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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Hamburg
Beschluss verkündet am 05.02.2003
Aktenzeichen: 6 Ta 2/03
Rechtsgebiete: ZPO, ArbGG, GVG, GKG


Vorschriften:

ZPO § 104 Abs. 3 S. 1
ZPO § 569
ZPO § 91 Abs. 1
ArbGG § 12 a Abs. 1 S. 3
GVG § 17 b Abs. 2 S. 2
GKG § 9 Abs. 1
GKG § 9 Abs. 2
Wird ein Rechtsstreit vom ordentlichen Gericht an das Arbeitsgericht verwiesen und die Beklagte bei beiden Gerichten vom selben Anwalt vertreten, hat der obsiegende Kläger der Beklagten die vor dem ordentlichen Gericht entstandenen Anwaltskosten auch dann zu erstatten, wenn sie in gleicher Höhe vor dem Arbeitsgericht erneut anfallen.
Landesarbeitsgericht Hamburg Beschluss

Geschäftszeichen: 6 Ta 2/03

In dem Rechtsstreit

beschließt das Landesarbeitsgericht Hamburg, 6. Kammer durch xxxxxxxxxxxxxxxx als Vorsitzende am 05. Februar 2003:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde - "Erinnerung" - der Kläger gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Arbeitsgerichts Hamburg vom 20. November 2002 - 9 Ca 168/01 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe:

I.

Das Arbeitsgericht hat nach übereinstimmender Erledigungserklärung der Parteien mit Beschluss vom 22. August 2002 der Beklagten die Kosten des Rechtsstreits auferlegt mit Ausnahme der Kosten, die durch die zunächst erfolgte Anrufung des Amtsgerichts Hamburg entstanden sind, diese sind den Klägern auferlegt worden.

Mit Schriftsatz vom 10. September 2002 beantragte der Prozessbevollmächtigte der Beklagten die Festsetzung einer 10/10 Prozessgebühr in Höhe von € 163,61 sowie der Auslagenpauschale in Höhe von € 20,45, insgesamt € 184,06 gegen die Kläger. Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 20. November 2002 ist dem Antrag entsprochen worden. Auf die Begründung des Beschlusses (Bl. 65 f d.A.) wird verwiesen.

Gegen den den Klägern am 02. Dezember 2002 zugestellten Beschluss haben diese am 13. Dezember 2002 "Erinnerung" eingelegt und diese am 16. Januar 2003 begründet (Bl. 75 f d.A.).

Das Arbeitsgericht hat gemäß Beschluss vom 21. Januar 2003 der "Erinnerung" nicht abgeholfen, diese als sofortige Beschwerde umgedeutet und dem Landesarbeitsgericht vorgelegt.

II.

Die "Erinnerung" ist nach Umdeutung als sofortige Beschwerde gemäß § 104 Abs. 3 S. 1 ZPO statthaft. Die sofortige Beschwerde ist auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt, § 569 ZPO.

Eine unrichtige Bezeichnung des Rechtsmittels ist unschädlich, solange der Wille zum Ausdruck gebracht wird, die angefochtene Entscheidung möge durch das übergeordnete Gericht sachlich geprüft werden (vgl. Zöller - Gummer, ZPO, 23. Aufl, § 569 Rdn 7 a).

Die sofortige Beschwerde ist jedoch unbegründet.

Die festgesetzten Kosten sind erstattungspflichtig, da sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung und Rechtsverteidigung notwendig waren im Sinne von § 91 Abs. 1 ZPO.

Nach § 12 a Abs. 1 S. 3 ArbGG gilt Satz 1 der Vorschrift, der einen Erstattungsanspruch für die Hinzuziehung eines Prozessbevollmächtigten im Urteilsverfahren 1. Instanz ausschließt, nicht für Kosten, die dadurch entstanden sind, dass u.a. ein Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit zunächst angerufen und der Rechtsstreit dann verwiesen worden ist.

Wird ein Rechtsstreit vom ordentlichen Gericht an das Arbeitsgericht verwiesen und die Beklagte bei beiden Gerichten von demselben Anwalt vertreten, so hat der obsiegende Kläger nach richtiger Auffassung der Beklagten die vor dem ordentlichen Gericht entstandenen Anwaltskosten auch dann zu erstatten, wenn sie in gleicher Höhe vor dem Arbeitsgericht erneut anfallen (allgem. Meinung, vgl. Zöller - Herget, ZPO, 23. Aufl, § 91 Rdn 13 "Verweisung"; Grunsky, ArbGG, 7. Aufl, § 12; Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-Glöge, ArbGG, 4. Aufl, § 12 a Rdn 16 ff; LAG Stuttgart Anw Bl 1985, 103; LAG München Anw Bl 1985, 103; LAG Frankfurt Anw Bl 1985, 104; LAG Nürnberg LAGE § 12 a ArbGG Nr. 8; LAG Hamm LAGE §12 a ArbGG Nr. 10; LAG Schleswig-Holstein LAGE § 12 a ArbGG Nr. 11; LAG Hessen NZA - RR 1999 498; anders LAG Bremen LAGE § 12 a ArbGG Nr. 4; LAG Bremen NZA - RR 1997, 26).

Die in das ArbGG neu aufgenommene Bestimmung des § 12 a Abs. 1 S. 3 ArbGG hat die schon zuvor bestehende Streitfrage nicht eindeutig geklärt. Es ist jedoch darauf zu verweisen, dass der Wortlaut der Bestimmung nicht die zusätzliche Einschränkung enthält wie § 17 b Abs. 2 S. 2 GVG. Es ist ausdrücklich von den entstandenen Kosten die Rede, nicht jedoch von den Mehrkosten. Auch enthält § 12 a Abs 1 S. 3 ArbGG eine gegenüber § 17 b Abs. 2 GVG insoweit selbstständige Regelung, er konkretisiert diese nicht und nimmt nicht auf sie Bezug. Durch § 12 a Abs. 1 S. 3 ArbGG wird nicht nur eine einschränkende Regelung zu S. 1 getroffen, sondern vielmehr die gebührenrechtliche Folge aus § 9 Abs. 1 GKG und § 17 b Abs. 2 GVG gezogen.

Für die Auffassung spricht auch die Bestimmung des § 9 Abs. 2 GKG. Auch dort wird nur eine Regelung bezüglich der durch die Anrufung des unzuständigen Gerichts entstandenen Mehrkosten getroffen, der Wortlaut unterscheidet sich wiederum von dem in § 12 a Abs. 1 S. 3 ArbGG (vgl. Germelmann aaO § 12 a Rdn 18).

Die Beschwerdekammer folgt daher nicht der u.a. vom LAG Bremen (aaO) vertretenen Gegenmeinung, dass nur die Mehrkosten, die durch die Anrufung des unzuständigen Gerichts entstanden sind, erstattungsfähig sein sollen.

Die sofortige Beschwerde war zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 9 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO, § 78 S. 2 ArbGG, § 72 Abs. 2 ArbGG zugelassen worden.



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