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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 08.11.2006
Aktenzeichen: 10 Sa 927/06
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 394
BGB § 611
BGB § 615
ZPO § 850 c
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Dortmund vom 13.04.2006 - 4 Ca 6154/05 - wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über restliche Entgeltansprüche des Klägers.

Der am 12.09.1966 geborene Kläger, der schwerbehindert ist mit einem Grad der Behinderung von 50, ist seit dem 02.03.2001 bei der Beklagten, einer Einzelfirma, als Kraftfahrer zu einem monatlichen Bruttoverdienst von zuletzt 1.533,88 € beschäftigt. In dem am 26.01.2001 abgeschlossenen Arbeitsvertrag (Bl. 14 ff.d.A.) war unter Ziffer 2. vereinbart:

"Art der Tätigkeit

Der Arbeitnehmer wird eingestellt als Fahrer zum Dienstantritt am 02.03.2001.'"

Ziffer 6. des Arbeitsvertrages lautet:

"Allgemeine Bedingungen

Der Betrieb behält sich vor, dem Mitarbeiter im Bedarfsfalle auch andere, seiner Vorbildung und seinen Fähigkeiten entsprechende Arbeiten zu übertragen und ihn an einen anderen gleichwertigen Arbeitsplatz zu versetzen. Soweit durch eine solche Versetzung keine Änderung der Bezüge eintritt, ist dies ohne Änderungskündigung möglich...."

Bis Juli 2005 erhielt der Kläger von der Beklagten u.a. Spesen in Höhe von täglich 6,00 €, bei einer Tätigkeit von mehr als 10 Stunden 12,00 € pro Tag. Ob der Kläger neben seinen Arbeitskollegen ab August 2005 auf die Zahlung der täglichen Spesen verzichtet hat, ist zwischen den Parteien streitig.

Die Beklagte stellt ihren Fahrern, auch dem Kläger, ein Handy zur Verfügung, mit welchem erlaubt ist, auch privat zu telefonieren. Im Mai 2005 hatte die Beklagte mit allen Mitarbeitern vereinbart, dass alle über 30,00 € monatlich hinausgehenden privaten Handygespräche von den Mitarbeitern selbst bezahlt werden sollten.

Mit der Abrechnung für Dezember 2005 (Bl. 21 d.A.) zog die Beklagte von dem Nettoverdienst des Klägers, dessen Handyrechnung für Oktober 2005 (Bl. 107 ff.d.A.) 139,79 € betragen hatte, einen Betrag in Höhe von 51,03 € ab.

Die Beklagte war zuletzt im Wesentlichen für zwei Kunden als Transportunternehmen tätig, und zwar für die Firma G1xxx in B1xxxx sowie für die Firma Q1xxxx, die über die Firma D3x betreut wird. Ursprünglich war der Kläger für Fahrten für die Firma Q1xxxx (D3x) eingeteilt.

Mit Schreiben vom 15.12.2005 (Bl. 66 d.A.) teilte die Firma D3x der Beklagten mit, dass sie wegen einer Vielzahl von Kundenbeschwerden, insbesondere am 24.10.2005 und 03.11.2005, eine weitere Zusammenarbeit mit dem Kläger ablehne.

Der Kläger wurde sodann für Fahrten der Firma G1xxx eingesetzt, wobei er, unter Hinweis auf seine Schwerbehinderung, bereits mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 08.11.2005 (Bl. 68 ff.d.A.) darum gebeten hatte, nicht über acht Stunden täglich eingesetzt zu werden. Im Schreiben vom 08.11.2005 wies er ausdrücklich darauf hin, dass er seine Tätigkeit nach einer Arbeitszeit von acht Stunden beenden werde.

Nachdem der Kläger am 20.01.2004 eine erste schriftliche Abmahnung erhalten hatte (Bl. 74 d.A.), erteilte die Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 13.10.2005 (Bl. 4 d.A.) eine weitere Abmahnung, weil der Kläger mit dem von ihm gesteuerten Kfz am 29.09.2005 einen Unfall hatte, ohne den Inhaber der Beklagten zu benachrichtigen.

Mit Schreiben vom 07.12.2005 (Bl. 13 d.A.) erteilte die Beklagte dem Kläger eine weitere Abmahnung, weil der Kläger am 06.12.2005 einen Arbeitskollegen beleidigt und ihm Schläge angedroht haben sollte.

Der Kläger erhob daraufhin am 02.12.2005 die vorliegende Klage zum Arbeitsgericht, mit dem er die Entfernung der Abmahnung vom 13.10.2005 sowie die Zahlung der ab August 2005 nicht mehr gezahlten Spesen verlangte. Diese Klage erweiterte er im Laufe des Rechtsstreits um die im Dezember 2005 einbehaltenen Handykosten in Höhe von 51,03 €.

Mit dem am 09.12.2005 beim Arbeitsgericht eingegangenen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung machte der Kläger die Unterlassung geltend, ihm Fahraufträge mit einer über acht Stunden hinausgehenden Arbeitszeit zu erteilen - 4 Ga 77/05 Arbeitsgericht Dortmund -. In diesem Verfahren schlossen die Parteien am 19.12.2005 einen Vergleich, wonach u.a. zwischen den Parteien Einigkeit darüber bestand, dass der Kläger entsprechend den arbeitsvertraglichen Vereinbarungen als Fahrer bei der Beklagten zu unveränderten Arbeitsbedingungen beschäftigt wurde.

Mit Schreiben vom 23.12.2005 (Bl. 73 d.A.) verweigerten die Mitarbeiter S5xxxxx, S6xxxxxxxxx und A1xxx die weitere Zusammenarbeit mit dem Kläger, weil dieser seine Arbeitskollegen beleidigt, ihnen Schläge angedroht und sie wegen Trinkgeldes betrogen haben sollte.

Mit Schreiben vom 30.12.2005 (Bl. 67 d.A.) bat die Firma G1xxx die Beklagte, den Kläger nicht mehr bei ihr einzusetzen, da er ihren Leistungsanforderungen nicht entspreche.

Im vorliegenden Verfahren schlossen die Parteien in der Güteverhandlung vom 16.01.2006 einen Teilvergleich, mit dem u.a. die Entfernung der Abmahnungen vom 13.10.2005 und 07.12.2005 geregelt wurde. Ziffer. 3. des Teilvergleiches vom 16.01.2006 lautet wie folgt:

"Zwischen den Parteien besteht Einigkeit darüber, dass der Kläger entsprechend den arbeitsvertraglichen Vereinbarungen in Ziffer 2 und Ziffer 6 des Arbeitsvertrages vom 26.02.2001 als Fahrer bei dem Beklagten zu unveränderten Arbeitsbedingungen beschäftigt wird."

Am 30.01.2006 wurde der Kläger nicht als Fahrer zu einer Tour eingesetzt. Die Beklagte wies ihn vielmehr an, einen Lkw aus der Werkstatt zu holen, ein Zündschloss zu besorgen und Ersatzteile zu beschaffen. Für den 31.01.2006 beauftragte die Beklagte den Kläger mit Reparatur- und Reinigungsarbeiten an Lkw`s der Beklagten.

Der Kläger machte daraufhin mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 30.01.2006 (Bl. 43 f.d.A.) und vom 09.02.2006 (Bl. 45 d.A.) seine Beschäftigung als Fahrer geltend und von seinem Zurückbehaltungsrecht Gebrauch. Er wies darauf hin, dass er erst dann wieder zur Arbeit erscheinen werde, wenn ihm eine Tätigkeit als Kraftfahrer zugewiesen werde.

Der Kläger erhielt daraufhin für den Monat Februar 2006 von der Beklagten kein Arbeitsentgelt, sondern bezog Arbeitslosengeld in Höhe von 756,00 €.

Mit Klageerweiterung vom 03.03.2006 machte er die Zahlung seines Lohnes für den Monat Februar 2006 in Höhe von 1.482,75 € brutto abzüglich 756,00 € netto geltend.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Beklagte sei wegen Annahmeverzuges zur Entgeltzahlung für den Monat Februar 2006 verpflichtet, da sie ihn nicht vertragsgemäß als Fahrer beschäftigt habe. Bei dem Schreiben der Firma G1xxx vom 30.12.2005 handele es sich offensichtlich um ein Gefälligkeitsschreiben. Dem Kläger sei zu keiner Zeit in irgendeiner Weise mitgeteilt worden, dass er den Leistungsanforderungen der Firma G1xxx nicht entspreche. Es habe auch keinen Vorfall gegeben, der für die Firma G1xxx Anlass gewesen wäre, das Schreiben vom 30.12.2005 zu verfassen. Zudem enthalte das Schreiben der Firma G1xxx einen Eingangsstempel mit Datum des "15. Feb. 2006"; im Termin vor der Berufungskammer vom 08.11.2006 hat sich insoweit als unstreitig herausgestellt, dass es sich bei diesem Eingangsstempel um denjenigen der Prozessbevollmächtigten der Beklagten handelt. Erstmals mit Schriftsatz vom 07.03.2006, so der Kläger, habe die Beklagte sich auf das Schreiben der Firma G1xxx vom 30.12.2005 berufen.

Der Kläger hat ferner die Auffassung vertreten, ihm stehe auch ein Anspruch auf Zahlung der Spesen für die Monate August bis Dezember 2005 in Höhe von insgesamt 468,00 € netto zu. Einen Verzicht auf diese Spesen habe es zu keinem Zeitpunkt gegeben.

Schließlich habe er auch einen Anspruch auf Auszahlung der einbehaltenen Handykosten in Höhe von 51,03 €. Hierzu hat er behauptet, dass private Gespräche mit dem Handy gestattet seien, um die Angehörigen zu informieren, wenn die übliche Arbeitszeit von acht Stunden nicht ausgereicht habe oder man später nach Hause komme.

Der Kläger hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 390,00 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 51,03 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

3. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 1.482,75 € brutto abzüglich erhaltenen Arbeitslosengeldes in Höhe von 756,00 € netto sowie 78,00 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen,

widerklagend

die Zwangsvollstreckung aus dem Teilvergleich vom 16.01.2006 - 4 Ca 6154/05 - für unzulässig zu erklären.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, dem Kläger stehe ein Lohnanspruch für den Monat Februar 2006 aus Annahmeverzug nicht zu. Der Kläger sei als Fahrer nicht einsetzbar. Sowohl die Firma G1xxx wie auch die Firma D3x verweigerten eine Zusammenarbeit mit dem Kläger. Auch den übrigen Mitarbeitern der Beklagten sei eine Zusammenarbeit mit dem Kläger nicht mehr zumutbar. Mindestens sei die Geltendmachung des Februarlohnes treuwidrig, da der Kläger die Weigerung der Firmen G1xxx und D3x, mit ihm zusammenzuarbeiten, selbst verursacht habe. Im Übrigen sei es treuwidrig, wenn der Kläger auch Tätigkeiten, wie die Beschaffung von Ersatzteilen, die Betankung und Wartung der eingesetzten Fahrzeuge etc. ablehne und im Wege der Zwangsvollstreckung seine Beschäftigung als Fahrer zu erzwingen suche. Die dem Kläger am 30.01.2006 zugewiesenen Tätigkeiten stünden im Zusammenhang mit den Fahrertätigkeiten und seien dem Kläger durchaus zumutbar.

Der Kläger habe auch keinen Anspruch auf Zahlung der geltend gemachten Spesen. Auf diese Spesen habe er, wie die Beklagte behauptet hat, im Rahmen einer Mitarbeiterbesprechung vom 19.07.2005 verzichtet. Es sei sogar der Kläger gewesen, der sich als erster zu dem Vorschlag, auf die Spesen zu verzichten oder aber eine Insolvenz zu riskieren, geäußert habe und bereit gewesen sei, den Verzicht zu akzeptieren. Bis zu der gerichtlichen Auseinandersetzung der Parteien um die Beschäftigung des Klägers als Fahrer habe der Kläger die Nichtzahlung der Spesen auch widerspruchslos hingenommen.

Die Beklagte hat schließlich behauptet, sie sei berechtigt gewesen, im Hinblick auf die Handyrechnung des Klägers für Oktober 2005, die sich auf 139,7966 € belaufen habe, vom Lohn des Klägers für Dezember 2005 51,03 € in Abzug zu bringen. Das Handy sei dem Kläger zu dienstlichen Zwecken übergeben worden. Auch wenn die Mitarbeiter mit dem ihnen zur Verfügung gestellten Handy privat telefonieren durften, seien bislang immer von allen alle über 30,00 € hinausgehenden Privatgespräche erstattet worden. Auch mit dem Kläger sei eine derartige Regelung getroffen worden, sie sei jahrelang so praktiziert worden. Im Oktober 2005 habe der Kläger zahlreiche Gespräche mit seiner Lebensgefährtin zu privaten Zwecken geführt. Dies ergebe sich aus der Handyabrechnung für Oktober 2005 (Bl. 107 ff.d.A.).

Der Kläger hat beantragt,

die Widerklage abzuweisen.

Im Laufe des erstinstanzlichen Verfahrens bestätigte der Mitarbeiter A1xxx mit Schreiben vom 31.03.2006 (Bl. 105 f.d.A.) seine Weigerung, mit dem Kläger zusammenzuarbeiten, erneut.

Die Firma G1xxx teilte der Beklagten mit Schreiben vom 03.04.2006 (Bl. 104 d.A.) mit, dass sie trotz persönlicher Fürsprache durch die Beklagte nicht mehr gewillt sei, den Kläger in ihrer Firma einzusetzen.

Das Arbeitsgericht hat Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung der Zeugen S5xxxxx, A1xxx, M1xxxx, F6xxxxx , F5xxxx und C1xxxx. Auf die in der Sitzungsniederschrift vom 13.04.2006 (Bl. 116 ff.d.A.) schriftlich niedergelegten Aussagen dieser Zeugen wird Bezug genommen.

Durch Urteil vom 13.04.2006 hat das Arbeitsgericht sodann die Klage sowie die Widerklage abgewiesen. Zur Begründung der Klageabweisung hat es ausgeführt, dass dem Kläger ein Lohnanspruch für Februar 2006 nicht zustehe; zwar habe sich die Beklagte in Annahmeverzug befunden, der Kläger habe es aber böswillig unterlassen, die ihm ab 30.01.2006 zugewiesenen Arbeiten auszuführen. Ein Spesenanspruch bestehe zu Gunsten des Klägers nicht, weil die durchgeführte Beweisaufnahme ergeben habe, dass auch der Kläger auf den Spesenanspruch im Juli 2005 verzichtet habe. Schließlich stehe der Beklagten ein Erstattungsanspruch wegen der privaten Handytelefonate des Klägers zu, der Kläger habe in erheblichem Umfang privat telefoniert. Auch wenn dies erlaubt gewesen sei, habe er für diese Privattelefonate entsprechend den vertraglichen Vereinbarungen der Parteien die Kosten zu tragen.

Gegen das dem Kläger am 09.05.2006 zugestellte Urteil, auf dessen Gründe ergänzend Bezug genommen wird, hat der Kläger am 02.06.2006 Berufung zum Landesarbeitsgericht eingelegt und diese mit dem am 04.07.2006 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet.

Der Kläger ist nach wie vor der Auffassung, der Februarlohn stehe ihm aus Annahmeverzug zu. Er habe es nicht böswillig unterlassen, die ihm zugewiesenen Tätigkeiten zu verrichten. Die Beklagte sei verpflichtet gewesen, ihn, den Kläger als Fahrer zu beschäftigen. Auf das Schreiben der Firma G1xxx vom 30.12.2005 könne die Beklagte sich nicht berufen. Dieses habe, wie der Kläger behauptet, am 30.01.2006 noch nicht vorgelegen. Danach habe der Kläger weiter als Fahrer eingesetzt werden können. Die Arbeitsanweisungen der Beklagten vom 30./31.01.2006 stellten eine reine Schikane dar.

Der Kläger habe auch einen Anspruch auf Zahlung der geltend gemachten Spesen. Die Aussagen der Zeugen S5xxxxx, A1xxx und F5xxxx seien nicht glaubwürdig, sie widersprächen sich. Im Übrigen müsse davon ausgegangen werden, dass diese Zeugen ihre Aussagen im Hinblick auf ihre persönliche Einstellung zum Kläger gemacht hätten.

Die Beklagte habe auch keinen Anspruch auf Erstattung der geltend gemachten Handykosten. Er, der Kläger, sei nämlich berechtigt gewesen, das ihm zur Verfügung gestellte Handy auch privat zu nutzen. Im Übrigen liege ein Verstoß gegen die Pfändungsgrenzen des § 850 c ZPO vor. Der Kläger sei seiner Lebensgefährtin unterhaltsverpflichtet, beide bildeten eine Bedarfsgemeinschaft.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Dortmund vom 13.04.2006 - 4 Ca 6154/05 - abzuändern und die Beklagte zu verurteilen,

1. an den Kläger 390,00 € nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

2. an den Kläger einen weiteren Betrag in Höhe von 51,03 € nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

3. an den Kläger 1.482,75 € brutto abzüglich erhaltenen Arbeitslosengeldes in Höhe von 756,00 € sowie einen weiteren Betrag in Höhe von 78,00 € nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil und meint, dem Kläger stehe ein Lohn aus Annahmeverzug für Februar 2006 nicht zu, da er sich schlicht geweigert habe, die ihm zugewiesenen Tätigkeiten zu verrichten. Zu den Aufgaben eines Fahrers gehöre auch die Fahrzeugwartung und -pflege.

Bei dem Schreiben der Firma G1xxx vom 30.12.2005 habe es sich auch nicht um ein Gefälligkeitsschreiben gehandelt. Nach der Weigerung der Firma G1xxx, den Kläger weiter einzusetzen, habe für den Kläger schlicht keine Fahrertätigkeit mehr bestanden. Insbesondere nach dem Gütetermin vor dem Arbeitsgericht habe der Inhaber der Beklagten nochmals bei der Firma G1xxx interveniert, worauf diese mit Schreiben vom 03.04.2006 ihre Weigerung ausdrücklich bestätigt habe. Im Übrigen habe der Kläger im einstweiligen Verfügungsverfahren 4 Ga 77/05 ausdrücklich darauf hingewiesen, dass er aufgrund seiner Leistungsminderung nicht in der Lage sei, regelmäßig Mehrarbeit zu leisten. Auch insoweit habe er für die Firma G1xxx nicht mehr eingesetzt werden können. Erst im Kammertermin vom 30.03.2006 habe der Kläger erstmals erklärt, er sei ausdrücklich bereit, auch Touren zu fahren, die länger als acht Stunden andauerten.

Auch der geltend gemachte Spesenanspruch stehe dem Kläger nicht zu. Der Kläger habe ausdrücklich auf die Spesen verzichtet. Dies ergebe sich aus der vom Arbeitsgericht durchgeführten Beweisaufnahme. Die Aussagen der Zeugen S5xxxxx, A1xxx und F5xxxx seien eindeutig und unmissverständlich, ihre Aussagen seien auch nicht widersprüchlich.

Schließlich habe der Kläger auch keinen Anspruch auf Auszahlung der einbehaltenen Handykosten. Das Arbeitsgericht habe zutreffend gewürdigt, dass der Kläger die Kosten für die umfangreich geführten Privatgespräche selbst tragen müsse. Aus den Einzelverbindungsnachweisen sei zu ersehen, dass der Kläger teilweise frühmorgens, zum Teil im Abstand von 15 Minuten, telefoniert habe. Das lasse sich nicht damit rechtfertigen, er habe Angehörige über eine Verspätung informieren müssen.

Der Hinweis auf die Pfändungsgrenzen gehe ins Leere, weil der Kläger sich zuvor vertraglich verpflichtet habe, die Kosten der Privatgespräche zu tragen.

Die Berufungskammer hat die Akten 4 Ga 77/05 Arbeitsgericht Dortmund informationshalber beigezogen. Auf den Inhalt dieser Akten wird ebenso Bezug genommen wie auf den weiteren Inhalt der von den Parteien gewechselten Schriftsätze.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet.

I.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zahlung der eingeklagten Beträge. Dies hat das Arbeitsgericht in dem angefochtenen Urteil zu Recht erkannt.

1. Ein Anspruch des Klägers auf Zahlung des Arbeitsentgelts für den Monat Februar 2006 in Höhe von 1.482,75 € brutto abzüglich erhaltenen Arbeitslosengeldes in Höhe von 756,00 € netto ergibt sich nicht aus den §§ 611, 615, 293 ff. BGB.

a) Zwischen den Parteien bestand zwar im Februar 2005 ein erfüllbares Arbeitsverhältnis.

Nach Auffassung der Berufungskammer ist aber schon zweifelhaft, ob die Beklagte sich im Februar 2005 mit der Annahme der Dienste des Klägers in Verzug befand. Nach den §§ 615, 293 ff. BGB gerät ein Arbeitgeber in Annahmeverzug nur dann, wenn er die am rechten Ort, zur rechten Zeit und in der rechten Weise angebotene und dem Arbeitnehmer mögliche Arbeitsleistung nicht annimmt.

Nach Ziffer 2. des Arbeitsvertrages vom 26.02.2001 war der Kläger bei der Beklagten zwar als Fahrer eingestellt. Die Beklagte hat dem Kläger im Februar 2005 auch keine Fahrertätigkeiten zugewiesen. Nach Ziffer 6. des Arbeitsvertrages war der Kläger jedoch verpflichtet, auch andere, seiner Vorbildung und seinen Fähigkeiten entsprechende Arbeiten zu verrichten. Unstreitig hat der Kläger die ihm ab 30.01.2006 zugewiesenen Arbeiten, wie Fahrzeugwartung und -pflege, Abholung eines anderen Lkw`s aus der Werkstatt sowie Beschaffung von Ersatzteilen, nicht ausgeführt. Dass dem Kläger derartige Tätigkeiten auf Dauer zugewiesen werden sollten, ergibt sich aus dem eigenen Vorbringen des Klägers nicht. Diese Tätigkeiten sollte der Kläger lediglich verrichten, weil nach der Firma D3x, die mit Schreiben vom 15.12.2005 mitgeteilt hatte, den Kläger nicht mehr bei ihr einzusetzen, auch die Firma G1xxx mit Schreiben vom 30.12.2005 eine Zusammenarbeit mit dem Kläger abgelehnt hat. Ersichtlich sollte der Kläger ab 30.01.2006 die ihm zugewiesenen Tätigkeiten verrichten, bis geklärt war, wie ein weiterer Einsatz des Klägers erfolgen konnte. Bei den dem Kläger zugewiesenen Tätigkeiten handelte es sich auch um - jedenfalls für kürzere Zeit - zumutbare Tätigkeiten, die im Zusammenhang mit der eigentlichen Fahrertätigkeit des Klägers standen. Diese dem Kläger zumutbaren Tätigkeiten hat der Kläger jedoch ab 30.01.2006 abgelehnt. Obgleich der Kläger seine Arbeitskraft als Fahrer mit Schreiben vom 30.01.2006 und 09.02.2006 zur Verfügung gestellt hat, fehlte es an der bestehenden Leistungsbereitschaft des Klägers gegenüber der Beklagten, da er die Ausführung der ihm am 30.01.2006 ihm zugewiesenen Tätigkeiten weiter ablehnte. Insoweit hätte er seine wiederbestehende Leistungsbereitschaft gegenüber der Beklagten ausdrücklich anzeigen müssen (BAG, Urteil vom 10.05.1973 - AP BGB § 615 Nr. 27; BAG, Urteil vom 07.06.1973 - AP BGB § 615 Nr. 28). Dies hat er nicht getan.

b) Die Berufungskammer hat aber letztlich offen gelassen, ob die Beklagte sich im Februar 2006 in Annahmeverzug befunden hat.

Ein Anspruch des Klägers aus Annahmeverzug entfällt nämlich deshalb, weil der Kläger es mindestens böswillig unterlassen hat, anderweitigen Verdienst zu erzielen, indem er das Angebot der Beklagten zur Arbeit mit anderen Aufgaben unter Fortzahlung des vereinbarten Lohnes abgelehnt hat. Dies hat das Arbeitsgericht in dem angefochtenen Urteil zutreffend ausgeführt.

Gemäß § 615 Satz 2 BGB muss sich der Arbeitnehmer auf das Arbeitsentgelt den Wert desjenigen anrechnen lassen, was er verdient hätte, wenn er es nicht böswillig unterlassen hätte, eine ihm zumutbare Arbeit anzunehmen. Insoweit ist zu überprüfen, ob dem Arbeitnehmer gemäß § 242 BGB sowie unter Beachtung des Grundrechts auf freie Arbeitsplatzwahl nach Artikel 12 GG die Aufnahme einer anderweitigen Tätigkeit zumutbar ist (BAG, Urteil vom 16.06.2004 - AP BGB § 615 Böswilligkeit Nr. 11 m.w.N.). Eine Anrechnung kommt auch dann in Betracht, wenn die Beschäftigungsmöglichkeit bei dem Arbeitgeber besteht, der sich mit der Annahme der Dienste des Arbeitnehmers in Verzug befindet (BAG, Urteil vom 16.06.2004 - a.a.O.).

Bereits die vorangegangenen Ausführungen ergeben, dass die dem Kläger am 30.01.2006 angebotenen Tätigkeiten zumutbar waren. Eine Verpflichtung zur Aufnahme einer anderweitigen Tätigkeit besteht nur dann nicht, wenn eine angebotene oder sonst mögliche Arbeit nach den konkreten Umständen für den Arbeitnehmer unzumutbar ist. Die Unzumutbarkeit kann sich etwa aus der Art der Arbeit, den sonstigen Arbeitsbedingungen oder der Person des Arbeitgebers ergeben. Die Frage der Zumutbarkeit ist unter Berücksichtigung aller Umstände nach Treu und Glauben zu bestimmen (BAG, Urteil vom 11.01.2006 - NZA 2006, 314 = DB 2006, 787).

Unter Anwendung dieser Rechtsgrundsätze war es dem Kläger zumutbar, zumindest für einen vorübergehenden Zeitraum bei der Beklagten diejenigen Tätigkeiten zu verrichten, die die Beklagte ihm am 30.01.2006 angeboten hatte. Ein Einsatz des Klägers als Fahrer bei der Firma Q1xxxx - D3x - sowie bei der Firma G1xxx im Februar 2006 war wegen des eigenen Verhaltens des Klägers sowie seiner damaligen Weigerung, für die Firma G1xxx Touren zu übernehmen, bei denen er mehr als acht Stunden Arbeitsleistung zu erbringen hatte, für die Beklagte unmöglich. Unstreitig ist darüber hinaus, dass die Fahrer S5xxxxx, S6xxxxxxxxx und A1xxx sich geweigert haben, mit dem Kläger zusammen zu arbeiten, da auch diese dem Kläger den Vorwurf inakzeptablen Verhaltens ihnen gegenüber gemacht hatten. Wollte die Beklagte nicht riskieren, die Aufträge bei der Firma Q1xxxx - D3x - sowie der Firma G1xxx zu verlieren, war es notwendig, den Kläger zunächst von der Fahrertätigkeit abzuziehen und mit anderen Aufgaben zu beschäftigen, um zu überprüfen, wie ein weiterer Einsatz des Klägers aussehen konnte. Insoweit war es dem Kläger zumutbar, zumindest vorübergehend Aufgaben, die mit den Fahrertätigkeiten im Zusammenhang standen, zu übernehmen. Das Direktionsrecht der Beklagten ist durch die Weisung vom 30./31.01.2006 nicht überschritten worden.

Der Kläger kann sich in diesem Zusammenhang auch nicht darauf berufen, dass das Schreiben der Firma G1xxx vom 30.12.2005 am 30.01.2006 noch nicht vorgelegen habe. In der Berufungsinstanz hat sich nämlich herausgestellt, dass der Eingangsstempel "15.Feb.2006" der Eingangsstempel der Prozessbevollmächtigten der Beklagten gewesen ist; das Schreiben der Firma G1xxx vom 30.12.2005 ist nicht erst am 15.02.2006 bei der Beklagten eingegangen. Dafür, dass es bei der Zuweisung der Tätigkeiten am 30.01.2006 der Beklagten noch nicht vorgelegen haben soll, hat der Kläger keine nachprüfbaren Anhaltspunkte vorgetragen. Dass die Postlaufzeit für das Schreiben der Firma G1xxx vom 30.12.2005 von B1xxxx nach D1xxxxxx mehr als 30 Tage betragen hat, kann nicht angenommen werden.

Schließlich handelt es sich bei der Zuweisung der Tätigkeiten an den Kläger ab 30.01.2006 auch nicht um Schikanemaßnahmen seitens der Beklagten. Auch insoweit erweist sich das Vorbringen des Klägers als unsubstantiiert.

Aus welchen Gründen die Zuweisung der Tätigkeiten an den Kläger ab 30.01.2006 unter den gegebenen Umständen Schikanemaßnahmen seitens der Beklagten darstellen sollen, ist nicht dargetan.

2. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Zahlung von Spesen in Höhe von insgesamt 468,00 € netto für die Monate August bis Dezember 2005.

Auch insoweit folgt die Berufungskammer den zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts in dem angefochtenen Urteil. Der Kläger hat nämlich, wie die vom Arbeitsgericht durchgeführte Beweisaufnahme ergeben hat, im Juli 2005 auf die Zahlung weiterer Spesen verzichtet. Dies ergibt sich aus den glaubhaften Aussagen der Zeugen S5xxxxx, A1xxx und F5xxxx . Deren Aussage hat das Arbeitsgericht in dem angefochtenen Urteil zutreffend gewürdigt. Die Aussagen widersprechen sich auch nicht. Gegenüber den Aussagen der Zeugen S5xxxxx, A1xxx und F5xxxx stehen auch nicht die Aussagen der Zeugen M1xxxx und F2xxxxxx in Widerspruch. Diese Aussagen sind vielmehr lediglich unergiebig.

Auch die Berufungskammer hatte keine Veranlassung, den Angaben der Zeugen S5xxxxx, A1xxx und F5xxxx keinen Glauben zu schenken. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Aussagen der vernommenen Zeugen im Kern unrichtig gewesen wären. Aus diesem Grunde war die Berufungskammer auch nicht verpflichtet, die vom Arbeitsgericht vernommenen Zeugen erneut zu vernehmen. Eine erneute Einvernahme der Zeugen durch das Berufungsgericht war entbehrlich, da die Berufungskammer der ausführlichen und zutreffenden Würdigung durch das Arbeitsgericht folgt (vgl. zuletzt: BGH, Urteil vom 10.03.1998 - NJW 1998, 2222; BGH, Urteil vom 02.06.1999 - NJW 1999, 2972; BGH, Urteil vom 15.03.2000 - NJW 2000, 2024; BAG, Urteil vom 15.03.1990 - AP GemO NW § 1 Nr. 1; BAG, Urteil vom 18.11.1999 - AP BGB § 626 Nr. 160; BAG, Urteil vom 06.12.2001 - AP ZPO § 286 Nr. 33).

3. Schließlich steht dem Kläger auch nicht der im Dezember 2005 einbehaltene Restlohn von 51,03 € netto zu.

Zwar ist ein derartiger Anspruch entstanden. Der Kläger hat einen Anspruch auf Zahlung des sich aus der Abrechnung für Dezember 2005 ergebenden Lohnes in voller Höhe.

Der Beklagten steht jedoch ein aufrechenbarer Gegenanspruch in Höhe eines Kostenerstattungsanspruches von 51,03 € zu. Dieser Kostenerstattungsanspruch ergibt sich aus der zwischen den Parteien getroffenen Vereinbarung.

Unstreitig ist zwischen den Parteien, dass die Mitarbeiter alle über 30,00 € hinausgehenden Privatgespräche über das Handy, das die Beklagte ihnen zur Verfügung gestellt hat, erstatten müssen. Der Kläger ist diesem Vortrag der Beklagten nicht mit substantiierten Einwendungen entgegengetreten. Allein der Umstand, dass die Beklagte auch dem Kläger erlaubt hat, von dem ihm zur Verfügung gestellten Handy auch Privatgespräche zu führen, besagt nichts darüber, wer die Kosten für die geführten Privatgespräche zu tragen hat. Darüber hinaus hat bereits das Arbeitsgericht in dem angefochtenen Urteil zu Recht festgestellt, dass sich durch die Einzelverbindungsnachweise eine Vielzahl von Privatgesprächen des Klägers zur Handynummer seiner Lebensgefährtin feststellen lassen, bei denen nicht erkennbar ist, dass diese Gespräche in dienstlichem Interesse geführt worden sind.

Der Kläger kann sich auch nicht darauf berufen, dass die eingeklagte restliche Lohnforderung weder aufrechenbar noch pfändbar gewesen ist, §§ 394 BGB, 850 c ZPO. Die Parteien haben nämlich nach dem unbestritten gebliebenen Vorbringen der Beklagten eine Aufrechnungsvereinbarung geschlossen, die nicht unwirksam ist. Aufgrund der Vertragsfreiheit ist nämlich grundsätzlich unbenommen, in eigener Verantwortung Geschäfte abzuschließen und sich zu Leistungen zu verpflichten, die auch einen Arbeitnehmer finanziell überfordern und von ihm notfalls nur unter dauernder Inanspruchnahme auch des pfändungsfreien Einkommens erbracht werden können (BGH, Urteil vom 23.03.2004 - NJW-RR 2004, 924). Der Kläger hätte es in der Hand gehabt, durch sparsamen Umgang mit dem ihm auch zu Privatzwecken zur Verfügung gestellten Handy den Eingriff in sein unpfändbares Einkommen in Grenzen zu halten oder ganz zu vermeiden.

II.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Der Kläger hat die Kosten des erfolglos gebliebenen Rechtsmittels zu tragen.

Der Streitwert hat sich in der Berufungsinstanz geändert, da die Beklagte gegen die Abweisung der Widerklage keine Berufung eingelegt hat. Danach beträgt der Streitwert für das Berufungsverfahren 1.245,78 €. Er ergibt sich aus der Summe der in der Berufungsinstanz streitigen Zahlungsansprüche.

Für die Zulassung der Revision zum Bundesarbeitsgericht bestand nach § 72 Abs. 2 ArbGG keine Veranlassung.

Ende der Entscheidung

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