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Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 08.10.2004
Aktenzeichen: 10 Sa 514/04
Rechtsgebiete: BRTV-Bau, ArbGG, TVG
Vorschriften:
BRTV-Bau § 2 | |
BRTV-Bau § 2 Abs. 1 Nr. 2.3 | |
BRTV-Bau § 2 Anhang | |
BRTV-Bau § 2 Abs. 7 | |
BRTV-Bau § 5 | |
BRTV-Bau § 5 Nr. 2.1 | |
BRTV-Bau § 5 Nr. 3 | |
ArbGG § 64 Abs. 2 | |
TVG § 1 Abs. 2 | |
TVG § 2 Abs. 2 | |
TVG § 3 Abs. 1 |
Nur die Baumaschinenführer der früheren Berufsgruppen M III/1 und M III/4 sind in die neue Sonderlohngruppe ,,Baumaschinenführer der Lohngruppe 4" einzugruppieren.
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Rheine vom 02.10.2003 - 2 Ca 106/03 - wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Tatbestand: Die Parteien streiten um die zutreffende Eingruppierung des Klägers. Der am 11.01.12xx geborene Kläger, der eine Ausbildung als Bauschlosser im Bergbaubetrieb besitzt, ist seit dem 29.06.1981 bei der Beklagten, einem Betrieb der Bauindustrie, als Schlosser tätig. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden die jeweiligen Tarifverträge des Bauhauptgewerbes Anwendung. Bis zum 31.08.2002 erhielt der Kläger als Baumaschinenführer seinen Lohn nach § 5 BRTV-Bau nach der Berufsgruppe M III/2. Auf die Berufsgruppeneinteilung in § 5 Nr. 2.1 BRTV-Bau in der bis zum 31.08.2002 geltenden Fassung wird Bezug genommen. In § 2 des Anhanges zum BRTV-Bau in der bis zum 31.08.2002 geltenden Fassung war unter der "Berufsgruppe M III - Baumaschinenführer - " u.a. folgendes festgelegt: M III/1 Dies sind Arbeitnehmer, die die Prüfung als Baumaschinenführer mit Erfolg abgelegt haben. M III/2 Dies sind ferner Arbeitnehmer gemäß M IV/1 nach zweijähriger Tätigkeit. M III/3 Dies sind ferner Arbeitnehmer nach M IV/2 mit der Befähigung, selbständig Reparaturen auszuführen. M III/4 Dies sind ferner Arbeitnehmer, die die nachstehenden Tätigkeitsmerkmale des ausgeübten Berufes erfüllen und sich dies bis zum 31. Dezember 1979 betrieblich unter Gegenzeichnung des Betriebsrates bestätigen lassen. Der Fertigkeitsnachweis ist von den bezirklichen Organisationen der Tarifvertragsparteien zu unterzeichnen. Die Tätigkeitsmerkmale für folgende Berufe lauten: ..." Mit Wirkung zum 01.09.2002 wurde die Lohngruppenstruktur im Baugewerbe gemäß Tarifvertrag zur Einführung neuer Lohnstrukturen für die gewerblichen Arbeitnehmer des Baugewerbes vom 04.07.2002 - TV Lohnstrukturen - neu geregelt. In § 2 Abs. 1 Nr. 2.3 TV Lohnstrukturen vom 04.07.2002 heißt es: (1) Zum Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens des Bundesrahmentarifvertrages für das Baugewerbe vom 1. September 2002 gehen die gewerblichen Arbeitnehmer wie folgt in die neuen Lohngruppen über: 1. Berufsgruppen I bis IV ... 2. Berufsgruppen M I bis M IV ... 2.3 Berufsgruppe M III in die Lohngruppe 4 (M III 1-M III 4) ..." Gleichzeitig wurde zum 01.09.2002 § 5 BRTV-Bau geändert. In § 5 Nr. 3 BRTV-Bau wurden u.a. folgende Lohngruppen festgelegt: ... Lohngruppe 4 - Spezialfacharbeiter/Baumaschinenführer - Tätigkeit: - selbständige Ausführung der Facharbeiten des jeweiligen Berufsbildes Regelqualifikation: - baugewerbliche Stufenausbildung in der zweiten Stufe ab dem zweiten Jahr der Tätigkeit - Prüfung als Baumaschinenführer - Berufsausbildung zum Baugeräteführer ab dem dritten Jahr der Tätigkeit - durch langjährige Berufserfahrung erworbene gleichwertige Fertigkeiten Tätigkeitsbeispiele: keine" Durch Tarifvertrag zur Regelung der Löhne und Ausbildungsvergütungen im Baugewerbe im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland mit Ausnahme der fünf neuen Länder und des Landes Berlin vom 04.07.2002 - TV Lohn West - wurden u.a. die L2xxx im Baugewerbe nach der neuen Lohnstruktur gemäß § 5 Nr. 3 BRTV mit Wirkung zum 01.09.2002 neu festgelegt. § 2 Abs. 7 TV Lohn West vom 04.07.2002 lautet wie folgt: "Mit Wirkung vom 1. September 2002 gelten, soweit sich aus den Bezirkslohntarifverträgen nicht etwas anderes ergibt, nachstehende L2xxx. Die Lohngruppe 2 a gilt für Arbeitnehmer, die bereits vor dem 1. September 2002 in der bisherigen Berufsgruppe V im Baugewerbe beschäftigt waren, unabhängig von einer Unterbrechung oder einem Wechsel ihres Arbeitsverhältnisses. TL|BZ GTL|EUR|EUR|EUR Lohngruppe|6|15,66|0,92|16,58 Lohngruppe|5|14,34|0,85|15,19 Lohngruppe|4|13,63|0,80|14,43 Lohngruppe|3|12,50|0,73|13,23 Lohngruppe|2 a|12,16|0,71|12,87 Lohngruppe|2|11,78|0,69|12,47 Lohngruppe|1|9,56|0,56|10,12 Fliesen-, Platten- und Mosaikleger der Lohngruppe|4|14,08|0,83|14,91 Baumaschinenführer der Lohngruppe|4|13,88|0,82|14,70"
Mit Wirkung ab September 2002 zahlte die Beklagte dem Kläger einen Gesamttariflohn nach der Lohngruppe 4 in Höhe von seinerzeit 14,43 EUR. Der Kläger machte gegenüber der Beklagten hingegen die Zahlung eines Gesamttariflohnes in Höhe von 14,70 EUR als "Baumaschinenführer der Lohngruppe 4" geltend. Da die Beklagte die Zahlung des vom Kläger mit Schreiben vom 18.11.2003 geltend gemachten Differenzbetrages ablehnte, erhob der Kläger am 15.01.2003 die vorliegende Klage zum Arbeitsgericht, mit der er die Zahlung des Differenzbetrages zwischen dem Gesamttariflohn der Lohngruppe 4 und des Gesamttariflohnes für Baumaschinenführer der Lohngruppe 4 für September 2003 in der unstreitigen Höhe von 30,03 EUR verlangte. Der Kläger hat die Auffassung vertreten, ihm stehe seit dem 01.09.2002 ein Anspruch auf Eingruppierung in die Sonderlohngruppe 4 zu, er habe einen Anspruch auf Bezahlung als "Baumaschinenführer der Lohngruppe 4" in Höhe eines Gesamttariflohnes von 14,70 EUR. Dies ergebe sich daraus, dass die neue Lohngruppe 4 die bisherigen Berufsgruppen III und die bisherigen Berufsgruppen für Baumaschinenführer M III zusammengefasst habe. Der Kläger sei als Baumaschinenführer für die Beklagte tätig gewesen. Demnach habe er einen Anspruch auf Bezahlung nach der Sonderlohngruppe für Baumaschinenführer der Lohngruppe 4. Im Übrigen hätten die Beschäftigten durch die neue Lohnstruktur keine Nachteile erleiden sollen. Der TV Lohn West vom 04.07.2002 unterscheide eben gerade zwischen einem Lohn nach der Lohngruppe 4 und einem Lohn für Baumaschinenführer der Lohngruppe 4. Dieser Lohngruppe gehöre der Kläger an. Der Kläger hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 30,03 EUR brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB seit Fälligkeit zu zahlen. Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, dem Kläger stehe lediglich ein Anspruch auf Zahlung des Gesamttariflohnes nach der Lohngruppe 4 in Höhe von 14,43 EUR zu. Der Kläger habe nämlich keine Ausbildung als Baumaschinenführer. Er sei bei der Beklagten als Schlosser eingestellt worden und werde als Schlosser beschäftigt. Ein Schlosser sei nicht mit einem Baumaschinenführer, der über eine spezielle Ausbildung verfüge, gleichzusetzen. Insoweit sei er lediglich in die Berufsgruppe M III/2 BRTV in der bis zum 31.08.2002 geltenden Fassung eingruppiert gewesen. Bereits aus dem Wortlaut der alten Berufsgruppen M III/2 und M III/3 sei nicht zu entnehmen gewesen, dass die in diese Berufsgruppen eingruppierten Arbeitnehmer Baumaschinenführer im engeren Sinne des bis zum 31.08.2003 geltenden Tarifvertrages gewesen seien. Lediglich die Arbeitnehmer der Berufsgruppen M III/1 und M III/4 seien Baumaschinenführer im engeren Sinne des Tarifvertrages gewesen. Nur diese Baumaschinenführer im engeren Sinne seien mit Wirkung zum 01.09.2002 "Baumaschinenführer der Lohngruppe 4" im Sinne des TV Lohn West vom 04.07.2002. Dies ergebe sich bereits aus der Protokollnotiz vom 05.06.1978 zur Berufsgruppe M II BRTV-Bau (Bl. 35 d.A.), in der es unstreitig wie folgt heißt: "Die Tarifvertragsparteien des Baugewerbes sind sich über folgendes einig: 1. Die für die Eingruppierung in die Berufsgruppe M II 1 erforderliche Voraussetzung einer Beschäftigung von mindestens zwei Jahren "als Baumaschinenführer" kann nur erfüllt werden von Arbeitnehmern der Berufsgruppe M III 1 oder M III 4. 2. Bei der Berufsgruppe M II 2 handelt es sich nicht um eine allgemeine Aufstiegsgruppe." Nur den Baumaschinenführer im engeren Sinne stehe der Lohn nach der Sonderlohngruppe "Baumaschinenführer der Lohngruppe 4" des TV Lohn West vom 04.07.2002 zu. Bei der Schaffung der neuen Lohngruppenstruktur seien die Tarifvertragsparteien von dieser Differenzierung zwischen Baumaschinenführern im engeren und im weiteren Sinne nicht abgerückt. Eine Auslegung der tariflichen Sonderlohngruppe im Sinne des Klägers würde letztlich dazu führen, dass alle Mitarbeiter der alten Lohngruppe M III der Sonderlohngruppe der Baumaschinenführer der Lohngruppe 4 (neu) zuzuordnen wären. Für diesen Fall hätten die Tarifvertragsparteien die Berufsgruppen III und M III (alt) nicht in einer Lohngruppe 4 (neu) zusammenführen müssen. Nur den Baumaschinenführern im engeren Sinne, nämlich den Arbeitnehmern, die den alten Berufsgruppen M III/1 und M III/4 angehört hätten, hätte ein Sonderlohn gewährt werden sollen. Alle anderen Arbeitnehmer der alten Berufsgruppen M III/2 und M III/3 sollten einen Lohn nach der Lohngruppe 4 (neu) beziehen. Durch Urteil vom 02.10.2003 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen und die Berufung zum Landesarbeitsgericht zugelassen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass eine Auslegung der maßgeblichen tariflichen Vorschriften ergebe, dass Baumaschinenführer der Lohngruppe 4 (neu) nur diejenigen Baumaschinenführer seien, die eine entsprechende Ausbildung besäßen und in die Berufsgruppen M III/1 und M III/4 (alt) eingruppiert gewesen seien. Eine differenzierende Klarstellung sei bereits in der Protokollnotiz vom 05.06.1978 enthalten gewesen. Gegen das dem Kläger am 25.02.2004 zugestellte Urteil vom 02.10.2003, auf dessen Gründe ergänzend Bezug genommen wird, hat der Kläger am 16.03.2004 Berufung zum Landesarbeitsgericht eingelegt und diese mit dem am 23.04.2004 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet. Der Kläger ist der Auffassung, dass nach der Systematik der tariflichen Vorschriften die Differenzierung zwischen Mitarbeitern der Lohngruppe 4 und Baumaschinenführer der Lohngruppe 4 nicht aufgegeben worden sei. Auf die Protokollnotiz vom 05.06.1978 könne die Beklagte sich zur Auslegung der tariflichen Vorschriften nicht mehr stützen. Diese Protokollnotiz habe lediglich einen automatischen Durchgang von der Berufsgruppe M IV über M III in die Berufsgruppe M II (alt) verhindern sollen. Aus den neuen tariflichen Vorschriften ergebe sich vielmehr, dass alle Baumaschinenführer der früheren Berufsgruppe M III jetzt "Baumaschinenführer der Lohngruppe 4" seien. Dies ergebe sich bereits aus den Überschriften zu § 2 Anhang BRTV in der bis zum 31.08.2002 geltenden Fassung zur Berufsgruppe M III und der Überschrift in § 5 BRTV, gültig ab 01.09.2002, zur Lohngruppe 4. Die Berufsgruppe M III (alt) sei mit allen Untergruppen in die Lohngruppe 4 (neu) übergeführt worden. § 2 Abs. 7 TV Lohn West vom 04.07.2002 gelte für alle Baumaschinenführer der Lohngruppe 4. Der Kläger beantragt, das Urteil des Arbeitsgerichts Rheine vom 02.10.2004 - 2 Ca 106/03 - abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 30,03 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 20.01.2003 zu zahlen. Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Sachvortrags verteidigt sie das erstinstanzliche Urteil. Sie ist nach wie vor der Auffassung, dass sich bereits aus der alten Protokollnotiz vom 05.06.1978 ergebe, dass allein die Überschrift der Berufsgruppe M III (alt) nicht bedeute, dass alle Arbeitnehmer, die in eine der vier Untergruppen der Berufsgruppe M III (alt) eingruppiert gewesen seien, tatsächlich Baumaschinenführer im Sinne der neuen Lohnstruktur seien. Die Protokollnotiz definiere eindeutig, welche Arbeitnehmer Baumaschinenführer im Sinne der tariflichen Eingruppierung seien. Die Tarifvertragsparteien der Protokollnotiz hätten nicht nur eine bestimmte Aufstiegsmöglichkeit verhindern wollen, sondern sich auf eine klare Definition festgelegt, wer Baumaschinenführer im engeren Sinne sei. Die in die Berufsgruppen M III/2 und M III/3 eingestuften Mitarbeiter seien aber keine Baumaschinenführer im engeren Sinne. Nach der neuen Lohnstruktur werde die neue Lohngruppe 4, die die alten Berufsgruppen III und M III zusammenfasse, lediglich durch die Lohngruppe "Baumaschinenführer der Lohngruppe 4" ergänzt. Diese neue Lohngruppe "Baumaschinenführer der Lohngruppe 4" mache nur dann Sinn, wenn sie etwas anderes regele als die Grundlohngruppe 4. Umgekehrt hätten die Tarifvertragsparteien in der Überschrift der neuen Lohngruppe 4 nicht die Baumaschinenführer aufgenommen, wenn beabsichtigt gewesen wäre, alle Baumaschinenführer der Sonderlohngruppe 4 zuzuordnen und ausschließlich die Spezialbaufacharbeiter in die Lohngruppe 4 aufzunehmen. Insoweit habe das Arbeitsgericht zutreffend entschieden, dass in die Lohngruppe "Baumaschinenführer der Lohngruppe 4" nur Baumaschinenführer der ehemaligen Berufsgruppen M III/1 und M III/4 einzuordnen seien.
Im Übrigen wird auf den weiteren Inhalt der von den Parteien gewechselten Schriftsätze ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I
Die nach § 64 Abs. 2 ArbGG kraft ausdrücklicher Zulassung der Berufung im Tenor des angefochtenen Urteils an sich statthafte und auch sonst form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung des Klägers ist nicht begründet.
Zu Recht hat das Arbeitsgericht der Klage des Klägers auf Zahlung des Differenzbetrages zwischen der Lohngruppe 4 TV Lohn West vom 04.07.2004 und der Sonderlohngruppe für Baumaschinenführer der Lohngruppe 4 TV Lohn West vom 04.07.2002 für den Monat September 2002 abgewiesen.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zahlung eines Gesamttariflohnes nach der Sonderlohngruppe "Baumaschinenführer der Lohngruppe 4" des kraft beiderseitiger Tarifbindung nach den §§ 3 Abs. 1, 2 Abs. 2 TVG auf das Arbeitsverhältnis der Parteien anzuwendenden TV Lohn West vom 04.07.2002. Ihm steht lediglich ein Anspruch auf Zahlung eines Gesamttariflohnes nach der Lohngruppe 4 TV Lohn West vom 04.07.2002 zu. Dies ergibt, wie das Arbeitsgericht zutreffend erkannt hat, eine Auslegung der tariflichen Vorschriften.
1. Die Auslegung des normativen Teils von Tarifverträgen erfolgt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Auszugehen ist zunächst vom Tarifwortlaut. Zu erforschen ist der maßgebliche Sinn der Erklärung, ohne am Wortlaut zu haften (§ 133 BGB). Der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien und damit der von ihnen beabsichtigte Sinn und Zweck der Tarifnormen ist über den reinen Wortlaut hinaus mit zu berücksichtigen, soweit sie in den tariflichen Normen ihren Niederschlag gefunden haben. Abzustellen ist auch auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte im wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefert und so der Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden kann. Verbleiben noch Zweifel, können weitere Kriterien wie Tarifgeschichte, praktische Tarifübung und Entstehungsgeschichte des jeweiligen Tarifvertrages ohne Bindung an eine bestimmte Reihenfolge berücksichtigt werden. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse gilt es zu berücksichtigen. Im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Lösung führt (vgl. zuletzt: BAG, Urteil vom 22.10.2003 - AP TVG § 1 Rückwirkung Nr. 21 = NZA 2004, 444; BAG, Urteil vom 24.09.2003 - AP TzBfG § 4 Nr. 4 = NZA 2004, 611; BAG, Urteil vom 22.09.1999 - AP TVG § 1 Tarifverträge: Bau Nr. 226; LAG Hamm, Urteil vom 17.06.1998 - NZA-RR 1999, 422 m.z.w.N.).
2. Eine Auslegung der tarifvertraglichen Vorschriften im Zusammenhang mit der Einführung einer neuen Lohnstruktur im Baugewerbe ergibt, dass der Kläger nicht "Baumaschinenführer der Lohngruppe 4" im Sinne des TV Lohn West vom 04.07.2002 ist.
a) Dem Kläger ist zwar einzuräumen, dass der bloße Wortlaut des § 2 Abs. 7 TV Lohn West vom 04.07.2002 zu seinen Gunsten sprechen kann. § 2 Abs. 7 TV Lohn West unterscheidet zwischen Mitarbeitern der Lohngruppe 4 einerseits und Baumaschinenführern der Lohngruppe 4 andererseits. Richtig ist auch, dass nach § 2 Abs. 1 Nr. 2.3 TV Lohnstrukturen vom 04.07.2004 sämtliche Mitarbeiter der Berufsgruppe M III (alt), auch diejenigen der Berufsgruppe M III/2, in die Lohngruppe 4 übergeführt worden sind. Der Kläger gehörte unstreitig zu der Berufsgruppe M III (alt), in die bis zum 31.08.2002 Baumaschinenführer eingruppiert gewesen sind.
b) Bei der Auslegung der maßgeblichen tariflichen Vorschriften kann jedoch nicht unbeachtet bleiben, dass nach der Systematik der tariflichen Normen die bisherigen Mitarbeiter der Berufsgruppe III - Spezialbaufacharbeiter - und der bisherigen Berufsgruppe M III - Baumaschinenführer - in einer Lohngruppe, nämlich der neuen Lohngruppe 4 zusammengeführt worden sind. Die neue Lohngruppe 4 des § 5 BRTV Bau in der ab 01.09.2002 geltenden Fassung umfasst nunmehr Spezialbaufacharbeiter (bisherige Berufsgruppe III) und Baumaschinenführer (die bisherige Berufsgruppe M III). Allein aus diesem Umstand kann jedoch nicht hergeleitet werden, dass der Kläger nunmehr einen Gesamttariflohn nach der Sonderlohngruppe "Baumaschinenführer der Lohngruppe 4" TV Lohn West erhalten muss. Denkbar ist ebenso, dass der Kläger, der als Baumaschinenführer in die Lohngruppe 4 eingruppiert worden ist, seinen Lohn nach der Lohngruppe 4 TV Lohn West erhält.
c) Aus der Tatsache, dass die Tarifvertragsparteien des TV Lohn West vom 04.07.2002 neben der Lohngruppe 4 eine weitere Sonderlohngruppe "Baumaschinenführer der Lohngruppe 4" geschaffen haben, muss - entgegen der Rechtsauffassung des Klägers - jedoch entnommen werden, dass nicht alle Baumaschinenführer, die früher der Berufsgruppe M III angehörig waren, nunmehr einen Gesamttariflohn nach der Sonderlohngruppe "Baumaschinenführer der Lohngruppe 4" TV Lohn West vom 04.07.2002 erhalten sollten. Zu Recht hat das Arbeitsgericht in dem angefochtenen Urteil die tariflichen Bestimmungen über die Sonderlohngruppe "Baumaschinenführer der Lohngruppe 4" TV Lohn West vom 04.07.2002 dahin ausgelegt, dass in diese Sonderlohngruppe nur Baumaschinenführer mit einer entsprechenden Ausbildung - früher Berufsgruppe M III/1 und M III/4 - eingruppiert sind.
Unstreitig ist zwischen den Parteien, dass die Tarifvertragsparteien unter Geltung des § 5 BRTV-Bau in der bis zum 31.08.2002 geltenden Fassung zwischen Baumaschinenführern im engeren Sinne - Berufsgruppe M III/1 und M III/4 - und Baumaschinenführern im weiteren Sinne differenziert haben. Dies ergibt sich aus der Protokollnotiz vom 05.06.1978, die den Formerfordernissen eines Tarifvertrages gemäß § 1 Abs. 2 TVG entspricht (BAG, Urteil vom 12.11.1997 - AP TVG § 1 Tarifverträge: Deutsche Bahn Nr. 1; BAG, Urteil vom 04.04.2001 - AP TVG § 4 Tarifkonkurrenz Nr. 26 m.w.N.). Hiernach war nämlich "Baumaschinenführer" der Berufsgruppe M II/1 nur der Baumaschinenführer der Berufsgruppe M III/1 oder M III/4. Baumaschinenführer der Berufsgruppe M III/2 oder M III/3 konnten nicht in die Berufsgruppe M II/1 aufsteigen. Diesem Gesichtspunkt ist auch bei der Auslegung des § 2 Abs. 7 TV Lohn West vom 04.07.2002, der eine Sonderlohngruppe "Baumaschinenführer der Lohngruppe 4" geschaffen hat, auch nach Auffassung der Berufungskammer Rechnung zu tragen.
Die Schaffung einer Sonderlohngruppe "Baumaschinenführer der Lohngruppe 4" in § 2 Abs. 7 TV Lohn West vom 04.07.2002 wäre nämlich überflüssig gewesen, wenn ohnehin alle Baumaschinenführer der früheren Berufsgruppe M III in die Sonderlohngruppe "Baumaschinenführer der Lohngruppe 4" TV Lohn West vom 04.07.2002 einzugruppieren wären. Insoweit hätte die Schaffung einer Sonderlohngruppe "Baumaschinenführer" ausgereicht. Gerade die Überführung sämtlicher Baumaschinenführer der früheren Berufsgruppe M III in die Lohngruppe 4 nach § 2 Abs. 1 Nr. 2.3 des TV Lohnstrukturen vom 04.07.2002 einerseits und die Schaffung einer Sonderlohngruppe "Baumaschinenführer der Lohngruppe 4" in § 2 Abs. 7 TV Lohn West vom 04.07.2002 macht nur Sinn, wenn innerhalb der Berufsgruppe der Baumaschinenführer eine Differenzierung im früher verstandenen Sinne vorgenommen wird. Die Einführung der Sonderlohngruppe "Baumaschinenführer der Lohngruppe 4" erscheint nur dann sinnvoll, wenn sie etwas anderes regelt als die Grundlohngruppe 4. Umgekehrt hätten die Tarifvertragsparteien in der Überschrift der neuen Lohngruppe 4 in § 5 BRTV-Bau in der ab 01.09.2002 geltenden Fassung nicht die Baumaschinenführer aufnehmen müssen, wenn beabsichtigt gewesen wäre, alle Baumaschinenführer ohnehin der Sonderlohngruppe "Baumaschinenführer der Lohngruppe 4" zuzuordnen; ausreichend wäre es dann gewesen, wenn ausschließlich die Spezialbaufacharbeiter der bisherigen Berufsgruppe III in die Lohngruppe 4 (neu) aufgenommen worden wären.
Da der Kläger unstreitig über keine Ausbildung als Baumaschinenführer verfügt, sondern über die Berufsgruppe M IV/1 in die Berufsgruppe M III/2 (alt) nach zweijähriger Tätigkeit aufgestiegen ist, gehörte er nicht zu den Baumaschinenführern im engeren Sinne (frühere Berufsgruppe M III/1 und M III/4). Damit ist er nicht in die Sonderlohngruppe "Baumaschinenführer der Lohngruppe 4" (neu) einzugruppieren, er unterfällt vielmehr der Lohngruppe 4 (neu).
II
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO. Der Kläger hat die Kosten des erfolglos gebliebenen Rechtsmittels zu tragen.
Der Streitwert hat sich in der Berufungsinstanz nicht geändert, § 25 GKG.
Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache hat die Berufungskammer die Revision zum Bundesarbeitsgericht nach § 72 Abs. 2 ArbGG zugelassen.
Ende der Entscheidung
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