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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Hamburg
Urteil verkündet am 28.01.2003
Aktenzeichen: 2 Sa 75/02
Rechtsgebiete: ETV-Arb, TzBfG, ArbGG, ZPO


Vorschriften:

ETV-Arb § 23
ETV-Arb § 24
ETV-Arb § 24 i.V.m. Anlage 6
ETV-Arb § 25
ETV-Arb § 25 i.V.m. Anlage 9
TzBfG § 4
TzBfG § 4 Abs. 2
ArbGG § 64 Abs. 1
ArbGG § 64 Abs. 2
ZPO § 522 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Landesarbeitsgericht Hamburg Im Namen des Volkes Urteil

Geschäftszeichen: 2 Sa 75/02 In dem Rechtsstreit

Verkündet am: 28. Januar 2003

erkennt das Landesarbeitsgericht Hamburg, Zweite Kammer, auf die mündliche Verhandlung vom 28. Januar 2003

durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Homann als Vorsitzender d. ehrenamtlichen Richter Enge d. ehrenamtlichen Richter Bartsch

für Recht:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 26. Juni 2002 - 16 Ca 333/01 - teilweise abgeändert:

Die Klage wird auch zu Ziffer 1 abgewiesen.

Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über Ansprüche des Klägers auf Besitzstandszulage aus einem Tarifvertrag.

Der Kläger ist seit dem 20. November 2000 ununterbrochen bei der Beklagten in der Niederlassung P.H. als Arbeiter in der Briefzustellung beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis war bis zum 04. Juli 2001 befristet. Ab dem 05. Juni 2001 besteht ein unbefristetes Arbeitsverhältnis mit 38,5 Wochenarbeitsstunden. Auf das Arbeitsverhältnis sind auf Grund beiderseitiger Tarifbindung die Tarifverträge der D.-AG in der jeweils geltenden Fassung anzuwenden.

Am 28. April 2000 schloss die Beklagte mit der D.-Gewerkschaft den Tarifvertrag Nr. 75 d mit Wirkung vom 01. Januar 2001. Mit diesem Tarifvertrag wurden die Bestimmungen des Tarifvertrages für die Arbeiter der D.-AG (TV-Arb) außer Kraft gesetzt. Damit verbunden war eine deutliche Absenkung der Vergütung. Der ab 01. Januar 2001 geltende Entgelttarifvertrag für Arbeiter (dritter Teil des Tarifvertrages Nr. 75 d, im Folgenden ETV-Arb) lautet auszugsweise wie folgt:

"§ 23

Geltungsbereich für § 24 und § 25

Für Arbeiter, die am 31.12.2000 bereits und am 01.01.2001 noch in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis zur D.-AG standen und stehen, finden die Regelungen der §§ 24 und 25 für die Dauer dieses Arbeitsverhältnisses Anwendung.

§ 24

Besitzstandlohn

Der Arbeiter erhält eine monatlich zu zahlende Besitzstandszulage (Besitzstandszulage Lohn) gemäß Anlage 6.

§ 25

Besitzstandszulage, Zuschläge und Entschädigungen

Der Arbeiter erhält eine monatlich zu zahlende Besitzstandszulage (Besitzstandszulage Zuschläge) gemäß Anlage 9."

Die Beklagte zahlt an den Kläger keine Besitzstandszulage nach § 24 und 25 des ETV-Arb). Mit seiner Klage vom 25. Juni 2001, bei Gericht eingegangen am 28. Juni 2001, zuletzt geändert mit Schriftsatz vom 29. Mai 2002, macht der Kläger Zahlungen gemäß der Besitzstandsregelungen aus §§ 24, 25 ETV-Arb geltend.

Er hat vorgetragen, er verrichte die gleichen Tätigkeiten, wie seine auch am 31. Dezember 2000 unbefristet beschäftigten Kolleginnen und Kollegen. Ihm stehe deshalb bereits aus Gleichbehandlungsgrundsätzen die tarifvertragliche Besitzstandsregelung zu.

Darüber hinaus verstießen §§ 24 und 25 ETV-Arb gegen das Diskriminierungsverbot aus § 4 Abs. 2 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG). Sachliche Gründe zur unterschiedlichen Behandlung der befristet und unbefristet beschäftigten Arbeitnehmer seien nicht gegeben.

Darüber hinaus habe der Kläger auch Vertrauensschutz. Er habe darauf vertrauen dürfen, bei unveränderter Arbeitsleistung auch das unveränderte Entgelt zu erhalten.

Schließlich bestreite er den von der Beklagten angegebenen Zweck zur Herabsetzung der Entgelte. Eine Angleichung des Entgeltniveaus an den Marktmitbewerber und damit eine Kostendämpfung sei nicht erforderlich gewesen, denn die Beklagte sei wirtschaftlich absolut gesund, dies habe z.B. der Vorstand in den Medien selber eingeräumt (Schriftsatz des Klägers vom 29.05.2002, S. 10, Bl. 213 d.A.).

Nach alledem schulde ihm die Beklagte zukünftig die Besitzstandszuschläge aus §§ 24, 25 ETV-Arb sowie die Nachzahlung der nicht gezahlten Zuschläge seit dem 01. Januar 2001.

Der Kläger hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger DM 17.392,81 brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank für die Zeit von Januar 2001 bis Mai 2002 zu zahlen,

2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, an den Kläger jeweils am 15. eines jeden Kalendermonats, beginnend mit dem 15. Juni 2002, eine Besitzstandszulage Lohn gemäß § 24 i.V.m. Anlage 6 ETV-Arb zu zahlen,

3. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger eine Besitzstandszulage Zuschläge in Höhe von DM 613,29 brutto zuzüglich 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank für die Zeit von Januar bis Juni 2001 zu zahlen,

4. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, an den Kläger jeweils am 15. des Folgemonats, beginnend mit dem 15. Juli 2001, Besitzstandszulage Zuschläge gemäß § 25 i.V.m. Anlage 9 ETV-Arb zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung hat sie im Wesentlichen wie folgt getragen:

Der Entgelttarifvertrag sei in ein Gesamtwerk verschiedener tarifvertraglicher Vereinbarungen eingebettet. Das Gesamtwerk habe seine Grundlage im so genannten "Petersberger Eckpunktepapier". Die Eckpunkte sähen vor, dass die Beklagte auf betriebsbedingte Beendigungskündigungen bis Ende 2004 verzichte, die Fremdvergabe von Zustellbezirken an Drittfirmen bis Ende 2003 ausgeschlossen sei und z.B. auch zur Entlastung der Zustellung ca. 1.200 Kräfte neu eingestellt werden würden. Im Gegenzug sähen die Eckpunkte vor, dass das Lohnniveau bei der Post deutlich herabgesenkt und damit an das branchenübliche Lohnniveau angenähert werden würde. Diese Absichten wären ins Leere gelaufen, wenn in den neuen ETV-Arb auch befristete Arbeitsverhältnisse in die Besitzstandsklausel aufgenommen worden wären. Von daher sei die Stichtagsregelung wirksam und keine nach der Rechtsprechung unwirksame, willkürliche Verschlechterung der befristet beschäftigten Arbeitnehmer gewesen.

Im Übrigen werde nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts der Inhalt der Tarifverträge nicht von Allgemeinwohlinteressen, sondern von den Interessen der abschließenden Tarifvertragsparteien bestimmt.

Selbst wenn jedoch mit den tarifvertraglichen Besitzstandsregelungen gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz aus Art. 3 GG bzw. den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz, wie er in § 4 TzBfG zum Ausdruck komme, verstoßen worden wäre, dürfe das Gericht den Tarifvertrag nicht dahingehend erweiternd auslegen, dass es den Anträgen des Klägers stattgebe. Eine solche Rechtsfolge wäre ein unverhältnismäßiger Eingriff in die Tarifautonomie.

Schließlich habe der Kläger auch kein schützenswertes Vertrauen in eine fortbestehend gleiche Zahlung, denn bereits im Jahr 2000 seien die befristet Beschäftigten der Niederlassung P.H. über das ab 01. Januar 2001 geltende neue Entgeltsystem informiert worden.

Das Arbeitsgericht hat durch Urteil vom 26. Juni 2002 die Beklagte verurteilt, an den Kläger € 9.145,70 brutto zuzüglich 5 % Zinsen auf € 8.892,80 über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank für die Zeit von Januar 2001 bis Mai 2002 und auf € 252,90 für die Zeit von Januar 2001 zu zahlen und hat die Klage im Übrigen abgewiesen. Hinsichtlich der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.

Gegen das Urteil haben beide Parteien Berufung eingelegt.

Der Kläger trägt vor, streitig sei, ob der Kläger unbeschadet der Vertragsgestaltung unter den Personenkreis der Anspruchsberechtigten aus den Besitzstandsregelungen des TV 75 d falle oder nicht. Das Arbeitsgericht habe dies zu Unrecht verneint. Gemäß § 4 Abs. 2 TzBfG dürften befristet beschäftigte Arbeitnehmer wegen der Befristung ihres Arbeitsvertrages nicht schlechter behandelt werden als ein vergleichbarer unbefristet beschäftigter Arbeitnehmer. Die hier streitbefangenen Besitzstandsregelungen seien an den Bestand eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses gekoppelt. Diese Differenzierung sei sachlich nicht begründet, da sie nach ihrem Wortlaut ausschließlich an dem Umstand der Befristung anknüpfe, um Arbeitnehmer von der Geltung der Besitzstandsregelung auszunehmen.

Der Kläger beantragt,

das angefochtene Urteil abzuändern und festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger über den 05.06.2001 hinaus eine Besitzstandszulage nach § 24 in Verbindung mit Anlage 6 sowie nach § 25 in Verbindung mit Anlage 9 des 3. Teils des ETV-Arb Nr. 75 d zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie trägt vor, eine gleichheitswidrige Benachteiligung gegenüber den am 31. Dezember 2000 bereits und am 01. Januar 2001 noch unbefristet beschäftigten Arbeitnehmern liege entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichtes nicht vor, da das Grundrecht der Koalitionsfreiheit die Differenzierung rechtfertige und überdies ein sachlicher Grund für die unterschiedliche Behandlung gegeben sei. Ein Anspruch auf die Besitzstandszulagen für die Zeit des sich anschließenden unbefristeten Arbeitsverhältnisses besteht auch deshalb nicht, weil § 4 Abs. 2 TzBfG nur für befristet beschäftigte Arbeitnehmer gelte und der Kläger im Übrigen wie die anderen neu eingestellten Arbeitnehmer behandelt werde.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 26. Juni 2002 - 16 Ca 333/01 - teilweise abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Wegen der übrigen Vorbringens der Parteien und ihrer ergänzenden Rechtsausführungen wird auf den gesamten Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

1. Die Berufung des Klägers ist gemäß § 64 Abs. 1 und 2 ArbGG zwar statthaft, sie ist aber unzulässig, da die Berufung nicht ordnungsgemäß begründet worden ist.

Die Berufungsbegründung setzt voraus, dass der Berufungskläger eine der Eigenart des Falles angepasste Begründung abgibt. Es muss erkennbar sein, in welchen Punkten das Urteil, seien sie tatsächlicher oder rechtlicher Art, unrichtig sein soll. Dies setzt eine Auseinandersetzung mit den Gründen des angefochtenen Urteils voraus.

Die Berufungsbegründung des Klägers lässt eine Auseinandersetzung mit den Gründen des angefochtenen Urteils nicht erkennen. Im Gegenteil besteht der Eindruck, dass das angefochtene Urteil im Rahmen der Berufungsbegründung überhaupt keine Rolle gespielt hat. Das Arbeitsgericht hat nämlich die Auffassung vertreten, dass die tarifvertragliche Regelung unwirksam ist, weil sachliche Gründe für und Ungleichbehandlung der befristet beschäftigten und unbefristet beschäftigten Arbeitnehmer nicht vorhanden seien. Die Berufungsbegründung geht aber von der Prämisse aus, das Arbeitsgericht habe genau das Gegenteil entschieden. Dies lässt nur den Schluss zu, dass das Urteil des Arbeitsgerichts bei Abfassung der Berufungsbegründung gar keine Rolle gespielt hat.

Zwar setzt sich die Berufungsbegründung in einem Satz auch mit der klagabweisenden Begründung des Arbeitsgerichts für die Zeit ab 05. Juni 2001 auseinander, nicht aber mit der tragenden Begründung des Arbeitsgerichtes, ein Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot des § 4 Abs. 2 TzBfG liege nicht vor, da der Kläger dem Kreis der befristet Beschäftigten ab dem 05. Juni 2001 nicht mehr angehört habe. Der Hinweis auf eine fehlende Verhandlungsparität auf individualvertraglicher Ebene stellt eine Auseinandersetzung mit der Auffassung des Arbeitsgerichtes nicht dar. Insbesondere fehlt es an einer Begründung, warum im unbefristeten Arbeitsverhältnis die Schutzregelung für befristet Beschäftigte zu Gunsten des Klägers eingreifen sollen.

Ist mithin eine ordnungsgemäße Berufungsbegründung nicht erfolgt, ist die Berufung selbst gemäß § 522 Abs. 1 ZPO als unzulässig zu verwerfen. Die Klagabweisung des Arbeitsgerichtes bezüglich der begehrten Feststellung, dass der Kläger einen Anspruch auf die Besitzstandszulage auch nach der Übernahme in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis hat, ist damit rechtskräftig.

2. Demgegenüber ist die Berufung der Beklagten gemäß § 64 Abs. 1 und 2 ArbGG statthaft und im Übrigen form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden und damit zulässig (§§ 64 Abs. 6, 66 ArbGG, 519, 520 ZPO).

II.

Die Berufung der Beklagten ist auch in der Sache begründet.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Besitzstandszulage Lohn gemäß § 24 ETV-Arb noch auf die Besitzstandszulage Zuschläge gemäß § 25 ETV-Arb.

Wie das Arbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat, erfüllt der Kläger die Voraussetzungen des § 23 ETV-Arb nicht. Unstreitig ist er nicht zu beiden Stichtagen, nämlich dem 31. Dezember 2000 und 01. Januar 2001 unbefristet bei der Beklagten beschäftigt gewesen. Dies wäre aber nach § 23 ETV-Arb Voraussetzung für einen Anspruch auf die Besitzstandszulagen gemäß §§ 24, 25 ETV-Arb gewesen.

§ 23 ETV-Arb verstößt auch nicht gegen Art. 3 GG. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes haben auch die Tarifvertragsparteien die Grundrechte und somit auch den allgemeinen Gleichheitssatz gemäß Art. 3 GG zu beachten. Aus der verfassungsrechtlichen Gewährleistung der Tarifautonomie nach Art. 9 Abs. 3 GG ergibt sich jedoch eine Begrenzung der richterlichen Kontrolle von Tarifverträgen im Hinblick auf einen Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz. Insbesondere steht den Tarifvertragsparteien eine Einschätzungsprärogative zu, soweit es um die Beurteilung der tatsächlichen Regelungsprobleme geht, und ein Beurteilungs- und Ermessensspielraum, soweit es um die inhaltliche Gestaltung der Regelungen geht. Es ist nicht Aufgabe der Gerichte, zu prüfen, ob die Tarifvertragsparteien die gerechteste und zweckmäßigste Lösung für das Regelungsproblem gefunden haben. Auch der Kompromisscharakter von Tarifverträgen als Verhandlungsergebnis divergierender Interessen muss in dem Sinne berücksichtigt werden, dass an die Systemgerechtigkeit der tarifvertraglichen Regelungen keine hohen Anforderungen gestellt werden dürfen. Im Übrigen können die Tarifvertragsparteien im Interesse praktikabler, verständlicher und übersichtlicher Regelungen typisierende Regelungen, insbesondere Stichtagsregelungen treffen. Deshalb kann bei der Prüfung eines möglichen Verstoßes gegen den allgemeinen Gleichheitssatz nicht auf die Einzelfallgerechtigkeit abgestellt werden, sondern auf die generellen Auswirkungen der Regelung (BAG, NZA 2002, 863, 865 mit weiteren Nachweisen aus Rechtsprechung und Literatur).

In Anwendung dieser Grundsätze ist festzustellen, dass die Tarifvertragsparteien bei der Regelung der Anspruchsberechtigung für die Besitzstandszulagen nicht gegen die Grundsätze des allgemeinen Gleichheitssatzes verstoßen haben, in dem sie den im Zeitpunkt der Stichtage unbefristet Beschäftigten eine derartige Besitzstandszulage zugebilligt haben, den befristet Beschäftigen aber nicht.

Die hierin liegende Ungleichbehandlung zwischen befristet und unbefristet beschäftigten Arbeitnehmern ist im Rahmen des Beurteilungs- und Ermessensspielraums der Tarifvertragsparteien sachlich gerechtfertigt. Die Regelungen der §§ 23 ff ETV-Arb sind Teil eine tariflichen Gesamtpaketes, das seine Grundlage in dem Petersburger Eckpunktepapier hatte, mit dem die betrieblichen und unternehmerischen Probleme der Beklagten einer Lösung zugeführt werden sollten. Danach sollte durch einen Vergütungstarifvertrag die frühere Vergütung abgesenkt werden. Auf der anderen Seite hat die Beklagte für einen längeren Zeitraum auf betriebsbedingte Kündigungen verzichtet und von einer Fremdvergabe von Zustellbezirken abgesehen. Damit korrespondierte die Verpflichtung der Beklagten, 1200 zusätzliche Vollzeitkräfte einzustellen, wobei zunächst die befristet beschäftigten Arbeitnehmer in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis übernommen werden sollten.

Dieses Gesamtpaket der tariflichen Regelungen lässt willkürliche Differenzierungen nicht erkennen. Zwar wurden durch die Absenkung der Vergütung sowohl unbefristet wie befristet beschäftigte Arbeitnehmer betroffen. Im Gegensatz zu den befristet beschäftigten Arbeitnehmern hatten die unbefristet beschäftigten Arbeitnehmer eine gesicherte Stellung, da bei der ersten Gruppe mit dem Ende der Befristung eine gesicherte Beschäftigungsperspektive nicht bestand. Dieses rechtfertigt es einerseits, die Gruppe der an den Stichtagen unbefristet Beschäftigten durch eine Besitzstandszulage vor den Folgen der Vergütungsabsenkung zu schützen. Andererseits wurde den befristet Beschäftigten durch die Anerkennung einer Pflicht zur Übernahme in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis eine Gegenleistung erbracht, auf die sie rechtlich keinen Anspruch hatten. Auch dieser Gesichtspunkt rechtfertigt es, den insoweit Begünstigten den Anspruch auf eine Besitzstandszulage nicht einzuräumen, da dies dem Kompromisscharakter der Tarifverträge entspricht.

Mit der Tarifregelung über die Gewährung von Besitzstandszulagen für an den Stichtagen unbefristet Beschäftigte und die Absenkung der Vergütung im Übrigen haben die Tarifvertragsparteien über die Verteilung eines finanziellen Volumens entschieden. Mit dem Ausschluss der am Stichtag befristet Beschäftigten von der Besitzstandszulage ist auch über den Umfang des finanziellen Volumens entschieden. Würde auch den befristet Beschäftigten die Besitzstandszulage gewährt werden müssen, würden die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen des Tarifabschlusses entscheidend verändert. Indem die Tarifvertragsparteien im Wege des Kompromisses die beanstandete Regelung getroffen haben, für die auch, wie dargestellt, sachliche Erwägungen vorhanden sind, haben sie gerade von ihrer grundgesetzlich geschützten Einschätzungsprärogative und ihrem Ermessensspielraum Gebrauch gemacht, so dass eine Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes unter Berücksichtigung der grundgesetzlich geschützten Tarifautonomie letztlich nicht festgestellt werden kann.

3. Nach allem war das Urteil des Arbeitsgerichts, soweit es der Klage stattgegeben hat, abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

Die Revision war gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG zuzulassen, da die Sache rechtsgrundsätzliche Bedeutung hat und der Geltungsbereich des streitbefangenen Tarifvertrages über den Geltungsbereich des Landesarbeitsgerichts Hamburg hinausgeht.

Ende der Entscheidung

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