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Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Beschluss verkündet am 21.12.2005
Aktenzeichen: 10 TaBV 173/05
Rechtsgebiete: ArbGG, BetrVG


Vorschriften:

ArbGG § 98
BetrVG § 76
BetrVG § 87 Abs. 1 Nr. 6
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Beschwerde des Betriebsrats wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Herford vom 17.10.2005 - 1 BV 15/05 - abgeändert.

Zum Vorsitzenden einer Einigungsstelle mit dem Regelungsgegenstand ''Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologien im Betrieb der Arbeitgeberin" wird der Vorsitzende Richter am Landesarbeitsgericht Hamm, Peter Schmidt, bestellt.

Die Zahl der von jeder Seite zu benennenden Beisitzer wird auf drei festgesetzt.

Gründe: A. Die Beteiligten streiten um die Einrichtung einer Einigungsstelle. Bei der Arbeitgeberin, einem Betrieb der Metallindustrie, werden verschiedene EDV- und Kommunikationstechnologien benutzt. Antragsteller des vorliegenden Verfahrens ist der im Betrieb der Arbeitgeberin gewählte neunköpfige Betriebsrat. Am 16.09.1999 schlossen die Arbeitgeberin und der Betriebsrat eine "Betriebsvereinbarung zum Einsatz der EDV", die als "Betriebsvereinbarung über den Einsatz der MDE/BDE-Software" überschrieben wurde (Bl. 18 ff.d.A.). In Ziffer 1. der Betriebsvereinbarung vom 16.09.1999 wurde die Ziele des Einsatzes der MDE/BDE-Software festgelegt. In Ziffer 2. enthält die Betriebsvereinbarung folgende Regelung zum betroffenen Personenkreis: "Von dieser Betriebsvereinbarung sind alle Mitarbeiter aus folgenden Abteilungen betroffen: Feinstanzerei, Normalstanzerei, Instandhaltung, Lager, Versand, spanabhebende Fertigung, Werkzeugbau. Dies gilt auch für etwa zu beschäftigende Aushilfen." Ziffer 3. der Betriebsvereinbarung enthält eine Systembeschreibung, wonach das MDE/BDE-System BDMS der Firma B3xxxx, das im PPS-System MFLS integriert ist, eingesetzt wird. Eine Benutzungsregelung ist in Ziffer 6. der Betriebsvereinbarung enthalten. Dort ist u.a. festgelegt, dass Datensätze mit Bezug zur Personalnummer nur für die Lohnbuchhaltung dem Personalbüro zur Verfügung gestellt werden. In Ziffer 9. der Betriebsvereinbarung ist vereinbart, dass bei Streitigkeiten über die Auslegung und Ausführung der Betriebsvereinbarung, insbesondere § 8, anstelle einer Einigung zwischen Betriebsrat und Geschäftsleitung der Spruch der Einigungsstelle nach § 76 Abs. 5 BetrVG tritt. Im Jahre 2004 plante die Arbeitgeberin den Einsatz eines neuen EDV-Systems. U.a. aus diesem Grunde hielt der Betriebsrat die bestehende Betriebsvereinbarung vom 16.09.1999 für unzureichend und leitete am 29.03.2005 beim Arbeitsgericht Herford - 2 BV 4/05 - ein Einigungsstellen-Besetzungsverfahren ein. In diesem Verfahren einigten sich die Beteiligten am 08.04.2005 vergleichsweise dahin, dass der Betriebsrat bis zum 22.04.2005 gegenüber der Arbeitgeberin auflisten sollte, welche Auskünfte er benötige und dass die Arbeitgeberin zu den konkreten Anfragen des Betriebsrats entsprechende Auskünfte erteilen würde. Mit Schreiben vom 21.04.2005 (Bl. 5 ff.d.A.) teilte der Betriebsrat unter Beifügung eines Fragenkatalogs mit, welche Auskünfte er von der Geschäftsleitung benötige. Mit Schreiben vom 06.05.2005 (Bl. 12 ff.d.A.) beantwortete die Arbeitgeberin den Fragenkatalog des Betriebsrats. Mit Schreiben vom 20.05.2005 (Bl. 25 ff.d.A.) forderte der Betriebsrat die Arbeitgeberin zu weiteren Verhandlungen über den Abschluss weiterer Betriebsvereinbarungen zum EDV-Einsatz auf. Die Arbeitgeberin teilte daraufhin dem Betriebsrat mit Schreiben vom 25.05.2005 (Bl. 27 d.A.) mit, dass im Hinblick darauf, dass ohnehin ein neues EDV-System angeschafft werden sollte, derzeitige Gespräche über existierende Systeme für wenig sinnvoll gehalten würden; nach Einführung des neuen Systems könne ggf. besprochen werden, ob eine Neuregelung oder Erweiterung notwendig sei. Daraufhin legte der Betriebsrat der Arbeitgeberin mit Schreiben vom 02.06.2005 (Bl. 28 ff.d.A.) einen konkreten Entwurf einer Betriebsvereinbarung zu Informations- und Kommunikationstechnologien vor. Die Arbeitgeberin lehnte alsdann mit Schreiben vom 20.06.2005 (Bl. 40 d.A.) die Aufnahme weiterer Verhandlungen vor Einführung eines neuen EDV-Systems ab. Der Betriebsrat fasste daraufhin in seiner Sitzung vom 30.06.2005 einen Beschluss, wonach die Verhandlungen den Neuabschluss einer Betriebsvereinbarung zum Einsatz von Informations- und Kommunikationssystemen im Betrieb für gescheitert erklärt wurden und die Einigungsstelle angerufen werden sollte (Bl. 42 d.A.). Mit dem am 26.09.2005 beim Arbeitsgericht eingegangenen Antrag verlangte der Betriebsrat schließlich die Einrichtung einer Einigungsstelle. Der Betriebsrat hat die Auffassung vertreten, angesichts des Scheiterns der Verhandlungen über den Neuabschluss einer Betriebsvereinbarung sei eine Einigungsstelle einzurichten. Jedenfalls sei die Einigungsstelle nicht offensichtlich unzuständig. Die Arbeitgeberin sei zu Verhandlungen über den Neueinsatz eines EDV-Systems nicht bereit. Die Betriebsvereinbarung vom 16.09.1999 stelle keine abschließende Regelung dar, da sie lediglich den Einsatz der MDE/BDE-Software regele. Im Betrieb der Arbeitgeberin seien zwischenzeitlich weitere EDV- und Kommunikationstechnologien im Einsatz. Eine abschließende Regelung enthalte die Betriebsvereinbarung vom 16.09.1999 schon deshalb nicht, weil sie lediglich die Produktionsmitarbeiter betreffe und die gesamte Mitarbeiterschaft des Verwaltungsbereichs nicht erfasse. Im Übrigen erfasse die Betriebsvereinbarung vom 16.09.1999 auch nicht die Telefonanlage und das im Betrieb der Arbeitgeberin eingerichtete Zeiterfassungssystem. Einem Regelungsbedürfnis stehe auch nicht die Absicht der Einführung eines neuen EDV-Systems durch die Arbeitgeberin entgegen, weil die Arbeitgeberin ein neues System ohne die vorherige Beteiligung des Betriebsrats ohnehin nicht einführen dürfe. Der Betriebsrat hat beantragt, 1. zum Vorsitzenden einer Einigungsstelle mit dem Regelungsgegenstand "Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologien im Betrieb der Arbeitgeberin" den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Hamm, Peter Schmidt, zu bestellen, 2. die Zahl der von jeder Seite zu benennenden Beisitzer auf drei festzusetzen. Die Arbeitgeberin hat beantragt, die Anträge abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, die Einigungsstelle sei offensichtlich unzuständig, weil im Betrieb eine abschließende ungekündigte Regelung durch die Betriebsvereinbarung vom 16.09.1999 vorhanden sei. Diese Betriebsvereinbarung stelle eine abschließende Regelung dar, die den gesamten EDV-Bereich betreffe. Das ergebe sich insbesondere aus Ziffer 6. der Betriebsvereinbarung, in der allgemeine Benutzungsregelungen im Rahmen der EDV festgelegt worden seien. Das zeige sich auch daran, dass das sogenannte PPS-System einschließlich der Maschinen- und Betriebsdaten bereits 1999 bei Abschluss der bestehenden Betriebsvereinbarung bestanden habe. Sämtliche Vorgänge vom Wareneingang bis zum Warenausgang mit Auftragserfassung und Auftragsentwicklung seien gleichzeitig mit dem Zeiterfassungssystem, der Lohnbuchhaltung und der Finanzbuchhaltung verbunden. Auch die in Ziffer 7. der Betriebsvereinbarung enthaltene Regelung hinsichtlich der Informationsrechte des Betriebsrats zeige, dass es sich um eine allgemein gültige Regelung zum Einsatz der EDV handele. Durch Beschluss vom 17.10.2005 hat das Arbeitsgericht den Antrag des Betriebsrats abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats sei durch den Abschluss der bislang ungekündigten Betriebsvereinbarung vom 16.09.1999 verbraucht. Die Betriebsvereinbarung vom 16.09.1999 stelle eine abschließende Regelung dar. Gegen den dem Betriebsrat am 21.10.2005 zugestellten Beschluss, auf dessen Gründe ergänzend Bezug genommen wird, hat der Betriebsrat am 04.11.2005 Beschwerde zum Landesarbeitsgericht eingelegt und diese zugleich begründet. Der Betriebsrat ist nach wie vor der Auffassung, dass von einer offensichtlichen Unzuständigkeit der verlangten Einigungsstelle nicht ausgegangen werden könne. Dies ergebe sich bereits aus Ziffer 2. der Betriebsvereinbarung vom 16.09.1999, in der lediglich der gewerbliche Mitarbeiterbereich erfasst werde. Darüber hinaus umfasse die Betriebsvereinbarung vom 16.09.1999 nicht alle im Betrieb der Arbeitgeberin eingesetzten Informations- und Kommunikationstechnologien. Dies ergebe sich schon aus dem Fragenkatalog des Betriebsrats vom 21.04.2005 sowie dem Antwortschreiben der Arbeitgeberin vom 06.05.2005. So existierten heute Informations- und Kommunikationstechnologien, die zum Zeitpunkt des Abschlusses der Betriebsvereinbarung im Jahre 1999 noch nicht existiert hätten. Beispielsweise sei die Windows 2000 Client/Server Anwendung auf PC Netzwerk im Jahre 1999 im Betrieb noch nicht zur Anwendung gekommen. Die Betriebsvereinbarung vom 16.09.1999 enthalte auch keine Regelungen zum Zeiterfassungssystem sowie zu der im Betrieb eingesetzten Telefonanlage. Schließlich müsse die Beteiligung des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG vor und nicht erst nach Einführung eines neuen EDV-Systems, wie von der Arbeitgeberin beabsichtigt, erfolgen. Der Betriebsrat beantragt, unter Abänderung des Beschlusses des Arbeitsgerichts Herford vom 17.10.2005 - 1 BV 15/05 - 1. zum Vorsitzenden einer Einigungsstelle mit dem Regelungsgegenstand "Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologien im Betrieb der Arbeitgeberin" den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Hamm, Peter Schmidt, zu bestellen, 2. die Zahl der von jeder Seite zu benennenden Beisitzer auf drei festzusetzen. Die Arbeitgeberin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen. Sie ist nach wie vor der Auffassung, dass die bestehende, ungekündigte Betriebsvereinbarung vom 16.06.1999 eine allgemein gültige, abschließende Regelung für den Einsatz der EDV im Betrieb der Arbeitgeberin enthalte. Auch aus der Benutzung von Windows 2000 Client/Server Anwendung auf PC Netzwerk ergebe sich nicht die Notwendigkeit des Abschlusses einer neuen Betriebsvereinbarung, weil lediglich eine Ersatzbeschaffung der Software vorgenommen worden sei. Mit Windows 2000 sei lediglich die vorherige Windows-Version ersetzt worden. Das Arbeitsgericht habe auch zutreffend erkannt, dass sowohl die Telefonanlage wie auch das Zeiterfassungssystem bereits im Jahre 1999 vorhanden gewesen seien und sich hieraus kein neuer Regelungsgegenstand ergebe. Im Übrigen werde der Betriebsrat bei der Einführung eines neuen EDV-Systems beteiligt und sei von der Arbeitgeberin über die mit Anbietern geführten Gespräche eingehend informiert worden. Im Termin vor der Beschwerdekammer stellte sich zwischen den Beteiligten als unstreitig heraus, dass im Jahre 2005 im Betrieb der Arbeitgeberin eine neue Telefonanlage ohne Beteiligung des Betriebsrats eingerichtet worden ist. Die Beschwerdekammer hat die Akten des Beschlussverfahrens 2 BV 4/05 Arbeitsgericht Herford informationshalber beigezogen. Auf den Inhalt dieser Akten wird ebenso Bezug genommen wie auf den weiteren Inhalt der von den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen. B. Die zulässige Beschwerde des Betriebsrats ist begründet. Dem Antrag des Betriebsrats auf Einrichtung einer Einigungsstelle musste stattgegeben werden, weil die begehrte Einigungsstelle für die Regelung "Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologien im Betrieb der Arbeitgeberin" nicht offensichtlich unzuständig ist. I. 1. Gemäß § 98 Abs. 1 Satz 1 ArbGG kann ein Antrag auf Bestellung eines Einigungsstellenvorsitzenden und auf Festsetzung der Zahl der Beisitzer wegen fehlender Zuständigkeit der Einigungsstelle nur dann zurückgewiesen werden, wenn die Einigungsstelle offensichtlich unzuständig ist. Offensichtlich unzuständig ist die Einigungsstelle, wenn bei fachkundiger Beurteilung durch das Gericht sofort erkennbar ist, dass ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats in der fraglichen Angelegenheit unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt in Frage kommt und sich die beizulegende Streitigkeit zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat erkennbar nicht unter einen mitbestimmungspflichtigen Tatbestand des Betriebsverfassungsgesetzes subsumieren lässt (vgl. statt aller: LAG Hamm, Beschluss vom 07.07.2003 - 10 TaBV 85/03 - NZA-RR 2003, 637 m.w.N.). 2. Nach Auffassung der Beschwerdekammer ist die begehrte Einigungsstelle nicht in diesem Sinne offensichtlich unzuständig. a) Die Einigungsstelle ist nicht deshalb offensichtlich unzuständig, weil ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats offensichtlich nicht in Betracht kommt. Vorliegend ergibt sich das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats und damit die Zuständigkeit der Einigungsstelle aus § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG. Dies steht unter den Beteiligten auch nicht in Frage. Danach ist im Falle der Nichteinigung der Betriebsparteien über die Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen, nach § 87 Abs. 2 Satz 1 BetrVG die Entscheidung der Einigungsstelle vorgesehen. b) Die begehrte Einigungsstelle ist auch nicht deshalb offensichtlich unzuständig, weil der Betriebsrat von seinem Mitbestimmungsrecht bereits durch Abschluss der Betriebsvereinbarung vom 16.09.1999 abschließend Gebrauch gemacht hätte. Richtig ist zwar, dass eine Einigungsstelle offensichtlich unzuständig sein kann, wenn von einem Mitbestimmungsrecht bereits durch Abschluss einer Betriebsvereinbarung abschließend Gebrauch gemacht worden ist (LAG Düsseldorf, Beschluss vom 09.09.1977 - EzA BetrVG 1972 § 76 Nr. 16; GK-BetrVG/Kreutz, 8. Aufl., § 76 Nr. 70; Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-Glöge, ArbGG, 5. Aufl., § 98 Rz. 12 m.w.N.). Im vorliegenden Fall kann jedoch nicht angenommen werden, dass die Betriebsvereinbarung vom 16.09.1999 eine abschließende Regelung über den Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologien im Betrieb der Arbeitgeberin enthält. Bereits aus der Überschrift zur Betriebsvereinbarung vom 16.09.1999 sowie aus Ziffer 1. und 3. der Betriebsvereinbarung ergibt sich, dass die Betriebsvereinbarung vom 16.09.1999 sich lediglich über den Einsatz der MDE/BDE-Software verhält. Nach Ziffer 1. der Betriebsvereinbarung sollten im Betrieb der Arbeitgeberin Maschinendaten- und Betriebsdatenerfassungssysteme eingesetzt werden, nach Ziffer 3. ist dies das MDE/BDE-System BDMS der Firma B3xxxx, das im PPS-System MFLS integriert ist. In Ziffer 3. Absatz 2 der Betriebsvereinbarung ist darüber hinaus ausdrücklich festgelegt, dass auch andere Datenverarbeitungsanlagen zum Einsatz kommen können, sofern sich dies aufgrund des technologischen Wandels als wirtschaftlich erweisen sollte. Zwischen den Beteiligten ist auch unstreitig, dass die Arbeitgeberin nach Abschluss der Betriebsvereinbarung vom 16.09.1999 weitere Informations- und Kommunikationstechnologien eingesetzt hat, ohne den Betriebsrat nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG zu beteiligen. Dies betrifft zunächst den Einsatz von Windows 2000. Auch wenn die Software Windows 2000 lediglich die Vorgängerversion ersetzt hat, schließt dieser Neueinsatz das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG nicht aus. Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG ist nämlich nicht nur bei der Einführung und erstmaligen Anwendung von EDV-Anlagen betroffen, sondern auch bei der Einführung eines neuen Programms oder bei der Änderung von vorhandenen Programmen (Fitting/Engels/Schmidt/Trebinger/Linsenmaier, BetrVG, 22. Aufl., § 87 Rz. 234, 248 f., 249; Däubler/Kittner/Klebe, BetrVG, 9. Aufl., § 87 Rz. 156 m.w.N.). § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG räumt dem Betriebsrat die Möglichkeit ein, bei der Festlegung des Verwendungszwecks gespeicherter Leistungs- oder Verhaltensdaten mitzubestimmen. Wie das Mitbestimmungsrecht im Einzelnen ausgeübt wird, ob und wann der Betriebsrat jeweils einzuschalten ist, bleibt der Vereinbarung der Betriebspartner überlassen (BAG, Beschluss vom 11.03.1986 - AP BetrVG 1972 § 87 Überwachung Nr. 14).

Auch hinsichtlich der Telefonanlage und des im Betrieb der Arbeitgeberin eingesetzten Zeiterfassungssystems besteht ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG (Fitting, a.a.O., § 87 Rz. 244 m.w.N.). Auch die Einrichtung einer neuen Telefonanlage im Betrieb im Jahre 2005 war insoweit mitbestimmungspflichtig. Ob es sich dabei um eine Ersatzbeschaffung für eine ältere Anlage gehandelt hat und ob ein Dritter - etwa die Telekom - die Anschaffung einer neuen Anlage veranlasst hat, ist insoweit unerheblich.

Allein die Einführung der neuen Software Windows 2000 sowie der neuen Telefonanlage im Jahre 2005 werden durch die Betriebsvereinbarung vom 19.09.1999 nicht geregelt. Bereits insoweit besteht - unabhängig von der Kündigung der Betriebsvereinbarung vom 16.09.1999 - ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats, das bislang nicht ausgeübt worden ist.

c) Die Beschwerdekammer ist darüber hinaus der Auffassung, dass Ziffer 2. der Betriebsvereinbarung vom 16.09.1999 den betroffenen Personenkreis ausdrücklich auf die dort genannten Mitarbeiter der Produktion beschränkt. Da unstreitig auch der Verwaltungsbereich im Betrieb der Arbeitgeberin von Informations- und Kommunikationstechnologien erfasst wird, besteht auch insoweit ein Regelungsbedarf. Zwar ist die Arbeitgeberin der Ansicht, dass in Ziffer 6. der Betriebsvereinbarung umfassende Regelungen zur Benutzung der EDV enthalten seien. Ziffer 6. der Betriebsvereinbarung enthält aber keine Erweiterung des betroffenen Personenkreises nach Ziffer 2. der Betriebsvereinbarung. Mindestens besteht insoweit zwischen den Beteiligten Streit über die Auslegung der Betriebsvereinbarung vom 16.09.1999, so dass sich die Zuständigkeit der Einigungsstelle nach Ziffer 9. der Betriebsvereinbarung auch insoweit ergibt.

II.

1. Zum Vorsitzenden der Einigungsstelle hat die Beschwerdekammer auf Antrag des Betriebsrats den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Hamm, Peter Schmidt, bestellt.

Der Umstand, dass die Arbeitgeberin den Vorschlag des Betriebsrats erstinstanzlich abgelehnt hat, nötigte die Beschwerdekammer nicht dazu, einen anderen Vorsitzenden zu bestellen.

Das Betriebsverfassungsgesetz normiert keine besonderen Voraussetzungen für das Amt des Einigungsstellenvorsitzenden. Bei dem Einigungsstellenvorsitzenden muss es sich lediglich um eine Person handeln, die die Voraussetzungen des § 98 Abs. 1 Satz 4 ArbGG (Inkompatibilität) und des § 76 Abs. 2 Satz 1 BetrVG (Unparteilichkeit) erfüllt. Als weitere ungeschriebene Voraussetzungen müssen die notwendige Sach- und Rechtskunde hinzutreten. Das Vorliegen dieser Voraussetzungen kann auch von der Arbeitgeberin bei dem Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Hamm, Herrn Schmidt, nicht in Frage gestellt werden. Bei dem bestellten Vorsitzenden handelt es sich um einen äußerst fachkundigen und fähigen Richter der Arbeitsgerichtsbarkeit, der auch über zahlreiche Erfahrungen als Einigungsstellenvorsitzender verfügt. Die bloße Ablehnung des bestellten Vorsitzenden durch die Arbeitgeberseite ohne Mitteilung nachvollziehbarer Gründe ist insoweit unzureichend (LAG Frankfurt, Beschluss vom 23.06.1988 - LAGE ArbGG 1969 § 98 Nr. 12; LAG Bremen, Beschluss vom 01.07.1988 - AiB 1988, 315; LAG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 22.06.1989 - LAGE ArbGG 1979 § 98 Nr. 17; LAG Nürnberg, Beschluss vom 02.07.2004 - NZA-RR 2005, 100; Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-Glöge, a.a.O., § 98 Rz. 25; ErfK/Eisemann, 6. Aufl., § 98 ArbGG Rz. 5 m.w.N.).

Soweit die Arbeitgeberin erstinstanzlich vorgeschlagen hat, einen in der näheren Umgebung tätigen Richter am Arbeitsgericht zum Vorsitzenden einer Einigungsstelle zu bestimmen, ist darauf hinzuweisen, dass der bestellte Vorsitzende seinen Wohnsitz in der Nähe von B4xxxxxxx hat und auch insoweit keine erhöhten Fahrt- oder Reisekosten auf die Arbeitgeberin zukommen.

2. Die Zahl der Beisitzer der Einigungsstelle hat die Beschwerdekammer mit drei für jede Seite festgelegt.

Zwar entspricht es der Regelbesetzung einer Einigungsstelle, auf jeder Seite zwei Beisitzer zu bestimmen (LAG Hamm, Beschluss vom 08.04.1987 - NZA 1988, 210; LAG München, Beschluss vom 15.07.1991 - NZA 1992, 185; LAG Frankfurt, Beschluss vom 29.09.1992 - NZA 1993, 1008; LAG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 04.02.1997 - DB 1997, 832; Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-Glöge, a.a.O., § 98 Rz. 31; ErfK/Eisemann, a.a.O., § 98 ArbGG Rz. 6 m.w.N.). Wie groß die Zahl der Beisitzer ist, richtet sich aber nach der Bedeutung und dem Umfang der Regelungsstreitigkeit sowie nach der Zumutbarkeit der durch eine Einigungsstelle entstehenden Kosten.

Mit dem Betriebsrat ist auch die Beschwerdekammer der Auffassung, dass im vorliegenden Fall drei Beisitzer je Seite erforderlich sind, damit jede Seite die Möglichkeit hat, neben dem betrieblichen Beisitzer angesichts des Regelungsgegenstandes ein Einigungsstellenmitglied mit technischem Sachverstand sowie ein weiteres Mitglied mit juristischem Sachverstand als Beisitzer in die Einigungsstelle zu entsenden. Eine größere Zahl von Beisitzern kommt insbesondere dann in Betracht, wenn besonders schwierige oder umfangreiche Regelungsfragen zu entscheiden sind und deshalb besondere Kenntnisse oder Fertigkeiten für die sachgerechte Behandlung in der Einigungsstelle erforderlich sind. Gerade bei der Behandlung von komplexen EDV-Fragen erscheint es unumgänglich, ein Einigungsstellenmitglied mit technischem Sachverstand und ein weiteres Mitglied mit juristischem Sachverstand hinzuzuziehen.

Ende der Entscheidung

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