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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Hamburg
Urteil verkündet am 03.06.2009
Aktenzeichen: 5 Sa 3/09
Rechtsgebiete: EGV, Richtlinie 2000/78/EG


Vorschriften:

EGV Art. 234
Richtlinie 2000/78/EG Art. 8
Dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften wird gemäß Art. 234 EGV folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:

Verstößt eine nationale Gesetzgebung, nach der (außerhalb von kollektivrechtlichen Regelungen) zur schriftlichen Geltendmachung eines Schadens- und/oder Entschädigungsanspruches wegen Diskriminierung bei der Einstellung eine Frist von zwei Monaten nach Empfang der Ablehnung (oder im Wege der Auslegung: nach Kenntnis der Diskriminierung) gilt, gegen Primärrecht der EG (Gewährleistung eines effektiven Rechtsschutzes) und/oder das gemeinschaftsrechtliche Verbot der Altersdiskriminierung, Richtlinie 2000/78/EG vom 27. November 2000, wenn für gleichwertige Ansprüche nach nationalem Recht dreijährige Verjährungsfristen gelten und/oder das Verschlechterungsverbot gemäß Art. 8 der Richtlinie 2000/78/EG, wenn eine frühere nationale Vorschrift bei der Diskriminierung wegen des Geschlechts eine längere Ausschlussfrist vorsah?


Tenor:

I. Das Verfahren wird ausgesetzt.

II. Dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften wird gemäß Art. 234 EGV folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:

Verstößt eine nationale Gesetzgebung, nach der (außerhalb von kollektivrechtlichen Regelungen) zur schriftlichen Geltendmachung eines Schadens- und/oder Entschädigungsanspruches wegen Diskriminierung bei der Einstellung eine Frist von zwei Monaten nach Empfang der Ablehnung - oder im Wege der Auslegung: nach Kenntnis der Diskriminierung - gilt, gegen Primärrecht der EG (Gewährleistung eines effektiven Rechtsschutzes) und/oder das gemeinschaftsrechtliche Verbot der Altersdiskriminierung, Richtlinie 2000/78/EG vom 27. November 2000, wenn für gleichwertige Ansprüche nach nationalem Recht dreijährige Verjährungsfristen gelten und/oder das Verschlechterungsverbot gemäß Art. 8 der Richtlinie 2000/78/EG, wenn eine frühere nationale Vorschrift bei der Diskriminierung wegen des Geschlechts eine längere Ausschlussfrist vorsah?

Gründe:

A. Sachverhalt

Die Parteien streiten über Schadensersatz- und Entschädigungsansprüche der Klägerin aufgrund einer von ihr angenommenen Diskriminierung wegen ihres Lebensalters im Zusammenhang mit einer Bewerbung bei der Beklagten.

Die ... 1966 geborene Klägerin ist seit längerer Zeit arbeitslos und arbeitsuchend. Mit Schreiben vom 16. November 2007 bewarb sie sich bei der Beklagten (Anlage A 1, Bl. 7 ff d.A.). Am Montag, den 19. November 2007, telefonierte die Klägerin mit einem Mitarbeiter der Beklagten, der ihr absagte. Der weitere Inhalt des Gesprächs ist zwischen den Parteien streitig.

Mit handschriftlichem Absender erhielt die Klägerin mit Poststempel vom 21.11.2007 ihre Bewerbungsunterlagen zurück. Beigefügt war eine handschriftliche kurze Notiz, dass alle Plätze belegt seien (Anl. A 3, Bl. 16 d.A.).

Beworben hatte sich die Klägerin aufgrund einer Anzeige der Beklagten, die diese in einer Zeitung geschaltet hatte (Anl. A 4, Bl. 17 d.A.). Dort heißt es:

"Call Center Agents

Wir suchen für unser junges Team in der City motivierte Mitarbeiter/innen. Du telefonierst gern? Dann bist du genau richtig bei uns. Wir geben Dir die Möglichkeit sogar damit Geld zu verdienen. Du bist zwischen 18 - 35 Jahre alt und verfügst über gute Deutschkenntnisse und suchst eine Vollzeitaufgabe? ..."

In einer weiteren Anzeige der Beklagten vom 22. November 2007 betreffend die Stelle eines Call Center Agents (Anl. A 6, Bl. 62 d.A.) heißt es u.a.:

"Sie sind vorzugsweise zwischen 18 und 35 Jahre alt..."

Noch im Jahre 2008 folgten ähnliche Stellenanzeigen der Beklagten (9. April 2008 Anl. A 5, Bl. 36 d.A.; 3. September 2008 "junges Team" Anl. A 8, Bl. 64 d.A.; 10. September 2008 für den Vertrieb "zwischen 18 und 30 Jahre alt" Anl. A 9, Bl. 65 d.A.).

Tatsächlich eingestellt wurden - statt der Klägerin - am 19. November 2007 zwei Frauen geboren im Jahre 1985 bzw. 1987 ("Praktikantenverträge" Anl. B1, B2, Bl. 71, 72 d.A.)

Die Klägerin hat am 29. Januar 2008 Klage erhoben. Eine vorherige Geltendmachung gegenüber der Beklagten ist nicht erfolgt.

Die Klägerin hat vorgetragen, aufgrund ihres Alters diskriminiert worden zu sein. Aufgrund ihrer Tätigkeiten und Erfahrungen und ihrer Ausbildung im Telefonbereich sei sie die Bestqualifizierte gewesen. Die Anzeige der Beklagten mit der Nennung des Maximalalters von 35 Jahren verstoße gegen § 7 AGG. Diese diskriminierende Stellenausschreibung sei ein Indiz dafür, dass eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes - hier das Alter - vermutet werden könne. Sie selbst überschreite mit ihren 41 Jahren das von der Beklagten genannte Maximalalter. Telefonisch sei ihr zudem am 19. November 2007 mitgeteilt worden, sie entspreche nicht dem Bewerberprofil, deshalb müsse man ihr leider absagen. Die Beklagte habe eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG in Höhe von EUR 5.079,- zu zahlen (Entgelt für drei Monate bei einem Stundenlohn von EUR 11,- und 173 Monatsarbeitsstunden). Zudem habe die Beklagte Schadensersatz nach § 15 Abs. 1 AGG zu zahlen. Bei diskriminierungsfreier Auswahl hätte sie die Stelle bekommen müssen als bestqualifizierte Bewerberin. Dieser Anspruch umfasse die Kosten ihrer unnützen Bewerbung, insgesamt EUR 1,59 (EUR 1,45 Port, 8 Cent für den Briefumschlag, 6 Cent für zwei Blätter Bewerbungsunterlagen). Außerdem habe die Beklagte im Fall des Obsiegens der Klägerin die Kosten für die Rechtsverfolgung entgegen von § 12 a ArbGG zu tragen. Art. 9 der RL 2000/78/EG verlange, dass die Mitgliedstaaten sicherstellten, dass alle Personen, die sich nach den Merkmalen der Richtlinie in ihren Rechten für verletzt halten, ihre Ansprüche geltend machen können. Die Rechtsprechung des EuGH fordere zudem, dass es sich um effektiven Rechtsschutz handeln müsse. Die Kostenregelung im ArbGG verstoße gegen diesen Grundsatz effektiven Rechtsschutzes, da die Summe der zu zahlenden Entschädigung - zum Teil - durch die zu tragenden Anwaltskosten "aufgefressen" würde. Das Versäumen der Zweimonatsrist des § 15 Abs. 4 AGG sei unschädlich, da diese gegen die Richtlinie 2000/78/EG verstoßen würde bzw. erhebliche Zweifel an der europarechtlichen Zulässigkeit dieser Norm bestünden. Insoweit rege sie an, den Rechtsstreit - auch bezüglich der Europarechtswidrigkeit von § 12 a ArbGG - dem EuGH vorzulegen. Fristen zur Geltendmachung von Ansprüchen seien nach Art. 9 Abs. 3 der RL 2000/78/EG zwar grundsätzlich zulässig. Allerdings dürften sie nicht so ausgestaltet sein, dass die Berufung auf Gemeinschaftsrecht unmöglich gemacht oder übermäßig erschwert werde. Insbesondere dürften "die betreffenden Modalitäten ... jedoch nicht ungünstiger sein als für gleichartige Klagen, die das innerstaatliche Recht betreffen (Grundsatz der Gleichwertigkeit)". Die Frist von 2 Monaten sei so kurz, dass sie nicht haltbar sei. Die Sonderfrist des § 4 KSchG könne nicht als Orientierungsmaßstab dienen. Leitbild müsse vielmehr die gesetzliche Verjährungsfrist, also die Frist von 3 Jahren sein. Außerdem verstoße § 15 Abs. 4 AGG gegen das Verschlechterungsverbot nach Art. 8 e der RL 76/207/EWG und Art. 8 Abs. 2 der RL 2000/78/EG. Hiernach dürfe das bereits garantierte allgemeine Schutzniveau in Bezug auf Diskriminierungen nicht abgesenkt werden. Das sei aber geschehen, da in § 611 a BGB a.F. grundsätzlich eine Frist von 6 Monaten bestimmt gewesen sei.

Die Klägerin hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin Schadensersatz in Höhe von EUR 1,59 zu zahlen nebst 5 % Zinsen p.a. über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit,

2. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin eine Entschädigung von EUR 5.709,- zu zahlen nebst 5 % Zinsen p.a. über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit,

3. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, die der Klägerin in der ersten Instanz bei einem Gewinn des Verfahrens entstehenden Rechtsanwaltskosten als materiellen Schaden zu ersetzen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte behauptet, die Klägerin sei nicht diskriminiert worden. Im Zeitpunkt des Eingangs der Bewerbung der Klägerin seien die freien Arbeitsplätze bereits vergeben gewesen. Es seien zwei Arbeitsplätze zu besetzen gewesen, vor diesem Hintergrund sei die Anzeige vom 15. November 2007 geschaltet worden. Bereits in den folgenden Tagen hätte sich eine Reihe von Bewerberinnen gemeldet, von denen zwei eingestellt worden seien. Beide hätten zunächst ein Probearbeitsverhältnis absolviert und seien inzwischen fest eingestellt worden. Die Bewerbung der Klägerin, die erst am 19. November 2007 bei der Beklagten eingegangen sei, sei zu spät erfolgt. Nur das sei der Klägerin auch telefonisch und schriftlich mitgeteilt worden. Außerdem stelle sich die Frage, ob die Klägerin nicht überqualifiziert sei. Schließlich sei die Klage verfristet. Ausschlussfristen seien auch mit dem Grundsatz der Effektivität des Gemeinschaftsrechts vereinbar, weil sie einen Anwendungsfall des Prinzips der Rechtssicherheit darstellten. Hintergrund der kurzen Fristen sei, dass dem Arbeitgeber nicht zugemutet werden solle, Dokumentationen über Einstellungsverfahren bis zum Ablauf der allgemeinen Verjährungsfrist von 3 Jahren aufbewahren zu müssen. Soweit auf den Grundsatz der Gleichwertigkeit abgestellt werde, obliege die Überprüfung den nationalen Gerichten. Auch die Angriffe gegen § 12 a ArbGG rechtfertigten nicht eine Vorlage an den EuGH. Das Rechenwerk der Klägerin verdeutliche zudem, dass effektiver Rechtsschutz durchaus gegeben sei. Außerdem könne sie auf die Möglichkeiten der Prozesskostenhilfe verwiesen werden.

Durch das der Klägerin am 18. Dezember 2008 zugestellte Urteil vom 10. Dezember 2008, auf das zur näheren Sachdarstellung Bezug genommen wird, hat das Arbeitsgericht Hamburg die Klage abgewiesen.

Zur Begründung hat das Arbeitsgericht im Wesentlichen ausgeführt: Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Entschädigung oder Schadensersatz nach § 15 Abs. 1, Abs. 2 AGG. Zwar könnten inhaltlich die Voraussetzungen der Anspruchsnormen erfüllt sein. Jedoch seien eventuelle Ansprüche der Klägerin nach § 15 Abs. 4 AGG verfallen. Die Frist in § 15 Abs. 4 AGG verstoße nicht gegen den im Europarecht bestehenden Grundsatz der Gleichwertigkeit. Auch sonst sei ein Arbeitnehmer häufig gehalten, seine Rechte innerhalb kurzer Fristen geltend zu machen. So müsse eine Kündigungsschutzklage innerhalb von 3 Wochen nach Zugang der Kündigung erhoben werden, § 4 KSchG. Werde diese Frist versäumt, so gelte die Kündigung als von Anfang an wirksam, § 7 KSchG. Ähnliches gelte für eine Klage auf Feststellung, dass eine Befristung des Arbeitsvertrags unwirksam ist. Auch diese sei innerhalb von drei Wochen nach dem vereinbarten Ende einer Befristung zu erheben, § 17 S. 1 TzBfG. Eine fristlose Kündigung aus wichtigem Grund könne nur innerhalb von 2 Wochen nach Kenntnis des Kündigungsgrundes erklärt werden. In - zum Teil allgemeinverbindlichen - Tarifverträgen fänden sich häufig Ausschlussfristen, wonach Ansprüche verfallen, wenn sie nicht innerhalb weniger Monate, z.B. innerhalb von 2 Monaten, geltend gemacht würden. Ob die Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 AGG - wie die Klägerin meint - gegen die Richtlinie 2000/78/EG verstoße, weil der Grundsatz der Effektivität nicht eingehalten sei, könne ebenso dahinstehen wie die Frage, ob gegen das Verschlechterungsverbot in Art. 8 Abs. 2 der RL 2000/78/EG verstoßen sei. Denn mangels der unmittelbaren Wirkung von Richtlinien - so auch der Richtlinie 2000/78/EG - scheide ein Anwendungsvorrang der Richtlinie gegenüber dem nationalen Recht aus und es bleibe zunächst bei der Anwendbarkeit der nationalen Regelung, hier des § 15 Abs. 4 AGG. D.h. selbst wenn die Frist gegen die RL 2000/78/EG verstoßen sollte, so sei sie keine allgemeine Maßstabsnorm, auf Grund derer die innerstaatlichen Gerichte alle ihr widersprechenden nationalen Normen unabhängig von einer unmittelbaren Wirkung der Richtlinie unangewendet lassen müssten. Zudem könnten Rechtslücken entstehen und der Grundsatz des Vertrauensschutzes in die Richtigkeit nationaler Regelungen könnte verletzt werden.

Hiergegen richtet sich die am 16. Januar 2009 eingelegte und sogleich begründete Berufung der Klägerin.

Die Klägerin wiederholt und vertieft ihre Rechtsausführungen und verweist auf das Schreiben der EG-Kommission vom 28. Januar 2008 (Anl. LAG A 1, Bl. 132 d. A.), mit dem u.a. die unzureichende Umsetzung der Richtlinie 2000/78/EG in Deutschland durch § 15 Abs. 4 AGG gerügt wird. Außerdem stellt die Klägerin statt des in erster Instanz als unzulässig zurückgewiesenen Feststellungsantrags betreffend die Anwaltskosten einen bezifferten Leistungsantrag.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Hamburg vom 10. Dezember 2008 - 28 Ca 178/08 -

1. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin Schadensersatz in Höhe von EUR 1,59 zu zahlen nebst 5 % Zinsen p.a. über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit,

2. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin eine Entschädigung von EUR 5.709,- zu zahlen nebst 5 % Zinsen p.a. über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit,

3. die Beklagte zu verurteilen, die der Klägerin entstandenen Kosten für die anwaltliche Vertretung im Verfahren der ersten Instanz in Höhe von EUR 1.139,43 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Auch die Beklagte wiederholt ihre Rechtsausführungen.

B. Nationaler rechtlicher Rahmen

Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG)

§ 1 Ziel des Gesetzes

Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.

§ 7 Benachteiligungsverbot

(1) Beschäftigte dürfen nicht wegen eines in § 1 genannten Grundes benachteiligt werden; dies gilt auch, wenn die Person, die die Benachteiligung begeht, das Vorliegen eines in § 1 genannten Grundes bei der Benachteiligung nur annimmt.

(2) Bestimmungen in Vereinbarungen, die gegen das Benachteiligungsverbot des Absatzes 1 verstoßen, sind unwirksam.

(3) Eine Benachteiligung nach Absatz 1 durch Arbeitgeber oder Beschäftigte ist eine Verletzung vertraglicher Pflichten.

§ 11 Ausschreibung

Ein Arbeitsplatz darf nicht unter Verstoß gegen § 7 Abs. 1 ausgeschrieben werden.

§ 15 Entschädigung und Schadensersatz

(1) Bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot ist der Arbeitgeber verpflichtet, den hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzen. Dies gilt nicht, wenn der Arbeitgeber die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann der oder die Beschäftigte eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen. Die Entschädigung darf bei einer Nichteinstellung drei Monatsgehälter nicht übersteigen, wenn der oder die Beschäftigte auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre.

(3) Der Arbeitgeber ist bei der Anwendung kollektivrechtlicher Vereinbarungen nur dann zur Entschädigung verpflichtet, wenn er vorsätzlich oder grob fahrlässig handelt.

(4) Ein Anspruch nach Absatz 1 oder 2 muss innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich geltend gemacht werden, es sei denn, die Tarifvertragsparteien haben etwas anderes vereinbart. Die Frist beginnt im Falle einer Bewerbung oder eines beruflichen Aufstiegs mit dem Zugang der Ablehnung und in den sonstigen Fällen einer Benachteiligung zu dem Zeitpunkt, in dem der oder die Beschäftigte von der Benachteiligung Kenntnis erlangt.

(5) Im Übrigen bleiben Ansprüche gegen den Arbeitgeber, die sich aus anderen Rechtsvorschriften ergeben, unberührt.

(6) Ein Verstoß des Arbeitgebers gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 begründet keinen Anspruch auf Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses, Berufsausbildungsverhältnisses oder einen beruflichen Aufstieg, es sei denn, ein solcher ergibt sich aus einem anderen Rechtsgrund.

§ 22 Beweislast

Wenn im Streitfall die eine Partei Indizien beweist, die eine Benachteiligung wegen eines in § 1 genannten Grundes vermuten lassen, trägt die andere Partei die Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung vorgelegen hat Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)

§ 195 Regelmäßige Verjährungsfrist

Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre.

§ 611a Geschlechtsbezogene Benachteiligung

[bis 17. August 2006 geltende Fassung]

(1) Der Arbeitgeber darf einen Arbeitnehmer bei einer Vereinbarung oder einer Maßnahme, insbesondere bei der Begründung des Arbeitsverhältnisses, beim beruflichen Aufstieg, bei einer Weisung oder einer Kündigung, nicht wegen seines Geschlechts benachteiligen. Eine unterschiedliche Behandlung wegen des Geschlechts ist jedoch zulässig, soweit eine Vereinbarung oder eine Maßnahme die Art der vom Arbeitnehmer auszuübenden Tätigkeit zum Gegenstand hat und ein bestimmtes Geschlecht unverzichtbare Voraussetzung für diese Tätigkeit ist. Wenn im Streitfall der Arbeitnehmer Tatsachen glaubhaft macht, die eine Benachteiligung wegen des Geschlechts vermuten lassen, trägt der Arbeitgeber die Beweislast dafür, dass nicht auf das Geschlecht bezogene, sachliche Gründe eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen oder das Geschlecht unverzichtbare Voraussetzung für die auszuübende Tätigkeit ist.

(2) Verstößt der Arbeitgeber gegen das in Absatz 1 geregelte Benachteiligungsverbot bei der Begründung eines Arbeitsverhältnisses, so kann der hierdurch benachteiligte Bewerber eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen; ein Anspruch auf Begründung eines Arbeitsverhältnisses besteht nicht.

(3) Wäre der Bewerber auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden, so hat der Arbeitgeber eine angemessene Entschädigung in Höhe von höchstens drei Monatsverdiensten zu leisten. Als Monatsverdienst gilt, was dem Bewerber bei regelmäßiger Arbeitszeit in dem Monat, in dem das Arbeitsverhältnis hätte begründet werden sollen, an Geld- und Sachbezügen zugestanden hätte.

(4) Ein Anspruch nach den Absätzen 2 und 3 muss innerhalb einer Frist, die mit Zugang der Ablehnung der Bewerbung beginnt, schriftlich geltend gemacht werden. Die Länge der Frist bemisst sich nach einer für die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen im angestrebten Arbeitsverhältnis vorgesehenen Ausschlussfrist; sie beträgt mindestens zwei Monate. Ist eine solche Frist für das angestrebte Arbeitsverhältnis nicht bestimmt, so beträgt die Frist sechs Monate.

(5) Die Absätze 2 bis 4 gelten beim beruflichen Aufstieg entsprechend, wenn auf den Aufstieg kein Anspruch besteht.

C. Rechtliche Beurteilung

I. nationales Recht

Die Berufung der Klägerin ist gemäß § 64 Abs. 1 und 2 ArbGG statthaft und im Übrigen form- und fristgemäß eingelegt und begründet worden und damit zulässig (§§ 64 Abs. 6, 66 ArbGG, 519, 520 ZPO). Die Berufung wäre nach nationalem Recht aber zurückzuweisen.

Zwar wäre die Beklagte nach § 15 Abs. 1 und 2 AGG grundsätzlich zur Zahlung von Schadensersatz und Entschädigung verpflichtet, denn die merkmalspezifische Stellenanzeige vom 15. November 2007 (Anl. A 4) verstößt nicht nur gegen das Gebot des § 11 AGG, die dem Anforderungsprofil nicht entsprechende Klägerin ist darüber hinaus nicht eingestellt worden, statt ihrer wurden zwei jüngere Kräfte eingestellt, so dass ein unmittelbare Diskriminierung wegen des Alters indiziert ist (Rust/Falke, AGG, 2007 Nr. 51 zu § 22). Bei einem solchen klaren Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot ist eine Entlastung kaum denkbar. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum alten § 611 a BGB machte es keinen Unterschied, zu welchem Zeitpunkt im Auswahlverfahren eine Benachteiligung vorgenommen wurde, ob sie sich in der Einstellungsentscheidung ausgewirkt hat und ob die Benachteiligungsabsicht das einzige Motiv war (BVerfG 16.11.1993 - 1 BvR 258/86 - AP Nr 9 zu § 611a BGB; 21.9.2006 - 1 BvR 308/03 - AP Nr 24 zu § 611a BGB; Adomeit, AGG, 2007 Nr. 64 zu § 2). Aber auch dann, wenn man den Vortrag der Beklagten, sie habe erst nach Vergabe der Stelle an Jüngere von der Bewerbung der Klägerin erfahren, als wahr unterstellt und prüft, ob sie sich damit i.S.d. § 22 AGG entlasten könnte, ergibt sich kein anderes Ergebnis. Die Beklagte hat eben nicht ältere Bewerber als Call Center Mitarbeiter eingestellt, sondern ist entsprechend ihrer diskriminierenden Stellenanzeige verfahren und noch mehr: Es war auch keineswegs das Bewerbungsverfahren abgeschlossen, sondern nach wenigen Tagen - am 22. November 2007 - erschien die nächste diskriminierende Anzeige. Anders gesagt: Es war beabsichtigt, den bestehenden Bedarf an Call Center Mitarbeitern nur mit jungen Leuten zu befriedigen und genau aus diesem Grund wurde die Klägerin nicht berücksichtigt. Da die Klägerin angesichts ihrer Bewerbungsunterlagen (Anl. A 1, Bl. 7 ff d.A.) nicht überqualifiziert war und ihre Bewerbung auch ernst gemeint war, wäre die Beklagte zu Schadensersatz und Entschädigung zu verurteilen.

Der Anspruch der Klägerin scheitert allerdings an der Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 AGG. Der Wortlaut ist klar und einer weiteren Auslegung nicht zugänglich. Zwar könnte eine Auslegung des Satzes 2 insoweit erfolgen, dass auch bei der Bewerbung nicht auf den Zugang der Ablehnung abstellt wird, sondern auf die Kenntnis von der Diskriminierung (ErfK 9. Aufl. 2009 Nr. 12 zu § 14 AGG m.w.N.), aber auch dann bleibt der Wortlaut hinsichtlich der Frist von zwei Monaten eindeutig und nicht auslegbar. Diese Frist hat die Klägerin verpasst, die nach ihren Angaben bereits am 19. November 2007 telefonisch erfuhr, dass sie nicht in das Bewerberprofil passe. Jedenfalls mit Erhalt der Ablehnung am 21. November 2007 war angesichts des Wortlautes der Anzeige und der übrigen Umstände klar, dass ein Fall der Diskriminierung vorlag.

Die nationalen Gerichte sind nach Art. 20 Abs. 3 GG an Recht und Gesetz gebunden. Das bedeutet, dass sie geltende Gesetze anwenden, eine offensichtlich einschlägige Norm berücksichtigen müssen (BVerfG 03.11.1992 - 1 BvR 1243/88 - AP Nr. 5 zu § 31 BRAGO). § 15 Abs. 4 AGG ist geltendes Recht und offensichtlich einschlägig. Die Feststellung der Nichtigkeit einer Gesetzesnorm, die dem Bundesverfassungsgericht vorbehalten ist (§ 31 BVerfGG), liegt - bezogen auf § 15 Abs. 4 AGG - nicht vor. Die Richtervorlage nach Art. 100 Abs. 1 an das Bundesverfassungsgericht scheidet aus, da die Kammer keinen Anhaltspunkt, schon gar nicht die Überzeugung betreffend die Verfassungswidrigkeit dieser nationalen Norm hat.

II. Anwendung des Gemeinschaftsrechtes

1. Die Kammer neigt mit dem Landesarbeitsgericht Düsseldorf (Vorlagebeschluss 21.11.2007 - 12 Sa 1311/07 - LAGE § 622 BGB 2002 Nr 3) in Ansehung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zu der Auffassung, dass die RL 2000/78/EG keine unmittelbare Wirkung entfaltet. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs (EuGH, Urteil vom 07.09.2006 - C-81/05 - Cordero Alonso, NJW 2006, 3623 ff.) kann eine Richtlinie nicht selbst Verpflichtungen für einen Einzelnen begründen, so dass ihm gegenüber eine Berufung auf die Richtlinie als solche nicht möglich ist, wohingegen sich der Staat in all seinem Handeln, also auch als Arbeitgeber, nicht darauf berufen kann, eine Richtlinie sei nicht, nicht vollständig oder nicht zutreffend in das nationale Recht umgesetzt worden. Im Streitfall ist der Staat aber nicht beteiligt. Die Richtlinie RL 2000/78/EG entfaltete daher keine unmittelbare Geltung unter den Parteien.

Jedoch entfaltet europäisches Primärrecht unmittelbare Wirkung auch im Verhältnis von Privaten und kann insoweit entgegenstehendes nationales Recht verdrängen. Zum Primärrecht zählen neben den Verträgen auch die ungeschriebenen allgemeinen Grundsätze des Gemeinschaftsrechts, u.a. der Effektivitätsgrundsatz und der damit zusammenhängende Äquivalenzgrundsatz, wonach das innerstaatliche Verfahrensrecht die Ausübung gemeinschaftsrechtlich begründeter Rechte des Bürgers nicht übermäßig erschweren und nicht weniger effektiv schützen darf als die Ausübung solcher Rechte, die auf innerstaatlichen Normen beruhen (EuGH 4.7.2006 - C 212/04 - "Adeneler" AP Nr. 1 zu Richtlinie 99/70/EG). Hierher gehören auch die Diskriminierungsverbote (so offenbar zur Verdrängung entgegenstehenden nationalen Rechts durch das Verbot der Altersdiskriminierung EuGH 22.11.2005 - C 144/04 - "Mangold" AP Nr 1 zu Richtlinie 2000/78/EG; BAG 26.04.2006 - 7 AZR 500/04 - AP Nr. 23 zu § 14 TzBfG).

Weil Zweifel an der Übereinstimmung der Regelung des § 15 Abs. 4 AGG mit diesem (Primär) Gemeinschaftsrecht bestehen, hängt die Entscheidung - auch unter den privaten Parteien - dieses Rechtsstreites jedenfalls hinsichtlich der Anträge zu Ziffer 1 und 2 von dieser Frage ab.

2. Es wird die Auffassung vertreten, dass bei einer Überzeugung des nationalen Gerichts von der Gemeinschaftswidrigkeit einer Norm - auch wenn noch keine einschlägige Entscheidung des EuGH vorliegt - das Fachgericht den Anwendungsvorrang des Gemeinschaftsrechts selbst feststellen kann und die nationale Norm nicht anwendet (LAG Berlin-Brandenburg 24.07.2007 - 7 Sa 561/07 - LAGE § 622 BGB 2002 Nr 2; ErfK aaO. Nr. 47 zu Art 234 EGV). Diese Auffassung teilt die Kammer nicht und folgt der vom LAG Düsseldorf im Vorlagebeschluss vom 21. November 2007 (aaO.) vertretenen Argumentation: Das Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG wird, wenn es um die einheitliche Anwendung oder Nichtanwendung von Gesetzesrecht geht, durch die dem Bundesverfassungsgericht zugewiesene Normverwerfungskompetenz gesichert. Auf dieser Linie liegt es, die Sicherstellung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zuzuweisen, wenn es um den wirksamen Schutz und die Durchsetzung gemeinschaftlicher Grundrechte geht. Dann ist es aber bedenklich, das Urteil vom 22. November 2005 "Mangold" so zu verstehen, dass den nationalen Gerichten die Befugnis erteilt werde, bei der Annahme von Primärrecht sich über entgegenstehende nationale Regelungen hinwegzusetzen. In und zwischen den einzelnen Mitgliedsstaaten wäre mit divergierenden Gerichtsentscheidungen zu derselben Norm oder ähnlichen Normen zu rechnen. Es könnte zu einer Erosion der Rechtssicherheit kommen, wenn Rechtsprechung davon abhinge, ob die jeweils angerufenen Gerichte nationales Gesetzesrecht anwenden oder, weil sie es für EG-primärrechtswidrig erachten, übergehen. Aus Art. 20 GG iVm. Art 100 GG - also aus nationalem Recht - folgt für die Kammer, dass eine nationale Gesetzesnorm wegen Verstoßes gegen Primärrecht der Gemeinschaft nicht vom Fachgericht für unanwendbar erklärt werden darf, sondern stets das Vorabentscheidungsverfahren nach Art. 234 EG durchzuführen ist, solange eine Entscheidung des EuGH zu der betreffenden Norm nicht vorliegt.

D. Zur Vorlagefrage

Es bestehen Zweifel, ob die - grundsätzlich zulässigen - Fristen für die Geltendmachung von Ansprüchen zur Durchsetzung von Gleichbehandlungsansprüchen oder von Ersatzleistungen in § 15 Abs. 4 AGG den Anforderungen hinsichtlich der Gleichwertigkeit mit anderen nationalen Fristenregelungen einerseits und den Anforderungen an die Effektivität andererseits genügen.

1. Mit dem Grundsatz der Gleichwertigkeit ist § 15 Abs. 4 AGG unvereinbar, soweit Ersatzansprüche aus §15 Abs. 1, 2 AGG im Hinblick auf vorvertragliches Verhalten des Arbeitgebers überhaupt einer Ausschlussfrist unterworfen werden. Insoweit gelten in Deutschland mangels Tarifbindung keine Ausschlussfristen im Arbeitsrecht, sondern nur die allgemeinen Verjährungsfristen (Wendeling-Schröder, AGG 2008 Nr. 66/67 zu § 15). In der Literatur wird die Zwei-Monats-Regelung des §15 Abs. 4 AGG von vielen Stimmen bereits unter dem Gesichtspunkt der Gleichwertigkeit für gemeinschaftswidrig erachtet, zum Teil wird auf die Notwendigkeit der allgemeinen Verjährungsfrist von drei Jahren in § 195 BGB abgestellt, zum Teil auf andere Fristen (Rust/Falke aaO. Nr. 50 zu § 15; Wendeling-Schröder aaO; ErfK aaO. Nr. 12 zu § 15 AGG). Diskriminierungen können nach anderem nationalem Recht - etwa § 823 BGB - ebenfalls Schadensersatzansprüche auslösen, für die allerdings ebenfalls dann nur die längere allgemeine Verjährungsfrist gilt.

2. Auch der Grundsatz der Effektivität ist berührt. Effektivität im Hinblick auf die hier problematischen Ausschlussfristen ist gegeben, wenn die Länge der gesetzlich bestimmten Ausschlussfrist in Abweichung von den sonst allgemein geltenden Verjährungsfristen durch zwingende Gründe der Rechtssicherheit, insbesondere im Hinblick auf das reibungslose Funktionieren der Durchführung und Abwicklung von Beschäftigungsverhältnissen gerechtfertigt ist. Es ist sicherlich für die Praxis von Bedeutung, ob etwa Bewerbungsunterlagen nur 2 Monate oder 3 Jahre aufzubewahren sind. Andererseits ist der von Arbeitgebern bei einer längeren Ausschlussfrist zu fordernde Verwaltungsaufwand nicht so unverhältnismäßig, dass sich diskriminierte Bewerber auf eine nur zweimonatige Geltendmachungsfrist verweisen lassen müssen. Das Bundesarbeitsgericht meint, eine einzelvertragliche Ausschlussfrist in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, welche die gerichtliche Geltendmachung aller Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis innerhalb einer Frist von weniger als drei Monaten ab Fälligkeit verlangt, benachteilige den Vertragspartner des Verwenders unangemessen entgegen den Geboten von Treu und Glauben (28.11.2007 - 5 AZR 992/06 - AP Nr 33 zu § 307 BGB). Auch unter Hinweis auf die Rechtsprechung des BAG hält auch die Kommission die Umsetzung für gemeinschaftsrechtswidrig.

3. Die Geltendmachung von Schadensersatz- oder Entschädigungsansprüchen innerhalb der ersten Stufe - also zur schriftlichen Geltendmachung gegenüber dem Arbeitgeber - setzt § 15 Abs. 4 AGG in Abweichung von der bisherigen Regelung des § 611 a BGB auf zwei Monate fest, sofern keine abweichende tarifliche Regelung besteht. Nach § 611 a Abs. 4 BGB bestand für die erste Stufe - sofern keine kürzere vertragliche oder tarifvertragliche Ausschlussfrist für das Arbeitsverhältnis existierte - eine Frist von sechs Monaten. Die Neuregelung des § 15 Abs. 4 AGG verschlechtert die bisherige Rechtslage und steht daher in Widerspruch zu dem in Artikel 8 c der RL 76/207/EWG und Art. 27 der RL 2006/54/EG normierten Verschlechterungsverbot. Die Vorschrift dürfte auch aus diesem Grunde gemeinschaftsrechtswidrig sein (Rust/Falke aaO. Nr. 50 zu § 15).

4. Abschließend sei bemerkt, dass die Kammer entgegen der Anregung der Klägerin keine Vorlagefrage an den EuGH betreffend die Regelung des § 12 a Abs. 1 ArbGG formuliert hat, weil sie keine Zweifel hat, dass die Nichterstattung der Kosten für die Zuziehung eines Prozessbevollmächtigten in erster Instanz nicht europarechtswidrig ist. Die Einschränkung der Erstattungspflicht der unterliegenden Partei ist sozialpolitisch motiviert. Ihr Zweck ist es, auch im Falle des Unterliegens ein kostengünstiges Verfahren zu gewährleisten und auf diese Weise das Kostenrisiko der Parteien zu beschränken (Schwab ArbGG 2. Aufl. 2008, Nr. 4 zu § 12 a). Zusammen mit den Regelungen über die Prozesskostenhilfe wird so der Rechtsschutz effektiviert.

Ende der Entscheidung

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