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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Beschluss verkündet am 24.05.2006
Aktenzeichen: 10 TaBV 182/05
Rechtsgebiete: BetrVG


Vorschriften:

BetrVG § 99 Abs. 1
BetrVG § 99 Abs. 2 Nr. 1
BetrVG § 99 Abs. 2 Nr. 4
BetrVG § 99 Abs. 3 S. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Beschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Dortmund vom 13.10.2005 - 3 BV 5/05 - wird zurückgewiesen.

Gründe:

A

Die Beteiligten streiten um die vom Betriebsrat verweigerte Zustimmung zur Eingruppierung mehrerer Arbeitnehmer.

Mit Wirkung zum 01.04.2001 übernahm die antragstellende Arbeitgeberin den Zustellgroßhandel der Firma W1. K2xxx GmbH & Co. KG. Die Arbeitgeberin betreibt insoweit ein Auslieferungslager, von dem aus der selbständige Einzelhandel mit Lebensmitteln und Verbrauchsgütern beliefert wird. Im Betrieb der Arbeitgeberin sind zuletzt über 270 Mitarbeiter beschäftigt. Es ist ein Betriebsrat gewählt, der aus neun Personen besteht.

Im Unternehmen der Arbeitgeberin finden die Tarifverträge für den Groß- und Außenhandel NRW Anwendung. Nach der Übernahme des Zustellgroßhandels der Firma W1. K2xxx GmbH & Co. KG strebte die Arbeitgeberin die korrekte Eingruppierung der nunmehr bei ihr beschäftigten Mitarbeiter in das einschlägige tarifliche Entgeltgruppenschema nach dem Lohnabkommen vom 17.07.2003 an. Insoweit konnte eine Einigung mit dem Betriebsrat nicht erzielt werden. In dem daraufhin aufgrund des Beschlussverfahrens 3 BV 33/02 Arbeitsgericht Detmold eingeleiteten Einigungsstellenverfahren kam es am 15.07.2004 zu einer "Betrieblichen Einigung" (Bl. 25 ff.d.A.), nach der sämtliche Mitarbeiter der Arbeitgeberin in die zutreffende Entgeltgruppe des Lohn- bzw. Gehaltsabkommens im Groß- und Außenhandel NRW ein- bzw. umgruppiert wurden. Diese Einigung wurde dergestalt umgesetzt, dass die Arbeitgeberin sich mit den meisten Mitarbeitern auf die Zahlung einer Umgruppierungszulage in Höhe der Differenz zwischen der alten tariflichen Bruttogrundvergütung und der sich nach der Umgruppierung ergebenden neuen tariflichen Bruttovergütung einigte, die bei etwaigen Tariferhöhungen anzurechnen ist.

Hinsichtlich der Mitarbeiter, mit denen eine vertragliche Einigung nicht erzielt werden konnte, bat die Arbeitgeberin den Betriebsrat mit Schreiben vom 11.01.2005 (Bl. 38 ff.d.A.), beim Betriebsrat eingegangen am 17.01.2005, um Zustimmung zu der entsprechenden Umgruppierung. Hierbei handelte es sich um 17 Mitarbeiter.

Mit Schreiben vom 20.01.2005 (Bl. 71 ff.d.A.) verweigerte der Betriebsrat unter Bezugnahme auf § 99 Abs. 2 Nr. 1 und 4 BetrVG seine Zustimmung zu der jeweils beabsichtigten Umgruppierung der 17 Mitarbeiter. Die Zustimmungsverweigerungen vom 20.01.2005 enthalten - je nach betroffenem Mitarbeiter - folgende Begründungen:

a): "Entsprechend dem gültigen Arbeitsvertrag zwischen der M1xxxxx Ostwestfalen und Herrn ..... ist eine Abgruppierung und eine Reduzierung der vertraglichen Ansprüche ausgeschlossen."

b): "Herr ..... hat das 53igste Lebensjahr vollendet und hat eine Betriebszugehörigkeit von mehr als 12 Jahren, somit fällt er untern den besonderen Schutz des § 14 des gültigen Manteltarifvertrages im Groß- und Außenhandel des Landes NRW."

c): "Herr ..... ist Ersatzmitglied des Betriebsrates, und hat am ..... zuletzt an einer Betriebsratssitzung teilgenommen, steht somit unter dem besonderen Schutz des Betriebsverfassungsgesetzes und des Kündigungsschutzgesetzes."

Am 14.02.2005 leitete die Arbeitgeberin daraufhin das vorliegende Beschlussverfahren beim Arbeitsgericht ein.

Die Arbeitgeberin hat die Auffassung vertreten, die vom Betriebsrat erklärte Verweigerung der Zustimmung sei nicht ausreichend begründet und damit unbeachtlich, zumindest aber unbegründet. Ein Zustimmungsverweigerungsgrund im Sinne des § 99 Abs. 2 BetrVG liege nicht vor.

Der Betriebsrat sei an die betriebliche Einigung vom 15.07.2004 gebunden. Die von der Einigungsstelle gefundenen Eingruppierungsergebnisse seien vom Betriebsrat ausdrücklich abgesegnet worden. Hierin liege bereits die Zustimmung des Betriebsrates.

Die bloße Wiedergabe eines gesetzlichen Zustimmungsverweigerungsgrundes im Zustimmungsverweigerungsschreiben sei unzureichend. Ein angeblicher Verstoß gegen eine arbeitsvertragliche Vereinbarung stelle auch keinen Zustimmungsverweigerungsgrund im Sinne des § 99 Abs. 2 BetrVG dar. § 14 MTV schütze nicht vor einer Neubewertung der Tätigkeit. Schließlich sei eine Umgruppierung eines Mitarbeiters auch nicht durch den Sonderkündigungsschutz der §§ 15 KSchG, 103 BetrVG ausgeschlossen.

Die Arbeitgeberin hat beantragt,

festzustellen, dass die Zustimmung des Betriebsrates zur Umgruppierung

1. des Mitarbeiters U1x P3xx in die Tarifvergütung der Gruppe L3,

2. des Mitarbeiters H3xxx-R4xxxxx S5xxxxx in die Tarifvergütung der Gruppe L3,

3. des Mitarbeiters W2xxxxxx L2xxxxxxx in die Tarifvergütung der Gruppe L3,

4. des Mitarbeiters T1xxxxxx L3xxxxx in die Tarifvergütung der Gruppe L3,

5. des Mitarbeiters R5xx B3xxxx in die Tarifvergütung der Gruppe L3,

6. des Mitarbeiters M3xxxxx G2xxxx in die Tarifvergütung der Gruppe L3,

7. des Mitarbeiters M3xxxxx G3xxxxxxx in die Tarifvergütung der Gruppe L4,

8. des Mitarbeiters P4xxx H4xxxxxxx in die Tarifvergütung der Gruppe L3,

9. des Mitarbeiters W2xxxxxx K3xxxxxx in die Tarifvergütung der Gruppe L3,

10. des Mitarbeiters J1xxxx K4xxxx in die Tarifvergütung der Gruppe L3,

11.des Mitarbeiters H3xxx-D3xxxx W3xxxxx in die Tarifvergütung der Gruppe L3,

12. des Mitarbeiters M4xxxx S6xxxxx in die Tarifvergütung der Gruppe L3,

13. des Mitarbeiters O4xxxx H5xxxx in die Tarifvergütung der Gruppe L4,

14. des Mitarbeiters D4xxxxx H6xxxxxx in die Tarifvergütung der Gruppe L4,

15. des Mitarbeiters R2xxxx O`B2xxx in die Tarifvergütung der Gruppe L4,

16. des Mitarbeiters B4xxx K6xxx in die Tarifvergütung der Gruppe G3 und

17. des Mitarbeiters F1xxx K5xxxx in die Tarifvergütung der Gruppe L5

als erteilt gilt.

Der Betriebsrat hat beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Er hat die Auffassung vertreten, die von ihm erklärte Zustimmungsverweigerung sei vor allem deshalb begründet, weil die Arbeitgeberin gegen eine gesetzliche Vorschrift, nämlich § 611 BGB, insoweit verstoße, als sie ihrer Verpflichtung zur Gewährung der vereinbarten Vergütung nicht nachkomme bzw. nicht nachkommen wolle, wenn sie die vertraglich vereinbarte Vergütung durch Umgruppierung abzuändern beabsichtige. Die Angabe der Vergütungsgruppe im Arbeitsvertrag sei Vertragsgrundlage und könne nur durch eine Änderungskündigung korrigiert werden.

Im Übrigen verstoße die Arbeitgeberin mit der beabsichtigten Umgruppierung auch gegen den besonderen Kündigungsschutz von betroffenen Betriebsrats- bzw. Ersatzmitgliedern nach § 15 KSchG bzw. gegen § 14 MTV Groß- und Außenhandel NRW, soweit die betroffenen Arbeitnehmer die Voraussetzungen erfüllten. Auch in diesen Fällen sei die Umgruppierung nur im Wege einer Änderungskündigung möglich.

Der Betriebsrat sei auch nicht an die Einigung im Einigungsstellenverfahren gebunden. Die Eingruppierung eines Mitarbeiters könne nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein, sie sei Rechtsanwendung und damit der Gestaltung der Betriebsparteien entzogen.

Durch Beschluss vom 13.10.2005 hat das Arbeitsgericht dem Feststellungsantrag der Arbeitgeberin stattgegeben und zur Begründung ausgeführt, dem Betriebsrat stünden die geltend gemachten Zustimmungsverweigerungsgründe nicht zu.

Gegen den dem Betriebsrat am 21.10.2005 zugestellten Beschluss, auf dessen Gründe im Einzelnen Bezug genommen wird, hat der Betriebsrat am 21.11.2005 Beschwerde zum Landesarbeitsgericht eingelegt und mit Schriftsatz vom 20.01.2006 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet.

Der Betriebsrat ist nach wie vor der Auffassung, dass ihm ein Zustimmungsverweigerungsgrund im Sinne des 99 Abs. 2 BetrVG zustehe.

Die Umgruppierung als solche sei gesetzeswidrig, weil und soweit sie gegen die entsprechende arbeitsvertragliche Vereinbarung verstoße. Ein Zustimmungsverweigerungsgrund liege bereits dann vor, wenn die geplante Maßnahme ganz unterbleiben müsse. Soweit sich die betroffenen Mitarbeiter auf eine ausdrückliche arbeitsvertragliche Vergütungsvereinbarung berufen könnten, verstoße die geplante Umgruppierung gegen diese arbeitsvertragliche Vereinbarung und sei als solche gesetzeswidrig. Ein Zustimmungsverweigerungsrecht sei immer dann gegeben, wenn die tatsächliche Beschäftigung durch die Verbotsnorm aus Gründen des kollektiven oder individuellen Arbeitnehmerschutzes verhindert werden solle. Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates bei der Ein- bzw. Umgruppierung diene mindestens auch dem Schutzes des einzelnen Arbeitnehmers vor einer unzutreffenden Eingruppierung. Aus diesem Grunde sei ein Zustimmungsverweigerungsrecht auch dann gegeben, wenn die Umgruppierung dem gültigen Arbeitsvertrag widerspreche. Noch mit Schreiben vom 22.11.2005 (Bl. 159 d.A.) habe die Arbeitgeberin ausdrücklich angekündigt, die entsprechende Umgruppierung vornehmen zu wollen.

Mit der beabsichtigten Umgruppierung wolle die Arbeitgeberin zusätzlich bei bestimmten Mitarbeitern den Sonderkündigungsschutz von Betriebsratsmitgliedern und älteren Arbeitnehmern bewusst umgehen. Offenbar beabsichtige sie gar keine Änderungskündigung, sondern wolle die Umgruppierung ohne Einhaltung von Kündigungsfristen und Ausspruch einer Kündigung durchführen.

Der Betriebsrat beantragt,

den Beschluss des Arbeitsgerichts Detmold vom 13.10.2005 - 3 BV 5/05 - abzuändern und den Antrag der Arbeitgeberin abzuweisen.

Die Arbeitgeberin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie verteidigt den angefochtenen Beschluss und ist nach wie vor der Auffassung, dem Betriebsrat stünden keine Zustimmungsverweigerungsgründe zur Seite. Die beabsichtigte Umgruppierung sei nicht gesetzeswidrig.

Es könne nicht unberücksichtigt bleiben, dass der Betriebsrat an der Umgruppierung auch der im vorliegenden Verfahren betroffenen Mitarbeiter im Einigungsstellenverfahren bereits beteiligt gewesen sei und dort ausdrücklich eine Zustimmung erteilt habe. Mindestens erweise sich das nunmehrige Verhalten des Betriebsrates als treuwidrig. Im Einigungsstellenverfahren habe der Betriebsrat seine Zustimmung ausdrücklich erteilt. Dies könne er jetzt nicht mehr rückgängig machen und seine Zustimmung ablehnen.

Der Betriebsrat könne die erbetene Zustimmung zur Umgruppierung der betroffenen Mitarbeiter auch nicht deshalb verweigern, weil individualrechtlich eine abweichende Eingruppierung zugesagt sein solle. Das dem Betriebsrat durch § 99 BetrVG eingeräumte Mitbeurteilungsrecht bei der Umgruppierung von Mitarbeitern sei kein Instrument zur umfassenden Vertragskontrolle. Ein etwaiger Verstoß gegen den Inhalt eines abgeschlossenen Arbeitsvertrages mit einem Mitarbeiter führe nicht automatisch zu einem Zustimmungsverweigerungsgrund nach § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG. Das Zustimmungsverfahren nach § 99 BetrVG diene nicht der Durchsetzung individualrechtlicher Ansprüche einzelner Mitarbeiter. In welcher Weise der Arbeitgeber die Umgruppierung umsetzen werde, sei keine Frage des Zustimmungsverweigerungsverfahrens.

Das Schreiben der Arbeitgeberin vom 22.11.2005 zeige lediglich, dass es Ziel der Arbeitgeberin sei, mit den betroffenen Mitarbeitern zu einer einvernehmlichen Lösung zu kommen. Bei keinem der betroffenen Mitarbeiter sei die beabsichtigte Umgruppierung bislang durchgeführt worden.

Im Übrigen wird auf den weiteren Inhalt der von den Beteiligten gewechselten Schriftsätze ergänzend Bezug genommen.

B

Die zulässige Beschwerde des Betriebsrates ist nicht begründet.

Zu Recht hat das Arbeitsgericht dem Antrag der Arbeitgeberin stattgegeben.

I.

Der Antrag der Arbeitgeberin ist nach den §§ 2 a, 80 Abs. 1 ArbGG zulässig. Zwischen den Beteiligten ist eine betriebsverfassungsrechtliche Angelegenheit nach § 99 BetrVG, nämlich die Umgruppierung von 17 Mitarbeitern, streitig.

Die Antrags- und Beteiligungsbefugnis der Arbeitgeberin und des Betriebsrats ergeben sich aus den §§ 10, 83 Abs. 3 ArbGG.

Die von der personellen Maßnahme betroffenen Mitarbeiter waren im vorliegenden Beschlussverfahren nicht zu beteiligen (BAG, Beschluss vom 23.03.1983 - AP BetrVG 1972 § 101 Nr. 6; BAG, Beschluss vom 17.05.1983 - AP BetrVG 1972 § 99 Nr. 18; BAG, Beschluss vom 20.10.2004 - AP BetrVG 1972 § 99 Eingruppierung Nr. 29; Fitting/Engels/ Schmidt/Trebinger/Linsenmaier, BetrVG, 23. Aufl., § 99 Rz. 235; Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-Glöge, ArbGG, 5. Aufl., § 83 Rz. 47 m.w.N.). Sie haben keine betriebsverfassungsrechtliche Rechtsposition, die durch die Entscheidung im vorliegenden Verfahren berührt sein könnte. Sie können erforderlichenfalls die Richtigkeit der Eingruppierung im Urteilsverfahren überprüfen lassen.

II.

Der Feststellungsantrag der Arbeitgeberin ist nach § 99 Abs. 3 Satz 2 BetrVG begründet. Dies hat das Arbeitsgericht zutreffend erkannt.

1. Die Arbeitgeberin bedurfte der Zustimmung des Betriebsrates zu der beabsichtigten Umgruppierung der im Antrag genannten 17 Mitarbeiter.

a) Nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG hat der Arbeitgeber in Betrieben mit in der Regel mehr als 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern die Zustimmung des Betriebsrates zu jeder Einstellung, Eingruppierung, Umgruppierung und Versetzung einzuholen.

Die Voraussetzungen, unter denen das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates entsteht, sind erfüllt. Im Betrieb der Arbeitgeberin sind mehr als 20 wahlberechtigte Arbeitnehmer beschäftigt.

Bei der geplanten personellen Maßnahme handelt es sich auch um eine Umgruppierung im Sinne des § 99 Abs. 1 BetrVG. Unter Umgruppierung ist jede Änderung der Einreihung in die tarifliche oder betriebliche Lohn- oder Gehaltsgruppenordnung, also eine Neueingruppierung zu verstehen, unabhängig davon, ob der Arbeitnehmer ein höheres, niedrigeres oder weiterhin gleiches Arbeitsentgelt erzielt (BAG, Beschluss vom 06.08.2002 - AP BetrVG 1972 § 99 Eingruppierung Nr. 27; Fitting, a.a.O., § 99 Rz. 86). Dabei bezieht sich das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates nicht nur auf die Bestimmung der jeweiligen Vergütungsgruppe, sondern auch auf dazugehörige Fallgruppen oder Stufenregelungen (BAG, Beschluss vom 27.07.1993 - AP BetrVG 1972 § 99 Nr. 101; Fitting, a.a.O., Rz. 78, 91). Auch die Berichtigung einer vom Arbeitgeber für unzutreffend gehaltenen Eingruppierung ist zustimmungspflichtig (BAG, Beschluss vom 28.04.1998 - AP BetrVG 1972 § 99 Eingruppierung Nr. 18; Fitting, a.a.O., § 99 Rz. 90). Die Festlegung der für die betroffenen Mitarbeiter zutreffenden Vergütungsgruppen nach den Bestimmungen des Lohnabkommens bzw. Gehaltsabkommens im Groß- und Außenhandel NRW betrifft die innerbetriebliche Lohngerechtigkeit und beeinflusst die Höhe der jeweiligen Vergütung. Dabei hat der Betriebsrat, wenn auch kein Mitgestaltungsrecht, so doch ein Mitbeurteilungsrecht (BAG, Beschluss vom 22.03.1983 - AP BetrVG 1972 § 101 Nr. 6; BAG, Beschluss vom 28.01.1986 - AP BetrVG 1972 § 99 Nr. 32; BAG, Beschluss vom 12.08.1997 - AP BetrVG 1972 § 99 Eingruppierung Nr. 14; BAG, Beschluss vom 27.06.2000 - AP BetrVG 1972 § 99 Eingruppierung Nr. 23; Fitting, a.a.O., § 99 Rz. 81; ErfK/Kania, 6. Aufl., § 99 BetrVG Rz. 12 m.w.N.).

b) Entgegen der Rechtsauffassung der Arbeitgeberin war die Zustimmung des Betriebsrates auch nicht deshalb entbehrlich, weil sie bereits durch die "Betriebliche Einigung" vom 15.07.2004 erteilt worden ist. Das Zustimmungsverfahren nach § 99 Abs. 1 BetrVG ist von der Arbeitgeberin erst mit Schreiben vom 11.01.2005 eingeleitet worden. Die Einleitung des Zustimmungsverfahrens hat nicht durch Einsetzung der Einigungsstelle stattgefunden. Die zutreffende Ein- oder Umgruppierung eines Mitarbeiters in eine tarifliche Vergütungsgruppe kann nicht von einer Einigungsstelle geregelt werden, sie kann wegen des Tarifvorrangs des § 77 Abs. 3 BetrVG nicht Gegenstand eines Einigungsstellenspruches sein. Dies hat im vorliegenden Fall offenbar auch die Arbeitgeberin so gesehen, indem sie erst nach der betrieblichen Einigung vom 15.07.2004 in den streitigen Fällen das Verfahren auf Zustimmung zur Umgruppierung der betroffenen Mitarbeitern mit Schreiben vom 11.01.2005 eingeleitet hat.

2. Die Zustimmung des Betriebsrats zu den beabsichtigten Umgruppierungen der 17 betroffenen Mitarbeiter gilt nach § 99 Abs. 3 Satz 2 BetrVG als erteilt.

a) Zu Gunsten des Betriebsrats geht die Beschwerdekammer davon aus, dass der Betriebsrat die begehrte Zustimmung form- und fristgerecht innerhalb einer Woche nach Unterrichtung durch den Arbeitgeber gemäß § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG schriftlich verweigert hat.

Die Schreiben des Betriebsrats vom 20.01.2005 sind jeweils schriftlich abgefasst und ordnungsgemäß unterzeichnet worden, § 126 BGB.

Auch die Wochenfrist des § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG ist eingehalten. Die Zustimmungsanträge der Arbeitgeberin vom 11.01.2005 sind unstreitig am 17.01.2005 beim Betriebsrat eingegangen. Mit Schreiben vom 20.01.2005 hat der Betriebsrat seine Zustimmung jeweils versagt.

b) Der Eintritt der Zustimmungsfiktion des § 99 Abs. 3 Satz 2 BetrVG ergibt sich bereits deshalb, weil die Zustimmungsverweigerungen des Betriebsrates vom 20.01.2005 nicht ausreichend begründet worden sind.

Nach § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG bedarf die Zustimmungsverweigerung des Betriebsrates der Angabe von Gründen. Eine formgerechte Zustimmungsverweigerung ist nur dann gegeben, wenn sie mit Gründen versehen ist. Nur wenn der Betriebsrat die Zustimmungsverweigerung hinreichend begründet, liegt eine beachtliche Zustimmungsverweigerung vor. Dabei muss die Zustimmungsverweigerung es als möglich erscheinen lassen, dass einer der in § 99 Abs. 2 BetrVG abschließend aufgezählten Gründe geltend gemacht wird. Nimmt die Begründung des Betriebsrates offensichtlich auf keinen der Verweigerungsgründe des § 99 Abs. 2 BetrVG Bezug, ist die Zustimmungsverweigerung unbeachtlich (BAG, Beschluss vom 26.01.1988 - AP BetrVG 1972 § 99 Nr. 50; BAG, Beschluss vom 03.10.1989 - AP BetrVG 1972 § 99 Nr. 75; BAG, Beschluss vom 20.10.1990 - AP BetrVG 1972 § 118 Nr. 47; BAG, Beschluss vom 27.06.2000 - AP BetrVG 1972 § 99 Eingruppierung Nr. 23; BAG, Beschluss vom 06.08.2002 - AP BetrVG 1972 § 99 Eingruppierung Nr. 27; Fitting, a.a.O., § 99 Rz. 214; Däubler/Kittner/Klebe/Bachner, BetrVG, 10. Aufl., § 99 Rz. 164; Kraft/Raab, GK-BetrVG, 8. Aufl., § 99 Rz. 116 ff.; ErfK/Kania, a.a.O., § 99 BetrVG Rz. 39 m.w.N.). So liegt der vorliegende Fall. Die Zustimmungsverweigerung des Betriebsrates vom 20.01.2005 mangelt es an einer hinreichenden Begründung.

aa) Soweit der Betriebsrat in seinem Zustimmungsverweigerungsschreiben vom 20.01.2005 auf die Zustimmungsverweigerung "entsprechend §§ 99 Abs. 2 Nr. 1 und 4 BetrVG" hinweist, liegt keine mit Gründen versehene Zustimmungsverweigerung vor. Die Wiederholung des Wortlauts einer der Nummern des Absatzes 2 des § 99 BetrVG genügt nicht, um eine hinreichende Zustimmungsverweigerung anzunehmen (BAG, Beschluss vom 13.07.1973 - AP BetrVG 1972 § 101 Nr. 1; BAG, Beschluss vom 24.07.1979 - AP BetrVG 1972 § 99 Nr. 11; BAG, Beschluss vom 16.07.1985 - AP BetrVG 1972 § 99 Nr. 21; Fitting, a.a.O., § 99 Rz. 214; ErfK/Kania, a.a.O., § 99 BetrVG Rz. 39; Kraft/Raab, a.a.O., § 99 Rz. 118).

bb) Hinzu kommt, dass der Zustimmungsverweigerungsgrund des § 99 Abs. 2 Nr. 4 BetrVG bei einer Ein- oder Umgruppierung eines Mitarbeiters regelmäßig nicht in Betracht kommt. Eine Ein- oder Umgruppierung, die von der im Betrieb geltenden Vergütungsordnung geboten wird, stellt keinen Nachteil des betroffenen Arbeitnehmers im Sinne des § 99 Abs. 2 Nr. 4 BetrVG dar (BAG, Beschluss vom 06.08.2002 - AP BetrVG 1972 § 99 Eingruppierung Nr. 27; Fitting, a.a.O., § 99 Rz. 198; Kraft/Raab, GK-BetrVG, a.a.O., § 99 Rz. 158 m.w.N.).

cc) Auch soweit der Betriebsrat in dem Zustimmungsverweigerungsschreiben vom 20.01.2005 darauf hinweist, dass nach dem jeweiligen Arbeitsvertrag des betroffenen Mitarbeiters eine Abgruppierung und eine Reduzierung der vertraglichen Ansprüche ausgeschlossen sei, liegen hinreichende Zustimmungsverweigerungsgründe im Sinne des § 99 Abs. 2 BetrVG nicht vor. Auch der Zustimmungsverweigerungsgrund des § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG ist damit nicht hinreichend in Bezug genommen worden.

Nach § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG kann der Betriebsrat die Zustimmung verweigern, wenn die personelle Maßnahme gegen ein Gesetz, eine Verordnung, eine Unfallverhütungsvorschrift oder gegen eine Bestimmung in einem Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung verstoßen würde.

Die Arbeitgeberin verweist im vorliegenden Verfahren bereits zutreffend darauf hin, dass der Verstoß gegen eine arbeitsvertragliche Vereinbarung nicht zu den Zustimmungsverweigerungsgründen im Sinne des § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG gehört. Nur wenn die personelle Maßnahme selbst gegen ein Gesetz, gegen einen Tarifvertrag oder eine sonstige Norm verstößt, kann ein Zustimmungsverweigerungsgrund im Sinne des § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG in Betracht kommen. Die personelle Maßnahme muss als solche untersagt sein. Dagegen genügt es nicht, dass einzelne Vertragsbedingungen rechtswidrig sind oder die personelle Maßnahme gegen einzelne Vertragsbestimmungen verstößt. Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates nach § 99 BetrVG ist kein Instrument zur umfassenden Vertragskontrolle (BAG, Beschluss vom 28.06.1994 - AP BetrVG 1972 § 99 Einstellung Nr. 4; BAG, Beschluss vom 28.03.2000 - AP BetrVG 1972 § 99 Einstellung Nr. 27; BAG, Beschluss vom 12.11.2002 - AP BetrVG 1972 § 99 Einstellung Nr. 41; BAG, Beschluss vom 14.12.2004 - AP BetrVG 1972 § 99 Nr. 121; Fitting, a.a.O., § 99 Rz. 163, 168; ErfK/Kania, a.a.O., § 99 Rz. 33, 23; Kraft/Raab, a.a.O., § 99 Rz. 131 m.w.N.).

Hiernach kann der Betriebsrat im Zustimmungsverfahren nach § 99 BetrVG nicht geltend machen, die beabsichtigte Eingruppierung verstoße gegen eine arbeitsvertragliche Vereinbarung des betroffenen Arbeitnehmers. Der Betriebsrat ist nicht Sachwalter der individualrechtlichen Rechte der einzelnen Arbeitnehmer. Ob die beabsichtigte Eingruppierung der betroffenen Mitarbeiter gegen deren arbeitsvertragliche Vereinbarungen, die sie mit der Arbeitgeberin abgeschlossen haben, verstößt, ist nicht im Zustimmungsersetzungsverfahren zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber zu prüfen, sondern muss im Individualrechtsstreit des betroffenen Mitarbeiters mit dem Arbeitgeber geklärt werden. Es ist nicht Aufgabe des Betriebsrates im Rahmen des § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG, die Einhaltung des Inhalts des jeweiligen Arbeitsvertrages zu überwachen. Auch § 611 BGB stellt kein gesetzliches Verbot in diesem Sinne dar (so ausdrücklich: BAG, Beschluss vom 10.08.1993 - NZA 1994, 187). Das kollektivrechtliche Mitbestimmungsverfahren und das Verfahren zur individualrechtlichen Durchsetzung der beabsichtigten Maßnahme stehen nebeneinander. Die Zustimmung des Betriebsrats zu einer mitbestimmungspflichtigen Maßnahme bzw. deren Ersetzung führt noch nicht zur individualrechtlichen Wirksamkeit der Maßnahme gegenüber dem Arbeitnehmer. Beide Verfahren sind grundsätzlich unabhängig voneinander durchzuführen.

Auch die Begründung des Betriebsrates in einigen Zustimmungsverweigerungsschreiben, wonach der betroffene Mitarbeiter aufgrund seines Alters und der Länge seiner Betriebszugehörigkeit unter den besonderen Schutz des § 14 MTV Groß- und Außenhandel NRW falle, stellt keinen hinreichenden Zustimmungsverweigerungsgrund im Sinne des § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG dar.

Richtig ist zwar, dass nach § 14 Nr. 2 MTV einem Arbeitnehmer, der das 53. Lebensjahr, aber noch nicht das 65. Lebensjahr vollendet und dem Unternehmen mindestens 12 Jahre ununterbrochen angehört hat, in Betrieben mit mehr als 100 Arbeitnehmern, in denen ein Betriebsrat besteht, aus betriebsbedingten Gründen ordentlich nur mit Zustimmung des Betriebsrates gemäß § 102 Abs. 6 letzter Halbsatz BetrVG gekündigt werden kann. Bislang ist aber die Zustimmung des Betriebsrates zu einer derartigen Kündigung überhaupt noch nicht eingeholt worden. Die im vorliegenden Fall streitige Umgruppierung der betroffenen Mitarbeiter ist aber für sich genommen nach § 14 MTV nicht ausgeschlossen. Soweit eine Änderungskündigung erforderlich ist, bedarf sie lediglich der Zustimmung des Betriebsrates. Ob sie erteilt wird oder gegebenenfalls im Zustimmungsersetzungsverfahren vom Arbeitsgericht ersetzt werden muss, ist im vorliegenden Verfahren nicht zu überprüfen.

Das Gleiche gilt, soweit sich der Betriebsrat in einigen Zustimmungsverweigerungsschreiben vom 20.01.2005 auf den Sonderkündigungsschutz von Betriebsratsmitgliedern beruft. Ob eine mögliche Änderungskündigung überhaupt beabsichtigt ist und die erforderliche Zustimmung erteilt wird, ist nicht Gegenstand des Zustimmungsersetzungsverfahren zur Umgruppierung.

dd) Die Beschwerdekammer hat nicht überprüft, ob die Umgruppierung der betroffenen Mitarbeitern in die jeweilige Lohn- bzw. Gehaltsgruppe des Lohn- bzw. Gehaltsabkommens Groß- und Außenhandel NRW zutreffend ist. Dass der jeweilige Mitarbeiter unzutreffend in die jeweilige Lohn- bzw. Gehaltsgruppe eingruppiert ist, trägt der Betriebsrat weder in den Zustimmungsverweigerungsschreiben vom 20.01.2005 noch im vorliegenden Beschlussverfahren vor. Auf einen derartigen Zustimmungsverweigerungsgrund könnte der Betriebsrat sich auch nicht mehr berufen. Diesen hat er nämlich nicht innerhalb der Wochenfrist des § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG vorgebracht. In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass der Betriebsrat mit Widerspruchsgründen, die er dem Arbeitgeber nicht innerhalb der Wochenfrist des § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG schriftlich mitgeteilt hat, im weiteren Verfahren ausgeschlossen ist (BAG, Beschluss vom 03.07.1984 - AP BetrVG 1972 § 99 Nr. 20; BAG, Beschluss vom 15.04.1986 - AP BetrVG 1972 § 99 Nr. 36 - unter B. II. 3. a) der Gründe; BAG, Beschluss vom 15.09.1987 - AP BetrVG 1972 § 99 Nr. 45 - unter II. 3. b) der Gründe; BAG, Beschluss vom 28.04.1998 - AP BetrVG 1972 § 99 Eingruppierung Nr. 18 - unter B. II. der Gründe m.w.N.). Ein Nachschieben von Zustimmungsverweigerungsgründen nach Ablauf der Wochenfrist ist hiernach nicht möglich.

III.

Für die Zulassung der Rechtsbeschwerde zum Bundesarbeitsgericht bestand keine Veranlassung, §§ 92 Abs. 1 Satz 2, 72 Abs. 2 ArbGG.

Ende der Entscheidung

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