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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 27.06.2008
Aktenzeichen: 9 Sa 1142/07
Rechtsgebiete: BGB, AVG, SGB VI


Vorschriften:

BGB § 133
BGB § 157
AVG § 112
AVG § 32
SGB VI § 159
SGB VI § 275 c
1. Eine Versorgungsordnung, nach der als Zusatzversorgung ein bestimmter Prozentsatz als Differenzbetrag zwischen dem zuletzt bezogenen Arbeitsentgelt und der Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung zugesagt ist, enthält eine Regelungslücke, wenn die zur Zeit der Erteilung der Versorgungszusage geltende gesetzliche Regelung über die Anpassung der Beitragsbemessungsgrenzen in der gesetzlichen Rentenversicherung in den Regelungsplan der Versorgungsordnung aufgenommen wurde, diese jedoch keine Regelung drüber enthält, was gelten soll, wenn der Gesetzgeber die Beitragsbemessungsgrenze "außerplanmäßig" anhebt.

2. Zur Anpassung der lückenhaften Versorgungsordnung.


Tenor:

Das Urteil des Arbeitsgerichts Krefeld vom 27.04.2007 - 2 Ca 143/07 - wird teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 3.589,29 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 188,91 € für jeden Monat, beginnend mit dem 01.03.2006 und endend mit dem 31.08.2007, zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte zu 71 % und der Kläger zu 29 %.

Die Revision wird für beide Parteien zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Höhe der dem Kläger zustehenden Betriebsrente.

Der Kläger ist am 26.01.1941 geboren. Er war vom 01.11.1978 bis Ende Januar 2006 bei der Beklagten in Führungspositionen beschäftigt. Seine monatliche Vergütung betrug zuletzt 6.230,00 € brutto. Seit dem 01.02.2006 bezieht er die gesetzliche Altersrente für langjährig Versicherte und von der Beklagten eine Betriebsrente in Höhe von 634,00 € brutto.

Die Beklagte ist eine Tochtergesellschaft der L. Q. & Co. mbH, deren Vorstand u. a. für die Beklagte eine Versorgungsordnung (nachfolgend: VO) erstellt und mit Wirkung vom 01.01.1978 in Kraft gesetzt hat. Der Kläger unterfällt unstreitig den Bestimmungen dieser VO und erfüllt deren allgemeine Leistungsvoraussetzungen.

Hinsichtlich der Höhe der Altersversorgung bestimmt § 8 VO u. a. Folgendes:

"1.

Die monatliche Versorgungsleistung errechnet sich nach den Jahren der Betriebszugehörigkeit (§ 4) und den anrechenbaren Bezügen (§ 5).

2.

Die monatliche Versorgungsleistung beträgt bei Bezügen

bis 70 % der Beitragsbemessungsgrenze DM 7,-- pro Jahr der Betriebszugehörigkeit (§ 4)

bis 80 % der Beitragsbemessungsgrenze DM 8,-- pro Jahr der Betriebszugehörigkeit (§ 4)

bis 90 % der Beitragsbemessungsgrenze DM 9,-- pro Jahr der Betriebszugehörigkeit (§ 4)

bis 100 % der Beitragsbemessungsgrenze DM 10,-- pro Jahr der Betriebszugehörigkeit (§ 4)

Es gilt die Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung bei Eintritt des Versorgungsfalles bzw. die durchschnittliche Beitragsbemessungsgrenze gemäß § 6 Abs. 2.

Für anrechnungsfähige Bezüge oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze erhöhen sich die monatlichen Versorgungsleistungen um 1,5 % dieses Teils der Bezüge pro Jahr der Betriebszugehörigkeit (§ 4)."

Von Bedeutung für den vorliegenden Rechtsstreit sind auch § 6 und § 17 d VO. Darin heißt es:

"§ 6 Allgemeine Berechnungsgrundlagen

1. Der Berechnung der Versorgungsleistungen werden das letzte monatliche Gehalt bzw. Arbeitsentgelt gemäß § 5 zugrunde gelegt.

2. Der Durchschnitt der monatlichen Bezüge der letzten 48 Monate der Betriebszugehörigkeit sowie die entsprechend errechnete Beitragsbemessungsgrenze dienen dann als Berechnungsgrundlage, wenn sich danach höhere Versorgungsleistungen ergeben.

§ 17 Leistungsvorbehalte

Das Unternehmen behält sich vor, die zugesagten Leistungen zu kürzen oder einzustellen, wenn

...

d)eine grundsätzliche Änderung des Sozialversicherungsgesetzes eintritt, insbesondere im Hinblick auf die Ermittlung der Beitragsbemessungsgrenze ..."

Die VO enthält u. a. folgende Erläuterungen:

"Zu § 6 (2)

Die Höhe der Versorgungsleistungen ist abhängig vom Gehalt und von der Beitragsbemessungsgrenze (siehe § 8). Monatliche Bezüge und Beitragsbemessungsgrenze können sich unterschiedlich entwickeln. Um grobe Unbilligkeiten bei einer starken Divergenz zwischen Entwicklung der Bezüge und der Beitragsbemessungsgrenze zu vermeiden, kommt die Durchschnittsrechnung dann zum Tragen, wenn sich hieraus höhere Versorgungsleistungen ergeben.

Zu § 8 (1)

Die Bemessungsgrundlagen der Versorgungsleistungen sind zum einen die Bezüge und zum anderen die Dauer der Betriebszugehörigkeit. Die Bezüge sollen dem Leistungsprinzip, die Betriebszugehörigkeit soll der Dauer der für das Unternehmen erbrachten Leistungen Rechnung tragen.

Zu § 8 (2)

Für die Bezüge unterhalb der Beitragsbemessungsgrenze ist aus Vereinfachungsgründen eine Gruppierung vorgesehen.

Bei Arbeitnehmern, deren Bezüge die Beitragsbemessungsgrenze übersteigen, besteht ein erhöhter Versorgungsbedarf, da dieser Teil der Bezüge nicht mehr durch die Sozialversicherungsrente abgedeckt ist. Aus diesem Grund sieht die Versorgungsordnung für den die Beitragsbemessungsgrenze übersteigenden Teil einen Zuschlag vor. Dieser Teil ist unmittelbar gehaltsabhängig. Aus dem Zusammenwirken von Festbetrag und gehaltsabhängigem Zuschlag ergibt sich eine abgeschwächte Dynamisierung."

Wegen der weiteren Bestimmungen wird auf den Inhalt der VO Bezug genommen (Bl. 12 - 31 d. A.).

Zurzeit des Inkrafttretens der VO galten für die gesetzliche Rentenversicherung der Angestellten folgende Regelungen zur Beitragsbemessungsgrenze:

"§ 112 AVG

(1)Der Beitragssatz beträgt vom 1. Januar 1973 an 18 v. H. und vom 1. Januar 1981 an 18,5 v. H. der nach Abs. 3 maßgebenden Bezüge, soweit diese die Beitragsbemessungsgrenze (Abs. 2) nicht überschreiten ...

(2)Die Beitragsbemessungsgrenze beträgt für das Kalenderjahr 1978 44.400,00 DM. Sie verändert sich in den folgenden Jahren entsprechend einer Änderung der allgemeinen Bemessungsgrundlage (§ 32 Abs. 2); dieser Betrag wird nur für das jeweilige Kalenderjahr auf den nächsthöheren durch 1.200 teilbaren Betrag aufgerundet. Der Bundesminister für Arbeit gibt alljährlich die Beitragsbemessungsgrenzen bekannt.

§ 32 AVG

(1)Die für den Versicherten maßgebende Rentenbemessungsgrundlage ist der Vomhundertsatz der allgemeinen Bemessungsgrundlage, der dem Verhältnis entspricht, in dem während der zurückgelegten Beitragszeiten der Bruttoarbeitsentgelt des Versicherten zu dem durchschnittlichen Bruttoarbeitsentgelt aller Versicherten der Rentenversicherungen der Angestellten und der Arbeiter ohne Lehrlinge und Anlernlinge gestanden hat; ...

(2)Die allgemeine Bemessungsgrundlage, die für das Jahr 1977 20.161,00 DM beträgt, verändert sich in den folgenden Jahren jeweils um den Vomhundertsatz, um den sich die Summe der durchschnittlichen Bruttoarbeitsentgelte (Abs. 1) in den drei Kalenderjahren vor dem Eintritt des Versicherungsfalles gegenüber der Summe dieser Durchschnittsentgelte in den drei Jahren vor dem Kalenderjahr, das dem Eintritt des Versicherungsfalles vorausgegangen ist, verändert hat. Für das jeweilige Kalenderjahr vor dem Eintritt des Versicherungsfalles ist das durchschnittliche Bruttoarbeitsentgelt zugrunde zu legen, was den statistischen Daten entspricht, die dem Statistischen Bundesamt am 1. Oktober des jeweiligen Jahres zur Verfügung stehen."

Nach § 159 SGB VI in der im Jahr 2002 geltenden Fassung ändern sich die Beitragsbemessungsgrenzen in der Rentenversicherung der Arbeiter und der Angestellten sowie in der Knappschaftlichen Rentenversicherung zum 01.01. eines jeden Jahres in dem Verhältnis, in dem die Bruttolohn- und -gehaltssumme je durchschnittlich beschäftigten Arbeitnehmer im vergangenen zur entsprechenden Bruttolohn- und -gehaltssumme im vorvergangenen Kalenderjahr steht. Die Festsetzung der Beitragsbemessungsgrenzen erfolgt durch Rechtsverordnung der Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrats (§ 160 SGB VI).

Durch das Gesetz zur Sicherung der Beitragssätze in der gesetzlichen Krankenversicherung und in der gesetzlichen Rentenversicherung (Beitragssicherungsgesetz) vom 23.12.2002 wurde mit Wirkung vom 01.01.2003 folgende Regelung in das SGB VI eingefügt:

"§ 275 c

Beitragsbemessungsgrenzen für das Jahr 2003

(1)Die Beitragsbemessungsgrenze für das Jahr 2003 beträgt in der Rentenversicherung der Arbeiter und der Angestellten 61.200,00 € jährlich und 5.100,00 € monatlich und in der Knappschaftlichen Rentenversicherung 75.000,00 € jährlich und 6.250,00 € monatlich.

...

(3)Der Ausgangswert zur Bestimmung der Beitragsbemessungsgrenze für das Jahr 2004 beträgt in der Rentenversicherung der Arbeiter und der Angestellten 60.792,06 € und in der Knappschaftlichen Rentenversicherung 74.816,79 €."

Wäre die Beitragsbemessungsgrenze (West) in der Rentenversicherung der Angestellten für das Jahr 2003 nach § 159 SGB VI angepasst worden, hätte sie auf 4.600,00 € monatlich und 55.200,00 € jährlich festgesetzt werden müssen.

Der Wert der Versorgungsanwartschaft des Klägers betrug im Jahr 2002 8.875,00 € jährlich (739,58 € monatlich). Er sank nach der Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenze (West) für das Jahr 2003 auf 6.715,00 € jährlich (559,58 € monatlich).

Durch die "außerordentliche" Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenze für das Jahr 2003 und die daraus resultierenden erhöhten Beitragszahlungen zur gesetzlichen Rentenversicherung hat sich die gesetzliche Altersrente des Klägers um monatlich 18,05 € erhöht. Die Beklagte hatte für den Kläger infolge der "außerordentlichen" Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenze erhöhte Arbeitgeberbeiträge von insgesamt 2.164,50 € aufzubringen.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Beklagte sei verpflichtet, ihm eine Betriebsrente in der Höhe zu zahlen, wie sie sich ohne die besondere, einmalige Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenze im Jahr 2003 errechne.

Er hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 3.694,88 € brutto als Betriebsrentennachzahlung für die Zeit vom 01.02.2006 bis zum 31.03.2007 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz von jeweils 263,92 € brutto monatlich seit dem 01.03. und 01.04.2006 ... 28.02.2007, 31.03.2007 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Arbeitsgericht Krefeld hat die Klage durch Urteil vom 27.04.2007, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird, abgewiesen.

Gegen das ihm am 13.06.2007 zugestellte Urteil hat der Kläger mit einem am 28.06.2007 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese - nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 31.08.2007 - mit einem am 30.08.2007 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet.

Er beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Krefeld vom 27.04.2007 - 2 Ca 143/07 - abzuändern und

1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 3.694,88 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus jeweils 263,92 € für jeden Monat, beginnend mit dem 01.03.2006 und endend mit dem 31.03.2007 zu zahlen;

2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger weitere 1.319,60 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 263,92 € für jeden Monat, beginnend mit dem 01.04.2007 und endend mit dem 31.08.2007, zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen sowie die erweiterte Klage abzuweisen.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die Schriftsätze und den sonstigen Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig (§§ 64 Abs. 1, Abs. 2 b, 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG, 519, 520 Abs. 3 ZPO) und teilweise begründet.

Die Beklagte ist verpflichtet, an den Kläger eine Betriebsrente zu zahlen, die die ihm gewährte Leistung von 634,00 € brutto/Monat überschreitet. Jedoch hat der Kläger keinen Anspruch auf eine monatliche Betriebsrente in Höhe von 897,92 € brutto.

1. Die Klage ist in vollem Umfang zulässig. Zulässig ist auch die in der Berufungsinstanz vorgenommene Klageerweiterung. Sie wird auf denselben Klagegrund gestützt. Damit gilt sie gemäß § 264 Nr. 2 ZPO nicht als Klageänderung im Sinne von §§ 533, 263 ZPO.

2. Die Klage ist teilweise begründet. Es ergibt sich aus einer ergänzenden Auslegung zu § 8 Nr. 2 Abs. 3 VO, dass die Beklagte dem Kläger eine höhere Betriebsrente schuldet als die derzeit gewährte Leistung.

a) Bei der VO handelt es sich um eine an die begünstigten Arbeitnehmer gerichtete Gesamtzusage, die als individualrechtliches Gestaltungsmittel gemäß § 151 BGB ergänzender Inhalt des Arbeitsvertrages zwischen den Parteien wurde (BAG vom 28.06.2006, AP Nr. 74 zu § 242 BGB Betriebliche Übung). Deshalb richtet sich die Auslegung der Regelungen der VO nach §§ 133, 157 BGB, so dass auch eine ergänzende Vertragsauslegung in Betracht kommt.

Die in Rechtsprechung und Lehre entwickelte Methode der ergänzenden Vertragsauslegung dient dazu, den im Zusammenhang mit dem Abschluss von Verträgen von den Vertragsparteien entwickelten und festgelegten Regelungsplan zu ergänzen, wenn eine Regelungslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit des Vertrages vorliegt. Es geht hierbei um eine Ergänzung für solche Lücken, für die ein Regelungsbedarf besteht, den die Parteien zwar nicht erkannt haben, dem sie aber genügt hätten, wenn ihnen die Regelungsbedürftigkeit bekannt gewesen wäre. Vertragsauslegung bedeutet nicht nur Ermittlung des Sinngehalts der im Vertragstext selbst niedergelegten Parteierklärungen. Sie bezweckt vielmehr die Feststellung des Vertragsinhalts auch in solchen Punkten, zu denen die Parteien keine Vereinbarung getroffen haben, deren Regelung aber gleichwohl zur Erreichung des Vertragszwecks erforderlich ist. Es geht um eine an objektiven Maßstäben orientierte Bewertung des Inhalts der getroffenen Vereinbarungen und der aus ihnen abgeleiteten Rechtsfolgen mit dem Ziel zu ermitteln, was die Parteien im Falle des Erkennens der Regelungslücke bei einer angemessenen Abwägung ihrer Interessen nach Treu und Glauben als redliche Vertragspartner vereinbart hätten (BAG vom 23.01.2007, AP Nr. 38 zu § 611 BGB Ausbildungsbeihilfe; BAG vom 12.01.2005, AP Nr. 1 zu § 308 BGB; BAG vom 20.11.2004, AP Nr. 13 zu § 1 BetrAVG Invaliditätsrente; BAG vom 03.06.1998, AP Nr. 57 zu § 612 BGB; BGH vom 14.11.2003, NJW-RR 2004, S. 554).

b) Nach § 8 Nr. 2 Abs. 1 VO steht dem Kläger für jedes Jahr der Betriebszugehörigkeit eine Altersversorgung von 5,11 €/Monat (= 10,00 DM) zu. Nach § 8 Nr. 2 Abs. 3 VO hat er zusätzlich Anspruch auf eine monatliche Versorgungsleistung in Höhe von 1,5 % des Differenzbetrages zwischen seinen Bezügen und der Beitragsbemessungsgrenze. Für die Ermittlung des Differenzbetrages ist nach § 6 Nr. 1 VO das letzte monatliche Gehalt bzw. Arbeitsentgelt und nach § 8 Nr. 2 Abs. 2 VO die Beitragsbemessungsgrenze bei Eintritt des Versorgungsfalls maßgebend. Der Versorgungsfall ist nach § 7 Nr. 1 VO mit Vollendung des 65. Lebensjahres des Klägers am 26.01.2006 eingetreten. Bei einer anzurechnenden Dauer der Betriebszugehörigkeit von 32 Jahren (§ 4 VO), einer monatlichen Vergütung von zuletzt 6.230,00 € brutto und einer monatlichen Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung (West) zurzeit des Eintritts des Versorgungsfalls von 5.250,00 € errechnet sich damit für den Kläger eine Betriebsrente von 633,92 €/Monat (5,11 x 32 zzgl. 14,70 x 32).

Hinsichtlich der ihm nach § 8 Nr.2 Abs. 2 VO zustehenden Zusatzleistung enthält die Gesamtzusage jedoch eine planwidrige Regelungslücke, die um eine angemessene Regelung zu ergänzen ist. Denn bei der Zusage der Zusatzleistung hat die Muttergesellschaft der Beklagten vorausgesetzt, dass die zurzeit der Erstellung der VO geltenden Grundsätze über die Festlegung und Änderung der Beitragsbemessungsgrenzen in der gesetzlichen Rentenversicherung beibehalten werden. Sie hat dies in ihren Regelungsplan aufgenommen. Der Gesetzgeber ist hiervon bei der Verabschiedung des Beitragssicherungsgesetzes aber in einem Ausmaß abgewichen, dass der Versorgungszweck der Leistungszusage im Fall des Klägers nicht mehr voll verwirklicht werden kann. Die daraus resultierende Lücke ist durch eine Erhöhung seines Versorgungsanspruchs zu schließen, da die Muttergesellschaft eine entsprechende Regelung getroffen hätte, wenn ihr der Regelungsbedarf bewusst gewesen wäre.

c) Es ergibt sich schon aus § 17 d VO, dass der Muttergesellschaft der Beklagten bei der Erstellung der VO nicht gleichgültig war, nach welchen Grundsätzen die Beitragsbemessungsgrenzen in der gesetzlichen Rentenversicherung festgesetzt und geändert werden. Denn nach dieser Bestimmung können die zugesagten Leistungen gekürzt oder eingestellt werden, wenn es zu grundsätzlichen Änderungen im Hinblick auf die Ermittlung der Beitragsbemessungsgrenze kommt. Aber auch die Regelung in § 8 Nr. 2 VO lässt erkennen, dass die Leistungen der Altersversorgung an die Grundsätze anknüpfen, nach denen zurzeit der Erstellung der VO die Beitragsbemessungsgrenzen bestimmt und geändert wurden.

Nach §§ 112 Abs. 1, 32 Abs. 2 AVG und den entsprechenden Regelungen der RVO änderte sich damals die Beitragsbemessungsgrenze, wenn sich die allgemeine Bemessungsgrundlage änderte. Diese änderte sich wiederum um den Vomhundertsatz, um den sich die Summe der durchschnittlichen Bruttoarbeitsentgelte in den drei Kalenderjahren vor dem Eintritt des Versicherungsfalls gegenüber der Summe dieser Durchschnittsentgelte in den drei Jahren vor dem Kalenderjahr, das dem Eintritt des Versicherungsfalls vorausging, geändert hatte. Die Beitragsbemessungsgrenze änderte sich also entsprechend der Entwicklung der durchschnittlichen Bruttoarbeitsentgelte.

Nach den Erläuterungen zu § 8 Nr. 2 VO besteht bei Arbeitnehmern, deren Bezüge die Beitragsbemessungsgrenze übersteigen, ein erhöhter Versorgungsbedarf, da dieser Teil der Bezüge nicht mehr durch die Sozialversicherungsrente abgedeckt ist. Der erhöhte Versorgungsbedarf soll durch die Zusatzleistung nach § 8 Nr. 2 Abs. 3 VO ausgeglichen werden. Der Zweck der Zusatzleistung ist es somit, für den Verlust der Bezüge oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze nach Eintritt in den Ruhestand einen über den Festbetrag nach § 8 Nr. 2 Abs. 1 VO hinausgehenden Ausgleich zu gewähren, da insoweit keine gesetzliche Rente gewährt wird. Die Anknüpfung an die jeweilige Beitragsbemessungsgrenze bringt es mit sich, dass der angestrebte Ausgleich nur erreicht werden kann, solange Beitragsbemessungsgrenzen in der gesetzlichen Rentenversicherung bestehen und nach Maßgabe der Entwicklung der durchschnittlichen Bruttoarbeitsentgelte geändert werden.

Würde etwa der Gesetzgeber entscheiden, die Beitragsbemessungsgrenzen aufzuheben, könnte ein Differenzbetrag zwischen der Vergütung des Arbeitnehmers und der Beitragsbemessungsgrenze nicht mehr errechnet werden. Aber auch bei einer Änderung der Beitragsbemessungsgrenzen, die sich nicht an der Entwicklung der durchschnittlichen Bruttoarbeitsentgelte orientiert, kann der Versorgungszweck der Zusatzleistung verfehlt werden. Dies zeigt sich deutlich daran, welche Entwicklung der Versorgungsanspruch des Klägers infolge der Anhebung der Beitragsbemessungsgrenzen in der gesetzlichen Rentenversicherung durch das Beitragssicherungsgesetz genommen hat.

Nach § 159 SGB VI in der im Jahr 2002 gültigen Fassung hätte die Beitragsbemessungsgrenze (West) in der Rentenversicherung der Angestellten - der Entwicklung der Bruttolohn- und -gehaltssumme je durchschnittlich beschäftigten Arbeitnehmer in den Jahren 2001 und 2002 folgend - für das Jahr 2003 auf 4.600,00 € monatlich angehoben werden müssen. Tatsächlich wurde sie, um die Beitragssätze zu stabilisieren, aber auf 5.100,00 € monatlich angehoben. Die für die Zusatzleistung nach § 8 Nr. 2 Abs. 3 VO maßgebliche Vergütung des Klägers oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze verringerte sich dadurch nicht nur nach Maßgabe der Erhöhung der Bruttolohn- und -gehaltssumme je durchschnittlich beschäftigten Arbeitnehmer, sondern um monatlich weitere 500,00 €.

Die Folge war, dass der Wert seiner Versorgungsanwartschaft von 739,58 € monatlich im Jahr 2002 auf 559,58 € monatlich im Jahr 2003 sank. Auch unmittelbar vor dem Eintritt des Versorgungsfalls hatte seine Versorgungsanwartschaft noch nicht wieder den früheren Wert erreicht. Diese Auswirkungen des Beitragssicherungsgesetzes sind entgegen der Ansicht der Beklagten nicht im System ihrer Altersversorgung angelegt. Dem Regelungsplan ihrer Muttergesellschaft entspricht vielmehr eine der Entwicklung der Bruttoarbeitsentgelte folgende Anpassung der Beitragsbemessungsgrenzen. Da der Gesetzgeber hiervon für das Jahr 2003 abgewichen ist, sind die Nachteile, die der Kläger durch die "außerplanmäßige" Anhebung erlitten hat und noch erleidet, nicht notwendiger Bestandteil des Leistungsversprechens.

Dieses Ergebnis wird bestätigt durch die "Günstigkeitsregelung" des § 8 Nr. 2 Abs. 2 i. V. m. § 6 Nr. 2 VO. Nach den Erläuterungen zu § 6 Nr. 2 VO wird, wenn sich hieraus höhere Versorgungsleistungen ergeben, auf den Durchschnitt der Beitragsbemessungsgrenze und der monatlichen Bezüge der letzten 48 Monate abgestellt, um grobe Unbilligkeiten bei einer starken Divergenz zwischen Entwicklung der Bezüge und der Beitragsbemessungsgrenze zu vermeiden. Dies ist etwa der Fall, wenn die Bezüge für von der VO begünstigte Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen in den letzten Jahren vor Eintritt des Versorgungsfalls nicht steigen, während die Beitragsbemessungsgrenze nach Maßgabe der Entwicklung der durchschnittlichen Arbeitsentgelte angehoben wird. Käme es für die Leistungen nach der VO nicht darauf an, nach welchen Grundsätzen die Beitragsbemessungsgrenzen in der gesetzlichen Rentenversicherung festgesetzt und geändert werden, bestünde auch kein Grund, die Altersversorgung ggf. nach dem Durchschnitt der Bezüge der letzten vier Jahre und der entsprechend errechneten Beitragsbemessungsgrenze zu berechnen.

d) Ergibt sich damit, dass die Muttergesellschaft der Beklagten bei Erstellung der VO nicht bedacht hat, dass der Zweck ihrer betrieblichen Altersversorgung nicht erreicht, gestört oder verfehlt werden kann, wenn sich die Grundsätze für die Festsetzung der Beitragsbemessungsgrenzen ändern, besteht die Notwendigkeit, die durch die Regelungen des Beitragssicherungsgesetzes deutlich gewordene Lücke in der VO auszufüllen. Bei der Vertragsergänzung ist grundsätzlich auf den hypothetischen Parteiwillen abzustellen. Damit kommt es darauf an, was die Parteien bei einer angemessenen Abwägung ihrer Interessen nach Treu und Glauben als redliche Vertragsparteien vereinbart hätten, wenn sie den nicht geregelten Fall bedacht hätten (BAG vom 12.01.2005, 20.11.2004 und 03.06.1998, a.a.O.; BAG vom 26.06.1996, AP Nr. 23 zu § 620 BGB Bedingung).

Da es sich bei der VO um eine Gesamtzusage handelt, die eine Vielzahl von Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen begünstigt, könnte die Muttergesellschaft der Beklagten die Versorgungsregelung - unter Beachtung etwaiger Mitbestimmungsrechte nach § 87 BetrVG - ergänzen und eine Regelung einfügen, durch die nachträglich sichergestellt wird, dass Leistungen gewährt werden, die dem Regelungsplan der VO entsprechen. Der Dotierungsrahmen für die betriebliche Altersversorgung wird dadurch nicht geändert, denn die Muttergesellschaft der Beklagten ist davon ausgegangen, dass die Entwicklung der Beitragsbemessungsgrenzen der Entwicklung der durchschnittlichen Arbeitsentgelte folgt. Tatsächlich hat die "außerplanmäßige" Anhebung der Beitragsbemessungsgrenzen durch das Beitragssicherungsgesetz zu einer Verringerung der finanziellen Belastungen bei den Leistungen nach § 8 VO geführt. Die Beklagte bzw. ihre Muttergesellschaft hat eine Ergänzung der VO indessen abgelehnt. Damit hat das Berufungsgericht eine Entscheidung nach billigem Ermessen vorzunehmen (BAG vom 01.06.1978, AP Nr. 1 zu § 6 BetrAVG). Hierbei kann es nur die von den Parteien vorgetragenen, individuellen Verhältnisse berücksichtigen.

e) Bei der Bestimmung der Höhe der dem Kläger zustehenden Betriebsrente ist davon auszugehen, dass die Muttergesellschaft der Beklagten dann, wenn sie den nicht geregelten Fall bedacht hätte, eine Regelung in die VO aufgenommen hätte, die die Nachteile des Klägers, die ihm bei seiner betrieblichen Altersversorgung durch die "außerplanmäßige" Anhebung der Beitragsbemessungsgrenzen in der gesetzlichen Rentenversicherung entstanden sind und noch entstehen, ausgleicht. Denn eine solche Lösung wird vom Zweck des Leistungsversprechens gefordert. Allerdings ergibt sich daraus noch nicht, dass dem Kläger ein voller Ausgleich zusteht. Zu berücksichtigen ist vielmehr, dass die "außerplanmäßige" Anhebung der Beitragsbemessungsgrenzen durch das Beitragssicherungsgesetz auch zu Vor- und Nachteilen für die Parteien außerhalb der betrieblichen Altersversorgung geführt hat.

So erhält der Kläger aufgrund dieser Erhöhung eine um 18,05 € erhöhte gesetzliche Altersrente. Die Mehrleistung der gesetzlichen Rentenversicherung hätte die Muttergesellschaft der Beklagten auf seine Betriebsrente angerechnet, da er insoweit keinen Bedarf an einer Altersversorgung durch die Beklagte hat. Die Beklagte wiederum hat infolge der "außerplanmäßigen" Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenzen zusätzliche Arbeitgeberbeiträge für die Rentenversicherung des Klägers in Höhe von 2.164,50 € aufbringen müssen. Wie ihre Muttergesellschaft diese Mehrbelastung bei ihrer ergänzenden Regelung berücksichtigt hätte, lässt sich der VO nicht entnehmen. Es ergibt sich aber aus den gegenläufigen Interessen der Parteien, dass die Mehrbelastung der Beklagten billigerweise zur Hälfte vom Kläger zu tragen ist. Bei unerwarteten Vor- und Nachteilen ist vielfach eine Halbteilung die angemessene Vertragsergänzung (BGH vom 18.02.2000, NJW-RR 2000, S. 894; Heinrichs in Palandt, BGB, 67. Aufl., § 157 Rdn. 7). Dasselbe muss gelten, wenn, wie hier, keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich sind, dass eine andere Lösung als die Halbteilung den divergierenden Interessen mehr entspricht.

Damit errechnet sich für den Zeitraum vom 01.02.2006 bis 31.08.2007 ein Anspruch des Klägers auf weitere Leistungen der Beklagten von monatlich 161,29 € brutto, für den gesamten Zeitraum somit 2.903,22 € brutto. Bei 32 Jahren Betriebszugehörigkeit und einem Festbetrag von 5,11 € beträgt die nach § 8 Nr. 2 Abs. 1 VO zu leistende Betriebsrente 163,52 €. Da die monatliche Beitragsbemessungsgrenze (West) zurzeit des Eintritts des Versorgungsfalls im Januar 2006 5.250,00 € brutto betrug, hätte sie ohne die "außerplanmäßige" Erhöhung um 500,00 € zu diesem Zeitpunkt 4.750,00 € betragen. Bei einem Gehalt des Klägers zurzeit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses von monatlich 6.230,00 € und dieser (fiktiven) Beitragsbemessungsgrenze ergibt sich ein Differenzbetrag von 1.480,00 €. Die Zusatzleistung beträgt somit 710,40 € (1,5 % aus 1.480,00 € x 32 Jahre).

Insgesamt errechnet sich daher ohne Berücksichtigung der Zusatzleistung der gesetzlichen Rentenversicherung und der von der Beklagten aufzubringenden Arbeitgeberbeiträge eine monatliche Betriebsrente von 873,92 € brutto. Hiervon ist zunächst die Mehrleistung der gesetzlichen Rentenversicherung von 18,50 € in Abzug zu bringen. Abzuziehen ist ferner die Hälfte der von der Beklagten aufgebrachten Arbeitgeberbeiträge (1.082,25 €). Die Betriebsrente des Klägers vermindert sich daher für den Zeitraum vom 01.02.2006 bis 31.08.2007 monatlich um einen weiteren Betrag von 60,13 €. Dies ergibt einen Zahlungsanspruch von monatlich 795,25 €. Davon leistet die Beklagte monatlich 634,00 €.

Soweit die Beklagte zu einer höheren Leistung verurteilt worden ist, beruht dies darauf, dass das Berufungsgericht nach Maßgabe der Berechnung des Klägers versehentlich eine fiktive Beitragsbemessungsgrenze von 4.700,00 € angenommen hat.

Auf den geschuldeten Differenzbetrag hat die Beklagte nach §§ 286 Abs. 2 Nr. 1, 288 Abs. 1 BGB jeweils am Fälligkeitstag Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu zahlen.

3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 64 Abs. 6 ArbGG, 525, 92 Abs. 1 ZPO.

Die Zulassung der Revision beruht auf § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG.

Ende der Entscheidung

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