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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 17.12.2008
Aktenzeichen: 10 Sa 1113/08
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 305 Abs. 1
BGB § 305 c Abs. 1
BGB § 307 Abs. 1
ZPO § 533
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung des Klägers sowie die Anschlussberufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Dortmund vom 05.06.2008 - 3 Ca 630/08 - werden zurückgewiesen.

Von den Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger 7/8, die Beklagte 1/8 zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Streitwert für das Berufungsverfahren: 4.662,92 €.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um Aufwendungsersatzansprüche und um einen Anspruch auf Urlaubsabgeltung. In der Berufungsinstanz machte die Beklagte darüber hinaus im Wege der Widerklage einen Lohnsteuererstattungsanspruch geltend.

Der Kläger, von Beruf Diplomingenieur, war bei der Beklagten vom 25.04.2006 bis zum 30.04.2007 aufgrund eines schriftlichen Arbeitsvertrages vom 10.04.2006 (Bl. 4 f. d.A.) sowie einer Vereinbarung vom 05.02.2007 (Bl. 36 d.A.) zu einem Gehalt von zuletzt 4.300,00 € brutto tätig. In § 13 des Arbeitsvertrages vom 10.04.2006 war folgendes geregelt:

Gerichtsstand für eventuelle Streitigkeiten aus dem Arbeitsverhältnis ist der Sitz der R4. Alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis verfallen, wenn sie nicht innerhalb von 6 Wochen nach Fälligkeit schriftlich geltend gemacht werden. Sie verfallen auch, wenn sie nicht innerhalb von 6 Monaten nach Fälligkeit gerichtlich geltend gemacht werden. Eine spätere Geltendmachung ist ausgeschlossen.

Auf die übrigen Bestimmungen des Arbeitsvertrages vom 10.04.2006 wird Bezug genommen.

Im Jahre 2007 wurde dem Kläger bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 30.04.2007 kein Urlaub gewährt. Mit E-Mail vom 10.04.2007 (Bl. 60 d.A.) teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass sie den ihm zustehenden Resturlaub gemäß den gesetzlichen Gegebenheiten mit dem letzten Gehalt auszahlen werde. Nach Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vom 16.04.2007 und 24.04.2007 (Bl. 53 d.A.) war der Kläger in der Zeit vom 16.04.2007 bis zum 30.04.2007 arbeitsunfähig erkrankt.

Bereits im Dezember 2006 verlangte die Beklagte vom Kläger das ihm zur Verfügung gestellte Dienstfahrzeug heraus. Hierüber führten die Parteien einen Rechtsstreit beim Arbeitsgericht Dortmund - 10 Ca 3229/07 -.

Ab Januar 2007 setzte der Kläger zur Erledigung der ihm übertragenden Aufgaben seinen eigenen Pkw ein. Umfang und Erforderlichkeit der mit dem eigenen Pkw zurückgelegten Kilometer sind zwischen den Parteien streitig.

Mit Schreiben vom 15.05.2007 (Bl. 49 d.A.) forderte der Kläger die Beklagte zur Abrechnung seines Resturlaubes und der entstandenen Spesen auf. Da die Beklagte nicht reagierte, machte der Kläger mit Schreiben vom 23.08.2007 nochmals seine Ansprüche auf Urlaubsabgeltung und Aufwendungsersatz geltend.

Mit der am 04.02.2008 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage forderte der Kläger von der Beklagten Urlaubsabgeltung für neun Tage in Höhe von 2.142,90 € netto sowie Aufwendungsersatz in Höhe von 2.790,00 € für in dem Zeitraum vom 02.01.2007 - 13.04.2007 insgesamt gefahrene 9.300 Kilometer. Hierauf ließ er sich im Klageverfahren einen unstreitig erhaltenen Vorschuss von 800,00 € anrechnen. Ferner machte er im Laufe des Klageverfahrens Verpflegungs- und Übernachtungskosten in Höhe von zwei weiteren 2.143,93 € geltend.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Beklagte sei verpflichtet, den ihm zustehenden Urlaub von neun Tagen abzugelten. In der Zeit vom 16.04.2007 bis zum 30.04.2007 habe er seinen Urlaub nicht nehmen können, da er arbeitsunfähig erkrankt gewesen sei.

Der Kläger hat ferner behauptet, er habe im Zeitraum vom 02.01.2007 bis zum 13.04.2007 für die Beklagte 9.300 Km zurück gelegt. Pro Kilometer könne er 0,30 € beanspruchen, so dass sich ein Betrag von 2.790,00 € errechne, von dem ein Vorschuss von 800,00 € abzuziehen sei. Des Weiteren habe er Anspruch auf Zahlung von Verpflegungs- und Übernachtungskosten aufgrund der Vereinbarung vom 05.02.2007 in Höhe von 2.143,93 € für die Zeit vom 01.02.2007 bis zum 13.04.2007.

Mit Schreiben vom 15.05.2007 und vom 23.08.2007 habe er seine Ansprüche in ausreichender Weise geltend gemacht. Die Ausschlussfrist in § 13 des Arbeitsvertrages stehe seinen Ansprüchen schon deshalb nicht entgegen, weil die Ausschlussfristen im Zusammenhang zu betrachten seien und die Klausel hinsichtlich der schriftlichen Geltendmachung einer Inhaltskontrolle nicht stand halte. § 13 des Arbeitsvertrages sei danach insgesamt unwirksam.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.990.00 € netto nebst Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.09.2007, 1.842,86 € brutto nebst Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.09.2007 und 2.143,93 € netto nebst Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 828,99 € seit dem 15.03.2007, aus weiteren 864,65 € seit dem 15.04.2007 und aus weiteren 450,29 € seit dem 15.05.2007 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, dem Kläger stehe kein Urlaubsabgeltungsanspruch zu, weil er, wie sie behauptet, in der Zeit ab 16.04.2007 nicht arbeitsunfähig erkrankt gewesen sei.

Darüber hinaus habe der Kläger auch keinen Anspruch auf Aufwendungsersatz oder Schadensersatz. Die dem Kläger entstandenen Kosten für die Fahrten zwischen seinem Wohnort und seiner Arbeitsstätte seien nicht erstattungspflichtig.

Im Übrigen habe er nicht substantiiert dargelegt, dass er Mehraufwendungen für Botengänge im Sinne der Vereinbarung vom 05.02.2007 gehabt habe.

Darüber hinaus seien sämtliche Ansprüche nach § 13 des Arbeitsvertrages verfallen. Der Kläger habe mindestens die 6-monatige Frist zur gerichtlichen Geltendmachung nicht eingehalten. Diese Frist sei wirksam, auch wenn die erste Frist zur schriftlichen Geltendmachung unwirksam sei.

Durch Urteil vom 05.06.2008 hat das Arbeitsgericht der Klage auf Gewährung der Urlaubsabgeltung in Höhe von 1.786,14 € stattgegeben. Die darüber hinausgehende Klage hat es abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dem Kläger stehe ein Urlaubsabgeltungsanspruch - ausgehend von einem monatlichen Bruttoverdienst von zuletzt 4.000,00 € - für neun Tage lediglich in Höhe von 1.786,14 € zu. Den Aufwendungs- bzw. Schadensersatzansprüchen des Klägers könne nicht stattgegeben werden, weil sie nach § 13 des Arbeitsvertrages verfallen sei. Der Kläger habe mindestens die zweite Frist zur gerichtlichen Geltendmachung für die Aufwendungs- bzw. Schadensersatzansprüche nicht eingehalten. § 13 des Arbeitsvertrages sei insoweit wirksam. Selbst wenn von der Unwirksamkeit der 6-wöchigen Frist zur schriftlichen Geltendmachung ausgegangen würde, sei die Frist zur gerichtlichen Geltendmachung wirksam. Sie könne auch bei Unwirksamkeit der ersten Frist aufrecht erhalten werden.

Gegen das dem Kläger am 26.06.2008 unvollständig - Seite 4 und 6 des erstinstanzlichen Urteils fehlten teilweise, Seite 5 vollständig - zugestellte Urteil, auf dessen Gründe ergänzend Bezug genommen wird, hat der Kläger am 15.07.2008 Berufung zum Landesarbeitsgericht eingelegt und diese mit dem am 19.08.2008 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet. Das vollständig abgesetzte Urteil wurde dem Kläger am 27.08.2008 zugestellt.

Mit Schriftsatz vom 23.07.2008, beim Landesarbeitsgericht eingegangen am 24.07.2008, erhob die Beklagte, der das erstinstanzliche Urteil am 25.06.2008 zugestellt worden war, Widerklage und machte einen Lohnsteuererstattungsanspruch in Höhe von 528,99 € gegenüber dem Kläger geltend.

Unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Sachvortrags ist der Kläger nach wie vor der Auffassung, er habe einen Anspruch auf Erstattung der ihm entstandenen Fahrtkosten in Höhe von 1.990,00 € sowie auf Übernahme der Verpflegungs- und Übernachtungskosten in Höhe von 2.143,93 €. Dies ergebe sich aus seinen Abrechnungen für das Jahr 2006 (Bl. 96 f. d.A.).

Die geltend gemachten Ansprüche seien auch nicht verfallen. § 13 des Arbeitsvertrages lasse nicht erkennen, dass überhaupt eine Verfallfristregelung getroffen werde. Eine Überschrift finde sich in § 13 des Arbeitsvertrages nicht. Die Klausel beginne mit einer unzulässigen Gerichtsstandsvereinbarung und lasse dann eine Verfallfristregelung folgen. Damit sei das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 verletzt.

Darüber hinaus sei auch das Arbeitsgericht davon ausgegangen, dass die Verfallklausel von 6 Wochen zur schriftlichen Geltendmachung einer Inhaltskontrolle nicht standhalte. Hieraus ergebe sich, dass aufgrund der Unwirksamkeit der Frist zur schriftlichen Geltendmachung auch die weitere Frist zur gerichtlichen Geltendmachung unwirksam sei. § 13 des Arbeitsvertrages enthalte aus der Sicht des Klägers eine Alternativregelung, wonach bei Nichteinhaltung der 6-Wochen-Frist gegenüber der Beklagten bereits sämtliche Ansprüche verfallen seien. Es gebe auch keine Alternative zwischen der schriftlichen Geltendmachung und der Klageeinreichung nach sechs Monaten, die zweite Frist sei von der ersten abhängig. Die beiden Regelungen seien gerade nicht voneinander getrennt. Der Kläger habe aus der Unwirksamkeit der Frist von sechs Wochen zur schriftlichen Geltendmachung die Schlussfolgerung ziehen müssen, dass ihm eine Klageerhebung nichts mehr nütze, wenn er die 6-Wochen-Frist verpasst habe.

Der Kläger, der die Widerklage der Beklagten für unzulässig hält und sich im Termin vor der Berufungskammer vom 17.12.2008 auf die Widerklage nicht eingelassen hat, beantragte,

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Dortmund vom 05.06.2008 - 3 Ca 630/08 - die Beklagte über den zuerkannten Betrag in Höhe von 1.786,14 € brutto hinaus zu verurteilen, an den Kläger weitere 1.990,00 € netto nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.09.2007, sowie weitere 2.143,93 € netto nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf 829,99 € seit dem 15.03.2007, weitere 864,65 € seit dem 15.04.2007 und auf weitere 450,29 € seit dem 15.05.2007 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

1. die Berufung des Klägers zurückzuweisen,

2. den Kläger widerklagend zu verurteilen, an die Beklagte 528,99 € nebst Verzugszinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil, soweit es die Klage hinsichtlich der Aufwendungsersatzansprüche abgewiesen hat. Sie ist nach wie vor der Auffassung, dass die Verfallklausel in § 13 des Dienstvertrages einer AGB-Kontrolle standhalte. Die Regelung verstoße weder gegen das Transparenzgebot. noch wirke sich die unangemessen kurze erste Stufe auf die Wirksamkeit der Frist zur gerichtlichen Geltendmachung aus. Nach dem ausdrücklichen Wortlaut der Klausel bestehe keine Abhängigkeit zwischen der ersten und der zweiten Verfallfrist. Durch die Verwendung des Wortes "auch" in Satz 3 des § 13 des Arbeitsvertrages werde deutlich, dass beide Regelungen völlig unabhängig nebeneinander stünden.

Die Beklagte ist ferner der Auffassung, sie habe gegenüber dem Kläger einen Lohnsteuererstattungsanspruch von 528,99 €. Bei der Beklagten habe zwischenzeitlich eine Lohnsteuer-Außenprüfung stattgefunden, wonach sie verpflichtet sei, für den Kläger Lohnsteuer aus dem Jahre 2006 in Höhe von 462,00 €, Solidaritätszuschlag für 2006 in Höhe von 25,41 € sowie Kirchensteuer in Höhe von 41,58 € nachzuzahlen. Dies ergebe sich aus dem Anschreiben der Steuerberaterin vom 15.04.2008 (Bl. 159 d.A.).

Der Kläger beantragt,

die Widerklage zurückzuweisen.

Im Übrigen wird auf den weiteren Inhalt der von den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet.

Die Anschlussberufung der Beklagten - als eine solche ist die Erhebung der Widerklage durch die durch das erstinstanzliche Urteil nicht beschwerten Beklagten anzusehen - ist bereits unzulässig.

I.

1. Die Berufung des Klägers gegen das erstinstanzliche Urteil ist an sich statthaft und form- und fristgerecht beim Landesarbeitsgericht eingelegt worden, §§ 64 Abs. 1, 2 und 6 ArbGG, 517, 519 ZPO.

Der Kläger hat die Berufung auch fristgerecht nach den §§ 64 Abs. 6 ArbGG, 520 ZPO begründet, obgleich die Berufungs- und Berufungsbegründungsfrist nicht zu laufen begonnen haben, weil dem Kläger am 26.06.2008 lediglich eine unvollständige Ausfertigung des erstinstanzlichen Urteils zugestellt worden ist. Wesentliche Teile der Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils fehlten bei der dem Kläger am 26.06.2006 zugestellten Ausfertigung. Ein zur Unwirksamkeit der Zustellung führender wesentlicher Mangel liegt dann vor, wenn in der zugestellten Urteilsausfertigung ganze Seiten fehlen (BGH, 10.03.1998 - NJW 1998, 1959; BGH, 24.01.2001 - NJW 2001, 1653; BGH, 07.07.2004 - MDR 2004, 1437). So liegt der vorliegende Fall. Bei dem dem Kläger zugestellten Urteil fehlten wesentliche Teile auf Seite 4 und Seite 6, die 5. Seite fehlte vollständig.

Dennoch hat der Kläger die Berufungsbegründungsfrist des § 520 Abs. 2 ZPO eingehalten und die Berufung anhand der mündlichen Ausführungen des erstinstanzlichen Gerichts begründet.

2. Die Anschlussberufung der Beklagten, die Erhebung der Widerklage, ist nach den §§ 64 Abs. 6 ArbGG, 533 ZPO unzulässig. Hiernach sind eine Klageänderung, Aufrechnungserklärung und Widerklage nur zulässig, wenn

1. der Gegner einwilligt oder das Gericht dies für sachdienlich hält und

2. diese auf Tatsachen gestützt werden können, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 ZPO zugrunde zu legen hat.

Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Weder hat der Kläger seine Einwilligung zur Erhebung der Widerklage erteilt noch erscheint die Erhebung der Widerklage in der zweiten Instanz sachdienlich. Insbesondere die Voraussetzungen des § 533 Nr. 2 ZPO liegen nicht vor. Die Widerklage der Beklagten kann nicht auf Tatsachen gestützt werden, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung ohnehin zugrunde zu legen hat. Mit der Widerklage ist ein völlig anderer Streitstoff zur Entscheidung gestellt worden, als er der Klage des Klägers beim Arbeitsgericht zugrunde gelegen hat. Der Kläger hat erstinstanzlich neben dem Urlaubsabgeltungsanspruch einen Aufwendungsersatzanspruch wegen Fahrt-, Verpflegungs- und Übernachtungskosten geltend gemacht. Die Widerklage der Beklagten betrifft einen Lohnsteuererstattungsanspruch und damit einen völlig anderen Streitgegenstand. Mit der Widerklage ist ein völlig neuer Streitstoff in dem Rechtsstreit eingeführt worden, bei dessen Beurteilung das Ergebnis der bisherigen Prozessführung nicht verwertet werden kann.

II.

Die danach allein zulässige Berufung des Klägers ist aber unbegründet.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erstattung von Fahrt-, Verpflegungs- und Übernachtungskosten in der geltend gemachten Höhe. Sämtliche geltend gemachten Ansprüche sind nach § 13 des Arbeitsvertrages verfallen, weil sie nicht innerhalb von 6 Monaten nach Fälligkeit gerichtlich geltend gemacht worden sind. Die in § 13 Satz 3 des Arbeitsvertrages enthaltene Verfallfrist hält einer gerichtlichen Inhaltskontrolle stand. Dies hat das Arbeitsgericht zutreffend erkannt.

1. Der Kläger hat die Verfallfrist des § 13 Satz 3 des Arbeitsvertrages unstreitig nicht eingehalten. Die Fahrt-, Verpflegungs- und Übernachtungskosten, die der Kläger im vorliegenden Verfahren verlangt, sind nicht innerhalb von 6 Monaten nach Fälligkeit gerichtlich geltend gemacht worden. Die geltend gemachten Forderungen waren spätestens mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 30.04.2007 fällig. Sie hätten nach § 13 Satz 3 des Arbeitsvertrages spätestens bis zum 31.10.2007 gerichtlich geltend gemacht werden müssen. Die vorliegende Klage hat der Kläger allerdings erst am 04.02.2008 erhoben.

Die geltend gemachten Aufwendungsersatzansprüche sind danach verfallen.

2. Die Verfallklausel des § 13 Satz 3 des Arbeitsvertrages ist nicht unwirksam, sie hält einer Inhaltskontrolle nach den §§ 305 ff. BGB stand.

a) Im schriftlichen Arbeitsvertrag der Parteien vom 10.04.2006 hat die Beklagte allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne des § 305 Abs. 1 Satz 1 und 2 BGB aufgestellt. Sie hat die für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen unstreitig dem Kläger in dieser Form angeboten. Die Parteien haben die Vertragsbedingungen auch nicht nach § 305 Abs. 1 Satz 3 BGB ausgehandelt. Ausschlussfristen können grundsätzlich auch in Formulararbeitsverträgen vereinbart werden. Die §§ 305 ff. BGB enthalten keine Bestimmungen, die Ausschlussfristen für unwirksam erklären.

Die einzelvertragliche Ausschlussfrist des § 13 des Arbeitsvertrages stellt eine von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelung im Sinne des § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB dar. Gesetzlich bleiben Ansprüche - abgesehen von einer Verwirkung (§ 242 BGB) - erhalten und unterliegen nur den Verjährungsvorschriften. Die Klausel des § 13 des Arbeitsvertrages entspricht auch nicht einer tariflichen Bestimmung oder anderen Norm im Sinne des § 310 Abs. 4 Satz 3 BGB, die auf das Arbeitsverhältnis der Parteien unmittelbar Anwendung findet (BAG, 12.03.2008 - AP BGB § 305 Nr. 10).

b) Die in § 13 des Arbeitsvertrages enthaltene Verfallklausel ist weder überraschend noch ungewöhnlich im Sinne des § 305 c Abs. 1 BGB.

Überraschende Klauseln im Sinne des § 305 c Abs. 1 BGB liegen dann vor, wenn der Bestimmung ein Überrumpelungseffekt innewohnt, weil sie eine Regelung enthalten, die von den Erwartungen des Vertragspartners deutlich abweicht und mit der dieser den Umständen nach, insbesondere aufgrund der Gestaltung des Vertrages und dessen äußerem Erscheinungsbild, vernünftigerweise nicht zu rechnen braucht (BAG, 09.05.2007 - AP BGB § 305 c Nr. 8; BAG 16.04.2008 - AP BGB § 305 c Nr. 10 m.w.N.).

In diesem Sinne ist die in § 13 des Arbeitsvertrages enthaltene Verfallklausel weder überraschend noch ungewöhnlich. Zwar enthält § 13 keine Überschrift. Dies stellt aber keine Besonderheit des vorliegenden Arbeitsvertrages dar, weil auch die übrigen Paragraphen des Arbeitsvertrages vom 10.04.2006 nicht überschrieben sind.

Auch der Umstand, dass in § 13 Satz 1 des Arbeitsvertrages eine Gerichtsstandsvereinbarung enthalten ist, führt nicht dazu, dass es sich bei der in den folgenden Sätzen des § 13 enthaltenen Verfallklausel um eine Überraschungsklausel handelt. Bereits das Arbeitsgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, dass der Arbeitsvertrag insgesamt übersichtlich gestaltet ist. Die Verfallklausel befindet sich in einem separaten Paragraphen am Ende des Arbeitsvertrages, was der Üblichkeit entspricht. Gerade weil auch die übrigen Paragraphen des Arbeitsvertrages keine Überschriften enthalten, enthält auch § 13 keine unklare oder überraschende Regelung. Die Regelung hinsichtlich der Verfallfrist ist klar und deutlich gefasst, sie findet sich nicht an einer unerwarteten Stelle im Text des Arbeitsvertrages. Ausschlussfristen sind im Übrigen im Arbeitsleben auch durchaus üblich (BAG, 28.09.2005 - AP BGB § 307 Nr. 7; BAG, 12.03.2008 - AP BGB § 305 Nr. 10).

c) Die in § 13 Satz 3 des Arbeitsvertrages enthaltene Verfallklausel verstößt entgegen der Rechtsauffassung des Klägers auch nicht gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB.

Hiernach kann sich eine unangemessene Benachteiligung durch die Verwendung allgemeiner Geschäftsbedingungen auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist. Hieran mangelt es nicht. In § 13 Satz 3 des Arbeitsvertrages ist ausdrücklich geregelt, dass alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis auch verfallen, wenn sie nicht innerhalb von 6 Monaten nach Fälligkeit gerichtlich geltend gemacht werden. Diese Regelung ist weder unklar noch unverständlich. Sie lässt die mit ihr verbundenen Nachteile deutlich erkennen. Dies ergibt sich schon aus § 13 Satz 4 des Arbeitsvertrages, wonach ausdrücklich bestimmt ist, dass eine spätere Geltendmachung ausgeschlossen ist.

Die Regelung in § 13 Satz 3 des Arbeitsvertrages verstößt auch nicht deshalb gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB, weil, wie der Kläger meint, er von einer Alternativ-Regelung habe ausgehen müssen. Entgegen dem Verständnis des Klägers besteht nach dem ausdrücklichen Wortlaut der Klausel des § 13 des Arbeitsvertrages keine Abhängigkeit zwischen der ersten und der zweiten Verfallfrist. Satz 3 des § 13 des Arbeitsvertrages beginnt nämlich vielmehr mit den Worten: "Sie verfallen auch ......". Durch die Verwendung des Wortes "auch" wird deutlich, dass beide Regelungen völlig unabhängig voneinander bestehen. Ansprüche können nach dem Wortlaut des § 13 dann verfallen, wenn sie nicht rechtzeitig schriftlich geltend gemacht worden sind, wie auch dann, wenn sie nicht innerhalb der in § 13 Satz 3 des Arbeitsvertrages bestimmten Frist gerichtlich geltend gemacht worden sind. Auch insoweit enthält § 13 keine widersprüchliche Regelung.

Auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass in § 13 Satz 1 des Arbeitsvertrages eine Gerichtsstandsvereinbarung enthalten ist, ergibt sich nicht, dass § 13 zudem eine verschleierte oder versteckte Verfallklausel enthielte. Gerade Gerichtsstandsvereinbarungen und Verfallklauseln werden üblicherweise am Ende eines Arbeitsvertrages geregelt. Allein der Umstand, dass die Gerichtsstandsvereinbarung und die Verfallklausel in einem Paragraphen zusammengefasst worden sind, führt nicht dazu, dass die Regelung unklar oder unübersichtlich wäre.

d) Schließlich hält § 13 Satz 3 des Arbeitsvertrages auch einer Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB stand. Die dort geregelte Verfallklausel benachteiligt den Kläger nicht unangemessen entgegen den Geboten von Treu und Glauben. Obgleich die erste Stufe der Verfallklausel in § 13 Satz 2 des Arbeitsvertrages unwirksam ist, bleibt die Regelung zur zweiten Stufe wirksam.

aa) Das Arbeitsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die in § 13 Satz 2 des Arbeitsvertrages enthaltene Klausel, wonach alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis verfallen, wenn sie nicht innerhalb von 6 Wochen nach Fälligkeit schriftlich geltend gemacht werden, eine unangemessene Benachteiligung im Sinne des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB enthält. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist eine Frist für die schriftliche Geltendmachung von weniger als 3 Monaten im Rahmen einer einzelvertraglichen Ausschlussfrist unangemessen kurz (BAG, 28.09.2005 - AP BGB § 307 Nr. 7; BAG, 28.11.2007 - AP BGB § 307 Nr.33; BAG, 12.03.2008 - AP BGB § 305 Nr. 10).

bb) Damit wird aber nicht die Gesamtverfallklausel in § 13 des Arbeitsvertrages unwirksam. Die Unwirksamkeit der ersten Stufe der Ausschlussklausel führt nach § 306 Abs. 1 und 2 BGB lediglich zu ihrem ersatzlosen Wegfall bei aufrechter Haltung des Arbeitsvertrages im Übrigen (BAG, 25.05.2005 - AP BGB § 310 Nr. 1). Die in § 13 Satz 2 und Satz 3 des Arbeitsvertrages enthaltene Regelung ist vielmehr teilbar.

Zweistufige Ausschlussfristen können grundsätzlich geteilt werden (BAG, 25.05.2005 - AP BGB § 310 Nr. 1; BAG, 12.03.2008 - AP BGB § 305 Nr. 10 m.w.N.). § 306 Abs. 1 BGB enthält eine kodifizierte Abweichung von der Auslegungsregel des § 139 BGB und bestimmt, dass bei Teilnichtigkeit grundsätzlich der Vertrag im Übrigen aufrechterhalten bleibt. Die Teilbarkeit der Klausel ist mittels einer Streichung des unwirksamen Teils mit einem "blauen Stift" zu ermitteln (Blue-Pencil-Test; BAG, 21.04.2005 - AP BGB § 307 Nr. 3; BAG, 12.03.2008 - AP BGB § 305 Nr. 10). Ist die verbleibende Regelung weiterhin verständlich, bleibt sie bestehen. Maßgeblich ist, ob sie mehrere sachliche Regelungen enthält und der unzulässige Teil sprachlich eindeutig abtrennbar ist.

So liegt der vorliegende Fall. Die erste und die zweite Stufe der Ausschlussklausel in § 13 des Arbeitsvertrages sind inhaltlich getrennt. Dies kommt sprachlich schon darin zum Ausdruck, dass beide Stufen in getrennten Sätzen getrennt sind. § 13 Satz 3 des Arbeitsvertrages enthält eine eigenständige sachliche Regelung. Die Ausschlussfrist des § 13 Satz 3 des Arbeitsvertrages ist, wie bereits ausgeführt, auch nicht davon abhängig, dass die erste Stufe der Ausschlussfrist nach § 13 Satz 2 des Arbeitsvertrages eingehalten wird. Die 6-Monats-Frist des § 13 Satz 3 des Arbeitsvertrages beginnt nicht erst zu laufen, wenn die erste Frist zur schriftlichen Geltendmachung abgelaufen ist. § 13 Satz 2 kann in vollem Umfange gestrichen werden, ohne dass die Regelung in § 13 Satz 3 des Arbeitsvertrages unverständlich würde. Damit ist die unzulässige Regelung in § 13 Satz 2 des Arbeitsvertrages sprachlich und inhaltlich von § 13 Satz 3 des Arbeitsvertrages eindeutig abtrennbar (so ausdrücklich: Preis/Roloff, RdA 2005, 144, 158; vgl. auch BAG, 12.03.2008 - AP BGB § 305 Nr. 10). § 13 des Arbeitsvertrages enthält, worauf bereits das Arbeitsgericht zutreffend hingewiesen hat, gerade keine zweistufige Ausschlussfrist, sondern zwei nicht aufeinander aufbauende Ausschlussfristen. Die Ausschlussfrist des § 13 Satz 3 des Arbeitsvertrages beginnt unabhängig davon, ob die Ausschlussfrist des § 13 Satz 2 des Arbeitsvertrages eingehalten ist.

III.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus den §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 1 ZPO. Die Berufungskammer hat die Kosten des Berufungsverfahrens im Verhältnis des Obsiegens bzw. Unterliegens der Parteien geteilt.

Der Streitwert hat sich in der Berufungsinstanz geändert und war neu festzusetzen, da der Kläger die Berufung auf die geltend gemachten Aufwendungsersatzansprüche beschränkt und die Beklagte eine Widerklage erhoben hat. Insoweit ergab sich als Streitwert für das Berufungsverfahren ein Betrag von 4.662,92 €.

Für die Zulassung der Revision zum Bundesarbeitsgericht bestand nach § 72 Abs. 2 ArbGG keine Veranlassung. Die Berufungskammer folgt in allen Punkten der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts.

Ende der Entscheidung

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