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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Hamburg
Urteil verkündet am 12.06.2008
Aktenzeichen: 8 Sa 17/08
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 613 a Abs. 1
Der sachliche Grund für eine Befristung kann nicht allein in einem geplanten Betriebs(teil-)übergang liegen, da dies zu einer Umgehung von § 613 a I BGB führen würde.
Tenor:

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 31.10.2007 (16 Ca 202/07) wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten im Wesentlichen um die Wirksamkeit einer Befristung.

Der 1968 geborene Kläger ist seit dem 01.01.2005 bei der Beklagten als Transportmitarbeiter / Arbeitnehmer im Innendienst zu einem monatlichen Bruttogehalt von EUR 1.600,- beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis der Parteien war mehrfach befristet, zuletzt durch Vertrag vom 19.12.2006 (Anl. K 2, Bl. 7 ff d. A.) bis zum 30.04.2007.

Die Beklagte ist eine Tochtergesellschaft des Universitätsklinikums E. (E.), die 01.01.2005 zu dem Zweck gegründet wurde, Logistikdienstleistungen u. a. Krankentransporte für das E. zu erbringen. Die bis zu diesem Zeitpunkt vom E. im Krankentransport eingesetzten Mitarbeiter wurden von der Beklagten übernommen. Einschließlich befristet eingestellter Mitarbeiter und Leiharbeitnehmer beschäftigte die Beklagte ca. 270 Arbeitnehmer.

Im Jahr 2004 begannen auf dem Gelände des E. umfangreiche Bau- und Modernisierungsarbeiten, welche auch im Jahr 2007 andauerten und zu erheblichen Schwankungen im Krankentransportaufkommen führten. Für die Zeit mach Abschluss der Umbaumaßnahmen wird mit einer deutlichen Reduzierung des Transportaufkommens gerechnet.

Im September 2006 beschloss die Beklagte, die Dienstleistung der Betriebsführung des internen Krankentransports sowie eines Callcenters für die Beauftragung externer und interner Verlegungstransporte mit Wirkung zum 01.05.2007 an ein anderes Unternehmen zu vergeben. Die öffentliche Ausschreibung erfolgte im Oktober 2006 (Anl. B2, Bl. 57 d. A.). Im Januar 2007 erhielten die Firmen "G." und "A-GmbH" (i. F. Dienstleister) den Zuschlag, mit denen die Beklagte unter dem 15.02.2007 einen Dienstleistungsvertrag (Anl. B 1, Bl. 40 - 56 d. A., sowie B 4, Bl. 104) schloss, welcher zum 01.07.2007 in Kraft treten sollte. Infolge des Einspruchs eines Mitbewerbers um den Auftrag verzögerte sich die Übernahme durch die Dienstleister bis zum 10.07.2007.

Seit dem 10.07.2007 erfolgen sowohl interne als auch externe Krankentransporte beim E. in der Organisation und in der fachlichen Verantwortung der Dienstleister. Diesen stehen dafür 5 Krankentransportfahrzeuge, das Callcenter sowie 35 Vollzeitkräfte der Beklagten zur Verfügung. Das fachliche Weisungsrecht gegenüber diesen Arbeitnehmern wurde auf die Dienstleister übertragen (§ 5 II des Dienstleistungsvertrages, Bl. 45 d. A.), die gemäß § 5 III des Dienstleistungsvertrages (a.a.O.) verpflichtet sind, als Objektleiter in der Krankentransportzentrale einen von ihm ausgewählten Mitarbeiter der Beklagten einzusetzen. Die Dienstleiter können die Transporte selbst oder durch Dritte durchführen lassen (§ 1 IX des Dienstleistungsvertrages, Bl. 43 d. A.), wobei vorrangig die Mitarbeiter der Beklagten einzusetzen sind (§ 6 III (1) - (3) des Dienstleistungsvertrages (Bl. 48 d. A.). Ein Weisungsrecht gegenüber Mitarbeitern des Dienstleisters wurde der Beklagten nicht eingeräumt. Wegen der Aufgabenverteilung im Einzelnen wird auf den Dienstleistungsvertrag (Anl. B 2, Bl. 40 - 56 d. A.) Bezug genommen.

Mit seiner am 10.05.2007 bei Gericht eingegangenen Klage macht der Kläger die Unwirksamkeit der Befristung geltend. Er hat behauptet, bei Abschluss des letzten befristeten Arbeitsvertrages im Dezember 2006 sei nicht absehbar gewesen, dass die Baumaßnahmen auf dem Gelände des E. zum 30.04.2007 beendet sein würden. An der Durchführung der Krankentransporte habe sich durch das Inkrafttreten des Dienstleistungsvertrages nicht viel geändert. Die Tagesdienstpläne würden von den gleichen Personen erstellt wie zuvor. Die konkrete Zuteilung der Transportaufgaben für Transporte innerhalb der Häuser und auf dem Gelände des E. erfolge weiter über die Dispozentrale der Beklagten, die dort eigene Arbeitnehmer beschäftige. Die Außentransporte seien auch vor Abschluss des Dienstleistungsvertrages durch externe Unternehmen durchgeführt worden.

Der Kläger meint, in Durchführung des Dienstleistungsvertrages sei nur die Betriebsführung des Bereichs Krankentransport, nicht der gesamte Bereich auf die Dienstleister übertragen worden. Die Beklagte sei, wie der Einsatz der 35 Stammkräfte zeige, nach wie vor in der Lage, Arbeitnehmer für die Transporte einzusetzen.

Der Kläger hat beantragt,

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht aufgrund der Befristung des Arbeitsvertrages zum 30.04.2007 beendet worden ist.

2. die Beklagte zu verurteilen, den Klägers als "Mitarbeiter im Transport / Arbeitnehmer im Innendienst" weiter zu beschäftigen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat behauptet, bei Abschluss des befristeten Arbeitsvertrages sei die Übernahme der Krankentransporte durch einen Dritten zum 01.04.2007 geplant gewesen. Mit dem Widerspruch eines Wettbewerbers im Vergabeverfahren habe sie nicht gerechnet. Seit dem 10.07.2007 sei die Beklagte für den Bereich Krankentransporte fachlich und funktionell nicht mehr verantwortlich.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Wegen der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (Bl. 6 ff = 77 - 81 d. A.) Bezug genommen. Gegen das am 31.10.2007 verkündete und den Prozessbevollmächtigten der Beklagten am 22.01.2008 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 22.02.2008 Berufung eingelegt und diese - nach Verlängerung der Begründungsfrist bis zum 11.04.2008 - an diesem Tag begründet.

Die Beklagte wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Die Entscheidung des Arbeitsgerichts sei unzutreffend, da es den im Wesentlichen unbestrittenen Sachvortrag der Beklagten zur Vergabe der Transportaufträge verkannt habe. Die von der Beklagten Ende 2006 angestellte Prognose sei eingetreten. Die Beklagte habe bereits seit dem 01.05.2007 keine Leiharbeitnehmer oder befristet eingestellten Arbeitnehmer mehr für die Transporte eingesetzt. Die Zeit bis zum Inkrafttreten des Dienstleistungsvertrages habe die Beklagte mit Einzelaufträgen mit den Dienstleistern überbrückt.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 31.10.2007 (16 Ca 202/07) abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil. Es sei zweifelhaft, ob die Beklagte zu der Entscheidung, Krankentransporte insgesamt durch ein Drittunternehmen durchführen zu lassen, überhaupt befugt gewesen sei, oder ob eine solche Entscheidung nur von der Alleingesellschafterin der Beklagten, dem E., habe getroffen werden können. Der Dienstleistungsvertrag sei erst im Februar 2007 unterzeichnet worden. Eine Prognose im Zeitpunkt des Abschlusses des hier streitigen Arbeitsvertrages, die bereits im Dezember 2006 erfolgt sei, könne darauf nicht gestützt werden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf das erstinstanzliche Urteil sowie die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist nicht begründet.

I.

Das Arbeitsgericht hat der Klage im Ergebnis zu Recht stattgegeben. Zwar spricht - anders als vom Arbeitsgericht angenommen - vieles für einen vorübergehenden Arbeitskräftebedarf i. S. v. § 14 I 2 Nr. 1 TzBfG. Dieser stellt hier jedoch keinen sachlichen Grund i. S. v. § 14 I 1 TzBfG dar, weil der prognostizierte Wegfall des Beschäftigungsbedarfs allein auf einem Betriebsteilübergang i. S. v. § 613 a BGB beruht.

1. Die Befristung gilt nicht bereits gemäß § 17 S. 2 TzBfG i. V. m. § 7 KSchG als wirksam, da sie vom Kläger innerhalb der Frist des § 17 S. 1 TzBfG mit der Feststellungsklage angegriffen worden ist.

2. Es spricht vieles dafür, dass die Beklagte im maßgeblichen Zeitpunkt des Abschlusses des letzten befristeten Vertrages (vgl. BAG v. 14.12.1994 - 7 AZR 342/94 - NZA 95, 680, 682) davon ausging, dass der Bedarf für die Beschäftigung des Klägers nach dem 30.04.2007 entfallen werde.

Unstreitig wurde bereits im Herbst 2006 die Entscheidung getroffen, die Betriebsführung des internen Krankentransports sowie eines Callcenters für die Beauftragung externer und interner Verlegungstransporte mit Wirkung zum 01.05.2007 an ein anderes Unternehmen zu vergeben. Dies belegen die öffentliche Ausschreibung aus Oktober 2006 (Anl. B 2, Bl. 57 d. A.) sowie der später geschlossene Dienstleistungsvertrag. Ob die Beklagte, wie sie behauptet, befugt war, diese Entscheidung in eigener Verantwortung zu treffen, oder ob es, wie der Kläger vermutet, hinzu der Zustimmung der Gesellschafterin bedurfte, kann dahinstehen, denn jedenfalls belegen die Ausschreibung und der letztlich geschlossene Dienstleistungsvertrag, dass alle Bedingungen für die Fremdvergabe vorlagen.

Dass der Dienstleistungsvertrag im Zeitpunkt der Befristungsvereinbarung noch nicht unterzeichnet war, ist ebenso unschädlich wie die Verzögerung durch die wettbewerbsrechtlichen Verfahren, denn für die Frage des Wegfalls des Beschäftigungsbedarfs i. S. v. § 14 I 2 Nr. 1 TzBfG ist allein auf die Prognose des Arbeitgebers im Zeitpunkt des Vertragsschlusses abzustellen (vgl. BAG v. 17.01.2007 - 7 AZR 20/06 - BAGE 121, 18 = NZA 07, 566, Tz 28).

Unschädlich ist weiterhin, dass die Beklagte im maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt beabsichtigte, auch nach dem 30.04.2007 noch Arbeitnehmer zu beschäftigen, die von den Dienstleistern bei Krankentransporten eingesetzt werden sollten. Voraussetzung für die Feststellung eines vorübergehenden Beschäftigungsbedarfs i. S. v. § 14 I 2 Ziffer 1 TzBfG ist nicht, dass der Bedarf für die Beschäftigung einer bestimmten Art von Arbeitnehmern mit Ablauf des Befristungszeitraums insgesamt entfällt. Es genügt, wenn davon auszugehen ist, dass nach diesem Zeitpunkt kein Bedarf mehr für weitere befristet tätige Arbeitnehmer bestehen wird. So liegt der Fall hier. Nach dem Konzept der Beklagten sollte die Beschäftigung der 35 im Jahre 2005 vom E. übernommenen Arbeitnehmer weiterhin gewährleistet werden. Die Beklagte plante jedoch, einen darüber hinaus gehenden Arbeitskräftebedarf durch die Fremdvergabe der Dienstleistung zu vermeiden.

3) Die Befristung ist gleichwohl unwirksam, weil der prognostizierte Wegfall des Beschäftigungsbedarfs allein auf einem Übergang des Betriebsteils Krankentransporte auf einen anderen Arbeitgeber beruhen sollte.

a) Der sachliche Grund für eine Befristung kann nicht allein in einem geplanten Betriebs(teil-)übergang liegen, da dies zu einer Umgehung von § 613 a I BGB führen würde (BAG v. 02.12.1998 - 7 AZR 579/97 - NZA 99, 926, Tz 18; LAG Niedersachsen v. 13.09.2007 - 4 Sa 1764/06 - juris, Tz 56; Oetker EwiR 1999, 877).

b) Der Bereich Krankentransporte bildete bei der Beklagten einen Betriebsteil.

aa) Betriebsteilist eine Teilorganisation, in der sächlich und organisatorisch abgrenzbare arbeitstechnische Teilzwecke erfüllt werden, bei denen es sich um bloße Hilfsfunktionen handeln kann (BAG v. 23.09.1999 - 8 AZR 650/98 - juris; Urt. v. 20.06.2003 - 8 AZR 459/01 - NZA 03, 318, 320). Betriebsteile zeichnen sich dadurch aus, dass sie über einen eigenen Arbeitnehmerstamm, eigene technische Hilfsmittel und eine durch die räumliche und funktionelle Abgrenzung vom Hauptbetrieb bedingte relative Selbständigkeit verfügen. Andererseits fehlt ihnen aber ein eigenständiger Leitungsapparat (BAG v. 15.03.2001 - 2 AZR 151/00 - NZA 01, 831). Das Merkmal des Teilzwecks dient zur Abgrenzung der organisatorischen Einheit. Im Teilbetrieb müssen nicht andersartige Zwecke als im Hauptbetrieb verfolgt werden (BAG v. 08.08.2002 - 8 AZR 583/01 - NZA 03, 315, 317).

bb) Die Krankentransporte stellten einen von anderen Aufgaben abgrenzbaren Teilzweck dar. Dies gilt sowohl für die internen Transporte, welche die Beklagte mit eigenen oder entliehenen Arbeitnehmern durchgeführt hat, als auch für die Vermittlung der externen Transporte an Dienstleister. Zur Erfüllung dieses Teilzwecks standen bei der Beklagten das Callcenter, eine Reihe von Transportfahrzeugen sowie ein Personalbestand zur Verfügung, der ausschließlich oder jedenfalls ganz überwiegend für Krankentransporte eingesetzt wurde.

c) Dieser Betriebsteil ist zum 10.07.2007 auf die Dienstleister übergegangen

aa) Entscheidend für den Begriff des Übergangs i. S. der § 613 a BGB zugrunde liegenden Richtlinie 2001/23/EWG v. 12.03.2000 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Betriebsteilen (zuvor Richtlinie 77/187/EWG des Rates vom 14.02.1977) ist, ob die fragliche Einheit beim Übergang auf ein anderes Rechtssubjekt ihre Identität bewahrt hat (BAG v. 03.09.1998 - 8 AZR 306/97 - NZA 99, 147, 149; Urt. v. 08.08.2002 - 8 AZR 583/01 - NZA 03, 315, 317; EuGH v. 25.01.2001 - NZA 01, 249, 251 - Qy Liikenne).

Bei der Prüfung, ob eine wirtschaftliche Einheit trotz Inhaberwechsels ihre Identität gewahrt hat, müssen sämtliche den betreffenden Vorgang kennzeichnenden Tatsachen berücksichtigt werden. Dazu gehören als Teilaspekte der Gesamtwürdigung namentlich die Art des betreffenden Unternehmens oder Betriebs, der etwaige Übergang der materiellen Betriebsmittel wie Gebäude und bewegliche Güter, der Wert der immateriellen Aktiva im Zeitpunkt des Übergangs, die etwaige Übernahme der Hauptbelegschaft, der etwaige Übergang der Kundschaft sowie der Grad der Ähnlichkeit zwischen den vor und nach dem Übergang verrichteten Tätigkeiten und die Dauer einer eventuellen Unterbrechung dieser Tätigkeit. Eine Einheit darf allerdings nicht als bloße Tätigkeit verstanden werden. Die Identität der Einheit ergibt sich auch aus den anderen Merkmalen wie ihrem Personal, ihren Führungskräften, ihrer Arbeitsorganisation, ihren Betriebsmethoden und ggf. den ihr zur Verfügung stehenden Betriebsmitteln. Den für das Vorliegen eines Übergangs maßgeblichen Kriterien kommt je nach der ausgeübten Tätigkeit und je nach den Produktions- oder Betriebsmethoden unterschiedliches Gewicht zu (st. Rspr. des BAG, Urt. v. 27.11.2003 - 2 AZR 48/03 - NZA 04, 477, 479; Urt. v. 14.12.2000 - 8 AZR 220/00 - n. v. zu II 1 d. Gr.; Urt. v. 22.05.1997 - 8 AZR 101/96 - BAGE 86, 20, 28 = NZA 97, 1050; im Anschluss an EuGH v. 11.03.1997 - Rs C-13/95 - EuGHE I 1997, 1259 - Ayse Süzen).

Von besonderem Gewicht ist, ob der Betrieb unmittelbar fortgeführt oder wieder aufgenommen wird (EuGH v. 25.01.2001 - NZA 01, 249, Tz 27 - Qy Liikenne) sowie die Dauer einer eventuellen Unterbrechung (BAG, Urt. v. 14. 12. 2000 - 8 AZR 220/00 - n. v. zu II 1 d.Gr.; EuGH, Urt. v.01.12.1999 - Rs. C-234/98 - NZA 00, 587, 589 - Tz 33 - Allen u. a). Nicht ausreichend für die Annahme eines Betriebsübergangs ist die bloße Funktionsnachfolge. Darüber besteht inzwischen Einigkeit zwischen BAG (Urt. v. 11.12.1997 - 8 AZR 426/94 - BAGE 87, 296, 300 = NZA 98, 532; Urt. v. 20.06.2002 - 8 AZR 459/01 - NZA 03, 318, 320) und EuGH (Urt. v. 25.01.2001 - NZA 01, 249, Tz 33 - Qy Liikenne; anders wohl noch EuGH v. 14.04.1994 - NZA 94, 545 - Christel Schmidt). Die Ähnlichkeit der Aufgabe gehört jedoch zu den im Rahmen der Gesamtbewertung für einen Betriebsübergang sprechenden Umständen (EuGH v. 21.01.2001, a.a.O.). Das gleiche gilt für die Übernahme der Hauptbelegschaft (BAG v. 03.09.1998 - 8 AZR 306/97 - NZA 99, 147, 149; EuGH v. 25.01.2001 - NZA 01, 249, Tz 33 - Qy Liikenne). In bestimmten Branchen, in denen es im Wesentlichen auf die menschliche Arbeitskraft ankommt, kann die Übernahme einer Gesamtheit von Arbeitnehmern der entscheidende Faktor für einen Betriebsübergang sein (BAG v. 20.06.2002 - 8 AZR 459/01 - NZA 03, 318, 320). Auch die Übernahme von Führungskräften kann ein Indiz für einen Betriebsübergang sein (BAG v. 11.09.1997 - 8 AZR 555/95 - BAGE 86, 271 = NZA 1998, 31). Schließlich ist die Übernahme materieller Betriebsmittel, abhängig von deren Bedeutung für die Erreichung des Betriebszwecks, bei der Gesamtbeurteilung zu berücksichtigen. Während bei Unternehmen, bei denen es vornehmlich um menschliches know-how geht, ein Betriebsübergang auch ohne die Übernahme materieller Betriebsmittel in Betracht kommt, kann diesem in anderen Fällen die entscheidende Bedeutung zukommen (EuGH v. 25.01.2001 - NZA 01, 249 (Tz 39) - Qy Liikenne).

bb) Bei Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall ergibt sich, dass der Betriebsteil Krankentransporte trotz Vergabe an die Dienstleister seine Identität bewahrt hat.

Dafür spricht zunächst, dass die Funktion, interne und externe Krankentransporte für das E. durchzuführen, von den Dienstleistern zum Stichtag 10.07.2007 ohne Unterbrechung übernommen worden ist. Damit haben die Auftragnehmer gleichzeitig die wesentliche "Kundenbeziehung" übernommen, da das E. Hauptkunde der Transportleistungen der Beklagten war.

Die Funktion wird jedenfalls teilweise mit den gleichen Betriebsmitteln ausgeführt wie bei der Beklagten. Neben den 5 Spezialfahrzeugen, deren Bereitstellung durch die Beklagte in § 7 V des Dienstleistungsvertrages vereinbart ist, stellt die Beklagte den Dienstleistern auch das Callcenter zur Verfügung. Dabei handelt es sich um eine wesentliches Element der Infrastruktur, durch die sichergestellt wird, dass alle Transportaufträge des E. bei den Dienstleistern eingehen.

Von wesentlicher Bedeutung ist darüber hinaus die Befugnis der Dienstleister, 35 Mitarbeiter der Beklagten im Rahmen der Krankentransporte einzusetzen. Zwar handelt es sich nicht um einen typischen Fall der Übernahme eines Teils der Belegschaft, da die 35 Mitarbeiter in einer arbeitsvertraglichen Beziehung zur Beklagten bleiben. Die Dienstleister erhalten jedoch mit dem ihnen übertragenen Direktionsrecht die Möglichkeit, die Mitarbeiter wie eigenes Personal in ihrer Verantwortung einzusetzen. Nach Auffassung der Kammer ist diese Verfügungsbefugnis von größerer Bedeutung als die Begründung eigener arbeitsvertraglicher Beziehungen. Dass mit dem von der Beklagten überlassenen Personal ein wesentlicher Teil des Personalbedarfs jedenfalls für die internen Transporte abgedeckt wird, ergibt sich aus § 6 III (1) bis (3) des Dienstleistungsvertrags. In § 5 III des Dienstleistungsvertrags ist zusätzlich vereinbart, dass die Objektleitung, also eine wesentliche Führungsposition, auf einen Mitarbeiter der Beklagten übertragen werden soll.

Der Wahrung der Identität der wirtschaftlichen Einheit steht nicht entgegen, dass die Dienstleister bei Bedarfsspitzen auf eigenes Personal und auf eigene Transportfahrzeuge zurückgreifen darf und soll. Die Krankentransport des E. werden damit nicht vollständig in eine schon bestehende Betriebsstruktur eingegliedert (vgl. BAG v. 06.04.2006 - 8 AZR 249/04 - BAGE 117, 361 = NZA 06, 1039). Die bei den Dienstleitern schon vorhandenen Ressourcen stehen lediglich als Reserven zur Verfügung, wenn die von der Beklagten beim E. bereitgestellten Ressourcen nicht ausreichen. Letztere sollen nach dem Dienstleistungsvertrag primär genutzt werden. Die Anbindung an das Gelände des E. und an die dort bereitgestellten Transportkapazitäten prägt somit nach wie vor die Identität der wirtschaftlichen Einheit.

d) Die Befristung des Arbeitsverhältnisses des Klägers ist auch wegen des Betriebs(teil-)übergangs erfolgt. Dies ergibt sich aus dem Vorbringen der Beklagten im vorliegenden Rechtsstreit, welche die geplante Vergabe der Transportleistungen als wesentliches Motiv der Befristung dargestellt hat. Dass die Beklagte dabei zunächst von einem früheren Datum der Übertragung ausging, ist auch in diesem Zusammenhang ohne Bedeutung.

II.

Aus dem Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses folgt die Verpflichtung der Beklagten, den Kläger entsprechend den im Arbeitsvertrag vereinbarten Bedingungen weiter zu beschäftigen. Der Anspruch ist abzuleiten aus den §§ 611, 613 BGB i. V. m. § 242 BGB, wobei die Generalklausel des § 242 BGB durch die Wertentscheidungen der Art. 1 und 2 GG ausgefüllt wird (st. Rechtsprechung, vgl. BAGE 2, 221; Großer Senat v. 27.02.1985 - GS 1/84 - BAGE 48, 122, 134f = NZA 85, 702).

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 64 VI ArbGG i. V. m. § 97 ZPO.

IV.

Die Zulassung der Revision beruht auf § 72 II Nr. 1 ArbGG.

Ende der Entscheidung

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