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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Beschluss verkündet am 27.06.2003
Aktenzeichen: 10 TaBV 22/03
Rechtsgebiete: BetrVG, ZPO


Vorschriften:

BetrVG § 3
BetrVG § 14
BetrVG § 19
ZPO § 253
1. Aus dem Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl nach § 14 BetrVG folgt, dass die Bildung von Wahlkreisen in einem Betrieb unzulässig ist. Nach § 3 Abs. 1 BetrVG kann aber durch Tarifvertrag für mehrere Betriebe, Betriebsteile und Nebenbetriebe eines Unternehmens ein einheitlicher Betriebsrat gewählt werden, insoweit ist die Einteilung in Wahlbezirke nicht unzulässig.

2. Auch bei der Anfechtung einer Betriebsratswahl muss der Anfechtungsantrag entsprechend § 253 Abs. 2 ZPO erkennen lassen, wer Antragsteller ist und gegen wen sich der Antrag richtet. Der Antrag muss weiter Gegenstand, Grund und Umfang der Anfechtung angeben und einen bestimmten Antrag enthalten.


Landesarbeitsgericht Hamm Im Namen des Volkes Beschluss

10 TaBV 22/03

Verkündet am: 27.06.2003

In dem Beschlussverfahren

hat die 10. Kammer des Landesarbeitsgerichts Hamm aufgrund der mündlichen Anhörung vom 27.06.2003 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Schierbaum sowie die ehrenamtlichen Richter Pohlmeyer und Rinschen

beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde des Betriebsrates und die Beschwerde des Arbeitgebers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Gelsenkirchen vom 27.11.2002 - 4 BV 26/02 - abgeändert.

Der Antrag der Antragsteller wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe:

A

Die Beteiligten streiten um die Wirksamkeit einer für alle Betriebe, Nebenbetriebe, Betriebsteile und die Hauptverwaltung des Arbeitgebers durchgeführten einheitlichen Betriebsratswahl.

Antragsteller des vorliegenden Verfahrens sind vier beim Arbeitgeber beschäftigte Mitarbeiter, je zwei aus den Betriebsdirektionen des Arbeitgebers in L1xxxxxxxxxx und U1xx.

Am 10.04.2002 schlossen der Arbeitgeber, der Beteiligte zu 6) und die G4xxxxxxxxxx v1x.d4 e.V. einen "Tarifvertrag gem. § 3 BetrVG" zur Wahl eines einheitlichen Betriebsrates. In den §§ 2 und 3 des Tarifvertrages vom 10.04.2002 war folgendes geregelt:

"§ 2 Betriebsstruktur, Wahlbezirke

1. Die gem. § 1 Abs. 2 genannten Einrichtungen bilden den Betrieb gem. § 1 Abs. 1 BetrVG "G2xxxxxxxxxx AG", für den ein Betriebsrat gewählt wird.

2. Bei dem Betrieb gem. Abs. 1 werden sechs Wahlbezirke gebildet.

Die Zusammensetzung der Wahlbezirke ergibt sich aus der Anlage 1, die Gegenstand dieses Tarifvertrages ist.

§ 3 Größe und Zusammensetzung des Betriebsrates

1. Der Betriebsrat besteht aus 23 Mitgliedern. Hiervon entfallen auf die Wahlbezirke gemäß § 2 Ziff. 2 folgende Mandate:

G3xxxxxxxxxxx 11 Betriebsratsmitglieder

D5xxxxxx-H6xxxxx 3 Betriebsratsmitglieder

H7xxxxx 3 Betriebsratsmitglieder

L1xxxxxxxxxx 2 Betriebsratsmitglieder

R3xxxxxxxxxxxx 2 Betriebsratsmitglieder

U1xx 2 Betriebsratsmitglieder

2. Das Betriebsratsmandat bleibt bis Ende der Amtszeit (§§ 21-25 BetrVG) dem jeweiligen Wahlbezirk zugeordnet. Nach Ausscheiden eines Betriebsratsmitgliedes wird das Mandat vom jeweiligen Wahlbezirk besetzt.

Kann das Mandat durch einen Wahlbezirk nicht besetzt werden, rückt das Ersatzmitglied nach, das die höchste Stimmenzahl im gemeinsamen Betrieb auf sich vereinigen konnte. Bei Stimmengleichheit entscheidet das Los."

Auf die weiteren Bestimmungen des Tarifvertrages vom 10.04.2002 (Bl. 33 ff.d.A.) so wie auf die Anlage 1 (Bl. 36 d.A.) wird Bezug genommen.

In dem in § 3 des Tarifvertrages vorgesehenen Wahlbezirk G3xxxxxxxxxxx waren zum Zeitpunkt der vorgesehenen Betriebsratswahl am 03.07.2002 604 wahlberechtigte Arbeitnehmer beschäftigt, im Wahlbezirk D5xxxxxx-H6xxxxx 132 wahlberechtigte Arbeitnehmer, im Wahlbezirk H7xxxxx 114 wahlberechtigte Arbeitnehmer, im Wahlbezirk L1xxxxxxxxxx-A3xxxxxxxx 109 wahlberechtigte Arbeitnehmer, im Wahlbezirk R3xxxxxxxxxxxx 95 wahlberechtigte Arbeitnehmer und im Wahlbezirk U1xx 77 wahlberechtigte Arbeitnehmer.

In den nach § 3 des Tarifvertrages vorgesehenen Wahlbezirken waren früher eigenständige Betriebsräte gewählt worden. Zusätzlich war im Unternehmen des Arbeitnehmers ein Gesamtbetriebsrat gebildet.

Die einheitliche Betriebsratswahl im Unternehmen des Arbeitgebers fand am 03.07.2002 statt. Das Wahlergebnis vom 10.07.2002 wurde am 25.07.2002 durch Aushang bekannt gegeben (Bl. 9 ff, 70 ff. d.A.). Die konstituierende Sitzung des am 03.07.2002 neu gewählten Betriebsrates fand am 11.07.2002 statt.

Im Wahlbezirk L1xxxxxxxxxx wurden die Mitarbeiterin J1xxxxx R4xxxx und der Mitarbeiter M2xxxx N1xxxxx in den Betriebsrat gewählt (Bl. 16, 70 d.A.). Mit dem an den Wahlvorstand gerichteten Schreiben vom 04.07.2002 (Bl. 32 d.A.) teilte die Mitarbeiterin R4xxxx dem Wahlvorstandsvorsitzenden folgendes mit:

"Kandidatur für die Betriebsratswahl am 3. Juli 2002

Sehr geehrter Herr K2xxxx,

hiermit gebe ich dem Wahlvorstand bekannt, dass ich im Falle der Entsendung in den Betriebsrat auf Grund der Quotenregelung, § 5 Wahlordnung, auf die Mitgliedschaft im Betriebsrat der G2xxxxxxxxxx AG verzichte.

Ich bitte um Kenntnisnahme"

Nachdem die Mitarbeiterin R4xxxx ihre Wahl zum Betriebsrat später dennoch angenommen hatte, war der Antragsteller zu 1) lediglich erstes Ersatzmitglied.

Mit der am 01.08.2002 beim Arbeitsgericht eingegangenen Antragsschrift vom 26.07.2002 erklärten die Antragsteller die "Anfechtung der Betriebsratswahl der G2xxxxxxxxxx AG, W1xxx-B3xxxx-A1xxx 24, 43xxx G3xxxxxxxxxxx vom 03.07.2002" "wegen 1. unzulässiger Einflussnahme auf Kandidaten, 2. Unregelmäßigkeiten beim Wahlverfahren".

In der Antragsschrift vom 26.07.2002 machten die Antragsteller daraufhin Ausführungen zum Sachverhalt. Zur rechtlichen Begründung wiesen sie auf folgendes hin:

1. Die Anfechtenden vertreten die Rechtsauffassung, daß die Bildung der sechs Wahlbezirke eine unzulässige Änderung des Wahlverfahrens darstellt.

2. Den Rücktritt vom Rücktritt der Frau R4xxxx halten die Anfechtenden für unwirksam. Frau R4xxxx ist zu der Zustimmungserklärung in unzulässiger Form bestimmt worden.

3. Die Aufforderung an die Wahlbewerber durch den Wahlvorstand, bereits vor der Wahl ihre Ablehnung oder Annahme zu erklären, stellt eine unzulässige Einflussnahme auf die Wahlbewerber dar.

4. Auch die kurzfristige Änderung des Wahllokals ohne Information der Wahlberechtigten ist unzulässig.

5. Gemäß § 14 Abs. 2 Satz 1 BetrVG hätte die Auszählung nach dem d`hondtschen Verhältniswahlprinzip durchgeführt werden müssen. Da mehrere Listen eingereicht worden sind und auch nicht die Voraussetzungen des vereinfachten Wahlverfahrens (§ 14 a BetrVG) gegeben sind, hätte nach dem Höchstzahlverfahren gewählt und ausgezählt werden müssen.

Mit Schreiben vom 08.08.2002 (Bl. 4 d.A.) wies das Arbeitsgericht darauf hin, dass die Eingabe der Antragsteller vom 26.07.2002 nicht den gesetzlichen Erfordernissen einer ordnungsgemäßen Antragsschrift im Beschlussverfahren entspreche.

Die Antragschrift der Antragsteller vom 26.07.2002 wurde vom Arbeitsgericht nebst einer Durchschrift des an die Antragsteller gerichteten Schreibens vom 08.08.2002 dem Betriebsrat übersandt.

Daraufhin erschien der Antragsteller zu 1) am 12.08.2002 auf der Rechtsantragsstelle des Arbeitsgerichts und erklärte im eigenen Namen und namens und kraft Vollmacht der Antragsteller zu 2) bis 4), mit dem Versprechen entsprechende Vollmachten nachzureichen, er wolle im Beschlussverfahren gegen den Betriebsrat der Firma G2xxxxxxxxxx AG vorgehen und beantrage festzustellen, dass die am 03.07.2002 durchgeführte Betriebsratswahl ungültig sei (Bl. 7 f.d.A.).

Im weiteren Verlauf des Verfahrens reichten die Antragsteller zu 2) bis 4) unter dem 15.08.2002, beim Arbeitsgericht eingegangen am 23.08.2002, eine Erklärung, wonach sie die Erklärung des Antragstellers zu 1) vom 12.08.2002 genehmigten (Bl. 31 d.A.).

Die Antragsteller zu 1) bis 4) haben die Auffassung vertreten, die Betriebsratswahl vom 03.07.2002 sei nichtig, mindestens aber anfechtbar.

Zunächst verstoße die Bildung von sechs Wahlbezirken in § 2 des Tarifvertrages vom 10.04.2002 gegen den Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl. Die Bildung von Wahlbezirken sei unzulässig. Aufgrund der Bildung von Wahlbezirken seien eigentlich sechs Wahlen zu sechs Einzelbetriebsräten durchgeführt worden. Nicht jeder Arbeitnehmer im Betrieb habe jeden Wahlbewerber des einheitlichen Betriebsrates wählen können.

Auch die Berechnung der Geschlechterquote stelle einen schwerwiegenden Verstoß dar. Während in vier Wahlbezirken eine Persönlichkeitswahl durchgeführt worden sei, sei in den Wahlbezirken L1xxxxxxxxxx und U1xx nach dem Verhältniswahlprinzip gewählt worden. Die Stimme für die auf dem fünften Listenplatz der Liste 2 in L1xxxxxxxxxx stehende Wahlbewerberin R4xxxx seien bei der Berechnung der Frauenquote nicht nach dem d`hondtschen Höchstzahlprinzip zum Listenplatz der Wahlbewerberin ins Verhältnis gesetzt. Vielmehr seien Frau R4xxxx bei Berechnung der Frauenquote alle 45 Stimmen der Liste 2 zugewiesen worden, so dass sie einen Frauenquotenplatz im Betriebsrat erhalten habe. Da für den Wahlbezirk L1xxxxxxxxxx insgesamt nur zwei Mitglieder in den Betriebsrat hätten gewählt werden können, habe der Listenführer der Liste 3 mit 47 Stimmen einen Platz erhalten, den zweiten Platz habe die Bewerberin R4xxxx über die Frauenquote erhalten. Der Listenführer der Liste 2, der Antragsteller zu 1), der eigentlich die zweithöchste Stimmzahl im Bezirk L1xxxxxxxxxx erhalten habe, sei aufgrund dieser Frauenquotenberechnung unberücksichtigt geblieben.

Darüber hinaus habe die in den Betriebsrat gewählte Frau R4xxxx am 04.07.2002 erklärt, die Wahl nicht annehmen zu wollen. Erst auf Drängen des früheren Gesamtbetriebsratsvorsitzenden S5xxxxxxxx habe sie die Wahl dann doch angenommen, nachdem ihr zuvor erklärt worden sei, mit der Ablehnung der Wahl würde ihre Karriere gefährdet.

Auch auf andere Wahlbewerber habe der Wahlvorstand vor der Wahl Einfluss ausgeübt, in- dem er sie bereits vor der Wahl ohne Bedenkzeit dazu aufgefordert habe zu erklären, ob sie die Wahl annehmen oder ablehnen würden.

Ferner sei am Standort L1xxxxxxxxxx als Wahllokal statt des im Wahlausschreibens angegebenen Speisesaals die Empore und das Betriebsratszimmer zur Wahl des Betriebsrates genutzt worden, ohne dass es auf diesen neuen Wahlort einen Hinweis gegeben habe.

Schließlich hätten 15 wahlberechtigte Arbeitnehmer des Betriebes L1xxxxxxxxxx/A3xxxxxxxx an der Briefwahl teilgenommen. Tatsächlich seien aber bei der Auszählung nur 12 Briefe berücksichtigt worden, obwohl alle 15 Arbeitnehmer ihren Briefwahlumschlag abgesandt hätten.

Die Antragsteller zu 1) bis 4) haben beantragt,

festzustellen, dass die Betriebsratswahl vom 03.07.2002 ungültig ist.

Der gewählte Betriebsrat, der Beteiligte zu 5), und der Arbeitgeber haben beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Sie haben die Auffassung vertreten, dass die Antragsteller mit ihrem Schriftsatz vom 26.07.2002 keine ordnungsgemäße Antragsschrift eingereicht hätten. Der Schriftsatz enthalte keinen ordnungsgemäßen Antrag, die Antragsschrift lasse nicht erkennen, gegen welchen Antragsgegner sich die Antragsteller wenden wollten. Antrag und Antragsgegner ließen sich auch nicht im Wege einer verständigen Auslegung ermitteln. Noch im Rahmen der mündlichen Erörterung in der Güteverhandlung vom 20.09.2002 hätten die Antragsteller mitgeteilt, dass sich der Wahlanfechtungsantrag "gegen die G2xxxxxxxxxx AG", bzw. "gegen den Betriebsrat G2xxxxxxxxxx" bzw. "gegen den Wahlvorstand" oder gar "gegen wen es angeht" richte.

Die Antragsschrift vom 12.08.2002 sei nicht fristgemäß beim Arbeitsgericht eingegangen, nachdem die Frist zur Wahlanfechtung nach § 19 Abs. 2 Satz 2 BetrVG am 08.08.2002 abgelaufen sei.

Ferner sei die Antragsschrift vom 12.08.2002 lediglich vom Antragsteller zu 1) unterzeichnet worden. Keine wirksame Vertretung liege vor, wenn ein anfechtender Arbeitnehmer die Anfechtungsschrift im Auftrag für weitere Arbeitnehmer unterzeichne, ohne eine Vollmacht für die weiteren Arbeitnehmer vorzulegen.

Darüber hinaus haben der Betriebsrat und der Arbeitgeber die Auffassung vertreten, die Betriebsratswahl vom 03.07.2002 sei weder anfechtbar noch nichtig.

Insbesondere führe die Einteilung in Wahlbezirke im Unternehmen des Arbeitgebers nicht zur Nichtigkeit der Betriebsratswahl. Selbst die Verkennung des Betriebsbegriffes könne allenfalls zur Anfechtbarkeit einer Betriebsratswahl führen. Darüber hinaus hätten die Beteiligten ordnungsgemäß von § 3 Abs. 1 BetrVG n.F. Gebrauch gemacht. § 3 BetrVG n.F. erlaube gerade, von vormaligen Betriebsratsstrukturen abzuweichen und einen einheitlichen Betriebsrat zu wählen.

Darüber hinaus stelle selbst ein etwaiger Verstoß gegen § 15 BetrVG, gegen die Verteilung der Sitze auf die Geschlechter, allenfalls einen Anfechtungsgrund dar.

Unzutreffend sei auch, dass der vormalige Gesamtbetriebsratsvorsitzende in unzulässiger Weise auf die Mitbewerberin R4xxxx Einfluss genommen habe. Mit Schreiben vom 04.07.2002 habe die Bewerberin R4xxxx nicht wirksam auf ihr Betriebsratsamt verzichtet. Eine Amtsniederlegung unter einer Bedingung sei allenfalls als Ankündigung zu werten.

Auch im Wahlbezirk L1xxxxxxxxxx, in dem mehrere Vorschlagslisten für die Wahl eingereicht worden seien, sei anschließend das Wahlergebnis nach d`Hondt ausgezählt worden.

Auch auf andere Wahlbewerber habe der Wahlvorstand keine Einflussnahme ausgeübt.

Eine Wahlbehinderung liege auch nicht darin, dass der Wahlort im Wahlbezirk L1xxxxxxxxxx geändert worden sei. Der neue Wahlort liege nur ca. 25 Meter vom ursprünglichen Wahllokal entfernt. Alle Beschäftigten seien über die Änderung des Wahllokales informiert worden. Darüber hinaus habe sich während der Wahl ständig ein Mitglied des Wahlvorstandes oder ein Wahlhelfer vor dem ursprünglichen Wahllokal aufgehalten und auf das neue Wahllokal hingewiesen. Zu keinem Zeitpunkt sei es zu einer Behinderung der Wahl gekommen. Hierfür spreche auch die Wahlbeteiligung von 89 %.

Schließlich gehe auch die Rüge der Antragsteller hinsichtlich der Briefwahl fehl. Sämtlichen wahlberechtigten Arbeitnehmern der Betriebsstelle A3xxxxxxxx seien entsprechende Briefwahlunterlagen zugeschickt worden. Bei der öffentlichen Stimmauszählung hätten dem Wahlvorstand lediglich 12 Briefwahlen des Standortes A3xxxxxxxx vorgelegen. Dass sämtliche 15 Wahlberechtigte gewählt hätten, müsse mit Nichtwissen bestritten werden.

Durch Beschluss vom 27.11.2002 hat das Arbeitsgericht festgestellt, dass die Betriebsratswahl vom 03.07.2002 nichtig ist. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die durchgeführte Betriebsratswahl unter Berücksichtigung der im Tarifvertrag vom 10.04.2002 vereinbarten Wahlbezirke gegen den Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl verstoße; die Bildung von Wahlkreisen, in denen sich die Wahlbewerber gesondert zur Wahl stellten, sei unzulässig. Der Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl sei auch so elementar, dass eine Verletzung dieses Grundsatzes nur die Nichtigkeit der Wahl nach sich ziehen könne.

Gegen den dem Betriebsrat am 07.01.2003 zugestellten Beschluss des Arbeitsgerichts vom 27.11.2002, auf dessen Gründe ergänzend Bezug genommen wird, hat der Betriebsrat am 04.02.2003 Beschwerde zum Landesarbeitsgericht eingelegt und diese mit dem am 04.03.2003 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet.

Der Arbeitgeber, dem der Beschluss des Arbeitsgerichts am 06.01.2003 zugestellt worden ist, hat mit Schriftsatz vom 06.02.2003 beim Landesarbeitsgericht Beschwerde eingelegt und diese nach Verlängerung der Beschwerdebegründungsfrist bis zum 07.04.2003 mit dem am 07.04.2003 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet.

Unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens sind sowohl der Betriebsrat wie auch der Arbeitgeber der Auffassung, die Betriebsratswahl vom 03.07.2002 sei weder anfechtbar noch nichtig.

Die vom Arbeitsgericht angenommene Nichtigkeit der Betriebsratswahl ergebe sich insbesondere nicht daraus, dass das Unternehmen des Arbeitgebers durch Tarifvertrag in Wahlkreise eingeteilt sei. § 3 Abs. 1 BetrVG eröffne den Beteiligten gerade die Möglichkeit, abweichende Betriebsratsstrukturen zu schaffen. Das Verbot der Einteilung in Wahlkreise beziehe sich erkennbar nur auf einen einheitlichen Betrieb. § 3 Abs. 1 BetrVG räume hingegen den Betriebsparteien bzw. dem Arbeitgeber und der im Betrieb vertretenen Gewerkschaft generalklauselartig die Möglichkeit ein, eine kollektive Vereinbarung zu treffen, durch die nach dem Gesetz geltende vorhandene Betriebsrätestrukturen gerade verdrängt werden können. Durch die Einführung von Wahlkreisen werde im vorliegenden Fall gerade das Repräsentationsinteresse der einzelnen Betriebe beachtet. Gerade die Bildung von Wahlkreisen diene dazu, den Anforderungen des § 15 Abs. 1 BetrVG gerecht zu werden und die durch § 3 Abs. 1 BetrVG neu geschaffenen Strukturen in einem größeren Betrieb umzusetzen.

Im Übrigen würde ein vermeintlicher Verstoß allenfalls zur Anfechtbarkeit, nicht aber zur Nichtigkeit der Betriebsratswahlen führen. Auch sonstige Verstöße gegen allgemeine Wahlgrundsätze führten nicht automatisch zur Nichtigkeit der Wahl. Ein besonders grober und offensichtlicher Fehler sei nicht vorhanden.

Darüber hinaus sei die Anfechtung der Betriebsratswahl unzulässig, weil die Zweiwochenfrist des § 19 Abs. 2 Satz 2 BetrVG nicht eingehalten sei. Die Antragsschrift vom 26.07.2002, beim Arbeitsgericht eingegangen am 01.08.2002, könne die Zweiwochenfrist nicht wahren, da hierin die notwendigen Voraussetzungen eines wirksamen Anfechtungsantrages nicht enthalten seien. Die Anfechtungsschrift vom 26.07.2002 lasse nicht erkennen, wer der Antragsgegner sei und gegen wen sich der Antrag richte. Die Antragsschrift vom 26.07.2002 enthalte auch keinen bestimmten Antrag.

Die zu Protokoll des Arbeitsgerichts am 12.08.2002 erklärte Anfechtung sei nach Ablauf der Zweiwochenfrist erfolgt. Im Übrigen sei der Antrag vom 12.08.2002 lediglich vom Antragsteller zu 1) erhoben und unterschrieben worden. Eine wirksame Vertretung der übrigen Antragsteller liege nicht vor.

Der Betriebsrat und der Arbeitgeber beantragen,

den Beschluss des Arbeitsgerichts Gelsenkirchen vom 27.11.2002 - 4 BV 26/02 - abzuändern und den Antrag zurückzuweisen.

Die Antragsteller beantragen,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie verteidigen den angefochtenen Beschluss und sind nach wie vor der Auffassung, die Einteilung in Wahlkreise sei unzulässig. Auch § 3 BetrVG n.F. eröffne nicht die Möglichkeit, zwingende Grundsätze der Betriebsratswahlen abzuändern. § 3 BetrVG habe lediglich flexiblere Gestaltungsmöglichkeiten hinsichtlich der Arbeitnehmervertretungsstruktur schaffen wollen. Von einer Änderung der Wahlgrundsätze sei nicht die Rede. § 14 Abs. 1 BetrVG sei gerade nicht geändert worden. Auch § 15 Abs. 1 BetrVG lasse keine Ausnahme vom Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl zu. Demzufolge sei es unzulässig, die Wahl des Betriebsrates nach Organisationsbereichen in der Weise aufzugliedern, dass diese eigene Vertreter in den Betriebsrat wählten. Der Betriebsrat sei der Vertreter aller Arbeitnehmer des Betriebes.

Dieser Verstoß gegen den Grundsatz der Allgemeinheit und Gleichheit der Wahl führe sehr wohl zur Nichtigkeit der Wahl, weil in krasser Weise gegen elementare Grundsätze des Wahlrechtes verstoßen worden sei. Die Einteilung der Betriebsratswahl in Wahlbezirke hätte dazu geführt, dass der gewählte Betriebsrat nicht durch die Stimmen aller wahlberechtigten in allen Betrieben des einheitlichen Betriebsrates legitimiert sei. In einzelnen "Teilbetrieben" hätten lediglich Sonderwahlen stattgefunden. Die Wahlberechtigten hätten nicht die Möglichkeit gehabt, unter sämtlichen späteren Betriebsratsmitgliedern auszuwählen.

Entgegen der Auffassung des Betriebsrates und des Arbeitgebers sei das Anfechtungsverfahren auch mit dem Schriftsatz vom 26.07.2002 ordnungsgemäß eingeleitet worden. Als Anfechtungsgegner brauche der Betriebsrat in der Antragsschrift nicht ausdrücklich bezeichnet zu werden. Dies ergebe sich schon daraus, dass der Betriebsrat notwendigerweise immer Anfechtungsgegner eines Wahlanfechtungsverfahrens nach § 19 BetrVG sei.

Der Antrag vom 26.07.2002 enthalte auch den Sachverhalt, aus dem sich die Anfechtbarkeit bzw. die Nichtigkeit der Betriebsratswahl ergebe, sowie eine rechtliche Würdigung. Aus dem Schriftsatz vom 26.07.2002 lasse sich entnehmen, welches Begehren die Antragsteller verfolgten.

Im Übrigen wird auf den weiteren Inhalt der von den Beteiligten gewechselten Schriftsätze ergänzend Bezug genommen.

B

Die zulässigen Beschwerden des Betriebsrats und des Arbeitgebers sind begründet.

Der Antrag der Antragsteller, die Betriebsratswahl vom 03.07.2002 für unwirksam zu erklären, hatte nämlich in der Sache keinen Erfolg. Er ist unbegründet.

I

Der Antrag der Antragsteller ist zulässig.

1. Zutreffend verfolgen die Antragsteller ihr Begehren im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren nach den §§ 2 a, 80 Abs. 1, 81 ArbGG. Zwischen den Beteiligten ist eine betriebsverfassungsrechtliche Angelegenheit, nämlich die ordnungsgemäße Durchführung einer Betriebsratswahl nach § 19 BetrVG streitig.

2. Die Antrags- und Beteiligungsbefugnis der Verfahrensbeteiligten ergibt sich aus den §§ 10, 83 Abs. 3 ArbGG i.V.m. § 19 Abs. 2 Satz 1 BetrVG.

Die Antragsteller sind wahlberechtigte Arbeitnehmer des Arbeitgebers und damit nach § 19 Abs. 2 Satz 1 BetrVG antragsberechtigt. Als Antragsgegner ist der aus der Betriebsratswahl vom 03.07.2002 hervorgegangene Betriebsrat Beteiligter des vorliegenden Verfahrens.

Zu Recht hat das Arbeitsgericht auch den Arbeitgeber am vorliegenden Verfahren beteiligt. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist Beteiligter in einem arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren, wer von der zu erwartenden Entscheidung in seinem betriebsverfassungsrechtlichen Recht oder Rechtsverhältnis unmittelbar betroffen oder berührt wird (BAG, Beschluss vom 27.05.1982 - AP Nr. 3 zu § 80 ArbGG 1979; BAG, Beschluss vom 19.09.1985 - AP Nr. 12 zu § 19 BetrVG 1972; BAG, Beschluss vom 30.10.1986 - AP Nr. 6 zu § 47 BetrVG 1972). Diese Voraussetzungen sind auch beim Arbeitgeber im Wahlanfechtungsverfahren nach § 19 BetrVG gegeben. Denn damit wird entschieden, ob das zwischen ihm und dem gewählten Betriebsrat bestehende betriebsverfassungsrechtliche Rechtsverhältnis aufgelöst wird oder nicht (BAG, Beschluss vom 12.02.1985 - AP Nr. 27 zu § 76 BetrVG; BAG, Beschluss vom 04.12.1986 - AP Nr. 13 zu § 19 BetrVG 1972; BAG, Beschluss vom 14.09.1988 - 7 ABR 79/87 - n.v.; Fitting/Kaiser/Heither/Engels/Schmidt, BetrVG, 21. Aufl., § 19 Rz. 52; Däubler/Kittner/Klebe/Schneider, BetrVG, 8. Aufl., § 19 Rz. 25; Kreutz, GK-BetrVG, 7. Aufl., § 19 Rz. 97; Eisemann, ErfK, 3. Aufl., § 19 BetrVG Rz. 14 und § 83 ArbGG Rz. 7 und 9; Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-Glöge, ArbGG, 4. Aufl., § 83 Rz. 28 und 41 m.w.N.).

II

Der Antrag der Antragsteller ist aber nicht begründet.

Nach ständiger Rechtsprechung der Arbeitsgerichte sind Anträge mit dem Inhalt, eine Betriebsratswahl für unwirksam zu erklären, in aller Regel dahin auszulegen, dass die Wahl unter jedem rechtlichen Gesichtspunkt, d.h. sowohl der Nichtigkeit als auch der Anfechtbarkeit überprüft werden soll (BAG, Beschluss vom 24.01.1964 - AP Nr. 6 zu § 3 BetrVG; BAG, Beschluss vom 10.06.1983 - AP Nr. 10 zu § 19 BetrVG 1972; BAG, Beschluss vom 22.10.1981 - 6 ABR 1/81 - n.v.; LAG München, Beschluss vom 01.12.1999 - 7 TaBV 42/99 - n.v.; Fitting, a.a.O., § 19 Rz. 9; Kreutz, a.a.O., § 19 Rz. 91 und 144; Eisemann, a.a.O., § 19 BetrVG Rz. 10). Im Zweifel ist davon auszugehen, dass die Unwirksamkeit der Betriebsratswahl unter allen rechtlichen Gesichtspunkten geltend gemacht werden soll.

Die Betriebsratswahl vom 03.07.2002 ist aber nicht nichtig. Sie ist auch nicht nach § 19 BetrVG anfechtbar (dazu unter III).

1. Die Nichtigkeit einer Betriebsratswahl ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts und der einhelligen Auffassung im Schrifttum nur in besonderen Ausnahmefällen anzunehmen, in denen gegen allgemeine Grundsätze jeder ordnungsgemäßen Wahl in so hohem Maße verstoßen worden ist, dass auch der Anschein einer dem Gesetz entsprechenden Wahl nicht mehr vorliegt (BAG, Beschluss vom 13.11.1991 - AP Nr. 3 zu § 27 BetrVG 1972; BAG, Beschluss vom 22.03.2000 - AP Nr. 8 zu § 14 AÜG; LAG Köln, Beschluss vom 10.03.2000 - NZA-RR 2001, 423; Fitting, a.a.O., § 19 Rz. 5; Däubler/Kittner/Klebe/Schneider, a.a.O., § 19 Rz. 40; Kreutz, a.a.O., § 19 Rz. 131 f.; Eisemann, a.a.O., § 19 BetrVG Rz. 15; Plander, NZA 2002, 483, 488 f. m.w.N.). Es muss demnach sowohl ein offensichtlicher, wie auch ein besonders grober Verstoß gegen wesentliche Wahlvorschriften vorliegen.

2. Einen derartigen besonders groben Verstoß gegen wesentliche gesetzliche Wahlvorschriften konnte die Beschwerdekammer nicht erkennen.

Weder die von den Antragstellern gerügte Aufteilung der Betriebe, Nebenbetriebe und Betriebsteile des Arbeitgebers in Wahlbezirke durch den Tarifvertrag vom 10.04.2002 noch die übrigen von den Antragstellern gerügten Verfahrensverstöße stellen einen offensichtlichen und besonders groben Verstoß gegen gesetzliche Wahlvorschriften dar.

a) Entgegen der Rechtsauffassung der Antragsteller enthält die Bildung von sechs Wahlbezirken in den Betrieben, Nebenbetrieben und Betriebsteilen des Arbeitgebers durch die Bestimmungen des Tarifvertrages vom 10.04.2002 keinen Verstoß gegen den sich aus § 14 BetrVG ergebenden Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl.

Dafür, dass der Tarifvertrag vom 10.04.2002 selbst unwirksam zustande gekommen ist, sind von den Antragstellern keine Umstände vorgetragen worden, sie sind auch nicht ersichtlich.

Nach § 14 Abs. 1 BetrVG erfolgt die Wahl des Betriebsrates als geheime und unmittelbare Wahl. Diese Wahl ist, obwohl nicht ausdrücklich im Gesetz selbst vorgeschrieben, allgemein, jeder Wahlberechtigte übt sein Wahlrecht formal in gleicher Weise aus.

Richtig ist zwar, dass sich aus diesem Grundsatz ergibt, dass der Betriebsrat einheitlich für den Betrieb gewählt wird. In der arbeitsrechtlichen Literatur wird hieraus auch einhellig der Schluss gezogen, dass eine Aufteilung des Betriebes in Wahlkreise, in denen sich die Wahlbewerber gesondert zur Wahl stellen, unzulässig ist (Fitting, a.a.O., § 14 Rz. 17; Däubler/Kittner/Klebe/Schneider, a.a.O., § 14 Rz. 14; Eisemann, a.a.O., § 14 BetrVG Rz. 4; Richardi, BetrVG, 8. Aufl., § 14 Rz. 18; vgl. auch Kreutz, a.a.O., § 14 Rz. 29). Diese Auffassung wird auch von der Beschwerdekammer geteilt.

Im vorliegenden Fall geht es jedoch nicht um die Frage, ob ein einzelner Betrieb in Wahlkreise aufgeteilt wird, sondern ob durch Tarifvertrag nach § 3 Abs. 1 BetrVG ein Unternehmen mit mehreren Betrieben einen unternehmenseinheitlichen Betriebsrat bilden kann (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG) oder ob andere Arbeitnehmervertretungsstrukturen gebildet werden können, soweit dies insbesondere aufgrund der Betriebs-, Unternehmens- oder Konzernorganisation oder aufgrund anderer Formen der Zusammenarbeit von Unternehmen einer wirksamen und zweckmäßigen Interessenvertretung der Arbeitnehmer dient (§ 3 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG). Im vorliegenden Fall sind Wahlbezirke nicht für einen einheitlichen Betrieb gebildet worden. Ein einheitlicher Betriebsrat sollte nach den Bestimmungen des Tarifvertrages vom 10.04.2002 vielmehr für alle Betriebe, Nebenbetriebe, Betriebsteile und die Hauptverwaltung des Arbeitgebers gewählt werden (§§ 1 Abs. 2, 2 Abs. 1 des Tarifvertrages vom 10.04.2002). Während § 3 BetrVG a.F. den Tarifvertragsparteien lediglich geringe Regelungsspielräume eröffnete (Plander, NZA 2002, 483), sollten durch die Neuregelung vielmehr die Schaffung moderner und anpassungsfähiger Betriebsratsstrukturen erreicht werden. Der Gesetzgeber hat den Tarifvertragsparteien die Möglichkeit eingeräumt, Betriebsräte auch in gemeinsamen Betrieben mehrerer Unternehmen zu wählen. Die Tarifvertragsparteien sollten mehr Spielraum über den bisherigen Rahmen des bewährten § 3 BetrVG a.F. hinaus erhalten, um Vereinbarungen über anderweitige betriebsver-fassungsrechtliche Arbeitnehmervertretungsstrukturen abschließen zu können, die unterneh-mensspezifische Besonderheiten oder derzeit noch nicht absehbare Betriebs- und Unternehmensstrukturen berücksichtigen (BT-Drucks. 14/5741 S. 26 f.). § 3 Abs. 1 BetrVG n.F. erlaubt es den Tarifvertragsparteien geradezu, Kollektivvereinbarungen zu treffen, durch die alte, vorhandene Betriebsratsstrukturen verdrängt werden (Fitting, a.a.O., § 3 Rz. 48; Kraft, GK-BetrVG, a.a.O., § 3 Rz. 13; Richardi, a.a.O., § 3 Rz. 21; Schaub, ZTR 2001, 437, 441; Hanau, NJW 2001, 2513; Plander, NZA 2002, 483 f.; Hohenstatt/Dzida, DB 2001, 2498 f.). Die bisherige starre Anbindung des Betriebsrates an den Betrieb als ausschließliche Organisationsbasis ist vom Gesetzgeber gelöst worden. Den Beteiligten vor Ort, insbesondere den Tarifvertragsparteien, sind mit der Neufassung des § 3 BetrVG weitreichende und flexible Gestaltungsmöglichkeiten eingeräumt worden, damit sie mit Hilfe von Vereinbarungslösungen Arbeitnehmervertretungen schaffen können, die auf die besondere Struktur des jeweiligen Betriebs, Unternehmens oder Konzerns zugeschnitten sind. Wie die Arbeitnehmervertretungsstruktur im einzelnen ausgestaltet wird, obliegt dabei den Tarifvertragsparteien (BT-Drucks. 14/5741 S. 33 f.).

Diesen Anforderungen wird der Tarifvertrag vom 10.04.2002 gerecht. Er enthält keine Erschwerung der Errichtung der tariflichen Betriebsvertretung im Verhältnis zur gesetzlichen Regelung und trifft lediglich Bestimmungen über Zusammensetzung und Wahl der Betriebsvertretung. Auch soweit die Zahl der Betriebsratsmitglieder in § 3 des Tarifvertrages vom 10.04.2002 von der gesetzlichen Regelung in § 9 BetrVG abweicht, ist dies zulässig (Fitting, a.a.O., § 3 Rz. 54; Hohenstatt/Dzida, DB 2001, 2498, 2500; Annuß, NZA 2002, 290, 292). Der Tarifvertrag vom 10.04.2002 enthält auch keine den Betriebsrat, der aufgrund des Tarifvertrages vom 10.04.2002 gewählt worden ist, einschränkenden Regelungen.

Im Tarifvertrag vom 10.04.2002 sind auch keine Regelungen enthalten, die den oder die Be-triebe des Arbeitgebers anders bestimmen, als die Bestimmungen des Betriebsverfassungs-gesetzes dies vorsehen. Keiner der Beteiligten, insbesondere auch nicht die Antragsteller, haben substantiiert dargelegt, dass sämtliche, durch den Tarifvertrag vom 10.04.2002 gebildeten Wahlbezirke einen einheitlichen Betrieb im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 BetrVG bilden. Nach § 1 Abs. 2 des Tarifvertrages vom 10.04.2002 erstreckt sich dessen Geltungsbereich vielmehr auf alle Betriebe, Nebenbetriebe, Betriebsteile und die Hauptverwaltung des Arbeitgebers. Bereits hieraus ergibt sich, dass sich die Tarifvertragsparteien einer Bestimmung eines einheitlichen Betriebsbegriffes gerade enthalten haben. Die Tarifvertragsparteien haben die Betriebe, Nebenbetriebe und Betriebsteile des Arbeitgebers gerade nicht zu einem einheitlichen Betrieb im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 BetrVG zusammengefasst. Gerade weil im vorliegenden Fall kein einheitlicher Betrieb vorgelegen hat, ist die Einteilung in Wahlbezirke durch die Bestimmungen des Tarifvertrages vom 10.04.2002 zulässig. Ein Verstoß gegen den Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl liegt nicht vor.

Im Übrigen weisen sowohl der Betriebsrat wie auch der Arbeitgeber zutreffend darauf hin, dass allein die Verkennung des Betriebsbegriffs bei einer Betriebsratswahl nicht zur Nichtigkeit, sondern allenfalls zur Anfechtbarkeit der Wahl führen würde (BAG, Beschluss vom 21.10.1969 - AP Nr. 10 zu § 3 BetrVG; BAG, Beschluss vom 17.01.1978 - AP Nr. 1 zu § 1 BetrVG 1972; BAG, Urteil vom 13.11.1996 - AP Nr. 4 zu § 30 MantelG DDR; LAG Berlin, Beschluss vom 28.06.1999 - NZA-RR 2000, 246; Fitting, a.a.O., § 19 Rz. 22; Kreutz, a.a.O., § 19 Rz. 29 m.w.N.).

b) Auch die weiteren von den Antragstellern gerügten Verstöße führen, selbst wenn die Rügen zutreffend wären, nicht zur Nichtigkeit, sondern allenfalls zur Anfechtbarkeit der Betriebsratswahl vom 03.07.2002.

Soweit die Antragsteller die Richtigkeit der Berechnung der Geschlechterquote und die Verteilung der Betriebsratssitze auf das Minderheitengeschlecht gerügt haben, läge insoweit, selbst wenn die Rüge berechtigt wäre, allenfalls ein Anfechtungsgrund, kein Nichtigkeitsgrund vor (Fitting, a.a.O., § 19 Rz. 20).

Auf die behauptete Einflussnahme auf Wahlbewerber, insbesondere auf das Betriebsratsmitglied R4xxxx, stellt keinen Nichtigkeitsgrund, sondern allenfalls einen Anfechtungsgrund dar (Fitting, a.a.O., § 19 Rz. 22; Kreutz, a.a.O., § 19 Rz. 31).

Die Betriebsratswahl vom 03.07.2002 ist auch nicht deshalb nichtig, weil die Wahlbewerberin R4xxxx mit Schreiben vom 04.07.2002 auf die Mitgliedschaft im Betriebsrat des Arbeitgebers zunächst verzichtet, jedoch später ihr Amt als Betriebsratsmitglied angenommen hat. Die Wahlbewerberin R4xxxx hat mit ihrem Schreiben vom 04.07.2002 ihr Betriebsratsamt nicht nach § 24 BetrVG wirksam niedergelegt. Die Erklärung über die Amtsniederlegung kann nämlich nicht an den Eintritt oder Nichteintritt einer Bedingung geknüpft werden, sie muss unbedingt sein. Eine Amtsniederlegung unter einer Bedingung kann nur als Ankündigung der Amtsniederlegung zu werten sein (BVerwG, Beschluss vom 09.10.1959 - AP Nr. 2 zu § 27 PersVG; BVerwG, Beschluss vom 30.10.1964 - AP Nr. 1 zu § 9 WahlO z. PersVG; Fitting, a.a.O., § 24 Rz 9, 11; Wiese/Oetker, GK-BetrVG, § 24 Rz. 11; Däubler/Kittner/Klebe/ Schneider, a.a.O., § 24 Rz. 8, 9). So liegt der vorliegende Fall. Die Erklärung der Wahlbewerberin R4xxxx vom 04.07.2002 ist unter einer Bedingung abgegeben worden. Die Wahlbewerberin R4xxxx hat auf ihr Betriebsratsamt lediglich für den Fall verzichtet, dass sie aufgrund der Quotenregelung, § 5 der WahlO, in den Betriebsrat gewählt wird. Dieser Verzicht unter einer Bedingung ist unwirksam. Er konnte lediglich als Ankündigung der Amtsniederlegung gewertet werden. Ihr Amt hat die Wahlbewerberin R4xxxx jedoch später angenommen.

Auch die Änderung des Wahllokals im Wahlbezirk L1xxxxxxxxxx/A3xxxxxxxx stellt keinen Nichtigkeitsgrund dar, sondern könnte allenfalls einen Anfechtungsgrund darstellen, sofern wahlberechtigte Arbeitnehmer hierdurch an ihrer Stimmabgabe gehindert worden wären (BAG, Beschluss vom 19.09.1985 - AP Nr. 12 zu § 19 BetrVG 1972; Fitting, a.a.O., § 19 Rz. 22; Kreutz, a.a.O., § 19 Rz. 29). Dem Vorbringen des Betriebsrates, wonach alle Beschäftigten über die Änderungen des Wahllokals informiert und am Wahltag vor dem ursprünglichen Wahllokal auf das neue Wahllokal hingewiesen worden sind, sind die Antragsteller nicht entgegengetreten. Dieses Vorbringen gilt danach als zugestanden. Dagegen, dass wahlberechtigte Arbeitnehmer durch die Änderung des Wahllokales von ihrer Stimmabgabe abgehalten worden wären, spricht im Übrigen die unstreitige Tatsache, dass im Wahlbezirk L1xxxxxxxxxx/A3xxxxxxxx von 109 wahlberechtigten Arbeitnehmern 97 Arbeitnehmer ihre Stimme abgegeben haben.

Schließlich kann auch der von den Antragstellern behauptete Umstand, 15 Arbeitnehmer des Betriebes L1xxxxxxxxxx/A3xxxxxxxx hätten ihren Briefwahlumschlag abgesandt, bei der Auszählung seien nur 12 Briefe berücksichtigt worden, nicht zur Nichtigkeit, sondern allenfalls zur Anfechtbarkeit der Betriebsratswahl führen (Fitting, a.a.O., § 19 Rz. 22; Kreutz, a.a.O., § 19 Rz. 31).

III

Auch unter dem Gesichtspunkt der Anfechtbarkeit nach § 19 BetrVG ist die Wahl des Betriebsrates vom 30.07.2002 nicht unwirksam.

Ob in den von den Antragstellern gerügten Verstößen anlässlich der Betriebsratswahl vom 03.07.2003 ein Anfechtungsgrund im Sinne des § 19 Abs. 1 BetrVG liegt, hat die Beschwerdekammer offen gelassen. Innerhalb der Anfechtungsfrist von zwei Wochen nach § 19 Abs. 2 Satz 2 BetrVG lag nämlich eine wirksame Wahlanfechtung durch die Antragsteller nicht vor.

1. Zwar ist die Anzahl der anfechtungsberechtigten Antragsteller nach § 19 Abs. 2 Satz 1 BetrVG gegeben. Mit der Antragsschrift vom 26.07.2002 haben die vier Antragsteller die Betriebsratswahl vom 03.07.2002 angefochten.

Die Antragsschrift vom 26.07.2002, beim Arbeitsgericht eingegangen am 01.08.2002, wahrt auch die Anfechtungsfrist von zwei Wochen nach § 19 Abs. 2 Satz 2 BetrVG. Nachdem unstreitig das Wahlergebnis der Betriebsratswahl vom 03.07.2002 durch Aushang vom 25.07.2002 bekannt gegeben worden ist, lief die Zweiwochenfrist des § 19 Abs. 2 Satz 2 BetrVG am 08.08.2002 ab. Für die Antragsschrift vom 26.07.2002, beim Arbeitsgericht eingegangen am 01.08.2002, ist die Frist damit eingehalten, nicht hingegen für die am 12.08.2002 zu Protokoll des Arbeitsgerichts erklärte Anfechtung. Diese liegt außerhalb der Zweiwochenfrist des § 19 Abs. 2 Satz 2 BetrVG.

2. Die damit allein maßgebliche Antragsschrift vom 27.07. 2002 genügt jedoch nicht den Formerfordernissen des § 253 Abs. 2 ZPO.

a) Grundsätzlich muss ein Anfechtungsantrag nach den §§ 80 Abs. 2 ArbGG, 253 Abs. 2 ZPO erkennen lassen, wer Antragsteller ist und gegen wen sich der Antrag richtet. Ob die Antragsschrift vom 26.07.2002 einen Anfechtungsgegner in ausreichender Weise bezeichnet, ist schon zweifelhaft.

In der Antragsschrift vom 26.07.2002 ist die "Anfechtung der Betriebsratswahl der G2xxxxxxxxxx AG ... vom 03.07.2002" erklärt worden. Zwar ist Anfechtungsgegner bei einer Wahlanfechtung nach § 19 BetrVG in aller Regel der neu gewählte Betriebsrat. Dieser braucht als der richtige Anfechtungsgegner in dem Anfechtungsantrag auch nicht ausdrücklich angegeben werden. Insoweit genügt es in aller Regel, welche Wahl - ggf. in welchem Umfang - angefochten wird (BAG, Beschluss vom 24.05.1965 - AP Nr. 14 zu § 18 BetrVG; BAG, Beschluss vom 20.07.1972 - AP Nr. 26 zu § 76 BetrVG 1952). Aufgrund des Inhalts der Antragsschrift vom 26.07.2002 und der dort gerügten Wahlverstöße ist aber auch denkbar, dass die Antragsteller lediglich die Wahl einzelner Betriebsratsmitglieder, insbesondere des Betriebsratsmitglieds R4xxxx anfechten wollten. Auch die Anfechtung der Wahl eines einzelnen Betriebsratsmitglieds ist generell möglich und damit zulässig (BAG, Beschluss vom 28.11.1977 - AP Nr. 2 zu § 8 BetrVG 1972; Fitting, a.a.O., § 19 Rz. 42 m.w.N.). Aus diesem Grund wird auch gefordert, dass ein Anfechtungsantrag entsprechend § 253 Abs. 2 ZPO erkennen lassen muss, gegen wen sich der Antrag richtet (Kreutz, a.a.O., § 19 Rz. 86; Däubler/Kittner/Klebe/Schneider, § 19 Rz. 26). Hinzu kommt im vorliegenden Fall, dass die Antragsteller nach dem unwidersprochen gebliebenen und damit unstreitigen Sachvortrag des Arbeitgebers im Rahmen der mündlichen Erörterungen in der Güteverhandlung vor dem Arbeitsgericht am 20.09.2002 erklärt haben, dass sich der Wahlanfechtungsantrag "gegen die G2xxxxxxxxxx AG", bzw. "gegen den Betriebsrat G2xxxxxxxxxx" bzw. "gegen den Wahlvorstand" oder gar "gegen wen es angeht" richten solle. Diese Erklärungen sind völlig unbestimmt. Auch wenn das Arbeitsgericht die Anfechtungsschrift vom 26.07.2002 dem Betriebsrat und damit dem zutreffenden Antragsgegner zugesandt hat, lässt sich aus den Erklärungen der Antragsteller in der Güteverhandlung vom 20.09.2002 nicht entnehmen, gegen wen sich der Antrag richten sollte.

b) Die Anfechtungsschrift vom 26.07.2002 ist jedoch schon deshalb nicht formgerecht, weil sie keinen bestimmten Antrag enthält. Dies ist nach Auffassung der Beschwerdekammer eine unerlässliche Verfahrensvoraussetzung. Auch im Anfechtungsverfahren nach § 19 BetrVG muss der Antrag Gegenstand und Grund der Anfechtung angeben, einen bestimmten Antrag enthalten (Kreutz, a.a.O., § 19 Rz. 86).

Die Antragsschrift vom 26.07.2002 enthält einen ausdrücklichen Antrag nicht. Zwar ist die "Anfechtung der Betriebsratswahl der G2xxxxxxxxxx AG ... vom 03.07.2002" erklärt worden. Worauf sich diese Anfechtung richten soll, bleibt jedoch unklar. Ein Antrag im Wahlanfechtungsverfahren nach § 19 BetrVG kann lediglich die Anfechtbarkeit einer Betriebsratswahl zum Ziel haben, ohne dass deren Nichtigkeit festgestellt werden soll. Die Auslegung der Anträge kann auch ergeben, dass die Wahl unter jedem rechtlichen Gesichtspunkt, d.h. sowohl der Nichtigkeit als auch der Anfechtbarkeit überprüft werden soll (s.o. unter II.). Ein Anfechtungsantrag kann auch darauf gerichtet sein, dass lediglich die Wahl eines einzelnen oder mehrerer einzelner Betriebsratsmitglieder angefochten werden soll (Fitting, a.a.O., § 19 Rz. 42 m.w.N.). Schließlich kann ein Anfechtungsantrag aber auch nur die Korrektur des Wahlergebnisses in bestimmter Hinsicht zum Gegenstand haben. Aus einer Wahlanfechtung folgt nicht zwingend, dass sich der Anfechtungsantrag nur auf die Ungültigkeitserklärung des Wahlergebnisses insgesamt richten muss. Die Anfechtung kann auch auf die bloße Berichtigung des Wahlergebnisses beschränkt sein (Fitting, a.a.O., § 19 Rz. 39; Kreutz, a.a.O., § 19 Rz. 88; Däubler/Kittner/Klebe/Schneider, § 19 Rz. 28; Eisemann, a.a.O., § 19 BetrVG Rz. 10 m.w.N.).

In welchem Umfang die Betriebsratswahl vom 03.07.2002 angefochten werden sollte, lässt die Antragsschrift vom 26.07.2002 jedoch nicht erkennen (vgl. auch: BAG, Beschluss vom 20.07.1982 - AP Nr. 26 zu § 76 BetrVG 1972 unter III. der Gründe). Erst die Antragsschrift vom 12.08.2002 enthält einen ausreichenden Antrag, dieser Antrag ist jedoch innerhalb der Frist des § 19 Abs. 2 Satz 2 BetrVG beim Arbeitsgericht eingegangen.

IV

Für die Zulassung der Rechtsbeschwerde zum Bundesarbeitsgericht bestand keine Veranlassung, §§ 92 Abs. 1, 72 Abs. 2 ArbGG.

Ende der Entscheidung

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