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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 13.01.2006
Aktenzeichen: 9 Sa 1222/05
Rechtsgebiete: TzBfG


Vorschriften:

TzBfG § 8
Wer die Verringerung seiner vertraglich vereinbarten Arbeitszeit nach § 8 Abs. 1 TzBfG verlangt, ist an seinen Antrag bis zum Ablauf der dem Arbeitgeber nach § 8 Abs. 5 S. 1 TzBfG eingeräumten Überlegungsfrist gebunden. Dies gilt auch dann, wenn der Arbeitgeber die nach § 8 Abs. 3 S. 1 TzBfG vorgeschriebene Erörterung der gewünschten Verringerung der Arbeitszeit mit dem Arbeitnehmer unterlässt.
LANDESARBEITSGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

9 Sa 1222/05

Verkündet am 13. Januar 2006

In Sachen

hat die 9. Kammer des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 13.01.2006 durch die Vorsitzende Richterin am Landesarbeitsgericht Heinlein als Vorsitzende sowie den ehrenamtlichen Richter Remmel und den ehrenamtlichen Richter Vogtländer

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Krefeld vom 04.08.2005 - 1 Ca 641/05 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten darüber, ob die Klägerin seit dem 29.10.2004 zu der Beklagten in einem Vollzeit- oder Teilzeitarbeitsverhältnis steht.

Die Klägerin ist seit dem 01.10.1994 bei der Beklagten, die in der Regel mehr als 15 Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen beschäftigt, als kaufmännische Angestellte tätig. Nach der Geburt eines Kindes nahm die Klägerin vom 01.01.2002 bis zum 28.10.2004 Elternzeit in Anspruch. Während der Elternzeit vereinbarten die Parteien eine Teilzeitbeschäftigung der Klägerin von 16 Wochenstunden ab dem 01.03.2004 bis zum Ende der Elternzeit. Diese Vereinbarung änderten sie nach Beginn der Teilzeittätigkeit dahingehend ab, dass die Klägerin ab dem 09.08.2004 nur noch 15 Wochenstunden arbeitete.

In einem Bestätigungsschreiben der Beklagten vom 29.06.2004 heißt es hierzu, dass sich die Klägerin ab dem 09.08.2004 - zunächst bis zum Ende ihrer Elternzeit am 28.10.2004 - im Wechsel mit einer Kollegin einen Arbeitsplatz teilt und 15 Stunden pro Wochen arbeitet.

Unter dem 26.07.2004 richtete die Klägerin ein Schreiben mit folgendem Wortlaut an die Beklagte:

"Teilzeitantrag

Ich beantrage die unbefristete Verlängerung meines bisherigen Teilzeitvertrages ab dem 29.10.2004 (15 Stunden pro Woche, jeweils mittwochs und donnerstags).

Ich bitte um Ihre schriftliche Bestätigung."

Die Beklagte reagierte hierauf zunächst nicht.

Im September 2004 gelang es der Klägerin, für die Betreuung ihres Kindes ab Ende Oktober 2004 zu sorgen. Daraufhin teilte sie der Beklagten mit Schreiben vom 23.09.2004 mit, sie könne ab dem 29.10.2004 ihre vertraglich vereinbarte Tätigkeit wieder in Vollzeit aufnehmen und widerrufe der Form halber ihren Teilzeitantrag vom 26.07.2004. Die Beklagte erwiderte mit Schreiben vom 28.09.2004, sie habe die weitere Teilzeittätigkeit der Klägerin mit 15 Stunden pro Woche bereits Anfang August 2004 eingeplant. Somit werde der weitere Teilzeitantrag vom 26.07.2004 über das Ende der Elternzeit hinaus auch so umgesetzt werden.

Entsprechend wird die Klägerin seit dem 29.10.2004 weiterhin mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 15 Stunden beschäftigt.

Mit Schreiben vom selben Tag unterrichtete die Beklagte den bei ihr gebildeten Betriebsrat, dass sie beabsichtige, das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin zu kündigen. Sie hatte am 21.06.2004 die Entscheidung getroffen, in der Abteilung, in der die Klägerin eingesetzt war, acht Stellen ersatzlos zu streichen. Wegen dieser und anderer personeller Maßnahmen wurden ein Interessenausgleich und ein Sozialplan mit dem Betriebsrat abgeschlossen.

Mit Schreiben vom 09.11.2004 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis zum 31.03.2005. Das Arbeitsgericht Krefeld hat aufgrund einer von der Klägerin erhobenen Kündigungsschutzklage entschieden, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist. Das Urteil ist inzwischen rechtskräftig.

Im vorliegenden Rechtsstreit hat die Klägerin die Auffassung vertreten, bei ihrem Teilzeitantrag vom 26.07.2004 handele es sich nicht um einen Antrag auf Verringerung der Arbeitszeit nach § 8 TzBfG, sondern um einen Antrag auf Verlängerung der bereits vereinbarten Teilzeitarbeit. Sie sei daher nach § 147 Abs. 2 BGB Ende September 2004 nicht mehr an ihren Antrag gebunden gewesen. Aber auch nach § 8 TzBfG habe sie den Antrag widerrufen können.

Die Klägerin hat beantragt,

festzustellen, dass zwischen den Parteien ein Vollzeit-Arbeitsverhältnis mit einer regelmäßigen Wochenarbeitszeit von 37,5 Stunden besteht.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, es handele sich bei dem Teilzeitantrag der Klägerin um einen Antrag nach § 8 TzBfG, an den die Klägerin bis zum Ablauf der Überlegungsfrist des § 8 Abs. 5 Satz 1 TzBfG gebunden gewesen sei. Da sie, die Beklagte, das Teilzeitverlangen nicht schriftlich abgelehnt habe, sei die Fiktion des § 8 Abs. 2 und 3 TzBfG eingetreten.

Das Arbeitsgericht Krefeld hat die Klage durch Urteil vom 04.08.2005, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird, abgewiesen. Gegen das ihr am 16.08.2005 zugestellte Urteil hat die Klägerin mit einem am 15.09.2005 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit einem am 16.11.2005 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet, nachdem die Berufungsbegründungsfrist bis zum 16.11.2005 verlängert wurde.

Die Klägerin macht zusätzlich geltend, die Beklagte könne sich nach Treu und Glauben nicht auf eine etwa eingetretene Vertragsänderung berufen. Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses belege, dass die Beklagte nicht geplant habe, sie in Teilzeit weiterzubeschäftigen. Sie habe lediglich deshalb auf dem Bestand eines Teilzeitarbeitsverhältnisses nach Beendigung der Elternzeit beharrt, weil sie dann nur eine verminderte Abfindung - berechnet auf der Basis von 15 Wochenstunden - nach dem von der Beklagten mit dem Betriebsrat vereinbarten Sozialplan habe zahlen müssen.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Krefeld vom 04.08.2005 - 1 Ca 641/05 - abzuändern und festzustellen, dass zwischen den Parteien seit dem 29.10.2004 ein Vollzeitarbeitsverhältnis mit einer regelmäßigen Wochenarbeitszeit von 37,5 Stunden besteht.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die Schriftsätze und den sonstigen Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig (§§ 64 Abs. 1, Abs. 2 b, 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG, 519, 520 Abs. 3 ZPO).

Sie ist jedoch unbegründet. Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.

1. Die Feststellungsklage ist nach § 256 Abs. 1 ZPO zulässig. Die Parteien streiten über den Umfang der wöchentlichen Arbeitszeit der Klägerin. Hierbei handelt es sich um einen Streit über das Bestehen eines Rechtsverhältnisses im Sinne von § 256 Abs. 1 ZPO. Auch einzelne Rechte und Pflichten innerhalb eines Rechtsverhältnisses können zulässiger Gegenstand einer Feststellungsklage sein (BAG, Urteil vom 25.09.2003 - AP Nr. 256 zu § 613 a BGB m. w. N.).

Die Klägerin hat auch ein rechtliches Interesse an der alsbaldigen richterlichen Feststellung, dass sie ab dem 29.10.2004 wieder in einem Vollzeitarbeitsverhältnis zu der Beklagten steht. Denn der zeitliche Umfang der geschuldeten Arbeitsleistung ist wesentlich für eine Vielzahl von Ansprüchen wie Beschäftigungsanspruch, Vergütungsanspruch, Entgeltfortzahlung und Urlaubsanspruch. Entsprechend ist eine Feststellungsklage zum Umfang der vertraglichen Arbeitszeit sinnvoll und zur Streitbereinigung erforderlich (LAG Niedersachsen, Urteil vom 17.09.2002 - 13 Sa 605/02 - Juris).

2. Die Klage ist jedoch unbegründet. Die Klägerin hat mit ihrem Schreiben vom 26.07.2004 die Verringerung ihrer vertraglich vereinbarten Arbeitszeit nach § 8 Abs. 1 TzBfG verlangt. Über die Verringerung der Arbeitszeit haben sich die Parteien entweder auch geeinigt oder die Verringerung der Arbeitszeit ist nach § 8 Abs. 5 Satz 2 TzBfG infolge Fristablauf eingetreten. Die Beklagte verhält sich auch nicht treuwidrig, wenn sie sich darauf beruft, dass sich das Vollzeitarbeitsverhältnis in ein Teilzeitarbeitsverhältnis umgewandelt hat.

a) Das Schreiben der Klägerin vom 26.07.2004 enthält ein Teilzeitverlangen nach § 8 Abs. 1 TzBfG. Nach dieser Bestimmung kann ein Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis länger als sechs Monate bestanden hat, verlangen, dass seine vertraglich vereinbarte Arbeitszeit verringert wird, wenn der Arbeitgeber in der Regel mehr als 15 Arbeitnehmer beschäftigt (§ 8 Abs. 7 TzBfG). Nach § 8 Abs. 2 TzBfG muss der Arbeitnehmer die Verringerung seiner Arbeitszeit und den Umfang der Verringerung spätestens drei Monate vor deren Beginn geltend machen, wobei er die gewünschte Verteilung der Arbeitszeit angeben soll. Geschieht dies, hat der Arbeitgeber nach § 8 Abs. 4 Satz 1 TzBfG der Verringerung der Arbeitszeit zuzustimmen und ihre Verteilung entsprechend den Wünschen des Arbeitnehmers festzulegen, soweit betriebliche Gründe nicht entgegenstehen. § 8 TzBfG räumt dem Arbeitnehmer daher, falls betriebliche Gründe nicht entgegenstehen, einen Anspruch auf Zustimmung des Arbeitgebers zur Verringerung seiner Arbeitszeit ein.

Von diesem Recht wollte die Klägerin Gebrauch machen, wie die Auslegung ihres Schreibens vom 26.07.2004 ergibt. Nach § 133 BGB ist bei der Auslegung einer Willenserklärung der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften. Dabei kommt es darauf an, wie der Empfänger der Willenserklärung sie nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen musste (BAG, Urteil vom 21.08.1997, AP Nr. 7 zu § 611 BGB Aufwandsentschädigung). Auszugehen hat die Auslegung stets vom Wortlaut. Sodann sind in einem zweiten Schritt die außerhalb des Erklärungsakts liegenden Begleitumstände in die Auslegung einzubeziehen (BAG, Urteil vom 27.08.1970, AP Nr. 33 zu § 133 BGB). Schließlich ist der mit dem Rechtsgeschäft verfolgte Zweck und die bestehende Interessenlage zwischen den Vertragsparteien zu berücksichtigen (BAG, Urteil vom 24.10.1991 - 2 AZR 210/91 - Juris).

Aus dem Wortlaut des Schreibens vom 26.07.2004 ergibt sich zwar nicht eindeutig, dass die Klägerin ein Teilzeitverlangen gemäß § 8 TzBfG an die Beklagte gerichtet hat. Der Ausdrucksweise der gesetzlichen Regelungen hat sie sich nicht bedient. Die Formulierung, sie beantrage die unbefristete Verlängerung ihres bisherigen Teilzeitvertrages ab dem 29.10.2004, spricht aber auch nicht gegen ihren Willen, die Herabsetzung ihrer Arbeitszeit nach § 8 TzBfG nach Ablauf der Elternzeit zu verlangen, denn sie hat bereits während der Elternzeit nach § 15 Abs. 4 und 5 BErzGG Teilzeitarbeit geleistet und dies wollte sie danach fortsetzen.

Ein Indiz dafür, dass ihre Erklärung als Teilzeitverlangen nach § 8 TzBfG auszulegen ist, ist aber bereits der Umstand, dass sie ihren Antrag am 26.07.2004 an die Beklagte gerichtet hat. Am 28.10.2004 lief ihre Elternzeit ab. Zur Durchsetzung ihres Anspruchs auf Verringerung ihrer Arbeitszeit ab dem 29.10.2004 nach § 8 TzBfG musste ihr Verlangen daher nach § 8 Abs. 2 TzBfG bis zum 29.07.2004 bei der Beklagten eingegangen sein. Die Beklagte konnte damit schon daraus, dass der Antrag kurz vor Ablauf dieser Frist bei ihr einging, den Schluss ziehen, dass es sich um ein Teilzeitverlangen nach § 8 TzBfG handelt.

Erst recht spricht die Interessenlage der Klägerin für eine solche Auslegung. Maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt hierfür ist der Zeitpunkt, zu dem die Willenserklärung wirksam wird (BAG, Urteil vom 17.04.1970, AP Nr. 32 zu § 133 BGB). Zu diesem Zeitpunkt, d. h. im Juli 2004, wollte die Klägerin sicherstellen, dass ihr Vollzeitarbeitsverhältnis bei der Beklagten mit Beendigung der Elternzeit nicht wieder auflebt, weil sie eine anderweitige Betreuung ihres Kindes während der dann notwendigen Abwesenheitszeit nicht sicherstellen konnte. Deshalb entsprach es ihrer Interessenlage zu diesem Zeitpunkt, von der Beklagten eine Verringerung ihrer Arbeitszeit verlangen zu können, sofern betriebliche Gründe nicht entgegenstehen. Damit wäre es unvereinbar, wenn ihr Antrag ohne weiteres hätte abgelehnt werden können.

b) Die Verringerung der Arbeitszeit nach Maßgabe des Antrags der Klägerin ist auch eingetreten. Nach § 8 Abs. 5 Satz 1 TzBfG hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Entscheidung über die Verringerung der Arbeitszeit und ihre Verteilung spätestens einen Monat vor dem gewünschten Beginn der Verringerung schriftlich mitzuteilen. Haben sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht über die Verringerung der Arbeitszeit geeinigt und hat der Arbeitgeber diese Arbeitszeitverringerung nicht spätestens einen Monat vor deren gewünschten Beginn abgelehnt, verringert sich nach § 8 Abs. 5 Satz 2 TzBfG die Arbeitszeit in dem vom Arbeitnehmer gewünschten Umfang. Da die Beklagte die Arbeitszeitverringerung nicht abgelehnt hat, ist entweder eine Vereinbarung zwischen den Parteien über die Arbeitszeitverringerung zustande gekommen, falls das Schreiben der Beklagten vom 28.09.2004 als Einverständniserklärung auszulegen und innerhalb der Frist des § 8 Abs. 5 Satz 1 TzBfG der Klägerin zugegangen ist, oder die Verringerung ist jedenfalls infolge Fristablauf nach § 8 Abs. 5 Satz 2 TzBfG eingetreten.

Der Klägerin kann nicht darin gefolgt werden, dass sie zu diesem Zeitpunkt nicht mehr an ihr Teilzeitverlangen gebunden war. Ein Widerrufsrecht sieht § 8 TzBfG nicht vor. Zu § 147 BGB enthält § 8 TzBfG eine Sonderregelung. Nach § 147 Abs. 1 BGB kann der einem Anwesenden gemachte Antrag nur sofort angenommen werden. Nach § 147 Abs. 2 BGB kann der einem Abwesenden gemachte Antrag nur bis zu dem Zeitpunkt angenommen werden, in welchem der Antragende den Eingang der Antwort unter regelmäßigen Umständen erwarten darf. Demgegenüber ist dem Arbeitgeber nach § 8 Abs. 2 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 TzBfG eine zweimonatige Überlegungsfrist eingeräumt, bis er dem Arbeitnehmer seine Entscheidung mitzuteilen hat. Entsprechend lang ist die Bindungsdauer für den Arbeitnehmer. Wäre sie kürzer, käme bei einer Einverständniserklärung des Arbeitgebers zum Ablauf der Überlegungsfrist keine Vereinbarung zustande, sondern sie würde als ein neuer Antrag gelten (§ 150 Abs. 1 BGB).

Nach § 8 Abs. 3 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 TzBfG wird jedoch mit der Einverständniserklärung des Arbeitgebers, auch wenn sie erst bei Ablauf der Überlegungsfrist abgegeben wird, eine Vereinbarung über die Verringerung der Arbeitszeit abgeschlossen. Zu Recht wird daher wohl einhellig die Auffassung vertreten, dass der Arbeitnehmer sein Teilzeitbegehren bis zum Ablauf der Überlegungsfrist nicht rückgängig machen kann (vgl. Preis in ErfK, 5. Aufl., § 8 TzBfG Rdn. 13 m. N.). Nur ein solches Ergebnis entspricht auch dem Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung. Die Überlegungsfrist soll es dem Arbeitgeber ermöglichen, sich auf die neue Lage einzustellen und sich um eine Ersatzkraft zu bemühen oder andere organisatorische Lösungen vorzunehmen. Dazu hat er nur Veranlassung, wenn er sicher sein kann, dass der Arbeitnehmer an sein Teilzeitverlangen gebunden ist (Hanau, NZA 2001, S. 1168, 1169).

Etwas anderes gilt auch dann nicht, wenn, wie im vorliegenden Streitfall, der Arbeitgeber seine Obliegenheit nach § 8 Abs. 3 Satz 1 TzBfG, mit dem Arbeitnehmer die gewünschte Arbeitszeitverringerung zu erörtern, um zu einer Vereinbarung zu gelangen, unterlässt. Die gesetzlich vorgesehene Verhandlungspflicht ist zwar kein rechtlich unverbindlicher Appell des Gesetzgebers. Der Gesetzgeber hat vielmehr mit dieser Bestimmung eine Verhandlungsobliegenheit für den Arbeitgeber begründet, die Rechtsfolgen zeitigt. So kann der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer keine Einwendungen entgegenhalten, die im Rahmen einer Verhandlung hätten ausgeräumt werden können, wenn er entgegen der Vorschrift nicht verhandelt (BAG, Urteil vom 18.02.2003, AP Nr. 1 zu § 8 TzBfG).

Das Gesetz gestattet dem Arbeitnehmer aber nicht, von seinem Teilzeitverlangen Abstand zu nehmen, wenn der Arbeitgeber nicht oder verspätet mit ihm über das Teilzeitverlangen verhandelt. Eine solche Rechtsfolge lässt sich weder aus dem Wortlaut der Norm noch aus ihrem Sinn und Zweck herleiten. Nach dem Willen des Gesetzgebers soll zwischen den Arbeitsvertragsparteien verhandelt werden, um durch Begründung von Rechtspflichten möglichst eine einvernehmliche, innerbetriebliche Regelung zu begründen (BAG, Urteil vom 18.02.2003, a.a.O.). Es geht also um ein Verfahren zur Verwirklichung des Teilzeitwunsches und um die Beseitigung etwaiger Hindernisse. Ist aber Sinn und Zweck der Verhandlungsobliegenheit die Förderung einer einvernehmlichen Regelung über die Verringerung der Arbeitszeit, kann ihre Verletzung durch den Arbeitgeber nicht die Rechtsfolge haben, dass das Teilzeitverlangen hinfällig wird.

c) Es verstößt auch nicht gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB), wenn sich die Beklagte darauf beruft, dass die Vertragsänderung eingetreten ist. Es gibt keinen allgemeinen Grundsatz, dass nur derjenige Rechte geltend machen kann, der sich selbst rechtstreu verhalten hat (BAG, Urteil vom 08.05.1990, AP Nr. 10 zu § 1 BetrAVG Treuebruch). Der Umstand, dass die Beklagte ihre Verhandlungsobliegenheit nicht erfüllt hat, kann ihr daher auch nicht unter dem Gesichtspunkt des § 242 BGB entgegengehalten werden.

Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Rechtsausübung missbräuchlich ist, weil ihr kein schutzwürdiges Eigeninteresse zugrunde liegt oder die Beklagte sich widersprüchlich verhält. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob es richtig ist, dass die Beklagte bereits Anfang August 2004 eine weitere Teilzeittätigkeit der Klägerin nach dem Ende ihrer Elternzeit eingeplant hat. Jedenfalls hat die Klägerin keine Tatsachen dafür vorgetragen, dass die Beklagte den Willen hatte, sie nach dem Ende der Elternzeit wieder mit ihrer ursprünglichen Arbeitszeit zu beschäftigen und das Teilzeitverlangen nur deshalb nicht abgelehnt hat, weil sie das Arbeitsverhältnis kündigen wollte und die nach dem mit dem Betriebsrat vereinbarten Sozialplan zu zahlende Abfindung wegen der geringeren Arbeitszeit niedriger ausgefallen wäre als die für Vollzeitbeschäftigte. Nur in einem solchen Fall käme in Betracht, das Verhalten der Beklagten als treuwidrig zu bewerten.

3. Als unterliegende Partei hat die Klägerin die Kosten der Berufung zu tragen (§§ 64 Abs. 6 ArbGG, 525, 97 Abs. 1 ZPO).

Die Zulassung der Revision beruht auf § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG.

Ende der Entscheidung

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