Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Hamburg
Beschluss verkündet am 18.10.2001
Aktenzeichen: 5 Ta 16/01
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 888
Bei der Erteilung einer Entgeltabrechnung handelt es sich um eine unvertretbare Leistung.

Im Verfahren nach § 888 ZPO tritt ein erledigendes Ereignis dann ein, wenn der Gläubiger eine Leistung der Schuldnerin als Erfüllung annimmt, auch wenn diese Leistung tatsächlich keine ordnungsgemäße Erfüllung der Schuld bedeutet.


Landesarbeitsgericht Hamburg Beschluss

Geschäftszeichen: 5 Ta 16/01

In dem Rechtsstreit

beschließt das Landesarbeitsgericht Hamburg, Fünfte Kammer, durch den Vorsitzenden Riichter am Landesarbeitsgericht xxxxxxxxxxxx als Vorsitzender

am 18. Oktober 2001:

Tenor:

1) Auf die Anschlussbeschwerde des Gläubigers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Hamburg vom 21. Juni 2001 (1 Ca 535/00) abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der Antrag des Gläubigers vom 25. Mai 2001 ist erledigt.

Die sofortige Beschwerde der Schuldnerin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Hamburg vom 21. Juni 2001 (1 Ca 535/00) wird zurückgewiesen.

Die Schuldnerin trägt die Kosten des Verfahrens.

2) Der Gegenstandswert beträgt DM 3840,-.

Gründe:

I.

Die Parteien streiten über einen Antrag des Klägers nach § 888 ZPO.

Sie hatten am 1. Februar 2001 einen gerichtlichen Vergleich geschlossen, der unter anderem Folgendes vorsah:

"2. Die Beklagte verpflichtet sich, das Arbeitsverhältnis ordnungsgemäß bis zum 31. Oktober 2000 abzurechnen und sich ergebende Nettobeträge an den Kläger zu zahlen.

...

5. Die Beklagte verpflichtet sich, dem Kläger ein einfaches Zeugnis unter dem Datum des 31. Oktober 2000 zu erteilen."

Dem Gläubiger, der Kläger des Ausgangsverfahrens war, wurde am 7. März 2001 eine vollstreckbare Ausfertigung des Vergleichs erteilt. Eine Ausfertigung des Vergleichs stellte er der Schuldnerin am 29. März 2001 zu.

Die Schuldnerin überwies für das Arbeitsverhältnis mit dem Gläubiger am 18. Juni 2001 Beiträge an die IKK Schleswig-Holstein und Lohnsteuern an das Finanzamt Elbufer. Zusammen mit einem Schriftsatz vom 11. Juni 2001 übersandte die Schuldnerin in Kopie ein Zeugnis mit Datum vom 31. März 2001 (Bl. 47 d.A.), zusammen mit der Einlegung der sofortigen Beschwerde Abrechnungen für die Monate September und Oktober 2000 (Bl. 60 f d.A.).

Der Gläubiger hat vorgetragen, dass seine Lohnsteuerkarte der Schuldnerin vorliege. Die Schuldnerin benötige Lohnsteuerkarte und Sozialversicherungsausweis zur Vornahme der Abrechnungen nicht, weil ihr die dafür erforderlichen Daten bekannt seien. Sie habe die Abrechnung für die Vormonate vorgenommen.

Der Gläubiger hat beantragt,

gegen die Schuldnerin wegen Nichtvornahme der Erstellung einer Abrechnung über das Arbeitsverhältnis bis zum 31. Oktober 2000 und der Nicht-Vornahme der Erteilung eines einfachen Zeugnisses unter dem Ausstellungsdatum 31. Oktober 2001 gemäß gerichtlichem Vergleich des Arbeitsgerichts Hamburg vom 1. Februar 2001, Geschäftsnummer 1 Ca 535/00, ein Zwangsgeld festzusetzen und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Zwangshaft.

Die Schuldnerin hat beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Sie hat vorgetragen, dass sie den Gläubiger mit Schreiben vom 31. März 2001 aufgefordert habe, an die Schuldnerin oder ihren Steuerberater die Lohnsteuerkarte nebst Sozialversicherungsausweis zu senden, und ihm mit Schreiben vom 31. März 2001 ein einfaches Zeugnis übersandt habe.

Das Arbeitsgericht Hamburg hat durch Beschluss vom 21. Juni 2001 gegen die Schuldnerin zur Erzwingung der Verpflichtungen, dem Gläubiger ein einfaches Zeugnis unter dem Ausstellungsdatum 31. März 2001 zu erteilen und das Arbeitsverhältnis bis zum 31. Oktober 2000 abzurechnen und sich ergebende Nettobeträge an den Gläubiger zu zahlen, ein Zwangsgeld in Höhe von DM 1600,-, ersatzweise für den Fall der Nichtbeitreibbarkeit für je DM 400,- einen Tag Zwangshaft, festgesetzt. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht ausgeführt, dass die Voraussetzungen für eine Zwangsvollstreckung gegeben seien. Für eine Abrechnung sei es nicht erforderlich, dass Lohnsteuerkarte und Sozialversicherungsausweis vorlägen. Die Schuldnerin habe nicht glaubhaft gemacht, dass dem Gläubiger bereits ein einfaches Zeugnis erteilt worden sei. Die festgesetzten Zwangsmittel seien angemessen und erforderlich.

Gegen diesen Beschluss, der der Schuldnerin am 6. Juli 2001 zugestellt wurde, hat sie mit Schriftsatz vom 20. Juli 2001, beim Arbeitsgericht eingegangen am selben Tage, sofortige Beschwerde eingelegt.

Die Schuldnerin trägt vor, dass die Abrechnung vom Steuerberater am 1. Juni 2001 vorgenommen und von der Schuldnerin am 20. Juni 2001 an den Gläubiger übersandt worden sei.

Die Schuldnerin beantragt,

den Beschluss aufzuheben.

Der Gläubiger beantragt,

der Schuldnerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen und den Gegenstandswert festzusetzen.

Hiermit erkläre der Gläubiger die Hauptsache für erledigt. Zu Glaubhaftmachung ihrer Angaben hat die Schuldnerin eine eidesstattliche Versicherung ihrer Inhaberin vorgelegt, wegen deren Einzelheiten auf die Anlage zur sofortigen Beschwerde (Bl. 67 d.A.) verwiesen wird. II.

A. Zum Ausspruch zu 1:

Die sofortige Beschwerde der Schuldnerin und die Anschlussbeschwerde des Gläubigers sind zulässig. Begründet ist aber nur die Anschlussbeschwerde des Gläubigers, während die sofortige Beschwerde der Schuldnerin mangels Begründetheit zurückzuweisen ist. Im Einzelnen gilt Folgendes:

1) Die sofortige Beschwerde der Schuldnerin und die Anschlussbeschwerde des Gläubigers sind zulässig.

a) Die sofortige Beschwerde der Schuldnerin ist zulässig. Nach § 793 ZPO, der gemäß § 62 Abs. 2 ArbGG im arbeitsgerichtlichen Verfahren anwendbar ist, ist gegen Entscheidungen, die im Zwangsvollstreckungsverfahren ohne mündliche Verhandlung ergehen können, die sofortige Beschwerde statthaft. Nach § 891 ZPO handelt es sich bei der vorliegend mit der sofortigen Beschwerde angefochtenen Entscheidung nach § 888 ZPO um eine solche Entscheidung, die ohne mündliche Verhandlung ergehen kann. Die sofortige Beschwerde ist von der Schuldnerin innerhalb der Frist des § 577 Abs. 2 Satz 1 ZPO in der nach § 569 Abs. 2 Satz 1 ZPO zulässigen Form der Einreichung einer Beschwerdeschrift eingelegt worden. Die Einlegung erfolgte entsprechend § 569 Abs. 1 ZPO beim Arbeitsgericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat.

Bedenken gegen die Zulässigkeit der sofortigen Beschwerde sind nicht ersichtlich.

b) Der Gläubiger hat eine Anschlussbeschwerde eingelegt. Diese ist ebenfalls zulässig.

Der Gläubiger hat dadurch eine Anschlussbeschwerde eingelegt, dass er gegen die Schuldnerin einen Kostenantrag gestellt hat und diesen dahingehend erläutert hat, dass er damit die Hauptsache für erledigt erklärt habe. Bei einer solchen Erledigterklärung handelt es sich um einen geänderten Sachantrag. Die einseitige Erledigterklärung im Hauptsacheverfahren ist eine Klagänderung (Baumbach u.a., ZPO, § 91 a, Rdnr. 168). Dieses bedeutet für das Zwangsvollstreckungsverfahren, dass es sich bei einer Erledigterklärung des ursprünglichen Zwangsvollstreckungsantrages ebenfalls um eine Änderung dieses Antrages handelt. In der Beschwerdeinstanz kann über einen geänderten Sachantrag nur dann entschieden werden, wenn die Sache auch insoweit in die Beschwerdeinstanz gelangt ist. Das Beschwerdegericht kann nämlich nur über die Gegenstände entscheiden, die durch eine Beschwerde bei ihm angefallen sind. Der durch die Erledigterklärung des Gläubigers geänderte Antrag ist durch die sofortige Beschwerde der Schuldnerin nicht beim Landesarbeitsgericht zur Entscheidung angefallen, weil sich diese noch gegen den ungeänderten Antrag des Gläubigers und den diesem stattgebenden Beschluss des Arbeitsgerichts richtete. Im Wege der Auslegung ist aber anzunehmen, dass der Gläubiger mit seinem geänderten Antrag zugleich das Rechtsmittel der Anschlussbeschwerde einlegen wollte, das eine Entscheidung des Beschwerdegerichts über seinen Sachantrag erst ermöglichte. Prozesshandlungen sind auslegungsfähig und -bedürftig. Die Auslegungsregeln des materiellen Rechts finden grundsätzlich entsprechend Anwendung. Entscheidend ist damit der objektive, dem Empfänger erkennbare Erklärungswert (Zöller-Greger, ZPO, vor § 128, Rdnr. 25). Maßstab ist, was vernünftig ist und der recht verstandenen Interessenlage der Partei entspricht. Insofern kann die Umdeutung eines unzulässigen Rechtsbehelfs in einen anderen zulässigen notwendig sein (Baumbach u.a., ZPO, Grundz § 128, Rdnr. 52). Nach diesen Grundsätzen ist davon auszugehen, dass der Gläubiger mit dem Kostenantrag, den er als Erledigterklärung verstanden wissen wollte, zugleich eine Anschlussbeschwerde eingelegt hat, denn nur dadurch konnte er erreichen, dass über seine Erledigterklärung eine Entscheidung durch das Beschwerdegericht ergehen kann. Sein in der Kostenentscheidung zum Ausdruck kommender Wille zeigt, dass auch er keine Aufrechterhaltung des erstinstanzlichen Ausspruches mehr wollte, sondern anstrebte, dass dieser Ausspruch durch eine geänderte Sachentscheidung ersetzt werden sollte. Da dieses nur durch ein eigenes Rechtsmittel ermöglicht werden kann, ist davon auszugehen, dass der Gläubiger dieses eigene Rechtsmittel einlegen wollte.

Die Anschlussbeschwerde des Gläubigers ist zulässig. Nach § 577 a ZPO kann sich der Beschwerdegegner der Beschwerde anschließen, auch wenn die Beschwerdefrist verstrichen ist. Die Anschließung verliert nur dann ihre Wirkung, wenn die (Haupt-)Beschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird. Beides ist vorliegend nicht der Fall. Im Übrigen werden die für eine Zulässigkeit der Anschlussbeschwerde erforderlichen Voraussetzungen durch den Schriftsatz des Gläubigers vom 2. August 2001 eingehalten. Der Gläubiger hat die Anschlussbeschwerde entsprechend § 569 Abs. 1 Satz 1 ZPO durch einen Schriftsatz eingereicht, den er nach § 577 Abs. 2 Satz 2 ZPO unmittelbar an das Landesarbeitsgericht richten konnte. Für die Zulässigkeit der Anschlussbeschwerde ist, wie ausgeführt, die Einhaltung der Frist für die sofortige Beschwerde nicht erforderlich. Einer Beschwer durch den angefochtenen Beschluss bedarf es bei einer unselbständigen Anschlussbeschwerde nicht (Baumbach u.a., ZPO, § 577 a, Rdnr. 4). Vorliegend handelt es sich um eine derartige unselbständige Anschlussbeschwerde, weil eine solche nur vorliegt, wenn sie innerhalb der Frist für die sofortige Beschwerde eingelegt worden ist, § 577 a Satz 3 ZPO. Anhaltspunkte dafür, dass der Gläubiger seine Anschlussbeschwerde gleichwohl ausschließlich als selbständige behandelt wissen wollte, sind nicht gegeben. Sonstige Bedenken gegen die Zulässigkeit der Anschlussbeschwerde sind nicht ersichtlich.

2) Die Anschlussbeschwerde des Gläubigers ist begründet, weil der von ihm gestellte Antrag zulässig und begründet ist. Dagegen ist die sofortige Beschwerde der Schuldnerin unbegründet.

a) Die Anschlussbeschwerde ist begründet, weil der vom Gläubiger gestellte Antrag zulässig und begründet ist.

aa) Der Gläubiger hat in der Beschwerdeinstanz eine zulässige Änderung seines Antrages vorgenommen. Die Zulässigkeit der Änderung ist nach den §§ 263 f ZPO zu beurteilen, die für alle Verfahrensarten der Zivilprozessordnung gelten (Baumbach u.a., ZPO, § 263, Rdnr. 3, i.V.m. Übers. § 253, Rdnr. 2). Es kann dahingestellt bleiben, ob es sich dabei um eine nach § 263 ZPO zu prüfende Änderung oder um eine solche Änderung des Antrages handelt, die nach § 264 ZPO nicht als Antragsänderung gilt. Es liegen nämlich die Voraussetzungen für eine zulässige Antragsänderung nach § 263 ZPO vor, so dass es nicht darauf ankommt, ob es solcher Voraussetzungen nach § 264 ZPO möglicherweise gar nicht bedarf. Die Antragsänderung ist nämlich sachdienlich im Sinne des § 263 ZPO. Maßstab der Sachdienlichkeit ist die Prozesswirtschaftlichkeit (Baumbach u.a., ZPO, § 263, Rdnr. 24). Danach ist Sachdienlichkeit gegeben. Durch den geänderten Antrag kann in der Beschwerdeinstanz entschieden werden, ob es zu einer Erledigung des ursprünglichen Begehrens des Gläubigers gekommen ist, ohne dass dabei ein zusätzlicher Sachverhalt geprüft werden müsste.

bb) Der in der Erledigterklärung liegende geänderte Antrag des Gläubigers ist begründet. Bei einer einseitigen Erledigterklärung, die hier vorliegt, ist der Antrag begründet, wenn der ursprüngliche Antrag zulässig und begründet war und ein erledigendes Ereignis eingetreten ist (Baumbach u.a., ZPO, § 91 a, Rdnr. 170 ff).

Der Gläubiger hat seinen ursprünglichen Zwangsvollstreckungsantrag einseitig für erledigt erklärt. Eine beidseitige, übereinstimmende Erledigterklärung liegt vor, wenn beide Parteien Erklärungen abgegeben haben, die für sich allein betrachtet die Voraussetzungen für eine wirksame Erledigterklärung erfüllen (Baumbach u.a., ZPO, § 91 a, Rdnr. 96). Daran fehlt es hier, weil nur der Gläubiger, nicht aber die Schuldnerin eine Erledigterklärung abgegeben hat. Damit liegt eine einseitige Erledigterklärung vor.

Der ursprüngliche Zwangsvollstreckungsantrag des Gläubigers war zulässig. Es waren die Voraussetzungen für eine Zwangsvollstreckung gegeben, weil mit dem Prozessvergleich ein vollstreckbarer Titel vorlag, für den eine Klausel erteilt worden war und der der Schuldnerin zugestellt worden war.

Der Zwangsvollstreckungsantrag war ferner begründet. Der Vergleich hat, soweit der Gläubiger aus ihm eine Vollstreckung verlangte, einen vollstreckungsfähigen, hinreichend bestimmten Inhalt. Die von der Schuldnerin zu erwartenden Handlungen waren darin genau beschrieben, so dass in der Zwangsvollstreckung keine Zweifel darüber möglich waren, wie die Schuldnerin diese Leistungen zu erbringen hatte. Der Gläubiger hat in zulässiger Weise für seinen Anspruch auf Erteilung eines Zeugnisses und auf Abrechnung eine Zwangsvollstreckung nach § 888 ZPO beantragt, weil es sich bei den damit geforderten Leistungen um unvertretbare Handlungen handelte, die nur die Schuldnerin vornehmen konnte. Dieses versteht sich für das Zeugnis von selbst, weil ein solches Zeugnis nur von der Schuldnerin als der ehemaligen Arbeitgeberin ausgestellt werden konnte. Auch bei der Erteilung einer Abrechnung liegt eine unvertretbare Handlung vor. Zwar kann eine solche Abrechnung theoretisch auch von einem Dritten erteilt werden, der in der Lage ist, aufgrund der erforderlichen Angaben eine Abrechung vorzunehmen. Gleichwohl handelt es sich bei der Erteilung einer Abrechnung um eine unvertretbare Handlung. Der Anspruch auf Erteilung ordnungsgemäßer Lohnabrechnungen ergibt sich zumindest aus arbeitsvertraglicher Nebenpflicht. Er richtet sich gegen die Arbeitgeberin, die die sich aus dem Rechenwerk anhand der maßgebenden gesetzlichen Bestimmungen ergebende Erklärung abzugeben hat, welches Bruttoarbeitsentgelt der Arbeitnehmer in einem bestimmten Zeitraum verdient hat, welche Beträge an gesetzlichen Abzügen abzuführen sind und welcher Nettobetrag dem Arbeitnehmer geschuldet wird. In der Feststellung dieser Beträge kann ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis liegen, zumindest aber hat die Lohnabrechnung die Bedeutung, dem Arbeitnehmer anzuzeigen, dass die Arbeitgeberin bereit ist, die Abzugsbeträge abzuführen und den Nettolohn auszuzahlen. Eine solche Handlung, die zumindest der Beweiserleichterung in einem Streitfall dienen soll, kann nur die Arbeitgeberin selbst vornehmen. Zudem stehen die betrieblichen Lohnunterlagen, aufgrund derer die Abrechnung vorzunehmen ist, einem Dritten nicht unbedingt zur Verfügung, so dass eine Abrechnung im Wege der Ersatzvornahme scheitern kann. Zu diesen Unterlagen gehören etwa Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse oder Vorschussquittungen. Aus diesen Gründen hat die Vollstreckung eines Abrechnungsanspruches nach § 888 ZPO zu erfolgen (LAG Hamburg, Beschluss vom 29. Oktober 1998, 1 Ta 10/98, n.v.).

Für die Vollstreckbarkeit der vom Kläger geltend gemachten Verpflichtungen nach § 888 ZPO kommt es nicht darauf an, dass das Arbeitsgericht in dem angegriffenen Beschluss Zwangsmittel nicht nur zur Erzwingung der Erteilung des Zeugnisses und der Abrechnungen, sondern auch zur Erzwingung der Zahlung der sich aus den Abrechnungen ergebenden Nettobeträge festgesetzt hat. Ob der Vergleich hinsichtlich dieser Zahlungen überhaupt einen vollstreckungsfähigen Inhalt hat und ob eine solche Vollstreckung nach § 888 ZPO erfolgen könnte, kann dahingestellt bleiben. Das Arbeitsgericht ist insoweit nämlich über den Zwangsvollstreckungsantrag des Gläubigers vom 25. Mai 2001 hinausgegangen, der wegen der Nichtvornahme der Erstellung der Abrechnungen und des Zeugnisses, nicht aber wegen der noch nicht erfolgten Zahlung die Festsetzung von Zwangsmitteln nach § 888 ZPO beantragt hatte. Für die Prüfung, ob der ursprüngliche Antrag begründet war, kann es nur auf diesen Antrag, nicht aber auf einen Teil des arbeitsgerichtlichen Beschlusses ankommen, der über den Antrag hinausging.

Der Antrag war ferner deshalb begründet, weil die Schuldnerin die geforderten Leistungen noch nicht erbracht hatte. Ihre Verpflichtung, ein einfaches Zeugnis unter dem Datum des 31. Oktober 2000 zu erteilen, hat sie bislang noch nicht erfüllt. Es reicht zur Erfüllung dieser Verpflichtung nicht aus, dass sie am am 31. März 2001 oder Anfang Juni 2001 ein Arbeitszeugnis übersandt haben will, das der mit Schriftsatz der Schuldnerin vom 11. Juni 2001 übersandten Kopie entsprechen soll. Dieses Zeugnis trägt nämlich entgegen der Verpflichtung aus dem Vergleich nicht das Datum des 31. Oktober 2000, sondern das Datum des 31. März 2001 und war schon deshalb nicht geeignet, den Anspruch des Gläubigers aus dem Vergleich zu erfüllen. Ihre Verpflichtung zur Erteilung der Abrechnungen hatte die Schuldnerin bei Stellung des Zwangsvollstreckungsantrages des Gläubigers ebenfalls nicht erfüllt. Die Abrechnungen sind nach ihrem eigenen Vortrag nämlich erst am 1. Juni 2001 erstellt worden und damit nach Stellung des Antrages des Gläubigers, der am 28. Mai 2001 beim Arbeitsgericht einging und am 30. Mai 2001 den Prozessbevollmächtigten der Schuldnerin zugestellt wurde.

Der Zwangsvollsteckungsantrag des Gläubigers ist im Verlaufe des Verfahrens erledigt worden. Dabei kann es dahingestellt bleiben, ob der Gläubiger die Abrechnungen von der Schuldnerin im Original oder nur in Kopie erhalten hat und ob die Schuldnerin ihre Verpflichtung hinsichtlich der Abrechnungen möglicherweise bereits dadurch erfüllt hat, dass sie diese, wie von ihr behauptet, an den Gläubiger per Post abgesandt hat. Sowohl hinsichtlich der Abrechnungen als auch hinsichtlich des Zeugnisses ist Erfüllung der im Vergleich geregelten Ansprüche des Gläubigers jedenfalls dadurch eingetreten, dass er die ihm zugegangenen Papiere als Erfüllung seiner Ansprüche angenommen hat. Zwar wird vertreten, dass das Gericht den in der einseitigen Erledigterklärung liegenden Antrag als unzulässig oder unbegründet zurückweisen muss, wenn es tatsächlich gar nicht zu einer Erledigung gekommen ist (Baumbach u.a., ZPO, § 91 a, Rdnr. 180 f; Stein- Jonas/Bork, ZPO, § 91 a, Rdnr. 43). Ein solcher Fall ist aber vorliegend nicht gegeben, weil die Verpflichtungen der Schuldnerin in entsprechender Anwendung des § 363 BGB als erfüllt gelten und damit erledigt sind, selbst wenn eigentlich eine nicht gehörige Erfüllung der Verpflichtungen durch die Schuldnerin vorliegen könnte und hinsichtlich des Zeugnisses allein schon wegen des falschen Datums feststeht. § 363 BGB ordnet an, dass bei einer Annahme als Erfüllung der Gläubiger die Beweislast dafür trägt, dass er die Leistung deshalb nicht als Erfüllung gelten lassen will, weil sie eine andere als die geschuldete Leistung oder unvollständig gewesen sei. Eine Annahme als Erfüllung liegt dann vor, wenn das Verhalten des Gläubigers erkennen lässt, dass er die Leistung als im wesentlichen ordnungsgemäße Erfüllung gelten lassen will (Palandt-Heinrichs, BGB, § 363, Rdnr. 2). Diese Beweislastregel des § 363 BGB bedeutet für den vorliegend zu entscheidenden Sachverhalt nicht, dass damit feststeht, dass die Schuldnerin mit den von ihr vorgenommenen Handlungen ihre Verpflichtungen erfüllt hat, weil das Gericht in der Lage wäre, zu überprüfen, ob in diesen Handlungen eine Erfüllung liegt. § 363 BGB ist aber entsprechend mit dem Inhalt anzuwenden, dass ein Gläubiger sich mit der Folge mit einer nicht der Verpflichtung entsprechenden Leistung zufrieden geben kann, dass auch diese der Verpflichtung nicht entsprechende Leistung Erfüllung bedeuten kann. Es entspricht der Privatautonomie, dass keine Partei gehalten ist, die ihr vertragsgemäß zustehenden Rechte auch durchzusetzen. Sie kann sich dafür entscheiden, diese Rechte titulieren zu lassen, und sie kann sich nach einer Titulierung entscheiden, ob sie diese Rechte im Wege der Zwangsvollstreckung durchsetzen will. Demgemäß steht es ihr auch frei, in jedem dieser Stadien der Rechtsverfolgung eine Leistung als ausreichend zu akzeptieren, die eigentlich der geschuldeten Leistung nicht entspricht, und somit auf eine weitere Rechtsdurchsetzung zu verzichten. Der Gläubiger bestimmt also, ob und inwieweit er seine Rechte verfolgt. Daraus ergibt sich, dass es ihm auch in der Zwangsvollstreckung frei stehen muss, eine nur ungenügende Leistung anzunehmen und sich damit als Erfüllung zufrieden zu geben. Würde ein Gläubiger gezwungen sein, zur Vermeidung der für ihn nachteiligen Kostenfolge bei einer ganzen oder teilweisen Rücknahme seines Zwangsvollstreckungsantrages diesen durchzuführen, bis eine vollständige und ordnungsgemäße Erfüllung der zu vollstreckenden Anträge gegeben wäre, würde dieses sowohl seinen eigenen Interessen zuwider laufen, weil er eine weitergehende Erfüllung gar nicht beansprucht, als auch den Interessen der Schuldnerin, die dann entgegen ihrem Willen mehr oder andersartige Leistungen erbringen müsste. Bei Bewertung dieser Interessenlage und der Berücksichtigung der Privatautonomie kann sich ein Gläubiger in der Zwangsvollstreckung auch mit einer nicht ausreichenden Leistung zufrieden geben und diese für das Gericht verbindlich als eine seinen Antrag erledigende Erfüllung ansehen.

Ein derartiges Verhalten des Gläubigers ist vorliegend gegeben. Der Umstand, dass er ein einfaches Arbeitszeugnis mit dem falschen Datum und möglicherweise auch nur als Kopie bekommen sowie Abrechnungen jedenfalls zumindest in Kopie bekommen hat, reichte für ihn aus, um sein Interesse an der Durchsetzung der Zwangsvollstreckung zu befriedigen. Das findet seinen Ausdruck darin, dass er den Kostenantrag gestellt hat und diesen als Erledigterklärung verstanden wissen will. Dieses Verständnis ist für das Gericht nach den oben entwickelten Grundsätzen mit der Folge bindend, dass ein erledigendes Ereignis anzunehmen ist.

b) Aus den obigen Ausführungen ergibt sich zugleich, dass die sofortige Beschwerde der Schuldnerin unbegründet ist. Sie kann sich nur noch gegen den geänderten Antrag des Gläubigers richten, der aber zulässig und begründet ist.

3) Die Kostenentscheidung ergibt sich aus dem gemäß § 891 Satz 3 ZPO anwendbaren § 91 ZPO. Ein Rechtsmittel ist hinsichtlich des Ausspruches zu 1 nicht gegeben, § 78 ArbGG.

B. Zum Ausspruch zu 2 gilt Folgendes:

Der Gegenstandswert für die sofortige Beschwerde beträgt DM 3840,-. Dieser Wert setzt sich zusammen aus einem Wert von DM 3200,- für den Zeugnisanspruch und DM 640,- für den Abrechnungsanspruch (je ein Zehntel des Bruttoentgelts für die Monate September und Oktober 2000). Die Anschlussbeschwerde hat keinen eigenständigen Wert, weil es mit ihr nur um die Kostenfolge geht und eine Kostenentscheidung schon allein durch die sofortigen Beschwerde veranlasst war. Damit hat die Anschlussbeschwerde keinen zusätzlichen Wert zum Gegenstand des Beschwerdeverfahrens gemacht.

Auch hinsichtlich des Ausspruchs zu 2 ist kein Rechtsmittel gegeben, § 70 ArbGG.

Ende der Entscheidung

Zurück