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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 25.06.2008
Aktenzeichen: 10 Sa 415/08
Rechtsgebiete: TzBfG


Vorschriften:

TzBfG § 8
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Detmold vom 05.02.2008 - 2 Ca 1607/07 - wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Reduzierung und Verteilung der Arbeitszeit der Klägerin.

Die am 23.07.1964 geborene Klägerin ist verheiratet und hat zwei unterhaltsberechtigte Kinder, die inzwischen drei und fünf Jahre alt sind. Seit 1989 ist sie bei der Beklagten, die ca. 200 Mitarbeiter beschäftigt, zunächst als gewerbliche Arbeitnehmerin, tätig. Seit 1995 wurde sie als technische Mitarbeiterin im Prüflabor eingesetzt. Ihr monatlicher Bruttoverdienst betrug zuletzt 1.972,00 €.

Nach der Geburt ihrer beiden Kinder befand sich die Klägerin, die mit einem Grad von 50 % behindert ist, bis zum 29.09.2007 in Elternzeit.

Mit Schreiben vom 16.06.2007, bei der Beklagten eingegangen am 19.06.2007, beantragte die Klägerin die Verringerung ihrer Arbeitszeit ab dem 04.10.2007 auf vier Stunden pro Tag in dem Zeitraum von 8.00 Uhr bis 12.00 Uhr.

In einem anschließend stattgefundenen persönlichen Gespräch zwischen den Parteien bot die Beklagte der Klägerin an, im Prüflabor entweder als Teilzeitkraft montags bis freitags von 6.00 Uhr bis 10.15 Uhr oder aber als Vollzeitkraft montags bis donnerstags von 7.00 Uhr bis 15.15 Uhr sowie freitags von 7.00 Uhr bis 13.15 Uhr tätig zu werden. Dieses Arbeitsangebot wiederholte die Beklagte mit Schreiben vom 20.07.2007 (Bl. 4 d.A.) und mit Schreiben vom 22.08.2007 (Bl. 5 d.A.).

Im Prüflabor der Beklagten wird seit ca. zwei Jahren mit 1,5 Arbeitskräften gearbeitet, wobei die Vollzeitkraft von montags bis donnerstags von 7.00 Uhr bis 15.15 Uhr sowie freitags von 7.00 Uhr bis 13.15 Uhr tätig ist, die Teilzeitkraft montags bis freitags von 6.00 Uhr bis 10.15 Uhr. Bei kurzfristigen Ausfällen aufgrund Krankheit oder Urlaub im Prüflabor wird eine Textilmeisterin aus der Warenschau im Prüflabor eingesetzt, sodass das Prüflabor durchgehend mit 1,5 Arbeitskräften besetzt ist. Im Termin vor der Berufungskammer vom 25.06.2008 stellte sich als unstreitig heraus, dass das Prüflabor insbesondere morgens ab 6.00 Uhr und nachmittags bis 15.15 Uhr besetzt sein muss.

Mit der am 09.10.2007 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage begehrt die Klägerin von der Beklagten, ab dem 04.10.2007 einer Verringerung der Arbeitszeit der Klägerin auf vier Stunden täglich von 8.00 Uhr bis 12.00 Uhr zuzustimmen.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, sie habe einen Anspruch auf Verringerung ihrer Arbeitszeit auf vier Stunden täglich. Die Beklagte müsse einem Einsatz der Klägerin von 8.00 Uhr bis 12.00 Uhr im Prüflabor zustimmen. Eine Arbeitszeit von 6.00 Uhr bis 10.15 Uhr kollidiere mit ihren elterlichen Pflichten. Es sei der Beklagten auch möglich, die Arbeitszeit der Klägerin an den gewünschten Zeitraum anzupassen. Bevor die Klägerin nach ihrer Elternzeit die Stelle in dem Prüflabor wieder angetreten habe, sei dort eine Mitarbeiterin in Vollzeit von 7.00 Uhr bis 15.15 Uhr sowie eine Mitarbeiterin in Teilzeit von 6.00 Uhr bis 10.00 Uhr tätig gewesen. Als die Klägerin ihre Tätigkeit von 8.00 Uhr bis 12.00 Uhr aufgenommen habe, sei die Teilzeitmitarbeiterin B6 lediglich noch von 6.00 Uhr bis 8.00 Uhr im Prüflabor beschäftigt worden. Von 8.00 Uhr bis 10.00 Uhr habe sie eine Tätigkeit im Fachlabor aufgenommen. Die Mitarbeiterin B6 habe ihr, der Klägerin, auch mitgeteilt, sie sei gerne bereit, nur von 6.00 Uhr bis 8.00 Uhr im Prüflabor zu arbeiten. Der Hauptarbeitsanfall im Prüflabor falle erst ab ca. 7.30 Uhr an.

Die Weigerung der Beklagten, sie zu der gewünschten Arbeitszeit einzusetzen, sei eine reine Schikane. Soweit die Beklagte vortrage, ein anderweitiger Einsatz der Klägerin in anderen Bereichen komme wegen der Behinderung der Klägerin nicht in Betracht, stelle dies eine Diskriminierung von Behinderten dar.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verpflichten, ab dem 04.10.2007 einer Verringerung der Arbeitszeit auf vier Stunden täglich, von 8.00 Uhr bis 12.00 Uhr, zuzustimmen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, im Hinblick auf den Teilzeitwunsch der Klägerin bestünden seitens der Beklagten grundsätzlich keine Hinderungsgründe. Den Antrag auf eine Verteilung der Arbeitszeit von 8.00 Uhr bis 12.00 Uhr täglich habe die Beklagte jedoch aus entgegen-stehenden betrieblichen Gründen ablehnen müssen.

Das Prüflabor sei von 7.00 Uhr bis 15.15 Uhr täglich mit einer Vollzeitkraft und von 6.00 Uhr bis 10.15 Uhr täglich mit einer Teilzeitkraft besetzt. Nur in dieser Besetzung sei die ausreichende Kapazität sowohl in personeller als auch in arbeitsorganisatorischer und arbeitsablauftechnischer Hinsicht gegeben. Die Besetzung des Prüflabors morgens ab 6.00 Uhr und zumindest bis 15.15 Uhr sei unbedingt notwendig. Das Prüflabor der Beklagten sei in den täglichen Produktionsablauf integriert. Besonders bei Schichtbeginn in den frühen Morgenstunden sei ein Arbeitsanfall im Labor gegeben, da Artikel zur Weiterverarbeitung in der Produktion geprüft und entsprechend freigegeben werden müssten. Die Tätigkeit im Prüflabor gestalte sich dergestalt, dass um 6.00 Uhr die Auftragstüten einschließlich der zu prüfenden Muster der fertigen Produktionspartien aus der Spät- und Nachtschicht eingesammelt würden. Anschließend würden diese zur Prüfung vorbereitet, Muster ausgestanzt und die entsprechenden Maschinen eingestellt. Diese Tätigkeiten müssten bis 8.00 Uhr erledigt sein, da die größeren Prüfungen vier Stunden laufen müssten, bis sie ausgewertet werden könnten. Von 8.00 Uhr bis 12.00 Uhr fänden dann nur kleinere Prüfungen und hausinterne Sonderprüfungen statt. Nach 12.00 Uhr fänden die Auswertungen der größeren Prüfungen statt, die von derjenigen Person verantwortlich begleitet werden müssten, die morgens die Prüfungen mit angesetzt habe; die Verantwortlichkeit liege insoweit bei der Vollzeitkraft, da diese als Ansprechpartnerin für die anschließende Freigabe benötigt werde. Die Freigabe dieser größeren Prüfungen und die Anmeldung für den Versand müssten zwingend bis 14.00 Uhr erfolgen. Nur dann sei gewährleistet, dass der Versand noch am gleichen Tag erledigt werde.

Nach dem Arbeitsende in der Warenschau, also nach 14.15 Uhr, müssten im Prüflabor noch bestimmte Dehnprüfungen für Artikel der Automobilindustrie durchgeführt werden. Diese Prüfungen seien zwingend notwendig, damit diese Artikel noch am gleichen Tag für den anschließenden Versand freigegeben werden könnten. Aus diesem Grunde müsse das Prüflabor auf jeden Fall bis 15.15 Uhr besetzt sein.

Insgesamt lasse die von der Klägerin gewünschte Arbeitszeit sich mit der Arbeitsorganisation und dem Arbeitsablauf bei der Beklagten nicht vereinbaren. Eine Verschiebung der Arbeitszeit der im Prüflabor beschäftigten Teilzeitkraft zeitlich nach hinten sei nicht möglich.

Ferner komme ein anderweitiger Einsatz der Klägerin in anderen Bereichen des Betriebes der Beklagten wegen der Behinderung der Klägerin nicht in Betracht. Einen Arbeitsplatz in der Warenschau habe die Klägerin selbst wegen ihrer Behinderung abgelehnt.

Durch Urteil vom 05.02.2008 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, der von der Klägerin gewünschten Verteilung der Arbeitszeit auf 8.00 Uhr bis 12.00 Uhr stünden betriebliche Gründe entgegen. Die Darlegungen der Beklagten hätten ergeben, dass das Prüflabor morgens ab 6.00 Uhr bis 10.15 Uhr mit einer Teilzeitkraft und von 7.00 Uhr bis 15.15 Uhr mit einer Vollzeitkraft besetzt sein müsse. Dem stehe die von der Klägerin gewünschte Verteilung der Arbeitszeit entgegen. Eine Doppelbesetzung von 10.00 Uhr bis 12.00 Uhr sei nicht erforderlich, das Prüflabor müsse morgens ab 6.00 Uhr besetzt sein.

Gegen das der Klägerin am 26.02.2008 zugestellte Urteil, auf dessen Gründe ergänzend Bezug genommen wird, hat die Klägerin am 13.03.2008 Berufung zum Landesarbeitsgericht eingelegt und diese mit dem am 02.04.2008 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet.

Die Klägerin, die nach Erlass der erstinstanzlichen Entscheidung der Beklagten angeboten hat, morgens von 6.00 Uhr bis 10.15 Uhr als Teilzeitkraft eingesetzt zu werden, begehrt mit ihrer Berufung nach wie vor, die Beklagte zu verpflichten, ab dem 04.10.2007 eine Verringerung der Arbeitszeit auf vier Stunden täglich von 8.00 Uhr bis 12.00 Uhr zuzustimmen.

Sie ist der Auffassung, dass das erstinstanzliche Urteil hinsichtlich seines Rechtsfolgenausspruchs unklar sei. Unklar sei insbesondere, ob nunmehr ein Teilzeit- oder ein Vollzeitarbeitsverhältnis bestehe.

Im Übrigen stünden der Verteilung der Arbeitszeit der Klägerin in dem von ihr gewünschten Sinne keine betrieblichen Gründe entgegen. Aus welchen Gründen das Arbeitsgericht von der Richtigkeit des Organisationskonzepts der Beklagten ausgegangen sei, sei nicht ersichtlich. Das Arbeitsgericht hätte auch der Frage nachgehen müssen, ob durch eine zumutbare Änderung der betrieblichen Abläufe der Arbeitszeitwunsch der Klägerin hätte erfüllt werden können. Es seien keine gewichtigen Gründe ersichtlich, Arbeiten im Prüflabor an einen anderen Mitarbeiter zu übergeben. Unzutreffend sei es, dass der Hauptarbeitsanfall im Prüflabor von 6.00 Uhr bis 8.00 Uhr stattfinde. Ein erhöhtes Arbeitsaufkommen liege frühestens ab 7.15 Uhr vor.

Das Arbeitsgericht habe auch überhaupt nicht berücksichtigt, dass die Klägerin Mutter von zwei Kindern sei, die betreut werden müssten. Ihr Ehemann könne diese Aufgabe nicht übernehmen, da er voll berufstätig sei. Würden die mütterlichen Verpflichtungen der Klägerin unberücksichtigt bleiben, stellte dies einen nicht hinnehmbaren Verstoß gegen Artikel 6 GG dar.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Detmold vom 05.02.2008 - 2 Ca 1607/07 - die Beklagte zu verpflichten, ab dem 04.10.2007 einer Verringerung der Arbeitszeit der Klägerin auf vier Stunden täglich von 8.00 Uhr bis 12.00 Uhr zuzustimmen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil und ist der Auffassung, dass das Urteil des Arbeitsgerichts klar und in der Sache richtig sei. Die Klägerin mache im vorliegenden Verfahren einen Verringerungsanspruch und einen Verteilungsanspruch geltend. Diese Klage sei abgewiesen worden. Danach bestehe das Arbeitsverhältnis wie zuvor als Vollzeitarbeitsverhältnis fort. Unsicherheiten seien aufgrund des Ausspruchs des arbeitsgerichtlichen Urteils nicht vorhanden.

Im Übrigen habe das Arbeitsgericht zu Recht entschieden, dass dem Arbeitszeitwunsch der Klägerin betriebliche Gründe entgegenstünden. Unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Sachvortrags ist die Beklagte weiter der Auffassung, dass das betriebliche Organisationskonzept der Beklagten eine Besetzung des Prüflabors morgens von ab 6.00 Uhr bis nachmittags 15.15 Uhr erfordere. Dies werde durch die Besetzung mit einer Vollzeitkraft von 7.00 Uhr bis 15.15 Uhr und mit einer Teilzeitkraft von 6.00 Uhr bis 10.15 Uhr gewährleistet. Gerade morgens ab 6.00 Uhr sowie nachmittags bis 15.15 Uhr sei eine Besetzung des Prüflabors notwendig. Der Arbeitszeitwunsch der Klägerin würde zu einer Doppelbesetzung des Prüflabors von 8.00 Uhr bis 12.00 Uhr führen. Mindestens in der Zeit von 10.00 Uhr bis 12.00 Uhr sei eine Besetzung des Prüflabors mit 2 Arbeitskräften nicht erforderlich, weil in dieser Zeit nur kleinere Prüfungen und hausinterne Sonderprüfungen stattfänden.

Dieses Organisationskonzept der Beklagten sei auch nicht rechtsmissbräuchlich. Vom Arbeitsgericht sei auch nicht die Zweckmäßigkeit dieses Konzeptes zu prüfen. Die Notwendigkeit der Besetzung des Prüflabors morgens ab 06.00 Uhr und nachmittags bis 15.15 Uhr sei von der Klägerin auch nicht bestritten worden. Auch den konkret vorgetragenen Arbeitsablauf im Prüflabor habe sie nicht bestritten. Dennoch verlange sie einen Arbeitseinsatz von 08.00 Uhr bis 12.00 Uhr. Mit diesem Arbeitszeitwunsch lasse sich die Notwendigkeit der Besetzung des Prüflabors morgens ab 06.00 Uhr und nachmittags bis 15.00 Uhr nicht vereinbaren.

Im Übrigen wird auf den weiteren Inhalt der von den Parteien gewechselten Schriftsätze ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Klägerin gegen das arbeitsgerichtliche Urteil ist nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat die zulässige Klage der Klägerin mit zutreffender Begründung zu Recht abgewiesen.

I.

Die Klage ist zulässig.

Die Klägerin begehrt die Änderung ihres Arbeitsvertrages hinsichtlich des Umfanges der ursprünglichen Arbeitszeit und hinsichtlich der Verteilung der Arbeitszeit für die Zukunft. Mit ihrer Leistungsklage, die auf Abgabe einer Willenserklärung gerichtet ist, hat sie die zutreffende Verfahrensart gewählt. Der Antrag eines Arbeitnehmers auf Verringerung der Arbeitszeit nach § 8 TzBfG ist ein Angebot auf Abschluss eines Änderungsvertrages im Sinne des § 145 BGB und somit ein Anspruch auf Abgabe einer Willenserklärung (BAG, 16.10.2007 - AP TzBfG § 8 Nr. 23, Rn. 20).

Auch soweit die Klägerin nicht nur eine Arbeitszeitreduzierung, sondern auch eine bestimmte Arbeitszeitverteilung verlangt hat, ist die Klage als Leistungsklage zulässig. Insoweit liegen zwei verschiedene Streitgegenstände vor, die der Arbeitnehmer grundsätzlich nach § 260 ZPO kumulativ oder im Wege einer eventuellen Klagehäufung verfolgen kann.

Die Anträge der Klägerin sind nach § 253 Abs. 2 ZPO auch hinreichend konkret gefasst. Sowohl hinsichtlich der Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit als auch der konkreten Verteilung der Arbeitszeit ist die von der Beklagten abzugebende Willenserklärung hinreichend bestimmt.

Auch soweit die Klägerin die Verringerung ihrer Arbeitszeit ab dem 04.10.2007 verlangt, ist die Klage nicht unzulässig. In der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist inzwischen anerkannt, dass mit Inkrafttreten des § 311 a Abs. 1 BGB in der Fassung des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts seit dem 01.01.2002 die Verurteilung zu einer rückwirkenden Verringerung der Arbeitszeit gemäß § 8 TzBfG zulässig ist (BAG, 27.04.2004 - AP TzBfG § 8 Nr. 12; BAG, 09.11.2006 - AP BGB § 311 a Nr. 1 m. w. N.).

II.

Die Klage ist jedoch unbegründet.

Die Klägerin hat gegenüber der Beklagten keinen Anspruch nach § 8 Abs. 4 TzBfG, ab dem 04.10.2007 einer Verringerung ihrer Arbeitszeit auf 4 Stunden täglich von 8.00 Uhr bis 12.00 Uhr zuzustimmen.

1. Die allgemeinen Voraussetzungen des Anspruchs auf Zustimmung nach § 8 Abs. 4 TzBfG lagen zum Zeitpunkt des Änderungsverlangens der Klägerin im Juni 2007 vor.

Das Arbeitsverhältnis mit der Beklagten, die regelmäßig mehr als 15 Arbeitnehmer beschäftigt (§ 8 Abs. 7 TzBfG), bestand länger als 6 Monate (§ 8 Abs. 1 TzBfG).

Die Klägerin hat auch die dreimonatige Mindestankündigungsfrist des § 8 Abs. 2 Satz 1 TzBfG durch ihr Schreiben vom 16.06.2007 gewahrt. Die von ihr gewünschte Verringerung der vertraglich vereinbarten Vollzeittätigkeit sollte erst zum 04.10.2007 wirksam werden.

Die Beklagte hat den Antrag der Klägerin auch form- und fristgerecht mit ihren Schreiben vom 20.07.2007 und 22.08.2007 und damit mehr als einen Monat vor dem gewünschten Beginn der Verringerung abgelehnt. Die Arbeitszeit der Klägerin hat sich danach nicht bereits Kraft Fiktion nach § 8 Abs. 5 Satz 2 TzBfG verringert.

2. Zu Recht ist das Arbeitsgericht jedoch in dem angefochtenen Urteil davon ausgegangen, dass dem Teilzeitbegehren der Klägerin betriebliche Gründe im Sinne des § 8 Abs. 4 Satz 1 TzBfG entgegenstehen.

a) Nach § 8 Abs.4 Satz 1 und 2 TzBfG hat der Arbeitgeber der Verringerung der Arbeitszeit zuzustimmen, soweit betriebliche Gründe nicht entgegenstehen. Ein entgegenstehender betrieblicher Grund liegt insbesondere vor, wenn die Umsetzung des Arbeitszeitverlangens die Organisation, den Arbeitsablauf oder die Sicherheit im Betrieb wesentlich beeinträchtigt oder unverhältnismäßige Kosten verursacht. Insoweit genügt es, wenn der Arbeitgeber rational nachvollziehbare Gründe hat. Diese Gründe müssen hinreichend gewichtig sein. Der Arbeitgeber kann die Ablehnung des Arbeitszeitwunsches des Arbeitnehmers nicht nur mit seiner abweichenden unternehmerischen Vorstellung von der "richtigen" Arbeitszeitverteilung begründen (vgl. zuletzt: BAG, 15.08.2006 - AP TzBfG § 8 Nr. 16; BAG, 08.05.2007 - AP TzBfG § 8 Nr. 21; BAG, 13.11.2007 - NZA 2008, 314).

Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts erfolgt die Prüfung der hinreichend gewichtigen Gründe des Arbeitgebers regelmäßig in drei Stufen:

Zunächst ist festzustellen, ob der vom Arbeitgeber als erforderlich angesehenen Arbeitszeitregelung überhaupt ein betriebliches Organisationskonzept zugrunde liegt und - wenn das zutrifft - um welches Konzept es sich handelt (1. Stufe).

In der Folge ist zu untersuchen, inwieweit die Arbeitszeitregelung dem Arbeitszeitverlangen tatsächlich entgegensteht (2. Stufe).

Schließlich ist in einer 3. Stufe das Gewicht der entgegenstehenden betrieblichen Gründe zu prüfen. Dabei ist die Frage zu klären, ob das betriebliche Organisationskonzept oder die zugrunde liegende unternehmerische Aufgabenstellung durch die vom Arbeitnehmer gewünschte Abweichung wesentlich beeinträchtigt werden (zuletzt: BAG, 15.08.2006 - AP TzBfG § 8 Nr. 16; BAG, 08.05.2007 - AP TzBfG § 8 Nr. 21; BAG, 16.10.2007 - AP TzBfG § 8 Nr. 23; BAG, 13.11.2007 - NZA 2008, 314 m.w.N.).

Maßgeblich für das Vorliegen der betrieblichen Gründe ist der Zeitpunkt der Ablehnung des Arbeitszeitwunsches durch den Arbeitgeber, die im vorliegenden Fall erstmals mit Schreiben vom 20.07.2007 erfolgte (BAG, 21.06.2005 - AP TzBfG § 8 Nr. 14).

Diese Dreistufenprüfung gilt sowohl für die Verringerung der Arbeitszeit wie auch für die Verteilung der Arbeitszeit. Dabei ist das Anliegen eines Arbeitnehmers, seine Kinder zu betreuen, nach der gesetzlichen Konzeption des Verringerungsanspruches in § 8 TzBfG unerheblich. Es kommt nicht auf die vom Arbeitnehmer für seinen Teilzeitwunsch geltend gemachten Gründe an. Weder sind persönliche Belange in § 8 TzBfG erwähnt, noch haben die in § 8 Abs. 4 Satz 2 TzBfG definierten entgegenstehenden betrieblichen Gründe einen Bezug zu der Lebenssituation des Arbeitnehmers. Demgegenüber trifft § 15 Abs. 7 Satz 1 Nr. 4 BEEG für die Elternzeit eine andere gesetzgeberische Wertung. Dort wird das besondere Interesse der Eltern an einer Verringerung ihrer Arbeitszeit stärker berücksichtigt. Ein solcher Antrag kann nur aus dringenden betrieblichen Gründen abgelehnt werden. Das erfordert Gründe, die zwingend oder unabweisbar sind (BAG, 15.08.2006 - AP TzBfG § 8 Nr. 16). Derartige Gründe sind bei einem Verringerungsanspruch nach § 8 Abs. 4 TzBfG nicht erforderlich (BAG, 13.11.2007 - NZA 2008, 314).

b) Unter Berücksichtigung dieser Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, der sich die erkennende Kammer anschließt, stehen dem Verringerungswunsch der Klägerin, insbesondere der von ihr gewünschten Verteilung der verringerten Arbeitszeit, betriebliche Gründe entgegen.

Der von der Beklagten als erforderlich angesehenen Arbeitszeitregelung in ihrem Prüflabor liegt ein betriebliches Organisationskonzept zugrunde. Seit mehr als zwei Jahren hat die Beklagte das Prüflabor mit 1,5 Arbeitskräften besetzt. Diese Besetzung ist notwendig, aber auch ausreichend, um den Arbeitsanfall und den Arbeitsablauf im Prüflabor rechtzeitig und umfassend zu erledigen. Dabei hat sich in der Berufungsinstanz herausgestellt, dass die Besetzung des Prüflabors morgens ab 6.00 Uhr und nachmittags bis 15.15 Uhr erforderlich ist. Ab 6.00 Uhr müssen die Auftragstüten der fertigen Produktionspartien aus der Spät- und Nachtschicht eingesammelt, zur Prüfung vorbereitet, Muster ausgestanzt und die entsprechenden Maschinen eingestellt werden. Diese Tätigkeiten müssen bis 8.00 Uhr erledigt sein, da anschließend größere Prüfungen, die 4 Stunden dauern, erfolgen. Dies hat die Klägerin in der ausführlichen Erörterung im Termin vor der Berufungskammer vom 25.06.2008 nicht bestritten. Die Klägerin hat auch nicht bestritten, dass das Prüflabor nachmittags bis 15.15 Uhr besetzt sein muss, weil bis spätestens 14.00 Uhr die Auswertungen der größeren Prüfungen stattfinden, damit der Versand noch am gleichen Tag bis 16.00 Uhr erledigt werden kann. Bis 15.15 Uhr fallen darüber hinaus kleinere Prüfungen für die Automobilindustrie, insbesondere den Prüfungen, statt, die bis 15.15 Uhr beendet sein müssen, damit noch am gleichen Tage die Freigabe erfolgen kann.

Diesem Organisationskonzept ist die Klägerin nicht mit substantiierten Einwendungen entgegengetreten. Zwar hat sie erstinstanzlich wie auch in der Berufungsinstanz behauptet, dass die Hauptarbeit im Prüflabor erst ab 7.30 Uhr bzw. ab 7.15 Uhr beginne. Dass aber die Tätigkeit im Prüflabor morgens bereits um 6.00 Uhr zu beginnen hat, damit ab 8.00 Uhr die größeren Prüfungen, die 4 Stunden bis zur Auswertung laufen, beginnen können, ist von ihr nicht bestritten worden. Bezeichnenderweise hat die Klägerin auch nach Erlass des erstinstanzlichen Urteils der Beklagten angeboten, ab 6.00 Uhr morgens tätig zu sein.

Das von der Klägerin im vorliegenden Verfahren Arbeitszeitverlangen, von 8.00 Uhr bis 12.00 Uhr eingesetzt zu werden, steht der Arbeitszeitregelung im Prüflabor entgegen.

Zwar ist es grundsätzlich möglich, im Prüflabor eine Arbeitskraft in Teilzeit mit 4 Stunden täglich zu beschäftigen.

Dem Arbeitszeitverlangen der Klägerin, von 8.00 Uhr bis 12.00 Uhr im Prüflabor eingesetzt zu werden, steht jedoch das Organisationskonzept der Beklagten tatsächlich entgegen. Insbesondere ist eine Doppelbesetzung des Prüflabors von 10.00 Uhr bis 12.00 Uhr nach dem von der Beklagten verfolgten Konzept nicht erforderlich. Das Konzept der Beklagten erfordert vielmehr eine Besetzung des Prüflabors morgens ab 6.00 Uhr und nachmittags bis 15.15 Uhr. Diesem Konzept wird es widersprechen, wenn die Klägerin als Teilzeitkraft von 8.00 Uhr bis 12.00 Uhr eingesetzt würde. Soweit die Klägerin nach wie vor darauf hinweist, dass eine Arbeitskollegin von 6.00 Uhr bis 8.00 Uhr im Prüflabor tätig sein könne und anschließend - bei einer Arbeitsaufnahme der Klägerin im Prüflabor ab 8.00 Uhr - von 8.00 Uhr bis 10.00 Uhr im Farblabor, übersieht sie, dass das Prüflabor zwar neben der Vollzeitkraft, die um 7.00 Uhr ihre Arbeit aufnimmt, von 6.00 Uhr bis 10.00 Uhr besetzt wäre, es aber durch den weiteren Einsatz der Klägerin von 10.00 Uhr bis 12.00 Uhr zu einer Doppelbesetzung im Prüflabor kommen würde. Gerade diese Doppelbesetzung ab 10.00 Uhr oder nach 10.15 Uhr ist nach dem Organisationskonzept der Arbeitgeberin im Prüflabor weder erforderlich noch notwendig. Die Beklagte hat nämlich insoweit unwidersprochen vorgetragen, dass in der Zeit nach 8.00 Uhr im Wesentlichen nur kleinere Prüfungen und hausinterne Sonderprüfungen stattfinden, erst nach 12.00 Uhr finden die Auswertungen der größeren Prüfungen durch die Vollzeitkraft statt. In der Zeit ab 10.15 Uhr ist das Prüflabor durch die Vollzeitkraft in ausreichender Weise besetzt.

Das Arbeitszeitverlangen der Klägerin beeinträchtigt auch die unternehmerische Entscheidung der Beklagten wesentlich. Die Beklagte müsste nämlich bei dem Arbeitszeitwunsch der Klägerin, von 8.00 Uhr bis 12.00 Uhr tätig zu werden, eine dritte Kraft im Prüflabor für die Zeit morgens zwischen 6.00 Uhr und 8.00 Uhr einsetzen oder aber, wenn die Vollzeitkraft ab 6.00 Uhr tätig würde, eine dritte Kraft nachmittags bis 15.15 Uhr. Gerade weil eine Doppelbesetzung des Prüflabors in der Zeit zwischen 10.00 Uhr und 12.00 Uhr nicht erforderlich ist, kann die Beklagte darauf nicht verwiesen werden. Ein Arbeitgeber muss sich nur auf zumutbare Maßnahmen verweisen lassen, um den Teilzeitwunsch eines Arbeitnehmers zu ermöglichen (BAG, 09.12.2003 - AP TzBfG § 8 Nr. 8). Das Prüflabor in der Zeit von 10.00 Uhr bis 12.00 Uhr mit zwei Arbeitskräften zu besetzen, obgleich Arbeiten nur für eine Person anfallen, ist der Beklagten jedoch nicht zumutbar. Der Arbeitsanfall im Prüflabor rechtfertigt auch nicht den Einsatz einer Vollzeitkraft und zwei Teilzeitkräften. Bei einem Arbeitseinsatz der Klägerin von 8.00 Uhr bis 12.00 Uhr wäre die Hälfte der Arbeitszeit der Klägerin unproduktiv. Dies ist der Beklagten nicht zumutbar.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Klägerin hat die Kosten des erfolglos gebliebenen Rechtsmittels zu tragen.

Der Streitwert hat sich im Berufungsverfahren nicht geändert, § 63 GKG.

Für die Zulassung der Revision vom Bundesarbeitsgericht bestand keine Veranlassung, § 72 Abs. 2 ArbGG.

Ende der Entscheidung

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