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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 14.05.2002
Aktenzeichen: 7 Ta 128/02
Rechtsgebiete: BetrVG, ArbGG, ZPO


Vorschriften:

BetrVG § 23 Abs. 3
ArbGG § 85 Abs. 1
ZPO § 890
Aus einem in einem Verfahren nach § 23 Abs. 3 S. 1 BetrVG geschlossenen Vergleich, in dem sich der Arbeitgeber verpflichtet, es zu unterlassen, Mehrarbeit ohne vorherige Zustimmung des Betriebsrats oder ohne Ersetzung der Zustimmung durch die Einigungsstelle anzuordnen oder zu dulden, kann die Zwangsvollstreckung betrieben werden.
LANDESARBEITSGERICHT DÜSSELDORF BESCHLUSS

Geschäftsnummer: 7 Ta 128/02

In dem Zwangsvollstreckungsverfahren

hat die 7. Kammer des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf am 14.05.2002 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Rummel

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde der Schuldnerin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Essen vom 14.03.2002 wird zurückgewiesen.

Beschwerdewert: 1.000,00 EUR.

Gründe:

A.

Ein von dem Gläubiger (Betriebsrat) angestrengtes Beschlussverfahren nach § 23 Abs. 3 S. 1 BetrVG, wegen dessen Einzelheiten auf den Akteninhalt verwiesen wird, brachten die Beteiligten durch einen gerichtlichen Vergleich zum Abschluss, der auszugsweise wie folgt lautet:

Die Antragsgegnerin verpflichtet sich, es zu unterlassen, Mehrarbeit ohne vorherige Zustimmung des Betriebsrates oder ohne Ersetzung der Zustimmung durch die Einigungsstelle anzuordnen oder zu dulden, ausgenommen im Fall der Not.

Nach Erteilung einer Vollstreckungsklausel und Zustellung des Vergleichs hat der Gläubiger nunmehr beantragt,

der Schuldnerin für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen ihre Verpflichtung aus dem Vergleich ein Ordnungsgeld anzudrohen, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird.

Mit Beschluss vom 14.03.2002 hat das Arbeitsgericht der Schuldnerin für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen ihre Verpflichtung aus dem Vergleich ein Ordnungsgeld in Höhe von bis zu 10.000,00 EUR angedroht.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die sofortige Beschwerde der Schuldnerin.

Wegen der Einzelheiten dieses Verfahrens wird ebenfalls auf den Akteninhalt Bezug genommen.

B.

I.

Die zulässige sofortige Beschwerde (§§ 793, 569 ZPO, 78, 85 Abs. 1 S. 3 ArbGG) ist erfolglos.

1. Auch aus Vergleichen, die in einem Verfahren nach § 23 Abs. 3 S. 1 BetrVG geschlossen werden, kann grundsätzlich die Zwangsvollstreckung betrieben werden. Die Vollstreckung richtet sich nach den allgemeinen Vorschriften der Zivilprozessordnung.

Zur Begründung dieser Auffassung wird auf den in LAGE § 23 BetrVG 1972 Nr. 30 veröffentlichten Beschluss der Beschwerdekammer vom 26.04.1993 7 Ta 316/92 verwiesen (s. bereits zuvor: Beschluss der Beschwerdekammer vom 27.07.1992 7 Ta 195/92 -).

2. Der hier geschlossene Vergleich ist auch hinreichend bestimmt.

Der Schuldnerin ist zuzugeben, dass die Beschwerdekammer für einen vergleichbaren Fall in dem Beschluss vom 29.04.1992 7 Ta 352/91 (NZA 1992, 812) eine andere Auffassung vertreten hatte (zuvor bereits: Beschluss vom 26.07.1990 - 7 Ta 139/90 - = NZA 1992, 188). Diese Auffassung hat die Beschwerdekammer jedoch schon in dem Beschluss vom 26.04.1994 7 Ta 348/93 aufgegeben. An dieser geänderten Auffassung wird festgehalten.

Zwar ist es richtig, dass in dem hier vorliegenden Vergleich lediglich die sich aus dem Gesetz (hier: § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG) ergebenden Pflichten des Arbeitgebers umschrieben sind. Dies schließt es jedoch nicht aus, dass die Schuldnerin hier aufgrund des Vergleichs genau darüber im Bilde ist, welches konkrete Verhalten einen Verstoß gegen die Unterlassungsverpflichtung darstellt. Darüber, was unter Mehrarbeit zu verstehen ist, hat sowohl in dem Hauptverfahren als auch in dem Zwangsvollstreckungsverfahren kein Streit geherrscht (vgl. zu diesem Gesichtspunkt: Fiebig NZA 1993, 58, 62). Dass es neben dem im Vergleich bereits erwähnten Notfall auch einzelne andere Fälle geben kann, in denen ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nicht besteht, macht den Vergleich nicht so unbestimmt, dass für das Gros der eindeutigen Fälle eine Vollstreckung nicht zulässig wäre. Ausnahmefällen könnten gegebenenfalls im Rahmen des weiteren Zwangsvollstreckungsverfahrens berücksichtigt werden.

Das Titel mit dem hier vorliegenden Inhalt vollstreckungsfähig sind, ist offensichtlich auch die Meinung des Bundesarbeitsgerichts. Die Formulierung in dem hier in Rede stehenden Vergleich lehnt sich an an den Beschlusstenor in der Sache AP Nr. 41 zu § 87 BetrVG 1972 Arbeitszeit (s. ferner die vom BAG in AP Nr. 2 zu § 23 BetrVG 1972 akzeptierte Fassung des Beschlusstenors in dem angefochtenen Beschluss des LAG, s. des Weiteren auch Hess. LAG, Beschluss vom 23.07.2001 - 4 Ta 224/01 - und zur Zulässigkeit sog. Globalanträge ferner: BAG, Beschluss vom 10.03.1992 - 1 ABR 31/91 -). Es kann schwerlich angenommen werden, dass, was auch rechtlich unzulässig wäre, Leistungstitel in die Welt gesetzt werden sollten, deren Vollstreckung nicht möglich wäre.

3. Die Höhe des angedrohten Ordnungsgeldes ( für jeden Fall der Zuwiderhandlung bis zu 10.000,00 EUR-) geht in Ordnung und brauchte auch nicht besonders begründet zu werden.

a) Das Arbeitsgericht hat zu Recht den in § 23 Abs. 3 S. 5 BetrVG genannten Höchstbetrag zugrundegelegt und entsprechend § 85 Abs. 1 S. 3 ArbGG von der Festsetzung einer Ordnungshaft abgesehen (vgl. insoweit Beschwerdekammer in LAGE § 23 BetrVG 1972 Nr. 30).

b) Ferner war es richtig, in dem Androhungsbeschluss zunächst ohne nähere Festlegung den zulässigen Höchstbetrag des Ordnungsgeldes zu nennen (Beschluss der Beschwerdekammer vom 23.07.1992 7 Ta 148/92 -; Zöller- Stöber, Zivilprozessordnung, 22. Aufl., § 890 Rdn. 12 b); Wiese, GK-BetrVG, 4. Aufl., § 23 Rdn. 160), was es nicht hinderte, bei einer endgültigen Festsetzung den angedrohten Betrag je nach Lage des Falles zu unterschreiten (RGZ 36, 417, 420; Beschwerdekammer am zuletzt angegebenen Ort).

Rechtlich zutreffend war es schließlich, ein Ordnungsgeld für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen das Verbot anzudrohen, da es für jeden Zuwiderhandlungsfall einzeln festzusetzen ist (vgl. Beschwerdekammer am zuletzt angegebenen Ort; Fitting/Kaiser/Heither/Engels, Betriebsverfassungsgesetz, 20. Aufl., § 23 Rdn. 83).

4. Da der Vergleich keine Androhung enthielt, auch nicht enthalten konnte (Beschwerdekammer LAGE § 23 BetrVG 1972 Nr. 30 und Zöller-Stöber, a.a.O. Rdn. 12 a mit weiteren Rechtsprechungsnachweisen) war die Androhung durch besonderen Beschluss auszusprechen.

5. Eine erneute Zuwiderhandlung brauchte nicht vorgelegen zu haben (vgl. Beschwerdekammer und Zöller-Stöber jeweils wie zuletzt zitiert -).

6. Da schließlich auch die allgemeinen Zwangsvollstreckungsvoraussetzungen (Klausel, Zustellung) vorgelegen haben die Androhung durch besonderen Beschluss stellt bereits den Beginn der Zwangsvollstreckung dar (BGH NJW 1979, 217; Beschwerdekammer NZA 1992, 812; Zöller-Stöber, a.a.O., Rdn. 12 a); Wiese, a.a.O., Rdn. 159; zu dem Erfordernis der allgemeinen Zwangsvollstreckungsvoraussetzungen auch bei einem Verfahren nach § 23 Abs. 3 BetrVG s. LAGE § 23 BetrVG 1972 Nr. 30) -, stand der Androhung nichts entgegen.

II.

1. Der Wert des Verfahrens war auf einen (geringen) Bruchteil des Hauptsachewertes festzusetzen (Beschwerdekammer in LAGE § 23 BetrVG 1972 Nr. 30; OLG Düsseldorf NJW 1958, 2244).

2. Die Rechtsbeschwerde wird gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO zugelassen, da der Sache grundsätzliche Bedeutung beigemessen wird (§ 78 Satz 2 i.V.m. § 72 abs. 2 Nr. 1 ArbGG).

Ende der Entscheidung

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