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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 20.04.2004
Aktenzeichen: 8 Sa 435/04
Rechtsgebiete: ArbGG, ZPO


Vorschriften:

ArbGG § 62
ZPO § 935
ZPO § 940
Zur einstweiligen Verfügung auf Urlaubsgewährung.
LANDESARBEITSGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

8 Sa 435/04

Verkündet am 20. April 2004

In Sachen

hat die 8. Kammer des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 20.04.2004 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Pauly als Vorsitzenden sowie den ehrenamtlichen Richter Moutarde und den ehrenamtlichen Richter Flack

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Duisburg vom 03.03.2004 - 3 (4) Ga 4/04 - abgeändert.

Der Antrag des Klägers wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Kläger auferlegt.

Tatbestand:

Der Antragsteller (Kläger), Meister des Elektrohandwerks und früheres Vorstandsmitglied der Antragsgegnerin (Beklagten), ist seit dem 01.08.2001 bei der Antragsgegnerin als "Fachbereichsleiter und Koordinator für alle Lehrgänge und Maßnahmen der Elektroinnung E." tätig, und zwar aufgrund des Anstellungsvertrages vom 01.08.2001 (Bl. 22 ff d. A.). Hiernach gehört die dem Antragsteller ausgehändigte Dienstordnung zum Inhalt des Anstellungsvertrages. Dort ist unter Ziff. 10 geregelt, dass der Jahresurlaub während der "großen Ferien" zu nehmen ist. Der Antragsteller ist verheiratet und ist drei Kindern zum Unterhalt verpflichtet. Seine monatliche Vergütung beträgt 3.200,-- €.

Nach dem Anstellungsvertrag bestimmt sich das Arbeitsverhältnis nach dem BAT und den diesen ergänzenden oder ändernden Bestimmungen.

Im November 2003 beantragte der Antragsteller Erholungsurlaub für die Zeit vom 17. bis 28.05.2004, weil er an einer Gruppenreise teilnehmen will, die alle zwei Jahre mit einem Freundeskreis von Handwerkskollegen stattfindet.

Der Antrag des Antragstellers wurde von der Antragsgegnerin noch im November 2003 wegen der zum beabsichtigten Urlaubszeitpunkt bestehenden Ausbildungsverpflichtungen des Antragstellers abgelehnt. Ein vom Prozessbevollmächtigten des Antragstellers am 19.12.2003 bzw. vom Antragsteller persönlich am 20.01.2004 wiederholter Antrag wurde am 21.01.2004 von der Antragsgegnerin erneut abgelehnt. Daraufhin hat der Antragsteller, eingegangen beim Arbeitsgericht am 28.01.2004, ein Hauptsacheverfahren - Aktenzeichen 3 Ca 245/04 - auf Urlaubserteilung anhängig gemacht, das im Gütetermin vom 17.02.2004 auf Antrag beider Parteien terminlos gestellt wurde.

Nunmehr hat der Antragsteller mit einem am 24.02.2004 beim Arbeitsgericht eingegangenen Antrag das vorliegende einstweilige Verfügungsverfahren mit demselben Antrag anhängig gemacht.

Die Antragsgegnerin verfügt über zwei Ausbilder, das heißt über den Antragsteller und den Kollegen X.. Darüber hinaus wird im Bedarfsfall Herr S. eingesetzt, der allerdings nicht bei der Antragsgegnerin, sondern bei der Firma F. W. beschäftigt ist, deren Inhaber der Obermeister der Antragsgegnerin ist. Bei der Ausbildung handelt es sich um überbetriebliche Bildungsmaßnahmen und vom Arbeitsamt finanzierte Umschulungen.

Für die Zeit vom 16. bis 27.08.2004 hat die Antragsgegnerin Betriebsferien anberaumt.

Der Antragsteller hat behauptet:

Der Verweis der Antragsgegnerin auf die "großen Ferien" sei nicht durchschlagend, da Lehrgänge ganzjährig stattfänden. So sei auch in der Zeit vom 02. bis 13.08.2004 eine Umschülergruppe zu betreuen. Angesichts der Betriebsferien vom 16. bis 27.08.2004 sei ein Teil des Urlaubs außerhalb der "großen Ferien" zu nehmen.

Der Antragsteller hat beantragt,

die Antragsgegnerin zu verpflichten, dem Antragsteller Erholungsurlaub in der Zeit vom 17. bis 28.05.2004 zu bewilligen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag des Antragstellers zurückzuweisen.

Sie hat behauptet:

Würde dem Antrag stattgegeben, müsste ein Externer (beispielsweise Herr S.) die Ausbildung für den Antragsteller in dieser Zeit übernehmen, was zusätzliche Kosten von 4.000,-- € ausmache, die ihr nicht zuzumuten seien.

Sie hat die Auffassung vertreten:

Es fehle bereits am Verfügungsgrund, weil der Antragsteller zu lange zugewartet habe. Darüber hinaus stehe einem Verfügungsanspruch Ziff. 10 der Dienstordnung entgegen. Dem Antragsteller könne abverlangt werden, seine Urlaubswünsche auf die Sommerferien zu beschränken und, soweit diese nicht reichten, weitere Schulferien an Weihnachten oder Ostern für seine Freistellungswünsche heranzuziehen. Dies hat die Antragsgegnerin im Termin der ersten Instanz vom 03.03.2004 dahingehend relativiert, dass sie zu Protokoll erklärt hat, den Antragsteller treffe bis auf die "großen Ferien" durchgehend im Kalenderjahr mit Ausnahme der Weihnachtszeit eine Lehrverpflichtung. Im Übrigen sei hier eine Parallele zu den Lehrern zu ziehen, die auch nur in den Ferien Urlaub nehmen könnten. Schließlich könne der Antrag allenfalls auf eine Freistellung lauten, weil andernfalls die einstweilige Verfügung auf eine Erfüllung des Anspruchs hinauslaufe.

Mit Urteil vom 03.03.2004 hat das Arbeitsgericht die Antragsgegnerin antragsgemäß verpflichtet, dem Antragsteller Erholungsurlaub in der streitigen Zeit zu bewilligen und hat dies unter anderem wie folgt begründet:

Die Antragsgegnerin habe keine dringenden betrieblichen Gründe geltend machen können. Die Ziff. 10 der Dienstordnung, wonach der Antragsteller nur im Sommer Urlaub nehmen könne, widerspreche dem Schutzzweck des Bundesurlaubsgesetzes. Die Antragsgegnerin sei darauf zu verweisen, einen eventuellen Engpass durch einen Externen zu überbrücken. Die Organisation des Lehrplanes würde einen Urlaub der beiden betroffenen Mitarbeiter außerhalb der "großen Ferien" unmöglich machen. Damit würde die gemessen am Maßstab des Bundesurlaubsgesetzes unzulässige Ziff. 10 der Dienstordnung faktisch doch wieder in Kraft gesetzt. Im Übrigen sei ein Verfügungsgrund gegeben, selbst wenn die einstweilige Verfügung zur Befriedigung des Antragstellers führe.

Gegen dieses der Antragsgegnerin am 24.03.2004 zugestellte Urteil hat sie am 12.03.2004 Berufung eingelegt und hat diese gleichzeitig begründet.

Die Parteien wiederholen im Wesentlichen ihren erstinstanzlichen Vortrag bzw. ihre erstinstanzlich vorgetragenen Rechtsauffassungen.

Die Antragsgegnerin und Berufungsklägerin beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils den Antrag des Berufungsbeklagten auf Erlass einer einstweiligen Verfügung, wonach die Berufungsklägerin verpflichtet ist, dem Antragsteller Erholungsurlaub in der Zeit vom 17. bis 28.05.2004 zu bewilligen, abzuweisen.

Der Antragsteller und Berufungsbeklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

In der mündlichen Verhandlung zweiter Instanz hat die Antragsgegnerin einen Urlaubsantrag des Zeugen S. vorgelegt (Bl. 85 d. A.), wonach diesem von seiner Arbeitgeberin, der Firma F. W., Urlaub für die Zeit vom 24.05.2004 bis einschließlich 28.05.2004 bewilligt worden ist, und zwar am 27.01.2004.

Der Zeuge S. wurde von der Kammer hierzu informatorisch gehört.

Wegen der sonstigen Einzelheiten wird auf den mündlich vorgetragenen Inhalt der Akte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig.

Sie ist nämlich an sich statthaft (§ 64 Abs. 1 ArbGG), nach dem Wert des Beschwerdegegenstandes zulässig (§ 64 Abs. 2 ArbGG), sowie in gesetzlicher Form und Frist eingelegt (§§ 518 Abs. 1, Abs. 2 ZPO, 66 Abs. 1 ArbGG) und begründet worden (§§ 519 Abs. 2, Abs. 3 ZPO, 66 Abs. 1 ArbGG).

Die Berufung ist auch begründet.

Nach § 62 Abs. 2 Satz 1 ArbGG finden die Vorschriften der ZPO über die einstweilige Verfügung (§§ 935 ff ZPO) auch in arbeitsgerichtlichen Urteilsverfahren Anwendung. Jede einstweilige Verfügung setzt das Vorliegen eines Verfügungsanspruchs und Verfügungsgrundes voraus.

Im Grunde hätte der Antrag in erster Instanz schon deshalb abgewiesen werden können, weil der Antragsteller seine Behauptungen nicht glaubhaft gemacht hatte. Zwar hatte er eine eidesstattliche Versicherung seiner Antragsschrift beigefügt. Diese besteht jedoch nur aus der Erklärung, dass die im Schriftsatz des Verfahrensbevollmächtigten gemachten Angaben in vollem Umfange der Wahrheit entsprechen, was unzureichend ist. Vielmehr muss eine Versicherung an Eides statt eine eigene Darstellung der glaubhaft zu machenden Tatsachen enthalten und darf sich nicht in einer Bezugnahme auf den Schriftsatz des Verfahrensbevollmächtigten erschöpfen (vgl. Zöller, Geimer/ Greger, ZPO, 23. Aufl., § 294 Rz. 4 m. w. N.).

Hier wäre dem Antragsteller jedoch Gelegenheit zu geben gewesen, dies nach einem entsprechenden Hinweis der Kammer nachzuholen.

Allerdings hat die Antragsgegnerin ihren Vortrag in erster Instanz in keiner Weise glaubhaft gemacht. Dies wäre aber erforderlich gewesen, soweit sie darlegungs- und beweispflichtig war, was beispielsweise die dringenden betrieblichen Gründe für ein Leistungsverweigerungsrecht hinsichtlich des Urlaubs betrifft.

Auch hier wäre aber Gelegenheit zu geben gewesen, dies nachzuholen.

Der Antrag konnte allerdings nicht bereits deshalb abgewiesen werden, weil nach Ziff. 10 der Dienstordnung der Antragsteller verpflichtet war, seinen Jahresurlaub in den "großen Ferien" zu nehmen, weswegen er nach Auffassung der Antragsgegnerin nicht über einen Verfügungsanspruch verfüge.

Gem. § 7 Abs. 1 Satz 1 BUrlG sind bei der zeitlichen Festlegung des Urlaubs die Urlaubswünsche des Arbeitnehmers zu berücksichtigen, es sei denn, dass ihrer Berücksichtigung dringende betriebliche Belange oder Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer, die unter sozialen Gesichtspunkten den Vorrang verdienen, entgegenstehen.

Gem. § 13 Abs. 1 Satz 1 BUrlG kann von den vorstehenden Vorschriften (§§ 1 bis 12 BUrlG) mit Ausnahme der §§ 1, 2 und 3 Abs. 1 (nur) in Tarifverträgen abgewichen werden. Gem. § 13 Abs. 1 Satz 3 BUrlG kann im Übrigen, abgesehen von § 7 Abs. 2 Satz 2, von den Bestimmungen dieses Gesetzes nicht zu Ungunsten des Arbeitnehmers abgewichen werden.

Der Arbeitgeber hat die Urlaubszeit des Arbeitnehmers allein nach den in § 7 Abs. 1 Satz 1 BUrlG genannten Merkmalen zu bestimmen. Diese gesetzliche Regelung enthält für die Pflicht zur Urlaubsgewährung eine die allgemeinen Vorschriften der §§ 315 BGB oder 243 BGB verdrängende Regelung. Die Festlegung des Urlaubszeitpunkts gehört zur Konkretisierung der dem Arbeitgeber obliegenden Pflicht zur Urlaubsgewährung, die durch die Regelung des § 7 BUrlG hinreichend bestimmt ist. Ein Recht des Arbeitgebers zur beliebigen Urlaubserteilung im Urlaubsjahr oder zur Erteilung nach billigem Ermessen gem. § 315 BGB besteht jedenfalls dann nicht, wenn der Arbeitnehmer die Festlegung des Urlaubs auf einen von ihm genannten Zeitraum verlangt (vgl. Schütz, HZA, Gruppe 4, Rz. 230 m. w. N.).

Der Arbeitgeber hat grundsätzlich den Urlaubswünschen des Arbeitnehmers zu entsprechen. Er kann die Gewährung des Urlaubs für den vom Arbeitnehmer gewünschten Zeitraum nur verweigern, wenn dem Urlaubswunsch des Arbeitnehmers dringende betriebliche Belange oder unter sozialen Gesichtspunkten vorrangige Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer entgegenstehen. Bei der Bestimmung der Urlaubszeit hat der Arbeitgeber diese Gesichtspunkte abzuwägen. Die Motive, die den Wünschen des Arbeitnehmers zugrunde liegen, sind grundsätzlich unerheblich, sie erlangen allenfalls dann Bedeutung, wenn es um die Abwägung geht, ob die Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer unter sozialen Gesichtspunkten Vorrang haben (so Schütz, a. a. O., Rz. 232).

Diese Regelung des § 7 Abs. 1 Satz 1 BUrlG ist nach § 13 Abs. 1 BUrlG zu Ungunsten des Arbeitnehmers nur durch Tarifvertrag abdingbar, so wie dies beispielsweise in den Sonderregelungen für Angestellte als Lehrkräfte an Musikschulen im Bereich der Vereinigung kommunaler Arbeitgeberverbände durch den 56. Änderungstarifvertrag zum BAT vom 20.02.1987 unter Nr. 3 mit folgender Regelung geschehen ist:

"Der Angestellte ist verpflichtet, seinen Urlaub während der unterrichtsfreien Zeit zu nehmen; außerhalb des Urlaubs kann er während der unterrichtsfreien Zeit zur Arbeit herangezogen werden."

Hierzu sei auf das Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 13.02.1996 - 9 AZR 79/95 - EzA § 47 SchwBG 1986 Nr. 7 verwiesen.

Hier ist zwischen den Parteien zwar der BAT vereinbart. Jedoch gibt es keinen Hinweis im Anstellungsvertrag oder in der Dienstordnung, wonach der Kläger als Lehrer nach einem entsprechenden BAT-Tarifvertrag behandelt werden sollte.

Allerdings findet sich dennoch in den Kommentaren zum Bundesurlaubsgesetz die allgemeine Feststellung, von der Vorschrift des § 7 Abs. 1 BUrlG könne nach einhelliger Meinung gem. § 13 Abs. 1 BUrlG in der Weise abgewichen werden, dass der Urlaub durch Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung oder Einzelvertrag zeitlich festgelegt werde (so Bachmann, GK-BUrlG, 5. Aufl., § 7 Rz. 8 m. w. N.; ebenso Schütz, a. a. O. Rz. 250 m. w. N.). Die zitierten Urteile und Literaturmeinungen, soweit sie eine Begründung enthalten bzw. sich auf einen konkreten Fall beziehen, lassen jedoch allenfalls den Schluss zu, dass eine solche einzelvertragliche Regelung für das laufende Kalenderjahr zulässig ist (vgl. Boewer, Die Durchsetzbarkeit des Urlaubsanspruchs, Der Betrieb 1970, 632, 635). Die hier streitige Regelung sollte jedoch für das Arbeitsverhältnis insgesamt gelten.

Jedoch könnte man mit Boewer (a. a. O.) daran denken, dass sich hier aus der Natur der Arbeitsleistung bereits eine Bestimmung über die zeitliche Lage des Urlaubs ergeben könnte, wobei sich die Auffassung des Arbeitsgerichts, ein Arbeitnehmer erhole sich nicht nur im Sommer, was bedeuten soll, dass eine ausschließliche Urlaubserteilung in den "großen Ferien" nicht zulässig sei, aus dem Bundesurlaubsgesetz jedenfalls nicht ableiten lässt. Denn wenn der Antragsteller wirklich regelmäßig jedes Jahr für eine bestimmte, im voraus festliegende Zeit wie beispielsweise die "großen Ferien" ausbildungsfrei wäre, so wären sicher ausreichende dringende betriebliche Belange der Antragsgegnerin gegeben, den Antragsteller zu verpflichten, in dieser Zeit seinen Urlaub zu nehmen (vgl. LAG Berlin - Urteil vom 20.05.1985 - 9 Sa 38/85 - EzA § 7 BUrlG Nr. 9, wo festgestellt worden ist, dass bei einer Universität in aller Regel dienstliche Belange dafür sprechen, den Urlaub von solchen Arbeitnehmern, die mit dem Wissenschafts- und Lehrbetrieb zu tun haben, in die vorlesungsfreie Zeit zu legen).

Dies hat die Antragsgegnerin bis zuletzt auch so vertreten. Zunächst hat sie vorgetragen, der Antragsteller habe keine Ausbildungspflichten in den Sommer-, Oster- oder Weihnachtsferien, so dass er dann Urlaub nehmen könne bzw. müsse. Dies hat sie dann später in der mündlichen Verhandlung erster Instanz auf die Sommer- und Weihnachtsferien beschränkt.

Würde man hiervon ausgehen, so würde man daraus folgern müssen, dass der Antragsteller dann, wenn sein Urlaub für die hier streitige Zeit genehmigt worden wäre, in den Sommer- und Weihnachtsferien zeitweise beschäftigungslos wäre und dennoch hätte bezahlt werden müssen. Denn nur dann wäre die Behauptung der Antragsgegnerin richtig, dass die Sommer- und Weihnachtsferien ausbildungsfrei seien, weswegen der Antragsteller seinen Erholungsurlaub in dieser Zeit nehmen müsse. Kann er auch in den Sommer- und Weihnachtsferien beschäftigt werden, weil beispielsweise Umschulungen stattfinden, was in der mündlichen Verhandlung zweiter Instanz unstreitig geworden ist, so sind diese Zeiten auch nicht ausbildungsfrei.

Auch deshalb kann man nicht davon sprechen, dass hier mit der Regelung in Ziff. 10 der Dienstordnung Betriebsferien im Sinne der Rechtsprechung zum Urlaubsrecht festgesetzt worden wären.

Durch Betriebsferien wird der Urlaubszeitraum für alle Arbeitnehmer oder für Gruppen von Arbeitnehmern einheitlich festgelegt (vgl. Schütz, a. a. O., Rz. 253). Zur Einführung von Betriebsferien bedarf es keiner dringenden betrieblichen Belange. Rechtswirksam eingeführte Betriebsferien begründen vielmehr solche Belange, hinter denen die individuellen Urlaubsinteressen der Arbeitnehmer zurückstehen müssen (vgl. Leinemann/Link, Urlaubsrecht, 2. Aufl., § 7 Rz. 71 m. w. N.).

Es mag dahinstehen, ob hier bei den beiden Ausbildern der Antragsgegnerin von einer Gruppe von Arbeitnehmern gesprochen werden kann. Jedenfalls unterliegt die Einführung von Betriebsferien der Mitbestimmung (vgl. Leinemann - a. a. O. - § 7 BUrlG Rz. 70 m. w. N.). Bei der Antragsgegnerin sind Betriebsferien nur für die Zeit vom 16. bis 27.08.2004 vereinbart. Treffen die Ausbilder im Übrigen, wie gesehen, Ausbildungsverpflichtungen in dieser Zeit, so kann eben auch deshalb von Betriebsferien nicht gesprochen werden.

Schließlich konnte der Einwand der Antragsgegnerin, der in der mündlichen Verhandlung zweiter Instanz erstmals geltend gemacht wurde, wonach der als Aushilfskraft normalerweise zur Verfügung stehende Herr S. zum streitigen Urlaubszeitraum, was die zweite Woche anbelangt, selbst in Urlaub ist, nicht berücksichtigt werden.

Der als Zeuge informatorisch gehörte Herr S. hat nicht ausschließen können, dass der Antragsteller ihn zum Zeitpunkt seiner Urlaubsbeantragung gefragt hat, ob seinerseits Urlaubswünsche entgegenstünden und dass er dies verneint hat, so wie der Antragsteller dies immer behauptet hat. Tatsächlich ist ja der Urlaub des Zeugen S. auch erst später beantragt worden. Es mag dahinstehen, ob etwas daraus zu schließen ist, dass der in der mündlichen Verhandlung zweiter Instanz vorgelegte Urlaubsantrag des Zeugen S. (Bl. 85 d. A.) kein Datum trägt. Jedenfalls ist er angeblich am 27.01.2004 durch Unterschrift genehmigt worden, und zwar durch den Arbeitgeber des Zeugen S., Herrn I., der ebenfalls Obermeister und gesetzlicher Vertreter des Antragsgegners ist und persönlich in der mündlichen Verhandlung erster Instanz anwesend war.

Der Prozessbevollmächtigte des Antragsgegnerin hat in der mündlichen Verhandlung zweiter Instanz am 20.04.2004 keine Erklärung dafür liefern können, warum der angeblich bereits am 27.01.2004 genehmigte Urlaubsantrag, der eine Vertretung des Antragstellers in der zweiten Woche unmöglich machen würde, erstmals in der mündlichen Verhandlung zweiter Instanz vorgelegt wurde. Hatte der Obermeister der Innung in seiner Eigenschaft als Arbeitgeber des Zeugen S. tatsächlich bereits einige Tage vor Zustellung der Klageschrift im Hauptsacheverfahren den Urlaub des Zeugen genehmigt, so ist es für die Kammer schlechterdings nicht nachvollziehbar, dass er dies weder in der Erwiderung auf die Antragsschrift, weder in der mündlichen Verhandlung erster Instanz noch in der Berufungsbegründungsschrift vorgebracht hat. Noch in der Berufungsbegründung hat der Antragsgegner (nur) vortragen lassen, bei einem Einsatz des Zeugen S. entstünden ihr - der Antragsgegnerin - weitere Kosten, nicht aber, dass ein Einsatz überhaupt nicht möglich sei.

Darüber hinaus wusste der Obermeister der Innung auch bei der Genehmigung des Urlaubs des Zeugen S. am 27.01.2004 bereits, dass der Antragsteller für diesen Zeitraum nach wie vor Urlaub begehrte und dies inzwischen sogar durch seinen Anwalt hatte geltend machen lassen. Vollendete Tatsachen zu Ungunsten des Antragstellers konnte er unter diesen Umständen ohnehin nicht schaffen.

Damit sind diese Einwände der Antragsgegnerin auch nicht begründet.

Dies ist allerdings durchaus anders zu beurteilen hinsichtlich des prozessualen Einwands der Antragsgegnerin, ein Verfügungsgrund für eine einstweilige Verfügung auf Urlaubserteilung sei nicht gegeben, wenn auch unter einem anderen Aspekt, als die Antragsgegnerin ihn geltend gemacht hat.

Es trifft zu, worauf der Verfahrensbevollmächtigte des Antragstellers in der letzten mündlichen Verhandlung nochmals hingewiesen hat, dass nach der herrschenden Meinung eine einstweilige Verfügung auf Urlaubserteilung für zulässig erachtet wird, obwohl hiermit eine Erfüllung des streitigen Urlaubsanspruchs bewirkt wird, was im Rahmen des einstweiligen Verfügungsverfahrens gerade ausgeschlossen sein soll (vgl. die Übersicht bei Neumann/Fenski, Bundesurlaubsgesetz, 9. Aufl., § 7 Rz. 54 m. w. N.).

Zum einen ist jedoch darauf hinzuweisen, dass das Bundesarbeitsgericht, das über einstweilige Verfügungen nicht zu entscheiden hatte, immer nur auf die auch von der Kammer nicht in Frage gestellte Möglichkeit einer einstweiligen Verfügung hinweist, um die Ablehnung eines Selbstbeurlaubungsrechts zu begründen. In welcher Form und unter welchen Voraussetzungen dies möglich ist, wurde damit nicht entschieden.

Zum ändern ist dies auch nach der vom Antragsteller für sich in Anspruch genommenen Auffassung nicht in jedem Falle gegeben. Dabei sind nämlich Schadensmöglichkeiten und Grenzen der einstweiligen Verfügung im Rahmen von § 940 ZPO gegeneinander abzuwägen, wobei auch die Erfolgsaussichten eine Rolle spielen. In einem solchen Fall kann eine einstweilige Verfügung nur in Ausnahmefällen auf Festlegung eines Urlaubs in der Ferienzeit, zum Jahresende oder während einer Kündigungsfrist ergehen, wenn andernfalls ein Verlust des Freizeitanspruchs endgültig eintreten würde (vgl. Neumann/Fenski, a. a. O., § 7 Rz. 54 m. w. N.).

Der Wunsch des Arbeitnehmers zu einer Entscheidung vor Ablauf der gewünschten Zeit des Urlaubs genügt allein ebenso wenig wie die Tatsache, er sei aus familiären oder persönlichen Gründen an den Termin gebunden. Nur in ganz besonderen Ausnahmefällen, in denen eine gewisse Vorwegnahme der endgültigen Entscheidung nicht zu vermeiden ist, wenn nicht wesentlicher Schaden eintreten soll, kann eine einstweiligen Verfügung auch auf Gewährung des Urlaubs in einem bestimmten Zeitraum ergehen. Auszugehen ist dabei von dem Grundgedanken, dass im Bereich der einstweiligen Verfügung die Gesamtheit der rechtlichen Beziehungen zwischen den Parteien zu beachten ist und gleichzeitig eine Abwägung zwischen den Schadensmöglichkeiten und den Grenzen der einstweiligen Verfügung im Rahmen von § 940 ZPO stattzufinden hat (so LAG Hamm - Beschluss vom 31.01.1995 - 11 Sa 1092/94 - EzA - SD 1995 Nr. 9; ebenso Arbeitsgericht Bielefeld - Urteil vom 24.02.1999 - 4 (3) Ga 3/99 - AiP 1999, 479).

Diese Voraussetzungen sind hier offensichtlich nicht gegeben.

In Betracht käme zugunsten des Klägers allenfalls, dass er seine Urlaubsreise bereits gebucht hat. Das damit verbundene finanzielle Risiko hat der Antragsteller jedoch selbst zu tragen, weil er trotz Ablehnung des Urlaubs die Buchung getätigt hat (vgl. LAG Hamburg, Urteil vom 15.09.1989 - 3 Ta 17/89 - LAGE § 7 BUrlG Nr. 26). Dem steht auf der Seite der Antragsgegnerin gegenüber, dass ihr unter Umständen durch die Verpflichtung eines externen Ausbilders ein Schaden entsteht, der auch von der Größenordnung her nicht unerheblich ist.

Auch die Erwägung des Landesarbeitsgerichts Hamburg (a. a. O.) greift hier, wonach der Arbeitnehmer seinen Urlaub so rechtzeitig gegenüber dem Arbeitgeber geltend machen muss, dass er diesen im Falle der rechtswidrigen Ablehnung im Wege des ordentlichen Klageverfahrens geltend machen kann. Hierauf hat die Antragsgegnerin zu Recht hingewiesen. Denn der Urlaubsantrag des Antragstellers ist bereits im November abgelehnt worden. Hätte der Antragsteller zu diesem Zeitpunkt und nicht erst am 28.01.2004 ein ordentliches Klageverfahren in Gang gesetzt, so wäre durchaus auch mit einer zweitinstanzlichen Entscheidung vor Antritt des Urlaubs zu rechnen gewesen.

Deshalb kommt es schließlich auch nicht darauf an, ob der Auffassung von Corts (einstweilige Verfügung auf Urlaubsgewährung, NZA 1998, 357 ff) zu folgen ist, wonach der Antrag im einstweiligen Verfügungsverfahren sich allenfalls auf eine Gestattung des Fernbleibens von der Arbeit und nicht auf eine Erteilung des Urlaubs erstrecken darf.

Die hierfür von Corts aus den Schwierigkeiten des Vollzugs der einstweiligen Verfügung auf Urlaubsgewährung hergeleiteten Argumente überzeugen dann nicht, wenn man auch in der Gestattung des Fernbleibens von der Arbeit eine Willenserklärung des Arbeitgebers sieht und nicht, wie Corts, eine rechtsgestaltende gerichtliche Verfügung. Demgegenüber vermeidet die Auffassung von Corts die endgültige Erfüllungswirkung einer einstweiligen Verfügung auf Urlaubsgewährung. Dabei ist zwar nicht zu übersehen, dass das Risiko beim Antragsteller verbleibt, ob im Hauptsacheverfahren später der Urlaubsanspruch für begründet erklärt wird. Das heißt, die Frage, ob der Antragsteller Urlaubsentgelt erhält oder andernfalls sich sogar schadenersatzpflichtig machen würde, indem er die Kosten für die Ersatzkraft erstatten müsste, verbliebe beim Antragsteller auch beim Erlass einer einstweiligen Verfügung auf Gestattung des Fernbleibens von der Arbeit. Dies sind jedoch die Folgen, die auch sonst der Antragsteller, der eine einstweilige Verfügung erwirkt, zu tragen hat. Deshalb haben sich inzwischen auch mehrere Autoren der Auffassung von Corts angeschlossen (vgl. Leinemann/Link, a. a. O., § 7 Rz. 93 ff; Germelmann, Arbeitsgerichtsgesetz, 4. Aufl., § 62 Rz. 81 ff; Korinth, Einstweiliger Rechtsschutz im Arbeitsgerichtsverfahren, Anhang zu §§ 935, 940, I Individualarbeitsrecht, Rz. 126).

Eine Auseinandersetzung mit der Auffassung von Corts durch die Arbeitsgerichte steht noch aus und war auch hier entbehrlich.

Nach allem war auf die Berufung der Antragsgegnerin und Berufungsklägerin das Urteil des Arbeitsgerichts abzuändern und der Antrag des Antragstellers zurückzuweisen.

Gem. § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO hat der Antragsteller die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Ende der Entscheidung

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