Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 28.03.2007
Aktenzeichen: 10 SaGa 11/07
Rechtsgebiete: BetrVG


Vorschriften:

BetrVG § 25 Abs. 1 S. 2
BetrVG § 65 Abs. 1
BetrVG § 78 a
Auch Ersatzmitglieder der Jugend- und Auszubildendenvertretung genießen den Schutz des § 78 a BetrVG, wenn sie als Vertreter zu Sitzungen der Jugend- und Auszubildendenvertretung herangezogen worden sind. Er entfällt nur dann, wenn der Vertretungsfall durch kollusive Absprachen zum Schein herbeigeführt wird oder das Ersatzmitglied weiß bzw. sich ihm aufdrängen muss, dass kein Vertretungsfall vorliegt (im Anschluss an BAG, Urteil vom 12.02.2004 - AP KSchG 1969 § 15 Ersatzmitglied Nr. 1).
Tenor:

Die Berufung der Verfügungsbeklagten (Antragsgegnerin) gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bochum vom 20.02.2007 - 2 Ga 3/07 - wird auf Kosten der Verfügungsbeklagten zurückgewiesen.

Tatbestand:

Der Verfügungskläger - im Folgenden : Kläger - begehrt von der Verfügungsbeklagten - im Folgenden: Beklagte - seine tatsächliche Beschäftigung im Anschluss an seine Ausbildung.

Der am 22.01.13xx geborene Kläger ist ledig. Auf Grund eines Berufsausbildungsvertrages vom 27.03.2003 (Bl. 7 ff.d.A.) war er seit dem 01.09.2003 als Auszubildender für den Beruf des Industriemechanikers, Fachrichtung Maschinensystemtechnik, bei der Beklagten zu einem monatlichen Bruttoverdienst von zuletzt 861,00 € tätig. Die Ausbildung endete mit der erfolgreichen mündlichen Prüfung vom 30.01.2007.

Zur Herstellung und Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit des Werkes B1xxxx führt die Beklagte seit Anfang des Jahres 2005 ein umfangreiches Restrukturierungsprogramm durch. Dieses sieht vor, dass bis Ende des Jahres 2007 im Werk B1xxxx ein Personalabbau von 2570 Vollzeitarbeitsplätzen erfolgen muss, der vor allem mittels Aufhebungsverträgen sowie Übergang in Qualifizierungsgesellschaften erfolgen soll. Grundlage der umfangreichen Restrukturierungsmaßnahmen ist eine mit dem im Betrieb der Beklagten gewählten Betriebsrat abgeschlossene Betriebsvereinbarung "Zukunftsvertrag 2010" vom 17.03.2005. Unter Ziffer D. "Berufsbildungs/Übernahme von Auszubildenden" ist in dieser Betriebsvereinbarung vom 17.03.2005 folgendes vereinbart:

"Es besteht Einvernehmen, dass die Geschäftsleitungen hinsichtlich der Auszubildenden, die in den Jahren 2006 und 2007 ihre Ausbildung erfolgreich beenden, mit Zustimmung des Gesamtbetriebsrats von der tarifvertraglich geregelten Übernahmeverpflichtung befreit werden, da die Voraussetzungen des § 3 Ziff. 2 des Tarifvertrages zur Beschäftigungssicherung (Tarifgebiet Hessen/R3xxxxxxx-P1xxx) bzw. des § 8 Abs. 2 des Tarifvertrages zur Beschäftigungsbrücke (Tarifgebiet Nordrhein-Westfalen) erfüllt sind."

Mit Schreiben vom 24.10.2006 (Bl. 76 d.A.) teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass auf Grund der Entscheidung, in den Jahren 2006 und 2007 keine Auszubildenden ein Arbeitsverhältnis zu übernehmen, eine Übernahme des Klägers in ein Arbeitsverhältnis nach dem Bestehen der Abschlussprüfung nicht erfolgen könne.

Am 22.11.2006 fand im Betrieb der Beklagten die Wahl zur Jugend- und Auszubildendenvertretung - JAV - statt, zu der der Kläger kandidierte. Der Kläger wurde nach der Bekanntmachung des Wahlergebnisses (Bl. 38 d.A.) zum sechstes Ersatzmitglied der siebenköpfigen JAV gewählt.

Am 19.12.2006 fand eine Sitzung der JAV statt. An dieser nahmen sechs ordentliche Mitglieder der JAV teil, ein Ersatzmitglied für das fehlende JAV-Mitglied A8x Y1xx war nicht anwesend.

Nach dem Protokoll (Bl. 126 d.A.) wurde auf dieser Sitzung über eine Betriebsvereinbarung, welche alle Auszubildenden betreffen sollte, beraten. Weiterer Gegenstand war der "Übernahme-Kampf - 4. Lehrjahr". Insoweit wurde mit ablehnendem Ergebnis über eine "Demo im Werk I mit den Azubis" abgestimmt. Abschließend lautet das Protokoll zu dem Tagesordnungspunkt "Übernahme-Kampf - 4. Lehrjahr": "Auf Verhandlungen in der 1. KW 2007 abwarten und reagieren".

Seit dem 20.12.2006 ruhte die Produktion im Werk B1xxxx weitgehend, sie wurde erst am 02.01.2007 wieder aufgenommen.

Durch Betriebsmitteilung vom 20.12.2006 (Bl. 82 d.A.) teilte der Vorsitzende der JAV, Herr N2xxxxxxx, dem zuständigen Ausbilder Herrn K4xxx mit, dass am 02.01.2007 eine JAV-Sitzung durchgeführt werde, an der unter anderem auch der Kläger teilnehmen solle, weil andere JAV-Mitglieder nicht zur Verfügung stünden.

Dem Kläger war für den 02.01.2007 innerhalb eines Zeitraumes vom 27.12.2006 bis 04.01.2007 Freischicht bewilligt und für die Zeit vom 05.01.2007 bis zum 09.01.2007 Tarifurlaub gewährt worden. Im Hinblick auf die Mitteilung des JAV-Vorsitzenden wurde der 02.01.2007 für den Kläger aus der Freischichtplanung gestrichen, der 05.01.2007 mit Freischicht - statt Tarifurlaub - belegt und einen Tag Tarifurlaub, für den Kläger der 10.01.2007, angehängt. In gleicher Weise wurde für das Ersatzmitglied C1xxx, der als achtes Ersatzmitglied der JAV gewählt worden war und der ebenfalls im Januar 2007 seine Abschlussprüfung abgelegt hat, verfahren.

Sodann fand am 02.01.2007 die geplante JAV-Sitzung statt, an welcher drei ordentliche JAV-Mitglieder sowie vier Ersatzmitglieder, nämlich das erste Ersatzmitglied R4xxxx, das sechste Ersatzmitglied, der Kläger, das achte Ersatzmitglied C1xxx und das neunte Ersatzmitglied S2xxxxx teilnahmen. Die Ersatzmitglieder zu 1. und 2., R4xxxx und B5xxxxxxxx, hatten bereits zuvor an einer JAV-Sitzung teilgenommen und einen Antrag nach § 78 a BetrVG gestellt. Die Ersatzmitglieder B6xxxxx und D2xxx werden ihre Ausbildung nicht im Jahre 2007 beenden.

Ausweislich des Sitzungsprotokolls (Bl. 127 d.A.) wurden auf der JAV-Sitzung am 02.01.2007 folgende Punkte behandelt:

" 1. Aktuelle Situation

2. Stand der Verhandlung für die Übernahme des

4. Lehrjahrs.

evt. Aktion starten?!

3. A9xxxx Vertrag von 2006.

Was erwartet die Azubis in diesem Jahr?

4. Bericht aus den anderen Werken"

Mit Schreiben vom 19. und 24.01.2007 (Bl. 10, 12 d.A.) verlangte der Kläger von der Beklagten seine Übernahme in ein unbefristetes Vollzeitarbeitsverhältnis im erlernten Beruf im Anschluss an eine Ausbildung gemäß § 78 a Abs. 2 BetrVG, hilfsweise zu anderen als den sich aus § 78 a BetrVG ergebenden Arbeitsbedingungen. Zur Begründung bezog er sich auf seine "Eigenschaft als Jugend- und Auszubildendenvertreter".

Mit Schreiben vom 22.01.2007 (Bl. 11 d.A.) und vom 29.01.2007 (Bl. 13 d.A.) lehnte die Beklagte eine Übernahme des Klägers in ein Arbeitsverhältnis ab, da der Kläger lediglich Ersatzmitglied für die JAV sei und die Voraussetzungen zur Übernahme nach § 78 a BetrVG nicht vorlägen. Aus der Teilnahme an der Sitzung vom 02.01.2007, von der die Beklagte erst am 24.01.2007 Kenntnis erlangt habe, ergebe sich nichts anderes, weder die Durchführung der Sitzung am 02.01.2007 noch seine persönliche Teilnahme als sechstes Ersatzmitglied seien erforderlich gewesen.

Nachdem der Kläger am 30.01.2007 seine Abschlussprüfung erfolgreich abgelegt hatte, verfolgte der Kläger sein auf tatsächliche Beschäftigung gerichtetes Begehren mit dem am 02.02.2007 beim Arbeitsgericht eingegangenen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung weiter.

Die Beklagte hat inzwischen beim Arbeitsgericht Bochum ein Beschlussverfahren - 5 BV 10/07 - eingeleitet, mit dem sie die Auflösung des Arbeitsverhältnisses zwischen den Parteien begehrt.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, zwischen den Parteien sei wegen seiner Teilnahme als Ersatzmitglied an der JAV-Sitzung vom 02.01.2007 ein Arbeitsverhältnis im Anschluss an die Berufsausbildung gemäß § 78 a Abs. 2 BetrVG begründet worden. Aus diesem Arbeitsverhältnis ergebe sich sein Anspruch auf tatsächliche Beschäftigung. Diese sei der Beklagten auch nicht unzumutbar, was schon daraus folge, dass die Beklagte die JAV-Ersatzmitglieder B5xxxxxxxx und R4xxxx tatsächlich beschäftige. Im Übrigen seien im Betrieb der Beklagten weiterhin zahlreiche Leiharbeitnehmer/-innen beschäftigt. Darüber hinaus bestehe wegen des Wechsels zahlreicher Mitarbeiter in vielen Bereichen im Betrieb der Beklagten akuter Personalmangel. Arbeits- und Beschäftigungsmöglichkeiten seien für den Kläger jedenfalls genügend vorhanden.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verpflichten, den Kläger tatsächlich als Industriemechaniker Maschinen- und Systemtechnik, hilfsweise als Montagearbeiter, äußerst hilfsweise als Transportarbeiter, alleräußerst hilfsweise als Lagerarbeiter zu beschäftigen.

Die Beklagte hat beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, dass die Voraussetzungen zur Übernahme in ein Arbeitsverhältnis nach § 78 a BetrVG nicht gegeben seien. Der Kläger sei durch die Teilnahme an der JAV-Sitzung vom 02.01.2007 auch nicht als JAV-Mitglied nachgerückt.

Zu der JAV-Sitzung vom 02.01.2007 sei nicht ordnungsgemäß eingeladen worden. Es seien auch keine ordnungsgemäße Beschlüsse gefasst worden. Die Sitzung sei inhaltlich überhaupt nicht erforderlich gewesen. Der Sitzungstermin beruhe auch nicht auf einer Beschlussfassung des Gremiums. Die Sitzung der JAV vom 02.01.2007 sei rechtsmissbräuchlich nur deshalb speziell an diesem Tag einberufen worden, um dem Kläger und dem achten Ersatzmitglied C1xxx eine rechtsmissbräuchliche Geltendmachung des § 78 a BetrVG zu ermöglichen. Hierauf deute schon hin, dass gerade diese Ersatzmitglieder, die nach der normalen Reihenfolge der Liste der Ersatzmitglieder gar nicht an der Reihe gewesen seien, zur Sitzung einberufen worden seien. Bereits bei einer Sitzung erst am 03.01.2007 statt am 02.01.2007 hätten die vorrangigen Ersatzmitglieder zu 4 und 5 der JAV, B6xxxxx und D2xxx, zur Sitzung herangezogen werden müssen. Eine Sitzung der JAV wäre auch problemlos am 08.01.2007 - nach dem Urlaub der meisten ordentlichen JAV-Mitglieder - möglich gewesen.

Darüber hinaus sei die Weiterbeschäftigung des Klägers für die Beklagte unzumutbar, da ein freier Arbeitsplatz für den Kläger nicht vorhanden sei. Der Personalabbau im Werk B1xxxx sei weiterhin erforderlich und werde fortgesetzt. Nachdem bislang durchgeführten Personalabbau müssten per Stand 29.01.2007 noch insgesamt 110,5 Vollzeitarbeitsplätze abgebaut werden. Dass freie Arbeitsplätze nicht vorhanden seien und der Beklagten eine Weiterbeschäftigung der Auszubildenden unzumutbar sei, habe bereits auch das Landesarbeitsgericht Hamm in zwei Entscheidungen bestätigt (LAG Hamm, Beschluss vom 03.11.2006 - 10 TaBV 42/06 - sowie Beschluss vom 01.12.2006 - 13 TaBV 50/06 -), darauf werde Bezug genommen.

Auch dem Kläger sei inzwischen eine Weiterbeschäftigung bei der Firma A9xxxx angeboten worden.

Schließlich stehe dem Kläger auch kein Verfügungsgrund zur Seite. Ein Arbeitsverhältnis sei nicht begründet worden, mindestens müsse es sofort wieder aufgelöst werden. Das Fehlen eines freien Arbeitsplatzes reiche aus, um die Übernahme des Auszubildenden unzumutbar zu machen.

Durch Urteil vom 20.02.2007 hat das Arbeitsgericht dem Antrag des Klägers stattgegeben und zur Begründung ausgeführt, die Berufung des Klägers auf seine Teilnahme an der JAV-Sitzung vom 02.01.2007 sei nicht rechtsmissbräuchlich. Zwischen den Parteien sei nach § 78 a Abs. 2 BetrVG ein Arbeitsverhältnis begründet worden. Eine Entbindung des Arbeitgebers von dieser Weiterbeschäftigungsverpflichtung könne nur im Hauptsacheverfahren erfolgen.

Gegen das der Beklagten am 28.02.2007 zugestellte Urteil, auf dessen Gründe ergänzend Bezug genommen wird, hat die Beklagte am 08.03.2007 Berufung zum Landesarbeitsgericht eingelegt und diese zugleich begründet. Unter Vorlage von eidesstattlichen Versicherungen vom 13.02.2007 (Bl. 83 d.A.) und vom 14.02.2007 (Bl. 94 d.A.) ist die Beklagte weiter der Auffassung, dass der Kläger auch auf Grund seiner Teilnahme an der JAV-Sitzung vom 02.01.2007 seine Weiterbeschäftigung nach § 78 a BetrVG nicht verlangen könne.

Die Sitzung der JAV vom 02.01.2007 sei nicht erforderlich gewesen, sachliche Gründe für das Einberufen der Sitzung gerade an diesem Tag hätten nicht vorgelegen. Die Sitzung sei rechtsmissbräuchlich nur deshalb speziell an diesem Tag einberufen worden, um denjenigen Ersatzmitgliedern eine Geltendmachung des § 78 a BetrVG zu ermöglichen, die im Jahre 2007 ihre Ausbildung beenden würden. Dies ergebe sich schon daraus, dass gerade diejenigen Ersatzmitglieder, die nach der normalen Reihenfolge der Liste der Ersatzmitglieder nicht an der Reihe gewesen wären, zur Sitzung einberufen worden seien.

Der Kläger und der Auszubildende C1xxx hätten extra für den 02.01.2007 ihren Urlaub unterbrochen, nur um an der Sitzung teilnehmen zu können. Eine solche Vorgehensweise wäre nur dann gerechtfertigt gewesen, wenn es notwendig gewesen wäre, am ersten Produktionstag des Jahres 2007 eine JAV-Sitzung durchzuführen. Davon könne aber gerade nicht ausgegangen werden, weil die letzte Sitzung der JAV am 19.12.2006, bevor die Produktion bei der Beklagten im Werk B1xxxx ab 20.12.2006 weitgehend geruht habe, durchgeführt worden sei. Insoweit liege der Verdacht nahe, dass die Sitzung in die TU/SS-Zeit hineingeplant worden sei, um zwei weiteren Auszubildenden den Antrag nach § 78 a BetrVG zu eröffnen. Bei den Ersatzmitgliedern Nr. 6 und Nr. 8, dem Kläger und dem Auszubildenden C1xxx, habe es sich ausgerechnet um diejenigen Auszubildenden gehandelt, die noch im Januar 2007 ihre Abschlussprüfung ablegen würden. Es sei auch nicht dargelegt worden, warum ein Abwarten mit der nächsten JAV-Sitzung auch nur bis zum 03.01.2007 oder bis zur Urlaubsrückkehr der - meisten - ordentlichen JAV-Mitglieder nicht möglich gewesen sei, sondern es angeblich erforderlich gewesen sei, gerade bei weit hinten stehenden Ersatzmitgliedern den Urlaub unterbrechen zu lassen. Dies werde durch das Vorbringen des Auszubildenden C1xxx im Parallelverfahren 1 BV 11/07 Arbeitsgericht Bochum bestätigt. Der Auszubildende C1xxx habe dort nämlich im Schriftsatz vom 28.02.2007 (Bl. 132 ff.d.A.) ausdrücklich vorgetragen, dass zu dem Zeitpunkt, als der JAV-Sitzende für die am 02.01.2007 wegen Urlaubs- und Freischichten verhinderten JAV-Mitglieder Ersatzmitglieder habe einladen müssen, zufällig die Ersatzmitglieder A4xx, der Kläger des vorliegenden Verfahrens, und C1xxx ins JAV-Büro gekommen seien und sich bereit erklärt hätten, ihren Urlaub zu unterbrechen und an der Sitzung am 02.01.2007 teilzunehmen. Allein weil diese Ersatzmitglieder an der Sitzung vom 02.01.2007 hätten teilnehmen wollen, habe der JAV-Vorsitzende N2xxxxxxx dann kein weiteres Ersatzmitglied gefragt und die beiden nachrangigen Ersatzmitglieder eingeladen.

Darüber hinaus ergebe sich aus den Protokollen der JAV-Sitzungen vom 19.12.2006 und 02.01.2007 (Bl. 126, 127 d.A.), dass auf der Sitzung vom 02.01.2007 inhaltlich die gleichen Themen besprochen worden sei wie auf der Sitzung vom 19.12.2006. Beschlüsse seien auf der Sitzung vom 02.01.2007 nicht gefasst worden. Auch dieser Umstand zeige, dass die Sitzung am 02.01.2007 nicht erforderlich gewesen sei. Auch hierzu habe die Gegenseite keinen substantiierten Sachvortrag geliefert.

Dass die Abhaltung der Sitzung vom 02.01.2007 rechtsmissbräuchlich gewesen sei ergebe sich auch daraus, dass ein ordnungsgemäßer Beschluss zur Einladung der JAV-Sitzung für den 02.01.2007 nicht vorliege. Weder sei der Arbeitgeber zuvor vom Zeitpunkt dieser Sitzung verständigt worden, noch liege hierüber eine Niederschrift vor. Die ordentlichen JAV-Mitglieder seien zu der Sitzung vom 02.01.2007 ebenso wenig ordnungsgemäß unter Mitteilung der Tagesordnung geladen worden wie die Ersatzmitglieder. Ferner müsse bestritten werden, dass die Voraussetzungen für das Nachrücken eines Ersatzmitglieds nach § 25 BetrVG vorgelegen hätten und die Reihenfolge der Nachrücker der Ersatzmitglieder nach § 25 BetrVG eingehalten worden sei.

Aus alledem ergebe sich die Unzulässigkeit des Weiterbeschäftigungsverlangens des Klägers. Nach § 162 Abs. 2 BGB könne sich der Kläger allein auf die Teilnahme an der rechtsmissbräuchlich einberufenen und stattgefundenen Sitzung vom 02.01.2007 nicht berufen.

Es fehle auch an einem erforderlichen Verfügungsgrund. Eine Hauptsacheklage auf Beschäftigung habe der Kläger nicht erhoben und damit die Dringlichkeit der Angelegenheit selbst widerlegt.

Schließlich könne auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass der Beklagten die Weiterbeschäftigung des Klägers nach § 78 a Abs. 4 BetrVG nicht zugemutet werden könne. Bei der Beklagten sei ein freier Arbeitsplatz für die Beschäftigung des Klägers auf Dauer nicht vorhanden. Zum vergleichbaren Sachverhalt hätten die zuständigen Kammern des Landesarbeitsgerichts Hamm bereits den Anträgen der Arbeitgeberin auf Auflösung der mit den Vertretern der JAV begründeten Arbeitsverhältnisse stattgegeben (LAG Hamm, Beschluss vom 0.11.2006 - 10 TaBV 42/06 - und vom 01.12.2006 - 13 TaBV 50/06 -). Bereits aus diesem Grunde sei der Antrag des Klägers im Hauptsacheverfahren 5 BV 10/07 Arbeitsgericht Bochum offensichtlich ohne Aussicht auf Erfolg. Das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien, selbst wenn es begründet worden wäre, müsste anschließend wieder aufgelöst werden. Zurzeit müssten noch, wie bereits vorgetragen, insgesamt 110,5 Vollzeitarbeitsplätze abgebaut werden. Bei dieser Sachlage könne der Kläger sich nicht auf seine bloße Teilnahme an der JAV-Sitzung vom 02.01.2007 zurückziehen.

Schließlich habe das Arbeitsgericht im Parallelverfahren 3 Ga 4/07 Arbeitsgericht Bochum den Antrag des Klägers C1xxx auf Erlass einer einstweiligen Verfügung durch Urteil vom 15.03.2007 (Bl. 172 ff.d.A.) mit zutreffenden Erwägungen zurückgewiesen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Bochum vom 20.02.2007 - 2 Ga 3/07 - abzuändern und den Antrag des Klägers zurückzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil und ist weiter der Auffassung, dass er auf Grund der Teilnahme an der Sitzung der JAV vom 02.01.2007 einen Anspruch auf Weiterbeschäftigung in einem Arbeitsverhältnis nach § 78 a Abs. 2 BetrVG geltend machen könne. Die Voraussetzungen des § 78 a Abs. 2 Satz 1 BetrVG lägen vor.

Ob die Durchführung der Sitzung am 02.01.2007, die immerhin von 8.00 Uhr bis ca. 16.00 Uhr gedauert habe, erforderlich gewesen sei, sei unerheblich. Selbst wenn sich nachträglich herausstellen sollte, dass die Sitzung nicht ordnungsgemäß stattgefunden habe, wäre ein Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien begründet worden. Dies verkenne die Beklagte. Die Situation sei vergleichbar mit der kündigungsrechtlichen Situation von Ersatzmitgliedern für den Betriebsrat, die tatsächlich als Vertreter zur Betriebsratsarbeit herangezogen worden seien. Der Sonderkündigungsschutz für diese Ersatzmitglieder, die stellvertretend für ein nach § 25 Abs. 2 Satz 1 BetrVG zeitweilig verhindertes ordentliches Betriebsratsmitglied den Betriebsrat angehörten, trete nach § 15 Abs. 1 Satz 2 KSchG dann ein, wenn der Arbeitnehmer zur Betriebsratsarbeit herangezogen worden sei. Er entfalle auch nicht schon dann, wenn sich im nachhinein herausstelle, dass ein Vertretungsfall in Wahrheit nicht vorgelegen habe. Ausgeschlossen sei der Sonderkündigungsschutz nur dann, wenn der Vertretungsfall durch kollusive Absprache zum Schein herbeigeführt werde oder das Ersatzmitglied wisse oder sich ihm aufdrängen müsse, dass kein Vertretungsfall vorliege. Hierfür bestünden nach dem unstreitigen Sachvorbringen der Parteien keine Anhaltspunkte. Dass der Kläger vom JAV-Vorsitzenden zur Sitzung am 02.01.2007 eingeladen worden sei, sei ebenso wie die Heranziehung des Klägers zu der Sitzung am 02.01.2007 unstreitig. Dem Kläger habe sich auch nicht aufdrängen müssen, dass ein Vertretungsfall nicht vorgelegen hätte. An der Sitzung vom 19.12.2006 habe der Kläger nicht teilgenommen. Er, der Kläger, habe nur von Verhandlungen über die Übernahme der Auszubildenden gewusst. Deshalb sei für ihn die Durchführung der Sitzung am 02.01.2007 logisch erschienen. Er habe lediglich der Einladung des JAV-Vorsitzenden Folge geleistet.

Im Übrigen habe die Sitzung vom 02.01.2007 aus Sicht des Klägers ordnungsgemäß stattgefunden. Dass für ihn und für den Auszubildenden C1xxx ursprünglich eine Freischicht eingeplant gewesen sei, sei unerheblich. Eine besondere Dringlichkeit für die Einberufung einer JAV-Sitzung am 02.01.2007 sei nicht erforderlich gewesen. Über den Zeitpunkt einer JAV-Sitzung entscheide die JAV selbst bzw. dessen Vorsitzender, nicht aber ein Ersatzmitglied. Sitzungen seien nicht an eine besondere Dringlichkeit gebunden. Auch die vorherige Verständigung des Arbeitgebers sei nicht Voraussetzung für eine ordnungsgemäße Sitzung. Schließlich habe es auch keines Beschlusses der JAV bedurft, am 02.01.2007 eine erneute Sitzung abzuhalten. Über die Einberufung von JAV-Sitzungen entscheide letztlich der Vorsitzende, eines irgendwie gearteten Beschlusses bedürfe es nicht. Auch die Tagesordnung werde nicht durch JAV-Beschluss festgesetzt, sondern durch den Vorsitzenden. Von einem kollusiven Zusammenwirken zwischen dem Kläger und dem JAV-Vorsitzenden könne keine Rede sein.

Da nach alledem ein Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien begründet worden sei, sei die Beklagte auch verpflichtet, den Kläger tatsächlich zu beschäftigen. Ob ihr eine solche Beschäftigung auf Dauer unzumutbar sei, sei nicht im vorliegenden Verfahren zu überprüfen, sondern erst im Beschlussverfahren 5 BV 10/07 Arbeitsgericht Bochum. Insoweit erübrige sich jedenfalls im vorliegenden Verfahren auch eine Auseinandersetzung mit den - noch nicht rechtskräftigen - Beschlüssen des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 03.11.2006 - 10 TaBV 42/06 - und vom 01.12.2006 - 13 TaBV 50/06 -.

Im Übrigen wird auf den weiteren Inhalt der von den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen sowie, insbesondere hinsichtlich der Anhörung des Klägers, auf das Protokoll der Sitzung der Berufungskammer vom 28.03.2007 (Bl. 201 ff.d.A.) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Beklagten ist nicht begründet.

I.

Der Erlass einer einstweiligen Verfügung setzt gemäß §§ 935, 940 ZPO voraus, dass die beantragte Regelung in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zur Abwendung wesentlicher Nachteile oder zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Insoweit kann die Verurteilung eines Arbeitgebers zur sofortigen Beschäftigung eines Arbeitnehmers grundsätzlich auch im Wege der einstweiligen Verfügung durchgesetzt werden. Dass bei Erlass der begehrten einstweiligen Verfügung gewissermaßen eine vorläufige Entscheidung über den Gegenstand des zwischen den Parteien unter Umständen anhängigen Hauptsacheverfahren getroffen wird, steht der Zulässigkeit des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung nicht entgegen. Es ist allgemein anerkannt, dass das einstweilige Verfügungsverfahren als summarisches Erkenntnisverfahren heute längst nicht mehr auf die Anordnung von Sicherungsmaßnahmen beschränkt ist, sondern bei entsprechender Dringlichkeit, auch endgültige Tatsachen schaffen und den Antragsgegner zur Erfüllung strittiger Ansprüche anhalten kann (LAG Hamm, Urteil vom 12.12.2001 - NZA-RR 2003, 311; Walker, Der einstweilige Rechtsschutz im Zivilprozess und im arbeitsgerichtlichen Verfahren, 1993, Rz. 675; KR/Etzel, 8. Aufl., § 102 BetrVG Rz. 289 f. m.w.N.). Zulässig ist insoweit auch die Anbringung einer einstweiligen Verfügung eines Arbeitnehmers gegen seinen Arbeitgeber zur Durchsetzung eines Beschäftigungsanspruchs nach § 78 a BetrVG (LAG Berlin, Urteil vom 16.12.1974 - BB 1995, 837; LAG Frankfurt, Beschluss vom 14.08.1987 - BB 1987, 2160; LAG Sachsen, Urteil vom 02.11.2005 - 2 Sa 731/05 -; KR/Etzel, a.a.O., § 78 a BetrVG Rz. 53; ErfK/Kania, 7. Aufl., § 78 a BetrVG Rz. 12; Fitting/Engels/Schmidt/Trebinger/ Linsenmaier, BetrVG, 23. Aufl., §78 a Rz. 64; Däubler/Kittner/ Klebe/Bachner, BetrVG, 10. Aufl., § 78 a Rz. 45 m.w.N.).

Dass im Übrigen durch die begehrte einstweilige Verfügung keine endgültige Entscheidung getroffen worden ist, ergibt sich bereits daraus, dass die Weiterbeschäftigungspflicht der Beklagten zeitlich bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens 5 BV 10/07 Arbeitsgericht Bochum eingeschränkt worden ist.

II.

Auch nach Auffassung der Berufungskammer ist der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung begründet.

1. Der für den Erlass einer einstweiligen Verfügung notwendige Verfügungsanspruch liegt vor.

Der Verfügungsanspruch setzt voraus, dass eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass der Kläger aufgrund des bestehenden Arbeitsverhältnisses von der Beklagten vorläufig zu beschäftigen ist.

Dieser Beschäftigungsanspruch folgt aus dem zwischen den Parteien bestehenden Arbeitsverhältnis, §§ 611, 613 BGB i.V.m. § 242 BGB, Art. 1 und 2 GG. Aus einem nach § 78 a Abs. 2 BetrVG begründeten Arbeitsverhältnis kann der Auszubildende gegenüber dem Arbeitgeber alle Ansprüche aus einem bestehenden Arbeitsverhältnis, und damit auch den Anspruch auf eine tatsächliche Beschäftigung geltend machen (BAG, Urteil vom 15.01.1980 - AP BetrVG 1972 § 78 a Nr. 9; BAG, Urteil vom 14.05.1987 - AP BPersVG § 9 Nr. 4 m.w.N.).

a) Die Voraussetzungen für die Begründung eines Arbeitsverhältnisses auf unbestimmte Zeit nach § 78 a Abs. 2 Satz 1 BetrVG liegen entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten nach dem unstreitigen Vorbringen beider Parteien vor.

aa) Unstreitig ist zwischen den Parteien, dass der Kläger von der Beklagten schriftlich seine Weiterbeschäftigung vor Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses verlangt hat. Mit Schreiben vom 19.01.2007 und vom 24.01.2007 hat er seine Übernahme in ein unbefristetes Vollzeitarbeitsverhältnis nach § 78 a Abs. 2 BetrVG für die Zeit im Anschluss an seine Berufsausbildung beantragt. Die Dreimonatsfrist vor Beendigung des Ausbildungsverhältnisses ist mit den genannten Schreiben eingehalten.

bb) Nach dem unstreitigen Vorbringen beider Parteien gehörte der Kläger auch zu den von § 78 a Abs. 2 Satz 1 BetrVG geschützten Personenkreis. Zwar ist der Kläger bei der Wahl der Jugend- und Auszubildendenvertretung vom 22.11.2006 nicht als ordentliches JAV-Mitglied gewählt worden. Der Kläger war lediglich sechstes Ersatzmitglied der Jugend- und Auszubildendenvertretung. Er genießt dennoch den Schutz des § 78 a Abs. 2 und 3 BetrVG. Diese Vorschrift gilt nämlich auch für Ersatzmitglieder, sobald sie in die Jugend- und Auszubildendenvertretung nachgerückt sind. Das gilt nach den §§ 65 Abs. 1, 25 Abs. 1 S. 2 BetrVG nicht nur im Falle eines endgültigen Nachrückens für ein ausgeschiedenes ordentliches JAV-Mitglied, sondern auch bei einer nur vorübergehenden Vertretung eines zeitweilig verhinderten ordentlichen Mitglieds (BAG, Urteil vom 15.01.1980 - AP BetrVG 1972 § 78 a Nr. 8; BAG, Urteil vom 13.03.1986 - AP BPersVG § 9 Nr. 3; Fitting, a.a.O., § 78 a Rz. 11; DKK/Bachner, a.a.O., § 78 a Rz. 7; GK-BetrVG/Oetker, 8. Aufl., § 78 a Rz. 32, 37; Richardi/Thüsing, BetrVG, 10. Aufl., § 78 a Rz. 11; KR/Weigand, a.a.O., § 78 a BetrVG Rz. 16 ff. m.w.N.). Auch das nur vorübergehend nachgerückte Ersatzmitglied der Jugendvertretung kann den nachwirkenden Schutz gemäß §§ 78 a Abs. 2 und 3 BetrVG in Anspruch nehmen, sofern das Berufsausbildungsverhältnis innerhalb eines Jahres nach dem Vertretungsfall erfolgreich abgeschlossen wird und der Auszubildende innerhalb von drei Monaten vor der Beendigung des Ausbildungsverhältnisses seine Weiterbeschäftigung verlangt. Hierbei kommt es auf die Dauer der Vertretung grundsätzlich ebenso wenig an, wie darauf, dass während der Vertretungszeit relevante Betriebsverfassungsaufgaben angefallen sind.

So liegt der vorliegende Fall. Der Kläger ist wegen der unstreitigen Verhinderung von vier ordentlich gewählten JAV-Mitgliedern und weiterer Ersatzmitglieder in der Sitzung vom 02.01.2007 in die JAV vorübergehend nachgerückt. Die Beklagte trägt im vorliegenden Fall selbst vor, dass am 02.01.2007 vier ordentliche JAV-Mitglieder sowie das zweite, dritte, vierte und fünfte Ersatzmitglied zum Jahreswechsel 2006/07, insbesondere am 02.01.2007 Urlaub bzw. Freischicht gehabt haben. Für die vier verhinderten ordentlichen JAV-Mitglieder haben das erste Ersatzmitglied, der Kläger als sechstes Ersatzmitglied, der Auszubildende C1xxx als achtes Ersatzmitglied und das neunte Ersatzmitglied S2xxxxx an der JAV-Sitzung vom 02.01.2007 teilgenommen. Damit genoss der Kläger den nachwirkenden Schutz des § 78 a Abs. 2 und 3 BetrVG.

cc) Nach dem Vorbringen der Beklagten konnte nicht angenommen werden, dass die Berufung des Klägers auf den nachwirkenden Schutz des § 78 a Abs. 2 BetrVG rechtsmissbräuchlich gewesen ist. Insbesondere konnte nicht angenommen werden, dass der Vertretungsfall lediglich zum Schein herbeigeführt worden ist, um dem Kläger den nachwirkenden Schutz des § 78 a Abs. 2 BetrVG zu eröffnen.

Der Schutz des § 78 a Abs. 2 und 3 BetrVG für Ersatzmitglieder tritt - ebenso wie der Schutz des § 15 Abs. 1 Satz 2 KSchG bei Ersatzmitgliedern für den Betriebsrat - bereits dann ein, wenn der Auszubildende zur Arbeit in der Jugend- und Auszubildendenvertretung herangezogen worden ist. Auf die Dauer der Heranziehung kommt es - wie bereits ausgeführt - nicht an. Der Schutz ist auch nicht davon abhängig, dass der Arbeitgeber von der Vertretungstätigkeit Kenntnis hat. Er entfällt auch nicht schon dann, wenn sich im Nachhinein herausstellt, dass ein Vertretungsfall in Wahrheit nicht vorgelegen hat (BAG, Urteil vom 05.09.1986 - AP KSchG 1969 § 15 Nr. 26; BAG, Urteil vom 12.02.2004 - AP KSchG 1969 § 15 Ersatzmitglied Nr. 1; ErfK/Ascheid, a.a.O., § 15 KSchG Rz. 13; KR/Etzel, a.a.O., § 103 BetrVG Rz. 45 a; Stahlhacke/Preis/Vossen, Kündigung und Kündigungsschutz im Arbeitsverhältnis, 9. Aufl., Rz. 1612 m.w.N.).

Ausgeschlossen ist der Schutz des § 78 a Abs. 2 BetrVG - ebenso wie der Schutz nach § 15 KSchG - nur dann, wenn der Vertretungsfall durch kollusive Absprachen zum Schein herbeigeführt wird oder das Ersatzmitglied weiß oder sich ihm aufdrängen muss, dass kein Vertretungsfall vorliegt (BAG, Urteil vom 05.09.1986 - a.a.O., BAG, Urteil vom 12.02.2004 - a.a.O. m.w.N.). Nur wenn das Ersatzmitglied weiß oder sich ihm aufdrängen muss, dass kein Vertretungsfall vorliegt, ist es nicht schutzbedürftig.

Ein derartiger Ausschlusstatbestand war nach dem Vorbringen der Beklagten im vorliegenden Fall nicht gegeben.

Richtig ist zwar, dass vorliegend einige Indizien dafür sprechen, dass die Sitzung der JAV vom 02.01.2007 und die Teilnahme des Klägers an dieser Sitzung nur deshalb stattgefunden hat, um dem Kläger den Schutz des § 78 a BetrVG zu ermöglichen. Zu diesen Indizien gehört es, dass nicht erkennbar war, aus welchem Grund am 02.01.2007 eine Sitzung der Jugend- und Auszubildendenvertretung notwendig war, nachdem die letzte JAV-Sitzung am 19.12.2006 stattgefunden hatte, die sich ebenfalls mit der Übernahme der Auszubildenden befasst hatte. Die Beklagte verweist auch zu Recht darauf, dass nicht ausreichend erklärt worden ist, warum die JAV-Sitzung nicht am 03.01.2007 oder etwa nach dem Urlaub der meisten JAV-Mitglieder in der Woche ab 08.01.2007 hätte stattfinden können.

All die von der Beklagten gegen die Erforderlichkeit der JAV-Sitzung vom 02.01.2007 sprechenden Gesichtspunkte hätten jedoch nur dann zu einem Ausschluss des Schutzes des § 78 a BetrVG führen können, wenn der - unstreitig bestehende - Vertretungsfall des Klägers am 02.01.2007 durch kollusive Absprachen zum Schein herbeigeführt worden wäre. Für derartige kollusive Absprachen - etwa zwischen dem Kläger und dem JAV-Vorsitzenden N2xxxxxxx - hat die Beklagte jedoch keine greifbaren Anhaltspunkte vorgetragen, sie sind auch ansonsten nicht ersichtlich. Der Kläger musste auch nicht wissen, es musste sich ihm auch nicht aufdrängen, dass ein Vertretungsfall am 02.01.2007 nicht vorgelegen hat. Auch dafür sind Anhaltspunkte im Vorbringen der Beklagten nicht ersichtlich. Richtig ist zwar, dass der Kläger und der Auszubildende C1xxx ursprünglich ebenfalls für den 02.01.2007 Urlaub angemeldet hatten bzw. zur Freischicht eingeteilt waren. Richtig ist auch, dass im Parallelverfahren 1 BV 11/07 Arbeitsgericht Bochum der Auszubildende C1xxx mit Schriftsatz vom 28.02.2007 vorgetragen hat, dass der Kläger und der Auszubildende C1xxx zu dem Zeitpunkt, als der JAV-Vorsitzende für die am 02.01.2007 wegen Urlaubs und Freischichten verhinderten JAV-Mitglieder Ersatzmitglieder einladen wollte, zufällig in das JAV-Büro gekommen seien und sich bereit erklärt hätten, ihren Urlaub zu unterbrechen und an der Sitzung am 02.01.2007 teilzunehmen. Allein hieraus ergibt sich jedoch nicht, dass der Vertretungsfall durch kollusive Absprachen zwischen dem Kläger und dem Auszubildenden C1xxx einerseits und dem JAV-Vorsitzenden N2xxxxxxx andererseits zum Schein herbeigeführt worden ist. Aus diesem Vorbringen des Auszubildenden C1xxx ergibt sich auch nicht, dass ihm und dem Kläger des vorliegenden Verfahrens sich aufdrängen musste, dass ein Vertretungsfall in Wahrheit nicht vorgelegen hat. Die Berufungskammer hat vielmehr den Kläger des vorliegenden Verfahrens im Termin vom 28.03.2007 ausführlich dazu angehört, wie es zu seiner Ladung für die JAV-Sitzung vom 02.01.2007 gekommen ist. Dies hat der Kläger anschaulich zu Protokoll der Sitzung vom 28.03.2007 geschildert. Nach seinem Vorbringen ist es so gewesen, dass der JAV-Vorsitzende N2xxxxxxx zu ihnen in die Werkstatt gekommen ist und dort gefragt hat, ob er, der Kläger, und Herr C1xxx an der Sitzung der JAV vom 02.01.2007 teilnehmen könnten. Die Schilderung, die der Kläger vor der Berufungskammer am 28.03.2007 abgegeben hat, unterscheidet sich von dem Vorbringen des Auszubildenden C1xxx im Parallelverfahren lediglich durch den Ort, an dem die Unterredung zwischen dem Kläger und dem JAV-Vorsitzenden über die Teilnahmemöglichkeit des Klägers an der JAV-Sitzung vom 02.01.2007 stattgefunden hat. Dieser Umstand erscheint aber nach dem glaubhaften Vorbringen des Klägers im Termin vor der Berufungskammer vom 28.03.2007 nicht streitentscheidend. Entscheidend ist vielmehr, dass die Beklagte dem Kläger keine kollusiven Absprachen und auch keine sonstigen Umstände nachweisen kann, aus denen sich ergibt, dass der Kläger wusste bzw. sich ihm aufdrängen musste, dass kein Vertretungsfall vorliegt. Nach den Angaben des Klägers im Termin vor der Berufungskammer vom 28.03.2007 war der Kläger jedenfalls verpflichtet, der Einladung zur JAV-Sitzung zu folgen. Der Kläger und der Auszubildende C1xxx haben den JAV-Vorsitzenden N2xxxxxxx sogar noch darauf hingewiesen, dass sie an diesem Tag Urlaub bzw. Freischicht hätten, worauf dieser dafür Sorge getragen hatte, dass der Urlaub getauscht wurde. Unstreitig ist insoweit auch, dass in dem Gespräch zwischen dem JAV-Vorsitzenden N2xxxxxxx und dem Kläger und dem Auszubildenden C1xxx nicht darüber gesprochen worden ist, aus welchem Grunde die JAV-Sitzung am 02.01.2007 stattfinden und was Gegenstand der Beratungen sein sollte. Von kollusiven Absprachen zwischen dem Kläger und dem JAV-Vorsitzenden N2xxxxxxx kann unter diesen Umständen keine Rede sein.

Auch die weiteren Rügen der Beklagten führen nicht zum Ausschluss des Schutzes des § 78 a Abs. 2 BetrVG.

Die Beklagte kann sich nicht darauf berufen, dass ein Beschluss der JAV über die Einladung zur Sitzung vom 02.01.2007 nicht vorgelegen habe und dass zu dieser Sitzung nicht ordnungsgemäß eingeladen worden sei. Selbst wenn die JAV-Sitzung vom 02.01.2007 nicht ordnungsgemäß einberufen worden sein sollte oder aus anderen Gründen nicht ordnungsgemäß stattgefunden hätte, entfällt hierdurch - mangels kollusiver Absprachen zwischen dem Kläger und dem JAV-Vorsitzenden - nicht der Schutz des § 78 a Abs. 2 BetrVG. Das Gleiche gilt, wie bereits ausgeführt, wenn sich in einem weiteren verfahren herausstellen sollte, dass ein Vertretungsfall in Wahrheit gar nicht vorgelegen hat bzw. bewusst konstruiert worden wäre.

b) Die Beklagte kann sich, um das Weiterbeschäftigungsbegehren des Klägers auszuschließen, auch nicht darauf berufen, dass sie inzwischen einen Antrag nach § 78 a Abs. 4 BetrVG gestellt hat. Dieser Antrag, den die Beklagte im Verfahren 5 BV 10/07 Arbeitsgericht Bochum verfolgt, ist auf die Auflösung des bereits nach § 78 a Abs. 2 BetrVG begründeten Arbeitsverhältnisses gerichtet . Hierbei handelt es sich um ein Gestaltungsurteil, dessen rechtsgestaltende Wirkung erst mit Rechtskraft ex nunc - und nicht rückwirkend - eintritt.

Selbst wenn mit der Beklagten angenommen werden müsste, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis auf Grund des im Verfahren 5 BV 10/07 Arbeitsgericht Bochum gestellten Antrags wieder aufgelöst werden müsste, ist die Beklagte auf Grund des nach § 78 a Abs. 2 BetrVG zustande gekommenen Arbeitsverhältnisses jedenfalls bis zur Rechtskraft des eine Auflösung aussprechenden Beschlusses verpflichtet, den Kläger entsprechend seiner Ausbildung tatsächlich zu beschäftigen (BAG, Urteil vom 15.01.1980 - AP BetrVG 1972 § 78 a Nr. 9; BAG, Urteil vom 14.05.1987 - AP BPersVG § 9 Nr. 4; LAG Köln, Beschluss vom 31.03.2005 - LAGE § 78 a BetrVG 2001 Nr. 2). Das zwischen den Parteien gemäß § 78 a Abs. 2 BetrVG begründete Arbeitsverhältnis besteht bis zur Rechtskraft der Auflösungsentscheidung mitsamt der aus ihm erwachsenden Rechte und Pflichten, insbesondere der Beschäftigungs- und Entgeltzahlungspflicht fort; das Gesetz bürdet dem Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis im Interesse des Auszubildendenschutzes vor Benachteiligung wegen der Ausübung eines betriebsverfassungsrechtlichen Amtes ohne Rücksicht auf eine eventuelle Unzumutbarkeit auf (BAG, Beschluss vom 29.11.1989 - AP BetrVG 1972 § 78 a Nr. 20 m.w.N.).

2. Der für den Erlass einer einstweiligen Verfügung erforderliche Verfügungsgrund ist im Streitfall ebenfalls gegeben.

Ein Verfügungsgrund liegt vor, wenn die Gefahr besteht, dass die Verwirklichung eines Rechts ohne alsbaldige einstweilige Regelung vereitelt oder wesentlich erschwert wird. Zur Abwendung dieser Gefahr muss die einstweilige Verfügung erforderlich sein. Angesichts der Tatsache, dass die zur Beschäftigung verpflichtende einstweilige Verfügung einen Fall der Leistungsverfügung darstellt und Erfüllungswirkung hat, ist eine umfassende Interessenabwägung erforderlich. Es kommt insoweit darauf an, ob die unstreitigen oder die glaubhaft gemachten Gesamtumstände es in Abwägung der beiderseitigen Belange zur Abwendung wesentlicher Nachteile erforderlich erscheinen lassen, eine sofortige Regelung zu treffen. Da die tatsächliche Beschäftigung nicht rückabgewickelt werden kann, kann die zur Beschäftigung verpflichtende einstweilige Verfügung mit irreparablen Nachteilen für den Arbeitgeber verbunden sein. Daher ist sorgfältig zu prüfen, ob das Beschäftigungsinteresse des Arbeitnehmers der Sicherung durch die einstweilige Verfügung bedarf, oder ob die bei zu Unrecht verweigerter Beschäftigung eintretende Sicherung des Verfügungsanspruchs durch die Regelungen des Annahmeverzuges nicht schon seinen Interessen ausreichend Rechnung trägt. Dazu bedarf es einer umfassenden Interessenabwägung. Je größer die Wahrscheinlichkeit ist, dass der Arbeitgeber die Beschäftigung zu Recht ablehnt, desto strengere Anforderungen sind an den Verfügungsgrund zu stellen. Bestehen aber an dem Bestand des Verfügungsanspruches keine vernünftigen Zweifel, ist eine einstweilige Verfügung zu erlassen, da das mögliche Interesse des Arbeitgebers an der Beibehaltung einer offensichtlich rechtswidrigen Verfahrensweise rechtlich nicht schützenswert ist. Die Anforderungen an den Verfügungsgrund sind umso geringer, desto schwerer und offensichtlicher die drohende oder bestehende Rechtsverletzung ist (LAG Köln, Urteil vom 24.11.1998 - NZA 1999, 1008; LAG Hamm, Urteil vom 12.12.2001 - NZA-RR 2003, 311).

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze überwiegt das Beschäftigungsinteresse des Klägers das Interesse der Beklagten, den Kläger bis zum Abschluss des Verfahrens 5 BV 10/07 Arbeitsgericht Bochum nicht zu beschäftigen.

Zu Gunsten des Klägers war zu berücksichtigen, dass gerade bei einem Auszubildenden die Aussichten, auf dem Arbeitsmarkt einen Arbeitsplatz zu finden, sich dadurch erhöhen, dass der Auszubildende im unmittelbaren Anschluss an die Ausbildung die in der Ausbildung erlernten Fähigkeiten und Kenntnisse in der täglichen Berufs- und Betriebspraxis tatsächlich umsetzt. Nur auf diese Weise kann er die für eine erfolgreiche Bewerbung notwendige Berufserfahrung erwerben. Diese tatsächliche Berufserfahrung erwirbt er hingegen nicht durch die Sicherung des Vergütungsanspruchs durch die Regeln des Annahmeverzugs. Allein die finanzielle Absicherung ohne die Erbringung einer tatsächlichen Arbeitsleistung könnte darüber hinaus gerade bei einem Berufsanfänger ein falsches Signal setzen.

Dagegen hat die Beklagte keine Gründe für ein das Interesse des Klägers an der tatsächlichen Beschäftigung überwiegendes Suspendierungsinteresse dargetan. Allein der Umstand, dass die Beklagte verpflichtet ist, auf Grund des Zukunftsvertrages 2010 noch 110,5 Vollzeitarbeitsplätze im Werk B1xxxx abzubauen, folgt nicht, dass dieser Arbeitsplatzabbau bereits zum jetzigen Zeitpunkt durch Suspendierung des Klägers, der durch § 78 a Abs. 2 BetrVG geschützt ist, erfolgen muss. Eine Beschäftigung des Klägers als Industriemechaniker ist der Beklagten, wie die Beschäftigung des Klägers nach Erlass des erstinstanzlichen Urteils gezeigt hat, auch problemlos möglich. Der noch erforderliche Personalabbau im Werk B1xxxx wird hierdurch nicht tangiert.

III.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Beklagte hat die Kosten des erfolglos gebliebenen Rechtsmittels zu tragen.

Der Streitwert hat sich in der Berufungsinstanz nicht geändert, § 63 GKG.

Ende der Entscheidung

Zurück