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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 08.03.2002
Aktenzeichen: 9 (4) Sa 34/02
Rechtsgebiete: BeschFG, TzBfG


Vorschriften:

BeschFG § 1
TzBfG § 14 Abs. 2
1. Bei der Anwendung des § 14 Abs. 2 TzBfG ist zwischen dem ersten Befristungsvertrag und den Verlängerungsverträgen zu differenzieren.

2. Eine wirksame Befristungsvereinbarung, die noch unter den Geltungsbereich des § 1 BeschFG fällt und ohne Sachgrund abgeschlossen werden durfte, kann auf der Grundlage von § 14 Abs. 2 TzBfG bis zur Gesamtdauer von zwei Jahren sachgrundlos verlängert werden.


LANDESARBEITSGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Geschäftsnummer: 9 (4) Sa 34/02

Verkündet am: 08.03.2002

In dem Rechtsstreit

hat die 9. Kammer des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 08.03.2002 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Boewer als Vorsitzenden sowie die ehrenamtliche Richterin Köttnitz und die ehrenamtliche Richterin Kreymann für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Wuppertal vom 22.11.2001 oe 2 Ca 4016/01 oe wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens fallen der Klägerin zur Last.

3. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten darüber, ob ein zum 31.08.2001 befristetes Arbeitsverhältnis über diesen Zeitpunkt hinaus fortbesteht.

Die am 15.07.1953 geborene Klägerin trat auf der Grundlage eines schriftlichen Arbeitsvertrages vom 03.08.2000 mit Wirkung vom 07.08.2000 als Montagearbeiterin in die Dienste der Beklagten, die sich mit der Herstellung von Autoteilen befasst. Gemäß § 1 des Arbeitsvertrages war dieser bis zum 28.02.2001 befristet. Der monatliche Bruttolohn der Klägerin belief sich auf 2.799,-- DM. Durch schriftlichen Vertrag vom 16.01.2001 wurde der Arbeitsvertrag von den Parteien bis zum 31.08.2001 verlängert.

Bereits zuvor war die Klägerin von 1973 bis 1977 und von 1989 bis März 1995 bei Rechtsvorgängern der Beklagten beschäftigt. Die Beklagte lehnte eine Beschäftigung über den 31.08.2001 hinaus ab.

Mit einer bei dem Arbeitsgericht Wuppertal am 21.09.2001 anhängig gemachten Klage hat die Klägerin geltend gemacht, dass mangels Vorliegens eines entsprechenden Sachgrundes die Verlängerungsabrede des schriftlichen Arbeitsvertrages vom 03.08.2000 gemäß § 14 Abs. 2 TzBfG rechtsunwirksam sei und das Arbeitsverhältnis daher über den 31.08.2001 als unbefristetes Arbeitsverhältnis fortbestünde.

Die Klägerin hat beantragt,

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht durch die Befristungsabrede vom 16.01.2001 am 31.08.2001 endete, sondern unbefristet fortbesteht.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat sich vor allem darauf berufen, dass es für die Verlängerungsabrede keines Sachgrundes bedurft habe und ein solcher gemäß § 14 Abs. 2 TzBfG auch nicht erforderlich gewesen sei.

Durch Urteil vom 22.11.2001 hat die 2. Kammer des Arbeitsgerichts Wuppertal oe 2 Ca 4016/01 oe die Klage abgewiesen und den Wert des Streitgegenstandes auf 8.300,-- DM festgesetzt.

In den Entscheidungsgründen ist das Arbeitsgericht davon ausgegangen, dass der befristete Arbeitsvertrag vom 03.08.2000 auf der Grundlage des Beschäftigungsförderungsgesetzes ohne Sachgrund habe abgeschlossen werden dürfen. Begründung und Verlängerung des befristeten Arbeitsverhältnisses bildeten eine Einheit. Die Verträge seien nach der gleichen Gesetzesquelle, nämlich dem Beschäftigungsförderungsgesetz, zu beurteilen, sodass auch der Verlängerungsvertrag ohne Sachgrund habe abgeschlossen werden dürfen.

Gegen das am 13.12.2001 zugestellte Urteil hat die Klägerin mit einem bei dem Landesarbeitsgericht am 08.01.2002 eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit einem weiteren bei dem Landesarbeitsgericht am 23.01.2002 vorliegenden Schriftsatz begründet.

Die Klägerin wendet sich unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens gegen das angefochtene Urteil.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Wuppertal vom 22.11.2001 oe 2 Ca 4016/01 oe festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien aufgrund der im Vertrag vom 16.01.2001 vereinbarten Befristung am 31.08.2001 nicht beendet worden ist.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung der Klägerin gegen das Urteils des Arbeitsgerichts Wuppertal vom 22.11.2001 oe 2 Ca 4016/01 oe zurückzuweisen.

Die Beklagte schließt sich den Ausführungen des angefochtenen Urteils an und macht sich diese zu Eigen.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien in beiden Rechtszügen wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Wuppertal vom 22.11.2001 oe 2 Ca 4016/01 oe ist zulässig.

Sie ist nämlich an sich statthaft (§ 64 Abs. 1 ArbGG), im Übrigen zulässig (§ 64 Abs. 2 ArbGG) sowie in gesetzlicher Form und Frist eingelegt (§§ 518 Abs. 1 u. 2 ZPO, 66 Abs. 1 ArbGG) und begründet worden (§§ 519 Abs. 2 u. 3 ZPO, 66 Abs. 1 ArbGG). Insoweit war gemäß Art. 3 § 26 EGZPO (BGBl. I S. 1887) von den am 31.12.2001 geltenden Vorschriften der Zivilprozessordnung auszugehen.

II.

In der Sache selbst konnte die Berufung der Klägerin keinen Erfolg haben, weil das Arbeitsgericht die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen hat.

1. Die Feststellungsklage der Klägerin ist zulässig. Ihre Zulässigkeit folgt bereits aus § 17 TzBfG, wonach der Arbeitnehmer den Klageweg innerhalb von drei Wochen nach dem vereinbarten Ende des befristeten Arbeitsvertrages beim Arbeitsgericht beschreiten muss, wenn er geltend machen will, dass die Befristung eines Arbeitsvertrages rechtsunwirksam ist. Von dieser Klagemöglichkeit hat die Klägerin mit der am 21.09.2001 bei dem Arbeitsgericht anhängig gemachten Feststellungsklage Gebrauch gemacht.

2. Die Feststellungsklage ist unbegründet. Die arbeitsvertraglichen Beziehungen der Parteien sind mit dem 31.08.2001 aufgrund des am 16.01.2001 zwischen den Parteien abgeschlossenen Verlängerungsvertrages beendet worden.

Auf der Grundlage von Art. 1 § 14 Abs. 2 S. 1 u. 2 des seit dem 01.01.2001 geltenden Gesetzes über Teilzeitarbeit und befristete Arbeitsverträge und zur Änderung und Aufhebung arbeitsrechtlicher Bestimmungen vom 21.12.2000 (BGBl. I 1966) ist die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes bis zur Dauer von zwei Jahren zulässig; bis zu dieser Gesamtdauer von zwei Jahren ist auch die höchstens dreimalige Verlängerung eines kalendermäßig befristeten Arbeitsvertrages zulässig. Eine Befristung nach § 14 Abs. 2 S. 1 TzBfG ist nicht zulässig, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat.

Da durch Art. 3 des Gesetzes das Gesetz über arbeitsrechtliche Vorschriften zur Beschäftigungsförderung vom 26.04.1985 (BGBl. I 710) in der Fassung vom 25.09.1996 (BGBl. I 1476) mit Ablauf des 31.12.2000 aufgehoben worden ist, ist für die Beurteilung der zwischen den Parteien streitigen Rechtsfrage vom TzBfG auszugehen. Dies gilt vor allem für den Verlängerungsvertrag vom 16.01.2001, weil auf diesen nur das zum Zeitpunkt seines Abschlusses geltende Recht zur Anwendung kommen konnte. Auf § 1 BeschFG 96 konnte die Verlängerungsvereinbarung oe im Gegensatz zur Auffassung des Arbeitsgerichts - nicht mehr gestützt werden.

a) Der Gesetzgeber des TzBfG hat davon Abstand genommen, eine Übergangsregelung zu schaffen, soweit eine Befristung nach dem Beschäftigungsförderungsgesetz 96 zwischen den Arbeitsvertragsparteien abgeschlossen worden ist. Daraus ist zu entnehmen, dass ein auf der Grundlage des Beschäftigungsförderungsgesetzes vom 25.09.1996 abgeschlossener befristeter Arbeitsvertrag seine Wirksamkeit mit Inkrafttreten des TzBfG nicht verlieren sollte, wenn er den Zulässigkeitsvoraussetzungen des bisherigen Beschäftigungsförderungsgesetzes 96 entspricht (BAG 28.06.2000 oe 7 AZR 920/98 oe NZA 2000, 1110, ErfK/Müller-Glöge, § 1 BeschFG, Rz. 34).

b) Der unter dem 03.08.2000 zwischen den Parteien abgeschlossene Arbeitsvertrag, der eine Befristungsabrede bis zum 28.02.2001 enthält, ist rechtlich wirksam auf der Grundlage von § 1 Abs. 1 BeschFG 96 zustande gekommen. Er genügt zunächst dem Formerfordernis aus § 623 BGB, worüber die Parteien auch nicht streiten. Darüber hinaus bedurfte die Befristung des Arbeitsvertrages keiner Rechtfertigung. Unabhängig davon, ob es sich bei der Vorgängerfirma um denselben Arbeitgeber handelte, lag das letzte Arbeitsverhältnis der Parteien länger als fünf Jahre zurück, sodass zwischen den jeweiligen Arbeitsverträgen kein enger sachlicher Zusammenhang bestand. Ungeachtet dessen ergibt sich die Wirksamkeit des unter dem 03.08.2000 abgeschlossenen befristeten Arbeitsvertrages der Parteien aus § 17 TzBfG i. V. m. § 7 KSchG, weil die Klägerin die Unwirksamkeit der Befristung nicht innerhalb der Klagefrist des § 17 S. 1 TzBfG gerichtlich geltend gemacht hat. Der die Klagefrist versäumende Arbeitnehmer kann bei einer weiteren Auseinandersetzung mit seinem Arbeitgeber nicht einwenden, der vorangehende Arbeitsvertrag sei ein unbefristeter Arbeitsvertrag gewesen (BAG 22.03.2000 oe 7 AZR 581/98 oe NZA 2000, 884).

2. Damit konzentriert sich der Streit der Parteien alleine darauf, ob ein im Jahre 2000 auf der Grundlage von § 1 Abs. 1 BeschFG 96 abgeschlossener befristeter Arbeitsvertrag im Jahre 2001 verlängert werden kann, wenn die Arbeitsvertragsparteien zum Zeitpunkt der Verlängerungsvereinbarung keinen befristeten Arbeitsvertrag nach § 14 Abs. 2 TzBfG ohne Sachgrund abschließen dürften, weil bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien bestanden hat.

a) Die Gegenüberstellung der Sätze 1 und 2 des § 14 Abs. 2 TzBfG verdeutlicht, dass der Gesetzgeber zwischen dem ersten befristeten Arbeitvertrag, der zwischen den Arbeitvertragsparteien zustande kommt, und den jeweiligen Verlängerungsverträgen bis zu einer Gesamtdauer von zwei Jahren differenziert. Dies folgt bereits denknotwendig aus der Konstruktion und Systematik des Gesetzes, weil sonst der Verlängerungsvertrag bereits nach § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG nicht mehr ohne Sachgrund, auch bei einer erstmaligen Beschäftigung eines Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber, abgeschlossen werden könnte. Dem stünde nämlich der erste befristet abgeschlossene Arbeitsvertrag im Wege. Dies gilt unabhängig davon, dass der Gesetzgeber in § 14 Abs. 4 TzBfG bezüglich der Formvorschrift diese Differenzierung nicht mehr vornimmt und nur noch schlicht auf die Befristung eines Arbeitsvertrages verweist.

b) Da der Gesetzgeber für die erstmalige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Sachgrund keine Übergangsvorschriften im TzBfG geschaffen hat, bleiben für diesen Vertrag die Zulässigkeitsregelungen des Beschäftigungsförderungsgesetzes 96 auch nach Außerkrafttreten dieses Gesetzes am 31.12.2000 maßgebend. Mit der Neuregelung des § 14 Abs. 2 TzBfG hat der Gesetzgeber die Verlängerungsmöglichkeit eines ohne Sachgrund in wirksamer Weise abgeschlossenen befristeten Arbeitsvertrages in Relation zum Beschäftigungsförderungsgesetz 96 unverändert gelassen, insbesondere nicht eingeschränkt. Im Hinblick auf diesen Befund kann es keinem begründeten Zweifel unterliegen, dass ein bereits im Jahre 2000 abgeschlossener und in das Jahr 2001 hineinreichender nach § 1 BeschFG 96 wirksam abgeschlossener Vertrag bis zur Gesamtdauer von zwei Jahren auch auf der Grundlage des § 14 Abs. 2 S. 1 TzBfG ohne Sachgrundprüfung verlängert werden darf (vgl. dazu näher bereits LAG Düsseldorf vom 11.01.2002 oe 9 Sa 1612/01 -). Im Ergebnis bedeutet dies, dass die vom Gesetzgeber mit § 14 Abs. 2 S. 1 TzBfG über § 1 Abs. 1 u. 3 BeschFG 96 hinausgehende Beschränkung eines erstmals befristeten Arbeitsvertrages nur bei einer Neueinstellung im Sinne einer erstmaligen Beschäftigung eines Arbeitnehmers für Arbeitsverträge gilt, die nach dem 01.01.2001 abgeschlossen worden sind.

c) In Anbetracht dieser allgemeinen Grundsätze, die im Ergebnis auch für die Entscheidung des Arbeitsgerichts maßgebend waren, ist die Verlängerungsvereinbarung der Parteien vom 16.01.2001 nicht zu beanstanden und ohne Sachgrund möglich gewesen, sodass das Arbeitsverhältnis nicht über den 31.08.2001 hinaus fortbestanden hat.

III.

Die Kosten des ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels waren gemäß § 97 Abs. 2 ArbGG der Klägerin aufzuerlegen.

IV.

Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache war die Revision an das Bundesarbeitsgericht zuzulassen (§ 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG).

Ende der Entscheidung

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