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Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 17.10.2008
Aktenzeichen: 10 Sa 472/08
Rechtsgebiete: BGB, GmbHG, InsO


Vorschriften:

BGB § 823
BGB § 826
GmbHG § 64
InsO § 17
InsO § 19
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Siegen vom 06.02.2008 - 2 Ca 1335/06 - wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Haftung des Beklagten für die Zahlung einer Abfindung, deren Zahlung zwischen dem Kläger und der Firma S7 GmbH vereinbart wurde.

Der Kläger war seit dem 01.03.1993 als Lagerverwalter bei der Firma S2 GmbH & Co. KG beschäftigt. Gesellschafter der S2 GmbH & Co. KG waren die S2 KG sowie die S2 Verwaltungs GmbH, deren geschäftsführender Gesellschafter der Beklagte war.

Bei der Firma S2 GmbH & Co. KG war der Kläger, der der Schwager des Beklagten ist, Mitglied des dort gewählten Betriebsrats.

Am 05.12.2002 beschlossen die Gesellschafter der S2 GmbH & Co. KG auf einer Gesellschafterversammlung die Gründung der Gesellschaft S7 GmbH (S2 Production Company) (Bl. 55 d.A.). Gesellschaftszweck der S7 GmbH sollten die Herstellung von Apparaten, Druckbehältern, Wärmetauschern sowie der Rohrleitungsbau sein. Im Rahmen einer Betriebsaufspaltung gemäß § 613 a BGB sollten sämtliche gewerbliche Arbeitnehmer sowie im Einzelnen genannte Angestellte der S2 GmbH & Co. KG auf die neu gegründete S7 GmbH übergehen. Zu den übergehenden Angestellten gehörten auch der frühere Buchhalter der S2 GmbH & Co. KG, Herr M2 M3 sowie Frau I1 S8, eine Schwester des Beklagten.

Mit Gesellschaftsvertrag vom 18.12.2002 (Bl. 25, 57 ff.d.A.) wurde die S7 GmbH u.a. zu dem oben genannten Gesellschaftszweck gegründet. Die Mehrheitsbeteiligung mit 75 % der Stammeinlage hielt die S2 GmbH & Co. KG. Das Stammkapital für die S9 GmbH wurde in voller Höhe eingezahlt.

Am 30.01.2003 wurde die S7 GmbH in das Handelsregister eingetragen (Bl. 23 d.A.). Zum Geschäftsführer wurde Herr M2 M3 bestellt, der selbst an der S7 GmbH mit einem Anteil von 10 % beteiligt war. Prokuristin der S7 GmbH wurde Frau I1 S8, die zugleich mit 5 % an der S7 GmbH beteiligt war.

Hinsichtlich der Mitarbeiter der S2 GmbH & Co. KG erfolgte ein Betriebsübergang auf die S7 GmbH. Die Mitarbeiter arbeiteten in den gleichen Räumen wie zuvor weiter. Die S7 GmbH erhielt im Wesentlichen Aufträge der S2 GmbH & Co. KG. Soweit die S7 GmbH von der S2 GmbH & Co. KG Aufträge erhielt, ihr für die Materialeinkäufe aber die erforderlichen Mittel fehlten, trat die S2 GmbH & Co. KG in Vorkasse.

Ob die Geschäftsführung der S7 GmbH tatsächlich bei dem Beklagten lag und dieser praktisch die Geschäftsführung für die S7 GmbH wahrnahm, ist zwischen den Beteiligten streitig.

Im Jahre 2003 machte der Kläger, der zuletzt eine monatliche Bruttovergütung in Höhe von 2.779,38 € bezog, die Bezahlung von Überstunden gegenüber der S7 GmbH geltend. Da die Firma S7 GmbH hierzu nicht bereit war, erhob der Kläger am 15.07.2003 zum Arbeitsgericht Siegen - 3 Ca 1578/03 -. Im Verlaufe dieses Verfahrens sprach die Firma S7 GmbH mit Schreiben vom 23.12.2003, unterschrieben vom Geschäftsführer M3, gegenüber dem Kläger eine fristgemäße Kündigung zum 30.04.2004 aus. Der Kläger erweiterte die bereits anhängige Klage beim Arbeitsgericht Siegen. Der entsprechende Schriftverkehr zwischen dem Kläger und der S7 GmbH wurden auf Seiten der S7 GmbH vom Geschäftsführer M3 oder von der Prokuristin S8 unterschrieben.

Im Rechtsstreit 3 Ca 1578/03 schlossen der Kläger und die S7 GmbH am 30.01.2004 folgenden Vergleich (Bl. 13 f.d.A.):

"1. Zwischen den Parteien besteht Einvernehmen, dass das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis aufgrund fristgerechter, betriebsbedingter Kündigung der Beklagten vom 23.12.2003 aus dringenden betrieblichen Gründen mit Ablauf des 30.04.2004 sein Ende finden wird.

2. Das Arbeitsverhältnis wird bis zum 31.03.2004 beiderseits vertragsgemäß erfüllt.

Der Kläger ist seit dem 05.01.2004 für die bisher gezahlte monatliche Vergütung 37,5 Wochenarbeitsstunden tätig. Mit Wirkung ab dem 02.02.2004 erbringt der Kläger seine Arbeitszeit binnen der betriebsüblichen Arbeitszeit von Montag bis Donnerstag von 6.30 Uhr bis 15.25 Uhr und am Freitag von 6.30 Uhr bis 12.20 Uhr.

3. Mit Wirkung ab dem 01.04.2004 wird der Kläger unter Anrechnung auf seine ihm noch zustehenden Urlaubs- und Freizeitansprüche unter Fortzahlung der Vergütung von der weiteren Arbeitsleistung unwiderruflich freigestellt.

Zwischen den Parteien besteht Einvernehmen, dass mit dieser Freistellung sämtliche Urlaubs- und Freizeitansprüche des Klägers in Natur erfüllt sind.

4. Mit der Schlussabrechnung für April 2004 erhält der Kläger in entsprechender Anwendung der §§ 9, 10 KSchG i.V.m. § 3 Ziff. 9 EStG eine Abfindung in Höhe von 12.750,00 € brutto (in Worten: zwölftausendsiebenhundertfünfzig Euro).

Der Abfindungsanspruch ermäßigt sich auf einen Abfindungsbetrag in Höhe von 10.000,00 € brutto (in Worten: zehntausend Euro), sofern der Kläger bis zum 31.03.2004 auch nur zeitweise tatsächlich keine Arbeitstätigkeit erbringt, ohne dass diese Nichterbringung der Arbeitstätigkeit auf einen schweren Unfall oder eine schwere Erkrankung zurückzuführen ist, welche zwingend die Ausübung der Arbeitstätigkeit ausschließt.

Der Abfindungsanspruch entsteht mit Abschluss dieser Vereinbarung und ist vererblich. ..."

Die S7 GmbH erfüllte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger bis einschließlich zum 30.04.2004 ordnungsgemäß, mit Ausnahme der Zahlung der Abfindung. Im Wege der Zwangsvollstreckung erhielt der Kläger von der Sparkasse S5 als Drittschuldnerin einen Betrag in Höhe von 1.464,50 €. Weitere Vollstreckungsmaßnahmen des Klägers verliefen erfolglos.

Ob die S7 GmbH bereits Anfang April 2004 zahlungsunfähig und überschuldet gewesen ist, ist zwischen den Parteien streitig.

Die Gesellschafter der S7 GmbH beschlossen am 29.04.2004 die Liquidation der S7 GmbH (Bl. 106 ff.d.A.). Zum Liquidator wurde Herr M2 M3, der vorherige Geschäftsführer, bestimmt. Dieser verstarb im November 2004 an einer Krebserkrankung. Danach wurde kein neuer Liquidator für die S7 GmbH bestellt.

Am 01.12.2004 wurde über das Vermögen der Firma S2 GmbH & Co. KG durch Beschluss des Amtsgerichts Siegen das Insolvenzverfahren eröffnet, nachdem zuvor im November 2004 ein Insolvenzantrag gestellt worden war.

Der Kläger, der in der Zeit vom 01.05.2004 bis zum 19.06.2006 arbeitslos war und Arbeitslosengeld in Höhe von wöchentlich 305,06 € (Bl. 229 d.A.) bezog, begehrt mit der vorliegenden, am 05.10.2006 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage vom Beklagten persönlich die Zahlung der noch offenen Abfindung in Höhe von 12.750,00 € brutto abzüglich erhaltener 1.464,50 € sowie die Feststellung, dass der Beklagte dem Kläger allen Schaden zu ersetzen hat, der durch die Vorenthaltung der Abfindungsleistung bereits entstanden ist oder noch entstehen wird. Diesen Schaden schätzt der Kläger auf 1.000,00 €.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, der Beklagte hafte aufgrund einer Gläubigerbenachteiligung nach § 826 BGB sowie Insolvenzverschleppung nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 64 Abs. 1 GmbHG persönlich für die Schuld der S7 GmbH.

Der Kläger hat behauptet, dass die Geschäftsführung der S7 GmbH tatsächlich durch den Beklagten und nicht durch den Geschäftsführer M3 erfolgt sei. Sämtliche betriebliche Entscheidungen der S7 GmbH bis hin zur Vorkassenentscheidung für Materiallieferungen habe der Beklagte persönlich getroffen. Ohne Vorkasse habe die S7 GmbH kein Material erhalten. Wenn der Beklagte nicht anwesend gewesen sei, habe kein Material gekauft werden können. Obwohl die Bezahlung von Material- und Gaslieferungen an die S7 GmbH durch die S7 GmbH erfolgt sei, habe der Beklagte Schecks für diese Lieferungen an die S7 GmbH unterschreiben müssen, weil die S7 GmbH anderenfalls keine Lieferungen erhalten hätte. Wenn der Beklagte mehrere Tage nicht anwesend gewesen sei, habe er fünf von ihm unterzeichnete Schecks, z.B. zur Materialbestellung, bei der S7 GmbH gelassen. Weder der Geschäftsführer M3 noch die Prokuristin S8 seien allein oder gemeinsam dazu befugt gewesen, Schecks auszustellen. Der Geschäftsführer M3 sei in Wirklichkeit der Buchhalter der Firmen des Beklagten gewesen, ohne eine eigene Entscheidungskompetenz zu haben. Die von der Prokuristin S8 und dem Geschäftsführer M3 an den Kläger gerichteten Schreiben seien zwar von diesen unterschrieben worden, aber vom Beklagten verfasst gewesen.

Der Kläger hat ferner behauptet, dass die Aufspaltung der S2 GmbH & Co. KG in eine Besitz- sowie eine Produktionsgesellschaft, die S7 GmbH, nur scheinbar erfolgt sei. Die S7 GmbH habe keine eigene Akquise betrieben und sei im Geschäftsverkehr gar nicht aufgetreten.

Der Kläger hat weiter behauptet, die S7 GmbH sei von Anfang an finanziell so schlecht ausgestattet gewesen, dass sie kreditunwürdig und nach den ersten Materialeinkäufen überschuldet gewesen sei. Die S7 GmbH habe zu so schlechten Konditionen für die S2 GmbH & Co. KG produzieren müssen, dass sie keine eigene Liquidität habe aufbauen können. Des Weiteren habe der Beklagte der S7 GmbH zur Verfügung gestellte Gelder wieder aus der S7 GmbH herausgezogen. Eine eigene Bonität habe die S7 GmbH nie besessen. Die S7 GmbH sei nicht erst im Zeitpunkt ihrer stillen Liquidation überschuldet und zahlungsunfähig gewesen, sondern fast während der gesamten Dauer ihrer Existenz, aber jedenfalls schon zu Beginn der Freistellung des Klägers, also Anfang April 2004. Der Beklagte hätte bereits zu diesem Zeitpunkt einen Insolvenzantrag stellen müssen. Auffällig sei, dass die Liquidation der S7 GmbH genau in dem Zeitpunkt geschlossen worden sei, als die Abfindungszahlung für ihn, den Kläger fällig geworden sei.

Der Kläger hat ferner die Auffassung vertreten, dass sich auch aus Gesprächen, die der Vertreter der S7 GmbH, Herr Rechtsanwalt S10, geführt habe, ergebe, dass der Beklagte faktische Geschäftsführer der S7 GmbH gewesen sei. Der Kläger hat insoweit behauptet, Ende November/Anfang Dezember 2003 hätten sich der damalige Klägervertreter Rechtsanwalt B4 und der Vertreter der S7 GmbH, Rechtsanwalt S10 im Justizgebäude getroffen. In diesem Gespräch zwischen Rechtsanwalt B4 und Rechtsanwalt S10 habe Rechtsanwalt S10 erklärt, die S2 GmbH & Co. KG sei bereit, zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit der S7 GmbH eine Abfindung in Höhe von 10.000,00 € zu zahlen. Es sei in diesem Gespräch auch erörtert worden, ob und inwieweit die S7 GmbH in der Lage sei, die Vergleichssumme zu tragen. Im Januar 2004 habe Rechtsanwalt S10 signalisiert, dass der Beklagte des vorliegenden Verfahrens hinter dem Vergleich stehe und die Zahlung sicherstellen werde. Dies ergebe sich aus einem Gespräch des Rechtsanwalts S10 mit dem früheren Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Hamm, Herrn B5. Beide hätten sich - unstreitig - beim Kölner Arbeitskreis für Insolvenzwesen getroffen. Der Vorsitzende Richter am Landesarbeitsgericht Hamm, Herr B5, habe Herrn Rechtsanwalt S10 mitgeteilt, dass der Kläger Wert darauf lege, dass die Zahlung an ihn sichergestellt werde. Rechtsanwalt S10 habe darauf geantwortet, dass, wenn die S2 GmbH von sich aus einen Vergleichsvorschlag mache, sie diesen auch erfüllen werde. Auf Nachfrage des Vorsitzenden Richters am Landesarbeitsgericht Hamm B5: "S2 GmbH. Also Bernd S2?" habe Rechtsanwalt S10 geantwortet: "Das haben Sie gesagt." Daraufhin habe der Vorsitzende Richter am Landesarbeitsgericht Hamm B5 Rechtsanwalt S10 gegenüber erklärt, unter diesen Voraussetzungen werde er dem Kläger, einem Sangesbruder, die Annahme des Vergleichsabschlusses empfehlen.

Der Kläger hat hierzu die Auffassung vertreten, diese Äußerungen des Rechtsanwalts S10 hätten mindestens deklaratorische Bedeutung.

Der Kläger hat beantragt,

1. den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 12.750,00 € brutto Abfindung abzüglich im Wege der Zwangsvollstreckung erhaltener 1.464,50 € netto nebst 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 30.04.2004 zu zahlen,

2. festzustellen, dass der Beklagte dem Kläger allen Schaden zu ersetzen hat, der durch die Vorenthaltung der Abfindungsleistung bereits entstanden ist und noch entstehen wird.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat die Auffassung vertreten, dass Ansprüche des Klägers gegen ihn aufgrund einer Gläubigerbenachteiligung oder wegen Insolvenzverschleppung nicht gegeben seien.

Der Beklagte hat behauptet, der Geschäftsführer M3 sei auch der tatsächliche Geschäftsführer der S7 GmbH gewesen. Dies ergebe sich unter anderem auch aus dem zwischen Herrn M3 und dem Kläger geführten Schriftverkehr, unter anderem der Kündigung vom 23.12.2003. Der Beklagte hat ferner die Auffassung vertreten, der Vortrag des Klägers dazu, dass er, der Beklagte, faktischer Geschäftsführer der S7 GmbH gewesen sei, sei unsubstantiiert. Ebenso unsubstantiiert sei der Vortrag des Klägers zu der finanziellen Ausstattung bzw. der Überschuldung und Zahlungsunfähigkeit der S7 GmbH sowie zum Herausziehen zunächst zur Verfügung gestellter Gelder.

Auch aus den vom Kläger geschilderten Gesprächen zwischen Herrn Rechtsanwalt S10 und dem Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Hamm B5, deren Inhalt bestritten werde, könne der Kläger keine Ansprüche herleiten.

Durch Urteil vom 06.02.2008 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, ein Zahlungsanspruch des Klägers gegenüber dem Beklagten persönlich ergebe sich nicht aus einer Gläubigerbenachteiligung nach § 826 BGB, das entsprechende Vorbringen des Klägers sei unsubstantiiert.

Der Kläger habe auch keinen Schadensersatzanspruch nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 64 Abs. 1 GmbHG. Ob der Beklagte faktischer Geschäftsführer der S7 GmbH gewesen sei, könne offenbleiben, weil jedenfalls das Vorbringen des Klägers zur Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung der S7 GmbH vor dem 30.04.2004 unsubstantiiert sei. Aus welchen Gründen die S7 GmbH kreditunwürdig und zahlungsunfähig gewesen sei, sei nicht konkret vorgetragen worden. Immerhin habe die S7 GmbH das Arbeitsentgelt ihrer Mitarbeiter und auch das Gehalt des Klägers bis zum 30.04.2004 gezahlt. Ab wann die S7 GmbH Zahlungen nicht mehr erbracht und Forderungen nicht mehr beglichen habe, sei nicht vorgetragen worden. Auch ein konkreter Zeitpunkt einer etwaigen Zahlungsunfähigkeit der S7 GmbH könne anhand des Klägervortrags nicht festgestellt werden.

Gegen das dem Kläger am 26.02.2008 zugestellte Urteil, auf dessen Gründe ergänzend Bezug genommen wird, hat der Kläger am 26.03.2008 Berufung zum Landesarbeitsgericht eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 26.06.2008 mit dem am 23.06.2008 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet.

Unter Wiederholung und Vertiefung des erstinstanzlichen Sachvortrags ist der Kläger nach wie vor der Auffassung, er habe einen über den Quotenschaden hinausgehenden Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten wegen Insolvenzverschleppung. Er, der Kläger, sei bei der S2 GmbH & Co. KG früher Betriebsratsmitglied gewesen und hätte den Vergleich vom 30.01.2004 nicht abgeschlossen, wenn der Beklagte rechtzeitig für die S7 GmbH einen Insolvenzantrag gestellt hätte. Sein Quotenschaden betrage mindestens 13.675,78 €, weil er im Vertrauen auf die Zahlung eines Abfindungsbetrages auf seinen Sonderkündigungsschutz als Betriebsratsmitglied verzichtet habe.

Im Übrigen hafte der Beklagte wegen Insolvenzverschleppung nach § 823 Abs. 2 BGB i.V. m. § 64 Abs. 1 GmbHG. Die S7 GmbH sei bereits im Januar 2004 bei Abschluss des Vergleichs zahlungsunfähig und überschuldet gewesen. Zu Unrecht sei das Arbeitsgericht davon ausgegangen, dass sein entsprechender Sachvortrag nicht substantiiert gewesen sei. Einen Teil des Tatsachenvortrags des Klägers habe das Arbeitsgericht erwähnt, nicht erwähnt und nicht ausgewertet habe das Arbeitsgericht aber den weiteren Tatsachenstoff, den der Kläger bereits erstinstanzlich vorgetragen habe.

Seinen Tatsachenvortrag habe der Kläger durch Benennung von fünf maßgeblichen Mitarbeitern der S7 GmbH unter Beweis gestellt. Insgesamt habe das Arbeitsgericht die Subtantiierungspflicht des Klägers überspannt. Was der Kläger vorgetragen habe, seien keine Wertungen, sondern Tatsachen, über die hätte Beweis erhoben werden müssen. Jedenfalls habe der Kläger genügende Anhaltspunkte und Symptome für eine Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung der S7 GmbH vorgetragen. Wenn eine Gesellschaft zahlungsunfähig sei, müsse sie einen Insolvenzantrag stellen. Das sei im vorliegenden Fall zu keinem Zeitpunkt gemacht worden. Dass Zahlungen des Arbeitsentgelts bis zum 30.04.2004 erfolgt seien, besage für eine Zahlungsunfähigkeit der S7 GmbH nichts. Einzelne Zahlungen seien für die Annahme einer Zahlungsunfähigkeit unerheblich. Nicht die S7 GmbH, sondern die S2 GmbH & Co. KG habe während der Gesamtdauer der "Unternehmung S7 GmbH" die jeweils fälligen Löhne und Gehälter gezahlt. Die S7 GmbH habe keinen einzigen Cent übrig gehabt, um auch nur eine einzige Aushilfskraft vorübergehend beschäftigen zu können. Die Zahlungsunfähigkeit der S7 GmbH ergebe sich aus den Büchern der S7 GmbH, den Jahresabschlüssen und den BWA`s.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Siegen vom 06.02.2008 - 2 Ca 1335/06 - abzuändern und

a) den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 12.750,00 € Bruttoabfindung abzgl. im Wege der Zwangsvollstreckung erhaltener 1.464,50 € netto nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 30.04.2004 zu zahlen,

b) hilfsweise den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 13.675,78 € netto nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 30.04.2004 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das arbeitsgerichtliche Urteil und ist nach wie vor der Auffassung, das Vorbringen des Klägers zur Insolvenzverschleppung sei unzureichend und unsubstantiiert. Weder sei der Beklagte der faktische Geschäftsführer der S7 GmbH gewesen, noch sei

das Vorbringen des Klägers zur behaupteten Zahlungsunfähigkeit der S7 GmbH ausreichend substantiiert. Sämtliche vom Kläger aufgestellten Behauptungen seien unrichtig und müssten bestritten werden.

Die Berufungskammer hat die Akten 3 Ca 1578/03 Arbeitsgericht Siegen beigezogen. Auf den Inhalt dieser Akten wird ebenso Bezug genommen wie auf den weiteren Inhalt der von den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet.

Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Arbeitsgericht entschieden, dass der Kläger vom Beklagten nicht die Zahlung der restlichen Abfindung aus dem Vergleich vom 30.01.2004 verlangen kann. Der Kläger hat auch keinen entsprechenden Schadensersatzanspruch gegenüber dem Beklagten persönlich.

I.

Die Klage ist unbegründet.

1. Der Kläger hat keinen Anspruch gegen den Beklagten aus einer behaupteten Zusage des Rechtsanwalts S10 mit dem Inhalt, dass der Beklagte die Zahlung der Abfindung an den Kläger sicherstellen werde. Dies hat das Arbeitsgericht zutreffend erkannt. Mit der Berufung hat der Kläger hiergegen keine Einwendungen tatsächlicher oder rechtlicher Art erhoben. Auf die entsprechenden Ausführungen in dem angefochtenen Urteil wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen.

2. Es besteht auch kein Zahlungsanspruch des Klägers gegen den Beklagten wegen einer Gläubigerbenachteiligung nach § 826 BGB. Eine vorsätzliche Schädigung des Gesellschaftsvermögens, die gegen die guten Sitten verstößt, kann nicht festgestellt werden. Zwar kann eine vorsätzliche Insolvenzverschleppung in der Absicht, den als unabwendbar erkannten "Todeskampf" eines Unternehmens solange wie möglich hinauszuzögern, den Tatbestand einer sittenwidrigen Schädigung im Sinne des § 826 BGB erfüllen, wenn dabei die Schädigung der Unternehmensgläubiger billigend in Kauf genommen wird (BGH, 18.12.2007 - BGHZ 175, 58 = NZA-RR 2008, 195 m.w.N.).

Zu Recht hat das Arbeitsgericht aber in dem angefochtenen Urteil ausgeführt, dass ein konkreter Vortrag des Klägers zu der behaupteten Gläubigerbenachteiligung nicht erfolgt ist. Auch hiergegen wendet sich der Kläger mit der Berufung nicht, sodass ebenfalls zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden Ausführungen in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen wird.

3. Der Kläger hat auch keinen Zahlungsanspruch gegen den Beklagten aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 64 Abs. 1 GmbHG. Auch insoweit erweist sich das angefochtene Urteil als zutreffend.

a) Richtig ist zwar, dass § 64 GmbHG ein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB ist. Dies entspricht seit der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 16.12.1958 (BGHZ 29, 100 = NJW 1959, 623) der zivilgerichtlichen (BGH, 30.03.1998 - BGHZ 138, 211; BGH, 26.06.1989 - AP GmbHG § 64 Nr. 1) sowie arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung (BAG, 24.09.1974 - AP GmbHG § 13 Nr. 1; BAG, 10.02.1999 - NZA 1999, 653; LAG Hamm, 08.02.2005 - NZA-RR 2005, 483; LAG Köln, 26.07.2006 - NZA-RR 2007, 146) und der herrschenden Meinung in der Literatur (Baumbach/Hueck/Schulze-Osterloh, GmbHG, 18. Aufl. 2006, § 64 Rn. 90 m.w.N.; Scholz/Schmidt, GmbHG, 9. Aufl. 2002, § 64 Rn. 37; Hoeffner, Zivilrechtliche Haftung und strafrechtliche Verantwortung des GmbH-Geschäftsführers bei Insolvenzverschleppung, 2003, S. 42 ff. m.w.N.).

Nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 64 Abs. 1 GmbHG haftet ein GmbH-Geschäftsführer, wenn er nicht unverzüglich, spätestens aber drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung der Gesellschaft die Eröffnung des Insolvenzverfahrens beantragt. Nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts haftet der Geschäftsführer bei einem Verstoß gegen die Verpflichtungen aus § 64 GmbHG den Altgläubigern, deren Verbindlichkeiten zum maßgeblichen Zeitpunkt bereits begründet waren, nur für den Schaden, der durch die Verzögerung entstanden ist. Dies ist der Betrag, den der Gläubiger mehr ausgezahlt erhalten hätte, wäre das Insolvenzverfahren rechtzeitig betrieben worden. Den Neugläubigern hingegen, also solche Personen, mit denen die bereits insolvente GmbH trotz bestehender Antragspflicht nach § 64 GmbHG Verbindlichkeiten eingeht, haftet der Geschäftsführer auf das negative Interesse (BAG, 03.09.1998 - NZA 1999, 39; LAG Köln, 26.07.2006 - NZA-RR 2007, 146).

Richtig ist auch der Ansatz des Klägers, dass grundsätzlich auch eine Haftung des faktischen Geschäftsführers nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 64 Abs. 1 GmbHG in Betracht kommen kann. Eine Person, die zwar rechtlich nicht dem geschäftsführenden Organ einer Gesellschaft angehört, tatsächlich aber wie ein Organmitglied auftritt und handelt, trifft ebenfalls die Pflicht, den Insolvenzantrag nach § 64 Abs. 1 GmbHG zu stellen (BGH, 21.03.1988 - BGHZ 104, 144 = NJW 1988, 1789; BGH, 25.02.202 - ZIP 2002, 848; Baumbach/Hueck/Schulze-Osterloh, a.a.O., § 64 Rn. 47 m.w.N.).

Im vorliegenden Rechtsstreit konnte jedoch offen bleiben, ob der Beklagte tatsächlich die Stellung eines faktischen Geschäftsführers bei der S7 GmbH inne hatte. Offen bleiben konnte auch, ob die vom Kläger verlangten Schadenspositionen sämtlich vom Schutzzweck des § 64 GmbHG umfasst sind. Dem Kläger ist es nämlich auch in der Berufungsinstanz nicht gelungen, die Haftungsvoraussetzungen des § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 64 Abs. 1 GmbHG darzulegen.

Den Kläger trifft für die Tatsache der verspäteten Beantragung der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens aus Gründen der Zahlungsunfähigkeit im Sinne des § 64 GmbHG - entgegen der von ihm vertretenen Auffassung - die volle Darlegungslast. Will ein Gläubiger den Geschäftsführer wegen verspäteten Insolvenzantrages auf Schadensersatz in Anspruch nehmen, so hat er nach der Grundregel, dass jede Partei die Beweislast für das Vorhandensein aller Voraussetzungen der ihr günstigen Normen trägt, den Zeitpunkt der objektiven Insolvenzreife, also Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung, darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen. Den Beweis für das Vorliegen der objektiven Voraussetzungen der Pflicht zur Beantragung einer Insolvenz hat grundsätzlich der Gläubiger zu erbringen (BGH, 06.06.1994 - BGHZ 126, 181 = NJW 1994, 2220, 2224; BAG, 03.09.1998, AP BGB § 826 Nr. 21 - unter IV. 2. c) der Gründe = NZA 1999, 39; LAG Hamm, 12.09.2008 - 7 Sa 741/08 -). Erst wenn feststeht, dass die Gesellschaft zu einem bestimmten Zeitpunkt bereits zahlungsunfähig oder rechnerisch überschuldet war, ist es Sache des Geschäftsführers, diejenigen Umstände darzulegen, die es aus der damaligen Sicht rechtfertigten, das Unternehmen trotzdem fortzuführen (BGH, 06.06.1994 - a.a.O.; BAG, 03.09.1998 - a.a.O., Hoeffner, a.a.O., S. 53 ff.).

Hiervon ausgehend hat der Kläger einen Schadensersatzanspruch wegen Insolvenzverschleppung aus Gründen der Zahlungsunfähigkeit nicht schlüssig darlegen können.

b) Der Begriff der Zahlungsunfähigkeit in § 64 Abs. 1 GmbHG ist so zu verstehen wie derjenige in § 17 InsO (BGH, 24.05.2005 - BGHZ 163, 134 = NJW 2005, 3062). Zahlungsunfähigkeit nach § 17 Abs. 2 Satz 1 InsO liegt vor, wenn der Schuldner (objektiv) nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen, wobei auf die nach früherem Recht erforderlichen Merkmale der "Dauer" und der "Wesentlichkeit" nicht mehr abzustellen ist, weil der Gesetzgeber der Insolvenzordnung darauf bei der Umschreibung der Zahlungsunfähigkeit ausdrücklich verzichtet hat (Gottwald/Uhlenbruck, Insolvenzrecht-Handbuch, 3. Aufl. 2006, § 6 Rn. 6, 7 ). Eine vorübergehende Zahlungsunfähigkeit hingegen begründet als Zahlungsstockung keine Zahlungsunfähigkeit im Sinne des § 17 InsO, auch wenn dies im Gesetz nicht ausdrücklich niedergelegt ist. Auch wenn eine geringfügige Liquiditätslücke außer Betracht zu bleiben hat, ist es nicht gerechtfertigt, eine Zahlungsunfähigkeit erst dann anzunehmen, wenn der Schuldner einen bestimmten Bruchteil der Gesamtsumme seiner Verbindlichkeiten nicht erfüllen kann. Insoweit ist, orientiert an der Antragsfrist in § 64 Abs. 1 GmbHG, als Zahlungsstockung nur diejenige Illiquidität anzusehen, die den Zeitraum nicht überschreitet, den eine kreditwürdige Person benötigt, um sich die erforderlichen Mittel zu beschaffen. Beträgt die innerhalb von drei Wochen nicht zu beseitigende Liquiditätslücke des Schuldners weniger als 10 % seiner fälligen Gesamtverbindlichkeiten, ist regelmäßig von einer Zahlungsunfähigkeit auszugehen. Liegt die Liquiditätslücke bereits oberhalb von 10 % der fälligen Gesamtverbindlichkeiten, so ist die Zahlungsunfähigkeit bereits in quantitativer Hinsicht indiziert (Gottwald/Uhlenbruck, a.a.O., § 6 Rn. 7).

Ist der Schuldner hingegen in der Lage, seine Verbindlichkeiten bis auf einen geringen Rest bedienen zu können, ist er nicht als zahlungsunfähig anzusehen. Das gilt nicht nur in quantitativer Hinsicht, sondern auch unter zeitlichen Aspekten, weshalb die bloße Zahlungsstockung irrelevant ist (BGH, 24.05.2005 - BGHZ 163, 134). Dafür spricht insbesondere, dass ein Insolvenzverfahren immer - aber auch erst - dann eingeleitet werden soll, wenn die Einzelzwangsvollstreckung keinen Erfolg mehr verspricht und nur noch die schnellsten Gläubiger zum Ziele kommen, andere hingegen ausfallen. Je kleiner die Liquiditätslücke ist, desto eher ist auch den Gläubiger ein Abwarten darauf zuzumuten, dass der Schuldner die Zahlungsunfähigkeit wieder erlangt (BGH, 24.05.2005 - a.a.O.; Zwanziger, Arbeitsrecht der Insolvenzordnung, 3. Aufl. 2006, Rn. 67; Baumbach/Hueck/Schulze-Osterloh, a.a.O., § 64 Rn. 6 m.w.N.).

In Anwendung der vorgenannten Grundsätze kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger substantiiert vorgetragen hat, dass die S7 GmbH bereits Anfang April 2004 bzw. zu einem davor liegenden Zeitpunkt bereits zahlungsunfähig gewesen ist. Zu Recht hat das Arbeitsgericht in dem angefochtenen Urteil darauf abgestellt, dass die vom Kläger angenommene Insolvenzreife spätestens Anfang April 2004 hätte vorliegen müssen. Ausreichende Anhaltspunkte dafür, dass die S7 GmbH bereits Anfang April 2004 zahlungsunfähig gewesen ist, sind aber nicht vorgetragen worden. Die Liquidation der S7 ist unstreitig erst am 29.04.2004 beschlossen worden. Von einer bereits seit Wochen bestehenden Zahlungsunfähigkeit konnte nicht ausgegangen werden. Ein Insolvenzantrag der S2 GmbH & Co. KG, von der nach den Behauptungen des Klägers die S7 GmbH ihre Liquidität bezogen habe, ist erst im November 2004 gestellt worden. Aus welchen Gründen die S7 GmbH bereits im Januar oder bis spätestens drei Wochen vor dem 29.04.2004 - 08.04.2004 - zahlungsunfähig gewesen sein soll, geht aus dem Klägervorbringen nicht hervor. Eine auf Anfang April 2004 bezogene Liquiditätsbilanz hat der Kläger nicht vorgelegt. Der Kläger hat auch nicht vorgetragen, welche fälligen und eingeforderten Verbindlichkeiten der S7 GmbH zu diesem Zeitpunkt nicht mehr erfüllt werden konnten. Feststellungen zu einer liquiditätsrelevanten Unterdeckung der S7 GmbH waren weder dem Arbeitsgericht noch dem Berufungsgericht möglich. Welche Verbindlichkeiten die S7 GmbH bereits Anfang des Jahres 2004 oder bis spätestens zum 08.04.2004 nicht mehr erfüllt werden konnten, war aus dem Vorbringen des Klägers nicht ersichtlich. Der Kläger hat auch nicht vorgetragen, wann welche Vollstreckungsaufträge fruchtlos verlaufen sein sollen. Bereits das Arbeitsgericht hat durch den ausführlichen Beschluss vom 08.10.2007 Bedenken gegen einen substantiierten Sachvortrag des Klägers hinsichtlich der behaupteten Zahlungsunfähigkeit der S7 GmbH geäußert und im angefochtenen Urteil vom 06.02.2008 ebenfalls festgestellt, dass das Vorbringen des Klägers insoweit unschlüssig ist. Mit der Berufung hat der Kläger keinen weitergehenden Tatsachenvortrag als in erster Instanz gebracht, sondern lediglich die erstinstanzlich aufgestellten Behauptungen wiederholt. Sämtliche in der Berufungsbegründung des Klägers vom 23.06.2008 aufgestellten Behauptungen sind vom Arbeitsgericht im Tatbestand des angefochtenen Urteils erwähnt und in den Entscheidungsgründen gewürdigt worden. Mit der Berufung sind keine neuen Tatsachenbehauptungen aufgestellt worden. Allein aus dem Umstand, dass die S2 GmbH & Co. KG bei Erteilung bestimmter Aufträge in Vorkasse trat, damit die S7 GmbH die dafür erforderlichen Materialien anschaffen konnte, folgt nicht, dass die S7 GmbH zahlungsunfähig oder überschuldet gewesen ist. Auch die Behauptung, die S7 GmbH habe über keine eigene Bonität verfügt und keine eigene Liquidität habe aufbauen können, besagt für sich genommen nichts darüber, zu welchem Zeitpunkt die S7 GmbH zahlungsunfähig gewesen ist. Das Arbeitsgericht hat zu Recht darauf hingewiesen, dass zu berücksichtigen sei, dass die S7 GmbH die Arbeitsentgelte ihrer Mitarbeiter bis Ende April 2004 gezahlt und insbesondere auch das Arbeitsverhältnis zum Kläger bis einschließlich 30.04.2004 - mit Ausnahme der Abfindungszahlung - erfüllt hat. Welche Forderungen Dritter die S7 GmbH ab wann und in welchem Umfang nicht mehr erfüllt hat, ist nicht dargelegt worden. Danach lässt sich als Zeitpunkt, ab wann die S7 GmbH zahlungsunfähig gewesen sein soll, nicht bestimmen.

Soweit der Kläger mit der Berufung erneut darauf hinweist, dass der Beklagte der einzige gewesen sei, der die wesentlichen Entscheidungen für die S7 GmbH getroffen habe, dass die S7 GmbH nicht selbst akquiriert hat und im Geschäftsverkehr nicht in Erscheinung getreten sei, dass Zahlungen von der Anwesenheit des Beklagten persönlich abhängig gewesen seien und Schreiben des Beklagten unter dem Diktatzeichen des formellen Geschäftsführers M2 M3 angefertigt und von der Prokuristin I1 S8 unterzeichnet worden seien, können diese Behauptungen ebenfalls die behauptete Zahlungsunfähigkeit der S7 GmbH zu einem bestimmten Zeitpunkt nicht belegen. Diese Behauptungen beziehen sich in erster Linie darauf, dass der Beklagte als faktischer Gesellschafter der S7 GmbH für die behauptete Insolvenzverschleppung verantwortlich sei und hierfür hafte. Aus den genannten Behauptungen kann eine Zahlungsunfähigkeit der S7 GmbH zu einem bestimmten Zeitpunkt nicht hergeleitet werden.

Da das Vorbringen des Klägers zu der behaupteten Zahlungsunfähigkeit auch in der Berufungsinstanz unschlüssig geblieben ist, konnte die Berufungskammer auch nicht den Beweisanträgen des Klägers nachgehen. Auch der Antrag des Klägers, die Bücher der S7 GmbH, insbesondere Jahresabschlüsse und BWA`s, vorzulegen, wäre einem Ausforschungsbeweis gleichgekommen.

c) Auch für eine Überschuldung der S7 GmbH hat der Kläger keine ausreichenden Tatsachen vorgetragen. Eine Überschuldung liegt nach § 19 Abs. 2 InsO vor, wenn das Vermögen der Gesellschaft die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt. Maßgebend hierfür ist eine Überschuldungsbilanz, für welche die handelsrechtlichen Bewertungsregeln nicht gelten. In ihr sind die Aktivposten grundsätzlich mit den Liquidationswerten einzusetzen (Baumbach/Hueck/Schulze-Osterloh, a.a.O., § 64 Rn. 12). Auch insoweit hat der Kläger keine ausreichenden Tatsachenbehauptungen, die eine Überschuldung der S7 GmbH belegen könnten, aufgestellt.

II.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO. Der Kläger hat die Kosten des erfolglos gebliebenen Rechtsmittels zu tragen.

Der Streitwert hat sich in der Berufungsinstanz nicht geändert, § 63 GKG.

Für die Zulassung der Revision zum Bundesarbeitsgericht bestand nach § 72 Abs. 2 ArbGG keine Veranlassung.

Ende der Entscheidung

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