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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 23.07.1998
Aktenzeichen: 7 Ta 209/98
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 888
ZPO § 908
Ein Haftbefehl (Ersatzzwangshaft gem. § 888 ZPO) kann nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen, wenn es dem Schuldnerein Leichtes wäre, der titulierten Verpflichtung (hier: Erteilung von Lohnabrechnungen) nachzukommen.
LANDESARBEITSGERICHT DÜSSELDORF BESCHLUSS

Geschäfts-Nr.: 7 Ta 209/98

In dem Zwangsvollstreckungsverfahren

hat die 7. Kammer des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf am 23.07.1998 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Rummel beschlossen:

Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde der Gläubigerin wird der Beschluß des Arbeitsgerichts Essen vom 18.05.1998 aufgehoben.

Das Arbeitsgericht (Vorsitzender) wird angewiesen, Haftbefehl zu erlassen.

Die Kosten des Verfahrens hat der Schuldner zu tragen.

Beschwerdewert: 500,-- DM.

Gründe:

A.

Die Parteien haben einen Vergleich geschlossen, der in Ziff. 1 wie folgt lautet:

Zum Ausgleich der Klageforderung zahlt der Beklagte an die Klägerin 1.863,00 DM (eintausendachthundertdreiundsechzig Deutsche Mark) brutto und erteilt der Klägerin auch entsprechende Abrechnungen."

Bei diesem Betrag handelt es sich um die Ausbildungsvergütung der Klägerin (Gläubigerin) für den Zeitraum vom 06.06.1997 bis zum 15.08.1997.

Mit Beschluß vom 16.10.1997 ist gegen den Beklagten (Schuldner) zur Erzwingung der in dem Vergleich ausgesprochenen Verpflichtung auf Erteilung von Abrechnungen ein Zwangsgeld von 600,-- DM festgesetzt worden, ersatzweise eine Zwangshaft von 1 Tag für je 150,-- DM. Dieser Beschluß ist rechtskräftig geworden.

Da die Beitreibung des Zwangsgeldes (wie auch die Beitreibung der titulierten Lohnforderung) erfolglos blieb, hat die Gläubigerin in Bezug auf die ersatzweise festgesetzte Zwangshaft den Erlaß eines Haftbefehls beantragt.

Mit dem angefochtenen Beschluß hat das Arbeitsgericht den Antrag mit der Begründung zurückgewiesen, dem Erlaß eines Haftbefehls stünde im vorliegenden Fall der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entgegen.

Gegen diesen Beschluß wendet sich die Gläubigerin mit der sofortigen Beschwerde.

B.

Die zulässige sofortige Beschwerde (§ 793 Abs. 1 ZPO) ist erfolgreich.

Der von der Gläubigerin beantragte Haftbefehl (§ 908 ZPO) ist zu erlassen.

Der Haftbefehl stellt im Verfahren nach § 888 ZPO nur noch die Vollziehung des (hier rechtskräftigen) Zwangsmittelbeschlusses in Bezug auf die (Ersatz-)Zwangshaft dar. Zu prüfen ist allein, ob das Zwangsgeld nicht beigetrieben werden konnte. Daß die letztgenannte Voraussetzung gegeben ist, kann nicht zweifelhaft sein. Die Gläubigerin hat versucht, über den Gerichtsvollzieher das Zwangsgeld einzutreiben. Dieser Versuch war erfolglos (ebenso wie die Beitreibung des titulierten Lohnbetrages); der Schuldner hat die eidesstattliche Versicherung abgegeben.

Auch wenn in diesem späten Stadium der Zwangsvollstreckung der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit noch zu beachten ist, so müssen auf jeden Fall strenge Maßstäbe angelegt werden, um einen Verstoß gegen diesen Grundsatz annehmen zu können. Ein solcher Verstoß kann, worauf die Gläubigerin zu Recht hinweist, hier schon aus dem einfachen Grund nicht angenommen werden, weil es für den Schuldner ein leichtes wäre, der von ihm in dem Vergleich übernommenen Verpflichtung zur Erteilung von Lohnabrechnungen zu genügen (siehe zu diesem Gesichtspunkt: BVerfGE 61, 126 ff, unter B I 2 b).

Der Gläubigerin kann auch ein schutzwürdiges Interesse an der beantragten Zwangsvollstreckungsmaßnahme nicht abgesprochen werden. Eine Durchsetzung des Titels auf andere Weise ist nicht möglich. Welche Vorteile die Erfüllung der titulierten Verpflichtung dem Gläubiger bringt, ist im Zwangsvollstreckungsverfahren nicht zu prüfen.

Nach alledem kann der angefochtene Beschluß keinen Bestand haben. Der Erlaß des Haftbefehls konnte gem. § 575 ZPO dem arbeitsgerichtlichen Vorsitzenden übertragen werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

Gegen diesen Beschluß findet keine weitere Beschwerde statt (§ 78 Abs. 2 ArbGG).

Ende der Entscheidung

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