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Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Beschluss verkündet am 14.02.2003
Aktenzeichen: 10 TaBV 122/02
Rechtsgebiete: BetrVG, Gehaltstarifvertrag Einzelhandel NRW, BBiG
Vorschriften:
BetrVG § 99 | |
Gehaltstarifvertrag Einzelhandel NRW § 2 | |
Gehaltstarifvertrag Einzelhandel NRW § 3 | |
BBiG § 9 S. 2 Nr. 3 |
Landesarbeitsgericht Hamm Im Namen des Volkes Beschluss
Verkündet am: 14.02.2003
In dem Beschlussverfahren
hat die 10. Kammer des Landesarbeitsgerichts Hamm aufgrund der mündlichen Anhörung vom 14.02.2003 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Schierbaum sowie die ehrenamtlichen Richter Zimmermann und Berhorst
beschlossen :
Tenor:
Die Beschwerde des Arbeitgebers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 22.05.2002 - 3 BV 88/01 - wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe:
A
Die Beteiligten streiten um die zutreffende Einstufung einer Mitarbeiterin des Arbeitgebers.
Der Arbeitgeber betreibt in der Bundesrepublik zahlreiche Einrichtungshäuser. Antragsteller des vorliegenden Verfahrens ist die Niederlassung des Arbeitgebers in B1xxxxxxx, in der ca. 280 Mitarbeiter beschäftigt sind. Im Betrieb des Arbeitgebers finden die Tarifverträge des Einzelhandels Nordrhein-Westfalen kraft Allgemeinverbindlichkeitserklärung Anwendung.
Mit Schreiben vom 01.10.2001 informierte der Arbeitgeber den in der Niederlassung in B1xxxxxxx gebildeten Betriebsrat, den Antragsgegner, über die beabsichtigte Einstellung der Arbeitnehmerin C1xxxxxx L1xxxxx als Substitutin/Ersteinrichterin im Bereich Kommunikation und Einrichten-KOMEIN zum 08.10.2001. Die Eingruppierung sollte nach Mitteilung des Arbeitgebers in die Gehaltsgruppe III a), 1. bis 3. Tätigkeitsjahr des Gehaltstarifvertrages des Einzelhandels Nordrhein-Westfalen - GTV - erfolgen.
Mit Beschluss vom 08.10.2001 stimmte der Betriebsrat der Einstellung der Mitarbeiterin L1xxxxx zu, verweigerte aber die Zustimmung zur Eingruppierung in die Gehaltsgruppe III a), 1. bis 3. Tätigkeitsjahr GTV.
Nachdem Gespräche zwischen den Beteiligten über die Anzahl der der Mitarbeiterin L1xxxxx unterstellten Mitarbeiter stattgefunden hatten, bat der Arbeitgeber den Betriebsrat mit Schreiben vom 29.10.2001 (Bl. 4 d.A.) erneut um Zustimmung zur Einstellung der Mitarbeiterin L1xxxxx zum 08.10.2001 als Substitutin/Ersteinrichterin unter Eingruppierung in die Gehaltsgruppe III a), 1. bis 3. Tätigkeitsjahr GTV.
Der Betriebsrat stimmte mit Schreiben vom 05.11.2001 (Bl. 4 d.A.) der Einstellung der Mitarbeiterin zu, verweigerte jedoch mit Schreiben vom 05.11.2001 (Bl. 5 d.A.) die Zustimmung zur vorgesehenen Eingruppierung. Im Schreiben vom 05.11.2001 (Bl. 5 d.A.) heißt es u.a.:
"Wir sind der Auffassung, daß bei der Berechnung der in der Regel festangestellten Vollbeschäftigten die Auszubildenden Schauwerbegestalterinnen mit zu berücksichtigen sind.
Sicher mag es richtig sein, daß die Personalentwicklungschefin - wie von Euch dargestellt - disziplinarische Vorgesetzte ist, allerdings erfolgt die fachliche Ausbildung in der Abteilung - und hier insbesondere durch die Substituten/Erstgestalter."
Im Bereich KOMEIN/Möbelausstellung sind der Mitarbeiterin L1xxxxx als Substitutin/Ersteinrichterin unstreitig vier festgestellte Mitarbeiter unterstellt. Ob die im Bereich der Möbelausstellung eingesetzten Auszubildenden für den Beruf des Schauwerbegestalters der Mitarbeiterin L1xxxxx unterstellt sind, ist zwischen den Beteiligten streitig.
Die Ausbildung der Auszubildenden in den Einrichtungshäusern des Arbeitgebers ist u.a. durch eine Gesamtbetriebsvereinbarung (Bl. 42 ff.d.A.) geregelt. Danach durchlaufen sämtliche Auszubildenden als Schauwerbegestalter innerhalb ihrer dreijährigen Ausbildungsdauer folgende Bereiche:
"Möbelausstellung 12 Monate Markthalle 12 Monate Schreinerei 2 Monate Texterei 2 Monate Aktivitäten 4 Monate Hausdurchgang 1 Monat"
Zum Zeitpunkt der Einstellung der Mitarbeiterin L1xxxxx waren im Betrieb in B1xxxxxxx acht Auszubildende für den Beruf Schauwerbegestalter tätig. Seit August 2002 waren noch fünf Auszubildende als Schauwerbegestalter beschäftigt, zwei davon im ersten Lehrjahr, drei im zweiten Lehrjahr. Auf die vom Betriebsrat überreichte Aufstellung über den Einsatz der Auszubildenden als Schauwerbegestalter in den einzelnen Bereichen im Betrieb in B1xxxxxxx (Bl. 160 d.A.) wird Bezug genommen.
Als Ausbildende im Sinne des § 6 BBiG ist in der Niederlassung B1xxxxxxx die Leiterin Personalentwicklung, Frau S6xxxx, eingesetzt. Neben der Ausbildenden, Frau S6xxxx, beschäftigt der Arbeitgeber einen Ausbilder, Herrn D2xxxx, der ausschließlich mit der Ausbildung sämtlicher in der Niederlassung beschäftigten Auszubildenden betraut ist.
Im Bereich KOMEIN/Möbelausstellung verfügt die Erstkraft, Frau A2xxxxxxx S5xxxxxxxxx, die der Mitarbeiterin L1xxxxx unterstellt ist, über eine Ausbildereignungsprüfung. Frau S5xxxxxxxxx ist mit der Ausbildung der in ihrem Bereich eingesetzten Schauwerbegestalter beauftragt. Auf das Organigramm 119 über den Bereich Kommunikation und Einrichtung (Bl. 85 f.d.A.) wird Bezug genommen.
In der internen Stellenausschreibung für den/die Ersteinrichter/in für den Bereich KOMEIN vom 28.08.2001 (Bl. 87 d.A.) war unter "Verantwortungsbereich" u.a. ausgeführt:
"...
? Mitverantwortung für das Ausbildungsergebnis aller Dir auch zur Aus-, Fort- und Weiterbildung unterstellten Mitarbeiter".
Die vom Arbeitgeber erstellte "Funktionsbeschreibung Ersteinrichter (in)" (Bl. 88 ff.d.A.) sieht unter "Verantwortungsbereiche" folgendes vor:
" ...
? Ausbildung Er ist mitverantwortlich für das Ausbildungsergebnis aller ihm auch zur Aus-, Fort- und Weiterbildung unterstellten Mitarbeiter."
Mit dem am 20.12.2001 beim Arbeitsgericht eingeleiteten Beschlussverfahren verlangt der Arbeitgeber die Ersetzung der vom Betriebsrat verweigerten Zustimmung zur Eingruppierung der Arbeitnehmerin L1xxxxx in die Gehaltsgruppe III a), 1. bis 3. Tätigkeitsjahr.
Der Arbeitgeber hat die Auffassung vertreten, dass die Mitarbeiterin L1xxxxx in die Gehaltsgruppe III Gehaltsstaffel a) GTV eingruppiert werden müsse, da ihr regelmäßig nur vier Arbeitnehmer und keine Auszubildenden unterstellt seien. Für die Auszubildenden seien die Ausbildende, die Personalentwicklungschefin Frau S6xxxx, und als Ausbilder für alle Auszubildenden Herr D2xxxx zuständig. Auch als Substitutin der Möbelausstellung sei die Mitarbeiterin L1xxxxx in fachlicher oder disziplinärer Hinsicht nicht die Vorgesetzte der Auszubildenden. Sie habe nur in engem Rahmen Überwachungsfunktionen. Die in ihrem Bereich eingesetzten Auszubildenden zählten bei der Gehaltsstaffel der Gehaltsgruppe III GTV nicht mit. Der Mitarbeiterin L1xxxxx fehle es am Direktionsrecht nach § 9 BBiG gegenüber den Auszubildenden, sie trage nicht die Verantwortung für die Auszubildenden.
Der Arbeitgeber hat beantragt,
die Zustimmung des Betriebsrates zur Eingruppierung der Arbeitnehmerin C1xxxxxx L1xxxxx in die Gehaltsgruppe III a), 1. bis 3. Tätigkeitsjahr zu ersetzen.
Der Betriebsrat hat beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Er hat die Auffassung vertreten, dass die Mitarbeiterin L1xxxxx in die Gehaltsstaffel b) der Gehaltsgruppe III GTV einzugruppieren sei, da ihr neben den Festangestellten vier Vollbeschäftigte auch die auszubildenden Schauwerbegestalterinnen unterstellt seien. Die Aufsichts- und Weisungsbefugnis für die in der Ausbildung befindlichen Schauwerbegestalter liege bei der Mitarbeiterin L1xxxxx. Diese sei unabhängig davon, dass die Personalentwicklungschefin S6xxxx die der IHK benannte Ausbilderin sei, gegenüber den in ihrem Bereich eingesetzten Auszubildenden aufsichts- und weisungsbefugt. Dies ergebe sich auch aus der internen Stellenausschreibung vom 28.08.2001 und aus der Funktionsbeschreibung des Arbeitgebers für den/die Ersteinrichter/in.
Durch Beschluss vom 22.05.2002 hat das Arbeitsgericht den Antrag des Arbeitgebers zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, eine Eingruppierung der Mitarbeiterin L1xxxxx in die Gehaltsgruppe III Gehaltsstaffel a) GTV könne nicht erfolgen, da der Mitarbeiterin L1xxxxx in der Regel mehr als vier festangestellte Vollbeschäftigte einschließlich der Auszubildenden unterstellt seien. Die in ihrer Abteilung beschäftigten Auszubildenden seien der Mitarbeiterin L1xxxxx ebenfalls unterstellt. Unterstellung bedeute dabei die Übertragung von Aufsichts- und Weisungsbefugnissen. Auch wenn die Mitarbeiterin L1xxxxx keine Ausbilderin im Sinne des § 6 BBiG sei, seien ihr diejenigen Auszubildenden, die in ihrem Bereich Möbelausstellung eingesetzt seien, unterstellt. Aufsichts- und weisungsbefugt seien auch diejenigen Personen, die im Rahmen der Betriebsstruktur berechtigt seien, den Auszubildenden im Einzelfall Anweisungen zu erteilen und Aufgaben zuzuweisen. Das treffe auf die Mitarbeiterin L1xxxxx zu.
Gegen den dem Arbeitgeber am 13.09.2002 zugestellten Beschluss, auf dessen Gründe ergänzend Bezug genommen wird, hat der Arbeitgeber am 11.10.2002 Beschwerde zum Landesarbeitsgericht eingelegt und diese mit dem am 07.11.2002 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet.
Der Arbeitgeber ist der Auffassung, das Arbeitsgericht habe den Begriff der Unterstellung im Gehaltstarifvertrag unrichtig ausgelegt und insoweit die Auszubildenden mitberücksichtigt. Dies sei unzutreffend. Die Mitarbeiterin L1xxxxx sei entsprechend der Betriebsstruktur befugt, gegenüber bestimmten Mitarbeitern die erforderlichen Anordnungen und fachlichen Weisungen zu erteilen, nicht jedoch gegenüber den Auszubildenden. Eine Aufsichts- und Weisungsbefugnis gegenüber den Auszubildenden sei ihr nicht übertragen worden. Als Ausbildende sei die Leiterin der Personalentwicklung, Frau S6xxxx, eingesetzt. Ausbilder sei der Mitarbeiter D2xxxx, der ausschließlich mit der Ausbildung sämtlicher in der Niederlassung B1xxxxxxx beschäftigten Auszubildenden betraut sei. Im Tätigkeitsbereich der Mitarbeiterin L1xxxxx, in der Möbelausstellung, sei darüber hinaus Frau S5xxxxxxxxx beschäftigt, die die Ausbildereignungsprüfung bestanden habe und im Bereich KOMEIN mit der Ausbildung der Schauwerbergestalter beauftragt sei. Insofern seien im Betrieb in B1xxxxxxx die Auszubildenden ausschließlich Frau S6xxxx, Herr D2xxxx und Frau S5xxxxxxxxx unterstellt. Die Mitarbeiterin L1xxxxx trage für die Ausbildung der Auszubildenden keine Verantwortung. Sie sei gegenüber den Auszubildenden weder weisungsbefugt noch habe sie eine Aufsichtsbefugnis.
Der Arbeitgeber beantragt,
unter Abänderung des Beschlusses des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 22.05.2002 - 3 BV 88/01 - die Zustimmung des Betriebsrats zur Eingruppierung der Arbeitnehmerin C1xxxxxx L1xxxxx in die Gehaltsgruppe III Gehaltsstaffel a) 1. bis 3. Tätigkeitsjahr zu ersetzen.
Der Betriebsrat beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Unter Bezugnahme auf die vom Arbeitgeber selbst erstellte Stellenbeschreibung und die Funktionsbeschreibung (Bl. 87 ff.d.A.) verteidigt er den erstinstanzlichen Beschluss. Er ist der Auffassung, dass es sich bei der Mitarbeiterin L1xxxxx um eine andere weisungsberechtigte Person im Sinne des § 9 Satz 2 Nr. 3 BBiG handele. Der Arbeitgeber habe erstinstanzlich bereits eingeräumt, dass die Mitarbeiterin L1xxxxx gegenüber den Auszubildenden mindestens Überwachungsbefugnisse zustünden. Der arbeitstägliche Ablauf wäre nicht zu organisieren, wäre die Mitarbeiterin L1xxxxx gegenüber den jeweiligen Auszubildenden nicht auch weisungsbefugt. Der Begriff der Unterstellung im Sinne der Gehaltsgruppe III GTV setzte keine reine Vorgesetztenfunktion in disziplinarischer und ausbildender Hinsicht voraus. Auch der Gehaltstarifvertrag gehe davon aus, dass die Auszubildenden, auch wenn sie einem anderen Ausbildungsleiter zugeordnet seien, gleichfalls einem bestimmten Angestellten unterstellt sein könnten. Andernfalls hätte die tarifvertragliche Klausel in der Gehaltsgruppe III GTV nur Bedeutung für die Betriebe, in denen keine gesonderten Ausbildungsleiter vorhanden seien.
Im Übrigen wird auf den weiteren Inhalt der von den Beteiligten gewechselten Schriftsätze ergänzend Bezug genommen.
B
Die zulässige Beschwerde des Arbeitgebers ist nicht begründet.
Der Arbeitgeber kann die Ersetzung der vom Betriebsrat verweigerten Zustimmung zur Eingruppierung der Mitarbeiterin L1xxxxx in die Gehaltsgruppe III Gehaltsstaffel a), 1. bis 3. Tätigkeitsjahr des Gehaltstarifvertrages für den Einzelhandel NRW nicht verlangen.
I
Der Antrag des Arbeitgebers ist nach den §§ 2 a, 80 Abs. 1, 81 ArbGG zulässig. Zwischen den Beteiligten ist eine betriebsverfassungsrechtliche Angelegenheit nach § 99 BetrVG, nämlich die zutreffende Eingruppierung bzw. Einstufung der Mitarbeiterin L1xxxxx, streitig.
Die Antrags- und Beteiligungsbefugnis des Arbeitgebers und des Betriebsrates ergibt sich aus den §§ 10, 83 Abs. 3 ArbGG. Die betroffene Mitarbeiterin L1xxxxx war im vorliegenden Beschlussverfahren nicht zu beteiligen (BAG, Beschluss vom 22.03.1983 - AP Nr. 6 zu § 101 BetrVG 1972; BAG, Beschluss vom 17.05.1983 - AP Nr. 18 zu § 99 BetrVG 1972; Fitting/Kaiser/Heither/Engels/Schmidt, BetrVG, 21. Aufl., § 99 Rz. 235; Germelmann/Matthes /Prütting/Müller-Glöge, ArbGG, 4. Aufl., § 83 Rz. 47 m.w.N.).
II
Der Zustimmungsersetzungsantrag des Arbeitgebers gemäß § 99 Abs. 4 BetrVG ist unbegründet. Der Betriebsrat hat die Zustimmung zu der begehrten Eingruppierung der Mitarbeiterin L1xxxxx zu Recht verweigert.
1. Der Arbeitgeber bedurfte im vorliegenden Fall der Zustimmung des Betriebsrates zu der beabsichtigten Einstufung der Mitarbeiterin L1xxxxx.
Nach § 99 Abs. 1 BetrVG hat der Arbeitgeber in Betrieben mit in der Regel mehr als 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern die Zustimmung des Betriebsrates zu einer geplanten Eingruppierung oder Umgruppierung einzuholen.
Die Voraussetzungen, unter denen das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates entsteht, sind erfüllt. Im Betrieb des Arbeitgebers sind mehr als 20 zum Betriebsrat wahlberechtigter Arbeitnehmer beschäftigt. Bei der geplanten Maßnahme handelt es sich auch um eine Eingruppierung im Sinne des § 99 Abs. 1 BetrVG. Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates erstreckt sich nämlich nicht nur auf die Bestimmung der jeweiligen Vergütungsgruppe, sondern auch auf die dazugehörigen Fallgruppen oder Stufenregelungen der jeweiligen Lohn- oder Vergütungsgruppe (BAG, Beschluss vom 27.07.1993 - AP Nr. 101 zu § 99 BetrVG 1972; Fitting, a.a.O., § 99 Rz. 78, 91 m.w.N.). Die Festlegung der für die Mitarbeiterin L1xxxxx zutreffenden Gehaltsstaffel der Gehaltsgruppe III GTV betrifft die innerbetriebliche Lohngerechtigkeit und beeinflusst die Höhe der jeweiligen Vergütung. Dabei hat der Betriebsrat, wenn auch kein Mitgestaltungsrecht, so doch ein Mitbeurteilungsrecht (BAG, Beschluss vom 22.03.1983 - AP Nr. 6 zu § 101 BetrVG 1972; BAG, Beschluss vom 28.01.1986 - AP Nr. 32 zu § 99 BetrVG 1972; BAG, Beschluss vom 12.08.1997 - AP Nr. 14 zu § 99 BetrVG 1972 Eingruppierung; BAG, Beschluss vom 27.06.2000 - AP Nr. 23 zu § 99 BetrVG 1972 Eingruppierung; Fitting, a.a.O., § 99 Rz. 81 m.w.N.).
Der Arbeitgeber hat das Zustimmungsverfahren auch ordnungsgemäß eingeleitet. Er hat den Betriebsrat mit Schreiben vom 29.10.2001 hinreichend informiert. Das Schreiben vom 29.10.2001 enthält die für den Betriebsrat erforderlichen Informationen bezogen auf die Tätigkeit der Mitarbeiterin L1xxxxx sowie die Auffassung des Arbeitgebers, welche Gehaltsgruppe und welche Gehaltsstaffel hieraus folgt.
2. Die Zustimmung des Betriebsrates zu der beabsichtigten Eingruppierung/Einstufung der Mitarbeiterin L1xxxxx gilt auch nicht nach § 99 Abs. 3 Satz 2 BetrVG als erteilt. Es liegt eine beachtliche Zustimmungsverweigerung durch den Betriebsrat vor.
Die Zustimmungsverweigerung vom 05.11.2001 ist form- und fristgerecht erfolgt, § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG.
Der Betriebsrat hat die Zustimmungsverweigerung auch hinreichend begründet. Die Zustimmungsverweigerung hat er u.a. darauf gestützt, dass nach seiner Auffassung für die Eingruppierung/Einstufung der Mitarbeiterin L1xxxxx in die Gehaltsgruppe III GTV die in der Ausbildung befindlichen Schauwerbegestalter mit zu berücksichtigen seien, die fachliche Ausbildung in der Abteilung erfolge mindestens auch durch den Substituten/Erstgestalter. Diese Zustimmungsverweigerung lässt es als möglich erscheinen, dass einer der in § 99 Abs. 2 BetrVG abschließend aufgezählten Gründe geltend gemacht wird (BAG, Beschluss vom 26.01.1988 - AP Nr. 50 zu § 99 BetrVG 1972; BAG, Beschluss vom 27.06.2000 - AP Nr. 23 zu § 99 BetrVG 1972 Eingruppierung). Im Schreiben vom 05.11.2001 hat der Betriebsrat ausdrücklich die Widerspruchsgründe des § 99 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 4 BetrVG in Anspruch genommen. Der Zustimmungsverweigerungsgrund des § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG ist immer dann zu prüfen, wenn der Betriebsrat - wie hier - geltend macht, die vorgesehene Eingruppierung entspreche nicht den im Tarifvertrag vorgesehenen Tätigkeitsmerkmalen (BAG, Beschluss vom 01.01.1986 - AP Nr. 32 zu § 99 BetrVG 1972).
3. Die vom Arbeitgeber geplante Eingruppierung der Mitarbeiterin L1xxxxx in die Gehaltsgruppe III Gehaltsstaffel a) GTV ist jedoch tarifwidrig. Diese Einstufung entspricht nicht der tatsächlich ausgeübten Tätigkeit der Mitarbeiterin L1xxxxx.
a) Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass die Mitarbeiterin L1xxxxx in die Gehaltsgruppe III GTV einzugruppieren ist. Die Mitarbeiterin L1xxxxx ist als Substitutin/Ersteinrichterin eingestellt worden. Die Tätigkeit einer Substitutin entspricht der Gehaltsgruppe III GTV. Dies ergibt sich bereits daraus, dass die Tätigkeit eines Substituten im Gehaltstarifvertrag als Beispiel zu der Gehaltsgruppe III GTV ausdrücklich aufgeführt ist. Nimmt ein Arbeitnehmer überwiegend Tätigkeiten der in § 3 GTV genannten Richtbeispiele wahr (§ 2 Abs. 1 Satz 2 GTV), erfüllt er damit die Tätigkeitsmerkmale der entsprechenden Vergütungsgruppe. Bestimmen nämlich Tarifvertragsparteien Beispiele für typische Tätigkeiten, bringen sie damit zum Ausdruck, dass sie die abstrakten Tätigkeitsmerkmale einer Vergütungsgruppe als erfüllt ansehen, wenn diese Tätigkeit in der Vergütungsgruppe als Richtbeispiel aufgeführt ist (BAG, Urteil vom 08.02.1984 - AP Nr. 134 zu § 1 TVG Auslegung; BAG, Urteil vom 07.11.1984 - AP Nr. 6 zu 1 TVG Tarifverträge: Einzelhandel; BAG, Urteil vom 25.09.1991 - AP Nr. 7 zu § 1 TVG Tarifverträge: Großhandel; BAG, Urteil vom 29.07.1992 - AP Nr. 32 zu § 1 TVG: Einzelhandel m.w.N.).
b) Das Arbeitsgericht hat auch zu Recht erkannt, dass die Tätigkeit der Mitarbeiterin L1xxxxx nicht unter die Gehaltsstaffel a) der Gehaltsgruppe III GTV fällt.
In die Gehaltsstaffel a) der Gehaltsgruppe III GTV sind Mitarbeiter einzustufen "ohne oder mit in der Regel bis zu vier unterstellten festangestellten Vollbeschäftigten einschließlich der Auszubildenden".
Demgegenüber sind Mitarbeiter "mit in der Regel mehr als vier bis zu acht unterstellten festangestellten Vollbeschäftigten einschließlich der Auszubildenden ..." in die Gehaltsstaffel b) zu der Gehaltsgruppe III GTV einzustufen.
aa) Zu Recht und mit zutreffender Begründung ist das Arbeitsgericht in der angefochtenen Entscheidung davon ausgegangen, dass die im Bereich der Möbelausstellung eingesetzten Auszubildenden für den Beruf des Schauwerbegestalters bei der Einstufung in die Gehaltsstaffel a) oder b) mit zu berücksichtigen sind. Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des Tarifvertrages der beiden Gehaltsstaffeln a) und b) der Gehaltsgruppe III GTV. Auszubildende sind bei der Berechnung der Zahl der unterstellten Arbeitnehmer mitzurechnen.
bb) Zu Recht ist das Arbeitsgericht in dem angefochtenen Beschluss auch davon ausgegangen, dass die im Bereich der Möbelausstellung eingesetzten Auszubildenden für den Beruf des Schauwerbegestalters der Mitarbeiterin L1xxxxx unterstellt sind.
Der Begriff der "Unterstellung" bedeutet die Übertragung von Aufsichts- und Weisungsbefugnissen (BAG, Urteil vom 17.12.1980 - AP Nr. 38 zu §§ 22, 23 BAT 1975; BAG, Urteil vom 25.02.1987 - AP Nr. 16 zu § 1 TVG Tarifverträge: Einzelhandel; Decruppe/Rzaza, Tarifverträge des Einzelhandels in Nordrhein-Westfalen, Teil II, GTV, G III Rz. 6). Die Tarifvertragsparteien knüpfen damit an eine organisatorische Maßnahme des Arbeitgebers an, die nicht unmittelbar dem Arbeitnehmer gegenüber erklärt zu werden braucht, sondern sich mittelbar auch aus Arbeitsanweisungen, Geschäfts- oder Organisationsplänen ergeben kann.
Auch wenn die Mitarbeiterin L1xxxxx weder über eine Ausbildereignungsprüfung verfügt, noch ihr ausdrücklich die Funktion als Ausbildende oder Ausbilder übertragen worden ist, nimmt sie gegenüber den in ihrer Abteilung, der Möbelausstellung eingesetzten Auszubildenden für den Beruf des Schauwerbegestalters doch Aufsichts- und Weisungsbefugnisse wahr. Dies hat das Arbeitsgericht zutreffend erkannt. Der Begriff der "Unterstellung" erfordert nicht, dass der Weisungsbefugte der Ausbildende oder der Ausbilder im Sinne des § 6 BBiG ist. Dies ergibt sich bereits aus § 9 Satz 2 Nr. 3 BBiG, wonach der Auszubildende den Weisungen zu folgen hat, die ihm im Rahmen der Berufsausbildung vom Ausbildenden, vom Ausbilder oder von anderen weisungsberechtigten Personen erteilt werden. Zu diesen "anderen weisungsberechtigten Personen" im Sinne des § 9 Satz 2 Nr. 3 BBiG gehört die Mitarbeiterin L1xxxxx. Bei den "anderen weisungsberechtigten Personen" in diesem Sinne handelt es sich um solche Personen, die im Rahmen der Berufsausbildung nicht als Ausbilder eingesetzt sind, die jedoch in den einzelnen Abschnitten der Berufsausbildung bei Durchgang des Auszubildenden durch die einzelnen betrieblichen Abteilungen diesen Weisungen in Bezug auf die Ausbildung erteilen und ihn ansonsten betreuen. Hierzu gehören alle Personen, die im Rahmen der Ausbildung das Direktionsrecht ausüben können, solange der Auszubildende ihnen zugewiesen ist (Leinemann/Taubert, BBiG, 2002, § 9 Rz. 17; Natzel, BBiR, 3. Aufl., S. 215; Weber, BBiG, § 9 Anm. 4; Gedon/Spiertz, BBiR, § 9 Rz. 18; Herkert, BBiG, § 9 Rz. 8; Wohlgemuth, BBiG, 2. Aufl., § 9 Rz. 10 m.j.w.N.).
Auch wenn der Mitarbeiterin L1xxxxx eine Aufsichts- und Weisungsbefugnis in Bezug auf die in ihrer Abteilung eingesetzten Auszubildenden nicht ausdrücklich übertragen worden ist, sind diese Auszubildenden, solange sie in ihrer Abteilung tätig sind, ihr unterstellt. Dies ergibt sich aus dem eigenen Vorbringen des Arbeitgebers.
Dass die Mitarbeiterin L1xxxxx im Rahmen allgemeiner Anweisungen die Aufsichts- und Weisungsbefugnis für die ihr unterstellten vollbeschäftigten Mitarbeiter besitzt, ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Darüber hinaus besitzt sie aber auch unstreitig die Aufsichts- und Weisungsbefugnis über die in ihrer Abteilung tätigen Auszubildenden. Der Arbeitgeber hat selbst mit Schriftsatz vom 25.03.2002 vorgetragen, dass die Mitarbeiterin L1xxxxx Überwachungsfunktionen auch gegenüber den Auszubildenden - wenn auch in engem Rahmen - hat. Darüber hinaus ergibt sich aus der eigenen internen Stellenausschreibung des Arbeitgebers vom 28.08.2001 (Bl. 87 d.A.) und der vom Arbeitgeber erstellten "Funktionsbeschreibung Ersteinrichter(in)", dass die Ersteinrichterin Mitverantwortung für das Ausbildungsergebnis aller der zur Aus-, Fort- und Weiterbildung unterstellten Mitarbeiter hat. Zu Recht hat der Betriebsrat in diesem Zusammenhang auch vorgetragen, dass der arbeitstägliche Ablauf im Bereich der Möbelausstellung ohne Weisungsbefugnis der Mitarbeiterin L1xxxxx gegenüber den jeweiligen Auszubildenden auch kaum zu organisieren wäre. Es erscheint undenkbar, dass bei jeder einzelnen Arbeitsanweisung, die einem Auszubildenden im Bereich der Möbelausstellung erteilt werden müsste, die Mitarbeiterin L1xxxxx als Substitutin/Ersteinrichterin zunächst die Weisung der Ausbildenden, der Personalentwicklungsleiterin S6xxxx, des Ausbilders Degner oder gar diejenige der ihr unterstellten Erstkraft Strohschein einholen müsste. Auch wenn die Mitarbeiterin L1xxxxx nicht ständig Aufsichts- und Weisungsbefugnisse gegenüber den in ihrer Abteilung eingesetzten Auszubildenden wahrnimmt, sind diese ihr dennoch unterstellt. In welchem Umfang Aufsichts- und Weisungsbefugnisse ausgeübt werden, ist nach der Fassung der Gehaltsstaffel a) und b) zur Gehaltsgruppe III GTV nicht entscheidend.
cc) Der Mitarbeiterin L1xxxxx sind auch "in der Regel" mehr als vier Beschäftigte einschließlich der Auszubildenden unterstellt.
Bei der Auslegung des Begriffs "in der Regel" knüpfen die Tarifvertragsparteien an den entsprechenden Rechtsbegriff in zahlreichen arbeitsrechtlichen Gesetzesbestimmungen an; es ist daher auf die Zahl der normalerweise beschäftigten Arbeitnehmer abzustellen. Dabei bedarf es eines Rückblickes auf die bisherige personelle Stärke des Betriebes, aber auch einer Mitberücksichtigung der absehbaren zukünftigen Entwicklung (BAG, Urteil vom 25.02.1987 - AP Nr. 16 zu § 1 TVG Tarifverträge: Einzelhandel).
Unter den Beteiligten ist unstreitig, dass zum Zeitpunkt der Einstellung der Mitarbeiterin L1xxxxx im Oktober 2001 in der Niederlassung B1xxxxxxx acht Auszubildende für den Beruf des Schauwerbegestalters tätig waren. Derzeit sind es noch fünf Auszubildende. Angesichts des vom Arbeitgeber selbst vorgetragenen Umstandes, dass sämtliche Auszubildende innerhalb ihrer dreijährigen Ausbildungsdauer für 12 Monate im Bereich der Möbelausstellung eingesetzt werden, hat dies zur Folge, dass im Bereich der Möbelausstellung regelmäßig mindestens ein Auszubildender eingesetzt ist. Die vom Betriebsrat im Anhörungstermin vor der Beschwerdekammer überreichte Aufstellung der derzeit als Schauwerbegestalter beschäftigten Auszubildenden verdeutlicht dies. Danach ist mindestens bis zum Juni 2004, dem Ausbildungsende von drei Auszubildenden im Bereich der Möbelausstellung monatlich jeweils mindestens ein Auszubildender, wenn nicht mehrere, im Bereich der Möbelausstellung tätig. Auch für die darüber hinausgehende Zeit wird nach Neueinstellung eines Auszubildenden von insgesamt drei Auszubildenden für den Beruf des Schauwerbegestalters mindestens einer regelmäßig im Bereich der Möbelausstellung tätig sein.
III
Wegen der besonderen Bedeutung der Rechtssache, die vorliegende Entscheidung hat unter Umständen Auswirkungen auf alle Einrichtungshäuser des Arbeitgebers, hat die Beschwerdekammer die Rechtsbeschwerde zum Bundesarbeitsgericht nach den §§ 92 Abs. 1 Satz 2, 72 Abs. 2 ArbGG zugelassen.
Ende der Entscheidung
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