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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Beschluss verkündet am 18.08.2006
Aktenzeichen: 10 TaBV 13/06
Rechtsgebiete: BetrVG, ZPO


Vorschriften:

BetrVG § 77 Abs. 1
BetrVG § 77 Abs. 5
BetrVG § 77 Abs. 6
BetrVG § 87 Abs. 1
ZPO § 256
Eine Nachwirkungsvereinbarung in einer Betriebsvereinbarung ist dann tarifwidrig, wenn die Betriebsvereinbarung auf einer tariflichen Öffnungsklausel beruht, die ihrerseits nur den Abschluss von freiwilligen Betriebsvereinbarungen zulässt.
Tenor:

Die Beschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Bochum vom 19.01.2006 - 3 BV 88/05 - wird zurückgewiesen.

Gründe:

A

Die Beteiligten streiten um den Fortbestand und die Anwendung einer Betriebsvereinbarung.

Antragsteller des vorliegenden Verfahrens ist der in dem Werk B2xxxx der Arbeitgeberin gewählte Betriebsrat. Die Arbeitgeberin wendet für ihren Betrieb die Tarifverträge für die Eisen-, Metall- und Elektroindustrie in Nordrhein-Westfalen an.

Der Tarifvertrag über die analytische Arbeitsbewertung für die Eisen-, Metall- und Elektroindustrie Nordrhein-Westfalen vom 26.09.1967 lautet in Ziffer 1. wie folgt:

"Abweichend von der Lohnfindung nach der summarischen Betrachtungsweise des Lohnrahmenabkommens kann die Entlohnung auch aufgrund des nachstehenden Verfahrens der Analytischen Arbeitsbewertung erfolgen.

Die Analytische Arbeitsbewertung kann nur eingeführt werden, wenn zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat eine Betriebsvereinbarung hierüber abgeschlossen wird. Die Zustimmung von Arbeitgeber oder Betriebsrat kann nicht durch den Spruch einer Einigungsstelle ersetzt werden. Kommt es zu keiner Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat, so muß das summarische Verfahren (Lohngruppen und Zulagen) angewandt werden."

Der gegenwärtig von der Arbeitgeberin in B2xxxx geführte Betrieb wurde bis zum 31.12.1988 von der S4xxxxxx-E1xxxxxxxx-L1xxxx AG und zuvor von der G3xxxx KG betrieben.

Am 04.03.1968 schloss der damalige Betriebsrat der Firma G3xxxx KG mit der G3xxxx KG eine Betriebsvereinbarung, wonach unter Bezugnahme auf den Tarifvertrag über die analytische Arbeitsbewertung vom 26.09.1967 mit Wirkung zum 01.04.1968 im Werk B2xxxx die analytische Arbeitsbewertung (AAB) eingeführt wurde (Bl. 6 ff.d.A.). Ziffer 6. der Betriebsvereinbarung vom 04.03.1968 lautet wie folgt:

"Diese Betriebsvereinbarung kann mit einer Frist von drei Monaten zum Quartalsende, erstmals jedoch zum 30.09.1968 gekündigt werden. Die Lohntafeln gelten jeweils nur für die Laufzeit der zwischen den Tarifvertragspartnern abgeschlossenen Lohntarifverträge.

Im Falle der Kündigung wirkt die Betriebsvereinbarung bis zum Abschluß einer anderweitigen Regelung fort."

Am 24.03.1998 wurde zwischen der Arbeitgeberin und dem Betriebsrat der N1xxx M3xxxx P1xxxx Produktionsgesellschaft GmbH eine "Betriebsvereinbarung Entgelt" abgeschlossen (Bl. 43 ff.d.A.), welche unter der Überschrift "Eingruppierung" die Regelung enthält: "Bis auf weiteres wird noch die Analytik angewandt."

Am 24.02.2001 schloss die jetzige Arbeitgeberin eine Gesamtbetriebsvereinbarung zur Ablösung alter (Gesamt-) Betriebsvereinbarungen ab (Bl. 28 ff. d.A.). Diese Gesamtbetriebsvereinbarung vom 24.02.2001 diente der Neuregelung der aus dem Betriebsübergang von der S4xxxxxx-E1xxxxxxxx-L1xxxx AG zur Arbeitgeberin im Jahre 1988 übergegangenen kollektiven individuellen Ansprüche der betroffenen Beschäftigten aus deren Arbeitsverhältnissen. In dieser Gesamtbetriebsvereinbarung sind sämtliche derzeit weiterbestehenden Regelungen sowie sämtliche abgelösten Betriebsvereinbarungen und sonstigen Regelungen enumerativ aufgezählt. Die Betriebsvereinbarung vom 04.03.1968 befindet sich nicht darunter.

Am 23.12.2005 schlossen die Betriebsparteien eine weitere Betriebsvereinbarung ab, in der sie im Hinblick auf die zwischen ihnen streitige Nachwirkung BV Entgelt vom 24.03.1998 deren befristete Weitergeltung bis zum 30.06.2006 vereinbarten. Die Nachwirkung der BV Entgelt vom 24.03.1998 ist inzwischen Gegenstand eines weiteren arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahrens. Eine rechtskräftige Entscheidung hierüber liegt noch nicht vor.

Mit Schreiben vom 26.09.2005 (Bl. 9 d.A.) teilte die Arbeitgeberin im Hinblick auf die Neueinführung des Entgeltrahmentarifvertrages - ERA - dem Betriebsrat folgendes mit:

"vorsorglich kündigen wir alle bestehenden Betriebsvereinbarungen, Regelungsabsprachen und vereinbarte Verfahrensweisen mit dem Betriebsrat zum Thema Analytik bzw. analytische Arbeitsplatzbewertung.

Da uns die entsprechenden Unterlagen nicht mehr vorliegen richten wir uns nach der im BetrVG angegebenen Kündigungsfrist von drei Monaten."

Der Betriebsrat vertrat daraufhin die Ansicht, dass die Kündigung vom 26.09.2005 unwirksam sei und insbesondere die Betriebsvereinbarung vom 04.03.1968 Nachwirkung entfalte. Dieser Rechtsauffassung widersprach die Arbeitgeberin.

Daraufhin leitete der Betriebsrat am 12.12.2005 das vorliegende Beschlussverfahren beim Arbeitsgericht ein.

Der Betriebsrat hat die Auffassung vertreten, die Kündigung vom 26.09.2005 sei insbesondere mangels Bestimmtheit unwirksam und erfasse die Betriebsvereinbarung vom 04.03.1968 nicht. Dem Kündigungsschreiben könne nicht einmal genau entnommen werden, welche Betriebsvereinbarungen gekündigt werden sollten und ob es sich um Teilkündigungen handele. Auch sei nicht erkennbar, welche Rechtsfolgen die Kündigung habe.

Aufgrund der ausdrücklichen Nachwirkungsvereinbarung enthalte die Betriebsvereinbarung vom 04.03.1968 Nachwirkung. Diese Nachwirkungsvereinbarung in Ziffer 6. der Betriebsvereinbarung vom 04.03.1968 sei nicht tarifwidrig. Insbesondere stehe Ziffer 1. des Tarifvertrages über die analytische Arbeitsbewertung vom 26.09.1967 einer Nachwirkung der Betriebsvereinbarung vom 04.03.1968 nicht entgegen. Ziffer 1. des Tarifvertrages über die analytische Arbeitsbewertung gelte nur für das Zustandekommen einer Betriebsvereinbarung. Eine Regelung für Rechtswirkungen nach einer Kündigung lasse sich daraus nicht ableiten. Auch für freiwillige Betriebsvereinbarungen könne eine Nachwirkung vereinbart werden.

Die Betriebsvereinbarung vom 04.03.1968 sei auch nicht zuvor durch die Betriebsvereinbarung Entgelt vom 24.03.1998 oder durch die Gesamtbetriebsvereinbarung vom 24.02.2001 abgelöst worden. Der Geltungsbereich der genannten Betriebsvereinbarungen sei unter-schiedlich, die Betriebsvereinbarung Entgelt beträfe sämtliche Tarifangestellten, die Betriebsvereinbarung vom 04.03.1968 lediglich die dort genannten gewerblichen Arbeitnehmer. Darüber hinaus sei der Gesamtbetriebsrat nach § 50 Abs. 1 BetrVG zur Ablösung der Betriebsvereinbarung vom 04.03.1968 gar nicht zuständig gewesen, weil es sich bei dieser Betriebsvereinbarung um eine örtliche Betriebsvereinbarung für das Werk B2xxxx gehandelt habe.

Die Betriebsvereinbarung vom 04.03.1968 sei der Arbeitgeberin auch bekannt gewesen, sie sei auch in den letzten Jahren gelebt worden. Die letzten gültigen Arbeitsplatzbewertungen seien in den Monaten Mai bzw. August 2001 durchgeführt worden. Dies ergebe sich aus der von der Arbeitgeberin selbst vorgelegten "Übersicht Arbeitsplatzbeispiele" (Bl. 49 d.A.), in der die zuletzt vorgenommenen Arbeitsplatzbewertungen geändert seien.

Die von der Arbeitgeberin ausgesprochene Kündigung diene lediglich dazu, ohne Rücksicht auf bisher geschlossene Vereinbarungen, die analytischen Arbeitsplatzbewertungen zu beenden und zum summarischen Verfahren übergehen zu können, mit der Absicht, bessere "Startvoraussetzungen" bei der bevorstehenden Einführung von ERA zu haben.

Der Betriebsrat hat beantragt,

festzustellen, dass die Kündigung der Betriebsvereinbarung "Analytische Arbeitsbewertung (AAB)" vom 04.03.1968 im Schreiben der Antragsgegnerin vom 26.09.2005 unwirksam ist,

hilfsweise

anzuordnen, dass die Antragsgegnerin die Betriebsvereinbarung "Analytische Arbeitsbewertung (AAB)" vom 04.03.1968 über den 31.12.2005 hinaus durchzuführen hat, solange diese Betriebsvereinbarung durch keine andere Abmachung ersetzt worden ist.

Die Arbeitgeberin hat beantragt,

die Anträge abzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, die Betriebsvereinbarung Analytik vom 04.03.1968 sei zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung vom 26.09.2005 bereits nicht mehr in Kraft gewesen. Sie sei zuvor bereits abgelöst worden. Dies ergebe sich mindestens daraus, dass in der Gesamtbetriebsvereinbarung vom 24.02.2001 die Betriebsvereinbarung vom 04.03.1998 nicht in der Liste der aufrechterhaltenen Betriebsvereinbarungen aufgeführt sei. Diese Betriebsvereinbarung sei der Arbeitgeberin auch nicht bekannt gewesen, sie sei auch nicht mehr gelebt worden. Sie habe keinen Regelungsgehalt mehr gehabt, weil sie sich auf die Einführung einer analytischen Arbeitsplatzbewertung beschränkt habe. Spätestens durch die Betriebsvereinbarung Entgelt vom 24.03.1998, aufgrund derer im Betrieb der Arbeitgeberin die analytische Arbeitsbewertung durchgeführt worden sei, sei die Betriebsvereinbarung vom 04.03.1998 abgelöst worden. Bei der Arbeitgeberin bestehe beispielsweise auch keine große Kommission für die analytische Arbeitsbewertung der SEL, wie sie Ziffer 4. der Betriebsvereinbarung vom 04.03.1998 vorsehe. Auch die in Ziffer 5. der Betriebsvereinbarung vom 04.03.1968 erwähnte Lohntafel sei seit langer Zeit überholt. Die Kündigung vom 26.09.2005 sei lediglich vorsorglich erfolgt. Sie sei auch hinreichend bestimmt. Die Arbeitgeberin habe mit der Kündigung alle bestehenden Vereinbarungen zum Thema analytische Arbeitsbewertungen kündigen wollen, weil sie seinerzeit befürchtet habe, dass neben der Betriebsvereinbarung Entgelt vom 24.03.1998 weitere alte Vereinbarungen zur analytischen Arbeitsbewertung bestehen könnten. Für den Betriebsrat sei auch klar und bestimmbar gewesen, welche Vereinbarungen von der Kündigung erfasst sein sollten. Hätte die Arbeitgeberin die Betriebsvereinbarung vom 04.03.1968 zum Zeitpunkt der Kündigung gekannt, wäre sie ausdrücklich gekündigt worden. Die Betriebsvereinbarung Analytik vom 04.03.1968 sei der Arbeitgeberin vom Betriebsrat aber erst nach Ausspruch der Kündigung vom 26.09.2005 vorgelegt worden. Die Betriebsvereinbarung vom 04.03.1968 entfalte auch keine Nachwirkung. Ziffer 6. dieser Betriebsvereinbarung sei im Hinblick auf die tarifliche Regelung in Ziffer 1. des Tarifvertrages über die analytische Arbeitsbewertung vom 26.09.1967 unwirksam. Gerade weil Ziffer 1 des Tarifvertrages ausdrücklich bestimme, dass die fehlende Übereinstimmung zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber nicht durch einen Einigungsstellenspruch ersetzt werden könne, sei eine Nachwirkungsvereinbarung nicht möglich.

Durch Beschluss vom 19.01.2006 hat das Arbeitsgericht die Anträge des Betriebsrates abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Kündigung der Arbeitgeberin vom 26.09.2005 sei hinreichend bestimmt und erfasse auch die Betriebsvereinbarung vom 04.03.1968. Die Nachwirkungsvereinbarung in Ziffer 6. der Betriebsvereinbarung sei unwirksam. Zwar könne grundsätzlich auch für freiwillige Betriebsvereinbarungen eine Nachwirkungsvereinbarung abgeschlossen werden. Durch die Nachwirkungsvereinbarung in Ziffer 6. der Betriebsvereinbarung vom 04.03.1968 sei aber die Öffnungsklausel der Ziffer 1. des Tarifvertrages überschritten, eine Zustimmung der Arbeitgeberin liege nämlich nach Ablauf der Kündigungsfrist nicht mehr vor mit der Folge, dass eine freiwillig vereinbarte Nachwirkung die durch den Betriebsparteien eingeräumte Regelungskompetenz die Grenzen der tariflichen Öffnungsklausel überschreiten würde.

Gegen den dem Betriebsrat am 08.02.2006 zugestellten Beschluss, auf dessen Gründe ergänzend Bezug genommen wird, hat der Betriebsrat am 10.02.2006 Beschwerde zum Landesarbeitsgericht eingelegt und diese mit dem am 14.03.2006 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet.

Der Betriebsrat hält die Kündigung der Arbeitgeberin vom 26.09.2005 nach wie vor für zu unbestimmt. Entscheidend sei nicht, ob der Betriebsrat die fragliche Betriebsvereinbarung vom 04.03.1968 als Kündigungsgegenstand habe identifizieren können, maßgeblich sei vielmehr die objektive Unklarheit des Kündigungsschreibens. Der angefochtene Beschluss übersehe, dass sich gerade aus dem Zusammenhang zwischen Betriebsvereinbarung und weiteren Absprachen sowohl Rechte der Arbeitnehmer wie des Betriebsrates ergeben können, deren künftiges Schicksal objektiv unklar sei.

Zu Unrecht sei das Arbeitsgericht in dem angefochtenen Beschluss auch davon ausgegangen, dass die Nachwirkungsvereinbarung in Ziffer 6. der Betriebsvereinbarung vom 04.03.1968 unwirksam sei. Dabei sei übersehen worden, dass die Regelung in Ziffer 1. des Tarifvertrages über die analytische Arbeitsbewertung vom 26.09.1967 lediglich die Einführung der analytischen Arbeitsbewertung betreffe und nur insoweit ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates ausgeschlossen sei. Die tarifliche Regelung verhalte sich lediglich darüber, auf welche Weise eine Betriebsvereinbarung zustande gebracht werden könne. Keine Regelung enthalte der Tarifvertrag für die Beseitigung einer einmal zustande gekommenen Betriebsvereinbarung. Insoweit handele es sich um eine freiwillige Betriebsvereinbarung, für die auch das Bundesarbeitsgericht die Zulässigkeit einer Nachwirkungsvereinbarung bejaht habe. Der Tarifvertrag vom 26.09.1967 entfalte eine Sperrwirkung nur, soweit es um die Einführung der analytischen Arbeitsbewertung durch Betriebsvereinbarung gehe. Er verbiete nicht, dass Arbeitgeber und Betriebsrat sich einvernehmlich über die Nachwirkung einer derartigen Betriebsvereinbarung einigten. Der Tarifvertrag ordne lediglich an, dass die Herbeiführung der analytischen Arbeitsbewertung nicht erzwungen werden könne. Komme sie aber einmal zustande, handele es sich um eine im Rahmen des erzwingbaren Mitbestimmungsrechts zustande gekommene Betriebsvereinbarung. Die vereinbarte Nachwirkung führe auch nicht dazu, dass der Arbeitgeber auf Dauer an die Vereinbarung gebunden wäre.

Die Betriebsvereinbarung vom 04.03.1968 sei auch nicht zuvor durch die Gesamtbetriebsvereinbarung vom 24.02.2001 ersetzt worden. Diese Gesamtbetriebsvereinbarung umfasse die vorliegend streitige Betriebsvereinbarung vom 04.03.1968 gerade nicht. Darüber hinaus sei der Gesamtbetriebsrat für die Ablösung der örtlichen Betriebsvereinbarung vom 04.03.1968 gar nicht zuständig gewesen.

Der Betriebsrat beantragt,

den Beschluss des Arbeitsgerichts Bochum vom 19.01.2006 - 3 BV 88/05 - abzuändern und festzustellen, dass die Betriebsvereinbarung "Analytische Arbeitsplatzbewertung" vom 04.03.1968 über den 31.12.2005 hinaus fortgilt,

hilfsweise

in Abänderung des angefochtenen Beschlusses anzuordnen, dass die Arbeitgeberin die Betriebsvereinbarung "Analytische Arbeitsplatzbewertung (AAB)" vom 04.03.1968 über den 31.12.2005 hinaus durchzuführen hat, solange diese Betriebsvereinbarung durch keine andere Abmachung ersetzt worden ist.

Die Arbeitgeberin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie verteidigt den angefochtenen Beschluss und meint, die Kündigung vom 26.09.2005 sei formell wirksam gewesen, insbesondere sei sie hinreichend bestimmt. Der Betriebsrat als Empfänger der Kündigung habe ohne Weiteres erkennen können, welche Betriebsvereinbarungen gekündigt werden sollten.

Der Betriebsvereinbarung vom 04.03.1968 komme auch keine Nachwirkung zu. Auch dies habe das Arbeitsgericht rechtsfehlerfrei in dem angefochtenen Beschluss ausgeführt. Bei der Betriebsvereinbarung vom 04.03.1968 handele es sich um eine freiwillige Betriebsvereinbarung. Dies ergebe sich aus Ziffer 1. des Tarifvertrages über die analytische Arbeitsbewertung vom 26.09.1967. Nur die dort enthaltene Öffnungsklausel lasse den Abschluss einer Betriebsvereinbarung zu. Unzutreffend sei auch die Auffassung des Betriebsrates, die Öffnungsklausel gelte lediglich hinsichtlich des Zustandekommens einer solcher Betriebsvereinbarung, nicht jedoch hinsichtlich der Beendigung, Änderung oder Ersetzung einer solchen Betriebsvereinbarung. In Ziffer 1. des Tarifvertrages sei nämlich ausdrücklich vorgesehen, dass die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat nicht durch den Spruch einer Einigungsstelle ersetzt werden könne. Dies gelte auch für die Rückkehr zum summarischen Verfahren sowie für Änderungen hinsichtlich einer einmal getroffenen Vereinbarung der analytischen Arbeitsbewertung. Insoweit liege kein Fall der erzwingbaren Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG vor. Hieraus ergebe sich auch, dass die Nachwirkung der Betriebsvereinbarung vom 04.03.1968 nicht wirksam sei. Die Öffnungsklausel in Ziffer 1. des Tarifvertrages gestatte lediglich eine freiwillige Betriebsvereinbarung und eine Betriebsvereinbarung ohne Nachwirkung. Ein Einigungsstellenverfahren über die analytische Arbeitsbewertung sei tariflich ausgeschlossen.

Darüber hinaus ist die Arbeitgeberin der Auffassung, dass die Betriebsvereinbarung vom 04.03.1968 ohnehin bereits durch die Betriebsvereinbarung Entgelt vom 24.03.1998 bzw. spätestens durch die Gesamtbetriebsvereinbarung vom 24.02.2001 wirksam abgelöst worden sei.

Im Übrigen wird auf den weiteren Inhalt der von den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen ergänzend Bezug genommen.

B

Die zulässige Beschwerde des Betriebsrates ist unbegründet.

I.

1. Der Betriebsrat hat seine Anträge zutreffend im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren nach den §§ 2 a, 80 Abs. 1 ArbGG geltend gemacht. Zwischen den Beteiligten ist eine betriebsverfassungsrechtliche Angelegenheit streitig, nämlich die Nachwirkung einer vom Arbeitgeber gekündigten Betriebsvereinbarung nach § 77 Abs. 6 BetrVG.

2. Die Antragsbefugnis des Betriebsrates und die Beteiligung der betroffenen Arbeitgeberin ergeben sich aus den §§ 10, 83 Abs. 3 ArbGG.

Dem Betriebsrat fehlt nicht die erforderliche Antragsbefugnis. Ein Anspruch auf Anwendung oder Durchführung einer Betriebsvereinbarung kann sich nämlich als eigener Anspruch des Betriebsrats aus § 77 Abs. 1 Satz 1 BetrVG oder aus der betreffenden Betriebsvereinbarung selbst ergeben (zuletzt: BAG, Beschluss vom 18.09.2002 - AP BetrVG 1972 § 77 Betriebsvereinbarung Nr. 7; BAG, Beschluss vom 18.01.2005 - AP BetrVG 1972 § 77 Betriebsvereinbarung Nr. 24).

3. Ob der vom Betriebsrat in der Beschwerdeinstanz als Hauptantrag verfolgte Feststellungsantrag zulässig ist, hat die Beschwerdekammer letztlich offen gelassen.

Zwar hat ein Betriebsrat für die vorliegend begehrte Feststellung grundsätzlich ein Feststellungsinteresse nach § 256 Abs. 1 ZPO, der im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren entsprechend anzuwenden ist. Für einen Betriebsrat besteht ein rechtlich geschütztes Interesse daran, das Bestehen oder Nichtbestehen von Betriebsvereinbarungen nach § 77 BetrVG, also betriebsverfassungsrechtliche Rechtsverhältnisse, klären zu lassen. Das ergibt sich schon aus der Tragweite der Betriebsvereinbarungen als normativen Regelungen, die Arbeitsverhältnisse aller von ihr erfassten Arbeitnehmer der Belegschaft einwirken (BAG, Beschluss vom 17.08.1999 - AP BetrVG 1972 § 77 Nr. 79). Das besondere Feststellungsinteresse nach § 256 Abs. 1 ZPO kann aber fehlen, wenn zugleich die Verpflichtung des Arbeitgebers begehrt wird, die Betriebsvereinbarungen weiter anzuwenden (BAG, Beschluss vom 18.09.2002 - AP BetrVG 1972 § 77 Betriebsvereinbarung Nr. 7). Im Rahmen der Entscheidung über den vorliegend gestellten Leistungsantrag wäre nämlich auch über die begehrte Feststellung als Vorfrage zu befinden.

Die Frage des erforderlichen Feststellungsinteresses nach § 256 ZPO konnte vorliegend jedoch offen bleiben, weil die Anträge des Betriebsrates in jedem Fall insgesamt unbegründet sind. Das Feststellungsinteresse nach § 256 Abs. 1 ZPO ist nur für ein stattgebendes Urteil bzw. für einen stattgebenden Beschluss echte Prozessvoraussetzung. Für die Abweisung einer Feststellungsklage ist ein Feststellungsinteresse jedenfalls dann nicht erforderlich, wenn auch die in Betracht kommende Leistungsklage abzuweisen wäre (BGH, Urteil vom 14.03.1978 - NJW 1978, 2031; BAG, Urteil vom 05.12.2001 - NZA 2002, 528; BAG, Urteil vom 12.02.2003 - AP BGB § 613 a Nr. 243; BAG, Urteil vom 21.06.2005 - DB 2006, 400; LAG Hamm, Urteil vom 19.08.2002 - NZA-RR 2003, 525 m.w.N.). Für das Beschlussverfahren gilt nichts anderes.

II.

Sowohl der Feststellungsantrag des Betriebsrates wie auch der gestellte Leistungsantrag sind unbegründet. Dies hat das Arbeitsgericht in dem angefochtenen Beschluss zutreffend erkannt.

Die Betriebsvereinbarung "Analytische Arbeitsplatzbewertung" vom 04.03.1968 gilt nicht über den 31.12.2005 hinaus fort. Die Arbeitgeberin ist auch nicht verpflichtet, diese Betriebsvereinbarung über den 31.12.2005 hinaus anzuwenden und durchzuführen.

1. In der Rechtsprechung der Arbeitsgerichte ist anerkannt, dass dem Betriebsrat ein eigener Anspruch auf Durchführung von abgeschlossenen Betriebsvereinbarungen zusteht. Nach § 77 Abs. 1 Satz 1 BetrVG führt der Arbeitgeber Vereinbarungen zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber durch. Diese Vorschrift verpflichtet den Arbeitgeber gegenüber dem Betriebsrat, solche Vereinbarungen ihrem Inhalt entsprechend im Betrieb anzuwenden. Ob sich dieser Durchführungsanspruch des Betriebsrates unmittelbar aus § 77 Abs. 1 Satz 1 BetrVG ergibt oder ob er seinen Grund in der Betriebsvereinbarung selbst hat, kann dabei offen bleiben. § 77 Abs. 1 Satz 1 BetrVG erstreckt die Durchführungspflicht des Arbeitgebers selbst auf Sprüche der Einigungsstelle. Der Betriebsrat kann insoweit auch die Durchführung eines Teiles der Vereinbarung verlangen, solange er nicht durch die Betriebsvereinbarung begründete individualrechtliche Ansprüche der einzelnen Arbeitnehmer im eigenen Namen geltend macht (BAG, Beschluss vom 24.02.1987 - AP BetrVG 1972 § 77 Nr. 21; BAG, Beschluss vom 28.09.1988 - AP BetrVG 1972 § 87 Arbeitszeit Nr. 29; BAG, Beschluss vom 23.06.1992 - AP BetrVG 1972 § 23 Nr. 20; BAG, Beschluss vom 21.08.2002 - AP BetrAVG § 1 Betriebsvereinbarung Nr. 8; BAG, Beschluss vom 29.04.2004 - AP BetrVG 1972 § 77 Durchführung Nr. 3; BAG, Beschluss vom 18.01.2005 - AP BetrVG 1972 § 77 Betriebsvereinbarung Nr. 24; Fitting/Engels/Schmidt/Trebinger/Linsenmaier, BetrVG, 23. Aufl., § 77 Rz. 227; Kreutz, GK-BetrVG, 8. Aufl., § 77 Rz. 24 f.; ErfK/Kania, 6. Aufl., § 77 BetrVG Rz. 152 m.w.N.).

2. Einen Anspruch auf Anwendung und Durchführung der Betriebsvereinbarung vom 04.03.1968 über den 31.12.2005 hinaus besteht jedoch deshalb nicht, weil diese Betriebsvereinbarung wirksam gekündigt worden ist und sie keine Nachwirkung über den Kündigungstermin hinaus entfaltet.

a) Die Betriebsvereinbarung vom 04.03.1968 ist von der Arbeitgeberin wirksam mit Schreiben vom 26.09.2005 zum 31.12.2005 gekündigt worden.

Nach § 77 Abs. 5 BetrVG können Betriebsvereinbarungen, soweit nichts anderes vereinbart ist, mit einer Frist von drei Monaten gekündigt werden. Die Betriebsvereinbarung vom 04.03.1968 enthält ebenfalls eine Kündigungsfrist von drei Monaten zum Quartalsende. Diese Frist ist eingehalten.

Die Ausübung des Kündigungsrechts bedarf auch keiner Rechtfertigung und unterliegt keiner inhaltlichen Kontrolle. Insbesondere bedarf die Kündigung keines sachlichen Grundes (BAG, Urteil vom 26.10.1993 - AP BetrVG 1972 § 77 Nachwirkung Nr. 6; BAG, Beschluss vom 17.08.1999 - AP BetrVG 1972 § 77 Nr. 79; BAG, Urteil vom 18.11.2003 - AP BetrVG 1972 § 77 Nachwirkung Nr. 15; Fitting, a.a.O., § 77 Rz. 145; Kreutz, a.a.O., § 77 Rz. 359; ErfK/Kania, a.a.O., § 77 Rz. 100 m.w.N.). Dies gilt auch bei sogenannten freiwilligen Betriebsvereinbarungen.

Die von der Arbeitgeberin mit Schreiben vom 26.09.2005 ausgesprochene Kündigung ist auch hinreichend bestimmt, auch wenn sie die Betriebsvereinbarung vom 04.03.1968 nicht ausdrücklich bezeichnet.

Die Kündigung einer Betriebsvereinbarung bedarf zwar keiner bestimmten Form (BAG, Urteil vom 09.12.1997 - AP BetrVG 1972 § 77 Tarifvorbehalt Nr. 11), sie muss aber hinreichend klar sein (BAG, Beschluss vom 15.02.1957 - AP BetrVG § 56 Nr. 3; BAG, Urteil vom 08.02.1963 - AP BetrVG § 56 Akkord Nr. 4; Kreutz, a.a.O., § 77 Rz. 368; Däubler/Kittner/Klebe/Berg, BetrVG, 10. Aufl., § 77 Rz. 53 m.w.N.).

Der Kündigungserklärung der Arbeitgeberin im Kündigungsschreiben vom 26.09.2005 mangelt es nicht an der hinreichenden Klarheit und Bestimmtheit. Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des Kündigungsschreibens vom 26.09.2005. Mit Schreiben vom 26.09.2005 hat die Arbeitgeberin ausdrücklich "alle" bestehenden Betriebsvereinbarungen etc. zum Thema Analytik bzw. analytische Arbeitsplatzbewertung gekündigt und dies darüber hinaus durch Fettdruck hervorgehoben. Aus dem Kündigungsschreiben vom 26.09.2005 ist deutlich und unmissverständlich erkennbar, welche Absicht die Arbeitgeberin mit dem Kündigungsschreiben verfolgt. Zu Recht weist das Arbeitsgericht in dem angefochtenen Beschluss darauf hin, dass der Betriebsrat als Erklärungsempfänger problemlos erkennen konnte, dass sämtliche zum Thema Analytik und analytische Arbeitsplatzbewertung bestehenden Betriebsvereinbarungen und sonstigen Regelungen Gegenstand der Kündigungserklärung sein sollten. Insoweit war die genaue Bezeichnung der gekündigten Betriebsvereinbarung, auch derjenigen vom 04.03.1968, entbehrlich. Sinn und Zweck des Kündigungsschreibens vom 26.09.2005 war es gerade, sämtliche Betriebsvereinbarungen und darüber hinausgehende Regelungen und vereinbarte Verfahrensweisen zum Thema Analytik bzw. analytische Arbeitsplatzbewertung in jedem Fall zu beenden. Damit war auch die Betriebsvereinbarung vom 04.03.1968, die der Arbeitgeberin nach ihrem Vorbringen zum Zeitpunkt der Kündigung vom 26.09.2005 nicht bekannt gewesen war, vom Kündigungsschreiben erfasst. Auch der Betriebsrat als Kündigungsempfänger konnte das Kündigungsschreiben der Arbeitgeberin vom 26.09.2005 nicht anders verstehen.

b) Die Betriebsvereinbarung vom 04.03.1968 gilt aufgrund der eingehaltenen Kündigungsfrist nicht über den 31.12.2005 hinaus fort, sie wirkt auch nicht bis zum Abschluss einer anderweitigen Abmachung nach § 77 Abs. 6 BetrVG nach. Die in Ziffer 6 der Betriebsvereinbarung vom 04.03.1968 enthaltene Nachwirkungsvereinbarung ist unwirksam.

aa) Nachwirkung ist in § 77 Abs. 6 BetrVG nur für Betriebsvereinbarungen über Gegenstände der erzwingbaren Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 BetrVG angeordnet. Insbesondere bei freiwilligen Betriebsvereinbarungen sieht das Gesetz keine Nachwirkung vor. Der Arbeitgeber kann mit Mitteln des Betriebsverfassungsrechts nicht gezwungen werden, eine freiwillige Leistung länger zu erbringen, als er aufgrund der in der Betriebsvereinbarung selbst eingegangenen Bindung verpflichtet ist. Fällt die Leistungsverpflichtung des Arbeitgebers infolge der Kündigung einer freiwilligen Betriebsvereinbarung weg, ist für eine Mitbestimmung kein Raum mehr. Eine Nachwirkung der Betriebsvereinbarung scheidet dann aus (BAG, Beschluss vom 21.08.1990 - AP BetrVG 1972 § 77 Nachwirkung Nr. 5; BAG, Urteil vom 26.10.1993 - AP BetrVG 1972 § 77 Nachwirkung Nr. 6; BAG; BAG, Urteil vom 14.08.2001 - AP BetrVG 1972 § 77 Nr. 85; BAG, Urteil vom 18.09.2001 - AP BetrAVG § 1 Ablösung Nr. 34; BAG, Urteil vom 18.11.2003 - AP BetrVG 1972 § 77 Nachwirkung Nr. 15; Fitting, a.a.O., § 77 Rz. 186, 189 ff.; Kreutz, a.a.O., § 77 Rz. 403; DKK/Berg, a.a.O., § 77 Rz. 59; ErfK/Kania, a.a.O., § 77 Rz. 109). Eine Nachwirkung im Sinne des § 77 Abs. 6 BetrVG ist auch im vorliegenden Fall ausgeschlossen, weil es sich bei der Betriebsvereinbarung vom 04.03.1968 um eine freiwillige Betriebsvereinbarung handelt. Dies ergibt sich aufgrund einer Auslegung von Ziffer 1. des Tarifvertrages vom 26.09.1967. Nach Ziffer 1. dieses Tarifvertrages kann nämlich die Einführung der analytischen Arbeitsbewertung nicht durch den Spruch einer Einigungsstelle ersetzt werden. Ziffer 1. des Tarifvertrages bestimmt ausdrücklich, dass es für den Fall, dass es zu keiner Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat kommt, das summarische Verfahren (Lohngruppen und Zulagen) angewandt werden muss.

Ziffer 1. des Tarifvertrages vom 26.09.1967 bezieht sich entgegen der Rechtsauffassung des Betriebsrates auch nicht nur auf die "Einführung" der analytischen Arbeitsbewertung durch Betriebsvereinbarung. Ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats entfällt auch für die "Rückführung" der analytischen Arbeitsbewertung in das summarische Verfahren, weil die tarifliche Regelung dem entgegensteht. Die Tarifpartner haben die Öffnung des Tarifwerks für die Mitbestimmung des Betriebsrats im Bereich der Lohnfindung allein für den Übergang von einem summarischen Verfahren zum anderen (§ 2 Ziff. 6 LRA) und für die Einführung und den direkten Übergang von einer analytischen Arbeitsbewertungsmethode zur anderen vorgesehen (Ziff. 1, 10 TV). Wird eine Betriebsvereinbarung über die Einführung der analytischen Arbeitsbewertung wirksam gekündigt, ist es daher nicht Aufgabe der Betriebspartner, mittels einer Betriebsvereinbarung das summarische Verfahren wieder einzuführen. Weder das Lohnrahmenabkommen noch der Tarifvertrag enthalten insoweit eine Öffnungsklausel. Nach dem Ende einer Betriebsvereinbarung über die analytische Arbeitsbewertung gilt vielmehr wieder "automatisch" das summarische Verfahren nach § 2 LRA (BAG, Beschluss vom 12.08.1982 - AP BetrVG 1972 § 77 Nr. 5).

bb) Die Fortgeltung der Betriebsvereinbarung vom 04.03.1968 bis zum Abschluss einer anderweitigen Regelung ergibt sich auch nicht aus der in Ziffer 6. der Betriebsvereinbarung getroffenen Nachwirkungsvereinbarung. Diese Nachwirkungsvereinbarung ist tarifwidrig und damit unwirksam.

Richtig ist zwar, dass die Betriebspartner auch bei freiwilligen Betriebsvereinbarungen eine Nachwirkung aller oder eines Teiles ihrer Normen vereinbaren können (BAG, Beschluss vom 28.04.1998 - AP BetrVG 1972 § 77 Nachwirkung Nr. 11; Fitting, a.a.O., § 77 Rz. 187; Kreutz, a.a.O., § 77 Rz. 410; ErfK/Kania, a.a.O., § 77 BetrVG Rz. 109; DKK/Berg, a.a.O., § 77 Rz. 59; Richardi, BetrVG, 10. Aufl., § 77 Rz. 172 m.w.N.).

Dies ist aber, wie bereits das Arbeitsgericht zutreffend erkannt hat, dann nicht möglich, wenn Betriebsvereinbarungen auf einer tariflichen Öffnungsklausel beruhen, die ihrerseits nur den Abschluss von freiwilligen Betriebsvereinbarungen zulässt (Fitting, a.a.O., § 77 Rz. 187; Kort, NZA 2001, 477, 479).

Ziffer 1. des Tarifvertrages vom 26.09.1977 bestimmt ausdrücklich, dass abweichend von der Lohnfindung nach der summarischen Betrachtungsweise des Lohnrahmenabkommens die analytische Arbeitsbewertung nur eingeführt werden kann, wenn zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat eine - freiwillige - Betriebsvereinbarung hierüber abgeschlossen wird. Darüber hinaus ist ausdrücklich tariflich festgelegt worden, welche Regelungen im Falle der Nichteinigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat zur Geltung kommen sollen. In Ziffer 1. des Tarifvertrages ist ein Einigungsstellenverfahren ausdrücklich ausgeschlossen. Gerade hieraus ergibt sich nach Auffassung der Beschwerdekammer, dass damit auch die Vereinbarung einer Nachwirkung ausgeschlossen sein soll. Wird auch bei freiwilligen Betriebsvereinbarungen die Vereinbarung einer Nachwirkung grundsätzlich zugelassen, ist die Betriebsvereinbarung dahin auszulegen, dass die Einigungsstelle bei Scheitern der Verhandlungen über eine Neuregelung einseitig angerufen und verbindlich entscheiden kann (BAG, Beschluss vom 28.04.1998 - a.a.O.). Eine derartige ergänzende Auslegung der Betriebsvereinbarung vom 04.03.1968 ist aber nicht möglich, weil die Tarifvertragsparteien in Ziffer 1. des Tarifvertrages vom 26.09.1967 die Anrufung der Einigungsstelle gerade ausgeschlossen haben. Eine unbegrenzte Nachwirkung, wie sie Ziffer 6. der Betriebsvereinbarung vom 04.03.1968 vorsieht, würde u.U. ein Einigungsstellenverfahren notwendig machen und damit Ziffer 1. des Tarifvertrages vom 26.09.1967 widersprechen. Da nach Ablauf der Kündigungsfrist zum 31.12.2005 die Zustimmung der Arbeitgeberin zur Einführung und Anwendung der analytischen Arbeitsbewertung nicht mehr vorgelegen hat, überschreitet die in Ziffer 6 der Betriebsvereinbarung vom 04.03.1968 enthaltene Nachwirkungsvereinbarung die Grenzen der tariflichen Öffnungsklausel.

3. Da eine Fortgeltung der Betriebsvereinbarung vom 04.03.1968 über den 31.12.2005 hinaus nicht in Betracht kam, konnte offen bleiben, ob die Betriebsvereinbarung vom 04.03.1968 bereits zuvor durch die Betriebsvereinbarung Entgelt vom 24.03.1998 oder durch die Gesamtbetriebsvereinbarung vom 24.02.2001 abgelöst worden ist.

III.

Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der vorliegenden Rechtssache hat die Beschwerdekammer die Rechtsbeschwerde zum Bundesarbeitsgericht nach den §§ 92 Abs. 1 Satz 2, 72 Abs. 2 ArbGG zugelassen.

Ende der Entscheidung

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