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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Hamburg
Beschluss verkündet am 15.08.2002
Aktenzeichen: 6 Ta 20/02
Rechtsgebiete: ZPO, BeschFG


Vorschriften:

ZPO § 114
ZPO § 127 Abs. 2 Satz 2
BeschFG § 1 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Landesarbeitsgericht Hamburg Beschluss

Geschäftszeichen: 6 Ta 20/02

In dem Rechtsstreit

beschließt das Landesarbeitsgericht Hamburg, Sechste Kammer, durch xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx xxxxxxx als Vorsitzende

am 15. August 2002:

Tenor:

Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Hamburg vom 24. Juni 2002 - 3 Ca 191/02 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe:

Mit seiner Beschwerde wendet sich der Kläger gegen die Verweigerung der Prozesskostenhilfe durch das Arbeitsgericht.

Mit seiner Klage macht der Kläger den Fortbestand seines Arbeitsverhältnisses geltend. Er war bei der Beklagten als Lagerarbeiter seit dem 2. Mai 2000 angestellt. Der Arbeitsvertrag war befristet bis zum 29. September 2000 (Anl. Bl. 4 d.A.). Am 18. September 2000 wurde das Arbeitsverhältnis bis zum 22. Dezember 2000, am 17. November 2000 bis zum 21. Dezember 2001 und am 11. Dezember 2001 bis zum 30. April 2002 verlängert.

Der Kläger vertritt die Auffassung, die Befristung des Arbeitsverhältnisses sei unwirksam. Mit Inkrafttreten am 1. Januar 2001 gelte das Gesetz über Teilzeit und Befristung. Dies sehe in § 14 Abs. 2 Satzl eine Verschärfung insofern vor, als eine Befristung nicht mehr zulässig sei, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits ein zuvor befristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat. Die Befristung sei somit unwirksam, weil zuvor schon einmal zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis -nämlich das am 2. Mai 2000 begonnenen - bestanden habe.

Mit Beschluss vom 24 Juni 2002 hat das Arbeitsgericht den Antrag des Klägers auf Prozesskostenhilfe mangels hinreichender Erfolgsaussichten zurückgewiesen. Die Vertragsgestaltung der Parteien hat es für zulässig erachtet.

Gegen den am 26. Juni 2002 zugestellten Beschluss wendet sich der Kläger mit seiner Beschwerde vom 12. Juli 2002, bei Gericht eingegangen am 15. Juli 2002.

Das Arbeitsgericht hat am 5. August 2002 beschlossen, der Beschwerde nicht abzuhelfen und die Sache dem Landesarbeitsgericht vorgelegt.

Die Beschwerde des Klägers ist zwar als sofortige Beschwerde gemäß § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig, insbesondere fristgemäß gemäß § 127 Abs. 2 Satz 3 ZPO.

Die Beschwerde ist jedoch unbegründet.

Das Arbeitsgericht hat die Bewilligung der Prozesskostenhilfe zu Recht abgelehnt,

da es an der gemäß § 114 ZPO erforderlichen Erfolgsaussicht der Klage fehlt. Es ist nicht davon auszugehen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien über den 30. April 2002 hinaus fortbesteht.

Gegen die Befristung des Arbeitsverhältnisses bis zum 30. April 2002 bestehen auch aus Sicht der Berufungskammer keine Bedenken.

Der Vertragsschluss der Parteien am 27. März 2000, befristet bis zum 29. September 2000 und die Verlängerungen vom 18. September 2000 bis zum 22. Dezember 2000 sowie vom 17. November 2000 bis zum 21. Dezember 2001 fanden unter der Gültigkeit des Beschäftigungsförderungsgesetzes (BeschFG) statt, die Befristung beruhte auf § 1 Abs. 1 BeschFG.

Für befristete Arbeitsverhältnisse, die vor dem 1. Januar 2001 geschlossen wurden und deren vereinbarter Vertragsbeginn vor diesem Zeitpunkt lag, findet allein das bislang geltende Recht Anwendung. Unerheblich bezüglich der Anwendbarkeit des BeschFG ist insoweit, ob das Befristungsende zeitlich nach dem 31. Dezember 2000 liegt. Maßgeblich ist das so genannte Tatbestandsprinzip: Mangels einer Übergangsregelung ist das Recht anwendbar, das in dem Zeitpunkt Gültigkeit hat, in dem sich der zu regelnde Sachverhalt - Abschluss des befristeten Arbeitsvertrages - tatbestandlich verwirklicht. Die wirksam abgeschlossene Befristung wird nicht nachträglich dadurch unwirksam, weil die Voraussetzungen des § 14 Abs. 1, Abs. 2 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes (TzBfG) nicht vorlagen; es kommt insofern auf den Zeitpunkt der Vertragsschlusses an. Anderenfalls läge eine vom Gesetzgeber nicht gewollte und verfassungsrechtlich problematische Rückwirkung vor (Preis/Gotthardt, DB 2001, 145; Kliemt, NZA 2001, 296). Die Anwendung des TzBfG darf nicht dazu führen, dass inzident bei er Prüfung von Verlängerungen die Zulässigkeit der Befristung als solche ebenfalls einer Überprüfung nach Maßgabe des TzBfG unterzogen wird. Wurde eine Befristung vor dem 1, Januar 2001 nach dem BeschFG wirksam vereinbart, so ist es unerheblich, ob eine derartige Befristung auch unter dem TzBfG wirksam hätte abgeschlossen werden können (Meinel/Heyn/Herms, TzBfG, § 14 Rdn. 97).

Die Verlängerung des Arbeitsverhältnisses der Parteien am 11. Dezember 2001 zum 30. April 2002 erfolgte dann allerdings nach Inkrafttreten des TzBfG am 1.Januar 2001.

Die Frage, welches Recht für die Verlängerung befristeter Arbeitsverhältnisse, die auf Grund § 1 Abs. 1 BeschFG abgeschlossen wurden, gilt, wird in der Literatur unterschiedlich beurteilt.

Sowka (DB 2000, 2427) stellt sich auf den Standpunkt, es sei altes Recht, also das BeschFG insgesamt anwendbar, da es sich um ein "einheitliches Rechtsverhältnis" handele. Dem hat sich Sträub (NZA 2002, 919) angeschlossen. Demgegenüber befürworten Hopfner (BB 2001, 200; Kliemt a.a.O., Mei-nel/Hein/Herms a.a.O. und KR Lipke/Bader, Kommentar zum Kündigungsschutzrecht, 6. Aufl., § 620 BGB, Rdn. 140, die Anwendbarkeit des TzBfG für die Verlängerung von Arbeitsverhältnissen, die noch unter der Geltung des BeschFG abgeschlossen wurden, seit dem 1. Januar 2001.

Die Berufungskammer folgt der letzteren Auffassung. Das TzBfG enthält keine Übergangsvorschriften zum Umgang mit befristeten Arbeitsverträgen, die noch auf der Grundlage des bis zum 31. Dezember 2000 geltenden BeschFG abgeschlossen wurden. Mangels Übergangsvorschriften gilt sofort und uneingeschränkt ab 1. Januar 2001 das TzBfG. Da für die Frage der Anwendbarkeit des Rechts das Tatbestandsprinzip maßgebend ist, gilt auch für die Verlängerung bestehender befristeter Arbeitsverhältnisse, die auf der Basis des BeschFG begründet wurden, das TzBfG. Denn die Verlängerung des befristeten Arbeitsverhältnisses stellt einen neuen Tatbestand dar. Die Feststellung, dass es sich insgesamt um ein einheitliches Rechtsverhältnis handelt, ist insoweit nicht relevant..

Mit der Ablehnung der Anwendbarkeit des BeschFG auf den Tatbestand der Verlängerung ist jedoch noch keine Aussage darüber getroffen, ob eine solche Verlängerung befristeter Arbeitsverhältnisse, die auf Grund § 1 Abs. 1 BeschFG begründet worden sind, nach neuem Recht zulässig ist.

Grundsätzlich kann auch ein nach dem BeschFG befristeter Vertrag gemäß § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG bis zu einer Höchstdauer von insgesamt 2 Jahren verlängert werden. Die Vorschrift entspricht in weiten Teilen der vorherigen Formulierung in § 1 Abs. 1 Satz 2 BeschFG. Sie ist lediglich aus semantischen Gründen anders gefasst worden und gilt nunmehr ausdrücklich nur für kalendermäßige Befristungen, nicht aber für Zweckbefristungen. Es kann daher davon ausgegangen werden, dass § 14 Abs. 2 Satz 1 zweiter Halbsatz TzBfG materiell-rechtlich § 1 Abs. 1 Satz 2 BeschFG entspricht.

Ausweislich des Wortlautes von § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG ist es für eine Verlängerung ausreichend, wenn ein (zulässigerweise begründetes) befristetes Arbeitsverhältnis "besteht". Eine Unterscheidung zwischen Befristungen nach altem und nach neuem Recht trifft das TzBfG nicht (so auch BAG DB 2000, 2168 zum BeschFG 1996), das ebenfalls keine Übergangsregelung vorsah. Von § 14 Abs. 2 Satz 1 zweiter Halbsatz TzBfG wird materiell nicht der Tatbestand der Begründung von ohne Sachgrund befristeten Arbeitsverhältnissen geregelt. Auch wird im TzBfG nicht anderweitig die Verlängerungsmöglichkeit strengeren Grenzen unterworfen als bisher. Eine Bezugnahme auf die Art der Begründung des Arbeitsverhältnisses, ob dieses also nach neuem oder nach altem Recht zulässigerweise erfolgte, lässt sich dem Gesetz nicht entnehmen. Die Verlängerungsmöglichkeit wird im TzBfG keinen strengeren als den bisherigen Anforderungen unterworfen. Einer Verlängerung steht daher - bezogen auf den zu verlängernden befristeten Vertrag - nicht das neue Anschlussverbot des § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG entgegen. Der gegenüber § 1 Abs. 1 BeschFG strengere § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG regelt tatbestandlich nicht die Verlängerung von Befristungen, sondern die Neubegründung eines befristeten Arbeitsverhältnisses ohne Sachgrund. Dies ergibt sich aus der Gesetzesbegründung, die vom "Abschluss" des befristeten Arbeitsvertrages spricht (BT-Dr 14/4374, S. 19), aber auch aus der Gesetzessystematik: Das TzBfG unterscheidet zwischen der (Erst-)Befristung und deren Verlängerung. Würde § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG jede Verlängerung erfassen sollen, ergäbe sich ein Widerspruch zu § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG, wonach die Verlängerung eines befristeten Arbeitsverhältnisses für die Höchstdauer von 2 Jahren gerade möglich sein soll (Kliemt, a.a.O.; Hopfner, a.a.O.; KR-Lipke/Bader a.a.O.; Meinel/Hein/Herms a.a.O.).

Eine Verlängerung in dem geschilderten Sinne kommt allerdings nur bei unmittelbarem Anschließen an einen im Übrigen inhaltlich identischen befristeten Arbeitsvertrag in Betracht (vgl. BAG NZA 2001, 546).

Da die letztgenannte Voraussetzung im vorliegenden Fall gegeben ist und auch die Höchstbefristungsdauer von 2 Jahren sowie die maximal zulässige Anzahl von Verlängerungen gemäß § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG beachtet wurden, ist die Vertragsgestaltung der Parteien rechtlich nicht zu beanstanden.

Die Beschwerde des Klägers gegen die Verweigerung der Prozesskostenhilfe war daher zurückzuweisen.

Ein Rechtsmittel gegen diesen Beschluss ist nicht gegeben, § 78 Satz 1 ArbGG, § 567 Abs. 1 ZPO n.F., ein Grund zur Zulassung der Rechtsbeschwerde gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO, § 78 Satz 2 ArbGG, § 72 Abs. 2 ArbGG, liegt nicht vor.

Ende der Entscheidung

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