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Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Beschluss verkündet am 22.08.2005
Aktenzeichen: 10 TaBV 94/05
Rechtsgebiete: RVG, BetrVG


Vorschriften:

RVG § 23 Abs. 3 S. 2
RVG § 33 Abs. 3
BetrVG § 99 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Beschwerde der Arbeitgeberin wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Dortmund vom 27.04.2005 - 3 BV 197/04 - unter Zurückweisung der Beschwerde im Übrigen teilweise abgeändert.

Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit wird für das Verfahren im Allgemeinen bis zum 22.12.2004 auf 10.795,36 € und ab dem 23.12.2004 auf 8.991,98 € festgesetzt.

Gründe: I. Im Ausgangsverfahren hat die Arbeitgeberin die gerichtliche Ersetzung der vom Betriebsrat verweigerten Zustimmung zur Umgruppierung von zunächst acht, später sechs Arbeitnehmern verlangt, nachdem die Arbeitgeberin ihre Hefeproduktion an einen anderen Standort verlegt hatte und die Anforderungen an die Arbeitsplätze nach Auffassung der Arbeitgeberin geringer geworden seien. Dabei sollten die Mitarbeiter K1xxxxxxx und S3xxxxxx von der Lohngruppe 2 in die Lohngruppe 5 (monatlicher Differenzbetrag 204,60 €), die Mitarbeiter S4xx, M5xxxxxxxxx und B4xxxx von der Lohngruppe 3 in die Lohngruppe 5 (monatlicher Differenzbetrag 141,90 €), die Mitarbeiter C1xxxxx und B5xxx von der Lohngruppe 2 in die Lohngruppe 3 (monatlicher Differenzbetrag 62,70 €) und der Mitarbeiter W3xxxxx von der Lohngruppe 1 a in die Lohngruppe 3 (monatlicher Differenzbetrag 206,25 €) eingruppiert werden. Nachdem eine einvernehmliche Regelung hinsichtlich der Umgruppierung der Mitarbeiter M5xxxxxxxxx und B4xxxx gefunden worden war, hat das Arbeitsgericht durch Beschluss vom 20.01.2005 dem Hilfsantrag der Arbeitgeberin auf Ersetzung der Zustimmung zur Umgruppierung der Arbeitnehmer K1xxxxxxx, S3xxxxxx und S4xx in die Lohngruppe 5 sowie der Mitarbeiter C1xxxxx, B5xxx und W3xxxxx in die Lohngruppe 3 des einschlägigen Lohntarifvertrags vom 16.07.2003 ersetzt. Der Beschluss vom 20.01.2005 wurde rechtskräftig. Auf Antrag der Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats hat das Arbeitsgericht durch Beschluss vom 27.04.2005 den Gegenstandswert für das Verfahren im Allgemeinen bis zum 22.12.2004 auf 16.002,36 € und ab dem 23.12.2004 auf 14.505,48 € festgesetzt. Auf die Gründe des Beschlusses vom 27.04.2004 wird Bezug genommen. Gegen diesen der Arbeitgeberin am 25.05.2005 zugestellten Beschluss des Arbeitsgerichts vom 27.04.2005 richtet sich die am 03.06.2005 beim Landesarbeitsgericht eingegangene Beschwerde, auf dessen Begründung im Einzelnen Bezug genommen wird. II. Die zulässige Beschwerde der Arbeitgeberin ist nur teilweise begründet. Der angefochtene Beschluss war abzuändern, der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit war für das Verfahren im Allgemeinen bis zum 22.12.2004 auf 10.795,36 € und für das Verfahren ab dem 23.12.2004 auf 8.991,98 € festzusetzen. 1. Die Beschwerde der Arbeitgeberin vom 03.06.2005 ist zulässig. Die Arbeitgeberin hat rechtzeitig innerhalb der zweiwöchigen Beschwerdefrist des § 33 Abs. 3 Satz 3 RVG Beschwerde eingelegt. Nach Zustellung des erstinstanzlichen Beschlusses am 25.05.2005 ist die Beschwerde am 03.06.2005 beim Landesarbeitsgericht eingegangen. Der Beschwerdewert von 200,00 € gemäß § 33 Abs. 3 Satz 1 RVG ist erreicht, weil die Arbeitgeberin statt eines Gegenstandswerts von 16.002,36 € bzw. 14.505,48 € einen Wert von 8.661,72 € bzw. 7.086,86 € festgesetzt wissen will. Die Gebührendifferenz beträgt je nach Gegenstandswert mehr als 200,00 €. Von einer Vorlage zur Prüfung einer Abhilfeentscheidung durch das Arbeitsgericht nach § 33 Abs. 4 Satz 1 RVG hat die Beschwerdekammer abgesehen, nachdem die Arbeitgeberin Beschwerde direkt beim Beschwerdegericht eingelegt hat (OLG Frankfurt, Beschluss vom 24.05.2002 - MDR 2002, 1391; LAG Berlin, Beschluss vom 13.10.2003 - 6 Ta 1968/03 -; LAG Hamm, Beschluss vom 16.09.2004 - 10 TaBV 65/04 - ). Die ordnungsgemäße Durchführung des Abhilfeverfahrens ist keine Verfahrensvoraussetzung für das Beschwerdeverfahren (OLG Stuttgart, Beschluss vom 27.08.2002 - MDR 2003, 110; Zöller/Gummer, ZPO, 24. Aufl., § 572 Rz. 4). 2. Die Wertfestsetzung richtet sich vorliegend nach § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG (früher: § 8 Abs. 2 BRAGO). Hiernach ist der Gegenstandswert in Fällen der vorliegenden Art nach billigem Ermessen zu bestimmen. Die Wertfestsetzung nach billigem Ermessen kommt auch im Anwendungsbereich des § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG erst hinter allen sonstigen Bewertungsfaktoren zum Zuge. Wo ein objektiver Wert festgestellt werden kann, kommt es in erster Linie auf die Feststellung dieses Wertes an. Für das arbeitsgerichtliche Beschlussverfahren folgt hieraus, dass die wirtschaftliche Bedeutung des jeweiligen Streitgegenstands vielfach im Vordergrund stehen muss (LAG Hamm, Beschluss vom 24.11.1994 - LAGE BRAGO § 8 Nr. 27; LAG Hamm, Beschluss vom 12.06.2001 - LAGE BRAGO § 8 Nr. 50; Wenzel, GK-ArbGG, § 12 Rz. 194, 441 ff. m.w.N.). a) Die wirtschaftliche Bedeutung der Angelegenheit rechtfertigt es, in Beschlussverfahren nach § 99 BetrVG, in denen es um die Einstellung, Umgruppierung oder Versetzung von Arbeitnehmern geht, sich an dem Streitwertrahmen des § 42 Abs. 4 GKG (früher: § 12 Abs. 7 ArbGG) zu orientieren. Folgerichtig ist bei der Wertfestsetzung in betriebsverfassungsrechtlichen Streitigkeiten nach den §§ 99 ff. BetrVG vielfach auf die Bewertung einer entsprechenden Klage im Urteilsverfahren, also auf § 12 Abs. 7 ArbGG (heute: § 42 Abs. 4 GKG) zurückgegriffen worden (LAG Hamm, Beschluss vom 18.04.1995 - LAGE ZPO § 3 Nr. 3; LAG Hamm, Beschluss vom 19.03.1987 - LAGE ArbGG 1979 § 12 Streitwert Nr. 70; LAG Hamm, Beschluss vom 23.02.1989 - LAGE BRAGO § 8 Nr. 12; Wenzel, a.a.O., § 12 Rz. 482 m.w.N.). Von dieser Rechtsprechung, der auch die derzeit zuständigen Beschwerdekammern des erkennenden Gerichts gefolgt sind (LAG Hamm, Beschluss vom 04.06.2003 - 10 TaBV 53/03 -; LAG Hamm, Beschluss vom 17.11.2004 - 10 TaBV 106/04 -; LAG Hamm, Beschluss vom 22.02.2005 - 13 TaBV 119/04 -; LAG Hamm, Beschluss vom 25.04.2005 - 13 TaBV 39/05 -) und an der sich durch die Übernahme des § 12 Abs. 7 ArbGG (alt) in § 42 Abs. 4 GKG (neu) zum 01.07.2004 nichts geändert hat, ist auch das Arbeitsgericht in dem angefochtenen Beschluss vom 27.04.2004 dem Grunde nach ausgegangen. b) Hiernach ist der Gegenstandswert in Verfahren, in denen über die Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats zur Eingruppierung oder Umgruppierung eines Arbeitnehmers gestritten wird, in Höhe des dreifachen Jahresbetrags der Entgeltdifferenz abzüglich 40 % (- 20 % und - 25 %) anzusetzen (LAG Hamm, Beschluss vom 18.04.1985 - LAGE ZPO § 3 Nr. 3; LAG Hamm, Beschluss vom 19.03.1987 - LAGE ArbGG 1979 § 12 Streitwert Nr. 70; LAG Hamm, Beschluss vom 23.02.1989 - LAGE BRAGO § 8 Nr. 12; zuletzt: LAG Hamm, Beschluss vom 02.02.2005 - 10 TaBV 154/04 -). An dieser Rechtsprechung ist festzuhalten. Neben einem 20%igen Abschlag, der für einen Feststellungsprozess gemacht wird, ist eine weitere Kürzung von 25 % wegen des Gesichtspunkts der verminderten Rechtskraftwirkung eines Beschlussverfahrens gerechtfertigt. Im rechnerischen Ergebnis handelt es sich insoweit um eine Kürzung um insgesamt 40 % (Wenzel, a.a.O., § 12 Rz. 482). c) Zutreffend ist auch der Ausgangspunkt des Arbeitsgerichts, wonach bei einem Streit über mehrere personellen Maßnahmen im Sinne des § 99 BetrVG Einzelwerte zu bilden und analog § 5 ZPO zusammenzurechnen sind (LAG Hamm, Beschluss vom 19.03.1987 - LAGE ArbGG 1979 § 12 Streitwert Nr. 70; Wenzel, a.a.O., § 12 Rz. 450, 485 f. m.w.N.). Allerdings ist eine Herabsetzung des sich so ergebenden Wertes regelmäßig dann geboten, wenn - wie im vorliegenden Fall - mehrere personelle Einzelmaßnahmen auf eine einheitliche unternehmerische Entscheidung zurückzuführen sind und die Einzelfälle keine Besonderheiten aufweisen. Die Bedeutung einer jeden einzelnen Maßnahme nimmt umso mehr ab, je mehr Arbeitnehmer von der Gesamtmaßnahme betroffen sind (LAG Berlin, Beschluss vom 18.03.2003 - LAGE BRAGO § 8 Nr. 13 = NZA-RR 2003, 437). Vor diesem Hintergrund ist es in Fällen der vorliegenden Art gerechtfertigt, in Anlehnung an die Staffelung der Arbeitnehmerzahlen in § 9 BetrVG den Wert jeder einzelnen personellen Maßnahme typisierend festzulegen, um auf diese Weise zu einer gleichförmigen und damit den Gleichbehandlungsgrundsatz wahrenden Rechtsanwendung zu gelangen. Nach der Rechtsprechung der zuständigen Beschwerdekammern des erkennenden Gerichts ist dabei die erste personelle Maßnahme mit dem vollen Wert und die weiteren Maßnahmen mit prozentualen Anteilen des Ausgangswerts nach folgender Staffel zu berücksichtigen: Maßnahmen 2 bis 20 = jeweils 25 % des Ausgangswerts; Maßnahmen 21 bis 50 = jeweils 12,5 % des Ausgangswerts; Maßnahmen 51 bis 100 = jeweils 10 % des Ausgangswerts etc. (LAG Hamm, Beschluss vom 14.02.2005 - 13 TaBV 100/04 -; LAG Hamm, Beschluss vom 22.02.2005 - 13 TaBV 119/04; LAG Hamm, Beschluss vom 28.04.2005 - 10 TaBV 45/05 -). 3. In Anwendung dieser Grundsätze ist das Arbeitsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass eine Herabsetzung des Ausgangswerts geboten ist, weil die von der Arbeitgeberin beabsichtigten Umgruppierungen auf eine einheitliche unternehmerische Entscheidung zurückzuführen waren. Die Arbeitgeberin hat nämlich ihre Hefeproduktion an einen anderen Standort verlegt. Die Folge dieser Verlagerung war, dass nach Auffassung der Arbeitgeberin die Anforderungen auf den verbliebenen Arbeitsplätzen geringer geworden sind. Die von der Arbeitgeberin beabsichtigten Umgruppierungen, zu denen der Betriebsrat seine Zustimmung nicht erteilt hatte, wiesen aber insoweit Besonderheiten auf, dass insgesamt fünf Arbeitnehmer in die Lohngruppe 5 und drei Arbeitnehmer in die Lohngruppe 3 des einschlägigen Lohntarifvertrags umgruppiert werden sollten. Dieser Umstand kann nicht unberücksichtigt bleiben. So sind im Ausgangsverfahren auch die zutreffenden Eingruppierungen in zwei verschiedene Lohngruppen, nämlich die Lohngruppe 5 und die Lohngruppe 3 des einschlägigen Lohntarifvertrags, überprüft worden. Die Lohngruppen 5 und 3 haben unterschiedliche Eingruppierungsvoraussetzungen, die im Ausgangsverfahren zu überprüfen waren. Demgegenüber kam es auf die jeweilige Lohngruppe, in die die betroffenen Arbeitnehmer ursprünglich eingruppiert gewesen waren, nicht entscheidend an. Entscheidend war allein, ob die Arbeitnehmer K1xxxxxxx, S3xxxxxx, B4xxxx, M5xxxxxxxxx und S4xx nach Verlegung der Hefeproduktion an einen anderen Standort Arbeiten verrichteten, die nur noch der Lohngruppe 5 zuzuordnen sind. Auf die Frage, welche Tätigkeiten die betroffenen Mitarbeiter vor der Verlegung der Hefeproduktion verrichtet haben, kam es zur Entscheidung des Zustimmungsersetzungsverfahrens nicht an. Das Gleiche gilt für die Mitarbeiter C1xxxxx, B5xxx und W3xxxxx, die in die Lohngruppe 3 umgruppiert werden sollten. Auch der Umstand, dass der Mitarbeiter W3xxxxx Mitglied des Betriebsrats ist, ändert nichts daran, dass er wie die Arbeitnehmer C1xxxxx und B5xxx in die Lohngruppe 3 umgruppiert werden sollte. Insoweit wies das Zustimmungsersetzungsverfahren hinsichtlich des Mitarbeiters W3xxxxx keine Besonderheiten auf. Dass dieser Mitarbeiter früher in die Lohngruppe 1 a eingruppiert war, ändert nichts daran, dass die Zustimmung zur Eingruppierung in die Lohngruppe 3 begehrt wurde. Nach alledem errechnet sich der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit wie folgt: Für die Umgruppierung der Mitarbeiter K1xxxxxxx, S3xxxxxx, B4xxxx, M5xxxxxxxxx und S4xx errechnet sich ein monatlicher Differenzbetrag in Höhe von insgesamt 834,90 € (204,60 € + 204, 60 € + 141,90 € + 141,90 € + 141,90 €). Hieraus ergibt sich ein durchschnittlicher Unterschiedsbetrag pro Mitarbeiter in Höhe von 166,98 €. Der dreifache Jahresbetrag der Entgeltdifferenz abzüglich 40 % beträgt hiernach 3.606,77 €. Für vier Arbeitnehmer ist insoweit allerdings ein Abzug in Höhe von 75 % gerechtfertigt; der Wert für jeden dieser vier Arbeitnehmer beläuft sich danach auf 901,69 €. Daraus ergibt sich eine Gesamtsumme von 7.213,54 €. Bei den Arbeitnehmern C1xxxxx, B5xxx und W3xxxxx ergibt sich ein monatlicher Differenzbetrag von insgesamt 331,65 € (62,70 € + 62,70 € + 206,25 €). Dies macht einen durchschnittlichen Unterschiedsbetrag in Höhe von 110,55 € aus. Der dreifache Jahresbetrag dieser Entgeltdifferenz abzüglich 40 % beträgt insoweit 2.387,88 €. Für zwei Mitarbeiter waren lediglich 596,97 € anzusetzen, so dass sich bei den Mitarbeitern C1xxxxx, B5xxx und W3xxxxx ein Gegenstandswert von 3.581,82 € ergibt. Insgesamt beläuft sich der Gegenstandswert für das vorliegende Verfahren danach auf 10.795,36 €. Nach Erledigung der Zustimmungsersetzungsverfahren hinsichtlich der Mitarbeiter B4xxxx und M5xxxxxxxxx reduzierte sich der Gegenstandswert um 2 x 901,69 €. Danach beläuft sich der Gegenstandswert für das Verfahren ab dem 23.12.2004 auf 8.991,98 €.

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