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Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Beschluss verkündet am 08.06.2007
Aktenzeichen: 10 TaBV 29/07
Rechtsgebiete: BetrVG, KSchG, BGB
Vorschriften:
BetrVG § 102 | |
BetrVG § 103 | |
KSchG § 15 Abs. 1 | |
BGB § 626 Abs. 1 |
Tenor:
Die Beschwerde der Arbeitgeberin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Herne vom 17.01.2006 - 5 BV 35/06 - wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe:
A.
Die Beteiligten streiten um die Zustimmung des Betriebsrats zu einer beabsichtigten außerordentlichen Kündigung des Betriebsratsvorsitzenden.
Die antragstellende Arbeitgeberin betreibt in R1 ein Seniorenzentrum, in dem ca. 100 Mitarbeiter beschäftigt sind. Im Betrieb der Arbeitgeberin ist ein Betriebsrat gewählt, der ursprünglich aus fünf Personen, seit April 2006 aus sieben Mitgliedern besteht.
Der am 14.01.15 geborene Beteiligte zu 3., verheiratet, ist seit dem 18.02.2000 bei der Arbeitgeberin als Pförtner tätig. Seit Mai 2005 ist er Vorsitzender des Betriebsrats.
Unter dem 23.10.2003 erteilte die Arbeitgeberin eine Dienstanweisung über die Führung der sogenannten Verwahrgeldkasse (Bl. 174 f.d.A.), in der Gelder der Bewohner des Seniorenzentrums verwahrt wurden. Diese Dienstanweisung vom 23.10.2003 war unter anderem auch an den Beteiligten zu 3. gerichtet. Wegen angeblicher Differenzen in der Verwahrgeldkasse kam es im Jahre 2004 zu einem arbeitsgerichtlichen Rechtsstreit zwischen dem Beteiligten zu 3. und der Arbeitgeberin - 5 Ca 498/04 Arbeitsgericht Herne -, der mit einem gerichtlichen Vergleich vom 19.03.2004 (Bl. 426 d.A.) endete, wonach der Beteiligte zu 3. ausdrücklich anerkannte, dass es zu seinen arbeitsvertraglichen Pflichten gehört, die ihm anvertraute Verwahrgeldkasse nicht unverschlossen und unbeaufsichtigt zurückzulassen.
Die Mahlzeiten für die Bewohner des Seniorenzentrums wurden früher in einer Zentralküche zubereitet, die ursprünglich von der Arbeitgeberin betrieben und zum 01.07.2006 auf die Firma a3 c1 GmbH ausgegliedert wurde. Wegen der Ausgliederung der Küche kam es zu arbeitsrechtlichen Auseinandersetzungen zwischen den Beteiligten.
Auch die Beschäftigten der Arbeitgeberin waren nach der Ausgliederung der Küche berechtigt, Speisen der Zentralküche zu beziehen. Für die Abrechnung der Mahlzeiten standen den Arbeitnehmern zwei Abrechnungsmethoden zur Wahl: Zum einen konnten sie mit der Arbeitgeberin einen pauschalen Abzug vom monatlichen Arbeitsentgelt als Sachwertbezug vereinbaren. An diesem Abzugsverfahren nahmen der Betriebsratsvorsitzende, der Beteiligte zu 3., die stellvertretende Betriebsratsvorsitzende und das im April 2006 in den Betriebsrat gewählte Mitglied K6 teil. Die Beschäftigten, die wie die übrigen Betriebsratsmitglieder nicht an diesem Abzugsverfahren teilnahmen, konnten beim Betriebsratsvorsitzenden, dem Beteiligten zu 3. in seiner Funktion als Pförtner Essensmarken kaufen. Als Pförtner führte der Betriebsratsvorsitzende eine sogenannte Speisekasse, die monatlich abgerechnet wurde. Essensmarken für ein Frühstück wurden an die Mitarbeiter zu einem Preis von 1,43 € und für ein Mittag- oder Abendessen zu einem Preis von 2,55 € verkauft. Die Essensmarken waren im Casino, in dem die Speisen eingenommen wurden, den Mitarbeitern der Zentralküche auszuhändigen. Auf die Sachbezugsmitteilung vom 02.01.2003 (Bl. 65 d.A.) wird Bezug genommen. Eine weitergehende Dienstanweisung über die Handhabung des Bezugs von Speisen aus der Zentralküche existiert nicht.
Der Beteiligte zu 3. und die stellvertretende Betriebsratsvorsitzende nahmen regelmäßig mit anderen Mitarbeitern der Verwaltung am sogenannten Verwaltungsfrühstück teil. Hierzu trafen sich die Beschäftigten täglich während der Frühstückspause im Casino des Hauses, um gemeinsam zu frühstücken. Allen Beteiligten wurden die Kosten des Frühstücks als Sachwertbezug vom Arbeitsentgelt einbehalten.
Im Oktober 2005 beschloss der Betriebsrat, die regelmäßig stattfindenden Betriebsratssitzungen im vierzehntägigen Turnus in den Zeitraum von 10.30 Uhr bis 14.15 Uhr zu verlegen, wobei in diesen Zeitraum eine 30-minütige unbezahlte Frühstückspause fallen sollte. Hiervon wurde die Leitung des Seniorenzentrums mit Schreiben des Betriebsrats vom 25.10.2005 (Bl. 64, 129 d.A.) informiert. Nach dem Vorbild des Verwaltungsfrühstücks trafen sich die Betriebsratsmitglieder ab November 2005 vor der eigentlichen Sitzung zu einem gemeinsamen Frühstück in den Betriebsratsräumen im dritten Obergeschoss des Seniorenzentrums. Zu diesem Zweck stellten Mitarbeiter der Zentralküche, die sich im Untergeschoss befindet, Teile des im Casino angebotenen Frühstücksbüffets auf einem Rollwagen zusammen, der in das Betriebsratsbüro verbracht wurde. Für die Betriebsratsmitglieder, bei denen kein Sachwertbezug vom Arbeitsentgelt einbehalten wurde, stellte der Betriebsratsvorsitzende, der Beteiligte zu 3., im Betriebsratsbüro ein Sammelglas auf, in welches von diesen ein Kostenbeitrag zum Frühstück eingezahlt wurde. Essensmarken wurden nicht an das Küchenpersonal übergeben. Ob dieses Verfahren zwischen dem Betriebsratsvorsitzenden, dem Betriebsleiter der Arbeitgeberin, Herrn H3, und dem ehemaligen Küchenchef, Herrn K5, abgesprochen worden ist, ist zwischen den Beteiligten streitig.
Am 15.11.2005 nahmen neben dem Betriebsratsvorsitzenden und seiner Stellvertreterin drei weitere Betriebsratsmitglieder an Frühstück und Sitzung des Betriebsrats teil. Am 29.11.2005 nahmen lediglich der Betriebsratsvorsitzende und zwei weitere Mitglieder an Frühstück und Sitzung teil. Am 13.12.2005 nahmen wieder der Betriebsratsvorsitzende, seine Stellvertreterin und drei weitere Mitglieder an Frühstück und Sitzung teil. Am 13.12.2005 zahlte der Betriebsratsvorsitzende einen Betrag von 11,44 € in die von ihm geführte Speisekasse ein und verbuchte diesen mit acht Essensmarken zum Preis von 1,43 € (Bl. 25 d.A.).
Am 27.12.2005 nahmen der Betriebsratsvorsitzende, seine Stellvertreterin und drei weitere Mitglieder an Frühstück und Sitzung teil. Am selben Tag zahlte der Betriebsratsvorsitzende einen weiteren Betrag von 11,44 € in die Speisekasse ein und verbuchte diesen wieder mit acht Essensmarken zum Preis von 1,43 € (Bl. 25 d.A.).
An Frühstück und Sitzung am 10.01.2006 nahmen der Betriebsratsvorsitzende, seine Stellvertreterin und drei weitere Mitglieder teil. Im Rahmen einer außerordentlichen Betriebsratssitzung vom 13.01.2006 wurde kein Frühstück eingenommen. Am 24.01.2006 nahmen der Betriebsratsvorsitzende, seine Stellvertreterin und ein weiteres Mitglied an Frühstück und Sitzung teil. Am 03.02.2006 kam es wieder zu einer außerordentlichen Betriebsratssitzung ohne Frühstück. An der regulären Betriebsratssitzung vom 07.02.2006 nahmen der Betriebsratsvorsitzende, seine Stellvertreterin und drei weitere Mitglieder teil; ob das Betriebsratsmitglied S8 neben der Sitzung auch am Frühstück teilgenommen hat, ist zwischen den Beteiligten streitig. Am 16.02.2006 zahlte der Betriebsratsvorsitzende einen Betrag in Höhe von 15,30 € in die Speisekasse und verbuchte diesen Betrag mit sechs Essensmarken zum Preis von 2,55 € (Bl. 27 d.A.).
An Frühstück und Sitzung am 21.02.2006 nahmen der Betriebsratsvorsitzende, seine Stellvertreterin und drei weitere Mitglieder teil, am 07.03.2006 der Betriebsratsvorsitzende und vier weitere Mitglieder, am 21.03.2006 der Betriebsratsvorsitzende, seine Stellvertreterin und drei weitere Mitglieder. Am 03.04.2006 zahlte der Betriebsratsvorsitzende einen Betrag in Höhe von 7,15 € in die Speisekasse und verbuchte diesen mit fünf Essensmarken zum Preis von 1,43 € (Bl. 29 d.A.).
Am 04.04.2006 nahmen der Betriebsratsvorsitzende, seine Stellvertreterin und drei weitere Mitglieder an Frühstück und Sitzung des Betriebsrats teil. Nachdem das Betriebsratsmitglied K5 bei der Neuwahl des Betriebsrats im April 2006 in den siebenköpfigen Betriebsrat gewählt wurde und er ebenfalls am Abzugsverfahren teilnahm, nahmen am Frühstück und Sitzung des Betriebsrats am 26.04.2006 nunmehr der Betriebsratsvorsitzende, seine Stellvertreterin, Herr K5 und vier weitere Mitglieder teil. An der Betriebsratssitzung vom 02.05.2006 nahmen der Betriebsratsvorsitzende, seine Stellvertreterin und vier weitere Mitglieder teil; ob das Betriebsratsmitglied K7 auch am Frühstück teilgenommen hat, ist zwischen den Beteiligten streitig. Am 09.05.2006 zahlte der Betriebsratsvorsitzende einen Betrag in Höhe von 11,44 € in die Speisekasse ein und verbuchte diesen Betrag mit acht Essensmarken zum Preis von 1,43 € (Bl. 30 d.A.).
Am 10.05.2006 fand eine weitere außerordentliche Betriebsratssitzung ohne Frühstück statt. An Frühstück und Sitzung am 16.05.2006 nahmen der Betriebsratsvorsitzende, seine Stellvertreterin, Herr K5 und vier weitere Mitglieder teil. An der Betriebsratssitzung vom 30.05.2006 nahmen der Betriebsratsvorsitzende, Herr K5 und fünf weitere Mitglieder teil; ob das Betriebsratsmitglied K7 auch am Frühstück teilgenommen hat, ist zwischen den Beteiligten streitig. Am 13.06.2006 nahmen an Frühstück und Sitzung die stellvertretende Betriebsratsvorsitzende, Herr K5 und vier weitere Mitglieder teil. Am 27.06.2006 nahmen der Betriebsratsvorsitzende, Herr K5 und zwei weitere Mitglieder, am 11.07.2006 der Betriebsratsvorsitzende, seine Stellvertreterin und zwei weitere Mitglieder an Frühstück und Sitzung teil. Am 25.07.2006 nahmen neben dem Betriebsratsvorsitzenden drei und am 08.08.2006 vier weitere Mitglieder an Frühstück und Sitzung teil.
Anlässlich der Betriebsratssitzung vom 22.08.2006 bemerkte der jetzige Chef der Zentralküche, der Mitarbeiter der Firma a3 c1 GmbH, Herr L2, wie eine Küchenhilfe Frühstück für die Betriebsratsmitglieder zusammenstellte. Nach Rücksprache mit dem Betriebsleiter der Arbeitgeberin untersagte der Küchenchef die Versorgung des Betriebsrats mit dem Frühstück. Am 25.08.2006 wurde der Geschäftsführer der Arbeitgeberin durch die Firma a3 c1 GmbH davon unterrichtet, dass der Betriebsrat ein Frühstück in den Betriebsratsräumen einnehme, ohne dass Essensmarken der Küche als Gegenleistung zur Verfügung gestellt worden seien. Noch am selben Tag wurde der Verfahrensbevollmächtigte des Betriebsrats und des Betriebsratsvorsitzenden über die Vorgänge durch den Verfahrensbevollmächtigten der Arbeitgeberin unterrichtet.
Am 28.08.2006 zahlte der Betriebsratsvorsitzende, der Beteiligte zu 3., einen Betrag in Höhe von mindestens 34,40 € in die Speisekasse ein und verbuchte diesen Betrag mit 24 Essensmarken zum Preis von 1,43 €, mithin mit 34,32 € (Bl. 86 d.A.). Nachdem der Beteiligte zu 3. im Rahmen einer mündlichen Anhörung zu den Vorfällen erklärt hatte, es sei alles korrekt abgerechnet worden, er werde keine weiteren Angaben machen, solange keine Beweise vorlägen, wurde dem Beteiligten zu 3. nach Befragung verschiedener Mitarbeiter durch die Arbeitgeberin mit Schreiben vom 29.08.2006 (Bl. 18 d.A.) Gelegenheit gegeben, schriftlich zu dem Verdacht Stellung zu nehmen, Essen ohne Abgabe von Essensmarken entgegengenommen zu haben und hierfür eingesammelte Gelder nicht bzw. nicht vollständig abgeführt zu haben. Mit Schreiben vom 30.08.2006 (Bl. 19 d.A.) bestritt der Betriebsratsvorsitzende die erhobenen Vorwürfe.
Mit Schreiben vom 31.08.2006 (Bl. 21 d.A.) wurde daraufhin der Betriebsrat um Zustimmung zu einer beabsichtigten außerordentlichen Kündigung des Betriebsratsvorsitzenden, des Beteiligten zu 3., ersucht. In diesem Schreiben vom 31.08.2006 heißt es wörtlich:
"Anhörung des Betriebsrats gemäß § 102 BetrVG wegen beabsichtigter fristloser Kündigung des Betriebsratsvorsitzenden Herrn R4 K2
Sehr geehrte Damen und Herren, sehr geehrte Frau K1,
am 25. August 2006 hat die Geschäftsleitung erstmals erfahren, dass Sie und Ihre Betriebsratskollegen/in mindestens seit einem Jahr sich zu jeder Betriebsratssitzung ein Frühstück aus der Küche haben kommen lassen, ohne dass Essensmarken an die Köche gegeben wurden. Teilweise wurde zusätzlich eine Obstplatte oder auch Rührei gereicht. Für das Frühstück sei von Herrn K2 pro Person 1,55 € eingesammelt worden. Herr K2, der zugleich für die Ausgabe von Essensmarken zuständig ist und die Geldeinnahmen in der Speisenkasse zu registrieren hat, hat nur einige Male, allerdings unter Daten, die nicht mit den Tagen, an denen Betriebsratssitzungen abgehalten wurden, übereinstimmen, für eine Anzahl von Mitarbeitern Beträge eingezahlt. Nach Bekanntgabe der Verdachtsmomente zahlte Herr K2 am Montag den 28. August 2006 ca. 34,00 EUR ein, ohne anzugeben, für welche Essen diese 34,00 EUR bestimmt sind. Wegen des Verdachts der Veruntreuung des eingesammelten Geldes und des Bezugs von Mahlzeiten aus der Küche, die entgegen den Vorgaben nicht mit Essensmarken bezahlt worden sind, beabsichtigen wir, Herrn K2 außerordentlich fristlos zu kündigen und zwar sowohl als Tat- als auch als Verdachtskündigung.
Herr K2 ist bereits am 28.08.2006 vom Rechtsanwalt J1 im Beisein von Herrn H3 angehört worden verbunden mit der Aufforderung, im Rahmen dieser Anhörung zu den Vorwürfen Stellung zu beziehen. Er erklärte spontan, er werde keine Angaben machen, so lange keine Beweise vorlägen.
Vorsorglich wurde Herr K2 mit beiliegenden Schreiben vom 29.08.2006 unter Fristsetzung bis zum 31.08.2006, 17.00 Uhr, aufgefordert, sich zu äußern.
Wegen der schwerwiegenden Pflichtverstöße und des Verdachts von Vermögensdelikten gegen uns ist auch keine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit Herrn R4 K2 als Betriebsratsvorsitzender mehr möglich.
Die persönlichen Daten des Herrn K2 lauten:
Name: R4 K2
Adresse: K3-L1-S10. 12,R1
Geburtsdatum: 14.01.15
Familienstand: verheiratet
Anzahl der minderjährigen Kinder: O. Kinder laut Lohnsteuerkarte
(laut Steuerkarte)
beschäftigt seit: 18.02.2000
Tätigkeit/Arbeitsplatz: Verwaltung
Abteilung: Pforte
Der Betriebsrat wird gebeten, unverzüglich, bzw. spätestens innerhalb der gesetzlichen drei-Tages-Frist, seine Stellungnahme/etwaige Bedenken schriftlich darzulegen.
Bestätigen Sie bitte auf anliegendem Schriftstück den Empfang unserer Mitteilung."
Dem Schreiben, das dem Betriebsrat am 01.09.2006 zuging, waren Kopien des Schreibens der Arbeitgeberin vom 29.08.2006 und des Antwortschreibens des Betriebsratsvorsitzenden vom 30.08.2006 beigefügt.
Mit Schreiben vom 04.09.2006 (Bl. 456 d.A.) teilte der Betriebsrat der Arbeitgeberin mit, dass er beschlossen habe, der beabsichtigten Kündigung zu widersprechen.
Mit dem am 06.09.2006 beim Arbeitsgericht eingeleiteten Beschlussverfahren begehrte die Arbeitgeberin daraufhin die Ersetzung der Zustimmung der außerordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Betriebsratsvorsitzenden, dem Beteiligten zu 3..
Gleichzeitig kündigte die Arbeitgeberin das mit den Küchenmitarbeitern B3 und K5 bestehende Arbeitsverhältnis jeweils fristlos. Den von diesen Mitarbeitern erhobenen Kündigungsschutzklagen - 2 Ca 2065/06 Arbeitsgericht Herne und 3 Ca 2084/06 Arbeitsgericht Herne - wurde inzwischen erstinstanzlich stattgegeben.
Die Arbeitgeberin hat die Auffassung vertreten, die beabsichtigte außerordentliche Kündigung des Betriebsratsvorsitzenden, des Beteiligten zu 3., sei wirksam. Dieser habe nämlich im kollusiven Zusammenwirken mit den Köchen und mit dem früheren Küchenchef veranlasst, dass Frühstücke heimlich von der Küche in das Betriebsratszimmer verbracht worden seien, ohne dass die Geschäftsleitung, der Betriebsleiter oder die Pflegedienstleitung hiervon hätten Kenntnis nehmen können. Für das Frühstück hätten Betriebsratsmitglieder 1,50 € in ein Glas getan; diese Gelder seien vom Betriebsratsvorsitzenden nicht vollständig in die Speisekasse abgeführt worden. Hierin liege ein Verstoß gegen die Regelung über die Essensmarken, der eine fristlose Kündigung rechtfertige. Eine Vereinbarung über die Handhabung eines Betriebsratsfrühstücks mit der Betriebsleitung sei nicht getroffen worden. Der Betriebsleiter hätte das geübte Verfahren auch nie erlaubt. Aus der Handhabung müsse entnommen werden, dass der Betriebsrat nahezu kostenlos gefrühstückt habe. Die Frühstücksversorgung des Betriebsrats sei nicht mit der Hausleitung abgestimmt gewesen, sondern bewusst und heimlich erfolgt. Falsch sei auch die Behauptung des Betriebsratsvorsitzenden, er habe, wenn er im Betriebsratszimmer gefrühstückt habe, zuvor nicht im Speisesaal mit anderen Mitarbeitern gefrühstückt. Darüber hinaus habe der Betriebsratsvorsitzende die eingesammelten Gelder auch nicht vollständig abgerechnet und nicht nach jedem Frühstück abgeführt. Entgegengenommene Überzahlungen tauchten in den Abrechnungen überhaupt nicht auf. Insoweit müsse davon ausgegangen werden, dass der Betriebsratsvorsitzende Gelder veruntreut habe. Der stellvertretenden Pflegedienstleiterin sei zudem mehrfach das fürstliche Frühstück auf dem Küchenwagen vor dem Betriebsratsbüro aufgefallen. Es habe verschiedene Brötchen, mehrere Brotsorten und auch mal Lachs gegeben. Auf Tabletts seien Schinken und Käse gerollt und dekoriert gewesen. Über das normale Frühstück hinaus seien auch manchmal Rühreier, eine Obstplatte oder Joghurt gereicht worden. Teilweise seien Brötchen extra eingekauft worden. Bei der Bäckerei K8 seien an Tagen der Betriebsratssitzungen Sonderbrötchen im Wert von 76,43 € bestellt worden (Bl. 23, 87 ff.d.A.). Mit einem normalen Frühstück, das für Mitarbeiter im Speiseraum morgens als Büfett gereicht werde, sei dieses üppige Frühstück nicht zu vergleichen gewesen. Die opulente Bewirtung sei augenscheinlich die Gegenleistung der Köche für die Unterstützung des Betriebsrats, den Teilübergang der Küche auf die a3 c1 GmbH zu verhindern. Stelle man tatsächlich vom Betriebsratsvorsitzenden eingezahlten Beträge für die opulenten Frühstücke mit insgesamt 91,09 € allein den Kosten der Sonderbrötchen gegenüber, würden die Kosten der Sonderbrötchen bereits 83,9 % der gezahlten Beträge ausmachen.
Mindestens sei eine Verdachtskündigung gerechtfertigt. Der Betriebsratsvorsitzende könne den Verdacht nicht ausräumen, dass er unstreitig entgegengenommene Gelder nicht vollständig abgeführt habe und die Essensversorgung der Betriebsratsmitglieder nahezu kostenlos gewesen sei. Die vom Betriebsratsvorsitzenden entgegengenommenen Zahlungen zwischen 1,50 € und 1,55 € würden im Kassenbuch nicht auftauchen. Die vom Beteiligten zu 3 dargestellte Vorgehensweise führe vielmehr dazu, dass Differenzen zwischen den tatsächlich vereinnahmten Geldern und den real verbuchten Geldern verdeckt würden. Damit seien Kassenmanipulationen nicht auszuschließen. Im Falle eines Kassenüberschusses ließe sich der Differenzbetrag unerkannt abzweigen.
Die Arbeitgeberin hat beantragt,
die vom Betriebsrat verweigerte Zustimmung zur außerordentlichen fristlosen Kündigung des Betriebsratsvorsitzenden zu ersetzen.
Der Betriebsrat und der Beteiligte zu 3. haben beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Sie haben die Auffassung vertreten, ein wichtiger Grund zu einer fristlosen Kündigung sei nicht gegeben. Die dem Betriebsratsvorsitzenden gegenüber gemachten Vorwürfe würden bestritten. Sie haben behauptet, Ende Oktober/Anfang November 2005 habe der Betriebsratsvorsitzende gemeinsam mit dem damaligen Küchenchef, Herrn K5, das Büro des Betriebsleiters H3 aufgesucht, um mit diesem die zukünftige Frühstückspraxis der Betriebsratsmitglieder zu besprechen. Der Betriebsleiter habe gegen die vorgeschlagene Handhabung nichts einzuwenden gehabt. In dem Gespräch sei darauf hingewiesen worden, dass es viel zu umständlich sei, für das Frühstück derjenigen Betriebsratsmitglieder, die nicht über ihre Gehaltsabrechnungen bezahlten, Frühstücksessensmarken zu erstellen. Da der Betriebsratsvorsitzende ohnehin für die Ausgabe des Essensmarken zuständig sei, sei auf Vorschlag des damaligen Küchenchefs vereinbart worden, dass der Betriebsratsvorsitzende die Frühstückskosten derjenigen Betriebsratsmitglieder, die nicht ihr Frühstück über die Gehaltsabrechnung bezahlen würden, in bar entgegennehme, einsammele und dann als entsprechende Einnahme in der Speisenkasse verbuche. Aus den Speisekassenabrechnungen gehe hervor, dass sämtliche Betriebsratsfrühstücke verbucht worden seien. Tatsächlich sei sogar mehr in die Speisekasse eingezahlt worden, als Kosten angefallen seien. Dieses Guthaben ergebe sich daraus, dass die Barzahler nicht immer genau 1,43 €, sondern auch schon mal 1,50 € eingezahlt und auf das Wechselgeld verzichtet hätten. Im Kassenbuch seien die Einzahlungen auf entsprechende Essensmarken umgelegt worden, da das EDV-Programm nur Einzahlungen in Schritten von 1,43 € bzw. 2,55 € zulasse.
Entgegen den Behauptungen der Arbeitgeberin sei das Frühstück auch nicht opulent in fürstlicher Art gewesen. Das Frühstück für den Betriebsrat habe in Art und Umfang dem täglichen Verwaltungsfrühstück entsprochen. Zum Frühstück seien unregelmäßig auch Beilagen wie Obst, Yoghurt oder Pfannkuchen bzw. Reibekuchen gereicht worden. Sofern derartige Beilagen gereicht worden seien, hätten diese entweder der regelmäßigen Tagesproduktion des Essens für die Bewohner oder aus Resten der Abendverpflegung gestammt, welches nicht mehr an die Bewohner habe ausgegeben werden dürfen. Sonderbrötchen seien extra für den Betriebsrat nie bestellt worden; es seien vielmehr regelmäßig gemischte Brötchen bestellt worden.
Dass der Beteiligte zu 3. die Frühstückseinnahmen im Juni und Juli 2006 erst Ende August 2006 in die Speisekasse eingezahlt habe, sei darauf zurückzuführen gewesen, dass er im Zusammenhang mit der Ausgliederung der Küche zum 01.07.2006 übermäßig viel an Arbeit zu erledigen gehabt habe. Es hätten ständig Betriebs- bzw. Abteilungsversammlungen der Küchenmitarbeiter durchgeführt werden müssen, ein Einigungsstellenverfahren sei vorbereitet und durchgeführt worden. Hieraus könne dem Beteiligten zu 3. aber kein Vorwurf gemacht werden. Das eingenommene Bargeld sei nämlich jederzeit in dem Sammelglas im Betriebsratszimmer vorhanden gewesen. Nach der Einzahlung von 34,40 € am 28.08.2006 sei ein Fehlbetrag in der Speisekasse nicht vorhanden gewesen. Eine Veruntreuung ihm anvertrauter Gelder könne dem Beteiligten zu 3. nicht vorgeworfen werden, die Arbeitgeberin könne ihn nicht zu einem Straftäter abstempeln.
Durch den am 17.01.2006 verkündeten Beschluss hat das Arbeitsgericht den Zustimmungsersetzungsantrag der Arbeitgeberin abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, ein außerordentlicher Kündigungsgrund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB liege nicht vor. Die Arbeitgeberin könne dem Betriebsratsvorsitzenden keine strafbaren Handlungen, insbesondere nicht die Begehung eines Vermögensdeliktes vorwerfen. Bei einer Unterschlagung fehle es bereits an einer Zueignungshandlung des Betriebsratsvorsitzenden, dieser habe keinen Gewahrsam an den eingesammelten Frühstücksgeldern begründet. Wegen der unregelmäßigen Einzahlung und Verbuchung der eingenommenen Gelder komme eine außerordentliche Kündigung ohne Abmahnung nicht in Betracht.
Gegen den der Arbeitgeberin am 31.01.2007 zugestellten Beschluss, auf dessen Gründe ergänzend Bezug genommen wird, hat die Arbeitgeberin am 20.02.2007 Beschwerde zum Landesarbeitsgericht eingelegt und diese zugleich begründet.
Die Arbeitgeberin hält die beabsichtigte außerordentliche Kündigung nach wie vor wegen reichhaltiger Büfettbewirtung des Betriebsrates und wegen unzureichender Bezahlung durch den Beteiligten zu 3. für wirksam. Unzutreffenderweise habe das Arbeitsgericht über die Behauptung des Betriebsrates, der Verzicht auf die Essensmarken anlässlich der Betriebsratsfrühstücke sei mit dem Betriebsleiter abgestimmt, keine Beweisaufnahme durchgeführt. Das Arbeitsgericht habe auch unzutreffenderweise angenommen, der Beteiligte zu 3. habe sich keines Vermögensdeliktes schuldig gemacht. Die Feststellungen in dem angefochtenen Beschluss seien widersprüchlich, insbesondere soweit das Arbeitsgericht einen Anfangsverdacht gegenüber dem Beteiligten zu 3. bejaht, diesen aber durch die eingezahlten Beträge als entkräftet angesehen habe. Es könne nämlich nicht unberücksichtigt bleiben, dass der Beteiligte zu 3. die Einzahlung am 28.08.2006 erst zu dem Zeitpunkt vorgenommen habe, als er bereits auf die nicht genehmigte Frühstückspraxis hingewiesen worden sei. Insoweit liege ein vorsätzlicher Pflichtenverstoß wegen Unterlassens des Verkaufs von Essensmarken vor und wegen des Unterlassens korrekter Abrechnung der eingenommenen Frühstücke. Auch das Arbeitsgericht habe in dem angefochtenen Beschluss dem Beteiligten zu 3. eine schlampige Arbeitsweise vorgeworfen. Die ordnungsgemäße Buch- und Kassenführung gehöre gerade zu seinen Hauptpflichten. Da er diese vernachlässigt habe, bestehe ein dringender Tatverdacht eines Vermögensdeliktes. Das Vertrauen in die ordnungsgemäße Buch- und Kassenführung durch den Beteiligten zu 3. sei nachhaltig erschüttert.
Durch seine Vorgehensweise habe der Beteiligte zu 3. auch jegliche Kontrollmöglichkeit ausgehebelt. Bei ihrer Anhörung habe die stellvertretende Betriebsratsvorsitzende spontan und unumwunden eingeräumt, dass die vom Beteiligten zu 3. vorgenommene Abrechnungsweise nicht korrekt gewesen sei; der Beteiligte zu 3. habe das eingesammelte Geld "mit nach unten genommen", was er damit gemacht habe, wisse sie nicht. Aus der beharrlichen Beteuerung des Beteiligten zu 3., die Kassenführung zutreffend vorgenommen und alles korrekt gemacht zu haben, müsse entnommen werden, dass ihm jedwedes Unrechtsbewusstsein, insbesondere aber auch die Loyalität gegenüber der Geschäftsleitung fehle.
Im Übrigen müsse mit Nichtwissen bestritten werden, dass sämtliche Betriebsratsmitglieder, die von der Gegenseite angegeben würden, gefrühstückt hätten. Wie oft der Betriebsratsvorsitzende zweimal gefrühstückt habe, bleibe offen. Soweit eingeräumt worden sei, dass nicht alle Betriebsratsmitglieder, die an den Betriebsratssitzungen teilgenommen hätten, auch gefrühstückt hätten, sei nicht geklärt, wer tatsächlich wann gefrühstückt habe. Wer aber tatsächlich vom reichlich gedeckten Büfett zugelangt habe, bleibe im Dunkeln und lasse sich auch nicht durch Einsicht in die Betriebsratsprotokolle nachträglich klären. Dass die Köche den Betriebsrat besonders reichlich ohne Bezahlung bedient hätten, ergebe sich bereits aus den eigens für das Betriebsratsfrühstück bestellten Sonderbrötchen, sowie aus der opulenten Bewirtung des Betriebsrates und der Verheimlichung des Betriebsratsfrühstücks vor der Geschäftsleitung. Die angebotene Einvernahme von Zeugen hätte im Rahmen der Amtsermittlung die Wahrscheinlichkeit der Schädigungsabsicht der Antragsgegner erbracht.
Im Übrigen sei bei der Zählung des Geldes aus dem Sammelglas am 28.08.2006 festgestellt worden, dass auch Geldscheine im Sammelglas gewesen seien. Diese Geldscheine seien ein Indiz dafür, dass es nicht nur angesammelte Beträge zwischen 1,43 € und 1,50 € gewesen seien, so dass der Beteiligte zu 3. nach dem Auffliegen das Sammelglas "aufgefüllt" haben müsse.
Darüber hinaus sei auch nicht berücksichtigt worden, dass die vom Beteiligten zu 3. unstreitig vorgenommenen Buchungen in der Speisekasse allein deshalb falsch gewesen seien, weil immer eine bestimmte Anzahl von bestimmten Beträgen verbucht worden sei, ohne dass darauf hingewiesen worden sei, dass angebliche Überzahlungen, in welcher Höhe auch immer, enthalten seien.
Die Arbeitgeberin beantragt,
unter Abänderung des Beschlusses des Arbeitsgerichts Herne vom 17.01.2006 - 5 BV 35/06 - die vom Betriebsrat verweigerte Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung des Betriebsratsvorsitzenden, des Beteiligten zu 3., zu ersetzen.
Der Betriebsrat und der Beteiligte zu 3. beantragen,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie verteidigen den angefochtenen Beschluss und sind der Auffassung, das Arbeitsgericht habe zu Recht die Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung des Beteiligten zu 3. nicht ersetzt. Das gesamte Vorbringen der Arbeitgeberin bleibe bestritten. Es bleibe auch bei der Behauptung, dass der Verzicht auf den Verkauf von Essensmarken für die Frühstücksteilnehmer, die das Frühstück nicht über die Lohnabrechnung bezahlten, mit dem Betriebsleiter H3 Ende Oktober 2005 ausdrücklich abgestimmt gewesen sei.
Ein Grund für eine außerordentliche Kündigung ergebe sich im Übrigen bereits nach dem eigenen Vorbringen der Arbeitgeberin nicht. Dem Beteiligten zu 3. seien keine Straftaten vorzuwerfen, er habe der Arbeitgeberin durch Handhabung des Betriebsratsfrühstücks auch keinen Schaden zugefügt. Eine schwerwiegende Pflichtverletzung, wonach dem Beteiligten zu 3. ohne vorangegangene Abmahnung hätte außerordentlich gekündigt werden können, liege nicht vor. Es sei auch kein dringender Tatverdacht hinsichtlich einer vorsätzlich falschen Kassenführung gegeben. Insbesondere habe der Beteiligte zu 3. sich durch die Handhabung der Speisekasse nicht bereichert. Zu keinem Zeitpunkt habe er zweimal gefrühstückt, ihm könne auch keine schlampige Arbeitsweise oder die Aushebelung der Kontrollmöglichkeiten der Arbeitgeberin vorgeworfen werden. Die Arbeitgeberin wisse genau, wer an welchen Betriebsratssitzungen teilgenommen habe. Unzutreffend sei schließlich, die Köche hätten für das Betriebsratsfrühstück Sonderbrötchen bestellt und insbesondere den Betriebsrat reichhaltig und ohne Bezahlung bedient. Die den Köchen K5 und B3 gegenüber ausgesprochenen außerordentlichen Kündigungen seien inzwischen für unwirksam erklärt worden.
Für die Höhe des Frühstückspreises seien auch weder der Betriebsrat noch der Betriebsratsvorsitzende verantwortlich. Tatsächlich habe der Betriebsratsvorsitzende für die Frühstücke der letzten Monate 34,40 € in die Speisekasse eingezahlt. Diese Einzahlung habe er bewusst nicht selbst verbucht, sondern unter Anwesenheit von Zeugen verbuchen und quittieren lassen. Insoweit sei auch unrichtig, dass der Betrag von 34,32 € wiederum passend gemacht worden sei. Der Beteiligte zu 3. habe auch nicht die Differenz von 0,08 € unterschlagen. Auch die Mutmaßung der Arbeitgeberin, er, der Beteiligte zu 3., habe das Sammelglas nachträglich aufgefüllt, werde nachdrücklich bestritten. Gerade um jeden Verdacht gegenüber ihm auszuräumen, habe der Beteiligte zu 3. am 28.08.2006 zu der Einzahlung und Verbuchung von 34,40 € Zeugen hinzugezogen.
Im Übrigen entspreche es der Lebenserfahrung, dass nicht jedes Betriebsratsmitglied immer 1,43 € als passendes Kleingeld in das Sammelglas eingelegt habe, sondern durchaus mit Geldscheinen bezahlt und Wechselkleingeld dem Sammelglas entnommen habe. Bei etwaigen Überzahlungen durch Betriebsratsmitglieder, etwa bei einem Betrag von 1,50 €, seien die gesamten Beträge im Sammelglas verblieben. Woraus sich ergeben solle, dass der Beteiligte zu 3. in Schädigungsabsicht gehandelt habe, sei unerfindlich. Ein Schaden sei überhaupt nicht entstanden.
Die dem Beteiligten zu 3. gemachten Vorwürfe hätten mit der Führung der Verwahrgeldkasse überhaupt nichts zu tun. Richtig sei, dass seinerzeit im Oktober 2003 ein Betrag von 5.000,00 € aus der Verwahrgeldkasse, die seinerzeit unsinnigerweise im Pförtnerbüro aufbewahrt worden sei, entwendet worden seien. Erst im Zusammenhang mit diesem Vorgang sei die Dienstanweisung vom 23.10.2003 erfolgt. Entsprechende Dienstanweisungen für die Führung der Speisekasse bestünden nicht. An die Verhaltensmaßregeln, wie sie in dem seinerzeit abgeschlossenen Vergleich vom 19.03.2004 festgelegt worden seien, habe er, der Beteiligte zu 3., sich jederzeit gehalten.
Im Übrigen wird auf den weiteren Inhalt der von den Beteiligten gewechselten Schriftsätze ergänzend Bezug genommen.
B.
Die zulässige Beschwerde der Arbeitgeberin ist nicht begründet.
I.
Der Antrag der Arbeitgeberin ist nach den §§ 2a, 80 Abs. 1 ArbGG zulässig. Zwischen den Beteiligten ist eine betriebsverfassungsrechtliche Angelegenheit nach § 103 Abs. 2 BetrVG streitig.
Die Antragsbefugnis der Arbeitgeberin und die Beteiligung des Betriebsrates und des Betriebsratsvorsitzenden ergeben sich aus den §§ 10, 83 Abs. 3 ArbGG i.V.m. § 103 Abs. 2 Satz 2 BetrVG.
II.
Der Zustimmungsersetzungsantrag der Arbeitgeberin ist unbegründet. Der Betriebsrat hat die von der Arbeitgeberin beantragte Zustimmung zur beabsichtigten außerordentlichen Kündigung des Beteiligten zu 3. zu Recht verweigert. Diese verweigerte Zustimmung war auch nach der Auffassung der Beschwerdekammer nicht zu ersetzen. Dies hat das Arbeitsgericht in dem angefochtenen Beschluss, der ausführlich begründet worden ist, zu Recht und mit zutreffender Begründung festgestellt.
1. Der Zustimmungsersetzungsantrag der Arbeitgeberin ist nicht schon deshalb unbegründet, weil der Betriebsrat nicht ordnungsgemäß nach § 102 Abs. 1 BetrVG über die Kündigungsgründe unterrichtet gewesen ist.
a) Da die Zustimmung des Betriebsrates als Wirksamkeitsvoraussetzung vor dem Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung eines Betriebsratsmitglieds vorliegen muss, ist der Arbeitgeber grundsätzlich verpflichtet, wie bei der Anhörung des Betriebsrates zu jeder anderen beabsichtigten außerordentlichen Kündigung eines Arbeitnehmers nach § 102 Abs. 1 BetrVG dem Betriebsrat die Kündigungsabsicht und die maßgebenden Tatsachen mitzuteilen, welche den wichtigen Grund für die beabsichtigte außerordentliche Kündigung darstellen sollen. Die für das Anhörungsverfahren nach § 102 Abs. 1 BetrVG geltenden Grundsätze sind insoweit auch für § 103 Abs. 1 BetrVG entsprechend anzuwenden (BAG, Urteil vom 18.08.1977 - AP BetrVG 1972 § 103 Nr. 10; BAG, Urteil vom 17.03.2005 - AP BetrVG 1972 § 27 Nr. 6; KR/Etzel, 8. Aufl., § 103 Rz. 66; Raab, GK-BetrVG, 8. Aufl., § 103 Rz. 51; APS/Linck, 2. Aufl., § 103 BetrVG Rz. 14 m.w.N.).
Der Betriebsrat ist jedoch zu der beabsichtigten außerordentlichen Kündigung des Beteiligten zu 3. ordnungsgemäß angehört worden. Die Arbeitgeberin hat den Betriebsrat mit Schreiben vom 31.08.2006 unter Mitteilung der Kündigungsgründe angehört. Das Schreiben vom 31.08.2006 ist zutreffend an die stellvertretende Betriebsratsvorsitzende gerichtet worden, weil die außerordentliche Kündigung des Betriebsratsvorsitzenden in Rede stand und dieser insoweit als verhindert im Sinne des § 25 Abs. 1 Satz 2 BetrVG angesehen werden musste. Im Schreiben vom 31.08.2006 sind die Person des zu kündigenden Arbeitnehmers und dessen Familiendaten ordnungsgemäß mitgeteilt worden. Insbesondere ist der Betriebsrat auch vollständig über die Kündigungsgründe informiert worden. Im Schreiben vom 31.08.2006 ist im Einzelnen konkret angegeben worden, auf welche Gründe die Arbeitgeberin die Kündigung stützen will. Das vorangegangene Schreiben der Arbeitgeberin an den Betriebsratsvorsitzenden vom 29.08.2006 sowie die Stellungnahme des Beteiligten zu 3. vom 30.08.2006 waren dem Anhörungsschreiben vom 31.08.2006 beigefügt.
b) Soweit es im Schreiben vom 31.08.2006 im Betreff ausdrücklich heißt "Anhörung des Betriebsrates gemäß § 102 BetrVG ...", und der Betriebsrat mit dem Arbeitgeberschreiben vom 31.08.2006 nicht ausdrücklich um Zustimmung zu der beabsichtigten fristlosen Kündigung des Betriebsratsvorsitzenden ersucht worden ist, führt dies nicht zur Unwirksamkeit der Einleitung des Zustimmungsverfahrens.
Zwar hat der Arbeitgeber im eigenen Interesse den Betriebsrat von einer beabsichtigten außerordentlichen Kündigung eines Betriebsratsmitglieds unter genauer Angabe der Kündigungsgründe wie nach § 102 Abs. 1 BetrVG zu unterrichten. Zur Klarstellung sollte er auch die Zustimmung des Betriebsrates zu dieser beabsichtigten außerordentlichen Kündigung beantragen. Es muss nämlich erkennbar sein, ob ein Zustimmungsverfahren nach § 103 BetrVG oder ein Anhörungsverfahren nach § 102 BetrVG eingeleitet werden soll. Die Anhörung des Betriebsrats nach § 102 BetrVG kann die Einleitung des Zustimmungsverfahrens nach § 103 BetrVG grundsätzlich nicht ersetzen (BAG, Urteil vom 17.03.2005 - AP BetrVG 1972 § 27 Nr. 6; vgl. auch: KR/Etzel, a.a.O., § 103 BetrVG Rz. 65 ff., 69; Fitting/Engels/Schmidt/Trebinger/Linsenmaier, BetrVG, 23. Aufl., § 103 Rz. 33). Eine ausdrückliche Aufforderung des Arbeitgebers an den Betriebsrat zu der beabsichtigten Kündigung Stellung zu nehmen, ist aber grundsätzlich nicht erforderlich.
Im vorliegenden Fall war dem Betriebsrat durch das Schreiben der Arbeitgeberin vom 31.08.2006 erkennbar, welches Verfahren eingeleitet werden sollte. Der Betriebsrat ist ausdrücklich wegen einer beabsichtigten fristlosen Kündigung des Betriebsratsvorsitzenden angegangen worden. Der Betriebsrat hatte Kenntnis vom Sonderkündigungsschutz des Beteiligten zu 3. Er ist ferner gebeten worden, unverzüglich spätestens innerhalb der gesetzlichen Dreitagesfrist, eine Stellungnahme abzugeben. Der Betriebsrat hat seinerseits seine Stellungnahme mit Schreiben vom 04.09.2006 binnen der Dreitagesfrist abgegeben. Hierauf hat die Arbeitgeberin das Zustimmungsersetzungsverfahren beim Arbeitsgericht eingeleitet.
2. Nach § 103 Abs. 1 BetrVG bedarf die außerordentliche Kündigung von Mitgliedern des Betriebsrates der Zustimmung des Betriebsrates. Nach § 103 Abs. 2 Satz 1 BetrVG i.V.m. § 15 Abs. 1 KSchG hat der Arbeitgeber dann einen Anspruch auf Ersetzung der Zustimmung, wenn die beabsichtigte außerordentliche Kündigung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles gerechtfertigt ist. Dies setzt einen wichtigen Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB voraus; es müssen Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Arbeitgeber unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr zugemutet werden kann (BAG, Beschluss vom 22.08.1974 - AP BetrVG 1972 § 103 Nr. 1; BAG, Beschluss vom 10.02.1999 - AP KSchG 1969 § 15 Nr. 42; BAG, Beschluss vom 20.01.2000 - AP BetrVG 1972 § 103 Nr. 40; BAG, Urteil vom 07.10.2004 - AP KSchG 1969 § 15 Nr. 56; BAG, Beschluss vom 16.12.2004 - AP BGB § 626 Nr. 191).
Auch nach Überzeugung der Beschwerdekammer sind die Voraussetzungen für die gerichtliche Zustimmungsersetzung nicht gegeben.
a) In der Rechtsprechung der Arbeitsgerichte ist anerkannt, dass strafbare Handlungen zulasten des Arbeitgebers ebenso wie grobe Vertrauensverstöße grundsätzlich eine außerordentliche Kündigung nach § 626 BGB rechtfertigen können (BAG, Urteil vom 26.11.1964 - AP BGB § 626 Nr. 53; BAG, Beschluss vom 10.02.1999 - AP KSchG 1969 § 15 Nr. 42; BAG, Urteil vom 12.08.1999 - AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 28; BAG, Beschluss vom 16.12.2004 - AP BGB § 626 Nr. 191; BAG, Urteil vom 27.04.2006 - AP BGB § 626 Nr. 203; KR/Fischermeier, a.a.O., § 626 BGB Rz. 445; ErfK/Müller-Glöge, 7. Aufl., § 626 BGB Rz. 148, 154 f.; APS/Dörner, a.a.O., § 626 BGB Rz. 275 ff.; Stahlhacke/Preis/Vossen, Kündigung und Kündigungsschutz im Arbeitsverhältnis, 9. Aufl., Rz. 739 f. m.w.N.). Vom Arbeitnehmer gegenüber dem Arbeitgeber begangene Straftaten, insbesondere Diebstähle, Unterschlagungen oder sonstige Vermögensdelikte zum Nachteil des Arbeitgebers oder der Belegschaft, rechtfertigen regelmäßig eine außerordentliche Kündigung ohne vorherige Abmahnung.
Das gilt auch bei einem bloßen Versuch. Auch der bloße Versuch eines Diebstahls oder einer sonstigen strafbaren Handlung zulasten des Arbeitgebers kann grundsätzlich eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen (LAG Hamm, Urteil vom 20.02.1986 - DB 1986, 1338; LAG Köln, Urteil vom 22.01.1996 - AP BGB § 626 Nr. 127; KR/Fischermeier, a.a.O., § 626 BGB Rz. 445); ob und inwieweit sich der Arbeitnehmer mit seinem Verhalten strafbar gemacht hat, ist für die Beurteilung eines wichtigen Grundes im Sinne des § 626 BGB ebenso wenig entscheidend wie der Ausgang eines staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens (BAG, Urteil vom 20.04.1977 - AP BAT § 54 Nr. 1; BAG, Urteil vom 29.01.1997 - AP BGB § 626 Nr. 131).
Nach der ständigen Rechtsprechung der Arbeitsgerichte kann darüber hinaus nicht nur eine erwiesene Vertragsverletzung, sondern auch schon der schwerwiegende Verdacht einer strafbaren oder sonstigen Verfehlung einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung gegenüber einem Verdächtigen Arbeitnehmer darstellen.
Eine Verdachtskündigung liegt dann vor, wenn und soweit der Arbeitgeber eine Kündigung damit begründet, dass gerade der Verdacht eines strafbaren bzw. vertragswidrigen Verhaltens das für die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses erforderliche Vertrauen zerstört habe. Der Verdacht der strafbaren Handlung stellt gegenüber dem Vorwurf, der Arbeitnehmer habe die Tat begangen, einen eigenständigen Kündigungsgrund dar, der in dem Tatvorwurf nicht enthalten ist. Bei der Tatkündigung ist für den Kündigungsentschluss maßgebend, dass der Arbeitnehmer nach der Überzeugung des Arbeitgebers die strafbare Handlung bzw. Pflichtverletzung tatsächlich begangen hat und dem Arbeitgeber aus diesem Grund die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar ist. § 626 Abs. BGB lässt eine Verdachtskündigung dann zu, wenn starke Verdachtsmomente auf objektiven Tatsachen gründen, wenn die Verdachtsmomente geeignet sind, das für die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses erforderliche Vertrauen zu zerstören und wenn der Arbeitgeber alle zumutbaren Anstrengungen zur Aufklärung des Sachverhaltes unternommen, insbesondere dem Arbeitnehmer Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben hat (BAG, Urteil vom 14.09.1994 - AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 24; BAG, Urteil vom 20.08.1997 - AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 27; BAG, Urteil vom 18.11.1999 - AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 32; BAG, Urteil vom 06.12.2001 - AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 36; BAG, Urteil vom 06.11.2003 - AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 39; APS/Dörner, a.a.O., § 626 BGB Rz. 345 f.; ErfK/Müller-Glöge, a.a.O., § 626 BGB Rz. 208 ff.; KR/Fischermeier, a.a.O., § 626 BGB Rz. 210 ff. m. w. N.).
b) In Übereinstimmung mit der arbeitsgerichtlichen Entscheidung steht auch zur Überzeugung der Beschwerdekammer nicht fest, dass der Beteiligte zu 3. ein Vermögensdelikt zulasten der Arbeitgeberin begangen hat. Es sind auch keine Tatsachen vorhanden, die den dringenden Tatverdacht einer strafbaren Handlung, etwa einer Unterschlagung oder einer Veruntreuung, rechtfertigen könnten. Dies hat das Arbeitsgericht in dem angefochtenen Beschluss, der ausführlich begründet worden ist und dessen Ausführungen sich die Beschwerdekammer zu Eigen macht, zutreffend festgestellt.
aa) Zu Recht ist das Arbeitsgericht in dem angefochtenen Beschluss davon ausgegangen, dass der Beteiligte zu 3. keine Gelder der Arbeitgeberin unterschlagen oder veruntreut hat. Durch die Einzahlung in das Sammelglas im Betriebsratsbüro für das jeweilige Frühstück durch die Betriebsratsmitglieder hat der Betriebsratsvorsitzende noch keinen eigenen Gewahrsam an diesen Geldern begründet und diese sich auch so nicht zugeeignet. Dass der Betriebsratsvorsitzende die im Sammelglas verwahrten Gelder tatsächlich an sich genommen und sie auch nur zeitweise seinem eigenen Vermögen zugewiesen hat, behauptet die Arbeitgeberin selbst nicht.
Dem Betriebsratsvorsitzenden, dem die Führung der Speisenkasse anvertraut war, kann auch kein Verstoß gegen die ihm insoweit obliegende Obhutpflicht vorgehalten werden. Insbesondere kann die Arbeitgeberin ihm nicht vorwerfen, sich an den eingenommenen Geldern bereichert zu haben. Eine Unterschlagung hat nämlich auch nicht in der Form stattgefunden, dass der Betriebsratsvorsitzende die eingesammelten Einnahmen nicht vollständig in die Speisenkasse eingezahlt hat. Das Arbeitsgericht hat in dem angefochtenen Beschluss im Einzelnen durch Gegenüberstellung der unstreitig getätigten und verbuchten Einnahmen ausgeführt, dass die vom Betriebsratsvorsitzenden insgesamt getätigten Einzahlungen die angefallenen Frühstückskosten nicht nur decken, sondern sie sogar übersteigen. Hieraus ergibt sich, dass sämtliche durch die einzelnen Betriebsratsmitglieder eingenommenen Frühstücke jeweils mit einem Betrag von 1,43 € bezahlt worden sind. Fehlbestände sind weder festgestellt worden, noch sind sie von der Arbeitgeberin konkret behauptet worden. Zu Recht ist das Arbeitsgericht in dem angefochtenen Beschluss davon ausgegangen, dass sogar ein Überschuss vorhanden gewesen ist. Auf die entsprechenden Ausführungen in dem angefochtenen Beschluss kann Bezug genommen werden.
bb) Ein Grund für eine fristlose Kündigung - weder als Tatkündigung noch als Verdachtskündigung - ergibt sich auch nicht daraus, dass der Betriebsratsvorsitzende die eingesammelten Gelder nicht regelmäßig nach dem jeweiligen Frühstück bzw. mindestens einmal monatlich in die Speisenkasse eingezahlt hat. Die Einzahlung der eingenommenen Frühstücksgelder in die Speisekasse ist zwar unregelmäßig erfolgt. Dies rechtfertigt aber weder unter dem Gesichtspunkt der Tatkündigung noch unter dem Gesichtspunkt der Verdachtskündigung eine fristlose Kündigung. Auch dies hat das Arbeitsgericht zutreffend erkannt. Konkrete Dienstanweisungen zur Führung der Speisenkasse liegen insoweit nicht vor. Auch wenn unterstellt wird, dass der Betriebsratsvorsitzende verpflichtet gewesen wäre, die eingenommenen Frühstücksgelder unverzüglich bzw. mindestens zeitnah in die Speisenkasse einzuzahlen, wäre eine insoweit begangene Pflichtverletzung ohne Abmahnung nicht geeignet, einen Grund zur außerordentlichen Kündigung abzugeben. Einer derartigen Pflichtverletzung hätte eine einschlägige Abmahnung zum Ausschluss einer Wiederholungsgefahr vorausgehen müssen, an der es vorliegend fehlt.
Eine Abmahnung ist erforderlich, wenn es sich um ein steuerbares Fehlverhalten handelt, das bisherige vertragswidrige Fehlverhalten noch keine klare Negativprognose zulässt und deswegen von der Möglichkeit zukünftigen vertragsgerechten Verhaltens ausgegangen werden kann (BAG, Urteil vom 04.06.1997 - AP BGB § 626 Nr. 137; BAG, Urteil vom 27.04.2006 - AP BGB § 626 Nr. 203).
Gerade weil im vorliegenden Verfahren konkrete Anweisungen darüber, wie die Speisenkasse geführt werden muss und zu welchem Zeitpunkt Einzahlungen erfolgen sollen, fehlen, konnte auch nicht von der Entbehrlichkeit einer Abmahnung ausgegangen werden. Entscheidend ist insoweit, ob eine Wiederholungsgefahr besteht und ob sich die Pflichtverletzung, die verspätete Einzahlung der Frühstücksgelder in die Speisenkasse, auch zukünftig belastend auswirkt (BAG, Urteil vom 16.08.1991 - AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 27; BAG, Urteil vom 26.01.1995 - AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 34; BAG, Urteil vom 21.11.1996 - AP BGB § 626 Nr. 130; BAG, Urteil vom 12.01.2006 - DB 2006, 1567). Das kann im vorliegenden Fall aber gerade nicht angenommen werden. Unter den genannten Umständen war von einer Negativprognose bzw. von einer Wiederholungsgefahr nicht auszugehen.
Die Arbeitgeberin kann sich in diesem Zusammenhang auch nicht auf die Dienstanweisung vom 23.10.2003 berufen. Diese Dienstanweisung betraf lediglich die Führung der Verwahrgeldkasse, in der sich Gelder der Bewohner des Seniorenheimes befinden. Dass der Beteiligte zu 3. durch etwaige verspätete Einzahlungen der Frühstücksgelder in die Speisenkasse gegen die Verpflichtung aus dem am 19.03.2004 abgeschlossenen gerichtlichen Vergleich verstoßen hat, behauptet die Arbeitgeberin selbst nicht.
cc) Auch eine etwaige fehlerhafte Buchführung über die Einnahmen in der Speisenkasse durch den Betriebsratsvorsitzenden kann weder eine Tatkündigung noch eine Verdachtskündigung rechtfertigen.
Zwar geht auch die Beschwerdekammer mit der Arbeitgeberin davon aus, dass der Betriebsratsvorsitzende die eingenommenen Frühstücksgelder nicht ordnungsgemäß, insbesondere nicht vollständig verbucht hat. Richtig ist auch, dass der Beteiligte zu 3. Einzahlungen in die Speisenkasse fehlerhaft als Einnahmen für Mittagessen, statt für Frühstücke verbucht hat. Diese Pflichtverletzungen stellen jedoch bloße Schlechtleistungen des Beteiligten zu 3. dar, die, wie das Arbeitsgericht ebenfalls zutreffend erkannt hat, nicht ohne vorherige Abmahnungen eine fristlose Kündigung rechtfertigen. Die Verbuchung der anlässlich der Frühstücke eingenommenen Gelder als Einnahmen für Mittagessen dient entgegen der Annahme der Arbeitgeberin auch nicht der Verschleierung einer vermeintlichen Unterschlagung. Dies ergibt sich bereits daraus, dass die Einzahlungen die tatsächlich verursachten Frühstückskosten überstiegen hat.
Auch wenn der Betriebsratsvorsitzende die tatsächlich eingenommenen Gelder nicht vollständig verbucht hat, sondern lediglich den jeweiligen Preis von 1,43 € pro Frühstück, rechtfertigt dies weder eine Tatkündigung noch eine Verdachtskündigung. Auch insoweit konnte offen bleiben, ob es zutreffend ist, dass das EDV-Programm für Essensmarken lediglich Einzahlungen von 1,43 € bzw. 2,55 € zulässt. Selbst wenn zugunsten der Arbeitgeberin unterstellt wird, dass der tatsächlich abgelieferte Betrag im Kassenbuch zu verbuchen, zu quittieren und in die Kasse zu legen gewesen wäre, kann von einem wichtigen Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB nicht ausgegangen werden. Dem Beteiligten zu 3. kann nämlich insoweit lediglich ein Verstoß gegen die Führung des Kassenbuches vorgeworfen werden, der allein ohne vorangegangene Abmahnung und ohne konkrete Anweisungen über die Führung des Kassenbuches eine fristlose Kündigung nicht rechtfertigen kann.
Die Arbeitgeberin kann sich in diesem Zusammenhang auch nicht auf die Entscheidung des erkennenden Gerichts vom 13.09.2004 - 8 Sa 652/04 - berufen. Der in Bezug genommenen Entscheidung lag nämlich eine völlig anders geartete Fallgestaltung zugrunde. Dort sind teilweise Quittungen vernichtet worden, teilweise waren überhaupt keine Buchungen für erteilte Quittungen vorhanden. Im vorliegenden Fall kann auch keine undurchsichtige Kassenführung angenommen werden, sondern allein eine unvollständige Verbuchung und keine zeitnahe Verbuchung durch den Betriebsratsvorsitzenden. Diese - unterstellten - Pflichtverletzungen rechtfertigen jedoch ohne Abmahnung keine fristlose Kündigung.
dd) Auch der Umstand, dass seit Oktober 2005 anlässlich der Betriebsratsfrühstücke auf Essensmarken verzichtet wurde, rechtfertigt allein ohne vorangegangene Abmahnung keine außerordentliche Kündigung. Auch insoweit war trotz des im Beschlussverfahren bestehenden Amtsermittlungsgrundsatzes die Durchführung einer Beweisaufnahme entbehrlich. Auch die Beschwerdekammer kann unterstellen, dass eine Absprache zwischen dem Betriebsratsvorsitzenden und dem Betriebsleiter H3 und dem ehemaligen Küchenchef des Seniorenzentrums über die Einnahme von Frühstücken anlässlich der Betriebsratssitzungen nicht stattgefunden hat. Selbst wenn der Betriebsratsvorsitzende insoweit eigenmächtig davon abgesehen hat, auf den Verkauf von Essensmarken anlässlich der Betriebsratsfrühstücke zu verzichten, liegt keine derartig schwerwiegende Pflichtverletzung seitens des Betriebsratsvorsitzenden vor, die eine fristlose Kündigung gerechtfertigt hätte. Die Arbeitgeberin verkennt nämlich auch in diesem Zusammenhang, dass die eingenommenen und verbuchten Gelder mit den tatsächlich ausgegebenen Frühstücken mindestens übereingestimmt haben. Die Betriebsratsmitglieder, die ein Frühstück eingenommen haben, haben tatsächlich mehr in die Speisekasse eingezahlt, als sie tatsächlich verfrühstückt haben.
ee) Zu Recht und mit deutlichen Worten hat schließlich das Arbeitsgericht auch darauf hingewiesen, dass die Arbeitgeberin dem Beteiligten zu 3. nicht vorwerfen kann, der Betriebsrat habe sich auf Veranlassung seines Vorsitzenden ein opulentes, fürstliches Frühstück heimlich servieren lassen, das über die normalen Mahlzeiten deutlich hinaus ging. Auch insoweit nimmt die Beschwerdekammer auf die Ausführungen in dem angefochtenen Beschluss Bezug und macht sich die dortigen Ausführungen zu eigen. Weder kann davon ausgegangen werden, dass der Betriebsrat sich heimlich ein Frühstück hat servieren lassen, noch ist ersichtlich, dass der Betriebsrat seit November 2005 14-täglich ein opulentes, fürstliches Frühstück zu sich genommen hat, das den Preis von 1,43 € bei weitem überstiegen hätte. Diese Vorwürfe sind ebenso unsubstantiiert wie der gegenüber dem Betriebsratsvorsitzenden erhobene Vorwurf, zweimal gefrühstückt zu haben. Von einer besonders heimlichen Vorgehensweise kann schon deshalb nicht gesprochen werden, weil der Frühstückswagen in der Küche des Seniorenzentrums bestückt worden ist und nach dem unstreitigen Vorbringen regelmäßig vor dem Betriebsratsbüro offen abgestellt worden ist. Wer wann ein Frühstück eingenommen hat, ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Soweit die Arbeitgeberin vorträgt, wer tatsächlich "vom reichlich gedeckten Büfett zugelangt" habe, "bleibe im Dunkeln", bewegt sie sich im Bereich von Spekulationen und Vermutungen, über die kein Beweis erhoben werden muss. Dass das Frühstück für den Betriebsrat verschiedene Brötchensorten oder Brotsorten enthielt und teilweise auch Obst, Joghurt, Schinken oder Käse gereicht wurde, ist ebenso unstreitig wie das vom Betriebsrat unwidersprochen gebliebene Vorbringen, dass etwaige Sonderbeilagen aus Resten der Abendverpflegung entstammten, die nicht mehr an die Bewohner hätten ausgegeben werden dürfen. Auch der in der Beschwerdeinstanz wiederholte Vorwurf, es seien eigens für das Betriebsratsfrühstück Sonderbrötchen bestellt worden, die erkennbar vom täglichen Frühstücksbüfett abwichen, ist auch im Beschlussverfahren trotz des bestehenden Amtsermittlungsgrundsatzes einer Beweisaufnahme nicht zugänglich. In welchen konkreten Fällen auf Veranlassung des Betriebsratsvorsitzenden über das normale Frühstück hinausgehende Leistungen erbracht worden sind, ist von der Arbeitgeberin nicht substantiiert dargelegt worden.
III.
Für die Zulassung der Rechtsbeschwerde zum Bundesarbeitsgericht bestand keine Veranlassung, §§ 92 Abs. 1, 72 Abs. 2 ArbGG.
Ende der Entscheidung
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