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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Hamburg
Beschluss verkündet am 02.07.2001
Aktenzeichen: 1 Ta 5/01
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 888
Aufgrund einer Verurteilung zur Weiterbeschäftigung zu unveränderten Arbeitsbedingungen kann nach § 888 ZPO nur eine Beschäftigung zu den bisherigen arbeitsvertraglichen Bedingungen, nicht aber eine solche, die den bisherigen Arbeitsumständen und der bisherigen Arbeitsaufgabe entspricht, verlangt werden, wenn sich weder aus dem Tenor noch aus dem zur Auslegung des Tenors heranzuziehenden sonstigen Inhalt des Titels (Tatbestand und Entscheidungsgründe) ergibt, dass der Titel einen solchen weitergehenden Inhalt haben soll.
Landesarbeitsgericht Hamburg Beschluss

Geschäftszeichen: 1 Ta 5/01

In dem Rechtsstreit

beschließt das Landesarbeitsgericht Hamburg, Erste Kammer, durch xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx als Vorsitzender

am 2. Juli 2001:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Hamburg vom 27. April 2001 ­ 22 Ca 460/00 ­ wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens nach einem Beschwerdewert von DM 3.000,00 zu tragen.

Gründe:

1. Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Hamburg vom 27. April 2001 ist nach § 793 Abs. 1 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig, weil sie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden ist (§§ 577, 569 Abs. 2, 574 ZPO i.V.m. §§ 62 Abs. 2, 78 Abs. 1 ArbGG).

2. Die sofortige Beschwerde hat aber in der Sache selbst keinen Erfolg.

Das Arbeitsgericht Hamburg hat in dem angefochtenen Beschluss zu Recht festgestellt, dass die Beklagte zurzeit den ausgeurteilten Anspruch des Klägers auf Weiterbeschäftigung erfüllt, sodass die Festsetzung eines Zwangsgeldes gemäß § 888 ZPO nicht in Betracht kommt. Der Kläger kann nicht mit Erfolg damit gehört werden, dass die Beklagte ihn zwar zur Abwendung der Zwangsvollstreckung mit Aufgaben beschäftigt, die mit dem Berufsbild Erzieher" in Einklang zu bringen seien, dass aber bei diesen Aufgaben nicht mehr von unveränderten Bedingungen" die Rede sein könne und die Zuweisung dieser Aufgaben vom Direktionsrecht der Beklagten nicht mehr gedeckt sei. Denn nach dem vollstreckungsfähigen Inhalt des Urteils vom 16. Februar 2001 ­22 Ca 460/00 ­ kann nicht festgestellt werden, dass die derzeitige Beschäftigung des Klägers nicht dem Urteil entspricht.

Ein vollstreckungsfähiger Titel liegt dann vor, wenn das, was der Schuldner zu leisten und zu dulden hat, aus dem Titel selbst eindeutig bestimmt werden kann, d.h. Inhalt und Umfang des titulierten Anspruchs müssen sich aus dem Titel selbst ergeben. Danach muss auch für jeden Dritten erkennbar sein, was der Gläubiger von dem Schuldner verlangen kann (vgl. nur Zöller-Stöber, ZPO, 21. Aufl. 1999, § 704 Rdnr. 4 m.w.N.). Mit dem Tenor des o.a. Urteils wird nun nur ausgesprochen, dass der Kläger zu den bisherigen Bedingungen als Erzieher weiterzubeschäftigen ist. Was hierunter zu verstehen ist, ergibt sich aus dem Tenor selbst nicht. Bei der Auslegung des Tenors ist aber der gesamte Inhalt des Titels hinzuzuziehen, bei einem Urteil auch Tatbestand und Entscheidungsgründe. Auf diese Weise kann das Vollstreckungsorgan, d.h. im vorliegenden Falle das Arbeitsgericht, prüfen, ob dem Urteilstenor im Wege der Auslegung ein eindeutiger Inhalt gegeben werden kann. Umstände, die nicht aus dem Titel selbst ersichtlich sind, wie etwa die Einzelheiten der gewechselten Schriftsätze, müssen dagegen außer Betracht bleiben.

Im vorliegenden Falle ist davon auszugehen, dass unter den bisherigen Bedingungen" die zuletzt zwischen den Parteien geltenden arbeitsvertraglichen Bedingungen zu verstehen sind. Gemeint sind damit nicht die konkreten Arbeitsumstände, also ein bestimmter Ar- beitsplatz und eine bestimmte Arbeitsaufgabe des Klägers. Denn darauf hat der Arbeitnehmer grundsätzlich keinen Anspruch und damit auch keinen Weiterbeschäftigungsanspruch. Der Anspruch richtet sich nur auf eine Beschäftigung entsprechend den arbeitsvertraglichen Vereinbarungen, wobei die Beklagte, soweit nach dem Arbeitsvertrag vereinbart, ihr Direktionsrecht ausüben kann. Aus dem Tenor des o.a. Urteils ergibt sich daher zunächst nur, dass der Kläger, wie vertraglich vereinbart, als Erzieher zu beschäftigen ist.

Weder aus dem Tatbestand noch aus den Entscheidungsgründen ergibt sich nun, ob und auf welche besonderen Tätigkeiten der Kläger einen vertraglichen Anspruch hat. Es heißt im Tatbestand nur, dass der Kläger als Erzieher in der Einrichtung XXXXXX beschäftigt war. Wie weit das Direktionsrecht der Beklagten bei der Beschäftigung des Klägers geht, wird in dem Urteil überhaupt nicht erwähnt, da dazu in dem bisherigen Rechtsstreit auch keinerlei Veranlassung bestand. Es kann daher allein nach dem Inhalt des Urteils nicht festgestellt werden, dass die jetzige Beschäftigung als Erzieher nicht dem Inhalt der Verurteilung entspricht. Die Frage, ob die Beklagte als Arbeitgeberin befugt ist, den Kläger im Rahmen ihres Direktionsrechts mit den jetzigen Aufgaben als Erzieher zu beschäftigen, kann jedoch nicht im Zwangsvollstreckungsverfahren geprüft werden, sondern ist einem ­ neuen ­ Erkenntnisverfahren vorbehalten (vgl. hierzu LAG Rheinland-Pfalz, Beschluss v. 07.01.86 in NZA 86, 196; LAG Schleswig-Holstein, Beschluss v. 06.01.87 in NZA 87, 322; LAG Hamburg, Beschluss v. 29.08.88 ­ 2 Ta 22/88 ­ nicht veröffentlicht; LAG Frankfurt/Main, Beschluss v. 27.11.92, LAGE § 188 ZPO, Nr. 30; LAG Nürnberg, Beschluss v. 17.03.93, LAGE § 188 ZPO, Nr. 128).

Die sofortige Beschwerde war daher zurückzuweisen.

Die Kosten der Beschwerde hat nach § 97 Abs. 1 ZPO der Kläger zu tragen. Der Beschwerdewert richtet sich nach dem Interesse des Gläubigers an der zu erzwingenden Handlung, das im Falle der Durchsetzung einer Weiterbeschäftigung mit einem Monatseinkommen zu bewerten ist.

Ende der Entscheidung

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