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Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Beschluss verkündet am 20.01.2006
Aktenzeichen: 10 TaBV 131/05
Rechtsgebiete: RVG, BetrVG, BGB


Vorschriften:

RVG § 1 Abs. 1
RVG § 1 Abs. 2
RVG § 4 Abs. 1
BetrVG § 76 a Abs. 3
BetrVG § 76 a Abs. 4
BGB § 123
Eine Honorarvereinbarung eines Rechtsanwalts als außerbetrieblicher Beisitzer einer Einigungsstelle bedarf nicht nach § 4 Abs. 1 RVG der Schriftform. Die Vergütung eines Rechtsanwalts als außerbetrieblicher Beisitzer in einer Einigungsstelle richtet sich ausschließlich nach § 76 a Abs. 3 BetrVG.

§ 76 a Abs. 4 BetrVG enthält kein gesetzliches Verbot, wonach die Zahlung eines höheren Honorars an einen außerbetrieblichen Beisitzer als an den Vorsitzenden der Einigungsstelle unzulässig wäre. Von der Regelung des § 76 a Abs. 4 S. 3 bis 5 BetrVG abweichende Vereinbarungen sind wegen der individuellen Vertragsautonomie zulässig.

Die Geltendmachung von Mehrwertsteuer bedarf nach der Neuregelung des § 76 a BetrVG nicht mehr der vorherigen Vereinbarung mit dem Arbeitgeber.


Tenor:

Die Beschwerde der Arbeitgeberin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Herne vom 15.06.2005 - 5 BV 5/05 - wird zurückgewiesen. Gründe:

A

Die Beteiligten streiten über den Honoraranspruch eines außerbetrieblichen Beisitzers für dessen Tätigkeit in einer Einigungsstelle.

Der Antragsteller ist hauptberuflich Rechtsanwalt.

Aufgrund eines Betriebsratsbeschlusses war er zum Beisitzer einer bei der beteiligten Arbeitgeberin gebildeten Einigungsstelle zur Regelung einer Betriebsvereinbarung über Arbeitszeit benannt worden. Die Einigungsstelle tagte in der Zeit vom 08.06.2004 bis zum 15.12.2004 insgesamt viermal am Sitz der Arbeitgeberin. Dabei fielen insgesamt 17 reine Sitzungsstunden an.

Während der ersten Einigungsstellensitzung kam es in einer Unterbrechungspause zwischen dem Vorsitzenden der Einigungsstelle, einem Richter der Arbeitsgerichtsbarkeit NRW, dem Antragsteller und dem Beisitzer auf der Arbeitgeberseite, Herrn Rechtsanwalt D1. C1xxxx, zu einem Sechsaugengespräch. In diesem Gespräch hatte zunächst der Vorsitzende geäußert, dass er für seine Tätigkeit als Einigungsstellenvorsitzender ein Honorar in Höhe von 200,00 € pro Stunde berechnen würde. Dabei wurde über eine Differenzierung des Honorars nach Sitzungszeit, Vorbereitungszeit und Fahrtzeit nicht gesprochen. Anschließend erklärte der Antragsteller, dass er auch für sich diesen Stundensatz beanspruche. Welche Erklärung der auf Arbeitgeberseite beteiligte Beisitzer hierzu abgab, ist zwischen den Beteiligten streitig. Nach Beendigung des Sechsaugengesprächs wurde der Geschäftsführer der Arbeitgeberin in Anwesenheit der Gesprächspartner u.a. auch über die Honorarvorstellung des Antragstellers informiert. Der Geschäftsführer der Arbeitgeberin äußerte sich sodann hierzu wörtlich: "Wenn das nicht anders geht, dann soll Herr B1xxxx das Gleiche auch haben."

Nach Abschluss des Einigungsstellenverfahrens erhielt der Vorsitzende der Einigungsstelle für seine Tätigkeit ein Honorar in Höhe von 4.200,00 €. Dabei stellte dieser der Arbeitgeberin 17 Sitzungsstunden je 200,00 € sowie vier Stunden Reisezeit und vier Stunden Vorbereitungszeit mit jeweils 100,00 € in Rechnung.

Der Beisitzer der Arbeitgeberseite stellte der Arbeitgeberin für seine Tätigkeit in der ersten Sitzung der Einigungsstelle ein Honorar in Höhe von 50,00 € je Stunde zuzüglich Abwesenheitsgeld von mehr als vier Stunden in Höhe von 35,00 € und einer Kilometerpauschale von 96 km/0,30 € zuzüglich Mehrwertsteuer in Rechnung.

Mit Schreiben vom 16.12.2004 (Bl. 3 d.A.) stellte der Antragsteller der Arbeitgeberin für 17 Sitzungsstunden und weitere sechs Einsatzstunden jeweils 200,00 € zuzüglich Mehrwertsteuer und damit ein Honorar in Höhe von insgesamt 5.336,00 € in Rechnung. Die Arbeitgeberin weigerte sich zunächst, das in Rechnung gestellte Honorar an den Antragsteller zu zahlen.

Der Antragsteller leitete daraufhin am 23.02.2005 das vorliegende Beschlussverfahren beim Arbeitsgericht ein.

Mit Schreiben vom 23.03.2005 (Bl. 15 ff.d.A.) erklärte die Arbeitgeberin u.a. die Anfechtung der Annahme des Angebots einer Honorarvereinbarung wegen arglistiger Täuschung durch den Antragsteller.

Im Laufe des Beschlussverfahrens zahlte die Arbeitgeberin an den Antragsteller am 21.04.2005 einen Betrag in Höhe von 2.940,00 €.

Der Antragsteller hat die Auffassung vertreten, die Arbeitgeberin sei zur Zahlung eines weiteren Honorars von 2.396,00 € verpflichtet. Zwischen den Beteiligten sei eine Honorarvereinbarung getroffen worden, die nicht unwirksam sei. Insgesamt seien 23 Stunden à 200,00 € zu vergüten.

Hierzu hat der Antragsteller behauptet, in der ersten Sitzung der Einigungsstelle am 08.06.2004 habe der Vertreter der Arbeitgeberin, Rechtsanwalt D1. C1xxxx, einer entsprechenden Honorarforderung des Antragstellers ausdrücklich zugestimmt. Ferner hat er behauptet, außerhalb der Sitzung in der Einigungsstelle insgesamt sechs Stunden für die Einigungsstelle aufgewandt zu haben. So seien für die einzelnen Sitzungen insgesamt vier Stunden für die Vor- und Nachbereitung der jeweiligen Einigungsstellensitzungen angefallen. Ferner habe er am 06.12.2004 in der Zeit von 16.00 Uhr bis 20.00 Uhr gemeinsam mit dem weiteren Einigungsstellenmitglied, dem Gewerkschaftssekretär A3xxxx sowie Betriebsratsmitgliedern die Ausarbeitung eines Betriebsratsentwurfs zum Abschluss einer Betriebsvereinbarung zum Einigungsstellentermin am 15.12.2004 besprochen. Den Beisitzern auf Betriebsratsseite sei nämlich im Einigungsstellenverfahren aufgegeben worden, bis zum 15.12.2004 einen Antrag in Form einer Betriebsvereinbarung einzubringen. Der Entwurf einer solchen Betriebsvereinbarung habe entsprechende Abstimmungen erforderlich gemacht.

Der Antragsteller hat beantragt,

die Arbeitgeberin zu verpflichten, an ihn 2.396,00 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Januar 2005 zu zahlen.

Die Arbeitgeberin hat beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, zwischen den Beteiligten sei eine wirksame Honorarvereinbarung nicht zustande gekommen. Der Arbeitgeberbeisitzer, Rechtsanwalt D1. C1xxxx, sei von ihr zum Abschluss einer Honorarvereinbarung überhaupt nicht bevollmächtigt gewesen.

Ferner sei die vom Antragsteller behauptete Vereinbarung auch unwirksam, da seine Vergütung höher bemessen sei als die des Vorsitzenden. Darüber hinaus hätte eine derartige Vereinbarung nach den §§ 3 Abs. 1 BRAGO bzw. § 4 Abs. 1 Satz 1 RVG der Schriftform bedurft. Auch komme ein Anspruch auf Mehrwertsteuer nur bei vorheriger Vereinbarung in Betracht.

Durch Beschluss vom 15.06.2005 hat das Arbeitsgericht dem Antrag des Antragstellers im Wesentlichen stattgegeben und zur Begründung ausgeführt, die unstreitig zwischen den Beteiligten getroffene Vereinbarung sei rechtswirksam. Diese Vereinbarung habe weder der Schriftform bedurft, noch sei sie nach § 76 a Abs. 4 BetrVG unwirksam. § 76 a Abs. 4 Satz 4 BetrVG enthalte kein gesetzliches Verbot der Vereinbarung eines Beisitzerhonorars, welches das des Vorsitzenden der Einigungsstelle übersteige. Der Antragsteller könne auch die entsprechende Mehrwertsteuer verlangen, einer gesonderten Vereinbarung hierzu habe es nicht bedurft.

Gegen den der Arbeitgeberin am 08.07.2005 zugestellten Beschluss, auf dessen Gründe ergänzend Bezug genommen wird, hat die Arbeitgeberin am 13.07.2005 Beschwerde zum Landesarbeitsgericht eingelegt und diese mit dem am 01.08.2005 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet.

Unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens ist die Arbeitgeberin weiter der Auffassung, dass die eingeklagte Honorarforderung dem Antragsteller nicht zustehe. Dies ergebe sich schon daraus, dass eine Honorarvereinbarung, die die Höchstsätze des § 76 a Abs. 4 BetrVG überschreite, unwirksam sei. Die getroffene Honorarvereinbarung widerspreche dem Wortlaut und dem Zweck des Gesetzes. § 76 a Abs. 4 BetrVG sei nicht dispositiv.

Darüber hinaus sei die Honorarvereinbarung wegen fehlender Schriftform nach § 4 Abs. 1 Satz 1 RVG unwirksam. Diese Vorschrift solle vor übereilten Honorarzusagen schützen. Der Geschäftsführer der Arbeitgeberin habe seinerzeit gemeint, zu der gemachten Honorarzusage verpflichtet gewesen zu sein. Offensichtlich sei er von einer rechtlichen Verpflichtung hinsichtlich der gemachten Zusage ausgegangen. Dieses Missverständnis habe der Antragsteller arglistig für sich ausgenutzt. Mit der ausdrücklich erklärten Anfechtung wegen arglistiger Täuschung habe sich das Arbeitsgericht in der angefochtenen Entscheidung auch nicht auseinandergesetzt.

Der Antragsteller habe schließlich auch keinen Anspruch auf Zahlung der in Rechnung gestellten Mehrwertsteuer. Eine ausdrückliche Vereinbarung hierüber hätten die Beteiligten nicht getroffen.

Die Arbeitgeberin beantragt,

den Beschluss des Arbeitsgerichts Herne vom 15. Juni 2005 - 5 BV 5/05 - abzuändern und den Antrag des Antragstellers abzuweisen.

Der Antragsteller beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Er verteidigt den erstinstanzlichen Beschluss und ist der Auffassung, er habe der Arbeitgeberin kein überhöhtes Honorar in Rechnung gestellt. Die getroffene Honorarvereinbarung unterliege auch nicht der Schriftform des § 4 Abs. 1 Satz 1 RVG. Im Übrigen bedürfe der Geschäftsführer einer GmbH zum Abschluss einer Honorarvereinbarung in der getroffenen Form auch keines besonderen Schutzes, insbesondere dann nicht, wenn er derartige Vereinbarungen im Beisein seines Rechtsanwalts treffe. Aus diesem Grunde gehe auch die erklärte Anfechtung fehl.

Im Übrigen wird auf den weiteren Inhalt der von den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen ergänzend Bezug genommen.

B

Die zulässige Beschwerde der Arbeitgeberin ist nicht begründet.

Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Arbeitsgericht der Arbeitgeberin aufgegeben, an den Antragsteller ein weiteres Honorar in Höhe von 2.396,00 € nebst den zugesprochenen Zinsen zu zahlen.

I.

Der im Beschlussverfahren verfolgte Zahlungsantrag des Antragstellers ist zulässig.

1. Zu Recht verfolgt der Antragsteller seinen Honoraranspruch im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren, §§ 2 a, 80 ArbGG. Bei einem Streit über den Honoraranspruch eines außerbetrieblichen Beisitzers einer betriebsverfassungsrechtlichen Einigungsstelle handelt es sich um eine Angelegenheit aus dem Betriebsverfassungsgesetz im Sinne des § 2 a Abs. 1 Nr. 1 ArbGG. Im Beschlussverfahren sind nämlich Streitigkeiten über die Kosten einer Einigungsstelle, wie sie in § 76 a BetrVG geregelt sind, zu entscheiden. Hierzu gehört auch der Honoraranspruch der außerbetrieblichen Beisitzer (BAG, Beschluss vom 06.04.1973 - AP BetrVG 1972 § 76 Nr. 1; vgl. auch: BAG, Beschluss vom 26.07.1989 - AP ArbGG 1979 § 2 a Nr. 4; BAG, Beschluss vom 27.07.1994 - AP BetrVG 1972 § 76 a Nr. 4; Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-Glöge, ArbGG, 5. Aufl., § 2 a Rz. 44; ErfK/Koch, 6. Aufl., § 2 a ArbGG Rz. 3 m.w.N.).

2. Die Antrags- und Beteiligungsbefugnis ergeben sich aus den §§ 10, 83 Abs. 3 ArbGG. Ein prozessualer Kostenerstattungsanspruch besteht nicht. Im Beschlussverfahren gibt es keine prozessuale Kostentragungspflicht und dementsprechend auch keine Kostenentscheidung.

Zu Recht hat das Arbeitsgericht auch den Betriebsrat, der im Betrieb der Arbeitgeberin gebildet ist, nicht am vorliegenden Verfahren beteiligt. Der Vergütungsanspruch des Vorsitzenden und der Beisitzer einer betriebsverfassungsrechtlichen Einigungsstelle, die nicht zu den in § 76 a Abs. 2 BetrVG genannten Personen gehören, ergibt sich unmittelbar aus § 76 a Abs. 3 BetrVG. Eine Honorarzusage des Betriebsrats an den von ihm benannten Beisitzer bedarf es nicht mehr. Damit wird der Betriebsrat durch eine gerichtliche Entscheidung über den Vergütungsanspruch des außerbetrieblichen Beisitzers nicht mehr in seiner materiellen Rechtsstellung betroffen (BAG, Beschluss vom 12.02.1992 - AP BetrVG 1972 § 76 a Nr. 2 - unter B. I. der Gründe; Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-Glöge, a.a.O., § 83 Rz. 52; ErfK/Kania, a.a.O., § 76 a BetrVG Rz. 8 m.w.N.).

II.

Der Antrag des Antragstellers ist auch begründet.

Zu Recht hat das Arbeitsgericht dem Antragsteller weitere 2.396,00 € nebst Zinsen zugesprochen.

Dieser Anspruch ergibt sich aus § 76 a Abs. 3 Satz 1 BetrVG i.V.m. der zwischen den Beteiligten am 08.06.2004 getroffenen Honorarvereinbarung.

1. Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass am 08.06.2004 zwischen den Beteiligten eine Honorarvereinbarung zustande gekommen ist, wonach der Antragsteller ein Honorar von 200,00 € pro Stunde beanspruchen kann. Nachdem der Antragsteller ein entsprechendes Honorar gefordert hat, hat der Geschäftsführer der Arbeitgeberin ausdrücklich geäußert, wenn das nicht anders geht, dann soll Herr B1xxxx das Gleiche auch haben. Damit sind übereinstimmende Willenserklärungen zwischen dem Antragsteller und der Arbeitgeberin abgegeben worden. Ob der Beisitzer der Arbeitgeberseite, Herr Rechtsanwalt D1. C1xxxx, zuvor bereits eine entsprechende Zusage gemacht hat und von der Arbeitgeberin dazu bevollmächtigt gewesen ist, kann aufgrund der ausdrücklichen Honorarzusage des Geschäftsführers der Arbeitgeberin gegenüber dem Antragsteller offen bleiben.

Das Zustandekommen einer Honorarvereinbarung kann auch nicht mit der Begründung in Abrede gestellt werden, sie habe unter einem Vorbehalt gestanden. Zwar hat der Geschäftsführer der Arbeitgeberin geäußert: "Wenn das nicht anders geht, ...". Dabei handelte es sich jedoch nicht um einen Vorbehalt im Rechtssinne und auch nicht um eine rechtsgeschäftliche Bedingung im Sinne der §§ 158 ff. BGB. Die Erklärung des Geschäftsführers der Arbeitgeberin kann nicht dahin ausgelegt werden, dass die Honorarvereinbarung nur dann Wirksamkeit erlangen sollte, wenn sich nach einer weiteren rechtlichen Beurteilung die Honorarzusage als rechtswirksam erweisen sollte. Vielmehr ist die Erklärung so zu verstehen, dass der Geschäftsführer sich mit der Höhe des vom Antragsteller geforderten Honorars offenbar abgefunden hat. Bereits das Arbeitsgericht hat darüber hinaus darauf hingewiesen, dass aus der Erklärung nicht entnommen werden kann, unter welchen Voraussetzungen das Angebot des Antragstellers hätte angenommen werden sollen. Selbst wenn der Geschäftsführer der Arbeitgeberin irrtümlich angenommen haben sollte, zum Abschluss der Honorarvereinbarung in der geforderten Höhe verpflichtet gewesen zu sein, berührt dies die Wirksamkeit der gemachten Honorarzusage nicht (vgl. statt aller: Palandt/Heinrichs, BGB, 65. Aufl., Einf. v. § 158, Rz. 5 m.w.N.).

2. Die getroffene Honorarvereinbarung ist auch nicht rechtsunwirksam. Auch dies hat das Arbeitsgericht zutreffend erkannt.

a) Die Vereinbarung bedurfte nicht nach § 4 Abs. 1 Satz 1 RVG der Schriftform.

Zwar bestimmt § 4 Abs. 1 Satz 1 RVG, dass eine Vergütungsvereinbarung mit einem Rechtsanwalt, die über die Vergütung nach der RVG hinausgeht, schriftlich getroffen werden muss.

§ 4 Abs. 1 Satz 1 RVG gilt aber nur, wenn der Rechtsanwalt Anwaltstätigkeiten im Sinne des § 1 Abs. 1 RVG ausübt. Für andere Tätigkeiten, insbesondere die in § 1 Abs. 2 RVG genannten Tätigkeiten, gilt § 4 RVG nicht. Bei der Tätigkeit eines Rechtsanwalts in einer Einigungsstelle handelt es sich aber um eine ähnliche Tätigkeit im Sinne des § 1 Abs. 2 Satz 1 RVG. Als außerbetrieblicher Beisitzer in einer Einigungsstelle wird ein Rechtsanwalt, anders als etwa bei seinem Auftritt als Verfahrensbevollmächtigter vor der Einigungsstelle, nicht in seiner Eigenschaft als Rechtsanwalt tätig, sondern nebenberuflich als besonders sachkundige Vertrauensperson des Betriebsrats. In der Einigungsstelle hat der Rechtsanwalt die gleiche Funktion und Rechtsstellung wie ein anderer Beisitzer (BAG, Beschluss vom 20.02.1991 - AP BetrVG 1972 § 76 Nr. 44 - unter 2. d) der Gründe; GK/Kreutz, BetrVG, 8. Aufl., § 76 a Rz. 36; Richardi, BetrVG, 10. Aufl., § 76 a Rz. 17; Neft/Ocker, Einigungsstelle im Betriebsverfassungsrecht, 2. Aufl., Rz. 339; Weber/Ehrich, Einigungsstelle, 1999, Rz. 32; Kamphausen, NZA 1994, 49, 50; Gerold/Schmidt/Madert, RVG, 16. Aufl., § 4 Rz. 5 m.j.w.N.). Die Vergütung eines Rechtsanwalts als außerbetrieblicher Beisitzer in einer betriebsverfassungsrechtlichen Einigungsstelle richtet sich danach nicht nach der Gebührenordnung für Rechtsanwälte, sondern ausschließlich nach § 76 a Abs. 3 BetrVG. § 76 a BetrVG sieht aber die Schriftform einer Honorarvereinbarung als Wirksamkeitsvoraussetzung nicht vor.

b) Das Arbeitsgericht ist in dem angefochtenen Beschluss auch zu Recht davon ausgegangen, dass die getroffene Honorarvereinbarung nicht nach § 134 i.V.m. § 76 a Abs. 4 BetrVG unwirksam ist.

Zwar ist in § 76 a Abs. 3 Satz 2 BetrVG ausdrücklich bestimmt, dass die Höhe der Vergütung sich nach den Grundsätzen des Abs. 4 Satz 3 bis 5 richtet. In § 76 a Abs. 4 Satz 4 BetrVG ist auch ausdrücklich geregelt, dass die Vergütung der Beisitzer niedriger zu bemessen ist als die des Vorsitzenden.

§ 76 a Abs. 4 Satz 4 BetrVG enthält aber kein gesetzliches Verbot, wonach die Zahlung eines höheren Honorars an einen außerbetrieblichen Beisitzer einer Einigungsstelle als an den Vorsitzenden aufgrund einer ausdrücklich getroffenen Vereinbarung unzulässig wäre. § 76 a Abs. 4 Satz 3 bis 5 BetrVG regelt nämlich nur Grundsätze, die bei einer Regelung der Vergütung nach Abs. 3 des § 76 a BetrVG durch Rechtsverordnung durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit zu beachten sind. Die Vorschrift des § 76 a Abs. 3 Satz 2 BetrVG bestimmt durch ihre Verweisung auf die in Abs. 4 Satz 3 bis 5 derselben Vorschrift niedergelegten Grundsätze nicht anstelle privatautonomer Regelung die Höhe der Vergütung. Dies wollte der Gesetzgeber gerade einer Rechtsverordnung überlassen. Das Gesetz legt vielmehr nur die Grundsätze fest, die bei der Bemessung der Grundsätze durch Rechtsverordnung zu beachten sind. Weiter entzieht das Gesetz die Vergütungsbemessung nicht privatautonomer Gestaltung (BAG, Beschluss vom 12.02.1992 - AP BetrVG 1972 § 76 a Nr. 2 - unter B. II. 2. c) der Gründe; Fitting/Engels/Schmidt/Trebinger/Linsenmaier, BetrVG, 22. Aufl., § 76 a Rz. 19; Däubler/Kittner/Klebe/Berg, BetrVG, 9. Aufl., § 76 a Rz. 30). Insoweit sind nach ganz herrschender Meinung, der sich die Beschwerdekammer ausdrücklich anschließt, sowohl in der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung wie auch in der arbeitsrechtlichen Literatur auch von § 76 a Abs. 4 Satz 3 bis 5 BetrVG abweichende Vereinbarungen zulässig. Die Vergütungsgrundsätze des § 76 a Abs. 4 Sätze 3 bis 5 BetrVG beschränken die Vertragsfreiheit der Beteiligten nicht. Insoweit kann der Arbeitgeber mit den nach Abs. 3 Vergütungsberechtigten auch höhere Vergütungen vereinbaren als diejenigen, die sich nach den Grundsätzen des Abs. 4 des 3 bis 5 ergeben (LAG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 24.05.1991 - LAGE BetrVG 1972 § 76 a Nr. 4 = DB 1991, 1922; Fitting, a.a.O., § 76 a Rz. 32; DKK/Berg, a.a.O., § 76 a Rz. 30; GK/Kreutz, a.a.O., § 76 a Rz. 60; ErfK/Kania, a.a.O., § 76 a Rz. 7; Bau-er/Röder, DB 1989, 224, 226; Neft/Ocker, a.a.O., Rz. 368; Weber/Ehrich, a.a.O., Rz. 40; a.A. lediglich: Stege/Weinspach/Schiefer, 9. Aufl., § 76 a Anm. 34; Engels/Natter, BB 1989, Beil. 8 S. 1, 27). Die gegenteilige Auffassung, die auch die Arbeitgeberin des vorliegenden Beschlussverfahrens vertritt, wonach die Regelung in § 76 a Abs. 4 BetrVG auch im öffentlichen Interesse erlassen worden sei, vermag nicht zu überzeugen. Eine derartige Beschränkung, die als Ausnahme vom Grundprinzip der Vertragsfreiheit deutlich im Gesetz hätte verankert werden müssen, ist weder dem Gesetz selbst noch den Gesetzesmaterialien zu entnehmen. Nach der Zielrichtung des Gesetzes ist eine Beschränkung der Privatautonomie des Arbeitgebers auch nicht erforderlich, da er es selbst in der Hand hat, nur solche vertragliche Verpflichtungen einzugehen, die diesen Gesetzeszweck nicht gefährden.

c) Die Unwirksamkeit der getroffenen Vergütungsvereinbarung ergibt sich auch nicht aus den §§ 142, 123 BGB.

Zwar hat die Arbeitgeberin mit Schreiben vom 23.03.2005 die von ihr erklärte Annahme des Honorarangebots des Antragstellers wegen arglistiger Täuschung nach § 123 BGB angefochten. Ein Anfechtungsgrund nach § 123 Abs. 1 BGB steht der Arbeitgeberin jedoch nicht zur Seite.

Anfechtungsgrund im Sinne des § 123 Abs. 1 BGB bildet jede arglistige Täuschung, die den Getäuschten zum Abschluss einer Vereinbarung bestimmt hat, die er mit diesem Inhalt ohne die Täuschung nicht abgeschlossen haben würde. Dabei kann eine arglistige Täuschung durch positives Tun oder auch durch Unterlassen begangen werden. Die Täuschung muss widerrechtlich sein und erfordert in subjektiver Hinsicht Arglist. Im Verschweigen von Tatsachen bzw. im Unterlassen einer Aufklärung kann allerdings eine zur Anfechtung berechtigende Täuschung nur dann liegen, wenn eine Offenbarungspflicht besteht, etwa weil das Verschweigen gegen Treu und Glauben verstößt und der Vertragspartner unter den gegebenen Umständen die Mitteilung der verschwiegenen Tatsachen hätte erwarten dürfen (BAG, Urteil vom 15.05.1997 - AP BGB § 123 Nr. 45 m.w.N.). Grundsätzlich ist es nämlich Sache jeder Partei, ihre eigenen Interessen selbst wahrzunehmen. Es besteht daher keine allgemeine Pflicht, alle Umstände zu offenbaren, die für die Entschließung des anderen Teils von Bedeutung sein könnten (BGH, Urteil vom 28.04.1971 - NJW 1971, 1795, 1799; vgl. auch BAG, Urteil vom 22.04.2004 - AP BGB § 620 Aufhebungsvertrag Nr. 27; Palandt/Heinrichs, a.a.O., § 123 Rz. 5 f. m.w.N.).

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze steht der Arbeitgeberin ein Anfechtungsgrund wegen arglistiger Täuschung nicht zur Seite. Bei seiner Honorarforderung brauchte der Antragsteller die Arbeitgeberin bzw. ihren Geschäftsführer nicht darauf hinzuweisen, dass nach der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung vor Einführung des § 76 a in das Betriebsverfassungsgesetz üblicherweise eine Honorarforderung eines externen Beisitzers in Höhe von 7/10 des Vorsitzendenhonorars als billigem Ermessen entsprechend angesehen wurde. Eine derartige Hinweispflicht für den Antragsteller bestand schon deshalb nicht, weil die Arbeitgeberseite jedenfalls in der ersten Einigungsstellensitzung vom 08.06.2004 selbst anwaltlich beraten war. Der Antragsteller nahm nicht die Beratung der Arbeitgeberseite, sondern des Betriebsrats vor. Eine entsprechende Offenbarungspflicht bestand nicht.

3. Der Höhe nach konnte der Antragsteller danach insgesamt die Vergütung für 23 Stunden verlangen. Über die unstreitigen 17 Sitzungsstunden hinaus ist der Antragsteller als Einigungsstellenbeisitzer in weiteren sechs Stunden zur Vorbereitung der Sitzungsstunden, insbesondere zur Ausarbeitung eines Betriebsvereinbarungsentwurfs für die Betriebsratsseite tätig geworden. Insoweit wird auf die zutreffenden Gründe des angefochtenen Beschlusses Bezug genommen. Hiergegen hat die Arbeitgeberin mit der Beschwerde keine weiteren Einwendungen vorgetragen.

Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Arbeitsgericht dem Antragsteller auch die geltend gemachte Mehrwertsteuer in Höhe von 736,00 € zugesprochen. Einer gesonderten Vereinbarung zwischen den Beteiligten hierzu bedurfte es nicht. Die Mehrwertsteuer ist keine eigenständige Honorarforderung, sondern Teil von ihr, die aufgrund umsatzsteuerrechtlicher Bestimmungen lediglich gesondert auszuweisen ist (§ 14 Abs. 1 UStG). Seit Inkrafttreten des § 76 a BetrVG folgt der Vergütungsanspruch des Beisitzers unmittelbar aus § 76 a Abs. 3 und 4 BetrVG und nicht mehr wie nach früherem Recht aus einer Vereinbarung mit dem Arbeitgeber oder einer Honorarzusage des Betriebsrats. Die zur damaligen Rechtslage ergangene Rechtsprechung, auf die sich die Arbeitgeberin bezieht (BAG, Beschluss vom 31.06.1986 - AP BetrVG 1972 § 76 Nr. 19), ist daher überholt. Nach der Neuregelung der Vergütungsansprüche durch § 76 a BetrVG bedarf die Geltendmachung von Mehrwertsteuer daher nicht mehr der vorherigen Vereinbarung mit dem Arbeitgeber (BAG, Beschluss vom 14.02.1996 - AP BetrVG 1972 § 76 a Nr. 6; Fitting, a.a.O., § 76 a Rz. 29; GK/Kreutz, a.a.O., § 76 a Rz. 37; DKK/Berg, a.a.O., § 76 a Rz. 27 m.w.N.).

Der vom Arbeitsgericht zugesprochene Zinsanspruch ergibt sich aus den §§ 288, 291 ZPO.

III.

Für die Zulassung der Rechtsbeschwerde zum Bundesarbeitsgericht bestand keine Veranlassung, §§ 92 Abs. 1, 72 Abs. 2 ArbGG. Die Beschwerdekammer folgt der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts und weicht auch nicht von der Rechtsprechung der Instanzgerichte ab.

Ende der Entscheidung

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