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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 08.12.2006
Aktenzeichen: 10 Sa 1023/06
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 133
BGB § 157
BGB § 611
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 07.06.2006 - 6 Ca 36/06 - wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über restliche Vergütungsansprüche.

Der am 12.01.13xx geborene Kläger ist verheiratet und hat ein Kind. Seit dem 01.11.2001 war er bei der Beklagten als Kraftfahrer aufgrund eines schriftlichen Arbeitsvertrages vom 07.09.2001 zu einem monatlichen Bruttoverdienst von zuletzt 2.148,00 € tätig. Mit Schreiben vom 31.10.2005 kündigte der Beklagte das mit dem Kläger bestehende Arbeitsverhältnis zum 30.11.2005. Wegen dieser Kündigung erhob der Kläger fristgerecht Kündigungsschutzklage zum Arbeitsgericht - 6 Ca 3537/05 - und erweiterte die Klage um Überstundenansprüche in Höhe von ca. 6.700,00 €.

Im Gütetermin vom 02.12.2005 schlossen die Parteien folgenden Vergleich:

1. Die Parteien sind sich darüber einig, dass das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis aufgrund fristgerechter arbeitgeberseitiger ordentlicher betrieblich veranlasster Kündigung vom 31.10.2005 mit Ablauf des 30.11.2005 sein Ende gefunden hat.

2. Die Beklagte zahlt an den Kläger zum Ausgleich für den Verlust seines sozialen Besitzstandes eine Abfindung entsprechend den §§ 9, 10 KSchG in Höhe von 6.000,00 €.

3. Bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses wird dieses vertragsgemäß abgerechnet.

4. Damit sind alle finanziellen Ansprüche der Parteien aus dem beendeten Arbeitsverhältnis, seien sie bekannt oder unbekannt, gleich auf welchem Rechtsgrund und auf welchen Tatsachen sie beruhen mögen, ob sie Gegenstand dieses Rechtsstreits waren oder nicht, erledigt.

5. Beide Parteien behalten sich den Widerruf dieses Vergleichs durch schriftliche Anzeige bei Gericht bis zum 23.12.2005 vor."

Der Vergleich wurde nicht widerrufen, die Parteien vereinbarten jedoch außergerichtlich die Zahlung des vereinbarten Abfindungsbetrages in Raten. Mit Schreiben vom 05.01.2006 (Bl. 27 d.A.) überreichte der Beklagte durch seine Prozessbevollmächtigten die erstellte Abrechnung für November 2005 (Bl. 73 d.A.), eine Auszahlung des sich aus der Abrechnung ergebenden Nettogehaltes erfolgte jedoch nicht.

Der Kläger erhob daraufhin am 05.01.2006 die vorliegende Klage, mit der er sein Arbeitsentgelt für November 2005 in Höhe von 2.148,00 € brutto verlangte.

Durch Urteil vom 07.06.2006 hat das Arbeitsgericht der Klage stattgegeben und zur Begründung ausgeführt, dass eine Auslegung des Vergleichs vom 02.12.2005 ergebe, dass der Beklagte nicht nur zur Erteilung einer Abrechnung, sondern auch zur Zahlung des sich aus der Abrechnung ergebenden Novemberverdienstes verpflichtet gewesen sei. Einen Verzicht auf die Auszahlung des Novemberverdienstes habe der Kläger zu keinem Zeitpunkt erklärt. Die Zahlung des Novembergehaltes sei zu keinem Zeitpunkt zwischen den Parteien streitig gewesen, es sei auch nicht Teil der vereinbarten Abfindung.

Gegen das dem Beklagten am 19.06.2006 zugestellte Urteil, auf dessen Gründe ergänzend Bezug genommen wird, hat der Beklagte am 20.06.2006 Berufung zum Landesarbeitsgericht eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 19.10.2006 mit dem am 08.09.2006 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet.

Der Beklagte ist der Auffassung, er habe durch Erteilung der Abrechnung für November 2005 den Vergleich erfüllt. Ein etwaiger Zahlungsanspruch sei durch die Ausgleichsklausel in Ziffer 4. des Vergleichs erledigt. Der Zahlungsanspruch werde von der Ausgleichsklausel erfasst, lediglich der Abrechnungsanspruch sei tituliert. Eine Zahlung des November-Gehaltes habe der Beklagte zu keinem Zeitpunkt zugesagt.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 07.06.2006 - 6 Ca 36/06 - abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil und ist der Auffassung, das Arbeitsgericht habe den Vergleich vom 02.12.2005 zutreffend ausgelegt. Der Zahlungsanspruch sei nicht durch die Ausgleichsklausel erledigt. Beide Parteien seien im Gütetermin vom 02.12.2005 selbstverständlich davon ausgegangen, dass der Monat November noch abgerechnet und das November-Gehalt noch gezahlt werden müsse; das habe genau durch Ziffer 3) des Vergleichs geregelt werden sollen. Die Ausgleichsklausel greife erst dann ein, wenn alle Verpflichtungen aus dem Vergleich erledigt seien.

Darüber hinaus, so behauptet der Kläger, habe der Beklagtenvertreter in mehreren Telefonaten, in denen es um die Abwicklung des Vergleichs gegangen sei, zugesagt, dass eine Anweisung des Entgelts für November erfolgen werde.

Das November-Entgelt sei auch nicht in der Abfindung in Höhe von 6.000,-- € enthalten.

Die Berufungskammer hat die Akten 6 Ca 3537/05 Arbeitsgericht Bielefeld informationshalber beigezogen. Auf den Inhalt dieser Akten wird ebenso Bezug genommen wie auf den weiteren Inhalt der von den Parteien gewechselten Schriftsätze.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Beklagten ist nicht begründet.

Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Arbeitsgericht der zulässigen Zahlungsklage stattgegeben.

Der Kläger hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Zahlung des Arbeitsentgelts für November 2005 in der unstreitigen Höhe von 2.148,-- € brutto. Dieser Anspruch ergibt sich aus den §§ 611, 615 BGB in Verbindung mit den Bestimmungen des Arbeitsvertrages zwischen den Parteien. Zwischen den Parteien bestand bis Ende November 2005 ein erfüllbares Arbeitsverhältnis. Soweit der Kläger im November 2005 noch Arbeitsleistungen für den Beklagten erbracht hat, steht ihm hierfür der vereinbarte Verdienst zu. Soweit der Kläger freigestellt worden ist, ergibt sich der Anspruch aus Annahmeverzug.

Der Zahlungsanspruch des Klägers ist nicht durch die im Vergleich vom 02.12.2005 enthaltene Ausgleichsklausel ausgeschlossen.

Zwar sind Ausgleichsklauseln, wie sie in Ziffer 4) des Vergleichs vom 02.12.2005 enthalten sind, im Interesse klarer Verhältnisse grundsätzlich weit auszulegen. Die Ausgleichsklausel in Ziffer 4) des Vergleichs vom 02.12.2005 enthält auch ein konstitutives negatives Schuldanerkenntnis im Sinne des § 397 Abs. 2 BGB (BAG, Urteil vom 28.07.2004 - AP TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 177; BAG, Urteil vom 23.02.2005 - AP TVG § 1 Tarifverträge: Druckindustrie Nr. 42). Danach erfasst die Ausgleichsklausel in Ziffer 4) des Vergleichs vom 02.12.2005 alle Ansprüche der Parteien untereinander mit Ausnahme derjenigen, die im Vergleich vom 02.12.2005 geregelt sind (BAG, Urteil vom 31.07.2002 - AP HGB § 74 Nr. 74).

Die Auslegung des Vergleichs vom 02.12.2005 nach den Regeln der §§ 133, 157 BGB ergibt jedoch, dass der Anspruch des Klägers auf Auszahlung des Arbeitsentgelts für November 2005 nicht von der Ausgleichsklausel in Ziffer 4. des Vergleichs vom 02.12.2005 erfasst wird. Dies hat das Arbeitsgericht zutreffend erkannt. Auf die ausführlichen und zutreffenden Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils wird zur Vermeidung von Widerholungen gemäß § 540 ZPO Bezug genommen.

Richtig ist zwar, dass der Anspruch des Klägers auf Auszahlung des Arbeitsentgelts für November 2005 nicht ausdrücklich im Wortlaut des Vergleichs seinen Niederschlag gefunden hat. Nach Ziffer 3. des Vergleichs vom 02.12.2005 ist lediglich der Abrechnungsanspruch tituliert worden.

Hieraus ergibt sich jedoch nicht, dass der Kläger auf Auszahlung des Arbeitsentgelts für November 2005 im Vergleich vom 02.12.2005 verzichtet hätte. Das Arbeitsentgelt zwischen den Parteien für November 2005 war zu keinem Zeitpunkt streitig. Das Arbeitsverhältnis ist vom Beklagten selbst erst zum 30.11.2005 gekündigt worden. Soweit die Parteien in Ziffer 3 des Vergleichs vom 02.12.2005 vereinbart haben, dass das Arbeitsverhältnis bis zur Beendigung vertragsgemäß abgerechnet werden sollte, sollte ersichtlich auch vereinbart werden, dass der sich aus der Abrechnung ergebende Nettobetrag an den Kläger zur Auszahlung gelangen sollte. Zu keinem Zeitpunkt hat der Beklagte den Bestand der Forderung des Klägers auf Zahlung des Novemberentgeltes in Frage gestellt. Die durch Ziffer 3 des Vergleichs vom 02.12.2005 titulierte Abrechnung sollte den Anspruch des Klägers auf Zahlung des Arbeitsentgelts für November 2005 streitlos stellen (vgl. BAG, Urteil vom 20.10.1982 - AP TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 76; BAG, Urteil vom 21.04.1993 - AP TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 124; LAG Hamm, Urteil vom 07.12.2000 - NZA - RR 2002, 15 m. w. N.). Der durch Ziffer 3 des Vergleichs vom 02.12.2005 titulierte Abrechnungsanspruch wäre wertlos, wenn der sich aus der Abrechnung ergebende Nettobetrag nicht an den Kläger zur Auszahlung gelangen würde.

Das Arbeitsgericht hat auch zutreffend darauf hingewiesen, dass das Arbeitsentgelt für November zwischen den Parteien zu keinem Zeitpunkt, auch nicht während der Nachverhandlungen über die Ratenzahlung hinsichtlich der vereinbarten Abfindung, streitig gewesen ist. Zu keinem Zeitpunkt hat der Beklagte den Verdienst des Klägers bis zum 30.11.2005 bestritten.

Unstreitig ist zwischen den Parteien darüber hinaus, dass das Arbeitsentgelt des Klägers für November 2005 auch nicht in dem vereinbarten Abfindungsbetrag von 6.000,-- € enthalten ist. Auch das behauptet der Beklagte selbst nicht.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Der Beklagte hat die Kosten des erfolglos gebliebenen Rechtsmittels zu tragen.

Der Streitwert hat sich in der Berufungsinstanz nicht geändert, § 63 GKG.

Für die Zulassung der Revision zum Bundesarbeitsgericht bestand nach § 72 Abs. 2 ArbGG keine Veranlassung.

Ende der Entscheidung

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