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Gericht: Landesarbeitsgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 30.06.2009
Aktenzeichen: 8 Sa 1711/08
Rechtsgebiete: TV Ärzte-KF


Vorschriften:

TV Ärzte-KF § 3
TV Ärzte-KF § 11
TV Ärzte-KF § 15
Zur Überleitung der Vergütungsgruppen von Stations- und Oberärzten nach dem BAT-KF in die durch den TV-Ärzte-KF neu geschaffenen Entgeltgruppen/Entgeltstufen.
Tenor:

1. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Wuppertal vom 16.10.2008 - Az. 1 Ca 1934/08 v - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Eingruppierung der Klägerin.

Die 52 Jahre alte, ledige und einem Kind zum Unterhalt verpflichtete Klägerin trat am 01.03.1991 als Ärztin im Praktikum in den Dienst des Krankenhauses M.. Das Krankenhaus wird vom Beklagten getragen, der Mitglied im Diakonischen Werk der Evangelischen Kirche im Rheinland ist. Nach der Ausbildung wurde die Klägerin zum 01.11.1992 als Assistenzärztin im Krankenhaus M. weiterbeschäftigt. Im schriftlichen Dienstvertrag der Parteien vom selben Tage, wegen dessen weiterer Einzelheiten auf Blatt 7 f. d.A. Bezug genommen wird, heißt es unter anderem:

...

§ 2

Für das Dienstverhältnis gilt das Kirchliche Arbeitsvertragsrecht für Angestellte - Bundesangestelltentarifvertrag vom 23. Februar 1961 - (BAG-KF) in der jeweils im Bereich des Diakonischen Werkes der Evangelischen Kirche im Rheinland geltenden Fassung.

Ergänzende allgemeine dienstrechtliche Regelungen finden ebenfalls Anwendung, sofern sie für den Bereich des Diakonischen Werkes der Evangelischen Kirche im Rheinland gelten.

...

§ 3

Der Mitarbeiter wird in die Vergütungsgruppe II a/Fallgr. 1 BAT-KF eingestuft.

..."

Im November 1997 gruppierte der Beklagte die Klägerin, die keinen Facharztabschluss besitzt, im Wege des Fallgruppenaufstiegs in die Vergütungsgruppe Ib Fallgruppe 3 BAT-KF hoch. Die Klägerin arbeitet seit inzwischen mehr als 10 Jahren als Stationsärztin in der Psychotherapiestation. Dabei übt sie unter anderem folgende Tätigkeiten selbständig, das heißt generell ohne Rücksprache mit Ober- oder Chefarzt, aus:

- das Verordnen von Medikamenten wie Antidepressiva, Neuroleptika, Präparaten gegen Bluthochdruck, Diabetes Mellitus, Antibiotika etc.,

- das Überweisen von Patienten zur weiteren Behandlung an niedergelassene Ärzte oder andere Kliniken,

- das Beurteilen der Arbeitsfähigkeit von Patienten bei deren Entlassung,

- die Abgabe von Stellungnahmen zur Beantragung von Betreuungsleistungen für Patienten.

Darüber hinaus wird die Klägerin als begleitende Ärztin in der "ambulanten Rehabilitation Sucht" eingesetzt; sie führt die in diesem Bereich anfallenden Untersuchungen durch und erstellt Gutachten. Spätestens seit Juli 2007 arbeitet die Klägerin in Teilzeit mit aktuell 32 Wochenstunden (3/4 Stelle).

Am 22.10.2007 wurde der BAT-KF neu gefasst. Ärzte und Ärztinnen, die am 01.06.2007 unter den Geltungsbereich des BAT-KF fielen, wurden rückwirkend zum 01.07.2007 in den neu geschaffenen TV-Ärzte-KF übergeleitet.

In § 3 des Tarifvertrages zur Überleitung der Ärztinnen und Ärzte in den TV-Ärzte-KF (TVÜ-Ärzte-KF) heißt es auszugsweise:

"§ 3 Eingruppierung

(1) Die Ärzte werden derjenigen Stufe der Entgeltgruppe (§ 11 TV-Ärzte) zugeordnet, die sie erreicht hätten, wenn die Entgelttabelle für Ärztinnen und Ärzte bereits seit Beginn ihrer Zugehörigkeit zu der für sie maßgebenden Entgeltgruppe gegolten hätte. Dabei werden Ärzte der Vergütungsgruppe II in die Entgeltgruppe 1 und Ärzte der Vergütungsgruppe Ib BAT-KF in die Entgeltgruppe 2 eingruppiert...

(2) Für die Stufenfindung bei der Überleitung zählen die Zeiten im jetzigen Arbeitsverhältnis zu demselben Arbeitgeber. Für die Berücksichtigung von Vorzeiten ärztlicher Tätigkeit bei der Stufenfindung gilt § 15 Abs. 2 TV-Ärzte-KF."

§ 11 TV-Ärzte-KF sieht, soweit hier von Interesse, folgendes vor:

"§ 11 Eingruppierung

Ärzte sind entsprechend ihrer nicht nur vorübergehend und zeitlich mindestens zur Hälfte auszuübenden Tätigkeit wie folgt eingruppiert:

 EntgeltgruppeBezeichnung
Ä1 Ärztin/Arzt mit entsprechender Tätigkeit
Ä2 Fachärztin/Facharzt mit entsprechender

Tätigkeit..."

In § 15 TV-Ärzte-KF heißt es:

"§ 15 Stufen der Entgelttabellen

(1) Die Entgeltgruppe Ä 1 und Ä 2 umfasst fünf Stufen; die Entgeltgruppen Ä 3 bis Ä 4 umfassen drei Stufen. Die Ärzte erreichen die jeweils nächste Stufe nach den Zeiten ärztlicher (Ä 1), fachärztlicher (Ä 2), oberärztlicher (Ä 3) Tätigkeit ...

(2) Für die Anrechnung von Vorzeiten ärztlicher Tätigkeit gilt folgendes:

Bei der Stufenzuordnung werden Zeiten mit einschlägiger Berufserfahrung als förderliche Zeiten berücksichtigt, das gilt insbesondere für die Tätigkeit als Arzt im Praktikum. Zeiten von sonstiger Berufserfahrung aus nichtärztlicher Tätigkeit können berücksichtigt werden."

Nach der Entgelttabelle für Ärztinnen und Ärzte im Geltungsbereich des TV-Ärzte (Anlage A 1und 2 zum TV-Ärzte-KF) wird die Stufe 4 in der Entgeltgruppe Ä

Die Beklagte gruppierte die Klägerin mit Wirkung zum 01.07.2007 in die Entgeltgruppe Ä2, Stufe 1 ein und rechnete das Entgelt der Klägerin mit der Verdienstabrechnung für Dezember 2007 entsprechend ab. Hiergegen erhob die Klägerin mit Schreiben vom 04.01.2008 "Einspruch". Mit Schreiben vom 18.01.2008 forderte sie nochmals eine Eingruppierung in Vergütungsgruppe Ä2, Stufe 5. Mit Anwaltsschreiben vom 18.04.2008 machte die Klägerin die Zahlung der zwischenzeitlich aufgelaufenen Gehaltsdifferenzen geltend. Der Beklagte verweigerte dies mit Schreiben vom 30.04.2008 unter Hinweis auf die fehlende Facharztprüfung der Klägerin.

Mit der vorliegenden, am 26.06.2008 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat die Klägerin eine Eingruppierung in die Vergütungsgruppe Ä2, Stufe 4 geltend gemacht. Allein eine solche Überleitung, so hat sie gemeint, entspreche dem Wortlaut und Sinn des § 3 TVÜ-Ärzte-KF. Verbliebe sie dagegen in Stufe 1, führte dies zu einer dauerhaften Gehaltsabsenkung um 12%. Für die Höhergruppierung sprächen auch die von ihr ausgeübten Tätigkeiten. Bei diesen handele es sich - so die Behauptung der Klägerin - um Facharzttätigkeiten, sie insoweit einem Kollegen mit Facharzttitel völlig gleichgestellt.

Die Klägerin hat beantragt,

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin ab dem 01. Juli 2007 Vergütung nach der Entgeltgruppe Ä 2, Stufe 4 des Tarifvertrages für Ärztinnen und Ärzte - Kirchliche Fassung (TV-Ärzte-KF) - zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat bestritten, dass die von der Klägerin wahrgenommenen Aufgaben Facharzttätigkeiten entsprächen. Darauf komme es aber nach der Tarifsystematik auch gar nicht an, da der Klägerin jedenfalls der Facharzttitel fehle. Die von der Klägerin vorgenommene Auslegung des § 3 TVÜ-Ärzte-KF ebne die Unterschiede in den Tätigkeiten zwischen Fach- und Assistenzarzt - etwa im Hinblick auf die Medikationsbefugnis - ein und belohne die Klägerin ohne Grund für den Verzicht auf die zeitaufwändige Facharztausbildung. Die Klägerin erreiche auf diesem Wege eine Vergütung, die sie nach dem BAT-KF nie hätte erreichen können, und stelle sie dauerhaft besser als neu einzustellende Assistenzärzte.

Mit Urteil vom 16.10.2008 hat das Arbeitsgericht der Klage stattgegeben und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Der Wortlaut des § 3 TVÜ-Ärzte-KF betreffe ausdrücklich nicht nur die Zugehörigkeit der überzuleitenden Ärzte zu einer Vergütungsgruppe, sondern regele ebenso die Stufenfindung. Insoweit werde gerade keine Unterscheidung zwischen Fachärzten und langjährig beschäftigten Assistenzärzten, die im Wege des Fallgruppenaufstiegs in die frühere Vergütungsgruppe Ib BAT-KF eingruppiert waren, gemacht, vielmehr die Zugehörigkeit zur Entgeltgruppe Ä2 seit Beginn der Tätigkeit fingiert. Gegenüber dieser Spezialregelung hätten die §§ 11, 15 TV-Ärzte-KF zurückzutreten.

Gegen das ihm am 20.11.2008 zugestellte Urteil hat der Beklagte mit Anwaltsschriftsatz vom 16.12.2008 Berufung eingelegt und diese - nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 20.02.2009 - mit einem weiteren, am 20.02.2009 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz auch begründet.

Der Beklagte hält die vom Arbeitsgericht vorgenommene Tarifauslegung für falsch, da sie nicht zu einer sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führe. Insoweit verweist er auf die bereits erstinstanzlich vorgebrachten Argumente. Es sei insbesondere nicht einzusehen, dass die Klägerin im Wege der Anwendung einer Überleitungsvorschrift, die grundsätzlich nur dem Vertrauen der Klägerin in ihre bis dahin erreichte Eingruppierung habe Rechnung tragen wollen, dauerhaft höher gruppiert werde. Mit einer solchen Auslegung beseitigte man die Anreize für die Teilnahme an einer Facharztausbildung. Es sei im Übrigen nach wie vor zu bestreiten, dass die Klägerin fachärztliche Tätigkeiten ausübe. Vielmehr seien ihr Tätigkeitsfeld und ihre Kompetenzen schon aufgrund gesetzlicher Vorgaben im Vergleich zu denjenigen eines Facharztes erheblich eingeschränkt.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Wuppertal vom 16.10.2008 - Az.: 1 Ca 1934/08 v - abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.

Die Klägerin verteidigt das Urteil des Arbeitsgerichts unter Bezugnahme auf ihren erstinstanzlichen Vortrag. Insbesondere sei zutreffend, dass sich das Arbeitsgericht vorrangig am eindeutigen Wortlaut des § 3 TVÜ-Ärzte-KF orientiert habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze, die zur Akte gereichten Unterlagen sowie die Protokolle der mündlichen Verhandlungen beider Rechtszüge verwiesen.

Entscheidungsgründe:

A.

Die Berufung ist zulässig. Sie ist gemäß § 64 Abs. 1, 2 lit. b) ArbGG an sich statthaft und form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, § 66 Abs. 1 Satz 1 ArbGG.

B.

Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat zutreffend festgestellt, dass der Klägerin eine Vergütung nach Stufe 4 der Entgeltgruppe Ä2 TV-Ärzte-KF zusteht und nicht nur eine solche nach Stufe 1.

I.

Die Eingruppierungsfeststellungsklage ist gemäß § 256 Abs. 1 ZPO zulässig. Insoweit macht sich die Kammer die Entscheidungsgründe unter Ziffer I. des angefochtenen erstinstanzlichen Urteils gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG zu Eigen.

II.

Die Klägerin hat Anspruch auf Zahlung einer (zeitanteilig berechneten) Vergütung nach Entgeltgruppe Ä2 Stufe 4 TV-Ärzte-KF. Das ergibt die Auslegung der einschlägigen tariflichen Vergütungsvorschriften. Ob es sich bei den von der Klägerin ausgeübten - der Sache nach unstreitigen - Tätigkeiten um Facharzttätigkeiten handelt, spielt keine Rolle.

1.

Bei den "Tarifverträgen" für kirchliche Beschäftigte oder Beschäftigtengruppen wie den BAT-KF oder die hier in Rede stehenden Nachfolgerregelungen des TV-Ärzte-KF oder des TVÜ-Ärzte-KF handelt es sich um Kollektivvereinbarungen besonderer Art, in denen allgemeine Bedingungen für die Vertragsverhältnisse der bei den Kirchen beschäftigten Arbeitnehmer durch paritätisch zusammengesetzte Arbeitsrechtliche Kommissionen festgesetzt werden (BAG, Urteile vom 23.09.2004 - 6 AZR 430/03, EzA BGB 2002 Kirchliche Arbeitnehmer Nr. 11, vom 17.06.2003 - 3 AZR 310/02, EzA BGB 2002 § 611 Kirchliche Arbeitnehmer Nr. 2). Diesen Regelungen kommt allerdings keine normative Wirkung zu. Sie finden auf das Arbeitsverhältnis nur kraft einzelvertraglicher Bezugnahme Anwendung. Gleichwohl erfolgt die Auslegung der AVR nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nach den gleichen Grundsätzen, wie sie für die Tarifauslegung maßgeblich sind (BAG, Urteile vom 26.10.2006 - 6 AZR 307/06, NZA 2007, 1179; vom 14. 01.2004 - 10 AZR 188/03, AP AVR Caritasverband Anlage 1 Nr. 3, LAF Düsseldorf, Urteil vom 19.01.2006 - 13 (7) Sa 298/05, juris). Danach ist vom Wortlaut der Regelung auszugehen und anhand dessen der Sinn der Erklärung zu erforschen, ohne am Wortlaut zu haften. Der wirkliche Wille der Richtliniengeber und damit der von ihnen beabsichtigte Sinn und Zweck der Bestimmungen ist mit zu berücksichtigen, soweit sie in den Vorschriften der Regelung ihren Niederschlag gefunden haben. Abzustellen ist auch auf den systematischen Zusammenhang. Verbleibende Zweifel können durch die Heranziehung weiterer Auslegungskriterien, wie der Entstehungsgeschichte der Regelung oder einer praktischen Handhabbarkeit geklärt werden (BAG, Urteil vom 23.09.2004, aaO).Im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt (BAG, Urteil vom 24.09.2008 - 10 AZR 140/08, NZA-RR 2009, 107).

2.

In Anwendung dieser Grundsätze, denen sich die Kammer anschließt, ergibt sich für den vorliegenden Fall:

a. Der Vergütungsanspruch der Klägerin bestimmt sich nach dem TV-Ärzte-KF bzw. dem TVÜ-Ärzte KF. Bei beiden Regelungen handelt es sich um Anlagen (6, 7) zum neu gefassten BAT-KF, dessen Geltung wiederum die Parteien in § 2 des Dienstvertrages vom 01.11.1992 ausdrücklich vereinbart haben. Insoweit besteht auch zwischen den Parteien Einigkeit.

b. Ebenfalls unstreitig ist, dass die Klägerin allein unter Betrachtung des TV-Ärzte-KF die von ihr reklamierte Eingruppierung schon der Entgeltgruppe nach nicht erreichen könnte. Gemäß § 11 setzt die Entgeltgruppe Ä2 nämlich das Vorhandensein eines Facharzttitels und eine entsprechende Beschäftigung voraus.

c. Die Eingruppierung der Klägerin in Entgeltgruppe Ä2 Stufe 4 folgt jedoch aus § 3 Abs. 1 TVÜ-Ärzte-KF.

(1) Hierfür spricht zunächst maßgeblich der Wortlaut der Regelung. Gemäß Satz 2 ist die Klägerin als Ärztin, die zuvor der Vergütungsgruppe Ib BAT-KF angehört hat, in die Entgeltgruppe Ä2 eingruppiert, ohne dass es auf einen Facharzttitel oder eine konkrete Tätigkeit ankäme. Über das Eingangswort "dabei" in Satz 2 wird gleichzeitig der Prozess der Vergütungsgruppenfindung mit demjenigen der in Satz 1 ausdrücklich geregelten Stufenfindung innerhalb der Gruppe verknüpft, denn das "dabei" kann sich sprachlogisch nur auf die in Satz 1 beschriebene Zuordnung zu einer "Stufe der Entgeltgruppe" beziehen. Damit ist die für die Klägerin maßgebende Vergütungsgruppe im Sinne des Satzes 1 diejenige des Ib BAT-KF = Ä2 TV-Ärzte-KF; wie das Arbeitsgericht zutreffend erkannt hat, muss über die in Satz 1 enthaltene Fiktion sodann so getan werden, als habe die Klägerin die Vergütungsgruppe Ä2 bereits im Jahre 1997 erreicht, als sie im Wege des Fallgruppenaufstiegs aus der Vergütungsgruppe II in die Ib BAT-KF gelangte. Die Klägerin befindet sich daher ab dem 01.07.2007 - mindestens - im neunten Tätigkeitsjahr in der Vergütungsgruppe Ä2, was nach Maßgabe der damals wie heute gültigen Entgelttabellen eine Zuordnung zur Entgeltstufe 4 bedeutete. Die Kammer hält den Wortlaut der beiden Sätze des § 3 Abs. 1 TVÜ-Ärzte-KF für eindeutig; gegenläufige, für die Auffassung des Beklagten streitende Anhaltspunkte sind ihm nicht zu entnehmen. Wollte die Arbeitsrechtliche Kommission alle über den Fallgruppenaufstieg in Ib BAT-KF gelangten Stationsärzte in Stufe 1 der Entgeltgruppe Ä2 halten wollen, hätte man das auch so sagen können.

(2) Das gefundene Auslegungsergebnis ist auch nicht so praktisch unbrauchbar, so sinnwidrig im Verhältnis zum bisherigen Vergütungssystem, dass eine Korrektur quasi gegen den Wortlaut des § 3 Abs. 1 angezeigt wäre. Vielmehr ist eine tarifwidrige oder dem Gleichheitssatz generell widersprechende Gleichbehandlung von Fachärzten einerseits und langjährig beschäftigten Stations-/Assistenzärzten andererseits nicht erkennbar (Auslegung nach Sinn und Zweck, Systematik und Entstehungsgeschichte).

(a) § 3 TVÜ-Ärzte-KF betrifft nicht den "Facharzt", den "Stationsarzt" oder "Assistenzarzt" an sich, sondern nur diejenigen Ärzte, die schon am 01.07.2007 unter den BAT-KF fielen. Für seitdem eintretende Ärzte gilt der TV-Ärzte-KF mit den in § 11 normierten Trennungslinien uneingeschränkt, so dass schon von daher nicht angenommen werden kann, es werde ärztlichem Personal die Motivation zur Fortbildung genommen. Gleiches gilt im Übrigen für Assistenzärzte, die am 01.07.2007 den Fallgruppenaufstieg in die frühere Vergütungsgruppe Ib BAT-KF noch nicht vollzogen hatten, auch diese waren nunmehr in Vergütungsgruppe Ä1 einzugruppieren und konnten ihre Vergütung nur im Wege der Fortbildung erhöhen. Andererseits ordnete bereits der BAT-KF über den Fallgruppenaufstieg eine zumindest phasenweise bestehende Gleichbehandlung in der Vergütung von mehrjährig beschäftigten Stationsärzten mit Fachärzten an. Richtig ist allein, dass § 3 Abs. 1 Satz 1, 2 TVÜ-Ärzte-KF nach Ib BAT-KF bezahlte Stations-/Assistenzärzte finanziell dauerhaft mit Fachärzten gleichstellt, die nicht nach Satz 3 der Entgeltgruppe Ä3 zuzurechnen sind oder zum Oberarzt befördert werden.

(b) Die Arbeitsrechtliche Kommission musste bei der Überleitung der im BAT-KF bestehenden Vergütungsgruppen dem Befund Rechnung tragen, dass es aufgrund des bis dahin geltenden, künftig aber nicht mehr gewollten Systems der Fallgruppenaufstiege ärztliches Personal gab, dass wie ein Facharzt vergütet wurde, ohne es zu sein, und dessen Vergütung daher zur Gruppen- und Stufeneinteilung nach dem TV-Ärzte-KF nicht passte. Legt man beispielsweise die von der Klägerin im Zeitpunkt der Überleitung bezogene Vergütung zugrunde (unter Berücksichtigung der Teilzeitbeschäftigung und den zur Gerichtsakte gereichten Abrechnungen), so lagen die Bezüge jedenfalls innerhalb der Vergütungsgruppe Ä2, und dort zwischen den Stufen 2 und 3. Gruppierte man die Klägerin dann aber in Ä2 Stufe 1 ein, stünde sie trotz der Besitzstandsregelung in § 4 TVÜ-Ärzte-KF dauerhaft schlechter, weil das nach § 4 Abs. 1 zu bildende Vergleichsentgelt - sieht man von der einmaligen Erhöhung zum 01.01.2008 ab - künftig nicht dynamisiert wird. Es mag daher durchaus so sein, dass die Arbeitsrechtliche Kommission zur Vermeidung solcher Ergebnisse einerseits und wegen einer möglichst einfachen Überleitung aller Ärzte andererseits schlicht in Kauf genommenen hat, dass ein überschaubarer Kreis langjährig beschäftigter Assistenz- und Stationsärzte vom Wechsel der tariflichen Vergütungssystematik durch eine Erhöhung der erreichbaren Endvergütung profitierte. Die Kammer hält es insoweit für bedeutsam, dass der TVÜ-Ärzte-KF ausdrücklich zwischen "Überleitungsregelungen" in Abschnitt II und (bloßen) "Besitzstandsregelungen" in Abschnitt III unterscheidet. Der Beklagte geht fehl in der Annahme, der in Abschnitt II befindliche § 3 Abs. 1 TVÜ-Ärzte-KF diene zwangsläufig allein dem Vertrauensschutz.

(c) Auch der TV-Ärzte-KF nimmt keine strikte Trennung in der Vergütung von Ärzten und Fachärzten allein nach ihrer absolvierten Ausbildung vor. So wird das in § 11 niedergelegte Prinzip durch die Zulagenregelungen des § 12 (bei unverschuldetem Überschreiten der Mindestweiterbildungszeit zum Facharzt um mehr als ein Jahr) und des § 13 (bei vorübergehender Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit) relativiert. Vor allem letztgenannter Norm kann entnommen werden, dass die in Summe geschuldete Vergütung gerade nicht in Abhängigkeit einer absolvierten Weiterbildung, sondern primär in Ansehung der verrichteten Tätigkeit zu bestimmen ist. Weiterhin schafft § 15 Abs. 2, 3 TV-Ärzte-KF im Rahmen der Stufenfindung Ermessenspielräume für die Anrechnung von Vordienstzeiten sogar aus nichtärztlicher Tätigkeit bzw. für die Vorweggewährung von Stufensprüngen etwa zur Deckung des Personalbedarfs oder zur Bindung qualifizierter Fachkräfte.

C.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Kammer hat den entscheidungserheblichen Rechtsfragen im Hinblick auf den Umfang des Anwendungsbereichs des TVÜ-Ärzte-KF grundsätzliche Bedeutung beigemessen und die Revision gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG zugelassen.

Ende der Entscheidung

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