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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Beschluss verkündet am 23.01.2009
Aktenzeichen: 10 TaBV 67/08
Rechtsgebiete: BetrVG


Vorschriften:

BetrVG § 3 Abs. 1 Nr. 3 a.F.
BetrVG § 3 Abs. 1 Nr. 1 b
BetrVG § 3 Abs. 4 n.F.
BetrVG § 4 Abs. 1
BetrVG § 13 Abs. 2
BetrVG § 21 Abs. 5
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Beschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Minden vom 01.04.2008 - 1 BV 45/07 - wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe:

A

Die Beteiligten streiten über den Fortbestand des Amtes des antragstellenden Betriebsrats.

Antragsteller des vorliegenden Verfahrens und Beteiligter zu 1. ist der aus fünf Mitglieder bestehende Betriebsrat eines Baumarktes in M1, der ehemals eine Betriebsstätte der M4 Handelsgesellschaft mbH & Co. oHG war. Im Baumarkt M1 waren früher 51 Mitarbeiter beschäftigt, zurzeit sind es noch etwa 35 bis 40 Mitarbeiter.

Mit Wirkung zum 01.09.2007 wurde dieser Baumarkt in M1 nebst weiteren 133 Baumärkten, von denen 124 über örtliche Betriebsräte verfügten, durch kartellrechtlich genehmigten Kauf- und Übertragungsvertrag vom 16.05.2007 auf die Arbeitgeberin, die Beteiligte zu 2. des vorliegenden Verfahrens, übertragen.

Bei der Arbeitgeberin waren aufgrund des durch Zustimmung vom 05.01.2000 (Bl. 48 d.A.) ministeriell genehmigten Tarifvertrages nach § 3 Abs. 1 Ziff. 3 BetrVG vom 10.09.1999 (ZuordnungsTV 1999 - Bl. 10 ff.d.A.) nebst Verhandlungsprotokoll vom 13.09.1999 (Bl. 98 d.A.) vier Regionalbetriebsräte, nämlich die Regionalbetriebsräte Nord, Ost, Süd I und Süd II, mit zuletzt insgesamt 76 Betriebsratsmitgliedern gebildet. Nach § 3 ZuordnungsTV 1999 sollte die Aufteilung auch für als Betriebsteile oder Nebenbetriebe anzusehende Betriebsstätte gelten, die während der Laufzeit des Vertrages übernommen werden.

Nachdem bei den Betriebsstätten der M4 Handels GmbH & Co. oHG bereits zum 01.04.2007 eine Spaltung zwischen den geführten Baumärkten und den geführten Verbrauchermärkten stattgefunden hatte (Bl. 326 d.A.), wurde den Baumärkten mit E-Mail vom 21./30.03.2007 mitgeteilt, dass die disziplinarische Verantwortung für Einstellungen und Entlassungen ab 01.04.2007 nicht mehr bei dem jeweiligen Geschäftsleiter des Marktes liege, sondern von dem jeweils zuständigen regionalen Verkaufsleiter B3 übernommen werde.

Mit Schreiben vom 30.08.2007 (Bl. 6 ff.d.A.) wurden die Mitarbeiter sämtlicher Baumärkte der M4 Handels GmbH & Co. oHG über den Betriebsübergang vom 01.09.2007 unterrichtet. In Ziffer 5. des Schreibens vom 30.08.2007 wies die M4 Handelsgesellschaft mbH & Co. oHG darauf hin, dass der im Baumarkt gewählte Betriebsrat nach dem Betriebsübergang für die Mitbestimmungsrechte nicht mehr zuständig sei, sondern der bei der Arbeitgeberin jeweils zuständige Regionalbetriebsrat.

Bereits mit einer Tarifschnellinformation der Gewerkschaft ver.di vom 04.06.2007 (Bl. 144, 144 a d.A.) waren die Betriebsräte der einzelnen Baumärkte darüber informiert worden, dass aufgrund der rechtlichen Bedingungen die bestehenden Betriebsräte in den M4-Baumärkten mit dem Betriebsübergang nicht mehr fortbestünden, sondern es in jedem Baumarkt eine zusätzliche Vertretung der Arbeitnehmer/innen geben werde.

Angesichts der Zusammenführung mit den von M4 übernommenen Baumärkten schloss die Arbeitgeberin mit der Gewerkschaft ver.di einen "Tarifvertrag nach § 3 Abs. 1 Nr. 5 BetrVG" vom 06./18.08.2007 (Bl. 51 ff.d.A.) nebst zwei Protokollnotizen (Bl. 96 f., 54 d.A.), der zur Gewährleistung einer besseren Kommunikation zwischen den Baumärkten und den bei der Arbeitgeberin gebildeten Regionalbetriebsräten in allen Filialen die Wahl von zusätzlichen Vertrauensleuten vorsah.

Zum Zeitpunkt der Übernahme der M4-Baumärkte hatte der zuständige Regionalbetriebsrat Nord, der Beteiligte zu 3., 21 Mitglieder.

Am 03./04.09.2007 gab die Arbeitgeberin ihre neue Personalführungsstruktur bekannt, wonach die Personalverantwortung im Sinne der §§ 99, 102 BetrVG künftig durch die zentrale Personalverwaltung wahrgenommen werden sollte. Die örtlichen Leitungsaufgaben sollten weiter dem jeweiligen Marktleiter obliegen, darunter die Erstellung der Dienst- und Schichtpläne, die konkreten Vertretungs- und Pausenregelungen sowie die Urlaubsplanung. Eine gleichlautende Mitteilung ging am 11.10.2007 nochmals an alle Marktleiter der ehemaligen M4-Baumärkte (Bl. 145 d.A.).

Mit dem am 04.09.2007 beim Arbeitsgericht eingeleiteten Beschlussverfahren machte der im Baumarkt M1 gebildete Betriebsrat den Fortbestand seines Amtes über den 01.09.2007 hinaus geltend.

Er hat die Auffassung vertreten, er sei auch weiterhin über den 31.08.2007 hinaus im Amt und nehme für den Baumarkt M1 die Rechte nach dem Betriebsverfassungsgesetz wahr, weil der ZuordnungsTV 1999 nicht wirksam bzw. nicht anwendbar sei. In jedem Falle stehe die Regelung des § 3 Abs. 4 BetrVG einem Untergang seines Mandats zum 01.09.2007 entgegen. Wenn überhaupt, könne sein Amt erst mit der nächsten Betriebsratswahl erlöschen. Ein Eingriff in die Amtszeit demokratisch legitimierter Vertretungsorgane sei nicht möglich, auch nicht durch Tarifvertrag.

Bei dem Baumarkt in M1 handele es sich im Übrigen um einen eigenständigen Betrieb. Die Leitungsfunktionen in sozialen und personellen Angelegenheiten würden weiterhin vom Marktleiter des Baumarktes in M1 wahrgenommen. Ihm obliege die örtliche Personalplanung, die Arbeitszeit- und Urlaubsplanung. Der Marktleiter entscheide auch über Versetzungen und Umsetzungen und erteile Abmahnungen. Im Übrigen greife mindestens § 4 Abs. 1 BetrVG ein; der Baumarkt in M1 gelte aufgrund der räumlich weiten Entfernung vom Hauptbetrieb in K1 als selbstständiger Betrieb.

Der Betriebsrat hat beantragt,

1. festzustellen, dass der Betriebsrat des Baumarktes in der H7-S1 91 in M1 über den 01.09.2007 hinaus in der Form besteht, wie er bis zum 31.08.2007 Bestand hatte,

2. der Arbeitgeberin aufzugeben, es zu unterlassen, den Betriebsrat in der Ausübung seiner Tätigkeit dadurch zu behindern, dass er gegenüber den Arbeitnehmern des Baumarktes in M1 behauptet, der Betriebsrat bestehe nicht mehr.

Die Arbeitgeberin und der Regionalbetriebsrat Nord haben beantragt,

die Anträge abzuweisen.

Sie haben die Auffassung vertreten, der antragstellende Betriebsrat sei mit dem Erwerb des Baumarktes M1 durch die Arbeitgeberin kraft unmittelbar wirkender Zuordnung des Betriebes aufgrund der Zuordnungstarifverträge untergegangen. Spätestens zum 01.09.2007 sei infolge der Übertragung der Leitungsmacht vom Marktleiter des Baumarktes M1 auf die zentrale Personalabteilung in K1 das Amt des Betriebsrats erloschen, der Baumarkt M1 sei als Betriebsteil in den Regionalbetrieb Nord eingegliedert worden. Das Mandat des antragstellenden Betriebsrats werde seit dem 01.09.2007 vom Regionalbetriebsrat Nord wahrgenommen.

Durch Beschluss vom 01.04.2008 hat das Arbeitsgericht die Anträge des Betriebsrats abgewiesen und zur Begründung unter anderem ausgeführt, das Mandat des antragstellenden Betriebsrats bestehe aufgrund des ZuordnungsTV 1999 mit Übernahme des Baumarktes M1 durch die Arbeitgeberin zum 01.09.2007 nicht mehr. Der ZuordnungsTV 1999 sei wirksam. Bei dem Baumarkt M1 handele es sich spätestens mit Wirkung ab 01.09.2007 auch nicht mehr um einen eigenständige Betrieb, die Leitungsfunktionen im Bereich der personellen und sozialen Mitbestimmung würden nicht mehr im Baumarkt M1, sondern in der Personalabteilung der Region Nord in K1 wahrgenommen. § 3 Abs. 4 BetrVG stehe der Beendigung der Amtszeit des Betriebsrats des Baumarktes M1 zum 01.09.2007 auch nicht entgegen.

Gegen den dem Betriebsrat am 14.04.2008 zugestellten Beschluss, auf dessen Gründe ergänzend Bezug genommen wird, hat der Betriebsrat am 08.05.2008 Beschwerde zum Landesarbeitsgericht eingelegt und diese mit dem am 16.06.2008 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet.

In allen vier Regionen der Arbeitgeberin sind inzwischen Betriebsratsneuwahlen durchgeführt worden. Das Wahlergebnis wurde am 13.06.2008 bekannt gegeben (Bl. 354 d.A.). In den neu gewählten Regionalbetriebsrat Nord wurden 31 Betriebsratsmitglieder, darunter der Vorsitzende des antragstellenden Betriebsrats, gewählt. Die am 13.06.2006 bekannt gegebene Wahl wurde nicht angefochten.

Der Betriebsrat wiederholt und vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen und ist nach wie vor der Auffassung, sein Amt sei nicht durch die §§ 2, 3 ZuordnungsTV 1999 beendet. Für das Erlöschen des Mandats des Betriebsrats im Baumarkt M1 fehle es an einer Rechtsgrundlage. Der ZuordnungsTV 1999 sei noch unter Geltung des § 3 BetrVG a.F. abgeschlossen worden. § 3 BetrVG a.F. habe nur die Abweichung von § 4 BetrVG zugelassen, nicht aber die Zusammenfassung eigenständiger Betriebe. Der ZuordnungsTV 1999 habe auch in § 1 Nr. 2 ausdrücklich vorgesehen, dass er fachlich nur gelten solle für Betriebsteile und Nebenbetriebe, nicht für selbstständige Betriebe.

Bei dem Baumarkt in M1 habe es sich aber um einen eigenständigen Betrieb gehandelt, nicht um einen Betriebsteil und auch nicht um einen Nebenbetrieb, weil der Hauptbetrieb in K1 liege, 220 km entfernt vom Baumarkt in M1. Die Annahme, dass der Hauptbetrieb nicht in K1 liege, sondern bei der Region Nord, innerhalb derer der Betriebsteil M1 liege, sei verfehlt. Für die Annahme eines Betriebsteils im Sinne des § 4 Abs. 1 BetrVG genüge es, dass ein Mindestmaß an organisatorischer Selbstständigkeit gegenüber dem Hauptbetrieb bestehe. Ausreichend hierfür sei es, dass es vor Ort eine bestimmte Leitung gebe, die die Weisungsrechte des Arbeitgebers ausübe. Diese Voraussetzungen seien beim Baumarkt in M1 gegeben. Die Weisungsrechte des Arbeitgebers übe der dortige Baumarktleiter aus. Im Übrigen habe § 3 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG a.F. eine abweichende Zuordnung von Betriebsteilen und Nebenbetrieben die Bildung von Vertretungen der Arbeitnehmer erleichtern sollen. Die neue Struktur bei der Arbeitgeberin erleichtere die Betriebsratsarbeit aber gerade nicht. Von 133 übernommenen M4-Baumärkten hätten 125 eigene Betriebsräte gehabt.

Die Arbeitgeberin betreibe nunmehr insgesamt 385 Baumärkte mit über 14.000 Beschäftigten, für die lediglich vier Regionalbetriebsräte als Interessenvertretung bestünden. Von einer Erleichterung der Bildung von Betriebsräten oder einer sachgerechten Wahrnehmung der Interessen der Arbeitnehmer könne vor diesem Hintergrund nicht die Rede sein.

Der Betriebsrat beantragt,

unter Abänderung des Beschlusses des Arbeitsgerichts Minden vom 01.04.2008 - 1 BV 45/07 - festzustellen, dass der Betriebsrat des Baumarktes M1, H8 91, über den 01.09.2007 hinaus in der Form fortbesteht, wie er bis zum 31.08.2007 bestanden hatte.

Die Arbeitgeberin und der Regionalbetriebsrat beantragen,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie verteidigen unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vortrags und unter Vertiefung ihrer Rechtsansichten den erstinstanzlichen Beschluss und sind nach wie vor der Auffassung, der ZuordnungsTV 1999 sei wirksam und auch im vorliegenden Fall anwendbar. Mindestens seit dem 01.09.2007 sei der Baumarkt in M1 kein selbstständiger Betrieb mehr. Die Leitungsmacht liege vielmehr bei der Region in K1.

Der ZuordnungsTV 1999 sei auch wirksam zustande gekommen. Bereits aus der ministeriellen Genehmigung ergebe sich eine Vermutung der Erleichterung der betrieblichen Interessenvertretung durch den ZuordnungsTV. Auch die Voraussetzungen der Neufassung des § 3 BetrVG seien erfüllt, weil die Zusammenfassung der Betriebe nicht nur die Bildung von Betriebsräten erleichtere, sondern auch der sachgerechten Wahrnehmung der Arbeitnehmerinteressen diene. Hierbei hätten die Tarifvertragsparteien einen erheblichen Beurteilungsspielraum, der vorliegend nicht überschritten sei. Hinzu komme, dass aufgrund des "Tarifvertrages nach § 3 Abs. 1 Nr. 5 BetrVG" vom 06./18.08.2007 ergänzende Regelungen getroffen worden seien, die den Problemen der drohenden Ortsferne und der angeblich zu geringen Zahl von Betriebsräten Rechnung getragen hätten.

§ 3 Abs. 4 BetrVG stehe der Beendigung der Amtszeit des Betriebsrats des Baumarktes M1 zum 01.09.2007 auch nicht entgegen. § 3 Abs. 4 BetrVG stelle nämlich auf den Zeitpunkt des Inkrafttretens des Tarifvertrages ab, nicht auf den Zeitpunkt des Überganges der Betriebsstätte.

Spätestens durch die Neuwahl der Regionalbetriebsräte im Jahre 2008 sei das Amt des antragstellenden Betriebsrates erloschen.

Im Übrigen wird auf den weiteren Inhalt der von den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen ergänzend Bezug genommen.

B

Die zulässige Beschwerde des Betriebsrats ist nicht begründet.

I.

Der Feststellungsantrag des Betriebsrats ist zulässig.

1. Das gewählte Beschlussverfahren ist nach den §§ 2 a, 80 Abs. 1 ArbGG die richtige Verfahrensart, da zwischen den Beteiligten eine betriebsverfassungsrechtliche Angelegenheit, nämlich der Fortbestand des Amtes des Betriebsrats streitig ist.

2. Die Antragsbefugnis des Betriebsrats und die Beteiligung der Arbeitgeberin ergeben sich aus den §§ 10, 83 Abs. 3 ArbGG.

Zu Recht hat das Arbeitsgericht auch den Regionalbetriebsrat Nord am vorliegenden Verfahren beteiligt. Beteiligt in Angelegenheiten des Betriebsverfassungsgesetzes ist jeder, der durch die begehrte Entscheidung in seiner betriebsverfassungsrechtlichen Rechtsstellung unmittelbar betroffen ist (BAG, 26.10.2004 - 1 ABR 31/03 - AP BetrVG 1972 § 87 Arbeitszeit Nr. 113; BAG, 12.12.2006 - 1 ABR 38/05 - AP BetrVG 1972 § 1 Gemeinsamer Betrieb Nr. 27). Beteiligt in diesem Sinne ist auch der Regionalbetriebsrat. Mit der Entscheidung über die vom Betriebsrat im vorliegenden Verfahren gestellten Anträge wird zugleich festgelegt, ob sich das Mandat des Regionalbetriebsrats auch auf die Arbeitnehmer des Baumarktes M1 erstreckt oder nicht.

3. Der Betriebsrat hat auch das notwendige Interesse an der begehrten Feststellung des Fortbestandes seines Mandats. Dies folgt aus § 256 ZPO, der auch im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren anwendbar ist. Der Betriebsrat vertritt vorrangig die Auffassung, dass er sowohl aus rechtlichen als auch aus tatsächlichen Gründen nicht vom ZuordnungsTV 1999 erfasst werde, sondern der B3 M1 trotz des Betriebsübergangs eigenständig weiterbestehe. Ob dies der Fall ist, ist eine Frage der Begründetheit des Antrags. Mindestens soweit der Betriebsrat die Feststellung des Fortbestands seines Mandats für die Zukunft begehrt, besteht ein Feststellungsinteresse.

4. Der Antrag ist auch nicht deshalb unzulässig, weil die Arbeitgeberin erstinstanzlich die ordnungsgemäße Beschlussfassung des Betriebsrats über die Einleitung des vorliegenden Verfahrens bestritten hat. Nach Vorlage der Einladung zur Betriebsratssitzung vom 01.09.2007 nebst Tagesordnung und Protokoll der Sitzung de Betriebsrats vom 03.09.2007 durch den Betriebsrat im Anhörungstermin beim Arbeitsgericht vom 01.04.2008 bestand kein Anlass mehr daran zu zweifeln, dass der Betriebsrat aufgrund ordnungsgemäßer Ladung und Mitteilung der Tagesordnung in seiner Sitzung vom 03.09.2007 den rechtswirksamen Beschluss gefasst hat, das vorliegende Beschlussverfahren einzuleiten und die Verfahrensbevollmächtigten entsprechend zu beauftragen. Auch in der Beschwerdeinstanz sind hiergegen von der Arbeitgeberin keine Einwendungen mehr erhoben worden.

II.

Der Feststellungsantrag ist jedoch, wie das Arbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat, unbegründet.

Das Mandat des antragstellenden Betriebsrats besteht über den 01.09.2007 hinaus nicht mehr fort.

1. Auch nach Auffassung der Beschwerdekammer ist die Amtszeit des Betriebsrats des Baumarktes M1 mit der Übernahme durch die Arbeitgeberin zum 01.09.2007 nach den §§ 2, 3 ZuordnungsTV 1999 beendet worden.

Der ZuordnungsTV 1999 ist sowohl nach § 3 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG a.F. als auch nach der Neufassung des § 3 Abs. 1 Nr. 1 b BetrVG n.F. wirksam. Der Baumarkt in M1 wird von den Bestimmungen des ZuordnungsTV 1999 erfasst.

a) Der ZuordnungsTV 1999 ist weder gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG a.F. noch gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1 b BetrVG n.F. unwirksam. Dies haben inzwischen mehrere Landesarbeitsgerichte zutreffend entschieden (LAG Schleswig-Holstein, 09.07.2008 - 3 TaBV 4/08 -; LAG Niedersachsen, 22.08.2008 - 12 TaBV 14/08 -; LAG Mecklenburg-Vorpommern, 08.10.2008 - 2 TaBV 6/08 -; LAG Berlin-Brandenburg, 10.10.2008 - 9 TaBV 970/08 -; LAG Berlin-Brandenburg, 30.10.2008 - 14 TaBV 1143/08 -). Es gibt nicht die geringsten Anhaltspunkte, die es rechtfertigen könnten, eine rechtserhebliche Abweichung anzunehmen. Das Beschwerdegericht folgt den überzeugenden Ausführungen in den genannten Entscheidungen, die den Beteiligten des vorliegenden Verfahrens bekannt sind.

Die Bestimmungen des ZuordnungsTV 1999 verstoßen nicht gegen § 3 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG a.F..

Mit der Novellierung des Betriebsverfassungsgesetzes im Jahre 2001 sind keine besonderen Übergangsvorschriften erlassen worden. Unter der Geltung des Betriebsverfassungsgesetzes 1972 geschlossene Tarifverträge gelten deshalb fort.

Bereits die Zustimmung des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung zum ZuordnungsTV 1999 bestätigt das Vorliegen der Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG a.F.. Hat die Zustimmungsbehörde nach ordnungsgemäßer Durchführung des Verfahrens nach § 3 Abs. 2 Satz 2 BetrVG a.F. ihre Zustimmung erteilt, spricht dies dafür, dass durch die tarifliche Regelung die Bildung von Vertretungen der Arbeitnehmer erleichtert wird (BAG, 24.01.2001 - 4 ABR 4/00 - AP BetrVG 1972 § 3 Nr. 1).

Mit dem ZuordnungsTV 1999 haben die Tarifvertragsparteien auch nicht ihre Regelungskompetenz überschritten.

Die Regelung des § 3 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG a.F. erfasste auch die Zusammenfassung mehrerer Betriebsteile, die die Voraussetzungen des § 4 Satz1 Nr. 1 + 2 erfüllten und lediglich deshalb als selbstständige Betriebe galten (BAG, 24.01.2001 - a.a.O.).

Auch die Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 Nr. 1 b BetrVG n.F. sind erfüllt. Hierzu hat das Landesarbeitsgericht Niedersachsen in seiner Entscheidung vom 22.08.2008 (a.a.O.) folgendes ausgeführt:

"Der Zuordnungstarifvertrag 1999 erfüllt die Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 Nr. 1 b BetrVG 2001. Danach kann durch Tarifvertrag für Unternehmen mit mehreren Betrieben die Zusammenfassung von Betrieben bestimmt werden, wenn dies die Bildung von Betriebsräten erleichtert oder einer sachgerechten Wahrnehmung der Interessen der Arbeitnehmer dient.

Im Rahmen einer Inhaltskontrolle ist zu berücksichtigen, dass die Tarifvertragsparteien bei der konkreten Ausgestaltung der ihnen durch § 3 Abs. 1 BetrVG verliehenen Befugnis einen erheblichen Beurteilungsspielraum und ein weites Regelungsermessen haben, welches die Gerichte bei der Rechtskontrolle zu beachten haben (FESTL a.a.O. § 3 Rn. 21; DKK/Trümmner a.a.O. § 3 Rn. 156). Die gerichtliche Rechtskontrolle ist deshalb darauf beschränkt, ob grobe Fehler in der Beurteilung bzw. der Ermessensausübung seitens der Tarifvertragsparteien vorgelegen haben (DKK/Trümmner a.a.O. § 3 Rn. 156).

Auf der Grundlage des Zuordnungs-TV 1999 wurden mehrere Betriebe nach § 1 bzw. § 4 Abs. 1 BetrVG zusammengefasst. Unter Berücksichtigung des Beurteilungsspielraumes der Tarifvertragsparteien kann nicht erkannt werden, dass diese tarifliche Regelung nicht die Bildung von Betriebsräten erleichtert oder nicht einer sachgerechten Wahrnehmung der Interessen der Arbeitnehmer dient. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Tarifvertrag bereits über mehrere Wahlperioden hinaus Grundlage für die Bildung von Betriebsräten und die Organisation der Mitbestimmung im Unternehmen der Antragsgegnerin gewesen ist, ohne dass dies - soweit erkennbar - zu Defiziten in der Wahrnehmung und Durchsetzung von Arbeitnehmerrechten geführt hat. Die Zusammenfassung zu regionalen Betriebsräten führt ferner dazu, dass die zum Zeitpunkt des Überganges der Marktkaufbetriebe noch acht betriebsratslose Baumärkte nunmehr über einen Betriebsrat verfügen und damit ein betriebsratsloser Zustand beendet wurde. Soweit das Arbeitsgericht wie auch der Antragsteller darauf verweist, dass die Zahl der gewählten Betriebsräte in einem nach Regionen gebildeten Betriebsrat geringer ist, ist dies unergiebig. Die degressive Steigerung von Betriebsratssitzen mit zunehmender Arbeitnehmeranzahl entspricht den gesetzlichen Vorgaben nach § 9 BetrVG und kann deshalb kein Beleg für eine den Interessen der Arbeitnehmer widersprechende Organisation der Mitbestimmung sein. In diesem Zusammenhang ist zu bedenken, dass mit dem TV 2007 zur Verbesserung der Kommunikation zwischen den einzelnen Betrieben/Betriebsteilen und dem Regionalbetriebsrat in jedem Baumarkt eine Vertrauens- und Ansprechperson bestellt und damit vermeintlichen Kommunikationsdefiziten entgegengesteuert wurde. Schließlich ist zu berücksichtigen, dass das Betriebsverfassungsgesetz grundsätzlich die tarifliche Neuregelung der Bildung von Betriebsräten erleichtert, wenn dies im Hinblick auf die Struktur des Unternehmens erforderlich ist. Die maßgeblichen Entscheidungen im Unternehmen der Antragsgegnerin werden auf der Ebene der Regionen getroffen. Es ist deshalb sachgerecht, als Äquivalent auch den Betriebsrat auf dieser Ebene zu installieren. Es liegt im Rahmen des Beurteilungsermessens der Tarifvertragsparteien, wenn sie davon ausgegangen sind, dass die gewählte tarifliche Regelung der Wahrnehmung der Interessen der Arbeitnehmer dienlicher ist als die Bildung von 385 einzelnen Betriebsräten, die von den Entscheidungsstrukturen der Antragsgegnerin regelmäßig abgekoppelt sein dürften."

Dem haben sich die übrigen Landesarbeitsgerichte in den oben genannten Entscheidungen angeschlossen. Auch die Beschwerdekammer folgt diesen Ausführungen im vollen Umfang.

b) Auch der Baumarkt in M1 wird von den Bestimmungen des ZuordnungsTV 1999 erfasst.

Zwar gelten die Bestimmungen des ZuordnungsTV 1999 nach § 1 für "alle als Betriebsteile und Nebenbetriebe anzusehende Betriebsstätten." Ob der Baumarkt M1 insoweit als Betriebsteil im Sinne des § 4 Abs. 1 BetrVG anzusehen ist, kann dahinstehen, weil § 3 Abs. 1 Nr. 1 b BetrVG n.F. darüber hinaus die Zusammenfassung von Betrieben zu betriebsverfassungsrechtlichen Organisationseinheiten erlaubt. Insoweit findet § 4 BetrVG keine Anwendung mehr (Däubler/Kittner/Klebe/Trümmner, BetrVG, 11. Aufl., § 4 Rn. 55).

Darüber hinaus haben sich auch spätestens zum 01.09.2007 die Organisationsstrukturen im Baumarkt M1 entscheidend dahingehend verändert, dass von einer Eigenständigkeit des Baumarktes M1 nicht mehr die Rede sein kann. Die Personalverantwortung wurde auf die zentrale Personalabteilung in K1 übertragen. Dem Marktleiter des Baumarktes M1 wurden insbesondere in den Bereichen der personellen und sozialen Mitbestimmung Entscheidungsbefugnisse entzogen. Dass er weiterhin organisatorische Handlungsbefugnisse hat, steht der Übertragung von Personal- und Leitungsmacht auf die Personalabteilung der Region in K1 nicht entgegen.

c) Nachdem bereits zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs am 01.09.2007 bei der Arbeitgeberin der Regionalbetriebsrat Nord gebildet war, und der Baumarkt M1 in die Region Nord eingegliedert wurde, steht dem Betriebsrat des Baumarktes M1 seit diesem Zeitpunkt kein Mandat mehr zu. Der Baumarkt M1 ist in dem neu gebildeten Betrieb Region Nord der Arbeitgeberin aufgegangen. Der Betriebsrat des aufnehmenden Betriebes repräsentiert die Arbeitnehmer des aufgenommenen Betriebes. Das Amt des Betriebsrats des aufgenommenen Betriebsrats ist erloschen (BAG, 24.01.2001 - 4 ABR 4/2000 - AP BetrVG 1972 § 3 Nr. 1; Fitting/Engels/Schmidt/Trebinger/Linsenmaier, BetrVG, 24. Aufl., § 3 Rn. 52 und § 1 Rn. 136).

Dem steht auch § 3 Abs. 4 BetrVG n.F. nicht entgegen. Diese Regelung betrifft nur den Zeitpunkt des erstmaligen Inkrafttretens eines ZuordnungsTV. Wird ein Betrieb dagegen erst während der Laufzeit eines ZuordnungsTV von dessen Geltungsbereich erfasst, so endet die Amtszeit des für diesen Betrieb gewählten Betriebsrat mit der Geltung des ZuordnungsTV (BAG, 24.01.2001 - a.a.O.).

2. Das Amt des antragstellenden Betriebsrats hat - selbst wenn den obigen Ausführungen nicht gefolgt werden sollte - spätestens mit der Bekanntgabe des Ergebnisses der Neuwahl des Regionalbetriebsrats Nord am 13.06.2008 geendet.

Nach den §§ 21 Abs. 5, 13 Abs. 2 BetrVG endet die Amtszeit eines Betriebsrats, wenn außerhalb der regelmäßigen Betriebsratswahl ein neuer Betriebsrat gewählt wird, mit der Bekanntgabe des Wahlergebnisses. Da das Ergebnis der Wahl des Regionalbetriebsrats Nord, an der auch die Beschäftigten des Baumarktes M1 teilgenommen haben, am 13.06.2008 bekannt gegeben wurde, endete spätestens zu diesem Zeitpunkt die Amtszeit des Betriebsrats des Baumarktes M1.

Anhaltspunkte dafür, dass die Wahl des Regionalbetriebsrats Nord nichtig gewesen ist, sind nicht vorgetragen worden. Die Wahl war auch nicht wegen Unwirksamkeit des ZuordnungsTV 1999 nichtig.

Eine Anfechtung der Wahl des Regionalbetriebsrats ist nicht erfolgt. Damit ist der Regionalbetriebsrat Nord spätestens mit Wirkung zum 13.06.2008 die wirksam gewählte Betriebsinteressenvertretung auch der Mitarbeiter des Baumarktes M1.

III.

Für die Zulassung der Rechtsbeschwerde zum Bundesarbeitsgericht nach den §§ 92 Abs. 1, 72 Abs. 2 ArbGG bestand keine Veranlassung.

Ende der Entscheidung

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