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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Beschluss verkündet am 10.09.2007
Aktenzeichen: 10 TaBV 85/07
Rechtsgebiete: ArbGG, BetrVG


Vorschriften:

ArbGG § 98
BetrVG § 76
BetrVG § 87 Abs. 1 Nr. 2
BetrVG § 87 Abs. 1 Nr. 3
BetrVG § 87 Abs. 1 Nr. 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Beschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Paderborn vom 17.07.2007 - 1 BV 31/07 - wird zurückgewiesen.

Gründe:

A

Die Beteiligten streiten um die Einrichtung einer Einigungsstelle.

Die antragstellende Arbeitgeberin führt einen Produktionsbetrieb für Kunststoffteile mit ca. 120 Mitarbeitern. Im Betrieb der Arbeitgeberin ist ein Betriebsrat gebildet.

Die Arbeitgeberin beabsichtigte seit längerer Zeit, die in ihrem Betrieb geltenden Arbeitszeiten zu ändern. Zu diesem Zweck fanden in der Vergangenheit mehrere Gespräche zwischen den Beteiligten statt, die aber nicht zu einem Ergebnis führten. Die Arbeitgeberin schloss darauf mit zahlreichen Mitarbeitern individualrechtliche Änderungsverträge mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 42,5 Stunden ab.

Nachdem die Gespräche zwischen den Beteiligten über die Verteilung der wöchentlichen Arbeitszeit ergebnislos geblieben waren, begehrte der Betriebsrat die Einrichtung einer Einigungsstelle zwecks Regelung der Arbeitszeiten.

Durch Beschluss des Arbeitsgerichts Paderborn vom 06.02.2007 - 1 BV 5/07 - wurde daraufhin eine Einigungsstelle zum Thema "Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen sowie Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage" eingerichtet (Bl. 22 ff.d.A.).

Die Einigungsstelle tagte am 17.04.2007 unter dem Vorsitz des Richters am Arbeitsgericht Hamm, Herrn Klaus G. Ob und mit welchem Inhalt anlässlich der Einigungsstellenverhandlung vom 17.04.2007 über eine weitergehende Flexibilisierung der Arbeitszeit im Betrieb der Arbeitgeberin gesprochen worden ist, ist zwischen den Beteiligten streitig. Aufgrund der Sitzung der Einigungsstelle vom 17.04.2007 wurde ein Spruch gefällt und eine "Betriebsvereinbarung Arbeitszeit 42,5-Stunden" und eine "Betriebsvereinbarung Arbeitszeit 40-Stunden" in Kraft gesetzt. Auf das Protokoll der Sitzung der Einigungsstelle vom 17.04.2007 (Bl. 27 ff.d.A.) wird Bezug genommen.

Die Arbeitgeberin beabsichtigte daraufhin in der Folgezeit, über die Betriebsvereinbarungen vom 17.04.2007 hinaus zu einer weiteren flexibleren Arbeitszeit in ihrem Betrieb zu gelangen. Zu diesem Zweck fanden weitere Verhandlungen mit dem Betriebsrat statt. Im Rahmen dieser Verhandlungen äußerte der Betriebsrat die Auffassung, dass die Frage der Flexibilisierung der Arbeitszeit in den Betriebsvereinbarungen vom 17.04.2007 bereits geregelt sei.

Mit dem am 03.07.2007 beim Arbeitsgericht eingeleiteten Beschlussverfahren begehrte die Arbeitgeberin daraufhin die Einrichtung einer Einigungsstelle unter dem Vorsitz des Richters am Arbeitsgericht Hamm, Herrn Klaus G, mit dem Regelungsgegenstand "Flexibilisierung der Arbeitszeit".

Die Arbeitgeberin hat die Auffassung vertreten, die einzurichtende Einigungsstelle sei nicht offensichtlich unzuständig. Eine flexiblere Arbeitszeit für alle Mitarbeiter im Betrieb sei bislang nicht geregelt, auch nicht in den Betriebsvereinbarungen vom 17.04.2007. Lediglich mit einzelnen Mitarbeitern habe man Änderungsverträge mit dem Inhalt der gewünschten Arbeitszeit abgeschlossen (Bl. 4 d.A.). Die Verhandlungen mit dem Betriebsrat seien erfolglos geblieben. Im Rahmen der Verhandlungen habe der Betriebsrat, so hat die Arbeitgeberin behauptet, sich geweigert, den Regelungsgegenstand einer eingerichteten Einigungsstelle auch auf die Flexibilisierung der Arbeitszeit zu erstrecken. Auch im Rahmen der Verhandlungen zur Regelung der Verteilung der Arbeitszeiten und Pausen habe der damalige Einigungsstellenvorsitzende, Herr G, erklärt, die Flexibilisierung der Arbeitszeit sei nicht Thema der eingesetzten Einigungsstelle. Der Betriebsrat habe im Rahmen dieser Verhandlungen darauf Wert gelegt, dass die Vergütung für Mehrarbeit zum Monatsende ausgezahlt werde.

Zum Einigungsstellenvorsitzenden solle wiederum der Richter am Arbeitsgericht Herr G bestellt werden. Dieser habe bereits mehrere Einigungsstellen bei der Arbeitgeberin geleitet und sei mit den Gegebenheiten im Betrieb vertraut.

Die Arbeitgeberin hat beantragt,

1. Herrn Richter am Arbeitsgericht Hamm Klaus G zum Vorsitzenden einer Einigungsstelle Flexibilisierung der Arbeitszeit zu bestellen,

2. die Zahl der Beisitzer für jede Seite auf zwei zu bestimmen.

Der Betriebsrat hat beantragt,

1. die Anträge zurückzuweisen,

2. hilfsweise Herrn Hans-Dieter K, Richter beim Bundesarbeitsgericht, zum Vorsitzenden einer Einigungsstelle bei der Arbeitgeberin zum Thema "Flexibilisierung der Arbeitszeit" zu bestellen und die Zahl der Beisitzer auf drei festzusetzen.

Der Betriebsrat hat die Auffassung vertreten, die Einigungsstelle sei offensichtlich unzuständig. Die Frage der Flexibilisierung der Arbeitszeit sei bereits durch Spruch der Einigungsstelle vom 17.04.2007 geregelt. In der Einigungsstelle, die durch das Beschlussverfahren 1 BV 5/07 eingesetzt worden sei, habe man sich eingehend über die Thematik des Beginns und des Endes der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen sowie der Verteilung der Arbeitszeiten auf die einzelnen Wochentage abschließend auseinandergesetzt.

Die Arbeitgeberin habe sich mehrfach mit Vorschlägen zur Flexibilisierung der Arbeitszeit an den Betriebsrat gewandt. Diese Vorschläge habe man immer abgelehnt, weil die Angelegenheit durch den Spruch der Einigungsstelle geregelt sei. Auch die Geschäftsleitung habe, so hat der Betriebsrat behauptet, im Einigungsstellenverfahren eine Flexibilisierung nicht mehr gewünscht.

Im Übrigen habe die Arbeitgeberin auch keinen Entwurf einer abzuschließenden Betriebsvereinbarung über flexible Arbeitszeiten vorgelegt.

Hilfsweise sei zum Vorsitzenden einer einzurichtenden Einigungsstelle der Richter am Bundesarbeitsgericht K einzusetzen. Die Zahl der Beisitzer sei auf drei zu bestimmen.

Durch Beschluss vom 17.07.2007 hat das Arbeitsgericht den Anträgen der Arbeitgeberin stattgegeben und den Hilfsantrag des Betriebsrats zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die einzurichtende Einigungsstelle sei nicht offensichtlich unzuständig, weil Fragen der Flexibilisierung der Arbeitszeit in der Betriebsvereinbarung vom 17.04.2007 nicht geregelt seien. Gegenstand der Betriebsvereinbarungen seien lediglich der Beginn und das Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen sowie die Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage. Dass die Arbeitgeberin auf eine weitergehende Flexibilisierung der Arbeitszeit verzichtet habe, sei nicht ersichtlich. Zum Vorsitzenden der Einigungsstelle sei der Richter am Arbeitsgericht G bestellt worden. Dieser habe nämlich bereits mehrere Einigungsstellen bei der Arbeitgeberin geleitet. Der vom Betriebsrat hilfsweise vorgeschlagene Richter am Bundesarbeitsgericht K kenne den Betrieb der Arbeitgeberin hingegen nicht. Die Zahl der Beisitzer sei auf zwei je Seite festzusetzen gewesen.

Gegen den dem Betriebsrat am 25.07.2007 zugestellten Beschluss, auf dessen Gründe ergänzend Bezug genommen wird, hat der Betriebsrat am 07.08.2007 Beschwerde zum Landesarbeitsgericht eingelegt und diese zugleich begründet.

Der Betriebsrat ist nach wie vor der Auffassung, dass die begehrte Einigungsstelle offensichtlich unzuständig sei. Die Arbeitgeberin erstrebe nunmehr eine neue Regelung über flexible Arbeitszeiten, diese Regelung betreffe ebenfalls den Beginn und das Ende der täglichen Arbeitszeit sowie die Verteilung der Arbeitszeit auf die Wochentage. Eine derartige Regelung sei jedoch durch Spruch der Einigungsstelle vom 17.04.2007 zustande gekommen.

Die Arbeitgeberin habe bislang auch nicht dargelegt, wie die von ihr erstrebte Regelung über flexible Arbeitszeiten aussehen solle. Insoweit habe die Arbeitgeberin lediglich individualrechtliche Regelungen vorgelegt, die nach Auffassung des Betriebsrats ohnehin nicht wirksam zustande gekommen seien. Beginn und Ende der Arbeitszeit seien abschließend geregelt. Die durch Spruch der Einigungsstelle zustande gekommenen Betriebsvereinbarungen seien erstmals zum 31.12.2008 kündbar. Da eine ungekündigte Regelung über die täglichen Arbeitszeiten einschließlich der Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage vorliege, bleibe für ein Flexibilisierungsverlangen der Arbeitgeberin kein Raum.

Auch der Hilfsantrag des Betriebsrats bleibe aufrechterhalten. Auch wenn die Fachkompetenz und grundsätzliche Unabhängigkeit des Richters am Arbeitsgericht G nicht in Frage gestellt werde, sei es angesichts der Tatsache, dass Vorgänge in dem vorangegangenen Einigungsstellenverfahren möglicherweise für die Entscheidung in dem von der Arbeitgeberin begehrten Einigungsstellenverfahren von Bedeutung sein könnten, sicherlich die bessere Lösung, den Vorsitz der einzurichtenden Einigungsstelle einem Richter zu übertragen, der an dem Vorverfahren nicht unmittelbar beteiligt gewesen sei.

Im Übrigen seien drei Beisitzer auf jeder Seite erforderlich. Bei der Flexibilisierung einer Arbeitszeit stellten sich schwierige rechtliche Fragen, die die Besetzung mit drei Beisitzern rechtfertigten.

Der Betriebsrat beantragt,

den Beschluss des Arbeitsgerichts Paderborn vom 17.07.2007 - 1 BV 31/07 - abzuändern und die Anträge der Arbeitgeberin zurückzuweisen,

hilfsweise Herrn Hans-Dieter K, Richter beim Bundesarbeitsgericht, zum Vorsitzenden einer Einigungsstelle bei der Arbeitgeberin zum Thema "Flexibilisierung der Arbeitszeit" zu bestellen und die Zahl der Beisitzer auf drei festzusetzen.

Die Arbeitgeberin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie verteidigt den angefochtenen Beschluss und ist der Auffassung, dass die einzurichtende Einigungsstelle nicht offensichtlich unzuständig sei. Eine Unzuständigkeit der Einigungsstelle ergebe sich insbesondere nicht daraus, dass die durch Spruch der Einigungsstelle vom 17.04.2007 zustande gekommenen Betriebsvereinbarungen Fragen der Flexibilisierung der Arbeitszeit bereits regelten. Im Spruch der Einigungsstelle vom 17.04.2007 sei lediglich Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit sowie die Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage im Rahmen eines Schichtsystems festgelegt worden. Ob und inwieweit Mehrarbeit angeordnet und die unter Beachtung des Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG angeordnete Mehrarbeit in ein Arbeitszeitkonto eingestellt werden könne, sei nicht geregelt. Ebenso wenig sei geregelt, ob eine durchgeführte Verkürzung der Arbeitszeit zu Minusstunden in einem Arbeitszeitkonto führen könne. In dem Einigungsstellenverfahren, das zum Spruch vom 17.04.2007 geführt habe, sei es lediglich darum gegangen, wie die regelmäßige Arbeitszeit von 40 bzw. 42,5 Stunden innerhalb eines Sichtsystems zu verteilen sei.

Unzutreffend sei es auch, dass der damalige Verfahrensbevollmächtigte des Betriebsrats im Rahmen der Einigungsstellenverhandlungen gefragt habe, ob eine Arbeitszeitflexibilisierung von der Arbeitgeberin nicht mehr gewünscht werde und dies verneint worden sei. Lediglich am Rande der Einigungsstellenverhandlungen sei darüber gesprochen worden, was mit etwaiger Mehrarbeit geschehen solle. Der damalige Einigungsstellenvorsitzende habe geäußert, dass die Frage der Flexibilisierung der Arbeitszeit in der Einigungsstelle nicht weiter zu verhandeln sei, weil sie vom Regelungsgegenstand nicht umfasst werde.

Zu Recht habe das Arbeitsgericht auch den Richter am Arbeitsgericht G zum Vorsitzenden der Einigungsstelle bestellt und die Zahl der Beisitzer auf zwei festgesetzt. Herr G könne am besten beurteilen, worüber in der vorangegangenen Einigungsstelle verhandelt worden sei.

Im Übrigen wird auf den weiteren Inhalt der von den Beteiligten gewechselten Schriftsätze ergänzend Bezug genommen.

B

Die zulässige Beschwerde des Betriebsrats ist unbegründet.

Zu Recht hat das Arbeitsgericht den Anträgen der Arbeitgeberin stattgegeben und den Hilfsantrag des Betriebsrats abgewiesen.

I.

Die Anträge der Arbeitgeberin sind zulässig.

1. Das gewählte Beschlussverfahren ist nach den §§ 2 a, 80 Abs. 1 ArbGG die richtige Verfahrensart, da zwischen den Beteiligten eine betriebsverfassungsrechtliche Angelegenheit, nämlich die Einrichtung einer Einigungsstelle nach den §§ 76 BetrVG, 98 ArbGG streitig ist.

2. Die Antragsbefugnis der Arbeitgeberin und die Beteiligung des Betriebsrats ergeben sich aus den §§ 10, 80, 83 Abs. 3 ArbGG.

II.

Die Beschwerde des Betriebsrats ist unbegründet.

Zu Recht hat das Arbeitsgericht den Anträgen der Arbeitgeberin auf Einrichtung der begehrten Einigungsstelle stattgegeben.

1. Gemäß § 98 Abs. 1 Satz 1 ArbGG kann ein Antrag auf Bestellung eines Einigungsstellenvorsitzenden und auf Festsetzung der Zahl der Beisitzer wegen fehlender Zuständigkeit der Einigungsstelle nur dann zurückgewiesen werden, wenn die Einigungsstelle offensichtlich unzuständig ist. Offensichtlich unzuständig ist die Einigungsstelle, wenn bei fachkundiger Beurteilung durch das Gericht sofort erkennbar ist, dass ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats in der fraglichen Angelegenheit unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt in Frage kommt und sich die beizulegende Streitigkeit zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat erkennbar nicht unter einen mitbestimmungspflichtigen Tatbestand des Betriebsverfassungsgesetzes subsumieren lässt (vgl. statt aller: LAG Hamm, Beschluss vom 07.07.2003 - NZA-RR 2003, 637; LAG Köln, Beschluss vom 14.01.2004 - AP BetrVG 1972 § 106 Nr. 18; LAG Hamm, Beschluss vom 09.08.2004 - AP ArbGG 1979 § 98 Nr. 14 = LAGE ArbGG 1979 § 98 Nr. 41 m.w.N.).

2. Eine offensichtliche Unzuständigkeit der begehrten Einigungsstelle in diesem Sinne liegt auch nach Auffassung der Beschwerdekammer nicht vor.

a) Zwischen den Beteiligten ist ein mitbestimmungspflichtiger Tatbestand des Betriebsverfassungsgesetzes im Streit. Bei der von der Arbeitgeberin erstrebten Regelung über flexible Arbeitszeiten hat der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG.

Die Einführung und Ausgestaltung einer sogenannten gleitenden Arbeitszeit oder einer flexiblen Arbeitszeit für Arbeitnehmer unterliegt dem Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 2, 3 BetrVG (BAG, Beschluss vom 18.04.1989 - AP BetrVG 1972 § 87 Arbeitszeit Nr. 33; Fitting/Engels/Schmidt/Trebinger/Linsenmaier, BetrVG, 23. Aufl., § 87 Rz. 115, 115 a, 126; GK/Wiese, BetrVG, 8. Aufl., § 87 Rz. 334 f.; Däubler/Kittner/Klebe, BetrVG, 10. Aufl., § 87 Rz. 80 m.w.N.). Der Mitbestimmung unterliegen auch die erforderlichen Einzelheiten eines derartigen Systems flexibler Arbeitszeit. Hierzu gehört unter anderem auch der Zeitraum, innerhalb dessen Zeitrückstände oder Zeitguthaben ausgeglichen werden müssen. Für Gleitzeitguthaben bzw. Gleitzeitsalden muss verbindlich eine Höchstgrenze festgelegt werden. Der Mitbestimmung unterliegt auch, wie der Ausgleich zu erfolgen hat und ob, wann und unter welchen Umständen Gleitzeitguthaben bzw. Minusstunden auszuzahlen sind und/oder verfallen. Derartige Regelungen unterliegen der Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG (BAG, Beschluss vom 22.07.2003 - AP BetrVG 1972 § 87 Arbeitszeit Nr. 108).

Auch die vorübergehende Veränderung - Verlängerung oder Verkürzung - der betriebsüblichen Arbeitszeit ist mitbestimmungspflichtig. Eine derartige vorübergehende Veränderung der betriebsüblichen Arbeitszeit liegt vor, wenn es sich um eine Abweichung von dem für einen bestimmten Wochentag regulär festgelegten Zeitvolumen mit anschließender Rückkehr zur betriebsüblichen Dauer der Arbeitszeit handelt (BAG, Beschluss vom 03.05.2006 - AP BetrVG 1972 § 87 Arbeitszeit Nr. 119). Dies gilt selbst dann, wenn die Höhe der Vergütung zunächst unverändert bleibt. Eine Änderung der betriebsüblichen Arbeitszeit im Sinne des § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG setzt nämlich nicht voraus, dass sich zugleich auch die Vergütung ändert.

Mitbestimmungspflichtig sind schließlich auch Rahmenvereinbarungen zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat über die vorübergehende Verkürzung oder Verlängerung der Arbeitszeit nach § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG (BAG, Beschluss vom 03.06.2003 - AP BetrVG 1972 § 77 Tarifvorbehalt Nr. 19; Fitting, a.a.O., § 87 Rz. 147; DKK/Klebe, a.a.O., § 87 Rz. 100). Auch eine Regelung in einer Betriebsvereinbarung, wonach ein über die regelmäßige tarifliche Wochenarbeitszeit hinausgehendes Zeitguthaben erst am Ende eines einjährigen Verteilungszeitraumes vergütet wird, ist mitbestimmungspflichtig, sie wird vom Mitbestimmungstatbestand des § 87 Abs. 1 Nr. 4 BetrVG erfasst (BAG, Urteil vom 15.01.2002 - NZA 2002, 1112).

Die Arbeitgeberin hat spätestens in der Beschwerdeinstanz klargestellt, welcher Regelungsgegenstand in der Einigungsstelle verhandelt werden soll. Nach ihrem Vorbringen soll nämlich geregelt werden, ob etwaige Mehrarbeit, die unter Beachtung des Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG angeordnet worden ist, in ein Arbeitszeitkonto eingestellt werden kann oder nicht. Ebenfalls soll geregelt werden, ob eine mitbestimmte Verkürzung der Arbeitszeit zu Minusstunden in einem Arbeitszeitkonto führen kann. Diese Fragen sind nach § 87 Abs. 1 Nr. 3, 4 BetrVG mitbestimmungspflichtig. Dass der Regelungsgegenstand der einzurichtenden Einigungsstelle lediglich mit "Flexibilisierung der Arbeitszeit" überschrieben ist, ist angesichts der Konkretisierung durch die Arbeitgeberin zu Protokoll der Sitzung der Beschwerdekammer vom 10.09.2007 unerheblich.

Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats ist nicht durch die Regelungen in den durch Spruch der Einigungsstelle vom 17.04.2007 zustande gekommenen Betriebsvereinbarungen verbraucht. Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats zu den streitigen Fragen ist vom Betriebsrat nicht bereits ausgeübt worden. Die Betriebsvereinbarungen vom 17.04.2007 regeln nämlich lediglich den Beginn und das Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen sowie die Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage. In diesen Betriebsvereinbarungen ist lediglich festgelegt, wie die regelmäßige Arbeitszeit von 40 bzw. 42,5 Stunden innerhalb eines Schichtsystems zu verteilen ist. Flexible Arbeitszeitregelungen waren gerade nicht Gegenstand der eingesetzten Einigungsstelle. Die Betriebsvereinbarungen vom 17.04.2007 enthalten keine abschließende Regelung für den Einsatz und die Anwendung von flexiblen Arbeitszeitregelungen, insbesondere hinsichtlich etwaiger Mehrarbeit. Regelungsgegenstand der einzusetzenden Einigungsstelle ist vielmehr, ob die unter Beachtung des Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG angeordnete Mehrarbeit oder Minderarbeit in ein Arbeitszeitkonto eingestellt werden kann. Auch wenn der Regelungsgegenstand der einzurichtenden Einigungsstelle im Antrag der Arbeitgeberin mit "Flexibilisierung der Arbeitszeit" bezeichnet worden ist, hat die Arbeitgeberin diesen Regelungsgegenstand spätestens zu Protokoll der Sitzung der Beschwerdekammer vom 10.09.2007 konkretisiert. Dieser konkretisierte Regelungsgegenstand ist nicht in dem durch Spruch der Einigungsstelle vom 17.04.2007 zustande gekommenen Betriebsvereinbarungen enthalten.

3. Zum Vorsitzenden der Einigungsstelle hat das Arbeitsgericht zu Recht auch auf Antrag der Arbeitgeberin den Richter am Arbeitsgericht G bestellt. Den Hilfsantrag des Betriebsrats hat das Arbeitsgericht zu Recht abgewiesen. Der Umstand, dass der Betriebsrat den Vorschlag der Arbeitgeberin abgelehnt hat, nötigte auch die Beschwerdekammer nicht dazu, einen anderen Vorsitzenden zu bestellen.

Das Betriebsverfassungsgesetz normiert keine besonderen Voraussetzungen für das Amt des Einigungsstellenvorsitzenden. Bei dem Einigungsstellenvorsitzenden muss es sich lediglich um eine Person handeln, die die Voraussetzungen des § 98 Abs. 1 Satz 4 ArbGG (Inkompatibilität) und des § 76 Abs. 2 Satz 1 BetrVG (Unparteilichkeit) erfüllt. Als weitere ungeschriebene Voraussetzungen müssen die notwendige Sach- und Rechtskunde hinzutreten. Das Vorliegen dieser Voraussetzungen kann auch vom Betriebsrat bei dem Richter am Arbeitsgericht G nicht in Frage gestellt werden. Bei dem bestellten Vorsitzenden handelt es sich um einen fachkundigen und fähigen Richter der Arbeitsgerichtsbarkeit, der auch über zahlreiche Erfahrungen als Einigungsstellenvorsitzender verfügt. Auch im Betrieb der Arbeitgeberin ist der Richter am Arbeitsgericht G bereits als Einigungsstellenvorsitzender tätig geworden. Die bloße Ablehnung des bestellten Vorsitzenden durch den Betriebsrat ohne Mitteilung nachvollziehbarer Gründe ist insoweit unzureichend (LAG Frankfurt, Beschluss vom 23.06.1988 - LAGE ArbGG 1969 § 98 Nr. 12; LAG Bremen, Beschluss vom 01.07.1988 - AiB 1988, 315; LAG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 22.06.1989 - LAGE ArbGG 1979 § 98 Nr. 17; LAG Nürnberg, Beschluss vom 02.07.2004 - NZA-RR 2005, 100; Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-Glöge, ArbGG, 5. Aufl., § 98 Rz. 25; ErfK/Eisemann, 7. Aufl., § 98 ArbGG Rz. 5 m.w.N.).

Auch der Betriebsrat stellt die Fachkompetenz und grundsätzliche Unabhängigkeit des Richters am Arbeitsgericht G im vorliegenden Verfahren nicht in Frage. Soweit er mit dem Hilfsantrag jedoch die Besetzung des Vorsitzenden der Einigungsstelle mit dem Richter am Bundesarbeitsgericht K erstrebt, sind nachvollziehbare Gründe gegen die Besetzung der Einigungsstelle mit dem Richter am Arbeitsgericht G nicht vorgetragen worden. Gerade weil der von der Arbeitgeberin vorgeschlagene Einigungsstellenvorsitzende bereits mehrfach eine Einigungsstelle im Unternehmen der Arbeitgeberin geleitet hat, erscheint er auch zur Leitung der Einigungsstelle im vorliegenden Verfahren besonders geeignet. Dass der Einigungsstellenvorsitzende über Vorfragen entscheiden muss, die die Auslegung der durch Einigungsstellenspruch zustande gekommenen Betriebsvereinbarungen vom 17.04.2007 betreffen, macht dem Richter am Arbeitsgericht G zur Leitung der Einigungsstelle im vorliegenden Verfahren nicht ungeeignet. Dass der Richter am Arbeitsgericht G in irgendeiner Weise voreingenommen wäre, trägt auch der Betriebsrat nicht substantiiert vor.

4. Die Zahl der Beisitzer der Einigungsstelle hat das Arbeitsgericht zu Recht mit zwei für jede Seite festgelegt. Diese Besetzung entspricht der Regelbesetzung einer Einigungsstelle (LAG Hamm, Beschluss vom 08.04.1987 - NZA 1988, 210; LAG München, Beschluss vom 15.07.1991 - NZA 1992, 185; LAG Frankfurt, Beschluss vom 29.09.1992 - NZA 1993, 1008; LAG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 04.02.1997 - DB 1997, 832; LAG Hamm, Beschluss vom 09.08.2004 - AP ArbGG 1979 § 98 Nr. 14 m.w.N.). Allein der Umstand, dass sich in der Einigungsstelle schwierige rechtliche Fragen stellten, rechtfertigt nicht die Besetzung mit drei Beisitzern.

Ende der Entscheidung

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