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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 05.10.2007
Aktenzeichen: 9 Sa 986/07
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 307 Abs. 1 S. 1
BGB § 310 Abs. 3
Kann das Arbeitsverhältnis innerhalb einer sechsmonatigen Probezeit mit einer Kündigungsfrist von sechs Wochen zum Monatsende gekündigt werden, ist eine Vertragsstrafenvereinbarung in Höhe von drei Bruttomonatsvergütungen für den Fall der vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitnehmer wegen unangemessener Benachteiligung des Arbeitnehmers (§ 307 Abs. 1 S. 1 BGB) unwirksam.
Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 15.05.2007 - 5 Ca 4967/06 - wird hinsichtlich des Antrags zu 1) als unzulässig verworfen und hinsichtlich des Antrags zu 2) zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.

Die Revision wird zugelassen, soweit die Berufung hinsichtlich des Antrags zu 2) zurückgewiesen wurde. Im Übrigen wird die Revision nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten im Berufungsverfahren zuletzt noch darüber, ob das Arbeitsverhältnis zwischen ihnen am 31.08.2006 geendet hat oder weiterhin fortbesteht und ob der Beklagte verpflichtet ist, an den Kläger eine Vertragsstrafe in Höhe dreier Bruttomonatsvergütungen zu zahlen.

Der Beklagte war bei dem Kläger, der eine Fahrschule betreibt, seit dem 01.04.2006 als angestellter Fahrlehrer beschäftigt. Nach dem Arbeitsvertrag der Parteien vom 08.02.2006 ist u.a. Folgendes vereinbart:

"§ 6 Probezeit

Es wird ein unbefristetes Arbeitsverhältnis vereinbart. Die ersten 06 Monate gelten als Probezeit. Während dieser Probezeit haben beide Vertragspartner das Recht, den Arbeitsvertrag mit sechswöchiger Frist zum Monatsende schriftlich zu kündigen. ...

§ 7 Kündigung

Nach Ablauf der Probezeit beträgt die Kündigungsfrist 6 Wochen zum Quartalsende.

...

§ 13 Vertragsstrafe

Löst der AN das Dienstverhältnis vertragswidrig oder tritt er die Tätigkeit gar nicht an, so hat er eine Vertragsstrafe in Höhe dreier Bruttomonatsvergütungen zu bezahlen."

Der Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 10.07. zum 31.07.2006 und stellte seine Arbeitsleistung zum 31.07.2006 ein.

Mit einer am 09.08.2006 bei dem Arbeitsgericht Düsseldorf eingegangenen Klage hat der Kläger die Feststellung beantragt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien trotz der Kündigung des Beklagten weiterhin fortbesteht, hilfsweise bis mindestens zum 31.08.2006 fortbesteht. Darüber hinaus hat er auf der Grundlage des § 13 des Anstellungsvertrages eine Vertragsstrafe in Höhe von drei Bruttomonatsvergütungen geltend gemacht und behauptet, die monatliche Vergütung habe 3.020,00 € brutto betragen.

Unstreitig beruht die für die Zeit der Probezeit nach § 6 des Anstellungsvertrages vereinbarte Kündigungsfrist auf dem Wunsch des Beklagten.

Der Kläger hat behauptet, er habe die Vertragsstrafenvereinbarung nach § 13 des Anstellungsvertrages mit dem Beklagten ausgehandelt. Die vorzeitige und vertragswidrige Auflösung des Arbeitsverhältnisses durch den Beklagten habe bei ihm einen massiven Umsatz- und Gewinnausfall herbeigeführt, da sein Fahrschulbetrieb voll ausgelastet gewesen sei und er einen Ersatzfahrlehrer nicht habe gewinnen können.

Der Kläger hat beantragt,

1.

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien unverändert fortbesteht, hilfsweise, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien bis 31.08.2006 fortbestanden hat;

2.

den Beklagten zu verurteilen, an ihn eine Vertragsstrafe in Höhe von 9.060,00 € wegen vertragswidriger Lösung des Arbeitsverhältnisses zu zahlen;

3.

den Beklagten zu verurteilen, an ihn Schadensersatz in Höhe von 2.182,60 € zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Hinsichtlich der Vertragsstrafenvereinbarung hat der Beklagte deren Unwirksamkeit nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB geltend gemacht.

Das Arbeitsgericht Düsseldorf hat durch Urteil vom 15.05.2007, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird, festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien bis 31.08.2006 fortbestanden hat, und die Klage im übrigen abgewiesen.

Gegen das ihm am 12.06.2007 zugestellte Urteil hat der Kläger mit einem am 31.05.2007 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit einem am 12.07.2007 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet.

Der Kläger trägt vor, bei der Festlegung der angemessenen Höhe einer Vertragsstrafe müsse bedacht werden, dass der angedrohte Betrag spürbar sein müsse, wolle man den Arbeitnehmer wirklich davon abhalten, sich vertragswidrig zu verhalten. Es müsse auf das konkrete Schadenspotential abgestellt werden, welches ein Vertragsbruch des jeweiligen Arbeitnehmers im Einzelfall mit sich bringen würde. In jedem Fall sei zu beachten, dass zwischen dem Vertragsbruch in Form des Nichtantritts der Arbeit und des plötzlichen Ausscheidens erhebliche Unterschiede bestünden. Beim Neueintritt des Arbeitnehmers sei dessen Arbeitsleistung aufgrund der Notwendigkeit zur Einarbeitung für den Arbeitgeber weniger wertvoll als dann, wenn der Arbeitnehmer bereits fest in den Betrieb integriert worden sei. Eine vorformulierte Vertragsbedingung liege nicht vor, weil der Beklagte die lange Kündigungsfrist gewünscht habe. Sein, des Klägers, besonderes Interesse an der Vertragsstrafenvereinbarung liege darin, dass ausgefallene Fahrstunden infolge der täglichen Höchstarbeitszeit für jeden Fahrlehrer nicht nachholbar seien und sich der ihm durch das vertragswidrige Verhalten des Beklagten entstandene Schaden sofort konkretisiert habe und nicht habe gemindert werden können.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 15.05.2007 - 5 Ca 4967/06 - teilweise abzuändern und

1.

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien trotz der Kündigung des Beklagten vom 10.07.2006 weiterhin unverändert fortbesteht;

2.

den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 9.060,00 € zu zahlen.

Im übrigen hat der Kläger die ursprünglich weitergehende Berufung zurückgenommen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die Schriftsätze und den sonstigen Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung ist teilweise zulässig und teilweise unzulässig.

Sie ist unzulässig, soweit der Kläger festgestellt wissen will, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien trotz der Kündigung des Beklagten vom 10.07.2006 weiterhin unverändert fortbesteht. Nach § 64 Abs. 6 ArbGG finden im arbeitsgerichtlichen Berufungsverfahren die Vorschriften der ZPO über die Berufung entsprechende Anwendung. Nach § 520 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 ZPO muss die Berufungsbegründung die Bezeichnung der Umstände enthalten, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt. Bereits zu § 519 Abs. 3 Nr. 2 ZPO haben das BAG und der BGH wiederholt entschieden, dass dann, wenn das Erstgericht die Abweisung der Klage hinsichtlich eines prozessualen Anspruchs auf mehrere voneinander unabhängige, selbständig tragende rechtliche Erwägungen gestützt hat, die Berufungsbegründung das Urteil in allen diesen Punkten angreifen muss und daher für jede der mehreren Erwägungen darzulegen hat, warum sie die Entscheidung nicht trägt; andernfalls ist das Rechtsmittel unzulässig (BAG, Urteil vom 21.11.2002, AP Nr. 63 zu § 611 BGB Direktionsrecht; BAG, Urteil vom 29.11.2001, EzA § 519 ZPO Nr. 13; BGH, Urteil vom 27.11.2003, NJW-RR 2004, S. 641 jeweils m.w.N.). Der Grund dafür liegt darin, dass in derartigen Fällen jede der gleichwertigen Begründungen des Erstgerichts seine Entscheidung trägt. Selbst wenn die gegen einen Grund vorgebrachten Angriffe durchgreifen, ändert sich nichts daran, dass die Klage aus dem anderen Grund weiterhin abweisungsreif ist. Für den Anwendungsbereich des § 520 Abs. 3 Nr. 2 ZPO n.F. ergeben sich keine abweichenden Rechtsmaßstäbe (BGH, Beschluss vom 18.10.2005, NJW-RR 2006, S. 285; BAG, Urteil vom 10.02.2005, NZA 2005, S. 597).

Das Arbeitsgericht hat die Abweisung des Antrags auf Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien unverändert fortbesteht, in erster Linie damit begründet, die Kündigungserklärung sei dahin auszulegen, dass sie zum zutreffenden nächstmöglichen Kündigungstermin, also zum 31.08.2006, erklärt worden sei. Folge man dieser Auffassung nicht, ergebe sich das gleiche Ergebnis aufgrund einer Umdeutung gemäß § 140 BGB. Hierbei handelt es sich um zwei voneinander unabhängige, selbständig tragende rechtliche Erwägungen. Denn einer Umdeutung der Kündigung bedarf es nicht, wenn sie ohnehin wirksam zum 31.08.2006 erklärt worden ist. Die Berufungsbegründung hatte sich daher mit der Argumentation des Arbeitsgerichts sowohl zur Auslegung der Kündigungserklärung als auch zu deren Umdeutung auseinander zu setzen. Sie nimmt jedoch lediglich zur Umdeutung Stellung. Dies führt zur Unzulässigkeit der Berufung, soweit sie die Abweisung des Feststellungsantrags durch das Arbeitsgericht angreift.

Im Übrigen ist die Berufung zulässig. Sie ist statthaft sowie frist- und formgerecht eingelegt und begründet (§§ 64 Abs. 1, Abs. 2 b, 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG, 519, 520 Abs. 3 ZPO).

II.

Soweit die Berufung zulässig ist, ist sie unbegründet.

Der Beklagte ist nicht verpflichtet, an den Kläger nach § 13 des Anstellungsvertrages der Parteien eine Vertragsstrafe in Höhe dreier Bruttomonatsvergütungen zu zahlen. Zwar hat er das Arbeitsverhältnis vertragswidrig gelöst. Die für diesen Fall vereinbarte Vertragsstrafe in Höhe dreier Bruttomonatsvergütungen ist jedoch nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB unwirksam.

1.Nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Bei Verträgen zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher (Verbraucherverträge) finden die Vorschriften des Abschnitts 2 - Gestaltung rechtsgeschäftlicher Schuldverhältnisse durch Allgemeine Geschäftsbedingungen - nach § 310 Abs. 3 BGB mit folgender Maßgabe Anwendung:

1.

Allgemeine Geschäftsbedingungen gelten als vom Unternehmer gestellt, es sei denn, dass sie durch den Verbraucher in den Vertrag eingeführt wurden;

2.

§ 305 c Abs. 2 und §§ 306, 307 - 309 BGB sowie Art. 29 a EGBGB finden auf vorformulierte Vertragsbedingungen auch dann Anwendung, wenn diese nur zur einmaligen Verwendung bestimmt sind und soweit der Verbraucher aufgrund der Vorformulierung auf ihren Inhalt keinen Einfluss nehmen konnte;

3.

Bei der Beurteilung der unangemessenen Benachteiligung nach § 307 Abs. 1 und 2 BGB sind auch die den Vertragsschluss begleitenden Umstände zu berücksichtigen.

Danach ist die vereinbarte Vertragsstrafe auf ihre Vereinbarkeit mit § 307 Abs. 1 S. 1 BGB zu überprüfen.

Denn die Parteien haben einen Verbrauchervertrag im Sinne von § 310 Abs. 3 BGB abgeschlossen. Nach § 14 BGB ist Unternehmer u.a. eine natürliche Person, die bei Abschluss eines Rechtsgeschäfts in Ausübung ihrer selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt. Das trifft auf den Kläger bei Abschluss des Arbeitsvertrages zu. Nach § 13 BGB ist Verbraucher jede natürliche Person, die ein Rechtsgeschäft zu einem Zwecke abschließt, der weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden kann. Der Beklagte erfüllte diese Voraussetzungen bei Abschluss des Arbeitsvertrags. Auch der Arbeitnehmer ist nach § 13 BGB als Verbraucher einzuordnen (BAG, Urteil vom 25.05.2005, AP Nr. 1 zu § 310 BGB).

War § 13 des Anstellungsvertrages der Parteien nicht für eine Vielzahl von Verträgen, sondern nur zur einmaligen Verwendung bestimmt, hängt somit nach § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB die Anwendung der §§ 305 c Abs. 2, 306, 307 - 309 BGB davon ab, dass der Beklagte aufgrund der Vorformulierung keinen Einfluss auf den Inhalt der Klausel nehmen konnte. Die Möglichkeit der Einflussnahme setzt nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts voraus, dass der Kläger die Klausel ernsthaft zur Disposition gestellt und dem Beklagten Gestaltungsfreiheit zur Wahrung seiner Interessen eingeräumt hat (BAG, Urteil vom 25.05.2005, a.a.O.). Entsprechende Tatsachen hat der Kläger nicht behauptet. Es ist lediglich zwischen den Parteien unstreitig, dass die Kündigungsfrist nach § 6 des Anstellungsvertrages dem Wunsch des Klägers entsprach. Aus dem Umstand, dass dieser maßgeblich zur Gestaltung der Kündigungsfrist während der Probezeit beigetragen hat, folgt entgegen der Ansicht des Klägers jedoch nicht, dass er auch auf die Vereinbarung der Vertragsstrafe Einfluss genommen hat. Bei dieser handelt es sich somit um eine vorformulierte Vertragsbedingung, so dass § 307 Abs. 1 S. 1 BGB Anwendung findet.

2. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts und des Bundesgerichtshofs sind inhaltlich trennbare, einzeln aus sich heraus verständliche AGB-Bestimmungen Gegenstand einer gesonderten Wirksamkeitsprüfung (BGH, Urteil vom 25.06.2003, NJW 2003, S. 2899). Gegenstand der Inhaltskontrolle sind die einzelnen, nur formal verbundenen AGB-Bestimmungen, wenn sie sprachlich und inhaltlich teilbar sind (BAG, Urteil vom 15.03.2005 - 9 AZR 502/03 - AP Nr. 7 zu § 781 BGB). Danach enthält § 13 des Anstellungsvertrages der Parteien zwei inhaltlich trennbare, einzeln aus sich heraus verständliche AGB-Bestimmungen, nämlich einmal die Vereinbarung einer Vertragsstrafe in Höhe dreier Bruttomonatsvergütungen für den Fall, dass der Arbeitnehmer das Dienstverhältnis vertragswidrig löst, und zum anderen die Vereinbarung einer Vertragsstrafe in Höhe dreier Bruttomonatsvergütungen für den Fall, dass der Arbeitnehmer die Tätigkeit gar nicht antritt. Da der Beklagte das Arbeitsverhältnis nicht fristgerecht gekündigt und seine Tätigkeit vorzeitig eingestellt hat, ist somit zu prüfen, ob die für diesen Fall vereinbarte Vertragsstrafe eine unangemessene Benachteiligung im Sinne von § 307 Abs. 1 S. 1 BGB darstellt. § 309 Nr. 6 BGB findet nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts keine Anwendung. Dies ergibt sich aus der nach § 310 Abs. 4 S. 2 BGB gebotenen angemessenen Berücksichtigung der im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten (BAG, Urteil vom 04.03.2004, AP Nr. 3 zu § 309 BGB).

3. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts im Anschluss an die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs liegt eine unangemessene Benachteiligung i.S.v. 307 Abs. 1 S. 1 BGB vor, wenn ein rechtlich anerkanntes Interesse des Arbeitnehmers beeinträchtigt wird und dies nicht durch begründete und billigenswerte Interessen des Arbeitgebers gerechtfertigt ist oder durch gleichwertige Vorteile ausgeglichen wird (BAG, Urteil vom 04.03.2004, a.a.O.). Die Feststellung einer unangemessenen Benachteiligung setzt eine wechselseitige Berücksichtigung und Bewertung rechtlich anzuerkennender Interessen der Vertragspartner voraus. Es bedarf einer umfassenden Würdigung der beiden Positionen unter Berücksichtigung des Grundsatzes von Treu und Glauben. Dabei kann sich eine unangemessene Benachteiligung auch aus der Höhe einer Vertragsstrafe ergeben (BAG, Urteil vom 04.03.2004, a.a.O.).

Die von den Parteien für den Fall der vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses vereinbarte Vertragsstrafe in Höhe dreier Bruttomonatsvergütungen führt jedenfalls dann, wenn das Arbeitsverhältnis innerhalb der Probezeit vorzeitig aufgelöst wird, zu einer unangemessenen Benachteiligung des Beklagten. Bei der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB ist grundsätzlich von einer generellen, überindividuellen Betrachtungsweise auszugehen. Zu prüfen ist, ob der Klauselinhalt bei der in Rede stehenden Art des Rechtsgeschäfts generell unter Berücksichtigung der typischen Interessen der beteiligten Verkehrskreise eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners ergibt (BAG, Urteil vom 04.03.2004, a.a.O.). Dieser Prüfungsmaßstab wird bei Verbraucherverträgen nach § 310 Abs. 3 Nr. 3 BGB ergänzt durch Berücksichtigung der den Vertragsschluss begleitenden Umstände. Zu den konkret-individuellen Begleitumständen gehören insbesondere (1) persönliche Eigenschaften des individuellen Vertragspartners, die sich auf die Verhandlungsstärke auswirken, (2) Besonderheiten der konkreten Vertragsabschlusssituation, wie z.B. Überrumpelung, Belehrung sowie (3) untypische Sonderinteressen des Vertragspartners. Die Berücksichtigung dieser Umstände kann sowohl zur Unwirksamkeit einer nach generell-abstrakter Betrachtung wirksamen Klausel als auch zur Wirksamkeit einer nach typisierter Inhaltskontrolle unwirksamen Klausel führen (BAG, Urteil vom 31.08.2005, AP Nr. 8 zu § 6 ArbZG).

Die abstrakt-generelle Inhaltskontrolle der Vertragsstrafenvereinbarung führt zu dem Ergebnis, dass die Vertragsstrafe von drei Bruttomonatsvergütungen unangemessen hoch ist, weil das Arbeitsverhältnis nach § 6 des Anstellungsvertrages innerhalb der sechsmonatigen Probezeit mit einer Kündigungsfrist von sechs Wochen zum Monatsende gekündigt werden kann. Bei der Inhaltskontrolle einer Formularabrede nach § 307 BGB können in der Regel nur einer generalisierenden Betrachtungsweise zugängliche Maßstäbe herangezogen werden, wie z. B. die Bruttomonatsvergütung. Dabei ist zur Feststellung der Angemessenheit einer Vertragsstrafe die maßgebliche Kündigungsfrist von erheblicher Bedeutung. Denn hierin kommt zum Ausdruck, in welchem zeitlichen Umfang der Arbeitgeber Arbeitsleistungen vom Arbeitnehmer verlangen kann und welches Interesse er an der Arbeitsleistung hat. Da es bei der Vereinbarung einer Vertragsstrafe jedenfalls auch um einen vermögensmäßigen Ausgleich nicht erbrachter Vertragsleistungen geht, sind die Kündigungsfristen, die durch den Vertragsbruch vom Arbeitnehmer nicht beachtet wurden, ein relevanter Abwägungsgesichtspunkt zur Feststellung der angemessenen Höhe (BAG, Urteil vom 04.03.2004, a.a.O.).

Das Bundesarbeitsgericht hat daher für den Fall des Vertragsbruchs in Form des Nichtantritts der Arbeit entschieden, dass die Höhe der Arbeitnehmerbezüge bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist grundsätzlich einen angemessenen Rahmen für die Vertragsstrafenhöhe bildet. Denn die Vertragsstrafe könne in Fällen, in denen typischerweise ein Schaden angesichts der nötigen Einarbeitungszeit nicht groß sei, nicht höher sein, als die Arbeitsleistung wert sei. Eine darüber hinausgehende Vertragsstrafe lasse sich allenfalls rechtfertigen, wenn das Sanktionsinteresse des Arbeitgebers den Wert der Arbeitsleistung aufgrund besonderer Umstände typischerweise und generell übersteige (BAG, Urteil vom 04.03.2004, a.a.O.).

Die Berufungskammer ist der Auffassung, dass die Höhe der Arbeitnehmerbezüge bis zum Ablauf der Kündigungsfrist auch dann grundsätzlich einen angemessenen Rahmen für die Vertragsstrafenhöhe bildet, wenn der Arbeitnehmer nach Arbeitsaufnahme innerhalb einer mit ihm vereinbarten Probezeit das Arbeitsverhältnis unter Nichteinhaltung der gesetzlichen oder vereinbarten Kündigungsfrist beendet. Denn bei einem Vertragsbruch des Arbeitnehmers mag der Schaden des Arbeitgebers zwar typischerweise höher sein, wenn die Einarbeitung des Arbeitnehmers abgeschlossen ist, als wenn die Arbeit gar nicht erst aufgenommen wurde. Regelmäßig erfolgt die Einarbeitung jedoch innerhalb der Probezeit oder innerhalb eines Teils der Probezeit. Dass der Schaden - unabhängig von der Dauer der Einarbeitungszeit - für den Arbeitgeber typischerweise stets erheblich höher ist, wenn der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis innerhalb der Probezeit vorzeitig löst, wird damit kaum angenommen werden können. Es erscheint deshalb für den Regelfall angemessen, wenn eine unabhängig von der konkreten Dauer der Einarbeitung des Arbeitnehmers vereinbarte Vertragsstrafe die maßgebliche Kündigungsfrist innerhalb der Probezeit nicht überschreitet.

Besondere Umstände, die dafür sprechen, dass das Sanktionsinteresse des Klägers den Wert der Arbeitsleistung des Beklagten typischerweise und generell übersteigt, sind nicht ersichtlich. Ob der Kläger bei einem Vertragsbruch eines Fahrlehrers einen anderen Fahrlehrer einsetzen kann, hängt maßgeblich einerseits von der Auslastung seines eigenen Fahrpersonals und andererseits von der Arbeitsmarktlage im Fahrlehrerbereich ab. Ist die Auslastung seines eigenen Fahrpersonals gering, kann er einen ihm drohenden Schaden durch Ausfall von Fahrstunden im Regelfall vermeiden. Dasselbe gilt, wenn auf dem Arbeitsmarkt unschwer und schnell Ersatz zu erlangen ist. Schon deshalb kann nicht angenommen werden, dass das Sanktionsinteresse des Klägers den Wert der Arbeitsleistung des Beklagten typischerweise und generell übersteigt.

4. Auch die ergänzende Berücksichtigung der den Vertragsschluss begleitenden Umstände führt nicht dazu, dass die Höhe der Vertragsstrafe als angemessen angesehen werden kann. Insoweit ist lediglich zwischen den Parteien unstreitig, dass die Parteien auf Wunsch des Beklagten eine Kündigungsfrist von sechs Wochen zum Monatsende vereinbart haben. Hinsichtlich der Vertragsstrafenvereinbarung hat der Kläger nicht einmal behauptet, dass hierüber überhaupt gesprochen wurde. Auch eigene untypische Sonderinteressen hat er nicht dargetan.

Die unangemessene Benachteiligung führt nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB zur Unwirksamkeit der Vereinbarung, dass der Beklagte eine Vertragsstrafe in Höhe dreier Bruttomonatsvergütungen zu zahlen hat, wenn er das Dienstverhältnis vertragswidrig löst. Eine Herabsetzung der Vertragsstrafe auf eine Vergütung für die Dauer einer Arbeitsleistung von sechs Wochen kommt nach § 306 Abs. 2 BGB nicht in Frage (BAG, Urteil vom 04.03.2004, a.a.O.).

5. Als unterliegende Partei hat der Kläger die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen (§§ 64 Abs. 6 ArbGG, 525, 97 Abs. 1 ZPO).

Soweit die Revision zugelassen wurde, beruht dies auf § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG. Wegen des Antrags zu 1. war die Revision nicht zuzulassen, da insoweit über Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung nicht zu entscheiden war und die Voraussetzungen für eine Divergenzrevision nicht ersichtlich sind (§ 72 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG).

Ende der Entscheidung

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