 BGB gerecht. In der Gesetzesbegründung wird ausdrücklich betont, dass die Erklärungsfrist für den Widerspruch erst nach vollständiger und ordnungsgemäßer Unterrichtung zu laufen beginnt. Wird - wie vorliegend - festgestellt, dass eine fehlerhafte Unterrichtung vorliegt, wird die Widerspruchsfrist somit nicht in Gang gesetzt.

Eine zeitliche Begrenzung des Widerspruchsrechts in Form einer absoluten Ausschlussfrist sieht das Gesetz nicht vor. Eine Analogie zu § 5 Abs.3 S.3 KSchG ist nach herrschender Meinung im Schrifttum unzulässig (vgl. ErfK/Preis, § 613 a BGB Rdnr.96; Staudinger/Annuß, § 613 a BGB, Rdnr.170; Franzen, RdA 2002, S.258; Grau RdA 2005, S.367; Rieble, NZA 2004, S.1).

Entgegen der Auffassung der Beklagten ist in den Fällen, in denen eine Unterrichtung nicht oder nicht hinreichend stattgefunden hat, § 5 Abs.3 S.2 KSchG nicht entsprechend anzuwenden. Die Berufungskammer folgt dieser in der Literatur geäußerten Mindermeinung nicht.

Eine Analogie in Form einer Gesetzes- oder Rechtsanalogie ist nur möglich, wenn eine planwidrige Regelungslücke und ein vergleichbarer Sachverhalt vorliegt (vgl. BAG, Urteil vom 02.03.2006, 8 AZR 124/05 = BB 2006, 1339). Vorliegend fehlt es in Anbetracht der Entstehungsgeschichte der Neuregelung des § 613 a BGB bereits an einer planwidrigen Regelungslücke. Die Änderungsanträge der Fraktionen von CDU/CSU und FDP zur Verankerung einer absoluten Höchstfrist sind diskutiert und schließlich von der Ausschussmehrheit verworfen worden (vgl. BT-Drucks, 14/8128 S.4). Daraus muss der Schluss gezogen werden, dass der Gesetzgeber bewusst davon abgesehen hat, in § 613 a Abs.6 BGB eine zeitliche Ausschlussregelung zu verankern. Die Behauptung der Beklagten, der Antrag der Fraktionen sei gar nicht diskutiert, sondern lediglich deshalb verworfen worden, weil er eben von der Opposition vorgeschlagen worden sei, ist eine Vermutung, die durch keinerlei Tatsachen zu belegen ist. Die Berufungskammer verkennt nicht, dass das Fehlen einer absoluten Höchstfrist insbesondere für die Parteien der Betriebsübertragung risikobehaftet und unter dem Gesichtspunkt von Rechtssicherheit und Rechtsklarheit problematisch ist. Die Rechtsprechung ist jedoch nicht dazu befugt, sich über die gesetzgeberische Entscheidung im Wege der Gesetzes- oder Rechtsanalogie hinwegzusetzen ( BAG, Urteil vom 02.03.2006, a.a.O.).

Schließlich ist zu berücksichtigen, dass der alte und der neue Betriebsinhaber einem derart unbeschränkten Widerspruchsrecht nicht schutzlos ausgeliefert sind. So können inhaltlich fehlerhafte oder unvollständige Angaben durch Ergänzung bzw. Ersetzung mit Wirkung für die Zukunft durch die Unterrichtungsschuldner ohne weiteres richtig gestellt werden mit der Folge, dass der Anspruch der Arbeitnehmer aus § 613 a Abs.5 BGB erlischt, wenn die nach dem Gesetz notwendigen Angaben in der Zusammenschau zum ersten Mal vollständig vorliegen (vgl. Grau a.a.O., S.221). Die Unterrichtungsschuldner haben es mithin in der Hand, die Folgen eines Unterrichtungsfehlers zeitlich zu begrenzen und damit die für sie erforderliche Rechtssicherheit, ob Arbeitnehmer dem Betriebsübergang widersprechen, herbeizuführen.

Die Beklagte hat selbst darauf hingewiesen, dass bereits nach der Stellung des Insolvenzantrages eine größere Anzahl der Arbeitnehmer dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses wegen einer fehlerhaften Unterrichtung widersprochen haben. Sie wäre danach bereits zu diesem Zeitpunkt in der Lage gewesen, eine fehlerfreie Unterrichtung nachzuholen und dadurch eine zeitliche Begrenzung der Widerspruchsmöglichkeit herbeizuführen. Stellt sie sich - wie vorliegend - auf den Standpunkt, die Unterrichtung sei fehlerfrei erfolgt und holt auch nicht - zumindest vorsorglich - eine fehlerfreie Unterrichtung nach, so muss sie unter Berücksichtigung des gesetzgeberischen Willens hinnehmen, dass die Arbeitnehmer grundsätzlich zeitlich unbegrenzt dem Betriebsübergang widersprechen können.

Es ist mithin davon auszugehen, dass der Arbeitnehmer im Falle einer fehlerhaften Unterrichtung von seinem Widerspruchsrecht grundsätzlich unbefristet Gebrauch machen kann. Danach war der Widerspruch der Klägerin mit Schreiben vom 06.02.2006 jedenfalls nicht verfristet.

c)

Das Widerspruchsrecht der Klägerin ist auch nicht verwirkt.

aa)

Nach herrschender Meinung findet das Widerspruchsrecht seine Begrenzung in zeitlicher Hinsicht nur durch das allgemeine Rechtsinstitut der Verwirkung (vgl. Grau, a.a.O., S.295 mit einer Vielzahl weiterer Hinweise). Das Bundesarbeitsgericht hält - auch nach der neuen Rechtslage - daran fest, dass das Widerspruchsrecht wegen Verwirkung ausgeschlossen sein kann (vgl. BAG, Urteil vom 13.07.2006, 8 AZR 382/05, n.v.). Streitig ist im Einzelnen, wie viel Zeit vergangen sein muss und welche Umstände gegeben sein müssen, damit von einer Verwirkung des Widerspruchsrechts ausgegangen werden kann.

Ein Anspruch verwirkt, wenn der Anspruchsberechtigte erst nach Ablauf eines längeren Zeitraums den Anspruch erhebt (Zeitmoment) und dadurch beim Verpflichteten einen Vertrauenstatbestand geschaffen hat, er werde nicht mehr in Anspruch genommen (Umstandsmoment). Hierbei muss das Erfordernis des Vertrauensschutzes auf Seiten des Verpflichteten das Interesse des Berechtigten derart überwiegen, dass ihm die Erfüllung des Anspruchs nicht mehr zuzumuten ist (BAG, Urteil vom 22.07.2004, 8 AZR 350/03). Dabei dient die Verwirkung dem Vertrauensschutz und verfolgt nicht den Zweck, den Schuldner stets dann von seiner Verpflichtung zu befreien, wenn dessen Gläubiger längere Zeit seine Rechte nicht geltend gemacht hat (vgl. BAG, Urteil vom 13.07.2006, 8 AZR 382/05 = NZA 2006, 1406).

Für die Erfüllung des Zeitmoments sind im Schrifttum zu § 613 a Abs.5, 6 BGB verschiedentlich Mindest- bzw. Höchstfristen genannt worden. Die in Betracht gezogenen Fristen schwanken zwischen 1 Monat und 1 Jahr. Eine Festlegung auf abstrakte Fristen ist nach Auffassung der Berufungskammer jedoch ausgeschlossen, weil sich die Tatsache, ab wann ein Untätigsein als vertrauensbildend und damit als für eine Verwirkung relevant gewertet werden kann, letztlich nur bei einzelfallbezogener Abwägung der Umstände ermitteln lässt. Der Verwirkungstatbestand ist als außerordentlicher Rechtsbehelf ein Fall der unzulässigen Rechtsausübung. In der illoyal verspäteten Geltendmachung eines Rechts liegt ein Verstoß gegen Treu und Glauben (vgl. Palandt/Heinrichs, § 242 BGB Anm. 87). Die Frage des Verstoßes gegen Treu und Glauben lässt sich daher nur für den Einzelfall klären. Eine schematisierende Betrachtungsweise wird dem nicht gerecht (BAG, Urteil vom 20.05.1988, 2 AZR 711/87 = DB 1988, 2156).

Zur Bestimmung der Dauer des Zeitmoments ist daher nicht auf eine starre Höchst- oder Regelfrist abzustellen, sondern auf die konkreten Umstände des Einzelfalls (BAG, Urteil vom 27.01.2000, 8 AZR 106/99, zitiert nach juris). Auch das Bundesarbeitsgericht hat nunmehr eine Höchstfrist, beispielsweise von sechs Monaten, abgelehnt (vgl. BAG, Urteil vom 13.07.2006, 8 AZR 382/05 = NZA 2006,1406).

Für die Beantwortung der Frage, ob das Zeitmoment erfüllt ist, ist zunächst zu klären, ab wann der Lauf des Zeitmoments überhaupt beginnt. Dabei ist als wesentliches Kriterium zu berücksichtigen, dass die Widerspruchsfrist nach § 613 a Abs. 6 BGB nicht mehr - wie nach der früheren Rechtsprechung zu § 613 a BGB - an die Kenntnis des Arbeitnehmer vom Betriebsübergang anknüpft, sondern an die Unterrichtung nach Abs. 5. Unter Berücksichtigung dieses sich daraus ergebenden Gesetzeszweckes, nämlich das Interesse des Arbeitnehmers an einer hinreichenden Informationsbasis für die Ausübung der Widerspruchsentscheidung und dem Ziel des Gesetzgebers, die ordnungsgemäße Unterrichtung des Arbeitnehmers durch ein ansonsten unbefristetes Widerspruchsrecht abzusichern , kann nach Auffassung der Berufungskammer das Zeitmoment nicht - wie die Beklagte meint - ab dem Zeitpunkt des Zugangs des Unterrichtungsschreibens, sondern - wenn überhaupt - frühestens ab dem Zeitpunkt beginnen, zu dem der Arbeitnehmer Kenntnis davon erlangt, dass die Unterrichtung fehlerhaft war (so auch Willemsen/Müller-Bonanni in Arbeitsrecht Komm., § 613 a BGB Rdnr. 340).

Diese Auffassung wird durch die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 24.05.2005, 8 AZR 398/04 (= NZA 2005, 1302) gestützt. In dieser Entscheidung hat das Bundesarbeitsgericht ausgeführt, die unvollständige Unterrichtung nach § 613 a Abs. 5 BGB hindere den Lauf der Widerspruchsfrist gemäß § 613 a Abs. 6 S.1 BGB. Dadurch sei der Arbeitnehmer ausreichend geschützt, er sei nicht im Zugzwang . Er könne abwarten und z.B. seinen Unterrichtungsanspruch nach § 613 a Abs. 5 BGB verfolgen. Es bestehe kein Grund für ihn, das Widerspruchsrecht auf einer unzureichenden Tatsachenbasis auszuüben. Ist somit die Auffassung richtig, dass der Arbeitnehmer bei einer unvollständigen Unterrichtung - in Kenntnis des Betriebsübergangs - nicht im Zugzwang ist, sondern abwarten darf, kann der Lauf des Zeitmoments der Verwirkung frühestens ab Kenntnis des Arbeitnehmers von der Unvollständigkeit der Unterrichtung beginnen.

Der dieser Bewertung zugrunde liegende Rechtsgedanke ergibt sich auch aus § 124 BGB. Nach § 124 BGB beginnt die Jahresfrist für die Anfechtung im Falle der arglistigen Täuschung in dem Zeitpunkt, in welchem der Anfechtungsberechtigte die Täuschung entdeckt. Dieser Rechtsgedanke übertragen auf das Widerspruchsrecht bedeutet, dass das Zeitmoment für die Verwirkung in dem Zeitpunkt beginnt, in dem der Arbeitnehmer die Fehlerhaftigkeit der Unterrichtung entdeckt. Die Übertragung des Rechtsgedankens des § 124 BGB auf den Beginn des Zeitmoments für die Verwirkung des Widerspruchsrechtes wird nach Auffassung der Kammer sowohl der gesetzgeberischen Intention, den Arbeitgeber zu einer vollständigen und richtigen Unterrichtung anzuhalten, gerecht, als auch dem Grundsatz, dass jedes Recht der Verwirkung unterliegt. Schließlich würde die Auffassung, das Zeitmoment bereits ab dem Betriebsübergang bzw. dem Zugang des Unterrichtungsschreibens beginnen zu lassen, entgegen dem gesetzgeberischen Willen, dem Arbeitnehmer bei fehlerhafter Unterrichtung ein unbefristetes Widerspruchsrecht zu gewähren, im Endeffekt dazu führen, durch das Zeitmoment der Verwirkung doch eine Höchstfrist für den Widerspruch einzuführen.

Einer Anwendung des Rechtsgedankens des § 124 BGB kann die Beklagte nicht mit Erfolg entgegenhalten, die Frage nach dem Bestand des Arbeitsverhältnisses sei besonders eilig klärungsbedürftig, so dass im Rahmen der Verwirkung von einem kurzen Zeitmoment auszugehen sei. Die Frist des § 124 BGB gilt auch für die Anfechtung von Arbeitsverträgen. Das Bundesarbeitsgericht hat eine Fristverkürzung auch unter Berücksichtigung des § 626 Abs.2 BGB abgelehnt (vgl. BAG, Urteil vom 19.05.1983, 2 AZR 171/81 = DB 1984, 298). Daraus wird ersichtlich, dass die Frage des Bestandes des Arbeitsverhältnisses durchaus für einen Zeitraum von einem Jahr trotz Kenntnis der den Bestand gefährdenden Umstände ungeklärt bleiben kann.

Entgegen der Auffassung der Beklagten besteht für einen Arbeitnehmer keine Pflicht, sich zeitnah nach Erhalt des Widerspruchschreibens durch Einholen von Rechtsrat darüber informieren zu lassen, ob das Informationsschreiben den rechtlichen Anforderungen genügt oder nicht, um sich die erforderliche Kenntnis zu verschaffen. Er darf sich zunächst darauf verlassen, dass die ihm erteilten Auskünfte richtig und vollständig sind.Die Pflicht zur ordnungsgemäßen und fehlerfreien Unterrichtung liegt insofern in der Risikosphäre des Arbeitgebers. Dies ergibt sich - wie bereits ausgeführt - aus dem gesetzgeberischen Willen, die Widerspruchsfrist erst dann beginnen zu lassen, wenn die Unterrichtung fehlerfrei erfolgt ist und der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 13.07.2006 (8 AZR 303/05), wonach dem Unterrichtungspflichtigen eine angemessene und gewissenhafte Prüfung der Rechtslage aufzuerlegen ist.

Dem Vortrag der Beklagten, die Klägerin habe bereits nach Zugang des Unterrichtungsschreibens erkennen könne, dass Darlegungen zur Haftung und zum Kündigungsschutz fehlen, kann nicht gefolgt werden. Zunächst ist insoweit darauf hinzuweisen, dass nach Auffassung der Berufungskammer eine rein formale Überprüfung des Unterrichtungsschreibens hinsichtlich des erforderlichen Inhalts erfolgt. Der subjektive Kenntnisstand des jeweiligen Arbeitnehmers muss - jedenfalls in diesem Zusammenhang - unberücksichtigt bleiben, denn es entzieht sich einer gerichtlichen Überprüfung, ob der betreffende Arbeitnehmer - möglicherweise wegen juristischer Vorkenntnisse - dazu in der Lage war, eine Fehlerhaftigkeit oder Unvollständigkeit des Unterrichtungsschreibens zu entdecken.

Abgesehen davon muss sich die Beklagte entgegenhalten lassen, dass sie selbst - ihre Auffassung als richtig unterstellt - ebenfalls - und zwar bereits bei Abfassung des Unterrichtungsschreibens - dazu in der Lage gewesen sein müsste, die im Unterrichtungsschreiben fehlenden Darlegungen zur Haftungsregelung und zum Kündigungsschutz zu erkennen. Es stellt sich sodann die Frage, warum diese - nach Auffassung der Beklagten erkennbaren - Darlegungen von ihr weggelassen worden sind. Eine Beantwortung dieser Frage ist jedoch nicht erforderlich, da die erkennende Kammer - wie ausgeführt - von einer rein formalen inhaltlichen Überprüfung ausgeht. Schließlich hat die Beklagte auch selbst darauf hingewiesen, dass wegen des Textformerfordernisses allein der Inhalt des Unterrichtungsschreibens maßgeblich sei und außerhalb liegende Umstände keine Berücksichtigung finden dürften.

Unter Berücksichtigung vorstehender Ausführungen konnte die Klägerin nach Auffassung der Berufungskammer frühestens aus der Stellung des Antrages auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens durch die B.PhotoGmbH Anhaltspunktedafür entnehmen,dass die Unterrichtung über den Betriebsübergang möglicherweise fehlerhaft gewesen sein könnte. Ausgehend von dem Rechtsgedanken des § 124 BGB wäre danach das Zeitmoment zum Zeitpunkt der Widerspruchserklärung nicht erfüllt gewesen.

bb)

Selbst wenn dieser Ansicht nicht gefolgt würde, sind vorliegend nach Auffassung der Berufungskammer jedenfalls die Voraussetzungen zur Annahme des Umstandsmoments nicht gegeben.

Das Umstandsmoment muss so beschaffen sein, dass der bisherige und der neue Betriebsinhaber im Zusammenspiel mit dem Zeitmoment berechtigt darauf vertrauen dürfen, der Arbeitnehmer werde sich dem in § 613 a Abs. 1 S.1 BGB angeordneten Vertragspartnerwechsel nicht mehr durch einen Widerspruch widersetzen. Das Vorliegen des Zeitmomentes indiziert dabei nicht das sogenannte Umstandsmoment, denn es ist - wie bereits ausgeführt - nicht Zweck der Verwirkung, Schuldner, denen gegenüber der Gläubiger ihre Rechte längere Zeit nicht geltend gemacht haben, von ihrer Verpflichtung zur Leistung vorzeitig zu befreien. Deshalb kann der Zeitablauf allein die Verwirkung eines Rechts nicht rechtfertigen, sondern es bedarf darüber hinausgehender besonderer Umstände für die berechtigte Erwartung des Schuldners, dass er nicht mehr in Anspruch genommen wird. Dabei ist im Hinblick auf das Widerspruchsrecht ein besonders strenger Maßstab anzulegen, denn schließlich haben es der neue und der alte Arbeitgeber in der Hand, durch vollständige und ordnungsgemäße Unterrichtung die Widerspruchsfrist in Gang zu setzen. Informieren sie - ob bewusst oder unbewusst - fehlerhaft, müssen schon besondere Umstände vorliegen, damit ein Vertrauen dahingehend entstehen kann, der Arbeitnehmer werde trotz des Informationsdefizits dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses nicht widersprechen (so auch LAG München, Urteil vom 30.06.2005, 2 Sa 1169/04 = LAGE § 613 a BGB 2002 Nr.7). Entscheidender Gesichtspunkt ist insoweit, dass die Verwirkung dem Vertrauensschutz dient.

Entgegen der Auffassung der Beklagten reicht die tatsächliche Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses mit dem neuen Arbeitgeber angesichts der im Falle der fehlerhaften Unterrichtung nicht laufenden Widerspruchsfrist nicht aus, um daraus auf eine Zustimmung des Arbeitnehmers zum Arbeitgeberwechsel zu schließen. Dies ergibt sich bereits als Konsequenz aus der gesetzlich zwingend vorgeschriebenen Überlegungsfrist, die in Fällen fehlerhafter Unterrichtung eben noch nicht läuft. Die Tatsache der Vertragsfortführung mit dem neuen Betriebsinhaber kann mithin grundsätzlich vor Ablauf der Widerspruchsfrist nicht als Zustimmung des Arbeitnehmers zum Arbeitgeberwechsel oder als stillschweigender Widerspruchsrechtsverzicht gewertet werden mit der Folge der Erfüllung des Umstandsmomentes der Verwirkung. In diesem Fall ist mit der Weiterarbeit kein irgendwie gearteter Erklärungsinhalt verbunden. Vielmehr stellt die Arbeit beim Erwerber eine geeignete Maßnahme dar, den Vorwurf des böswilligen Unterlassens anderweitigen Erwerbs gemäß § 615 S. 2 BGB zu vermeiden.

Die Klägerin hat das Umstandsmoment im Rahmen der Verwirkung auch nicht dadurch erfüllt, dass sie gegen die seitens der Erwerberin ausgesprochene Kündigung keine Kündigungsschutzklage erhoben hat. Daraus kann nach Auffassung der Berufungskammer nicht der Schluss gezogen werden, dass sie die Erwerberin damit als ihre Vertragspartnerin akzeptiert hat und mit dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses und dessen Beendigung einverstanden war. Der Erhebung oder Nichterhebung einer Kündigungsschutzklage gegen eine seitens des Erwerbers ausgesprochene Kündigung kommt hinsichtlich der Frage, ob das Widerspruchsrecht noch ausgeübt werden kann oder nicht, kein Erklärungswert zu. Die Erhebung der Kündigungsschutzklage stellt lediglich eine rechtliche Möglichkeit dar, sich ein etwaiges Arbeitsverhältnis zum Erwerber für den Fall zu erhalten, dass der Widerspruch unwirksam ist. Insbesondere in einer - wie vorliegend - rechtlich völlig ungeklärten Situation steht es dem Arbeitnehmer frei, diese Möglichkeit - zusätzlich - zu ergreifen oder es zu lassen, ohne damit einen Tatbestand zu schaffen, der beim Veräußerer das berechtigte Vertrauen begründen kann, er werde nicht mehr widersprechen. Dieses Ergebnis wird durch eine Kontrollüberlegung bestätigt. Hätte die Klägerin nämlich eine Kündigungsschutzklage erhoben, so hätte die Beklagte sich - wie sie dies in anderen Verfahren getan hat - darauf berufen, die Klägerin habe die Erwerberin als Arbeitgeberin akzeptiert, weil sie gegen sie eine Kündigungsschutzklage erhoben habe. Bereits diese Überlegung zeigt, dass aus der Erhebung oder Nichterhebung einer Kündigungsschutzklage gegen eine Kündigung des Erwerbers kein Erklärungswert hinsichtlich der Ausübung eines noch bestehenden Widerspruchsrechts hergeleitet werden kann.

Zudem war der Beklagten die Nichterhebung der Kündigungsschutzklage durch die Klägerin zunächst nicht bekannt, so dass sie sich jedenfalls im Rahmen der Verwirkung nicht darauf berufen kann, die Klägerin habe durch die ihr nicht einmal bekannte Nichterhebung einer Kündigungsschutzklage gegen die Kündigung der Erwerberin den Vertrauenstatbestand geschaffen, sie werde nicht mehr zur Beklagten durch Ausübung ihres Widerspruchsrechts zurückkehren. Diesem Ergebnis steht nicht entgegen, dass der Erwerberin die Kündigung und die Nichterhebung der Kündigungsschutzklage bekannt war. Nach Auffassung der Berufungskammer kann sich auf den Tatbestand der Verwirkung nur derjenige berufen, der aufgrund bestimmter, vom Berechtigten gesetzter Umstände selbst das Vertrauen gebildet hat, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden, denn durch die Verwirkung soll der Verpflichtete geschützt werden. Im Falle des Widerspruchs gegen den Übergang des Arbeitsverhältnisses ist der Betriebsveräußerer der Verpflichtete , der den Arbeitnehmer zurücknehmen muss. Entscheidend ist mithin, dass der Veräußerer - vorliegend mithin die Beklagte - durch Kenntnis bestimmter, vom Arbeitnehmer gesetzter Umstände einen Vertrauenstatbestand gebildet hat, was vorliegend gerade nicht festgestellt werden kann.

Vorstehende Erwägung gelten auch für die - von der Beklagten zudem mit Nichtwissen bestrittene - Freistellungsvereinbarung zwischen der Klägerin und der Erwerberin. Bereits aus dem Bestreiten der Beklagten ergibt sich, dass sie von der Freistellungsvereinbarung keine Kenntnis hatte. Sie konnte darauf mithin keinen Vertrauenstatbestand gründen.

Selbst wenn der Beklagten die von der Erwerberin ausgesprochene Kündigung sowie die Nichterhebung der Kündigungsschutzklage durch die Klägerin bekannt gewesen wäre, durfte sie sich wegen der objektiv festgestellten falschen Unterrichtung nicht darauf verlassen, die Klägerin werde ihr Widerspruchsrecht nicht mehr ausüben, denn ein Vertrauen kann dann nicht als schutzwürdig erachtet werden, wenn zuvor ein pflichtwidriges Verhalten des Vertrauenden vorgelegen hat. Wie bereits ausgeführt ist Sinn und Zweck der Unterrichtung, dem Arbeitnehmer eine ausreichende Wissensgrundlage für die Ausübung oder Nichtausübung seines Widerspruchsrechts zu geben. Der Arbeitnehmer soll auf der Grundlage der erteilten Informationen die Folgen des Betriebsübergangs für sich abschätzen können. Ist die Unterrichtung fehlerhaft, liegt eben diese erforderliche Wissensgrundlage nicht vor. Das Risiko der sodann nicht laufenden Widerspruchsfrist muss der Arbeitgeber, der zur ordnungsgemäßen Unterrichtung verpflichtet ist, unabhängig davon, ob ihm die Fehlerhaftigkeit der Unterrichtung bekannt ist, tragen. Schließlich hat der Arbeitgeber es in der Hand, die Unterrichtung ordnungsgemäß zu erteilen. Ist die Unterrichtung objektiv - wie vorliegend - fehlerhaft mit der Folge, dass die Frist zur Ausübung des Widerspruchs nicht läuft und handelt der Arbeitnehmer in Unkenntnis der nicht laufenden Frist, weil er von der Richtigkeit und Vollständigkeit der erteilten Informationen ausgeht, kann dem Arbeitgeber kein Vertrauenstatbestand zugebilligt werden, denn die Rechtspflichtverletzung hinsichtlich der fehlerhaften Unterrichtung liegt im Risikobereich der Beklagten. Dabei ist unerheblich, ob die fehlerhafte Unterrichtung bewusst oder unbewusst erfolgte. Bei nicht laufender Widerspruchsfrist - immerhin aufgrund einer Rechtspflichtverletzung durch den Arbeitgeber - kann dem Arbeitgeber mithin kein Vertrauenstatbestand zugebilligt werden, solange der Arbeitnehmer keine Kenntnis von der Fehlerhaftigkeit des Unterrichtungsschreibens hat oder eine solche zumindest zum Zeitpunkt seiner Handlung, auf die der Arbeitgeber sein Vertrauen stützt, hätte haben können.

Danach ist das Widerspruchsrecht der Klägerin nicht verwirkt.

d)

In der Nichterhebung der Kündigungsschutzklage kann entgegen der Auffassung der Beklagten auch kein Verzicht der Klägerin auf die Ausübung des Widerspruchsrechts gesehen werden. Dabei kann dahinstehen, ob ein konkludenter Verzicht auf das Widerspruchsrecht überhaupt möglich ist oder ob ein solcher der Schriftform bedarf. Ein Verzicht setzt voraus, dass der Verzichtende Kenntnis von dem Bestehen des Rechts hat, auf das er sodann verzichtet. Diese Voraussetzung ist vorliegend nicht erfüllt. Die Klägerin hat - wie bereits ausgeführt - frühestens ab Stellung des Insolvenzantrags der Erwerberin Anhaltspunkte dafür haben können, dass das Informationsschreiben der Beklagten fehlerhaft sein könnte, jedenfalls noch nicht zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung der Erwerberin am 01.12.2004. Ein Verzicht scheidet mithin bereits mangels feststellbarer Kenntnis der Klägerin von der Fehlerhaftigkeit der Unterrichtung aus.

e)

Es kann nicht festgestellt werden, dass die Klägerin ihr Widerspruchsrecht rechtsmissbräuchlich ausgeübt hat.

Der Klägerin kann nicht unterstellt werden, in Anbetracht der Insolvenz der Erwerberin habe sie ihr Widerspruchsrecht nur ausgeübt, um daraus ungerechtfertigte Vorteile zu ziehen. Dies gilt vorliegend insbesondere unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Klägerin zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs seit ca. 36 Jahren bei der Beklagten beschäftigt war und schon im Hinblick auf den erworbenen Bestandsschutz ein erhebliches Interesse am Fortbestand des Arbeitsverhältnisses zur Beklagten haben kann. Ein Rückkehrwille kann der Klägerin auch unter Berücksichtigung der Ankündigung der Beklagten, sie müsse für den Fall ihres Widerspruchs mangels Weiterbeschäftigungsmöglichkeit mit einer Kündigung seitens der Beklagten rechnen, nicht abgesprochen werden. Bei dieser Mitteilung handelt es sich um eine Behauptung der Beklagten. Ob tatsächlich keine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit - ggf. zu geänderten Bedingungen - besteht, kann die Klägerin bei Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses gerichtlich überprüfen lassen. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass es sich vorliegend nach den der Klägerin erteilten Informationen im Unterrichtungsschreiben um einen Teilbetriebsübergang gehandelt hat und damit nicht ausgeschlossen werden kann, dass die Beklagte eine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit für die Klägerin hat, die sie ihr als milderes Mittel gegenüber einer Beendigungskündigung anbieten müsste. Soweit die Beklagte behauptet, sie habe ihr operatives Geschäft bereits im Laufe des Jahres 2005 eingestellt, so wäre auch dies in einem Kündigungsschutzverfahren zu überprüfen. In diesem Fall trägt die Klägerin als widersprechende Arbeitnehmerin das Risiko, dass die Beklagte eine betriebsbedingte Kündigung ausspricht.

Unter diesen Umständen kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Klägerin keinen Rückkehrwillen hat und ihr Widerspruchsrecht rechtsmissbräuchlich ausübt.

Im Ergebnis ist damit festzustellen, dass die Klägerin dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf die Erwerberin rechtzeitig und ordnungsgemäß widersprochen hat mit der Folge, dass das Arbeitsverhältnis zur Beklagten fortbesteht.

Diesem Ergebnis steht die durch die Erwerberin ausgesprochene Kündigung nicht entgegen, da diese aufgrund der nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts festgestellten ex tunc Wirkung des Widerspruchs ins Leere ging und das Arbeitsverhältnis der Klägerin nicht beenden konnte. Die Kündigung einer Nichtvertragspartei ist unwirksam (vgl. BAG, Urteil vom 26.04.2000, 4 AZR 170/99 = NZA 2000, 1010). Insoweit liegt ein Grund vor, der nicht innerhalb der dreiwöchigen Klagefrist geltend gemacht zu werden braucht.

Auf die Berufung der Klägerin war das Urteil des Arbeitsgerichts mithin teilweise abzuändern.

III.

Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.

IV.

Die Revision war gemäß § 72 Abs.2 Nr.1 ArbGG zuzulassen, da entscheidungserhebliche Rechtsfragen vorliegen, die grundsätzliche Bedeutung haben, für die Einheitlichkeit der Rechtsordnung von allgemeiner Bedeutung und höchstrichterlich noch nicht entschieden sind.

Ende der Entscheidung

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