Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Beschluss verkündet am 12.03.2004
Aktenzeichen: 10 TaBV 161/03
Rechtsgebiete: BetrVG, ArbGG, ZPO


Vorschriften:

BetrVG § 23 Abs. 3
BetrVG § 74 Abs. 2
BetrVG § 74 Abs. 2 S. 3
BetrVG § 78 Satz 1
ArbGG § 2 a
ArbGG § 80 Abs. 1
ArbGG § 81
ArbGG § 10
ArbGG § 83 Abs. 3
ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 2
Soweit der Arbeitgeber dem Betriebsrat ein betriebsinternes Intranet zur eigenen Nutzung zur Verfügung stellt, entscheidet der Betriebsrat allein ohne Zustimmung des Arbeitgebers über den Inhalt der Bekanntmachungen und Informationen der Belegschaft, sofern er sich im Rahmen seiner Aufgaben und Zuständigkeiten hält. Die sachliche Information und Unterrichtung der Belegschaft über den Stand von Tarifverhandlungen gehört zu den zulässigen tarifpolitischen Angelegenheiten im Sinne des § 74 Abs. 2 S. 3 BetrVG.

Auch wenn eine Veröffentlichung des Betriebsrats den Aufgabenbereich des Betriebsrats überschreitet, ist der Arbeitgeber - ohne Vorliegen der Voraussetzungen der Nothilfe oder Notwehr - nicht berechtigt, einseitig vom Betriebsrat in das betriebsinterne Intranet eingestellte Seiten zu löschen. Insoweit gelten die gleichen Grundsätze wie bei Aushängen am Schwarzen Brett.


Tenor:

Die Beschwerde des Arbeitgebers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Dortmund vom 12.09.2003 - 1 BV 15/03 - wird zurückgewiesen.

Gründe:

A

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Arbeitgeber einseitig vom Betriebsrat in das bankinterne Kommunikationssystem Intranet (COMNET) eingestellte Seiten, insbesondere die Seite "Betriebsrat und ver.di", entfernen darf.

Im Betrieb des Arbeitgebers in D1xxxxxx sind ca. 460 Mitarbeiter beschäftigt. Der antragstellende Betriebsrat, der im Betrieb des Arbeitgebers gewählt ist, besteht aus elf Personen.

Der Arbeitgeber betreibt in seiner Bank ein bankinternes Kommunikationssystem Intranet (COMNET), das auch dem antragstellenden Betriebsrat zur eigenen Nutzung zur Verfügung steht.

Die Einzelheiten der Nutzung des COMNET sind in einer Gesamtbetriebsvereinbarung vom 18.02.2000 (Bl. 11 ff.d.A.) einschließlich der hierzu ergangenen Richtlinien geregelt. In § 7 der Gesamtbetriebsvereinbarung vom 18.02.2000 ist vereinbart:

"Nutzung durch den Betriebsrat

Nutzungsmöglichkeiten werden im Rahmen der technischen Möglichkeiten vergeben, sind begrenzt auf den sachlichen und regionalen Zuständigkeitsbereich und unterliegen dieser Betriebsvereinbarung.

Eine über den sachlichen und regionalen Zuständigkeitsbereich hinausgehende Nutzung kann nach Abstimmung mit dem Gesamtbetriebsrat zur Wegnahme der Nutzungsberechtigung führen."

In den Richtlinien heißt es u.a.:

"Zweckbindung von elektronischen Informations- und Kommunikationssystemen der C1xxxxxxxxx AG

Elektronische Informations- und Kommunikationssysteme der Bank werden autorisierten internen Nutzern im Hinblick auf Informationsbeschaffung, -bereitstellung und -übermittlung im Rahmen der geschäftlichen Tätigkeiten der Bank zur Verfügung gestellt. Die Verwendung zu Zwecken ohne Bezug zu den geschäftlichen Tätigkeiten der Bank ist grundsätzlich nicht erlaubt."

Seit Ende 2001 befindet sich im COMNET - ergänzend zu weiteren Seiten - ein Unterverzeichnis "BR und ver.di" (Bl. 75 d.A.), das vom D3xxxxxxxx Betriebsrat im Intranet eingestellt wurde. Auf dieser Seite können Informationen der Gewerkschaft ver.di eingesehen werden. Auf die Startseite "BR und ver.di" (Bl. 76 d.A.) wird Bezug genommen.

Im Zuge der Tarifauseinandersetzungen im Bankgewerbe im Jahre 2002 stellte der Betriebsrat auf der Seite "BR und ver.di" einen "Bericht über die Tarifverhandlungen Bankgewerbe" mit der Überschrift "13 Gehälter sollen am Horizont durchschimmern" ein (Bl. 78 f. d.A.). Dieser Artikel der Gewerkschaft enthielt die Tarifforderungen der Gewerkschaft sowie weitere Informationen zum Stand der Tarifverhandlungen und endete mit einem Streikaufruf und einem Aufruf zum Gewerkschaftsbeitritt sowie einer formularmäßigen Beitrittserklärung (Bl. 78, 79 d.A.). Für diesen Bericht zeichnete verantwortlich im Sinne des Pressegesetzes "Roman Eberle, Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di), Bezirk Dortmund".

In der Folgezeit wurden weitere Tarifinformationen der Gewerkschaft ver.di auf der Seite "BR und ver.di" eingestellt (Bl. 81 ff.d.A.).

Ab dem 21.05.2002 nutzte auch der Arbeitgeber das COMNET, um über den Stand der Tarifverhandlungen zu informieren und Position zu beziehen, indem er seinerseits auf seinen Seiten Artikel des Arbeitgeberverbandes AGV Banken einstellte (Bl. 19 ff.d.A.).

Mit Schreiben vom 09.08.2002 (Bl. 41 d.A.) forderte der Arbeitgeber den Betriebsrat vergeb-lich auf, die Informationen der Gewerkschaft ver.di, insbesondere das Unterverzeichnis "BR und ver.di" zu löschen. Mit Schreiben vom 26.08.2002 teilte der Betriebsrat mit, dass er der Aufforderung des Arbeitgebers nicht nachkommen werde.

Mit Schreiben vom 23.09.2002 wies der Gesamtbetriebsrat darauf hin, dass die zur Wegnahme des Nutzungsrechtes erforderliche Zustimmung nach § 7 der Gesamtbetriebsvereinbarung vom 18.02.2000 nicht erteilt worden sei.

Am 25.09.2002 veranlasste der Arbeitgeber die Sperrung der Seite "BR und ver.di". Hiergegen wendet sich der Betriebsrat mit dem am 04.02.2003 beim Arbeitsgericht Dortmund eingeleiteten Beschlussverfahren.

Der Betriebsrat hat die Auffassung vertreten, der Arbeitgeber sei zur einseitigen Sperrung der Seite "BR und ver.di" nicht berechtigt gewesen. Der Arbeitgeber habe schon gegen ein nach § 7 der Gesamtbetriebsvereinbarung festgelegtes Zustimmungs- bzw. Zustimmungsersetzungsverfahren verstoßen. Die Zustimmung des Gesamtbetriebsrates liege unstreitig nicht vor.

Dem Arbeitgeber stehe auch insoweit kein Selbsthilferecht zur Seite. Seine Neutralitätspflicht habe der Betriebsrat nicht verletzt, er habe auch nicht in unzulässiger Weise Gewerkschaftswerbung betrieben. Der Betriebsrat habe lediglich seine Pflicht zur Information der Belegschaft erfüllt, hierzu gehöre auch die Erteilung von Informationen über Tarifverhandlungen. Bei der Erfüllung seiner Informationspflicht gegenüber der Belegschaft dürfe der Betriebsrat sich auch gewerkschaftlicher Unterstützung bedienen.

Der Betriebsrat hat beantragt,

1. dem Arbeitgeber aufzugeben, es zu unterlassen

im COMNET des Arbeitgebers unter Verantwortung des Betriebsrats eingestellte Seiten, hilfsweise eine Seite "BR und ver.di" mit Hinweisen auf Stellungnahmen der Gewerkschaft zu Tarifauseinandersetzungen, ohne Zustimmung des Gesamtbetriebsrats oder Zustimmungsersetzung durch das Arbeitsgericht zu sperren,

hilfsweise

2.a) festzustellen, dass die Sperrung der im Intranet (COMNET) des Arbeitgebers unter Verantwortung des Betriebsrats eingestellten Seite "BR und ver.di" durch den Arbeitgeber rechtswidrig war,

hilfsweise

ohne Zustimmung des Gesamtbetriebsrats oder gerichtliche Zustimmungsersetzung rechtswidrig war,

b) festzustellen, dass der Betriebsrat berechtigt ist, Forderungen der Gewerkschaft im Intranet zu veröffentlichen, wenn der Arbeitgeber während laufender Tarifverhandlungen seinerseits die Positionen des Arbeitgeberverbandes im Intranet veröffentlicht.

Der Arbeitgeber hat beantragt,

die Anträge abzuweisen.

Er hat die Auffassung vertreten, dem Betriebsrat stehe ein Nutzungsrecht des COMNET nur im Bereich seiner Aufgaben zu. Der Betriebsrat habe aber die Grenzen erlaubter Betriebsratsarbeit überschritten, vor allem aber gegen seine Neutralitätspflicht verstoßen, indem er unzulässigerweise einseitig für die Gewerkschaft ver.di geworben habe. Die Werbung für eine Gewerkschaft, noch dazu für eine bestimmte, gehöre nicht zum Aufgabenbereich des Betriebsrates als Organ. Der Arbeitgeber sei erst tätig geworden, nachdem der Betriebsrat sich geweigert habe, die monierten Berichte aus dem COMNET herauszunehmen.

Die Zustimmung des Gesamtbetriebsrates sei nicht erforderlich. Dies ergebe sich schon aus § 7 der Gesamtbetriebsvereinbarung vom 18.02.2000, wonach lediglich eine Abstimmung mit dem Gesamtbetriebsrat erforderlich sei. Im Übrigen habe der Arbeitgeber dem Betriebsrat das Nutzungsrecht des COMNET nicht insgesamt entzogen, sondern lediglich bestimmte Seiten der Gewerkschaft gelöscht.

Durch Beschluss vom 12.09.2003 hat das Arbeitsgericht den Hauptantrag des Betriebsrates wegen fehlender Bestimmtheit abgewiesen, dem Hilfsantrag des Betriebsrates zu 1. jedoch stattgegeben. Zur Begründung des stattgebenden Beschlusses hat es ausgeführt, dass die Entscheidung darüber, was in das betriebseigene Intranet, mit dem Schwarzen Brett vergleichbar, gestellt werde, beim Betriebsrat liege, auch die Behandlung tarifpolitischer Fragen sei zulässig, hierzu gehöre auch die Wiedergabe des Standes von Tarifverhandlungen. Auch wenn der Betriebsrat gegen seine Neutralitätspflicht verstoßen habe, indem er durch Einstellung von Werbetexten und Formularen für die Gewerkschaft Werbung betrieben habe, sei der Arbeitgeber nicht berechtigt, eigenmächtig derartige Bekanntmachungen zu entfernen. Dies sei erst dann möglich, wenn der Betriebsrat sich weigere, die Seite zu entfernen und die Voraussetzungen der Notwehr oder Nothilfe vorlägen. Von einem derartigen Notwehrrecht könne jedoch nicht ausgegangen werden. Ein konkreter Aufruf zu bestimmten Arbeitskampfmaßnahmen sei unterblieben, von einer Beeinträchtigung des Betriebsfriedens könne nicht ausgegangen werden.

Gegen den dem Arbeitgeber am 01.10.2003 zugestellten Beschluss, auf dessen Gründe ergänzend Bezug genommen wird, hat der Arbeitgeber am 31.10.2003 Beschwerde beim Landesarbeitsgericht eingelegt und diese nach Verlängerung der Beschwerdebegründungsfrist bis zum 24.12.2003 mit dem am 19.12.2003 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet.

Unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Sachvortrags ist der Arbeitgeber nach wie vor der Auffassung, der Betriebsrat habe die Grenzen erlaubter Betriebsratsarbeit überschritten und insbesondere gegen seine Neutralitätspflicht verstoßen, indem er unzulässigerweise einseitig für die Gewerkschaft ver.di geworben habe. Offenbar mache der Betriebsrat im vorliegenden Verfahren Rechte der Gewerkschaft geltend. Insoweit fehle es ihm schon an der erforderlichen Prozessführungsbefugnis.

Der Arbeitgeber sei auch berechtigt gewesen, die Seite "BR und ver.di" zu sperren. Der Betriebsrat habe sich nämlich geweigert, selbst diese Seite zu entfernen. Die Voraussetzungen des Notwehrrechtes seien gegeben. Insoweit könne nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Tarifverhandlungen seinerzeit nicht nur mit der Gewerkschaft ver.di, sondern außerdem mit den im Bankgewerbe vertretenen Gewerkschaften Deutscher Angestellten-Verband (DBV) und Deutscher Handels- und Industrieangestellten-Verband im Christlichen Gewerkschaftsbund Deutschlands (DHV) geführt worden seien. Für die Annahme eines Notwehrrechtes sei nicht erforderlich, dass eine Störung des Arbeitsablaufs oder des Betriebsfriedens bereits eingetreten sei. Verboten seien alle Betätigungen, die zu einer Beeinträchtigung des Arbeitsablaufs oder des Betriebsfriedens führen könnten. Gerichtliche Hilfe sei bis zum Ende der Tarifauseinandersetzungen nicht zu erlangen gewesen. Nachdem bereits im September 2002 mit einem kurz bevorstehenden Durchbruch in den Tarifverhandlungen gerechnet worden sei, der tatsächlich im November 2002 erreicht worden sei, sei letztlich im Termin vom 13.12.2002 der Tarifabschluss vereinbart worden. Angesichts der Überlastung der Arbeitsgerichte hätte ein vom Arbeitgeber angestrengtes gerichtliches Verfahren mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht vor November/Dezember 2002 zu Ende geführt werden können.

Darüber hinaus liege keine grobe Pflichtverletzung im Sinne des § 23 Abs. 3 BetrVG vor, weil der Arbeitgeber eine bestimmte Rechtsansicht in einer schwierigen und ungeklärten Rechtsfrage verteidigt und entsprechend gehandelt habe.

§ 7 der Gesamtbetriebsvereinbarung vom 18.02.2000 stehe der Entfernung der streitigen Seite aus dem COMNET nicht entgegen. Das COMNET sei dem Betriebsrat nur zur Erfüllung seiner gesetzlichen Aufgaben, nicht zur Gewerkschaftswerbung zur Verfügung gestellt worden. Im Übrigen sei es zur Wegnahme der Nutzungsrechte des Betriebsrates nicht gekommen, der Arbeitgeber habe lediglich die Seite "BR und ver.di" gesperrt. Hierfür sei nicht einmal die Abstimmung mit dem Gesamtbetriebsrat erforderlich gewesen.

Der Arbeitgeber beantragt,

unter Abänderung des Beschlusses des Arbeitsgerichts Dortmund vom 12.09.2003 - 1 BV 15/03 - den Antrag des Betriebsrates insgesamt zurückzuweisen.

Der Betriebsrat beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Unter Wiederholung seines erstinstanzlichen Sachvortrags verteidigt er den angefochtenen Beschluss. Er ist weiter der Auffassung, dass ihm eine Verletzung der Neutralitätspflicht nicht vorgeworfen werden könne. Der Betriebsrat habe lediglich über die Gewerkschaft ver.di seine gegenüber der Belegschaft bestehenden Informationspflichten erfüllt. Durch die Verwendung des Gewerkschafts-Logos auf den in Rede stehenden Seiten komme eine Verwechselung nicht in Betracht, da die Überschrift der Seite eindeutig den gewerkschaftlichen Bezug klarstelle. Der Arbeitgeber habe die Seite "BR und ver.di" jedenfalls solange unbeanstandet gelassen, wie es nicht um Informationen zu den Argumenten im Rahmen der Tarifauseinandersetzungen gegangen sei. Darüber hinaus wäre es dem Betriebsrat nicht unbenommen gewesen, die von der Gewerkschaftsseite vertretenen Positionen und Argumente selbst verbal darzustellen. Aus diesem Grunde könne kein Unterschied dazu gesehen werden, dass der Betriebsrat auf die Originalquelle hingewiesen habe, ohne dass er sich die Inhalte und Informationen damit zu eigen mache. Der Betriebsrat habe keinerlei gewerkschaftliche Aufrufe zu Arbeitskampfmaßnahmen in das Intranet eingestellt oder hierauf verwiesen.

In jedem Falle stehe aber dem Arbeitgeber ein Selbsthilferecht auch dann nicht zur Seite, wenn das erörterte Verhalten des Betriebsrates rechtswidrig gewesen wäre. Weder sei der Betriebsfrieden oder der Arbeitsablauf durch die in Rede stehenden Intranetseiten berührt worden. Aus diesem Grunde hätte der Arbeitgeber in jedem Falle gerichtliche Hilfe einholen können und müssen. Dadurch dass er einseitig in das Nutzungsrecht des Betriebsrates eingegriffen habe, falle dem Arbeitgeber eine grobe Pflichtverletzung zur Last. Verbotene Selbsthilfe sei immer eine grobe Pflichtverletzung.

Schließlich hätte auch der Gesamtbetriebsrat eingeschaltet werden müssen, bevor der Arbeitgeber einseitig tätig geworden sei.

Im Übrigen wird auf den weiteren Inhalt der von den Beteiligten gewechselten Schriftsätze ergänzend Bezug genommen.

B

Die zulässige Beschwerde des Arbeitgebers ist unbegründet.

Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Arbeitsgericht dem Hilfsantrag des Betriebsrates stattgegeben.

I

Die im Beschwerderechtszug anhängigen Anträge des Betriebsrates sind zulässig.

1. Für die vom Betriebsrat gestellten Anträge ist das Beschlussverfahren die zutreffende Verfahrensart, §§ 2 a, 80 Abs. 1, 81 ArbGG. Zwischen den Beteiligten ist eine betriebsverfassungsrechtliche Angelegenheit streitig, nämlich die Nutzung des bankinternen Kommunikationssystems COMNET sowie die eigenmächtige Entfernung von Seiten, die der Betriebsrat in das COMNET eingestellt hat, durch den Arbeitgeber.

2. Die Antragsbefugnis des Betriebsrates und die Beteiligung des Arbeitgebers ergeben sich aus den §§ 10, 83 Abs. 3 ArbGG.

3. Der Unterlassungsantrag, dem das Arbeitsgericht stattgegeben hat, ist auch genügend bestimmt, § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Mit der Entscheidung über den Antrag steht fest, welche Maßnahmen der Arbeitgeber zu unterlassen hat.

4. Entgegen der Auffassung des Arbeitgebers kann auch nicht die Prozessführungsbefugnis des Betriebsrates in Frage gestellt werden. Auch wenn der Betriebsrat im vorliegenden Fall Berichte der Gewerkschaft ver.di in das COMNET eingestellt hat, macht der Betriebsrat im vorliegenden Verfahren keine Rechte der Gewerkschaft ver.di geltend. Vielmehr nimmt der Betriebsrat eigene Rechte, die ihm nach seiner Auffassung durch die zur Verfügungstellung des COMNET zur eigenen Nutzung zustehen, wahr.

II

Das Arbeitsgericht hat dem Antrag des Betriebsrates auch zu Recht in der Sache stattgegeben.

Der Betriebsrat kann vom Arbeitgeber verlangen, die eigenmächtige Entfernung der Seite "BR und ver.di" aus dem Intranet zu unterlassen. Dieser Anspruch ergibt sich aus § 78 Satz 1 BetrVG, wonach die Mitglieder des Betriebsrates in der Ausübung ihrer Tätigkeit nicht gestört oder behindert werden dürfen.

1. Das vom Betriebsrat beanstandete Verhalten des Arbeitgebers stellt eine Behinderung seiner Amtstätigkeit dar. Der Begriff der Verhinderung umfasst jede unzulässige Erschwerung, Störung oder gar Verhinderung der Betriebsratsarbeit, ohne dass ein Verschulden erforderlich wäre (BAG, Beschluss vom 12.11.1997 - AP BetrVG 1972 § 23 Nr. 27; BAG, Beschluss vom 03.09.2003 - 7 ABR 12/03 - DB 2004, 491 = NZA 2004, 278).

Die Entfernung von Informationen und Beiträgen aus dem Intranet, die der Betriebsrat eingestellt hat, stellt eine unzulässige Erschwerung der Pflicht des Betriebsrats zur Information der Belegschaft und damit der Betriebsratstätigkeit dar. Welche Informationen der Betriebsrat für zweckmäßig hält, ist von ihm allein zu entscheiden. Einer Zustimmung des Arbeitgebers bedarf es dazu nicht. Insoweit gelten die gleichen Grundsätze wie bei Aushängen am Schwarzen Brett, die einer Kontrolle des Arbeitgebers nicht unterliegen (BAG, Beschluss vom 03.09.2003 - a.a.O.). Für Bekanntmachungen des Betriebsrates am Schwarzen Brett ist all-gemein anerkannt, dass der Betriebsrat allein über den Inhalt der Bekanntmachungen und der Informationen der Belegschaft entscheidet, sofern er sich im Rahmen seiner Aufgaben und Zuständigkeiten hält (LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 10.11.1977 - DB 1978, 799; LAG Hamburg, Beschluss vom 06.06.1977 - DB 1978, 118; LAG Berlin, Beschluss vom 23.06.1980 - DB 1980, 1704; Fitting/Kaiser/Heither/Engels/Schmidt, BetrVG, 21. Aufl., § 40 Rz. 116; Wiese/Weber, GK-BetrVG, 7. Aufl., § 40 Rz. 142; Däubler/Kittner/Klebe/Wedde, BetrVG, 8. aufl., § 40 Rz. 94 f.; ErfK/Eisemann, 3. Aufl., § 40 BetrVG Rz. 17; Ehrich/Hoß, NZA 1996, 2075, 1083 m.w.N.). Die gleichen Grundsätze gelten, soweit dem Betriebsrat die Nutzung des bankinternen Intranet "COMNET" zur Verfügung gestellt worden ist. Der Betriebsrat darf das COMNET nutzen, soweit er sich im Rahmen seiner Aufgaben und Zuständigkeiten hält.

a) Das Arbeitsgericht hat zu Recht darauf hingewiesen, dass der Betriebsrat sich im Rahmen seiner Aufgabenstellung bewegte, als er die Belegschaft über die Tarifauseinandersetzungen im Bankgewerbe unterrichtete. Dies ergibt sich bereits aus § 74 Abs. 2 Satz 3 BetrVG, wonach die Behandlung von Angelegenheiten tarifpolitischer Art, die den Betrieb oder seine Arbeitnehmer unmittelbar betreffen, durch den Betriebsrat nicht unerlaubt ist. Die sachliche Information und Unterrichtung der Belegschaft über den Stand von Tarifverhandlungen gehörte zu den zulässigen tarifpolitischen Angelegenheiten (LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 25.09.1991 - AiB 1992, 96; ArbG Oldenburg, Beschluss vom 29.05.1989 - NZA 1989, 652; Fitting, a.a.O., § 74 Rz. 58 und 61 sowie § 45 Rz. 9; DKK/Berg, a.a.O., § 74 Rz. 45 und § 45 Rz. 4; ErfK/Eisemann, a.a.O., § 45 Rz. 3; Kreutz, GK-BetrVG, a.a.O. § 74 Rz. 120 und Fabricius/Weber, GK-BetrVG, a.a.O., § 45 Rz. 13 m.w.N.).

Aufgrund der sich aus § 74 Abs. 2 BetrVG ergebenden Neutralitätspflicht des Betriebsrates als Organ (BVerfG, Beschluss vom 27.03.1979 - AP GG Art. 9 Nr. 31 = NJW 1979, 1875) hat sich der Betriebsrat aber als Organ jeder Tätigkeit im Arbeitskamp zu enthalten. Der Betriebsrat darf als Organ insbesondere keinen Streik unterstützen oder die Belegschaft auffordern, sich an einem gewerkschaftlich organisierten Streik zu beteiligen (BAG, Urteil vom 22.12.1980 - AP GG Art. 9 Arbeitskampf Nr. 71; Fitting, a.a.O., § 74 Rz. 14; DKK/Berg, a.a.O., § 74 Rz. 16; ErfK/Hanau/Kania, a.a.O., § 74 BetrVG Rz. 11 m.w.N.). Ebenso wenig gehört es zu den gesetzlichen Aufgaben des Betriebsrates als Organ, Gewerkschaftswer-bung zu betreiben (BVerfG, Beschluss vom 14.11.1995 - AP GG Art. 9 Nr. 80; BVerwG, Beschluss vom 22.08.1991 - AP BPersVG § 28 Nr. 2 = NJW 1992, 385; Fitting, a.a.O., § 74 Rz. 70; Kreutz, GK-BetrVG, a.a.O., § 74 Rz. 142; ErfK/Hanau/Kania, a.a.O., § 74 Rz. 34; Richardi/Thüsing, BetrVG, 8. Aufl., § 40 Rz. 78). Soweit der Betriebsrat einen Anschluss an ein betriebsinternes Intranet besitzt, kann er diesen Anschluss auch nicht für gewerkschaftliche Information und Werbung benutzen (Däubler, Internet und Arbeitsrecht, Rz. 540; vgl. auch: Beckschulze/Henkel, DB 2001, 1491, 1501; Beckschulze, DB 2003, 2777, 2784). Ob eine Gewerkschaft ihrerseits vom Arbeitgeber verlangen kann, einen Zugang zum betriebsinternen Intranet des Arbeitgebers zu bekommen (vgl. Däubler, a.a.O., Rz. 542 ff.; Klebe/Wedde, AuR 2000, 401), stand im vorliegenden Fall nicht zur Entscheidung der Beschwerdekammer an.

b) Auch wenn mit dem Arbeitgeber davon ausgegangen wird, dass der Betriebsrat dadurch, dass er auf der Seite "BR und ver.di" im COMNET einen Artikel der Gewerkschaft ver.di mit der Überschrift "13 Gehälter sollen am Horizont durchschimmern" eingestellt hat, in unzulässiger Weise einen Streikaufruf der Gewerkschaft ver.di unterstützt und darüber hinaus Werbung für die Gewerkschaft ver.di betrieben hat, war der Arbeitgeber nicht berechtigt, einseitig die Seite "BR und ver.di" in vollem Umfange zu sperren.

Hält ein Arbeitgeber eine bestimmte Veröffentlichung durch den Betriebsrat für unzulässig, ist es ihm unbenommen, dagegen mit den zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln, ggf. im Wege einstweiligen Rechtsschutzes vorzugehen (BAG, Beschluss vom 03.09.2003 - DB 2004, 491 = NZA 2004, 278). Überschreitet eine Veröffentlichung den Aufgabenbereich des Betriebsrates, kann der Arbeitgeber sie in der Regel nicht selbst entfernen. Der Arbeitgeber hat lediglich einen Anspruch auf Entfernung gegen den Betriebsrat. Die Befugnis zur Abhilfe durch eigenes Handeln ist auf solche Fälle beschränkt, in denen durch Straftaten oder andere unerlaubte Handlungen für den Arbeitgeber eine Notwehr- oder Nothilfesituation gegeben ist (LAG Berlin, Beschluss vom 23.06.1980 - DB 1980, 1704; VG Berlin. Beschluss vom 09.11.1994 - PersR 1995, 96; Fitting, a.a.O., § 40 Rz. 117; Wiese/Weber, GK-BetrVG, a.a.O., § 40 Rz. 144; DKK/Wedde, a.a.O., § 40 Rz. 96; Richardi, a.a.O., § 40 Rz. 79; Hess/Schlochauer/Worzalla/Glock, BetrVG, 6. Aufl., § 40 Rz. 98; Ehrich/Hoß, NZA 1996, 1075, 1083 m.w.N.).

Auch wenn der Betriebsrat im vorliegenden Fall der Aufforderung des Arbeitgebers, die Seite "BR und ver.di" zu löschen, nicht nachgekommen ist, war der Arbeitgeber nicht befugt, einseitig die Seite "BR und ver.di" zu sperren. Die Voraussetzungen der Notwehr oder der Nothilfe lagen nicht vor. Durch die Veröffentlichung des Berichtes der Gewerkschaft ver.di im COMNET hat der Betriebsrat sich weder einer strafbaren Handlung schuldig gemacht, noch ist hierdurch der Betriebsfrieden beeinträchtigt worden. Aus welchen Gründen der Arbeitgeber es unterlassen hat, einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Unterlassungsverfügung beim Arbeitsgericht zu stellen, ist nicht vorgetragen worden. Der Hinweis des Arbeitgebers, er hätte vor Abschluss der Tarifverhandlungen im Dezember 2002 gerichtliche Hilfe nicht in Anspruch nehmen können, ist unzutreffend. Die vom Arbeitgeber bemängelte Einstellung des Berichtes der Gewerkschaft ver.di über die Tarifverhandlungen im Bankgewerbe einschließlich des Streikaufrufs und der beigefügten Beitrittserklärung datiert vom 10.05.2002. Nach der Gerichtspraxis beim Arbeitsgericht Dortmund und beim zuständigen Beschwerdegericht hätte in jedem Fall innerhalb weniger Wochen eine Entscheidung über einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ergehen können.

Nach alledem war der Arbeitgeber zur einseitigen Sperrung der Seite "BR und ver.di" nicht befugt. Ob der Arbeitgeber für die Sperrung der Seite "BR und ver.di" die Zustimmung des Gesamtbetriebsrates nach § 7 der Gesamtbetriebsvereinbarung vom 18.02.2002 benötigte, konnte insoweit offen bleiben.

2. Auch die für den Unterlassungsanspruch des Betriebsrates notwendige Wiederholungsgefahr liegt vor. Der Arbeitgeber hat bereits eine Verbotsverletzung begangen, indem er eigenmächtig die Seite "BR und ver.di" im COMNET löschte. Darüber hinaus hat er auch im vorliegenden Beschlussverfahren nach wie vor die Auffassung vertreten, dass er zur eigenmächtigen Sperrung der nach seiner Auffassung unzulässigen Seite "BR und ver.di" berechtigt gewesen sei. Allein aus diesem Grund besteht Grund zu der Befürchtung, dass der Arbeitgeber ohne Unterlassungsgebot auch künftig Beiträge des Betriebsrates aus dem COMNET löscht.

III

Für die Zulassung der Rechtsbeschwerde zum Bundesarbeitsgericht bestand nach den §§ 92 Abs. 1, 72 Abs. 2 ArbGG keine Veranlassung. Die Beschwerdekammer folgt der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts.

Ende der Entscheidung

Zurück