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Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Beschluss verkündet am 02.08.2002
Aktenzeichen: 10 TaBV 121/01
Rechtsgebiete: ZPO, BetrVG, ArbGG, BGB


Vorschriften:

ZPO § 81
ZPO § 85 Abs. 1
ZPO § 128 Abs. 2
ZPO § 256
ZPO § 256 Abs. 1
ZPO §§ 516 ff.
BetrVG § 2 Abs. 2
BetrVG § 23 Abs. 1
BetrVG § 23 Abs. 3
BetrVG § 40 Abs. 1
BetrVG § 111
BetrVG § 111 Abs. 1
BetrVG § 111 Abs. 2 Satz 3
BetrVG § 119 Abs. 1
ArbGG § 87
ArbGG § 89
ArbGG § 66 Abs. 1
ArbGG § 64 Abs. 6
ArbGG § 72 Abs. 2
ArbGG § 83 Abs. 4 Satz 3
ArbGG § 90 Abs. 2
ArbGG § 92 Abs. 1 Satz 2
BGB § 242
BGB § 1004
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Landesarbeitsgericht Hamm Im Namen des Volkes Beschluss

Geschäfts-Nr.: 10 TaBV 121/01

Verkündet am: 02.08.2002

In dem Beschlussverfahren

hat die 10. Kammer des Landesarbeitsgerichts Hamm im schriftlichen Verfahren gemäß § 128 Abs. 2 ZPO am 02.08.2002 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Schierbaum sowie die ehrenamtlichen Richter Grimm und Thiele beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Betriebsrates gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Detmold vom 30.08.2001 - 3 BV 12/01 - wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe:

A

Die Betriebsparteien streiten über die Wirksamkeit einer vom Arbeitgeber dem Betriebsrat gegenüber ausgesprochenen Abmahnung.

Der Arbeitgeber betreibt u.a. in H1xx-B6x Mlxxxxxx die B3xxxxx- und Rlxxxx-Klinik, in der ca. 140 Mitarbeiter beschäftigt sind. In der B3xxxxx- und Rlxxxx-Klinik ist ein Betriebsrat, bestehend aus fünf Personen, gebildet.

In der Klinik gab es in der Vergangenheit eine sogenannte Hausmeisterei, in der drei Mitarbeiter, unter ihnen ein Betriebsratsmitglied, beschäftigt waren. Diese Hausmeisterei war für sämtliche haustechnischen Leistungen und für die Pflege der Außenanlage zuständig.

Im Juli 2001 entschloss sich der Arbeitgeber, diese Leistungen nicht mehr mit den in der Hausmeisterei beschäftigten Mitarbeitern durchzuführen, sondern damit einen Dienstleister zu beauftragen. Zum 01.08.2000 übertrug er der C1xx C2xxx Dienstleistungs GmbH die betreffenden Aufgaben. Dieser überließ er auch alle zur Erledigung der Tätigkeiten notwendigen Gerätschaften.

Mit Schreiben vom 31.07.2000 (Bl. 6 d.A. 3 BVGa 6/00 Arbeitsgericht Detmold) wurden die in der Hausmeisterei beschäftigten Mitarbeiter darauf hingewiesen, dass mit Wirkung vom 01.08.2000 die C1xx C2xxx Dienstleistungs GmbH den Bereich der Haustechnik übernommen habe und das Arbeitsverhältnis mit Wirkung zum 01.08.2000 gemäß § 613 a auf die C1xx C2xxx Dienstleistungs GmbH übergehe. Ebenfalls mit Schreiben vom 31.07.2000 (Bl. 7 d.A. 3 BVGa 6/00 Arbeitsgericht Detmold) wies auch die C1xx C2xxx Dienstleistungs GmbH die in der Hausmeisterei des Arbeitgebers beschäftigten Mitarbeiter auf den Betriebsübergang hin.

Aufgrund dieser Schreiben erfuhr der Betriebsrat, der zuvor vom Arbeitgeber nicht unterrichtet worden war, von dem zum 01.08.2001 erfolgten Teilbetriebsübergang.

Mit Schreiben vom 04.08.2000 (Bl. 20 f.d.A.) stellte der Betriebsrat daraufhin gegen die Geschäftsführerin des Arbeitgebers Strafantrag wegen Unterlassung der vorherigen Unterrichtung nach § 111 BetrVG.

Mit einem am 17.08.2001 beim Arbeitsgericht eingegangenen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung machte der Betriebsrat ferner im Beschlussverfahren seine Ansprüche auf Unterrichtung und Beratung hinsichtlich des Betriebsteilübergangs der Hausmeisterei geltend - 3 BVGa 6/00 Arbeitsgericht Detmold -. Durch Beschluss vom 25.09.2000 wurde der Antrag des Betriebsrates mangels eines Anspruches nach § 111 Abs. 1 i.V.m. § 111 Abs. 2 Satz 3 BetrVG zurückgewiesen, weil bei dem Teilbetriebsübergang der Hausmeisterei kein wesentlicher Betriebsteil der Klinik des Arbeitgebers betroffen sei; es handele sich insoweit lediglich um eine nicht mitbestimmungspflichtige Bagatellausgründung; im Übrigen sei die Betriebsänderung, wenn denn eine vorliege, bereits abgeschlossen. Die gegen den Beschluss vom 25.09.2000 vom Betriebsrat zum Landesarbeitsgericht Hamm eingelegte Beschwerde blieb erfolglos und wurde im Termin vom 19.12.2000 - 13 TaBV 126/00 Landesarbeitsgericht Hamm - zurückgenommen.

Mit dem an den Betriebsrat gerichteten Schreiben vom 09.11.2000 (Bl. 4 d.A.) erteilte die Geschäftsführerin des Arbeitgebers dem Betriebsrat folgende "Abmahnung":

"Abmahnung

S5xx geehrter Herr K2xxxxx,

unter dem 04.08.2000 hat der Betriebsrat gegen mich persönlich eine Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft Detmold erstattet. M3xxx Anwälte haben zwischenzeitlich Akteneinsicht nehmen können. Darin werfen Sie mir vor, vorsätzlich durch Vorenthalten von Informationen die Tätigkeit des Betriebsrats behindert zu haben. Ich soll eine Betriebsänderung vorgenommen haben, ohne zuvor mit dem Betriebsrat die vorgeschriebenen Beratungen und Verhandlungen durchgeführt zu haben. Explizit werfen Sie mir vor, mir wäre es darum gegangen, Herr R2xxxxxx aus dem Betriebsrat zu entfernen.

Ihre Vorwürfe entbehren jeder Grundlage, Ich empfinde sie als ehrverletzend. Dies gilt um so mehr, dass Sie vor Erstattung der Anzeige nicht einmal den Versuch unternommen haben, mit mir den Sachverhalt zu erörtern. Ihr Verhalten beinhaltet meines Erachtens eine besonders grobe Verletzung der Grundsätze der vertrauensvollen Zusammenarbeit.

Derartiges werde ich weiterhin nicht hinnehmen. Ich mahne deshalb den Betriebsrat hiermit ausdrücklich ab. Für den Wiederholungsfall behalte ich mir vor, beim Arbeitsgericht die Auflösung des Betriebsrats zu beantragen."

Mit Schreiben vom 05.12.2000 (Bl. 5 d.A.) teilte der Betriebsrat der Geschäftsführerin des Arbeitgebers daraufhin mit:

"Ihre Abmahnung vom 9.11.2000

Sehr geehrte Frau Dr. B7xxxx!

Der Betriebsrat hat Ihr o. g. Schreiben erhalten. Nach eingehender Diskussion kommt der Betriebsrat zu folgendem Schluß:

Wir weisen Ihr Schreiben, was Inhalt wie auch Form betrifft, entschieden zurück! Sie werfen uns vor, den Sachverhalt nicht mit Ihnen erörtert zu haben. Das ist nicht zutreffend! Richtig ist vielmehr, daß unsere Versuche, den Sachverhalt zu erörtern, zurückgewiesen wurden mit der Bemerkung, daß darüber keine Aussagen gemacht werden könnten!

Desweiteren werfen Sie uns eine besonders grobe Verletzung der Grundsätze der vertrauensvollen Zusammenarbeit vor. Das ist nicht zutreffend! Richtig ist vielmehr, daß wir in einem Fall besonderer Behinderung von Betriebsratsarbeit auf ein betriebsverfassungsrechtliches Mittel zurückgegriffen haben, welches der Gesetzgeber vorgesehen hat!

Wir sehen uns gezwungen, Sie aufzufordern, innerhalb einer Frist von einer Woche nach Zugang dieses Schreibens, sämtliche in o. g. Schreiben gemachten Aussage schriftlich zurückzunehmen! Wir machen gleichzeitig darauf aufmerksam, daß wir nach Ablauf der Frist bei ausbleibender Zurücknahme uns vorbehalten, weitere rechtliche Schritte einzuleiten!"

Nachdem der Arbeitgeber auf das Schreiben des Betriebsrates vom 05.12.2000 nicht reagierte, machte der Betriebsrat aufgrund eines Beschlusses vom 19.12.2000 (Bl. 24 d.A.) mit dem am 29.03.2001 beim Arbeitsgericht eingeleiteten Beschlussverfahren die Rücknahme der Abmahnung vom 09.11.2000 geltend.

Der Betriebsrat hat die Auffassung vertreten, dem Arbeitgeber stehe nicht das Recht zu, ihn, den Betriebsrat, abzumahnen. Die Erteilung der Abmahnung durch den Arbeitgeber stelle selbst einen groben Verstoß im Sinne des § 23 Abs. 3 BetrVG sowie einen Verstoß gegen die Verpflichtung vertrauensvoller Zusammenarbeit nach § 2 Abs. 2 BetrVG dar. Die Erstattung der Strafanzeige durch den Betriebsrat sei ein zulässiges Mittel gewesen. Hierdurch habe er nicht gegen seine betriebsverfassungsrechtlichen Amtspflichten verstoßen.

Der Betriebsrat hat beantragt,

dem Arbeitgeber aufzugeben, die Abmahnung vom 09.11.2000 gegenüber dem Betriebsrat zurückzunehmen.

Der Arbeitgeber hat beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Er ist der Auffassung, den Betriebsrat zu Recht abgemahnt zu haben. Die Erstattung der Strafanzeige gegenüber der Geschäftsführerin des Arbeitgebers sei völlig überzogen. Der Betriebsrat hätte seinerseits gemäß § 2 Abs. 2 BetrVG eine innerbetriebliche Klärung herbeiführen müssen, bevor er den Arbeitgeber öffentlich einer Gesetzesverletzung bezichtige und eine Strafanzeige erstatte. Im Übrigen sei durch diese Strafanzeige die Geschäftsführerin des Arbeitgebers persönlich verunglimpft worden. Offenbar sei die Strafanzeige nur die "Rache" dafür, dass der Arbeitgeber die Aufgaben der Hausmeisterei auf ein Dienstleistungsunternehmen übertragen habe, obwohl in diesem Bereich ein Betriebsratsmitglied beschäftigt gewesen sei. Schließlich liege in der Übertragung der Hausmeisterei auf ein Dienstleistungsunternehmen auch keine Betriebsänderung im Sinne des § 111 BetrVG.

Durch Beschluss vom 30.08.2001 hat das Arbeitsgericht den Antrag zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, der Betriebsrat sei vom Arbeitgeber zu Recht abgemahnt worden, weil er durch Erstattung der Strafanzeige eine grobe Pflichtverletzung begangen habe. Die Erteilung einer Abmahnung gegenüber dem Betriebsrat sei zulässig.

Gegen den dem Betriebsrat am 05.09.2001 zugestellten Beschluss, auf dessen Gründe ergänzend Bezug genommen wird, hat der Betriebsrat am 05.10.2001 Beschwerde zum Landesarbeitsgericht eingelegt und diese mit dem am 02.11.2001 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet.

Der Betriebsrat ist der Auffassung, dass der Arbeitgeber nicht berechtigt sei, dem Betriebsrat eine betriebsverfassungsrechtliche Abmahnung zu erteilen. Es sei nicht Aufgabe des Arbeitgebers, die Tätigkeit des Betriebsrates überwachen und zu maßregeln.

Im Übrigen sei die Erstattung der Strafanzeige ein vom Betriebsverfassungsgesetz zugelassenes Mittel. Der Betriebsrat sei von der Übertragung der Hausmeisterei auf ein Dienstleistungsunternehmen zu keinem Zeitpunkt vom Arbeitgeber unterrichtet worden. Aus diesem Grunde habe der Verdacht bestanden, dass einer der Tatbestände des § 119 Abs. 1 BetrVG gegeben sein könnte. In der Erstattung der Strafanzeige liege auch keine grobe Pflichtverletzung, selbst wenn ein Unterrichtungsrecht des Betriebsrates nach § 111 BetrVG nicht bestanden habe. Der Arbeitgeber habe nämlich durch sein Verhalten mindestens gegen den Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit nach § 2 Abs. 2 BetrVG verstoßen. Sowohl der Betriebsrat wie auch die betroffenen Arbeitnehmer seien vor vollendete Tatsachen gestellt worden. Im Übrigen sei die Frage, ob Bagatellausgründungen dem § 111 BetrVG unterfallen würden, streitig und höchstrichterlich nicht geklärt.

Der Betriebsrat beantragt,

unter Abänderung des erstinstanzlichen Beschlusses dem Arbeitgeber aufzugeben, die Abmahnung vom 09.11.2000 aus den betrieblichen Unterlagen zu entfernen.

Nachdem in der Beschwerdeinstanz zwischen den Beteiligten streitig geworden ist, ob eine Durchschrift der an den Betriebsratsvorsitzenden übersandten Abmahnung vom 09.11.2000 zu den betrieblichen Unterlagen des Arbeitgebers genommen worden ist, beantragt der Betriebsrat ferner,

hilfsweise festzustellen, dass der Arbeitgeber nicht berechtigt war, die dem Betriebsrat mit Schreiben vom 09.11.2000 übersandte Abmahnung gegenüber auszusprechen.

Der Arbeitgeber beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Er ist der Auffassung, die dem Betriebsrat erteilte Abmahnung vom 09.11.2000 sei berechtigt gewesen. Mit der Strafanzeige habe der Betriebsrat dem Arbeitgeber nämlich schuldhaftes vorsätzliches Handeln vorgeworfen. Davon könne keine Rede sein. Rechte des Betriebsrates seien auch bei der Übertragung der Hausmeisterei auf ein Dienstleistungsunternehmen nicht verletzt worden. Es habe sich dabei nämlich nicht um eine wesentliche Betriebsänderung gehandelt. Ob eine sogenannte Bagatellausgründung eine mitwirkungspflichtige Betriebsänderung darstelle, sei im Übrigen rechtlich nicht geklärt, die Frage werde kontrovers diskutiert. Auch aus diesem Grunde könne dem Arbeitgeber nicht vorgeworfen werden, sich betriebsverfassungswidrig verhalten zu haben. Die Erstattung der Strafanzeige sei auch unverhältnismäßig gewesen. Mindestens hätte der Betriebsrat den Ausgang des beim Arbeitsgericht eingeleiteten einstweiligen Verfügungsverfahrens abwarten können.

Der Arbeitgeber ist ferner der Auffassung, dass er berechtigt sei, den Betriebsrat auf ein seiner Meinung nach betriebsverfassungswidriges. Verhalten hinzuweisen. Er sei nicht darauf angewiesen, stets und sofort einen Antrag nach § 23 Abs. 1 BetrVG zu stellen. Im Übrigen werde an dem Begriff der Abmahnung nicht festgehalten. Dem Arbeitgeber sei nicht daran gelegen, die Bezeichnung "Abmahnung" zu verwenden. Ihm komme es allein darauf an, die aus seiner Sicht bestehende Pflichtverletzung des Betriebsrates konkret darzustellen und auf die Folgen hinzuweisen, die sich im Falle einer Wiederholung eines solchen Verhaltens ergeben könnten. Zu derartigen Hinweisen sei er jedenfalls berechtigt.

Der Arbeitgeber behauptet, eine Durchschrift der Abmahnung vom 09.11.2000 sei in den Unternehmensunterlagen nicht mehr vorhanden.

Die Beschwerdekammer hat die Akten 3 BVGa 6/00 Arbeitsgericht Detmold = 13 TaBV 126/00 Landesarbeitsgericht Hamm informationshalber beigezogen. Auf den Inhalt dieser Akten wird ebenso Bezug genommen wie auf den weiteren Inhalt der von den Beteiligten gewechselten Schriftsätze.

B

Die nach den §§ 87, 89, 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG, 516 ff. ZPO an sich statthafte und form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde des Betriebsrates ist nicht begründet. Im Ergebnis hat das Arbeitsgericht den Antrag des Betriebsrates zu Recht zurückgewiesen. Auch den in geänderter Form im Beschwerderechtszug gestellten Anträgen des Betriebsrates konnte nicht stattgegeben werden.

I

1. Die Entscheidung der Beschwerdekammer konnte im schriftlichen Verfahren ergehen.

Auch im Beschlussverfahren ist eine Entscheidung im Beschwerderechtszug im schriftlichen Verfahren zulässig, §§ 90 Abs. 2, 83 Abs. 4 Satz 3 ArbGG, 128 Abs. 2 ZPO (Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-Glöge, ArbGG, 4. Aufl., § 90 Rz. 9 und § 83 Rz. 115).

Die Zustimmung der Beteiligten zur Entscheidung im schriftlichen Verfahren liegt vor. Der Arbeitgeber hat mit Schriftsatz vom 11.07.2002, der Betriebsrat mit Schriftsatz vom 23.07.2002 seine Zustimmung zur Entscheidung im schriftlichen Verfahren erteilt.

2. An der Durchführung des vorliegenden Beschwerdeverfahrens fehlt es auch nicht an der erforderlichen Prozessführungsbefugnis.

Richtig ist zwar, dass die Beauftragung von Rechtsanwälten und die Einleitung eines arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahrens durch den Betriebsrat einen wirksamen, ordnungsgemäß zustande gekommenen Beschluss des Betriebsrates hierüber voraussetzt. An einen vom Betriebsrat gefassten Beschluss knüpft das Betriebsverfassungsgesetz weitreichende Folgen nicht nur für die Arbeitnehmer, sondern auch für den Arbeitgeber. Dazu gehört auch dessen Kostentragungspflicht nach § 40 Abs. 1 BetrVG. Dass verlangt, dass sich der Betriebsrat als Gremium mit dem zur Entscheidung anstehenden Sachverhalt befasst und ihn einer einheitlichen Willensbildung durch Abstimmung zuführt, die in der Beschlussfassung zum Ausdruck kommt (BAG, Beschluss vom 14.02.1976 - AP Nr. 5 zu § 76 a BetrVG 1972; BAG, Beschluss vom 08.03.2000 - AP Nr. 68 zu § 40 BetrVG 1972; BAG, Beschluss vom 05.04.2000 - AP Nr. 33 zu § 78 a BetrVG 1972).

Soweit der Arbeitgeber erstinstanzlich die Beauftragung der Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrates durch einen ordnungsgemäß zustande gekommenen Beschluss des Betriebsrates bestritten hat, hat der Betriebsrat durch Vorlage des Protokolls der Betriebsratssitzung vom 19.12.2000 (Bl. 24 d.A.) sowie durch die Ladung vom 14.12.2000 zu dieser Betriebsratssitzung vom 19.12.2000 (Bl. 23 d.A.) nachgewiesen, dass für die Einleitung des vorliegenden Beschlussverfahrens beim Arbeitsgericht und für die Beauftragung des Anwaltsbüros H2xxxxxx und Pxxx ein ordnungsgemäßer Betriebsratsbeschluss gefasst worden ist.

Das Bestreiten des Arbeitgebers in der Beschwerdeinstanz, ob der Betriebsrat einen ordnungsgemäßen Beschluss hinsichtlich der Einleitung und Durchführung des Beschwerdeverfahrens gefasst hat, ist für die Zulässigkeit der vorliegenden Beschwerde ohne Bedeutung. Die vom Betriebsrat seinen Verfahrensbevollmächtigten erteilte Prozessvollmacht, die vom Arbeitgeber nicht in Abrede gestellt worden ist, berechtigt diese auch zur Einlegung der Beschwerde. Nach § 85 Abs. 1 ZPO sind die vom Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen worden wären. Das gilt auch für die Einlegung der Beschwerde. Gemäß § 81 ZPO ermächtigt die Prozessvollmacht zu allen den Rechtsstreit betreffenden Prozesshandlungen, also auch zur Einlegung von Rechtsmitteln (BGH, Urteil vom 08.11.1993 - NJW 1994, 320; BAG, Beschluss vom 08.03.2000 - 7 ABR 73/98 - AuR 2000, 142; BAG, Beschluss vom 11.09.2001 - 1 ABR 2/01 - EzA § 95 BetrVG 1972 Nr. 34 = NZA 2002, 232; Thomas/Putzo, ZPO, 23. Aufl., § 81 Rz. 1; Zöller/Vollkommer, ZPO, 23. Aufl., § 81 Rz. 2). Die Vollmacht endet nicht mit der Beendigung der Instanz. Anhaltspunkte dafür, dass das Vertretungsverhältnis der Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrates schon beendet gewesen wäre, als Beschwerde eingelegt worden ist, sind nicht ersichtlich und vom Arbeitgeber auch nicht vorgetragen worden.

II

Der in der Beschwerdeinstanz vom Betriebsrat gestellte Hauptantrag ist unbegründet. Der zur Entscheidung gestellte Hilfsantrag des Betriebsrates ist bereits unzulässig.

1. Der auf Entfernung der dem Betriebsrat unter dem 09.11.2000 erteilten Abmahnung aus den betrieblichen Unterlagen gerichtete Anspruch ist unbegründet. Der Arbeitgeber kann diesem auf Entfernung der Abmahnung aus den betrieblichen Unterlagen gerichteten Anspruch nicht nachkommen. Der Anspruch ist auf eine unmögliche Leistung gerichtet, nachdem sich in der Beschwerdeinstanz herausgestellt hat, dass sich die Abmahnung vom 09.11.2000 weder im Original noch in einer Durchschrift in den betrieblichen Unterlagen des Arbeitgebers befindet. Zwar hat der Betriebsrat dieses Vorbringen des Arbeitgebers - nachdem der Betriebsrat seinen ursprünglich auf Rücknahme der Abmahnung gerichteten Anspruch umgestellt hat - bestritten. Dieses Bestreiten ist aber unsubstantiiert. Als Anspruchssteller hätte der Betriebsrat den Nachweis führen müssen, dass sich die streitige Abmahnung vom 09.11.2000 - in welcher Form auch immer - in den betrieblichen Unterlagen befindet. Einen derartigen Nachweis hat der Betriebsrat nicht erbracht und auch keine entsprechenden Behauptungen aufgestellt, denen die Beschwerdekammer hätte nachgehen können. Der Betriebsrat hat auch keinen Beweis dafür angeboten, dass sich die streitige Abmahnung vom 09.11.2000 noch in den betrieblichen Unterlagen - wo auch immer - befindet.

Lediglich ergänzungshalber sei darauf hingewiesen, dass auch dem ursprünglich auf Rücknahme der Abmahnung vom 09.11.2000 gerichteten Anspruch nicht hätte stattgegeben werden können. Ein derartiger Antrag ist bereits unzulässig, weil er nicht vollstreckungsfähig ist. Die "Rücknahme" einer Abmahnung kann nur bedeuten, dass der Arbeitgeber seine Meinung ändern und nun selbst von der Unwahrheit oder fehlenden Berechtigung des Abmahnungsvorwurfs überzeugt sein soll. Zu Recht steht der Arbeitgeber auf dem Standpunkt, dass niemand gegen seinen Willen gezwungen werden kann, seine Rechtsauffassung zu ändern (Kammerer, Abmahnung, 3.Aufl., Rz. 538; Kammerer, AR-Blattei SD 20 Rz. 349; Kleinebrink, Abmahnung, Rz. 620; Bock, AuR 1987, 217, 222; vgl. auch Tschöpe, NZA 1990, Beil. 2, S. 10, 16 m.w.N.).

Auch einem Anspruch des Betriebsrates in Form eines Widerrufsanspruches hätte nicht stattgegeben werden können. Widerrufen werden können nur unrichtige Tatsachenbehauptungen. Darum geht es im vorliegenden Fall jedoch nicht. Ferner besteht ein Widerrufsanspruch entsprechend den §§ 242, 1004 BGB nur dann, wenn eine Abmahnung auch Dritten gegenüber bekannt gegeben worden ist; ein Widerrufsanspruch ist ausgeschlossen, wenn etwaige beleidigende oder unrichtige Äußerungen nur dem Verletzten gegenüber gefallen sind (BGHZ 10, 104; BAG, Urteil vom 21.02.1979 - AP Nr. 13 zu § 847 BGB; Kammerer, a.a.O., Rz. 538; Kleinebrink, a.a.O., Rz. 624; APS-Dörner, § 1 KSchG, Rz. 420; Palandt/Thomas, BGB, 61. Aufl., Einf. v. § 823 Rz. 34). Unstreitig ist die streitige Abmahnung vom 09.11.2000 lediglich an den Betriebsratsvorsitzenden gesandt worden. Dass sie Dritten gegenüber bekannt gegeben worden wäre, trägt der Betriebsrat nicht vor.

Nach alledem kam es auf die zwischen den Beteiligten streitige Frage, ob ein Arbeitgeber überhaupt berechtigt sein kann, dem Betriebsrat wegen betriebsverfassungswidrigen Verhaltens eine förmliche Abmahnung zu erteilen (vgl. einerseits: LAG Düsseldorf, Beschluss vom 23.02.1993 - LAGE § 23 BetrVG 1972 Nr. 31; LAG Berlin, Urteil vom 23.02.1988 - DB 1988, 863; LAG Hamm, Urteil vom 03.11.1987 - LAGE § 611 BGB Abmahnung Nr. 9; Schaub, Arbeitsrechtshandbuch, 9. Aufl., § 61 Rz. 34; Fitting/Kaiser/Heither/Engels/Schmidt, BetrVG, 21. Aufl., § 23 Rz. 17 a; Eisemann, ErfK, 2. Aufl., § 23 BetrVG Rz. 4; APS-Dörner, § 1 KSchG, Rz. 360; Fischer, NZA 1996, 633; Kammerer, Abmahnung, Rz. 509; Kammerer, AR-Blattei, SD 20 Rz. 230; Kleinebrink, a.a.O., Rz. 446, 448; Beckerle, Die Abmahnung, Rz. 332; andererseits: ArbG Hildesheim, Beschluss vom 01.03.1996 - AuR 1997, 336; Kania, DB 1996, 374; ders., NZA 1996, 970; Däubler/Kittner/Klebe/Trittin, BetrVG, 8. Aufl., § 23 Rz. 45; Wiese/Oetker, GK-BetrVG, 6. Aufl., § 23 Rz. 33; Schleusener, NZA 2001, 640; vgl. auch: BAG, Beschluss vom 05.12.1975 - AP Nr. 1 zu § 87 BetrVG 1972 Betriebsbuße; BAG, Urteil vom 26.01.1994 - 7 AZR 640/92 - n.v.; BAG, Urteil vom 16.09.1987 - 5 AZR 254/86 - RzK I 1 Nr. 21), nicht mehr an.

2. Der in der Beschwerdeinstanz gestellte Hilfsantrag des Betriebsrates, mit dem festgestellt werden soll, dass der Arbeitgeber nicht berechtigt gewesen ist, die dem Betriebsrat mit Schreiben vom 09.11.2000 erteilte Abmahnung gegenüber auszusprechen, ist unzulässig. Diesem Feststellungsantrag fehlt es in jedem Fall an dem nach § 256 ZPO erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis.

Unzulässig ist eine Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit einer Abmahnung. Nach § 256 ZPO kann nämlich nur auf Feststellung eines Rechtsverhältnisses geklagt werden. Mit einem Klageantrag auf Unwirksamkeit einer Abmahnung wird nur die Feststellung einer Tatsache angestrebt. Ein auf eine solche Feststellung gerichteter Antrag ist unzulässig (BAG, Beschluss vom 17.10.1989 - AP Nr. 12 zu § 87 BetrVG 1972 Betriebsbuße - unter I. 1. der Gründe; LAG Hamm, Urteil vom 17.10.1991 - 4 (18) Sa 1397/90 - n.v.; Schaub, a.a.O., § 61 Rz. 73).

Soweit die Beteiligten hinsichtlich des Hilfsantrages über die Berechtigung des Arbeitgebers streiten, gegenüber dem Betriebsrat die Abmahnung vom 09.11.2000 auszusprechen, liegt zwar ein Rechtsverhältnis im Sinne des § 256 ZPO vor, es fehlt jedoch an dem erforderlichen Feststellungsinteresse.

Nach § 256 Abs. 1 ZPO ist eine Klage auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses möglich. Eine solche Klage ist aber nur zulässig, wenn der Anspruchssteller ein rechtliches Interesse hat, das Rechtsverhältnis durch gerichtliche Entscheidung alsbald feststellen zu lassen. Wird die Klage auf Feststellung eines vergangenen Rechtsverhältnisses gerichtet, ist sie nur zulässig, wenn sich aus der Feststellung noch Rechtsfolgen für die Gegenwart oder Zukunft ergeben (BAG, Urteil vom 24.09.1997 - AP Nr. 1 zu § 1 TVG Tarifverträge: Reichsbund; BAG, Beschluss vom 28.04.1997 - AP Nr. 22 zu § 99 BetrVG 1972 Einstellung; BAG, Urteil vom 15.12.1999 -AP Nr. 59 zu § 256 ZPO 1977; BAG, Beschluss vom 14.08.2001 - AP Nr. 1 zu § 21 b BetrVG 1972). § 256 ZPO ist auch im Beschlussverfahren anwendbar (BAG, Beschluss vom 28.04.1997 30.03.1994 - AP Nr. 42 zu § 40 BetrVG 1972; BAG, Beschluss vom 15.12.1998 - AP Nr. 56 zu § 80 BetrVG 1972; BAG, Beschluss vom 14.08.2001 - AP Nr. 1 zu § 21 b BetrVG 1972). Der Hilfsantrag des Betriebsrates ist auf Feststellung eines vergangenen Rechtsverhältnisses gerichtet. Es soll festgestellt werden, ob der Arbeitgeber berechtigt gewesen ist, dem Betriebsrat die Abmahnung vom 09.11.2000 zu erteilen. Aus der begehrten Feststellung lassen sich Rechtsfolgen weder für die Gegenwart noch für die Zukunft herleiten. Mit dem Hilfsantrag verlangt der Betriebsrat von der Beschwerdekammer die Erstellung eines reinen rechtlichen Gutachtens darüber, ob die Abmahnung vom 09.11.2000 berechtigt gewesen ist. Hierfür fehlt das Feststellungsinteresse. Rechtsfolgen für die Zukunft des begehrten Ausspruches ergeben sich insbesondere deshalb nicht, weil der Arbeitgeber, wie er in den Schriftsätzen vom 27.03.2001 und vom 06.05.2001 (Bl. 89, 99 f.d.A.) zum Ausdruck gebracht hat, an der Berechtigung zur Erteilung einer förmlichen Abmahnung nicht mehr festhält. Dem Arbeitgeber kommt es allein darauf an, die aus seiner Sicht bestehende Pflichtverletzung des Betriebsrates konkret darzustellen und auf die Folgen hinzuweisen. Hierzu ist er berechtigt. Der Antrag des Betriebsrates hat damit allein zum Ziel, ein Rechtsgutachten über einen in der Vergangenheit liegenden abgeschlossenen Vorgang erstellen zu lassen. Das ist nicht Aufgabe des Gerichts (BAG, Urteil vom 15.04.1999 - AP Nr. 22 zu § 611 BGB Abmahnung - unter II. der Gründe; APS-Dörner, § 1, KSchG Rz. 421).

III

Für die Zulassung der Rechtsbeschwerde zum Bundesarbeitsgericht bestand nach den §§ 92 Abs. 1 Satz 2, 72 Abs. 2 ArbGG keine Veranlassung.

Ende der Entscheidung

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