Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Beschluss verkündet am 26.07.2004
Aktenzeichen: 10 TaBV 64/04
Rechtsgebiete: BetrVG, ArbGG


Vorschriften:

BetrVG § 74 Abs. 1 Satz 2
BetrVG § 76 Abs. 2 Satz 1
BetrVG § 80 Abs. 3
BetrVG § 87 Abs. 1 Nr. 2
BetrVG § 87 Abs. 2 Satz 1
ArbGG § 98
ArbGG § 98 Abs. 1 Satz 1
ArbGG § 98 Abs. 1 Satz 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Beschwerde des Betriebsrates gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Bochum vom 06.05.2004 - 3 BV 7/04 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass zum Vorsitzenden der Einigungsstelle der Direktor des Arbeitsgerichts Herne, Herr Thomas Gerretz, bestellt wird.

Gründe:

A

Die Beteiligten streiten um die Einrichtung einer Einigungsstelle.

Die antragstellende Arbeitgeberin betreibt in der Bundesrepublik zahlreiche Selbstbedienungswarenhäuser, unter anderem das Warenhaus in B1xxxx-W2xxxxxxxxxx, in dem ca. 230 Mitarbeiter beschäftigt sind. Im Warenhaus B1xxxx-W2xxxxxxxxxx ist ein Betriebsrat gebildet, der aus neun Personen besteht.

Die Arbeitszeit im Warenhaus B1xxxx-W2xxxxxxxxxx war zwischen der Arbeitgeberin und dem Betriebsrat durch Betriebsvereinbarung vom 01.04.1997 (Bl. 5 ff. d.A.) sowie Übergangsvereinbarung vom 16.07.2003 (Bl. 8 d.A.) geregelt.

Da die Arbeitgeberin beabsichtigte, das Warenhaus samstags erst um 20.00 Uhr zu schließen, kündigte die Arbeitgeberin die Betriebsvereinbarung vom 01.07.1997 mit Schreiben vom 05.10.1999 und hilfsweise erneut, auch hinsichtlich der Übergangsvereinbarung, mit Schreiben vom 27.11.2003 (Bl. 10 d.A.) fristgerecht zum 31.03.2004.

Mit dem Ziel des Abschlusses einer neuen Betriebsvereinbarung hinsichtlich der Arbeitszeit im Warenhaus B1xxxx-W2xxxxxxxxxx verhandelten die Arbeitgeberin und der Betriebsrat am 06.10.2003, 08.12.2003, 21.01.2004, 29.02.2004 und 08.03.2004, ohne eine Einigung zu erzielen.

Während dieser Verhandlungen bat der Betriebsrat die Arbeitgeberin bereits mit Schreiben vom 25.11.2003 (Bl. 20 d.A.) um Hinzuziehung des Sachverständigen D1xxxxxx gemäß § 80 Abs. 3 BetrVG. Mit Schreiben vom 02.12.2003 (Bl. 21 d.A.) lehnte die Arbeitgeberin die begehrte Hinzuziehung des Sachverständigen sowie eine Kostenübernahme ab.

Mit Schreiben vom 09.03.2004 (Bl. 11 d.A.), dem Betriebsrat zugegangen am 10.04.2004, erklärte die Arbeitgeberin das Scheitern der Verhandlungen und den Wunsch, eine Einigungsstelle tätig werden zu lassen. Hierauf legte der Betriebsrat am 10.04.2004 den Entwurf einer neuen Betriebsvereinbarung hinsichtlich der Arbeitszeit vor, welcher gegenüber der bisherigen Regelung das Arbeitsende im Verkauf von montags bis freitags auf 18.30 Uhr, samstags auf 14.10 Uhr vorsah.

Mit Schreiben vom 23.03.2004 (Bl. 12 d.A.) teilte der Betriebsrat der Arbeitgeberin mit, dass aus seiner Sicht die Verhandlungen wegen eines gemeinsam beabsichtigten weiteren Verhandlungstermins noch nicht gescheitert seien. Alternativ zu den von der Arbeitgeberin vorgeschlagenen Einigungsstellenvorsitzenden D2. S7xxxxx, D2. F1xxxxxxxxx und V1xxxx schlug der Betriebsrat eine Besetzung der Einigungsstelle mit dem Direktor des Arbeitsgerichts Gelsenkirchen a.D., R2xxxx M3xxx, und mit neun Beisitzern für jede Seite vor.

Mit dem am 25.03.2004 beim Arbeitsgericht eingegangenen Antrag machte die Arbeitgeberin daraufhin die Bestellung einer Einigungsstelle gerichtlich geltend.

Der Arbeitgeber hat die Auffassung vertreten, die begehrte Einigungsstelle sei einzurichten, weil die Verhandlungen mit dem Betriebsrat über den Abschluss einer Betriebsvereinbarung hinsichtlich der Arbeitszeit im Warenhaus B1xxxx-W2xxxxxxxxxx endgültig gescheitert seien.

Der von ihr als Einigungsstellenvorsitzender vorgeschlagene Richter am Arbeitsgericht R3xxxxxxxx D2. S7xxxxx sei deshalb besonders für den Vorsitz der Einigungsstelle geeignet, weil er bereits mehrmals Vorsitzender einer Einigungsstelle in Warenhäusern der Arbeitgeberin mit identischem Regelungssachverhalt gewesen sei.

Die Anzahl von jeweils zwei Beisitzern sei ausreichend und üblich.

Die Arbeitgeberin hat beantragt,

1. eine Einigungsstelle mit dem Regelungsgegenstand: "Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen sowie Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage, insbesondere auch an Samstagen sowie Dienstplangestaltung darüber" zu errichten,

2. zum Vorsitzenden der Einigungsstelle den Vorsitzende Richter am Arbeitsgericht R3xxxxxxxx, Herr D2. S7xxxxx, hilfsweise den Vorsitzende Richter am Landesarbeitsgericht N1xxxxxx, Herr D2. F1xxxxxxxxx, hilfsweise den Vorsitzende Richter am Landesarbeitsgericht, Herr V1xxxx, zu bestellen,

3. die Einigungsstelle mit jeweils zwei Beisitzern zu besetzen.

Der Betriebsrat hat beantragt,

die Anträge zurückzuweisen,

hilfsweise,

1. zum Vorsitzenden der Einigungsstelle den Richter i.R. M3xxx zu bestellen,

2. die Einigungsstelle mit jeweils neun Beisitzern zu besetzen.

Der Betriebsrat hat die Auffassung vertreten, die Verhandlungen mit der Arbeitgeberin seien noch nicht als gescheitert anzusehen. Ohne die Hinzuziehung eines externen Sachverständigen könne der Betriebsrat keine eigenen Positionen zur Regelungsmaterie entwickeln. Insoweit werde er unangemessen benachteiligt und müsste an einem Einigungsstellenverfahren teilnehmen, ohne zuvor eigene Positionen zur Frage der Arbeitszeit entwickeln zu haben. Aufgrund der Weigerung der Arbeitgeberin, einen externen Sachverständigen dem Betriebsrat zur Verfügung zu stellen, sei davon auszugehen, dass die innerbetriebliche Verhandlungssituation noch nicht ausgeschöpft sei.

Die von der Arbeitgeberin vorgeschlagenen Einigungsstellenvorsitzenden hat der Betriebsrat mit der Begründung abgelehnt, diese seien ihm nicht bekannt.

Hinsichtlich der begehrten Zahl der Beisitzer hat der Betriebsrat die Auffassung vertreten, aus dem Betrieb in B1xxxx-W2xxxxxxxxxx sollten drei Beisitzer benannt werden, damit die verschiedenen Bedingungen der Abteilungen, in denen zum Teil erheblich unterschiedliche Arbeitsbedingungen herrschten, entsprechend berücksichtigt werden könnten.

Ferner sollten drei ausgewählte Betriebsratsmitglieder anderer Betriebsräte aus anderen Warenhäusern des Arbeitgebers an der Einigungsstelle beteiligt sein, um die Auswirkungen der Umsetzung des neugeschaffenen Ladenschlussgesetzes und tariflicher Rahmenbedingungen, die in allen Betrieben der Arbeitgeberin aktuell seien, beurteilen zu können. Von der Betriebsvereinbarung in B1xxxx-W2xxxxxxxxxx ergebe sich eine Signalwirkung auch für andere Häuser der Arbeitgeberin.

Weiter sei wegen der komplexen Materie ein mit den Tarifverträgen vertrauter Beisitzer, ein mit juristischen Bedingungen im Hinblick auf Arbeitszeitregelungen vertrauter Beisitzer sowie ein Beisitzer erforderlich, der sich wissenschaftlich mit dem Thema Arbeitszeit vor dem Hintergrund des Arbeitsschutzes befasse.

Durch Beschluss vom 06.05.2004 hat das Arbeitsgericht den Anträgen des Arbeitgebers stattgegeben. Auf die ausführliche Begründung des Beschlusses vom 06.05.2004 wird Bezug genommen.

Gegen den dem Betriebsrat am 19.05.2004 zugestellten Beschluss hat dieser am 02.06.2004 Beschwerde zum Landesarbeitsgericht eingelegt und diese zugleich begründet.

Der Betriebsrat ist nach wie vor der Auffassung, die Einigungsstelle könne - noch - nicht eingerichtet werden, da die Verhandlungen noch nicht gescheitert seien. Die betrieblichen Verhandlungsmöglichkeiten seien noch nicht ausgeschöpft. Insbesondere könne die Arbeitgeberin dem Betriebsrat keine Blockade vorwerfen. Vielmehr sei es die Arbeitgeberin, die dem Betriebsrat die Hinzuziehung eines Sachverständigen verweigere. Inzwischen habe das Arbeitsgericht auch in einem weiteren Beschlussverfahren - 2 BV 32/02 ArbG Bochum - einen Sachverständigen, wenn auch zu anderen Konditionen, bestellt. Offenbar wolle der Arbeitgeber das Recht des Betriebsrates auf sachgemäße Ausübung seines Mitbestimmungsrechtes durch Verweigerung sachkundiger Personen verhindern. Auch derjenige Betriebspartner, der eine Neuregelung im Betrieb wolle, müsse sich zunächst betrieblich mit dem Gegenüber auseinandersetzen und könne nicht willkürlich entscheiden, ob und wann die Verhandlungen gescheitert seien.

Zu Unrecht habe das Arbeitsgericht auch den Richter am Arbeitsgericht R3xxxxxxxx D2. S7xxxxx zum Einigungsstellenvorsitzenden bestellt. In aller Regel sei nämlich für den Fall, dass beide Betriebsparteien einen anderen Einigungsstellenvorsitzenden vorschlügen, ein dritter zu bestellen, gegen den keine Partei Einwendungen vorbringen könne. Entsprechend habe das Arbeitsgericht erstinstanzlich auch einen dritten Vorsitzenden im Vergleichswege vorgeschlagen.

Gegen den bestellten Vorsitzenden seien erhebliche Einwände vorhanden, die eine neutrale und objektive Führung der Einigungsstelle aus Sicht des Betriebsrates nicht erwarten ließen. Zur gleichen Thematik in einem Betrieb der Arbeitgeberin sei nämlich unter dem Vorsitz des Richters am Arbeitsgericht D2. S7xxxxx ein Einigungsstellenspruch gefällt worden, der dem Antrag des Arbeitgebers entsprochen habe; dieser Spruch habe aber gegen die für den dortigen Betrieb geltenden tariflichen Bestimmungen verstoßen. Entsprechend sei der Spruch durch das Arbeitsgericht Aachen wegen Tarifwidrigkeit teilweise für unwirksam erklärt worden.

Schließlich ist der Betriebsrat der Auffassung, dass im Hinblick auf die Thematik eine höhere Anzahl von Beisitzern bestellt werden müsse. Die Festlegung von Arbeitszeiten gehöre generell im Gegensatz zu anderen Regelungsgegenständen zu den komplexesten Materien. Gerade im Einzelhandel werde aufgrund der langen Betriebszeiten mit wechselnden Dienstplänen ohne feste Schichten gearbeitet; außerdem solle ein Arbeitszeitkonto eingeführt werden. Es müssten Arbeitszeitregelungen getroffen werden, bei denen nicht nur die Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes, sondern auch tarifliche Regelungen sowie Fragen des Arbeitsschutzes berücksichtigt werden müssten. Schließlich könnte die tatsächlich vorliegende Pilotfunktion des Betriebes B1xxxx-W2xxxxxxxxxx nicht außer Acht gelassen werden.

Der Betriebsrat beantragt,

den Beschluss des Arbeitsgerichts Bochum vom 06.05.2004 - 3 BV 7/04 - abzuändern und die Anträge der Arbeitgeberin abzuweisen,

hilfsweise,

als Vorsitzenden der Einigungsstelle den Direktor des Arbeitsgerichts Gelsenkirchen a.D. M3xxx zu bestellen,

die Einigungsstelle mit jeweils neun Beisitzern zu besetzen.

Die Arbeitgeberin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie verteidigt den arbeitsgerichtlichen Beschluss und ist der Auffassung, die Verhandlungsbereitschaft des Betriebsrates werde lediglich nur behauptet, dies zeige sich bereits an der Vorlage des Entwurfes einer Betriebsvereinbarung vom 10.03.2004, der die Bestrebungen der Arbeitgeberin vollständig ignoriere.

Einem Scheitern der Verhandlungen stehe auch nicht entgegen, dass die Arbeitgeberin die Hinzuziehung eines Sachverständigen nach § 80 Abs. 3 BetrVG verweigere. Die Arbeitgeberin wolle nicht das Recht des Betriebsrates auf sachgemäße Ausübung seines Mitbestimmungsrechtes verhindern oder dem Betriebsrat die Gelegenheit nehmen, sich sachgemäß mit den Arbeitgebervorschlägen auseinander zu setzen. Die Arbeitgeberin sei lediglich der Einsetzung des als Sachverständigen beantragten Rechtsanwalts D1xxxxxx aus Kostengründen entgegentreten. Es sei nachvollziehbar, wenn die Arbeitgeberin die allein dadurch ihr aufgebürdeten Kosten in Höhe von ca. 10.000,00 EUR nicht tragen möchte. In B1xxxx gebe es zahlreiche erfahrene Anwälte und Gewerkschaftssekretäre, die über ausreichenden Sachverstand verfügten. Im Übrigen habe die Arbeitgeberin bereits mehrere Einigungsstellenverfahren desselben Regelungsgegenstands geführt, ohne dass der jeweilige Betriebsrat die Heranziehung eines zusätzlichen vergütungspflichtigen Sachverständigen für geboten erachtet hätte.

Auch die Einwände des Betriebsrates gegen die Bestellung des Richters am Arbeitsgericht D2. S7xxxxx seien nicht begründet. Dass Herr D2. S7xxxxx in einem Einigungsstellenverfahren mit der Arbeitgeberseite einen Spruch gefällt habe, der vom Betriebsrat aus Rechtsgründen angefochten worden sei, könne seine Unparteilichkeit nicht begründen. Bei dem Richter am Arbeitsgericht, Herrn D2. S7xxxxx, handele es sich keinesfalls um einen einseitig zugunsten der Arbeitgeberseite tätigen Einigungsstellenvorsitzenden, er arbeite auch mit der Gewerkschaft ver.di zusammen. Herr D2. S7xxxxx werde von der Arbeitgeberin deshalb bevorzugt, weil er nicht nur seit über 20 Jahren als Berufsrichter tätig sei, sondern sei ca. 15 Jahren mit zahlreichen Einigungsstellen befasst und damit für den Vorsitzenden im Allgemeinen geeignet sei. Gegenüber dem vom Betriebsrat vorgeschlagenen Vorsitzenden habe Herr D2. S7xxxxx den unschätzbaren Vorteil, dass er bereits einer Einigungsstelle mit nahezu identischem Regelungsgegenstand vorgesessen habe und insoweit über besondere Erfahrungen verfüge.

Schließlich habe das Arbeitsgericht die Einigungsstelle zu Recht mit nur zwei Beisitzern besetzt. Der Anzahl von jeweils neun Beisitzern werde nachdrücklich entgegengetreten.

Im Übrigen wird auf den weiteren Inhalt der von den Beteiligten gewechselten Schriftsätze ergänzend Bezug genommen.

B

Die zulässige Beschwerde des Betriebsrates ist im Wesentlichen unbegründet.

Die Beschwerdekammer hielt es jedoch für sachgerecht, den Direktor des Arbeitsgerichts, Herrn T1xxxx G1xxxxx, mit dem Vorsitz der einzurichtenden Einigungsstelle zu betrauen.

I

Zu Recht hat das Arbeitsgericht die von der Arbeitgeberin begehrte Einigungsstelle eingerichtet. Entgegen der vom Betriebsrat vertretenen Auffassung hält auch die Beschwerdekammer die Einigungsstelle nicht für offensichtlich unzuständig. Insoweit ist die Beschwerde des Betriebsrates unbegründet.

1. Gemäß § 98 Abs. 1 Satz 1 ArbGG kann ein Antrag auf Bestellung eines Einigungsstellenvorsitzenden und auf Festsetzung der Zahl der Beisitzer wegen fehlender Zuständigkeit der Einigungsstelle nur dann zurückgewiesen werden, wenn die Einigungsstelle offensichtlich unzuständig ist. Offensichtlich unzuständig ist die Einigungsstelle, wenn bei fachkundiger Beurteilung durch das Gericht sofort erkennbar ist, dass ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates in der fraglichen Angelegenheit unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt infrage kommt und sich die beizulegende Streitigkeit zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat erkennbar nicht unter einen mitbestimmungspflichtigen Tatbestand des Betriebsverfassungsgesetzes subsumieren lässt (vgl. statt aller: LAG Hamm, Beschluss vom 07.07.2003 - 10 TaBV 85/03 - NZA-RR 2003, 637 m.z.w.N.).

2. Eine offensichtliche Unzuständigkeit der einzurichtenden Einigungsstelle in diesem Sinne liegt nicht vor.

a) Die offensichtliche Unzuständigkeit der Einigungsstelle ergibt sich nicht daraus, dass die Beteiligten noch nicht ausreichend über die streitige Arbeitszeitregelung im Betrieb der Arbeitgeberin in B1xxxx-W2xxxxxxxxxx verhandelt hätten.

Zwar haben nach § 74 Abs. 1 Satz 2 BetrVG Arbeitgeber und Betriebsrat über strittige Fragen mit dem ernsten Willen zur Einigung zu verhandeln und Vorschläge für die Beilegung von Meinungsverschiedenheiten zu machen. Hieraus ergibt sich jedoch nicht, dass die förmliche Aufnahme von Verhandlungen stets Voraussetzung für ein gerichtliches Bestellungsverfahren ist. Für die Einleitung eines gerichtlichen Bestellungsverfahrens nach § 98 ArbGG genügt es, dass Betriebsrat und Arbeitgeberin wissen, worum es bei den Verhandlungen gehen soll. Ist der Regelungsgegenstand hinreichend bekannt, liegt es in der Hand jeder Seite, frei zu entscheiden, wann sie die Errichtung einer Einigungsstelle mit gerichtlicher Hilfe für notwendig erachtet. Hält ein Betriebspartner die förmlich Aufnahme von Verhandlungen aufgrund des bisherigen Verhaltens der Gegenseite für aussichtslos und ruft er das Arbeitsgericht zur Einsetzung einer Einigungsstelle nach § 98 ArbGG an, so ist diese nicht deswegen offensichtlich unzuständig, weil der Verhandlungsanspruch nach § 74 Abs. 1 Satz 2 BetrVG noch nicht oder noch nicht vollständig erfüllt worden ist; anderenfalls hätte es die verhandlungswillige Seite in der Hand, die Einsetzung einer Einigungsstelle längere Zeit zu blockieren (LAG Baden-Württemberg, Beschl. v. 16.10.1991 - LAGE ArbGG 1979 § 98 Nr. 21 = NZA 1992, 186; LAG Niedersachsen, Beschl. v. 07.12.1998 - LAGE ArbGG 1979 § 98 Nr. 35; LAG Sachsen, Beschl. v. 12.10.2001 - NZA-RR 2002, 362; Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-Glöge, ArbGG, 4. Aufl., § 98 Rz. 18; Kreutz, GK-BetrVG, 7. Aufl., § 74 Rz. 28; Fitting/Engels/Schmidt/Trebinger/Linsenmaier, BetrVG, 22. Aufl., § 74 Rz. 9; a.A.: LAG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 17.11.1988 - LAGE ArbGG 1979 § 98 Nr. 13; LAG Baden-Württemberg, Beschl. v. 04.10.1984 - NZA 1985, 163).

Ob eine Einigungsstelle offensichtlich unzuständig ist, wenn über die Meinungsverschiedenheiten zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber zuvor überhaupt noch nicht verhandelt worden ist oder sich eine Seite trotz Aufforderung durch die Gegenseite weigert, in Verhandlungen einzutreten, konnte für den vorliegenden Fall offen bleiben, da unstreitig zwischen den Beteiligten des vorliegenden Verfahrens fünf Verhandlungsrunden über die streitige Arbeitszeitregelung im Betrieb B1xxxx-W2xxxxxxxxxx stattgefunden haben, ohne dass eine Einigung erzielt worden wäre. Der Regelungsgegenstand ist beiden Beteiligten seit langem hinreichend bekannt, die Beteiligten wussten seit langem, worum es bei den Verhandlungen ging. Insoweit lag es an den Beteiligten des vorliegenden Verfahrens zu entscheiden, wann sie die Errichtung einer Einigungsstelle mit gerichtlicher Hilfe für notwendig erachteten.

Dass der Betriebsrat bisher keine Gelegenheit hatte, einen von ihm für notwendig erachteten Sachverständigen nach § 80 Abs. 3 BetrVG hinzuzuziehen, weil der Arbeitgeber dem entgegengetreten war, führt nicht zur offensichtlichen Unzuständigkeit der Einigungsstelle. Etwaige Informationsdefizite des Betriebsrates können auch noch im laufenden Einigungsstellenverfahren ausgeglichen werden (LAG Frankfurt, Beschl. v. 12.11.1991 - LAGE BetrVG 1972 § 76 Nr. 39; LAG Niedersachsen, Beschl. v. 07.12.1998 - LAGE ArbGG 1979 § 98 Nr. 35). Vorrangig ist es, die Einigungsstelle alsbald beginnen zu lassen und das Einigungsstellenverfahren zügig durchzuführen (BAG, Beschl. v. 24.11.1981 - AP BetrVG 1972 § 76 Nr. 11). Die fehlende Unterrichtung des Betriebspartners kann die Einleitung des Bestellungsverfahrens nach § 98 ArbGG nur dann hindern, wenn der Regelungsgegenstand entweder dem Betriebsrat oder der Arbeitgeberin noch nicht bekannt ist. Das ist vorliegend jedoch nicht der Fall. Dem Betriebsrat war der Regelungsgegenstand "Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen sowie Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage, insbesondere auch Samstage" seit langem bekannt. Hierüber hat er in der Vergangenheit bereits ebenfalls Betriebsvereinbarungen abgeschlossen.

Schließlich stand der Einrichtung der Einigungsstelle auch nicht entgegen, dass über den Entwurf des Betriebsrates vom 10.03.2004 noch nicht verhandelt worden ist und dass zum Zeitpunkt des Scheiterns der Verhandlungen noch ein weiterer Verhandlungstermin geplant gewesen ist. Haben in der Vergangenheit ernsthafte Verhandlungen stattgefunden, steht es jeder Seite frei, das Scheitern des Einigungsversuches festzustellen und die Einigungsstelle anzurufen. Über den Zeitpunkt des Scheiterns der Verhandlungen entscheidet jeder Verhandlungspartner für sich frei. Jedenfalls ist es im Rahmen der Prüfung nach § 98 ArbGG nicht zu beanstanden, wenn die Arbeitgeberin im vorliegenden Fall den Einigungsversuch nach fünf Verhandlungsversuchen für gescheitert erklärt hat.

b) Die Einigungsstelle ist auch nicht deshalb offensichtlich unzuständig, weil ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates offensichtlich nicht in Betracht kommt.

Vorliegend ergibt sich das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates und damit die Zuständigkeit der Einigungsstelle vielmehr eindeutig aus § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG. Dies steht unter den Beteiligten auch nicht in Frage. Danach ist im Falle der Nichteinigung der Betriebsparteien über die Verteilung der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit auf einzelne Arbeitstage einschließlich des Beginns und Endes der Arbeitszeit sowie die Lage der Pausen nach § 87 Abs. 2 Satz 1 BetrVG die Entscheidung durch die Einigungsstelle vorgesehen.

II

Entgegen dem Arbeitgebervorschlag hat es die Beschwerdekammer für sachgerecht gehalten, statt des Richters am Arbeitsgericht R3xxxxxxxx D2. S7xxxxx den Direktor des Arbeitsgerichts, Herrn T1xxxx G1xxxxx, mit dem Vorsitz der Einigungsstelle zu betrauen.

Das Betriebsverfassungsgesetz normiert keine besonderen Voraussetzungen für das Amt des Einigungsstellenvorsitzenden. Bei dem Einigungsstellenvorsitzenden muss es sich lediglich um eine Person handeln, die die Voraussetzungen des § 98 Abs. 1 Satz 4 ArbGG (Inkompatibilität) und des § 76 Abs. 2 Satz 1 BetrVG (Unparteilichkeit) erfüllt. Als weitere ungeschriebene Voraussetzungen müssen die notwendige Sach- und Rechtskunde hinzukommen. Das Vorliegen dieser Voraussetzungen kann weder bei dem vom Arbeitsgericht eingesetzten Richter am Arbeitsgericht D2. S7xxxxx noch bei dem Direktor des Arbeitsgerichts G1xxx in Frage gestellt werden. Sowohl bei dem vom Arbeitsgericht bestellten Vorsitzenden wie auch bei dem von der Beschwerdekammer bestellten Vorsitzenden handelt es sich um äußerst fachkundige und fähige Richter der Arbeitsgerichtsbarkeit, die auch über zahlreiche Erfahrungen als Einigungsstellenvorsitzende verfügen.

Bei der Bestimmung des Vorsitzenden einer Einigungsstelle ist das Arbeitsgericht jedoch an die Vorschläge der Beteiligten nicht gebunden (LAG Hamm, Beschl. v. 16.08.1976 - EzA BetrVG 1972 § 76 Nr. 7; LAG Baden-Württemberg, Beschl. v. 26.06.2002 - NZA-RR 2002, 523; Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-Glöge, aaO, § 98 Rz. 25). Das Arbeitsgericht kann bei Einwendungen eines Beteiligten gegen die vorgeschlagene Person auch einen anderen Vorsitzenden bestimmen. Eine schlagwortartige, nicht näher dargelegte Ablehnung eines vorgeschlagenen Vorsitzenden reicht aber nicht aus. Das Gericht sollte nur dann von einem gestellten Antrag abweichen, wenn erhebliche Gründe gegen einen vorgeschlagenen Einigungsstellenvorsitzenden bestehen. Da der zu bestellende Vorsitzende das Vertrauen beider Betriebspartner besitzen sollte (§ 76 Abs. 2 Satz 1 BetrVG), sollte von der Bestellung einer bestimmten Person zum Vorsitzenden abgesehen werden, wenn gegen sie von einer Seite nachvollziehbare - wenn auch nur subjektive - Vorbehalte oder Bedenken erhoben werden. Diese Vorbehalte oder Bedenken müssen jedoch auf konkreten Tatsachengrundlagen beruhen (LAG Frankfurt, Beschl. v. 23.06.1988 - LAGE ArbGG 1979 § 98 Nr. 12 = DB 1988, 2520; LAG Bremen, Beschl. v. 01.07.1988 - AiB 1988, 315; LAG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 22.06.1989 - LAGE ArbGG 1979 § 98 Nr. 17; Germelmann/Matthes/Prütting/Möller-Glöge, aaO, § 98 Rz. 25; Leinemann, GK-ArbGG, § 98 Rz. 46; ErfK/Eisemann, 4. Aufl., § 98 ArbGG Rz. 5; weitergehend: LAG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 04.09.2002 - AP ArbGG 1979 § 98 Nr. 14; LAG Baden-Württemberg, Beschl. v. 26.06.2002 - NZA-RR 2002, 523; LAG Berlin, Beschl. v. 12.09.2001 - NZA-RR 2002, 25; LAG Frankfurt, Beschl. v. 28.06.1985 - BB 1986, 600).

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze hat die Beschwerdekammer als neutrale dritte Person den Direktor des Arbeitsgerichts G1xxxx mit dem Vorsitz der Einigungsstelle betraut.

Zwar bestanden gegen den von der Arbeitgeberin vorgeschlagenen Einigungsstellenvorsitzenden keine durchgreifenden Bedenken hinsichtlich seiner Unparteilichkeit und fachlichen Sachkunde. Darauf ist bereits hingewiesen worden. Dem erstinstanzlich vom Betriebsrat vorgebrachten Hinweis, die von der Arbeitgeberin vorgeschlagenen Einigungsstellenvorsitzenden seien ihm, dem Betriebsrat, nicht bekannt, ist das Arbeitsgericht demzufolge zutreffenderweise nicht gefolgt. Auch der Umstand, dass Herr Richter am Arbeitsgericht D2. S7xxxxx als Einigungsstellenvorsitzender schon einmal in einem anderen Betrieb der Arbeitgeberin bei gleichem Regelungsgegenstand einen Spruch gefällt hat, führt nicht zu seiner Ungeeignetheit, den Vorsitz in weiteren Einigungsstellen in Betrieben der Arbeitgeberin zu übernehmen (LAG Bremen, Beschl. v. 01.07.1988 - AiB 1988, 315). Der Umstand, dass der unter dem Vorsitz des Richters am Arbeitsgericht D2. S7xxxxx gefällte Spruch jedoch wegen Tarifwidrigkeit teilweise aufgehoben worden ist, ist geeignet, mindestens subjektive Vorbehalte des Betriebsrates gegen die Person des von der Arbeitgeberin vorgeschlagenen Einigungsstellenvorsitzenden zu begründen. Diese Vorbehalte sind nachvollziehbar, auch wenn sie allein noch nicht dafür sprechen, dass der vorgeschlagene Einigungsstellenvorsitzende sein Amt nicht sachgerecht ausüben würde, und sie als Grund für eine etwaige Befangenheit nicht herhalten können.

Der von der Arbeitgeberin ins Feld geführte Gesichtspunkt, dass der Richter am Arbeitsgericht D2. S7xxxxx bereits in mehreren Einigungsstellen in Betrieben der Arbeitgeberin mit Arbeitszeitfragen gefasst gewesen ist, ist zwar von Vorteil für die vorliegend einzurichtende Einigungsstelle. Im Hinblick auf die vom Betriebsrat im Beschwerdeverfahren vorgebrachten Vorbehalte gegen die Person des von der Arbeitgeberin vorgeschlagenen Einigungsstellenvorsitzenden erschien es der Beschwerdekammer jedoch sachgerecht, den Direktor des Arbeitsgerichts Herne Gerretz den Vorsitz der Einigungsstelle zu übertragen. Unstreitig ist zwischen den Beteiligten, dass auch der Direktor des Arbeitsgerichts Herne Gerretz eine Einigungsstelle im Betrieb der Arbeitgeberin vorgesessen hat. Bereits hieraus ergibt sich, dass diesem die Besonderheiten der von der Arbeitgeberin betriebenen Warenhäuser geläufig sind, selbst wenn er keine Einigungsstelle geleitet haben sollte, die Arbeitszeitfragen zum Regelungsgegenstand gehabt hat. Andererseits steht wegen der fachlichen Fähigkeiten des Direktors des Arbeitsgerichts Herne Gerretz außer Frage, dass dieser sich auch kurzfristig in Besonderheiten arbeitszeitrechtlicher Fragen im Warenhaus der Arbeitgeberin in B1xxxx-W2xxxxxxxxx einarbeiten wird. Der von der Arbeitgeberin herausgestellte Vorteil, dass Richter am Arbeitsgericht D2. S7xxxxx bereits einer Einigungsstelle mit nahezu identischem Regelungsgegenstand in einem Warenhaus der Arbeitgeberin vorgesessen hat, wird zudem dadurch aufgewogen, dass eine Einigungsstelle unter dem Vorsitz des Direktors des Arbeitsgerichts Herne erheblich weniger Reisekosten und Aufwendungen verursachen wird, als eine Einigungsstelle unter dem Vorsitz eines Richters am Arbeitsgericht R3xxxxxxxx. Begründete nachvollziehbare Bedenken gegen die Bestellung des Direktors des Arbeitsgerichts Herne, Herrn T1xxxx G1xxxxx, hat schließlich die Arbeitgeberin auch anlässlich der Erörterungen im Anhörungstermin vor der Beschwerdekammer nicht vorgebracht.

III

Soweit der Betriebsrat mit seinem Hilfsantrag die Besetzung der Einigungsstelle mit jeweils neun Beisitzern je Seite fordert, ist die Beschwerde nicht begründet.

Auch der Beschwerdekammer erschien die Besetzung der Einigungsstelle mit jeweils zwei Personen auf jeder Seite für ausreichend. Dies entspricht der Regelbesetzung einer Einigungsstelle (LAG Hamm, Beschl. v. 08.04.1987 - NZA 1988, 210; LAG München, Beschl. v. 15.07.1991 - NZA 1992, 185; LAG Frankfurt, Beschl. v. 29.09.1992 - NZA 1993, 1008; LAG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 04.02.1997 - DB 1997, 832; Germelmann/Matthes/Prütting/ Müller-Glöge, aaO, § 98 Rz. 31; ErfK/Eisemann, aaO, § 98 ArbGG Rz. 6 m.w.N.). Bei der Verteilung der wöchentlichen Arbeitszeit einschließlich der Bestimmung ihrer zeitlichen Lage während der einzelnen Arbeitstage sowie der Lage der Pausen handelt es sich nicht um eine besonders schwierige Thematik. Dies gilt auch dann, wenn in verschiedenen Abteilungen des Betriebes der Arbeitgeberin in B1xxxx-W2xxxxxxxxxx unterschiedliche Arbeitsbedingungen vorhanden sind. Um die Besonderheiten in anderen Betrieben und Warenhäusern der Arbeitgeberin geht es in der vorliegenden Einigungsstelle nicht. Soweit der Betriebsrat die Hinzuziehung weiterer sachverständiger Beisitzer begehrt, ist bereits darauf hingewiesen worden, dass etwaige Informationsdefizite des Betriebsrates und besonderer Sachverstand im Hinblick auf arbeitsschutzrechtliche Bestimmungen noch im laufenden Einigungsstellenverfahren ausgeglichen werden können. Bereits bei einer Zahl von zwei Beisitzern auf jeder Seite hat jede Betriebspartei die Möglichkeit, einen Betriebsangehörigen und einen Außenstehenden zum Beisitzer zu bestellen und sowie betriebliche Kenntnisse und externe Fachkenntnisse für die Einigungsstelle nutzbar zu machen. Weitere Gründe, die die Besetzung der Einigungsstelle über die Regelbesetzung hinaus zwingend erfordern, sind auch vom Betriebsrat nicht vorgetragen worden.

Ende der Entscheidung

Zurück