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Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Beschluss verkündet am 19.09.2008
Aktenzeichen: 10 TaBV 53/08
Rechtsgebiete: SGB IX, BetrVG, SchwbVWO
Vorschriften:
SGB IX § 94 Abs. 6 | |
BetrVG § 19 Abs. 1 | |
BetrVG § 19 Abs. 2 | |
SchwbVWO § 10 Abs. 4 | |
SchwbVWO § 11 Abs. 2 | |
SchwbVWO § 11 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 |
Tenor:
Auf die Beschwerde der Antragsteller wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Dortmund vom 20.02.2008 - 8 BV 290/06 - abgeändert.
Die am 24.11.2006 im Betrieb der Arbeitgeberin durchgeführte Wahl zur Vertrauensperson der Schwerbehinderten wird für unwirksam erklärt.
Im Übrigen wird die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Dortmund vom 20.02.2008 - 8 BV 290/06 - zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe:
A
Die Beteiligten streiten über die Wirksamkeit einer Wahl der Vertrauensperson der Schwerbehinderten.
Die Arbeitgeberin, die Beteiligte zu 5. des vorliegenden Verfahrens, betreibt in D1 mehrere Seniorenheime. Im Herbst des Jahres 2006 wurde im Betrieb der Arbeitgeberin turnusmäßig die Wahl der Vertrauensperson der Schwerbehinderten durchgeführt. Es wurde ein Wahlvorstand bestellt, der am 12.10.2006 das Wahlausschreiben (Bl. 17 f.d.A.) herausgab. Hiernach fand die Wahl der Schwerbehindertenvertretung am 24.11.2006 statt. Nach Ziffer 7. des Wahlausschreibens vom 12.10.2007 war die schriftliche Stimmabgabe vorgesehen. Der Sitz des Wahlvorstandes und das Wahllokal für die Schwerbehindertenvertretung befand sich im Seniorenheim Tagespflege D1-M2, B1 1-3, 89012 D1. Nach hier waren alle Einsprüche, Wahlvorschläge und sonstige Erklärungen zu richten. Auf die weiteren Bestimmungen des Wahlausschreibens vom 12.10.2006 wird Bezug genommen.
Zum Zeitpunkt der Wahl waren im Betrieb der Arbeitgeberin 53 wahlberechtigte schwerbehinderte Menschen beschäftigt. Auf die von der Arbeitgeberin zur Verfügung gestellte Liste über die wahlberechtigten schwerbehinderten Mitarbeiter (Bl. 55 d.A.), die vom Wahlvorstand bei der Stimmauszählung benutzt wurde, wird Bezug genommen.
Aufgrund des Beschlusses des Wahlvorstands vom 09.11.2006 (Bl. 38 d.A.) wurden die gefertigten Wahlunterlagen am 09.11.2006 und am 13.06.2006 per Post an die Wahlberechtigten versendet.
Unter Ziffer 2. des Beschlusses vom 09.11.2006 (Bl. 38 d.A.) heißt es:
"Die verschlossene Wahlurne wird im SH M2 (Tagespflege), bis zum 24.11.2006, hinterlegt. Die Wahlurne wird verschlossen im Schrank des Büros der Tagespflege aufbewahrt. Die eingegangenen Wahlunterlagen werden von einem Mitglied des Wahlvorstandes im Beisein eines Zeugen in die Wahlurne eingeworfen, bei Verhinderung ist dies auch durch Herrn W5 unter Hinzuziehung eines Zeugen (Herrn K4, Frau P2 oder Frau H2) möglich."
Entsprechend Ziffer 2. des Beschlusses vom 09.11.2006 wurde bei Eingang der schriftlichen Wahlunterlagen beim Wahlvorstand verfahren. Eingehende Briefe wurden vom Wahlvorstandsvorsitzenden, dem Beteiligten zu 4., oder dem Wahlhelfer W5 unter Zeugen in die Wahlurne eingeworfen. Hierüber verhält sich auch der Beschluss des Wahlvorstands zu Ziffer 1. vom 23.11.2006 (Bl. 37 d.A.).
Am Wahltag, dem 24.11.2006, übten zwei wahlberechtigte schwerbehinderte Mitarbeiter, nämlich die Beteiligten zu 1. und zu 2., ihr Wahlrecht persönlich im Wahllokal Seniorenheim D1-M2 aus. Die übrigen wahlberechtigten Arbeitnehmer, unter ihnen die Mitarbeiterinnen M5 V2, C3 J1, A2 M6, J2 M7 sowie der Mitarbeiter R1 M1, der Antragsteller und Beteiligte zu 3., hatten von der schriftlichen Stimmabgabe Gebrauch gemacht. Am Wahltag erschien die Leiterin der Personalabteilung der Arbeitgeberin gegen 9.50 Uhr im Wahllokal Seniorenheim D1-M2 und übergab dem Wahlvorstand fünf Briefwahlunterlagen der genannten fünf Mitarbeiter, die in der Zentrale der Arbeitgeberin eingegangen waren, obgleich sie per Aufkleber an das Wahllokal Seniorenheim D1-M2 gerichtet waren. Diese fünf Briefwahlunterlagen waren bei der Übergabe durch die Personalleiterin an den Wahlvorstand unversehrt. Auf ihnen befand sich ein Poststempel mit dem Datum 17.11.2006. Auf welchem Wege und in welcher Weise diese fünf Briefwahlunterlagen in die Zentrale der Arbeitgeberin gelangt waren, konnte nicht geklärt werden. Auf den Anhang der Niederschrift zur Wahl der Vertrauensperson des Schwerbehinderten vom 24.11.2006 (Bl. 36 d.A.) wird Bezug genommen.
Nach der öffentlichen Stimmauszählung vom 24.11.2006 (Niederschrift Bl. 35 d.A.) wurden insgesamt 42 Stimmen abgegeben. Vom Wahlvorstand wurden zwei Stimmen - bei einer Stimme fehlte der Wahlausweis, ein weiterer Wahlberechtigter hatte zwei Mal gewählt - sowie die fünf von der Personalleiterin der Arbeitgeberin abgegebenen Briefwahlstimmen für ungültig erklärt. Von den 35 gültigen Stimmen entfielen bei der Wahl zur Vertrauensperson der Schwerbehinderten 24 Stimmen auf den Beteiligten zu 4., sechs Stimmen auf die Mitarbeiterin K5 und fünf Stimmen auf den Mitarbeiter C1, den Beteiligten zu 2..
Bei der Wahl des Stellvertreters der Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen entfielen 24 Stimmen auf den Beteiligten zu 4., 23 Stimmen auf die Mitarbeiterin K5, 10 Stimmen auf die Mitarbeiterin S9, neun Stimmen auf den Mitarbeiter Z1 und sechs Stimmen auf den Mitarbeiter C1, den Beteiligten zu 2..
Der Wahlvorstand stellte danach fest, dass zur Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen der Mitarbeiter K8, der Beteiligte zu 4., und als Stellvertreter die Mitarbeiterin K5, die Mitarbeiterin S9 und der Mitarbeiter Z1 gewählt waren. Das Wahlergebnis wurde am 27.11.2006 (Bl. 19 d.A.) bekannt gemacht.
Da der Beteiligte zu 2. über das Wahlergebnis überrascht war, erkundigte er sich bei anderen wahlberechtigten schwerbehinderten Mitarbeitern über ihr Wahlverhalten.
Mit dem am 08.12.2006 beim Arbeitsgericht eingegangenen Antrag leiteten die Antragsteller zu 1. bis 3. das vorliegende Beschlussverfahren ein, mit dem sie im Wege eines Feststellungsantrags die Unwirksamkeit der Wahl der Vertrauensperson der Schwerbehinderten geltend machten.
Die Antragsteller haben die Auffassung vertreten, die Wahl vom 24.11.2006 sei anfechtbar und unwirksam, weil gegen wesentliche Wahlvorschriften verstoßen worden sei. Insbesondere habe der Wahlvorstand die fünf rechtzeitig beim Wahlvorstand eingegangenen Briefwahlunterlagen nicht für ungültig erklären dürfen. Die Stimmabgabe dieser fünf Briefwähler sei ordnungsgemäß erfolgt. Die Briefwahlunterlagen seien rechtzeitig beim Wahlvorstand nämlich noch am 24.11.2006 vor Schluss der Stimmabgabe unversehrt beim Wahlvorstand abgegeben worden.
Die Antragsteller haben darüber hinaus die Auffassung vertreten, dass das Wahlergebnis nicht zutreffend sei, es müsse von einer Manipulation an den Wahlunterlagen ausgegangen werden. Hierzu haben sie behauptet, es hätten mehr als fünf wahlberechtigte schwerbehinderte Mitarbeiter, nämlich die im Schriftsatz vom 13.02.2007 (Bl. 31 d.A.) 15 namentlich benannten Mitarbeiter von ihrem Stimmrecht Gebrauch gemacht und ihre Stimme dem Beteiligten zu 2. gegeben. Dies hätten sie nach Durchführung der Wahl gegenüber dem Beteiligten zu 2. erklärt und auch an Eides statt versichert. Auf die eidesstattlichen Versicherungen der Mitarbeiterin H3 (Bl. 61 d.A.) und der Mitarbeiterin S10 (Bl. 66 d.A.) wird Bezug genommen.
Die Antragsteller haben schließlich die Auffassung vertreten, die Verstöße hätten auch Auswirkungen auf das Wahlergebnis gehabt. Wenn der Beteiligte zu 2. mindestens 15 Stimmen auf sich vereinigen würde, zehn Stimmen mehr als ausgezählt, könnten sie bei dem gewählten Beteiligten zu 4. fehlen, dieser hätte dann nämlich nur 14 Stimmen.
Die Antragsteller haben im Anhörungstermin vom 20.02.2008, zu dem der Beteiligte zu 1. nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit der Arbeitgeberin zum 31.01.2008 nicht erschienen war, beantragt,
festzustellen, dass die am 24.11.2006 im Betrieb der Arbeitgeberin durchgeführten Wahl zur Vertrauensperson der Schwerbehinderten unwirksam ist.
Die gewählte Vertrauensperson der Schwerbehinderten hat beantragt,
den Antrag abzuweisen.
Sie hat die Auffassung vertreten, das Anfechtungsrecht des Beteiligten zu 1. sei erloschen, allein zwei Antragsteller könnten die Wahl nicht anfechten. Die behauptete Wahlmanipulation werde bestritten. Bereits die vom Arbeitsgericht durchgeführte Beweisaufnahme sei nicht zulässig gewesen. Sie verstoße gegen das Wahlgeheimnis, weil dadurch Rückschlüsse auf das Wahlverhalten anderer wahlberechtigter Arbeitnehmer möglich gewesen seien.
Eine Anfechtung der Wahl zur Vertrauensperson der Schwerbehinderten komme auch nicht deshalb in Betracht, weil fünf Briefwahlstimmen für ungültig erklärt worden seien. Zu Recht habe der Wahlvorstand entschieden, dass die fünf von der Personalleiterin über gegebenen Stimmen nicht gewertet würden. Hierin liege kein Verstoß gegen wesentliche Wahlvorschriften. Diese fünf Briefwahlstimmen seien zu Recht für ungültig erklärt worden, weil sie in der Zentrale der Arbeitgeberin eingegangen seien. Briefwahlumschläge seien nach § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 der Wahlordnung zur Schwerbehindertenvertretung nur dann mitzuzählen, wenn sie beim Wahlvorstand per Post eingingen. Das sei hier nicht der Fall gewesen. Eine Übergabe durch einen Dritten könne wirksam nur unter den Voraussetzungen des § 10 Abs. 4 SchwbVWO erfolgen. Dem Wahlvorstand sei durch die betroffenen Absender nicht mitgeteilt worden, dass die Wahlbriefe durch die Personalleiterin M8 übergeben werden würden. Dass die betreffenden Absender eine Übergabe durch die Zeugin M8 gewollt hätten, sei auszuschließen.
Die Unwirksamkeit der Wahl vom 24.11.2006 ergebe sich auch nicht aus einer behaupteten Manipulation. Der Wahlvorstand habe keine Briefwahlstimmen manipuliert. Der Vorwurf, Wahlunterlagen zu seinen Gunsten manipuliert zu haben, weise der Beteiligte zu 4. entschieden zurück. Dass 15 Wahlberechtigte ihre Stimmen per Briefwahl dem Beteiligten zu 2. gegeben hätten, müsse bestritten werden. Im Übrigen seien eidesstattliche Versicherungen der wahlberechtigten Mitarbeiter ohnehin nicht zu verwerten.
Darüber hinaus hätte ein etwaiger Verstoß gegen § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 SchwbVWO keine Auswirkungen auf das Wahlergebnis gehabt. Selbst wenn fünf Briefwahlunterlagen zu Gunsten des Beteiligten zu 2. gewertet werden würden, hätte dieser allenfalls 10 Stimmen auf sich vereinigen können; auf den Beteiligten zu 4. wären dann immer noch 19 Stimmen entfallen.
Im Anhörungstermin vom 08.08.2007 hat das Arbeitsgericht Beweis erhoben über das Wahlverhalten von neun wahlberechtigten Arbeitnehmern. Auf das Protokoll des Anhörungstermins beim Arbeitsgericht vom 08.08.2007 (Bl. 69 ff.d.A.) wird Bezug genommen.
Durch Beschluss vom 20.02.2008 hat das Arbeitsgericht den Antrag der Antragsteller zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass der Antrag unzulässig geworden sei, weil der Antragsteller zu 1. aus dem Arbeitsverhältnis mit der Arbeitgeberin ausgeschieden sei und durch sein Nichterscheinen im Anhörungstermin vom 20.02.2007 zu erkennen gegeben habe, dass er die Wahlanfechtung nicht mehr mittrage.
Gegen den den Antragstellern am 17.03.2008 zugestellten Beschluss, auf dessen Gründe ergänzend Bezug genommen wird, haben die Antragsteller am 17.04.2008 Beschwerde zum Landesarbeitsgericht eingelegt und diese zugleich begründet.
Die Antragsteller sind der Auffassung, dass das Anfechtungsrecht nicht erloschen sei. Entscheidend sei, dass bei Antragstellung die Mindestanzahl der anfechtungsberechtigten Mitarbeiter vorhanden gewesen sei. Auch durch sein Nichterscheinen im Anhörungstermin vom 20.02.2008 habe der Beteiligte zu 1. nicht zu erkennen gegeben, dass er die Anfechtung nicht mehr mittrage. Er, der Beteiligte zu 1., sei nämlich am 20.02.2008 arbeitsunfähig erkrankt gewesen, und zwar durchgehend seit dem 08.01.2008. Er habe den Anfechtungsantrag weder zurückgenommen noch widerrufen. Das Interesse, das Verfahren fortzusetzen, bestehe auch für den Beteiligten zu 1. fort. Auch die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zwischen dem Beteiligten zu 1. und der Arbeitgeberin zum 31.01.2008 ändere hieran nichts.
Die Antragsteller haben ferner die Auffassung vertreten, das Arbeitsgericht hätte dem Antrag stattgeben müssen. Die durchgeführte Beweisaufnahme habe nämlich ergeben, dass mindestens neun wahlberechtigte schwerbehinderte Mitarbeiter, unter anderem diejenigen, deren Stimmen zu Unrecht vom Wahlvorstand für ungültig erachtet worden seien, den Beteiligten zu 2. gewählt hätten. Hierin liege ein schwerwiegender Verfahrensfehler, der zur Nichtigkeit führe. Mindestens müsse davon ausgegangen werden, dass das Wahlergebnis durch den Beteiligten zu 4. manipuliert worden sei. Dem Beteiligten zu 4. sei klar gewesen, dass es sich bei den Wählern der fünf nicht gewerteten Stimmen um enge Kollegen des Beteiligten zu 2. gehandelt habe. Allein aus diesem Grunde seien die fünf Briefwahlunterlagen, die von der Personalleiterin am Wahltag noch vor Schluss der Stimmabgabe abgegeben worden seien, nicht gewertet worden seien. Im Zusammenhang mit den vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen könne nur davon ausgegangen werden, dass die Wahl zur Vertrauensperson der Schwerbehinderten vom 24.11.2006 in schwerwiegender Weise manipuliert worden sei.
Die Antragsteller, die im Termin vor der Beschwerdekammer erklärt haben, mit dem vorliegenden Feststellungsantrag habe sowohl die Nichtigkeit der Wahl vom 24.11.2006 wie auch die Anfechtbarkeit geltend gemacht werden sollen, beantragen,
den Beschluss des Arbeitsgerichts Dortmund vom 20.02.2008 - 8 BV 290/06 - abzuändern und
festzustellen, dass die am 24.11.2006 im Betrieb der Arbeitgeberin durchgeführte Wahl zur Vertrauensperson der Schwerbehinderten unwirksam ist,
hilfsweise die Wahl vom 24.11.2006 zur Vertrauensperson der Schwerbehinderten für unwirksam zu erklären.
Der Beteiligte zu 4. beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Er ist der Auffassung, die Wahl vom 24.11.2006 sei weder anfechtbar noch nichtig. Das Arbeitsgericht habe über das Wahlverhalten der wahlberechtigten schwerbehinderten Mitarbeiter schon keine Beweisaufnahme durchführen dürfen. Dies stelle nämlich einen Verstoß gegen das Wahlgeheimnis dar, weil dadurch Rückschlüsse auf das Wahlverhalten anderer Wähler möglich seien.
Es liege auch keine Manipulation des Wahlergebnisses durch den Beteiligten zu 4. vor. Er, der Beteiligte zu 4., habe keine Möglichkeit gehabt, die Stimmabgabe zu manipulieren. Dies sei erstinstanzlich ausführlich vorgetragen worden.
Im Übrigen komme eine Anfechtung der Wahl vom 24.11.2006 auch nicht deshalb in Betracht, weil der Wahlvorstand die ihm durch die Personalleiterin am Wahltag übergebenen fünf Wahlbriefe nicht als gültig gewertet habe. Hierin liege kein Verstoß gegen wesentliche Wahlvorschriften. Die betreffenden fünf Wahlbriefe seien nicht auf die durch § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 SchwbVWO vorgeschriebene Weise an den Wahlvorstand gelangt. Voraussetzung für die gültige Stimmabgabe sei, dass die betreffenden Wahlbriefe mit der Post beim Wahlvorstand eingegangen seien. Damit werde sichergestellt, dass schon der Anschein einer Manipulation ausgeschlossen sei, weil zwischen Aufgabe des Wahlbriefes zur Post und bei Eingang bei dem Wahlvorstand mit der Post nach aller Lebenserfahrung ausgeschlossen werden könne, dass Dritte auf die Wahlunterlagen zugreifen könnten. Genau das sei aber nicht mehr gewährleitet, wenn - wie im vorliegenden Fall - die zutreffend an den Wahlvorstand im Seniorenheim D1-M2 adressierten Wahlbriefe über die Zentrale und das Postfach der Personalleiterin in den Räumen der Hauptverwaltung der Arbeitgeberin an den Wahlvorstand gelangt seien. Insoweit liege nahe anzunehmen, dass ein unbefugter Dritter die in D1-M2 eingegangenen Wahlbriefe zur Hauptverwaltung gebracht habe, also Zugriff auf die Wahlunterlagen gehabt habe. Durch die Übergabe der fünf Briefwahlunterlagen durch die Personalleiterin M8 an den Wahlvorstand seien diese nicht auf vorgeschriebenem Wege an den Wahlvorstand gelangt. Die Übergabe durch einen Dritten könne nämlich wirksam nur unter den Voraussetzungen des § 10 Abs. 4 SchwbVWO erfolgen. Dem Wahlvorstand sei durch die Absender nicht mitgeteilt worden, dass die Wahlbriefe durch die Zeugin M8 übergeben werden würden. Nach dem Ergebnis der in erster Instanz durchgeführten Beweisaufnahme steht fest, dass die Absender keine Übergabe durch die Zeugin M8 gewollt hätten.
Darüber hinaus könne auch nicht angenommen werden, dass ein etwaiger Verstoß gegen § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 SchwbVWO Auswirkungen auf das Wahlergebnis gehabt hätte. Selbst wenn fünf weitere Stimmen zu Gunsten des Beteiligten zu 2. gewertet worden wären, wäre der gewählte Vertrauensmann der Schwerbehinderten, der Beteiligte zu 4., immer noch der gewählte Schwerbehindertenvertreter.
Im Übrigen wird auf den weiteren Inhalt der von den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen ergänzend Bezug genommen.
B
Die zulässige Beschwerde der Antragsteller ist begründet, soweit sie die Anfechtung der Wahl zur Vertrauensperson der Schwerbehinderten vom 24.11.2006 geltend machen. Im Übrigen ist die zulässige Beschwerde unbegründet.
I.
Die von den Antragstellern im Beschwerderechtszug gestellten Anträge sind zulässig.
1. Die Antragsteller verfolgen ihr Begehren zu Recht im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren nach den §§ 2 a Nr. 3 a, 80 ArbGG i.V.m. § 94 Abs. 6 Satz 2 SGB IX. Zwischen den Beteiligten ist nämlich eine Angelegenheit nach § 94 SGB IX streitig. Die Gerichte für Arbeitssachen sind nach § 2 a Abs. 1 Nr. 3 a ArbGG in der seit dem 01.07.2001 geltenden Fassung ausschließlich zuständig für Angelegenheiten aus den §§ 94, 95, 139 SGB IX. Dazu gehört auch das in § 94 Abs. 6 SGB IX genannte Verfahren über die Anfechtung der Wahl zur Schwerbehindertenvertretung (BAG, 11.11.2003 - AP SGB IX § 94 Nr. 1).
2. Die Antragsbefugnis der Antragsteller ergibt sich aus den §§ 94 Abs. 6 Satz 2 SGB IX i.V.m. § 19 Abs. 2 Satz 1 BetrVG.
Die Wahl wurde von drei Wahlberechtigten, nämlich den Antragstellern zu 1. bis 3., angefochten, § 19 Abs. 2 Satz 1 BetrVG.
Bei den drei Antragstellern handelt es sich um schwerbehinderte Menschen, die zum Zeitpunkt der Wahl am 24.11.2006 in dem Betrieb der Arbeitgeberin beschäftigt waren.
Zwar ist die Wahlberechtigung des Antragstellers zu 1. durch sein Ausscheiden aus dem Betrieb der Arbeitgeberin zum 31.01.2008 entfallen, weil er seit diesem Zeitpunkt dem Betrieb nicht mehr angehört. Damit endete mit Ablauf des 31.01.2008 auch die Wahlberechtigung zur Schwerbehindertenvertretung.
Der während eines Wahlanfechtungsverfahrens eintretende Verlust der Wahlberechtigung des Antragstellers zu 1. hat aber ebenso wenig wie sein Ausbleiben im Anhörungstermin beim Arbeitsgericht vom 20.02.2008 die Unzulässigkeit der Wahlanfechtung zur Folge. Die Wahlberechtigung des die Wahl anfechtenden Arbeitnehmers muss nur zum Zeitpunkt der Wahl gegeben sein. Ein späterer Wegfall der Wahlberechtigung durch Ausscheiden aus dem Betrieb nimmt dem Arbeitnehmer die Anfechtungsbefugnis nicht. Nur wenn sämtliche die Wahl anfechtenden Arbeitnehmer aus dem Betrieb ausscheiden, führt dies zur Unzulässigkeit des Antrags, da für die Fortführung des Wahlanfechtungsverfahrens in diesem Fall kein Rechtsschutzbedürfnis mehr besteht (BAG, 14.12.1986 - AP BetrVG 1972 § 19 Nr. 13; BAG, 15.02.1989 - AP BetrVG 1972 § 19 Nr. 17; BAG, 16.11.2005 - AP SGB IX § 94 Nr. 4; Neumann/Pahlen/Majerski/Pahlen, SGB IX, 11. Aufl., § 94 Rn. 42 m.w.N.).
Ein derartiger Ausnahmefall liegt nicht vor. Nach Durchführung der Wahl vom 24.11.2006 ist lediglich die Wahlberechtigung des Antragstellers zu 1. entfallen. Die Antragsteller zu 2. und 3. sind nach wie vor im Betrieb der Arbeitgeberin beschäftigte schwerbehinderte Menschen und damit zur Wahl der Schwerbehindertenvertretung wahlberechtigt. Der spätere Wegfall der Wahlberechtigung allein des Antragstellers zu 1. beseitigt aber nicht die Anfechtungsbefugnis aller drei Antragsteller.
3. Auch das Rechtsschutzbedürfnis für die Durchführung des vorliegenden Beschlussverfahrens ist gegeben. Es ist auch nicht allein durch die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zwischen dem Antragsteller zu 1. und der Arbeitgeberin und auch nicht durch das bloße Ausbleiben des Antragstellers zu 1. im Termin beim Arbeitsgericht vom 20.02.2008 entfallen. Der Antragsteller zu 1. hat mit der Beschwerdeschrift vielmehr deutlich gemacht, dass er nach wie vor am vorliegenden Beschlussverfahren und der Geltendmachung der Unwirksamkeit der Wahl vom 24.11.2006 festhält. Sein Ausbleiben im Termin beim Arbeitsgericht vom 20.02.2008 ist lediglich auf eine Arbeitsunfähigkeit zurückzuführen gewesen. Hieraus ergibt sich, dass nach wie vor sämtliche drei Antragsteller ein eigenes schutzwürdiges Interesse an der erstrebten Erklärung der Unwirksamkeit der Betriebsratswahl haben.
4. Der Anfechtbarkeit der Wahl zur Vertrauensperson der Schwerbehinderten vom 24.11.2006 steht auch nicht die Versäumung der zweiwöchigen Anfechtungsfrist des § 19 Abs. 2 Satz 2 BetrVG entgegen.
Unstreitig ist das vorliegende Beschlussverfahren mit Schriftsatz vom 08.12.2006, eingegangen beim Arbeitsgericht am 08.12.2006, von den Antragstellern innerhalb der zweiwöchigen Antragsfrist nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses am 27.11.2006 eingeleitet worden.
Selbst wenn davon ausgegangen wird, dass der in der Antragsschrift vom 08.12.2006 angekündigte und auch später beim Arbeitsgericht gestellte Antrag als Nichtigkeitsantrag zu verstehen wäre, ergibt sich hieraus nicht, dass die Antragsteller die Anfechtungsfrist des § 19 Abs. 2 Satz 2 BetrVG versäumt hätten.
Zwar muss ein Antrag, mit dem eine Wahl des Betriebsrats oder der Vertrauensperson der Schwerbehinderten angefochten werden soll, dahin gehen, die Wahl für unwirksam zu erklären (vgl. BAG, 05.05.2004 - AP BetrVG 1972 § 3 WO Nr. 1; BAG, 13.10.2004 - AP BetrVG 1972 § 2 WO Nr. 1). Der beim Arbeitsgericht mit Schriftsatz vom 08.12.2006 angekündigte und im Anhörungstermin beim Arbeitsgericht gestellte Antrag stellt demgegenüber einen Antrag auf Feststellung der Nichtigkeit der Wahl vom 24.11.2006 dar.
Hieraus ergibt sich aber nicht, dass das Arbeitsgericht lediglich über die Nichtigkeit der Wahl der Vertrauensperson der Schwerbehinderten vom 24.11.2006 entscheiden durfte und entschieden hat. Der bloße Wortlaut eines Antrags ist nämlich nicht für den Umfang des Rechtsschutzbegehrens allein entscheidend. Insbesondere kann nicht davon ausgegangen werden, dass aufgrund des angekündigten und gestellten Antrags der Antragsteller lediglich über die Nichtigkeit der Wahl der Vertrauensperson der Schwerbehinderten vom 24.11.2006 entschieden werden sollte. Dies ergibt die Auslegung des erstinstanzlich angekündigten und gestellten Antrags.
Nach ständiger Rechtsprechung der Arbeitsgerichte sind nämlich Anträge mit dem Inhalt, eine Wahl für unwirksam zu erklären, in aller Regel dahin auszulegen, dass die Wahl unter jedem rechtlichen Gesichtspunkt, das heißt sowohl der Nichtigkeit als auch der Anfechtbarkeit, überprüft werden soll (BAG, 24.01.1964 - AP BetrVG § 3 Nr. 6; BAG, 28.04.1964 - AP BetrVG § 4 Nr. 3; BAG, 22.10.1981 - 6 ABR 1/83 - n.v.; LAG München, 01.12.1999 - 7 TaBV 42/99 - n.v.; Fitting/Engels/Schmidt/Trebinger/Linsenmaier, BetrVG, 24. Aufl., § 19 Rn. 9; GK/Kreutz, BetrVG, 8. Aufl., § 19 Rn. 91; ErfK/Eisemann, 8. Aufl., § 19 BetrVG Rn. 10 m.j.w.N.). Zwar ist die Beschränkung eines Antrags auf die bloße Feststellung der Nichtigkeit einer Betriebsratswahl grundsätzlich zulässig. Im Zweifel ist aber davon auszugehen, dass die Unwirksamkeit einer Wahl unter allen rechtlichen Gesichtspunkten geltend gemacht werden soll. Die Antragsteller haben mit dem beim Arbeitsgericht eingeleiteten Beschlussverfahren mindestens auch die Anfechtbarkeit der Wahl zur Vertrauensperson der Schwerbehinderten geltend gemacht. Dies ergibt sich bereits aus der Antragschrift vom 08.12.2006. Bereits vor dem angekündigten Antrag heißt es in der Antragschrift auf Seite 1 "wegen Wahlanfechtung". In der Antragsbegründung ist ausdrücklich ausgeführt worden, dass die Wahl zur Vertrauensperson der Schwerbehinderten "anfechtbar" ist, weil gegen wesentliche Wahlvorschriften verstoßen worden sei. Auch das Arbeitsgericht hat den Feststellungsantrag, mit dem normalerweise die Nichtigkeit einer Wahl geltend gemacht wird, als Anfechtungsantrag verstanden, sonst hätte das Arbeitsgericht die Anfechtungsbefugnis nicht zu prüfen brauchen. Im Anhörungstermin vor der Beschwerdekammer haben die Antragsteller zudem ihr Begehren klargestellt.
II.
Die Beschwerde der Antragsteller ist teilweise begründet. Lediglich soweit die Antragsteller die Nichtigkeit der Wahl zur Vertrauensperson der Schwerbehinderten geltend machen, musste die Beschwerde der Antragsteller als unbegründet zurückgewiesen werden.
1. Die Wahl zur Vertrauensperson der Schwerbehinderten vom 24.11.2006 ist nicht nichtig.
Die Nichtigkeit einer Betriebsratswahl oder einer Wahl der Vertrauensperson der Schwerbehinderten ist nur in ganz besonderen Ausnahmefällen anzunehmen, in denen allgemeine Grundsätze jeder ordnungsgemäßen Wahl in so hohem Maße verstoßen worden ist, dass auch der Anschein einer dem Gesetz entsprechenden Wahl nicht mehr vorliegt (BAG, 22.03.2000 - AP AÜG § 14 Nr. 8; BAG, 19.11.2003 - AP BetrVG 1972 § 19 Nr. 54; BAG, 21.07.2004 - AP BetrVG 1972 § 4 Nr. 15; Fitting, a.a.O., § 19 Rn. 4; Däubler/Kittner/Klebe/Schneider, BetrVG, 11. Aufl., § 19 Rn. 39; GK/Kreutz, a.a.O., § 19 Rn. 132; ErfK/Eisemann, a.a.O., § 19 BetrVG Rn. 15 m.w.N.). Die Nichtigkeit einer Wahl ist nur in extremen Ausnahmefällen anzunehmen; erforderlich ist insoweit sowohl ein offensichtlicher als auch besonders grober Verstoß gegen wesentliche Wahlvorschriften.
a) Ein Nichtigkeitsgrund in diesem Sinne konnte bei den von den Antragstellern vorgetragenen Verstößen gegen Wahlvorschriften anlässlich der Wahl der Vertrauensperson der Schwerbehinderten vom 24.11.2006 nicht angenommen werden. Dies gilt zunächst, soweit die Antragsteller im vorliegenden Verfahren rügen, dass fünf Briefwahlstimmen vom Wahlvorstand bei der Auszählung der Stimmen als ungültig gewertet worden sind. Soweit die Antragsteller insoweit rügen, der Wahlvorstand habe gegen § 11 Abs. 3 Satz 1 N. 3 SchwbVWO verstoßen, würde ein derartiger Verstoß allenfalls zur Anfechtbarkeit der Wahl, nicht aber zur Nichtigkeit der Wahl führen. Die bloße Verletzung von wesentlichen Vorschriften über das Wahlverfahren führt nämlich regelmäßig zur Anfechtbarkeit einer Wahl. Auch der Ausschluss bestimmter Mitarbeiter von Wahlen hat regelmäßig nicht die Nichtigkeit einer Wahl zur Folge. Dies gilt erst recht, wenn lediglich die Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird. Soweit der Wahlvorstand fünf Briefwahlstimmen deshalb nicht als gültig gewertet hat, weil sie nicht auf direktem Wege durch die Post bei ihm, dem Wahlvorstand, eingegangen sind, liegt jedenfalls ein besonders grober Verstoß gegen § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 SchwbVWO nicht vor.
b) Die Nichtigkeit der Wahl zur Vertrauensperson der Schwerbehinderten vom 24.11.2006 kann auch nicht deshalb angenommen werden, weil die Antragsteller von einer Manipulation des Wahlergebnisses vom 24.11.2006 ausgehen.
Richtig ist zwar, dass die Nichtigkeit einer Wahl angenommen werden kann, wenn feststeht, dass das Wahlergebnis offensichtlich gefälscht ist und die Betriebsangehörigen mit einem jederzeitigen Nichtigkeitsantrag oder einer entsprechenden Einwendung in einem anderen betriebsverfassungsrechtlichen Streit rechnen müssen. Von einer derartigen offensichtlichen Wahlfälschung kann im vorliegenden Fall jedoch nicht ausgegangen werden. Der Vorwurf der Wahlmanipulation durch die Antragsteller ist - abgesehen von den fünf für ungültig erklärten Briefwahlstimmen - nicht durch weitergehenden Tatsachenvortrag belegt. Er stellt lediglich die Schlussfolgerung aus der Behauptung dar, es hätten mehr als fünf wahlberechtigte Arbeitnehmer, nämlich 15 Mitarbeiter, den Beteiligten zu 2. bei der Wahl vom 24.11.2006 gewählt.
Aus der vom Arbeitsgericht durchgeführten Beweisaufnahme ergibt sich nichts anderes.
Das Wahlverhalten einzelner Mitarbeiter kann nämlich nicht zur Überprüfung der Arbeitsgerichte gestellt werden. Das Arbeitsgericht hätte vielmehr von der beantragten Vernehmung der von den Antragstellern benannten Zeugen über ihr jeweiliges Wahlverhalten absehen müssen. Ebenso wenig kann eine Manipulation durch Vorlage eidesstattlicher Versicherungen von Mitarbeitern über ihr Wahlverhalten nachgewiesen werden. Dies folgt aus dem Grundsatz der geheimen Wahl, der nach § 94 Abs. 6 Satz 1 SGB IX auch für die Wahl der Vertrauensperson der Schwerbehinderten gilt. Nach diesem Grundsatz der geheimen Wahl ist ein Ausforschen, vor allem auch eine gerichtliche Nachprüfung, wie jemand gewählt hat, unzulässig. Insoweit besteht nicht nur ein Zeugnisverweigerungsrecht, sondern es ist auch die Verwertung einer freiwillig abgegebenen eidesstattlichen Versicherung von Wählern über ihre Stimmabgabe oder ihre Vernehmung als Zeuge darüber unzulässig. Der Grundsatz der geheimen Wahl verbietet es, einen Wähler darüber zu befragen, wie er abgestimmt hat. Das würde zu einem unzulässigen Eindringen in das Wahlgeheimnis führen. Der einzelne Wähler kann auch nicht dadurch auf das ihn schützende Wahlgeheimnis verzichten, dass er offen seine Stimmabgabe bekannt macht und bereit ist, sich gerichtlich darüber vernehmen zu lassen. Jede andere Auffassung würde letztlich darauf hinauslaufen, dass das Wahlgeheimnis völlig aufgehoben würde. Auch ein Verzicht einzelner Wähler auf seine Rechte kann nicht dazu führen, sie über ihre Stimmabgabe zu vernehmen, weil dadurch zwangsläufig in Rechte anderer an der Wahrung des Wahlgeheimnisses eingegriffen würde. Mit der Vernehmung würde nämlich ihr Wahlgeheimnis gelüftet und allgemein bekannt, wen sie gewählt haben. Die Vernehmung von Wählern über ihre Stimmabgabe bzw. die Berücksichtigung eidesstattlicher Versicherungen liefe darauf hinaus, dass das Wahlgeheimnis der anderen Wähler verletzt wird. Dies gilt nicht nur für die Wahlen zum Betriebsrat nach den Bestimmungen des Betriebsverfassungsrechts und für die Wahlen zum Personalrat nach den Bestimmungen des Bundespersonalvertretungsgesetzes und der Personalvertretungsgesetze der Länder, sondern auch für die Wahl der Vertrauensperson der Schwerbehinderten. Dass der Grundsatz der geheimen Wahl jede gerichtliche Nachprüfung des Wahlverhaltens verbietet, entspricht im Übrigen der ganz herrschenden Auffassung in Rechtsprechung und Literatur (BVerwG, 21.07.19975 - BVerwGE 49, 75, 77 = NJW 1976, 259; BAG, 06.07.1956 - AP BetrVG § 27 Nr. 4; BAG, 20.02.2008 - 7 ABN 95/07 - n.v.; LAG Hamm, 17.11.2006 - 10 Sa 1555/06 - n.v.; ArbG Düsseldorf, 30.10.1984 - DB 1985, 1137; ArbG Frankfurt, 24.09.2001 - AiB 2002, 629; Fitting, a.a.O., § 14 Rn. 15; ErfK/Eisemann, a.a.O., § 14 Rn. 3; DKK/Schneider, a.a.O., § 14 Rn. 12; GK/Kreutz, a.a.O., § 14 Rn. 20; Richardi/Thüsing, BetrVG, 11. Aufl., § 14 Rn. 15; Wlotzke/Preis, BetrVG, 3. Aufl., § 14 Rn. 5; Henssler/Willemsen/Kalb, ArbR, 3. Aufl., § 14 BetrVG Rn. 5 m.w.N.). Dies git auch für die Wahl zur Vertrauensperson der Schwerbehinderten (Wiegand/Hohmann, SGB IX § 94 Rn. 148).
Aus dem Umstand, dass das Arbeitsgericht im vorliegenden Verfahren neun Zeugen über ihr Wahlverhalten befragt hat und diese ihr Wahlverhalten offengelegt und freiwillig ausgesagt haben, sie hätten bei der Wahl vom 24.11.2006 nur den Beteiligten zu 2. gewählt, kann ebenfalls nicht hergeleitet werden, dass nunmehr offensichtlich eine Wahlmanipulation vorgelegen hat. Aus dem Grundsatz der geheimen Wahl folgt nämlich, dass das Ergebnis der vom Arbeitsgericht durchgeführten Beweisaufnahme ebenso wenig verwertet werden darf, wie die von den Antragstellern vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen. Durch die Verwertung der vom Arbeitsgericht durchgeführten Beweisaufnahme würden nämlich die rechtswidrige Vernehmung der Zeugen über ihr Wahlverhalten und der Verstoß gegen den Grundsatz der geheimen Wahl perpetuiert.
2. Die Wahl vom 24.11.2006 zur Vertrauensperson der Schwerbehinderten war aber für unwirksam zu erklären. Den Antragstellern steht nämlich ein Anfechtungsgrund nach § 94 Abs. 6 Satz 2 SGB IX i.V.m. § 19 Abs. 1 BetrVG zur Seite.
Gemäß § 19 Abs. 1 BetrVG kann eine Wahl beim Arbeitsgericht angefochten werden, wenn gegen wesentliche Wahlvorschriften über das Wahlrecht, die Wählbarkeit oder das Wahlverfahren verstoßen worden ist und eine Berichtigung nicht erfolgt ist, es sei denn, dass durch den Verstoß das Wahlergebnis nicht geändert oder beeinflusst werden konnte.
a) Kein zur Anfechtung berechtigender Grund liegt darin, dass der Wahlvorstand für die Wahl der Vertrauensperson der Schwerbehinderten in Ziffer 7. des Wahlausschreibens vom 12.10.2006 die schriftliche Stimmabgabe beschlossen hat. Die grundsätzliche Durchführung einer Briefwahl bei der Wahl der Vertrauensperson der Schwerbehinderten ist nicht unzulässig und steht im Einklang mit § 11 Abs. 2 Satz 1 SchwbVWO. Hiernach kann nämlich der Wahlvorstand die schriftliche Stimmabgabe beschließen. Einen derartigen Beschluss kann der Wahlvorstand bei der Wahl der Vertrauensperson der Schwerbehinderten - im Gegensatz zur Wahl des Betriebsrats (§ 24 WO) - auch generell anordnen. Durch die geänderte Fassung des § 11 Abs. 2 Satz 1 SchwbVWO sollte nämlich einem Anliegen der Praxis Rechnung getragen werden. Häufig können sich nämlich schwerbehinderte Menschen in ihren Betrieben nur unter Schwierigkeiten aus den Arbeitsabläufen lösen, um von ihrem Wahlrecht Gebrauch zu machen. Außerdem können in Einzelfällen lange Wegstrecken bis zu den Wahllokalen zurückzulegen sein (Neumann/Pahlen, a.a.O., § 11 SchwbVWO Rn. 3 und 4). Dass die Entscheidung des Wahlvorstandes über die generelle schriftliche Stimmabgabe ermessensfehlerhaft gewesen wäre, ist von den Antragstellern nicht geltend gemacht worden.
b) Ein Verstoß gegen wesentliche Wahlvorschriften ergibt sich auch nicht daraus, dass der Wahlvorstand die eingehenden Briefwahlunterlagen nicht ordnungsgemäß behandelt und aufbewahrt hätte. Die von den Antragstellern insoweit erstinstanzlich mit Schriftsatz vom 13.02.2007 erhobene Rüge greift nicht durch. Der Beteiligte zu 4., gleichzeitig Wahlvorstandsvorsitzender, hat mit Schriftsatz vom 08.06.2007 präzise geschildert, in welcher Weise die eingehenden Briefwahlunterlagen behandelt worden sind. Die von den Antragstellern mit Schriftsatz vom 13.02.2007 gestellten Fragen sind vom Wahlvorstandsvorsitzenden mit Schriftsatz vom 08.06.2007 erschöpfend beantwortet worden. Die in diesem Schriftsatz benannten Zeugen waren vom Wahlvorstand aufgrund des Beschlusses vom 09.11.2006 (Bl. 38 d.A.) in zulässiger Weise zu Wahlhelfern bestimmt worden und haben - neben dem Wahlvorstandsvorsitzenden - die eingehenden Briefwahlunterlagen jeweils in die in einem Schrank verschlossene Wahlurne eingeworfen. Für die Entgegennahme dieser Briefwahlunterlagen ist zwar grundsätzlich der Vorsitzende des Wahlvorstands oder das Wahlvorstandsmitglied zuständig, das im Wahlbüro Dienst tut. Ist ein Wahlhelfer ordnungsgemäß bestellt, kann die Entgegennahme auch durch einen Wahlhelfer ausreichend sein (Fitting, a.a.O., § 25 WO Rn. 5). Nach dem unwidersprochen gebliebenen Vorbringen des Beteiligten zu 4., dem ehemaligen Wahlvorstandsvorsitzenden, war die Wahlurne auch versiegelt und ist nicht unbeaufsichtigt gelassen. Sie hat sich in einem verschlossenen Schrank befunden. Ein Verstoß gegen wesentliche Wahlvorschriften ist nach dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag des Beteiligten zu 4. als dem ehemaligen Vorstandsvorsitzenden nicht ersichtlich.
c) Nach Auffassung der Beschwerdekammer liegt aber ein Verstoß gegen § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 SchwbVWO insoweit vor, als fünf Briefwahlstimmen, die rechtzeitig vor Schluss der Stimmabgabe am 24.11.2006 dem Wahlvorstandsvorsitzenden übergeben worden sind, nicht bei der Auszählung berücksichtigt, sondern für ungültig erklärt worden sind. Dieser verstoß hatte auch Auswirkungen auf das Wahlergebnis.
aa) Nach § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 SchwbVWO erfolgt die Stimmabgabe in der Weise, dass der Wähler oder die Wählerin den verschlossenen Wahlumschlag rechtzeitig an den Wahlvorstand absendet oder übergibt, dass er vor Abschluss der Wahl vorliegt.
Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass die fünf Briefwahlstimmen, die dem Wahlvorstandsvorsitzenden am 24.11.2006 gegen 9.50 Uhr und damit vor Abschluss der Wahl vorgelegen haben. Unstreitig ist ebenfalls, dass die Wahlumschläge vom Wähler an den Wahlvorstand mit der zutreffenden Adresse per Post an den Wahlvorstand abgesendet worden sind. Wie der Wahlvorstand in der Anlage zur Niederschrift vom 24.11.2006 (Bl. 36 d.A.) festgestellt hat, waren sämtliche fünf Briefumschläge mit einem Poststempel mit dem Datum vom 17.11.2006 versehen und bei der Übergabe durch die Personalleiterin der Arbeitgeberin unversehrt. Dies ist im Übrigen auch durch die durch das Arbeitsgericht durchgeführte Beweisaufnahme erwiesen.
Hieraus ergibt sich nach Auffassung der Beschwerdekammer, dass diese fünf Briefwahlstimmen bei der Stimmauszählung hätten berücksichtigt werden müssen. Allein der Umstand, dass die fünf Briefwahlstimmen nicht direkt auf dem Postweg beim Wahlvorstand im Seniorenheim D1-M2 eingegangen, sondern durch die Personalleiterin der Arbeitgeberin rechtzeitig übergeben worden sind, führt nicht dazu, dass diese Stimmen ungültig waren. Entscheidend ist nach Auffassung der Beschwerdekammer, dass diese Briefwahlstimmen vor Abschluss der Wahl vorgelegen haben. Bei einer angeordneten Briefwahl erfolgt die Übersendung der Wahlunterlagen zwar regelmäßig durch die Post, jedoch ist auch die Übersendung durch einen Boten zulässig, gegen deren Zuverlässigkeit keine Bedenken bestehen (BVerwG, 06.02.1959 - AP PersVG § 17 WahlO Nr. 1; Fitting, a.a.O., § 26 WO Rn. 5; GK/Kreutz, a.a.O., § 25 WO Rn. 3 m.w.N.). Sofern keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Bote das in ihn gesetzte Vertrauen durch Wahlfälschung missbraucht haben könnte, darf der Wahlvorstand die Entgegennahme des Freiumschlages nicht verweigern. Im Übrigen trägt der Wähler das Risiko für Verzögerungen außerhalb des Machtbereichs des Wahlvorstands, insbesondere das Risiko einer Zustellungsverzögerung bei Übersendung auf dem Postweg (Fitting, a.a.O., § 25 WO Rn. 6; GK/Kreutz, a.a.O., § 25 WO Rn. 3; DKK/Schneider, a.a.O., § 25 WO Rn. 6). Wären die fünf Briefwahlunterlagen, die in der Zen-trale der Arbeitgeberin eingegangen waren - auf welchem Weg auch immer -, nicht von der Personalleiterin rechtzeitig vor Schluss der Stimmabgabe am 24.11.2006 überbracht worden, hätten sie bei der Stimmauszählung keine Berücksichtigung finden dürfen. Allein dadurch, dass sie von der Personalleiterin der Arbeitgeberin rechtzeitig dem Wahlvorstand übergeben worden sind, ergibt sich nicht die Ungültigkeit dieser Stimmen. Davon dass es sich bei der Personalleiterin der Arbeitgeberin um eine unzuverlässige Botin gehandelt hätte, kann nicht ausgegangen werden. Es liegen auch keine sonstigen Anhaltspunkte dafür vor, dass die Personalleiterin als Botin das in sie gesetzte Vertrauen durch Wahlfälschung missbraucht haben könnte.
Entgegen der Rechtsauffassung des Beteiligten zu 4. ergibt sich aus § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 SchwbVWO auch nicht, dass die Briefwahlunterlagen, die der Wähler per Post an den Wahlvorstand abgesendet hat, auch mit der Post bei dem Wahlvorstand eingegangen sein müssen. § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 SchwbVWO schreibt lediglich vor, dass der Stimmzettel vom Wähler rechtzeitig an den Wahlvorstand abgesendet oder übergeben werden muss und dass er vor Abschluss der Wahl vorliegt. Allein aus dem Umstand, dass die fünf Briefwahlstimmen zeitweise in den Räumen der Zentrale der Arbeitgeberin gewesen sind, kann nicht entnommen werden, dass die ordnungsgemäß adressierten Wahlbriefe für Manipulationen genutzt worden sind. Das Zugangsrisiko, das bei der Briefwahl und der Aufgabe der Briefwahlunterlagen per Post der jeweilige Wähler trägt, hat sich lediglich im vorliegenden Fall nicht zu Lasten des jeweiligen Wählers ausgewirkt.
Auch der Hinweis des Beteiligten zu 4. auf § 11 Abs. 3 Satz 2 SchwbVWO führt zu keiner anderen Beurteilung. Zwar kann der Wähler oder die Wählerin hiernach unter den Voraussetzungen des § 10 Abs. 4 die in den Nummern 1 bis 3 bezeichneten Tätigkeiten durch eine andere Person verrichten lassen. Diese Voraussetzungen liegen jedoch in der jeweiligen Person der fünf Wähler/innen, deren Stimmen bei der Stimmauszählung am 24.11.2006 nicht berücksichtigt worden ist, nicht vor. Die betroffenen Wähler waren nicht in Folge ihrer Behinderung bei der Stimmabgabe beeinträchtigt. Durch wen eine Übergabe im Sinne des § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 SchwbVWO erfolgt, schreibt § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 SchwbVWO nicht ausdrücklich vor. Lediglich in den Fällen des § 10 Abs. 4 SchwbVWO werden die Wahlhandlungen durch eine vom Wähler/innen benannte Person verrichtet.
bb) Entgegen der Rechtsauffassung des Beteiligten zu 4. hatte der Verstoß des Wahlvorstandes gegen § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 SchwbVWO, der nicht berichtigt worden ist, auch Auswirkungen auf das Wahlergebnis.
Nach § 94 Abs. 6 Satz 2 SGBIX i.V.m. § 19 Abs. 1 BetrVG berechtigen Versstöße gegen wesentliche Wahlvorschriften nur dann nicht zur Anfechtung der Wahl, wenn die Verstöße das Wahlergebnis objektiv weder ändern noch beeinflussen konnten. Dafür ist entscheidend, ob bei einer hypothetischen Betrachtungsweise eine Wahl ohne den Verstoß unter Berücksichtigung der konkreten Umstände zwingend zu demselben Wahlergebnis geführt hätte (BAG, 14.09.1988 - AP BetrVG 1972 § 16 Nr. 1; BAG, 31.05.2000 - AP BetrVG 1972 § 1 Gemeinsamer Betrieb Nr. 12; BAG, 05.05.2004 - AP BetrVG 1972 § 3 WO Nr. 1; BAG, 13.10.2004 - AP BetrVG 1972 § 2 WO Nr. 1; BAG, 25.05.2005 - AP BetrVG 1972 § 14 Nr. 2 m.w.N.). Eine verfahrensfehlerhafte Wahl muss nur dann nicht wiederholt werden, wenn sich konkret feststellen lässt, dass bei einer Einhaltung der Wahlvorschriften kein anderes Wahlergebnis erzielt worden wäre.
Eine derartige Feststellung kann im vorliegenden Fall nicht getroffen werden; dies führt zur Unwirksamkeit der Wahl vom 24.11.2006.
Zwar wirkt sich der Verstoß gegen § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 SchwbVWO, die Nichtberücksichtigung der fünf von der Personalleiterin der Arbeitgeberin dem Wahlvorstand übergebenen Briefwahlunterlagen, nicht bei der Wahl der Vertrauensperson der Schwerbehinderten aus. Bei Berücksichtigung dieser fünf Stimmen hätte der Beteiligte zu 2. allenfalls 10 Stimmen erhalten; dies würde aber nur zu einer Verringerung von fünf Stimmen zu Lasten des Beteiligten zu 4. führen, der Beteiligte zu 4. hätte dann immer noch 19 Stimmen erhalten und wäre der gewählte Schwerbehindertenvertreter.
Auswirkungen auf das Wahlergebnis hat die Nichtberücksichtigung der fünf Briefwahlstimmen jedoch bei der Wahl der Stellvertreter der Vertrauensperson der Schwerbehinderten. Wären fünf weitere Stimmen zu Gunsten des Beteiligten zu 2. zu berücksichtigen, hätte er bei der Stellvertreterwahl 11 Stimmen erhalten und damit unter Umständen eine bzw. zwei Stimmen mehr als die gewählten Stellvertreter S9 und Z1. Mindestens bei der Wahl der Stellvertreter der Vertrauensperson der Schwerbehinderten hätte die Berücksichtigung der fünf nicht gewerteten Stimmen zu einem anderen Wahlergebnis geführt.
III.
Für die Zulassung der Rechtsbeschwerde zum Bundesarbeitsgericht bestand nach den §§ 92 Abs. 1, 72 Abs. 2 ArbGG keine Veranlassung.
Ende der Entscheidung
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